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Der ehemalige Mathematik- und Physiklehrer Mark Cheverton begann mit dem Schreiben, um seinem Sohn die Gefahren von Cyberbullying anhand seines Lieblingsthemas zu erklären: Minecraft. Mittlerweile umfasst die Gameknight999-Serie 18 Titel und ein Ende ist noch nicht in Sicht.

DANKSAGUNG

Ich möchte meiner Familie für ihre Unterstützung während der vielen langen und verrückten Stunden danken, in denen ich mich dem Schreiben gewidmet habe. Sie ist immer sehr verständnisvoll, wenn ich morgens um halb vier aufstehe, um zu schreiben, oder bis spät in die Nacht oder auch das ganze Wochenende am Schreibtisch sitze. Dank ihrer Begeisterung habe ich im Verlauf dieses Abenteuers nie den Mut verloren.

Außerdem möchte ich den fantastischen Mitarbeitern bei Skyhorse Publishing danken. Ich fühle mich geehrt, mit diesem tollen Verlag zusammenarbeiten zu dürfen. Ganz besonderer Dank gilt meinem Lektor Cory Allyn. Ohne seine unermüdliche und akkurate Arbeit wären diese Geschichten nicht so ansprechend und mitreißend geworden, und ihnen würde dieses gewisse Etwas fehlen, das so viele Kinder fesselt und Leser wie Oliver nach mehr verlangen lässt. Ferner bedanke ich mich bei Leon Seitz dafür, dass er auf die Welt gekommen ist, während ich dieses Buch geschrieben habe, und mich immer wieder inspiriert und an all das erinnert, was wirklich wichtig ist.

Schließlich möchte ich meinen Lesern danken. Eure Begeisterung für Gameknight999, Crafter und all seine Gefährten ist einfach grandios. Ich schaue mir zu gern die Videos an, in denen Szenen aus den Büchern nachgespielt werden, und lese mit Begeisterung die viele Fanfiction. Ich fühle mich äußerst geehrt, dass meine Charaktere und Geschichten einen Platz in eurem Leben haben. Vielen Dank dafür!

INHALT

Cover

Autor

Titelblatt

Impressum

Danksagung

Inhalt

Zitat

Kapitel 1: Herobrines Lied

Kapitel 2: Die neue Königin

Kapitel 3: Schwestern

Kapitel 4: Angriff der Zombies

Kapitel 5: Gameknights Plan

Kapitel 6: Alle Fäden führen zusammen

Kapitel 7: Baker

Kapitel 8: Wolle

Kapitel 9: Angriff der Schwestern

Kapitel 10: Der Plan des Monsters

Kapitel 11: Bakers Erbstück

Kapitel 12: Die Katze lauert der Maus auf

Kapitel 13: Der Zwei-Schwerter-Pass

Kapitel 14: Fletcher

Kapitel 15: Auf der Suche nach Herder

Kapitel 16: Auf der Jagd

Kapitel 17: Charybdis

Kapitel 18: Belastete Freundschaft

Kapitel 19: Am Lavameer

Kapitel 20: Monkeypants‘ Plan

Kapitel 21: Gameknights überraschung

Kapitel 22: Dringend benötigte Unterstützung

Kapitel 23: Gameknight999 gegen Charybdis

Kapitel 24: Freund gegen Freund

Kapitel 25: Herobrines Schicksal

Kapitel 26: Nach Hause

Minecraft-Seeds

Anmerkung des Autors

Band 1-3 Gameknight999-Reihe

Band 1-3 Das-Geheimnis-um-Herobrine-Reihe

Band 1-3 Herobrine-Reborn-Reihe

Ärger und Streit können dazu führen, dass Freundschaften verkümmern und in Vergessenheit geraten. Aber die Freundschaften, die es wert sind, bewahrt zu werden, können gerettet werden, solange man einander vergibt und begreift, was wirklich wichtig ist.

KAPITEL 1

HEROBRINES LIED

Gameknights Schwerter wirbelten durch die Luft und bohrten sich gnadenlos in die Zombies. Wie blindlings auf eine Klippe zulaufende Lemminge stürmten die Monster geradewegs hinein in die Klingen des Benutzers-der-kein-Benutzer-ist und seiner Begleiter. Ungezügelter Hass blitzte in ihren kalten, toten Augen auf.

Der Zombie vor Gameknight schlug mit tödlichen, spitzen Klauen nach ihm, die im Sonnenlicht funkelten, als sie Gameknights Kopf nur knapp verfehlten. Die rasiermesserscharfen Krallen sirrten durch die Luft und sausten haarscharf an seiner Wange vorbei. Gameknight blockte den Angriff mit seinem Eisenschwert ab und hieb mit dem Diamantschwert heftig auf die Kreatur ein. Ein letztes sorgenvolles Stöhnen entrang sich der Kehle des Monsters, bevor es schließlich mit einem Ploppen verschwand. Endlich war das Schlachtfeld wieder frei von Angreifern.

Nachdem die Schlacht gewonnen war, begaben sich die NPCs auf die Grasebene und sammelten die grün und gelb leuchtenden Erfahrungskugeln ein, die überall in der Landschaft inmitten der noch nicht fertiggestellten Bruchsteinmauern verstreut waren. Auch das Zombiefleisch sowie die Goldschwerter und Rüstungen, die hier und da von den Monstern fallen gelassen worden waren, hoben sie angewidert auf.

Gameknight999 und den Dorfbewohnern war es wieder einmal gelungen, einen Zombieangriff auf das Dorf zu vereiteln. Der Zombiekönig Xa-Tul hatte versucht, die noch nicht wieder aufgebauten Befestigungsanlagen rund um das Dorf zu seinem Vorteil zu nutzen. Normalerweise waren Bruchsteinmauern stabil – ihre harte, unnachgiebige Oberfläche schmiegte sich wie ein undurchdringlicher Kokon um die Gemeinde und schützte die Bewohner vor den Monstern der Oberwelt. Aber es war noch nicht einmal einen ganzen Tag her, dass Herobrine in Gestalt eines Enderdrachen ihre Mauern und Befestigungen durchbrochen und alles in Endstein verwandelt hatte. Nach dem Sieg über den Drachen hatte Gameknight Herobrines gefährliche Erfahrungskugeln eingesammelt und im Turm seiner Burg weggesperrt. Wie durch ein Wunder hatte sich nach der Vernichtung des Drachen in Minecraft alles wieder in seinen Ursprungszustand zurückverwandelt, doch die von den Monstern zerstörten Mauern und Türme stellten eine große Gefahr für das Dorf dar. Zahlreiche Reparaturen waren nötig, doch da sich nahezu ununterbrochen weitere Zombieangriffe ereigneten, hatten sie noch nicht einmal Zeit gehabt, den Sieg über Herobrine zu feiern.

Gameknight drehte sich zu der zerklüfteten Öffnung in der Bruchsteinmauer um, aus der soeben Baker und Digger auftauchten, um die leuchtenden Erfahrungskugeln einzusammeln. Beide trugen zwei Waffen in den Händen: Digger hatte wie immer seine Spitzhacken dabei, Baker zwei Eisenschwerter. Irgendetwas im Gewebe von Minecraft hatte sich nach Herobrines Vernichtung verändert – vielleicht war es ein Serverupdate gewesen, vielleicht etwas Größeres. Niemand wusste es genau. Doch seit jener Schlacht konnten alle NPCs genau wie Gameknight999 mit zwei Waffen kämpfen.

Wie üblich sah Bakers quadratisches Gesicht eher missmutig aus, Digger jedoch lächelte. Seine blaugrünen Augen blitzten vor Freude darüber, dass in diesem Kampf kein Dorfbewohner zu Schaden gekommen war. Die beiden NPCs kamen langsam auf Gameknight999 zu.

„Bemerkenswerte Schwertkunst, Gameknight“, meinte Digger.

„Oh ja“, ergänzte Baker. „Man könnte meinen, du wärst beim legendären Smithy in die Lehre gegangen.“

„Vielleicht hat er ja von mir gelernt“, witzelte Gameknight in der Hoffnung, dem stoischen Dorfbewohner ein Lächeln zu entlocken. „Aber ihr beide werdet im Umgang mit zwei Waffen auch immer besser.“

Digger zuckte mit den Achseln; Baker stand einfach nur reglos da.

„Es bedarf einiger Übung“, gab Digger mit tiefer Stimme zu. „Ich weiß noch nicht so genau, wie ich mit beiden Spitzhacken gut kämpfen kann. Bisher gelingt es mir nur, mich mit der linken Hand zu verteidigen und mit der rechten anzugreifen.“

„Du bekommst den Bogen schon noch raus. Das werdet ihr beide bald hinkriegen“, beruhigte Gameknight sie, lächelte Digger zu und klopfte Baker auf die Schulter.

Bakers Gesicht wirkte sorgenvoll. Eine Tragödie in seiner Vergangenheit ließ nicht zu, dass ein Lächeln diesen Schleier der Trauer durchdrang.

„Kommt!“, rief Digger den anderen NPCs zu. „Sammeln wir die Erfahrung ein, damit wir uns wieder der Reparatur der Mauer und Türme widmen können.“

Als eine Handvoll NPCs das Dorf gerade verlassen wollte, hallte plötzlich ein schrilles Jammern durch die Luft. Wie angewurzelt blieben die Dorfbewohner stehen und hielten sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Ohren zu.

„Was ist das für ein Geräusch?“, brüllte Digger und sank auf ein Knie.

Mit zusammengebissenen Zähnen zog Gameknight sein Diamantschwert und suchte die Umgebung nach Bedrohungen ab. Er hatte das Gefühl, als würde ihm gleich der Kopf explodieren. Die Grasebene, die das Dorf umgab, war völlig leer, die Wälder dahinter ebenso. Aber sein Instinkt sagte ihm, dass dieses Jammern irgendein Monstertrick sein musste.

Hörst du das, Monet?, dachte Gameknight, damit die Worte im Chat erschienen.

Monet113, Gameknights Schwester, saß noch immer in der physischen Welt im Keller ihres Hauses. Sie war in Minecraft eingeloggt und beobachtete im Zuschauermodus die Geschehnisse, wobei sie gleichzeitig sicherstellte, dass in der physischen Welt alles in Ordnung war.

Nein, ich höre nichts, schrieb sie zurück. Was hörst du denn?

Irgendein seltsames Jammern, antwortete Gameknight. Es fühlt sich an, als würde es sich in meinen Schädel bohren.

Nach und nach wurde das Geräusch leiser und die Dorfbewohner nahmen die Hände herunter. Gameknight pochte mit der Faust gegen seinen Kopf, um das durchdringende Kreischen loszuwerden.

„Schnell, holt die Erfahrung, damit wir wieder ins Dorf zurückkehren können!“, forderte Digger die anderen NPCs auf.

„Warum sollen wir das denn machen?“, fragte einer der Dorfbewohner aufsässig. „Du bist doch schon da. Hol du sie doch.“

Gameknight war entsetzt, als er die Worte des NPCs hörte, denn es war das erste Mal, dass jemand Digger widersprach. Der stämmige NPC wurde im Allgemeinen ebenso respektvoll behandelt wie Crafter und übernahm in Kriegszeiten oft die Rolle des Anführers. Aber dieser NPC hatte gerade Widerworte gegeben und einen Befehl verweigert. Nervös ballte Gameknight die Fäuste und lockerte sie wieder. Erst jetzt bemerkte er, dass das schrille Geräusch noch nicht komplett verstummt war; es schwang ständig im Hintergrund mit. Wenn er nicht gerade vollständig abgelenkt war, bohrte sich das hohe Jammern in seine Ohren, und Gameknight hatte das Gefühl, als würden die Schallwellen wie Würmer unter seiner Haut entlangkriechen.

Digger musterte den Dorfbewohner einen Augenblick lang, und Gameknight glaubte schon, der stämmige NPC würde etwas erwidern, doch der drehte sich stattdessen wortlos um und sammelte die leuchtenden Erfahrungskugeln allein auf. Die anderen NPCs standen da und sahen zu, wie Digger über das Schlachtfeld lief und die farbenfrohen Kugeln schnell in seinen Körper flossen.

„Will denn keiner von euch helfen?“, fragte Gameknight.

Die NPCs wandten sich dem Benutzer-der-kein-Benutzer-ist zu und runzelten vor Anspannung die Monobraue. Sie sahen ungefähr so aus, wie sich Gameknight fühlte: Er bekam von dem beständigen Geräusch Kopf- und Zahnschmerzen.

„Was ist denn mit dir?“, entgegnete ein NPC höhnisch. Seiner Robe zufolge war er für die Versorgung der Pferde zuständig. „Hast du dir etwa die Beine gebrochen?“

Gameknight war zu verblüfft, um etwas zu erwidern.

Dorfbewohner halfen einander immer, so waren sie programmiert. Durch die Zusammenarbeit stärkten sie die Gemeinschaft und das Dorf. Indem sie einander unterstützten und kooperierten, sicherten sie ihr Überleben. Doch diese NPCs verweigerten nicht nur die Unterstützung, sie benahmen sich auch noch respektlos. Das war für den Benutzer-der-kein-Benutzer-ist völlig unverständlich.

Gameknight lief über die Grasebene und half Digger dabei, die Erfahrung und die Waffen einzusammeln, während die anderen NPCs nur zuschauten. Keiner bot ihnen Hilfe an.

„Was ist hier nur los, Digger?“, fragte Gameknight leise.

„Woher soll ich das wissen?“, fauchte der NPC.

Der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist drehte sich zu Digger um. Die sonst immer hellen Augen des NPCs sahen vor Wut ganz dunkel aus, und er verzog das Gesicht, als das Jammern wieder lauter wurde.

Auf einmal erklangen Schreie jenseits der halb fertiggestellten Bruchsteinmauer. Gameknight sprintete über das Feld zurück ins Dorf und sammelte dabei die letzten Erfahrungskugeln auf. Als er die Mauer passiert hatte, stieß er auf zwei streitende Dorfbewohner, die mit den Fäusten aufeinander einschlugen. Sein Vater Monkeypants271 – dessen Minecraft-Avatar ein Affe im Superheldenkostüm war – versuchte, die beiden Kontrahenten voneinander zu trennen, bekam aber lediglich selbst ein paar Schläge ab.

Gameknight holte rasch das alte Holzschwert aus seinem Inventar und hieb mit der flachen Seite auf den Rücken der beiden NPCs ein.

„Autsch! Pass doch auf!“, beschwerten sich beide.

„Dann hört auf, euch zu prügeln, und sagt mir, was hier eigentlich los ist“, forderte Gameknight und steckte das Schwert weg, um sich erneut den Hinterkopf zu massieren. Das Jammern war so schlimm, dass er das Gefühl hatte, ihm würden kontinuierlich Nadeln in den Schädel gerammt.

„Ich habe mich über das Jammern beschwert“, erklärte der eine NPC. „Dann hat mich Builder als Weichei beschimpft.“

„Tja, du bist ja auch ein Weichei, Saddler“, erwiderte Builder.

Saddler stürzte sich erneut auf Builder und wollte ihm einen ordentlichen Fausthieb gegen den Kopf verpassen. Gameknight hob einen gepanzerten Arm, blockte den Schlag ab und schob die beiden dann so schwungvoll auseinander, dass sie zu Boden purzelten.

„Hört sofort damit auf!“, rief der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist erbost. „Wo steckt denn Crafter schon wieder?“

„Ich bin hier“, antwortete Crafter.

Gameknight entdeckte seinen Freund neben der Schmiede, wo er sich an den niedrigen Zaun lehnte, der die Bruchsteinveranda umgab. Ganz in der Nähe loderte das Feuer in mehreren Öfen.

„Wie wär’s, wenn du mal herkommst und mir hier hilfst?“, schlug Gameknight vor.

„Warum muss eigentlich immer ich die Probleme lösen …“, schimpfte Crafter genervt, hielt aber plötzlich inne, als ihm klar wurde, was er da sagte. „Warum bin ich so gereizt? Was geht hier vor sich?“

„Keine Ahnung, aber es gefällt mir nicht“, meinte Gameknight.

„Das liegt an diesem schrecklichen Geräusch“, erklärte Monkeypants271. „Das macht alle nervös.“

„Ich ertrage das nicht“, moserte Saddler und rappelte sich wieder auf.

Der NPC schlug sich mit geballten Fäusten gegen den Kopf, um das Geräusch aus seinem Gehirn zu verbannen. Er blinkte kurz auf, als er sich einen heftigen Schlag verpasste. Builder stand auf und schlang beruhigend einen Arm um seinen Freund.

„Ganz ruhig, Saddler. Das wird bald aufhören“, beschwichtigte Builder ihn. „Entspann dich einfach.“

„Ich soll mich entspannen?!“, schrie der NPC gereizt.

Digger rannte zu ihm und legte ebenfalls die Arme um ihn. Er hielt Saddler so fest, dass er sich nicht mehr selbst verletzen konnte.

„Ist das wieder irgendein Trick der Monsterkönige?“, fragte Gameknight.

„Ich habe nicht die geringste Ahnung. Warum fragst du mich das ständig?“, beklagte sich Crafter und schaute betreten zu Boden, als er sich bewusst wurde, was er da gesagt hatte.

Mit einem Mal wurde die Musik von Minecraft lauter und übertönte für einen Augenblick das schreckliche Geräusch. Gameknight bemerkte, wie sich die Anspannung der NPCs löste, als die harmonischen Töne durch die Luft waberten. Gameknight glaubte, in der gefühlvollen Melodie eine Stimme auszumachen, die sich anhörte, als wäre sie uralt und würde von weither kommen. Die raue Stimme sagte lediglich das Wort „Endertruhe“ und hallte in Gameknights Kopf wider.

Im nächsten Augenblick war sie auch schon verklungen.

„Hat das noch jemand gehört?“, fragte Gameknight.

Die NPCs beäugten ihn, als wäre er übergeschnappt.

„Was denn, die Musik? Natürlich haben wir die gehört“, antwortete Baker.

„Nein, die Stimme“, erklärte der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist. „Ich glaube, das war das Orakel.“

Das Orakel war ein Antivirenprogramm von Minecraft. Es war vor Ewigkeiten im Spiel installiert worden, um gegen Herobrine und seine zerstörerischen Taten vorzugehen. Nur wenige Benutzer wussten, dass die Musik, die sie gelegentlich in Minecraft hörten, eigentlich vom Orakel kam, das über sie wachte und sie vor Herobrines Missetaten beschützte.

Achselzuckend musterten die NPCs Gameknight999.

„Wir hören nur die Musik von Minecraft“, sagte Crafter lächelnd.

Doch sein Lächeln verwandelte sich in eine finstere Miene, als die melodische Musik leiser wurde. Nun konnte sie das schrille Geräusch nicht länger übertönen, das erneut in ihren Ohren dröhnte. Saddler warf verzweifelt die Arme in die Luft und rannte durch das Dorf, und Builder blieb ihm dicht auf den Fersen.

„Woher kommt dieses Geräusch?“, wollte Digger wissen.

Gameknight seufzte. „Ich glaube, ich weiß, was das ist.“

„Ach ja? Warum klärst du uns dann nicht endlich auf?“, fauchte Crafter. „Na los, sag’s uns – sofort!“

Gameknight wusste, was er zu tun hatte.

Er wandte sich von seinem Freund ab und rannte durch das Dorf auf seine Burg zu, die hoch über der Befestigungsmauer aufragte. Vor der letzten Schlacht mit Herobrine hatten sie einen Tunnel gebaut, der sich vom Dorf bis zu Gameknights Festung erstreckte und der gegen Ende der Schlacht für das entscheidende Überraschungsmoment gesorgt hatte. Jetzt betrat er diesen geheimen Tunnel.

Als er die Treppe erreichte, nahm er immer zwei Stufen auf einmal. Im dunklen Tunnel, dessen Wände aus Erde und Ton bestanden, roch es feucht und erdig. Schnell sprintete er hindurch und kletterte auf der anderen Seite wieder nach oben, wo er innerhalb der Obsidianmauern seiner Burg an die Oberfläche gelangte. Er lief auf die rechteckige Festung zu, die im Zentrum der konzentrischen Mauern stand, und stürmte durch die Türen und die Treppe hinauf. Hinter sich hörte er Schritte, aber er drehte sich nicht um, um nachzusehen, wer ihm folgte. Im Augenblick war das unwichtig. Momentan zählte nur, dass er den höchsten Raum im Turm erreichte.

Im zweiten Stock erwartete Gameknight eigentlich, von Wachen aufgehalten zu werden, doch stattdessen sah er beim Betreten des Raums, dass die NPCs die Waffen gesenkt hatten und sich darüber stritten, wer die nächste Patrouille übernehmen musste. Überraschenderweise wimmelte es weiter oben von Wölfen. Vermutlich gehörten sie zu Herder, denn sie trugen alle ein rotes Halsband, woran man erkennen konnte, dass sie gezähmt worden waren. Einige knurrten Gameknight an, und ihm war gleich klar, dass das durchdringende Geräusch auch ihnen zusetzte.

Er lief an den Wölfen vorbei und die Wendeltreppe nach oben, die zur Turmspitze führte. Je weiter er nach oben gelangte, desto klarer wurde, was dieses Jammern verursachte, und er bekam eine Gänsehaut an den Armen.

„Das kann doch nicht wahr sein …“, murmelte Gameknight.

Kleine Schweißwürfel perlten ihm über das Gesicht, während er die Bruchsteinstufen weiter nach oben lief, doch ihm war überhaupt nicht heiß. Stattdessen empfand er bei dem Gedanken an das, was ihn dort oben erwartete, eine Eiseskälte.

Gameknight erreichte eine Falltür, vor der die Treppe endete. Er öffnete sie und betrat vorsichtig den kleinen Obsidianraum. In der Mitte des Turmzimmers stand eine schwarze Truhe mit einem goldenen Riegel an der Front. Über den Deckel zogen sich mehrere kurze Streifen, zwei breitere befanden sich unter dem Riegel. Normalerweise hätten die Streifen in einem schaurigen Grün geleuchtet, da diese Truhe jedoch etwas Schreckliches und Böses enthielt, sahen die Streifen geisterhaft weiß aus. Das Leuchten erfüllte den gesamten Obsidianraum und erzeugte Schatten an den dunklen Wänden.

Erstaunlicherweise war Gameknight dort oben nicht allein – ein großer, schlaksiger Junge mit langen schwarzen Haaren hielt sich bereits im Raum auf.

„Herder? Bist du das?“, fragte Gameknight.

Er legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter und drehte ihn zu sich um.

Gameknight keuchte auf, als er dem Jungen ins Gesicht blickte. Herders Augen wirkten irgendwie fremdartig und milchig, als würden sie leicht von innen heraus leuchten. Aber kaum war ihm das aufgefallen, sahen sie auch schon wieder normal aus: ein Auge blassgrün, das andere stahlblau. Spielen mir meine Augen einen Streich?, fragte sich Gameknight. Habe ich dank dieses durchdringenden Tons jetzt schon Halluzinationen?

„Oh … Hallo, Gameknight“, sagte Herder, als wäre alles in bester Ordnung. Dann hielt er sich die Ohren zu. „Äh … Was ist das für ein Geräusch?“

Gameknight deutete auf die Endertruhe.

„Es kommt von dort“, erklärte der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist.

Die Falltür wurde erneut geöffnet, und Crafter kam herein. Der NPC hatte die Hände schützend auf die Ohren gelegt und rang keuchend nach Luft. Er schaute an Gameknights ausgestrecktem Finger entlang zur Endertruhe. Seine blauen Augen waren angsterfüllt.

„Aber ich dachte, wir hätten Herobrine in der letzten Schlacht besiegt und seine Erfahrung wäre jetzt in dieser Truhe gefangen“, meinte Herder. „Wie kann er denn dieses Geräusch erzeugen, es sei denn …“ Der schlaksige Junge drehte sich um und sah erst Crafter und dann Gameknight an. „… Es sei denn, er ist noch immer am Leben.“

Gameknight erschauderte, nickte und blickte dann wieder zu der leuchtenden Endertruhe hinüber, während ihm die Angst den Brustkorb zuschnürte.

KAPITEL 2

DIE NEUE KÖNIGIN

Feyd, der König der Endermen, teleportierte sich von Höhle zu Höhle, um den letzten Befehl seines Schöpfers zu befolgen.

„Finde Shaivalak“, hatte Herobrine ihn am Ende der Schlacht gegen Gameknight999 angewiesen. Als der Schöpfer begriff, dass der Benutzer-der-kein-Benutzer-ist ihn hereingelegt hatte und sein Drachenkörper vermutlich nicht überleben würde, hatte er mithilfe seiner Schatten-Crafter-Fertigkeiten in das Gewebe von Minecraft eingegriffen, um Feyd die Botschaft zu übermitteln.

Daraufhin hatte sich der Enderman auf die Suche gemacht. Er wusste, dass er sie in einer Höhle finden würde, vermutlich versteckt in irgendeiner dunklen Ecke. Feyd teleportierte sich zu jeder Höhle, in der er je gewesen war, und reiste in Gedankenschnelle durch ganz Minecraft. Er spürte, dass ihm die Zeit davonlief. Wenn er sie nicht schnell fand, würde sie vielleicht nicht überleben. Doch er wollte die Möglichkeit gar nicht erst in Betracht ziehen, dass er möglicherweise versagte und den Befehl seines Schöpfers nicht ausführen konnte.

„Wo bist du, Shaivalak?“, knurrte Feyd, während er die große Höhle vor sich in Augenschein nahm.

Da Feyd keine Lust zu laufen hatte, sammelte er seine Teleportkräfte und sprang von einer Höhlenwand zur nächsten, wobei eine Wolke aus lilafarbenen Teleportpartikeln wie Morgennebel um ihn herumwaberte. In der Höhle hallten das Plätschern von Wasser und das gelegentliche Quieken einer Fledermaus wider. Er überprüfte jedes Loch und jeden Winkel. Seine wachsende Frustration ließ seine Augen weiß leuchten.

Knurrend vor Wut materialisierte sich Feyd in der nächsten Höhle und lauschte. Er hörte das Geräusch von Creeperfüßen auf kaltem Stein und das Rasseln eines Skeletts in einem nahegelegenen Tunnel. Die Monster hofften vermutlich, auf einen verirrten Benutzer oder NPC zu stoßen, den sie vernichten konnten, auch wenn es unwahrscheinlich war, jemanden so weit von einem Dorf entfernt anzutreffen. Feyd lief zur nächsten Wand und hielt den Blick dabei auf den Boden gerichtet. Es war so dunkel, dass der Enderman kaum die winzigen Staubwürfel erkennen konnte, die er aufwirbelte. Er blickte den Weg zurück, den er gekommen war. Hier gab es keine anderen Spuren als seine. Diese Höhle hatte schon lange niemand mehr betreten.

„Schon wieder eine leere Höhle!“, brüllte der Enderman den Steinmauern entgegen.

Blitzartig stieß er eine geballte Faust gegen das Gestein. Der Block zerbrach, und Granitsplitter stoben in alle Richtungen.

„Wo bist du nur, Shaivalak?“, murmelte er.

Seine Augen wurden vor Zorn noch heller, und in diesem zusätzlichen Licht warf er einen letzten Blick durch die Kammer, bevor er sich in die nächste teleportierte.

Sofort erkannte Feyd, dass an dieser Höhle etwas anders war. Hier lebten Kreaturen – gewalttätige dunkle Geschöpfe. Sie waren ihm die liebsten. Der Enderman ließ seine Wut noch weiter auflodern, und seine Augen erstrahlten in harschem grellweißem Licht, mit dessen Hilfe er sich genauer umsehen konnte. Er entdeckte Hunderte dunkle, mit roten Flecken bedeckte Eier, die sich auf dem Boden, an den Wänden oder in Spinnennetzen an der Decke befanden.

Die meisten Eier rührten sich nicht, einige jedoch wackelten, während die Schlüpflinge versuchten, die Freiheit zu erlangen. Als die Eierschalen zerbrachen, krabbelten winzige schwarze Spinnen heraus. Sie sahen sich mit ihren vielen roten Augen sofort nach Gefahren um. Das waren die Schwestern, die weiblichen Spinnen, die an der Oberfläche von Minecraft patrouillierten. Gelegentlich schlüpften auch kleine blaue Spinnen aus den dunklen Eiern, doch statt in Richtung Höhlenausgang zu huschen, bewegten sie sich tiefer in die Höhle hinein und machten sich auf den Weg in die langen Tunnel, die in die Tiefen von Minecraft hinunterführten. Das waren die Brüder – männliche Höhlenspinnen, die in den Tunneln und Höhlen ihre Runden drehten.

Feyd fiel auf, dass alle Spinnen nach dem Schlüpfen eine andere Richtung einschlugen. Sie waren Einzelgänger, die die Einsamkeit dem Leben in einer Gruppe vorzogen. Früher einmal hatten sie riesige Armeen gebildet und für den Schöpfer gekämpft. Damals waren Hunderte dieser dunklen Monster Herobrines Befehlen gefolgt. Doch nun, nach der Vernichtung ihrer letzten Königin Shaikulud durch den Benutzer-der-kein-Benutzer-ist, gab es nichts mehr, was diese Kreaturen zusammenhielt.

„Du bist verantwortlich für die Vernichtung von Shaikulud und ihrer Spinnenarmee, Gameknight999“, sagte Feyd laut, obwohl ihm die winzigen Kreaturen nicht die geringste Beachtung schenkten. „Dafür wirst du dich verantworten müssen. Das verspreche ich.“

Auf der anderen Seite der Höhle knackte ein Ei, aus dem sogleich lilafarbenes Licht herausströmte. Bei keinem der anderen Eier war so etwas zu sehen gewesen; dies war ein einzigartiges Phänomen. Feyd teleportierte sich direkt dorthin und blickte auf das schwarz-rote Ei hinab. Er entdeckte schmale Risse auf der dunklen Schale, die an violette Lichtblitze erinnerten.

„Bist du das, Shaivalak?“, fragte der König der Enderman die ungeborene Spinne.

Wie zur Antwort wackelte das Ei. Feyd hörte, dass von innen gegen die Schale getippt wurde und etwas Spitzes über die harte Oberfläche schabte … und dann brach das Ei auf, und eine neugeborene Spinne kroch heraus. Auf den ersten Blick sah sie mit den flauschigen schwarzen Haaren auf dem Rücken, den langen, dürren Beinen, die aus ihrem runden Körper ragten, und den spitzen Beißwerkzeugen wie die anderen Schwestern aus. Feyd grinste, als er die gefährlich aussehenden schwarzen Krallen an ihren Beinen sah. Aber die Augen dieser Spinne leuchteten nicht rot, sondern in einem feurigen Lila. Da wusste der König der Endermen, dass es sich bei dieser Kreatur um die gesuchte handelte: die neue Spinnenkönigin.

Die junge Spinne sah verwirrt zu Feyd auf.

„Du bist Shaivalak, die Spinnenkönigin“, erklärte der Enderman. „Der Schöpfer Herobrine hat seine Kräfte auf dich übertragen, während du noch in deinem Ei warst, auf dass du über diese anderen Spinnen herrschst.“

Die junge Spinne betrachtete die Monster, die sich ringsum in der Höhle bewegten. Wo immer ihr Blick auch hinfiel, tauchten lilafarbene Flecken auf dem Stein auf, als wären ihre Augen helle Scheinwerfer.

„Ruf sie zu dir!“, verlangte Feyd.

Die Königin blickte zu ihm auf und schloss die leuchtenden Augen, um ihr grausiges Gesicht vor Konzentration zu verziehen. Sie griff in das Gewebe von Minecraft und streckte ihre unsichtbaren Tentakel aus psychischer Energie aus, die Herobrine ihr verliehen hatte. Dann schlang sie einen davon um jede Spinne auf dem Server, übernahm die Kontrolle über den Willen dieser Kreatur und zwang sie, sich ihren Wünschen zu unterwerfen. Jetzt mussten sie Shaivalak gehorchen. Immer mehr neugeborene Spinnen verharrten, schauten sich verwirrt um und kehrten in die Höhle zurück. Hinter Feyd verließen sowohl neugeborene als auch ausgewachsene Spinnen die Tunnel. Ihre dunkelblauen Körper bewegten sich lautlos durch die Dunkelheit. Sie alle strömten wie eine schreckliche schwarze Welle über den Höhlenboden und kamen vor ihrer Königin zum Stehen, um sich zu verneigen und auf Instruktionen zu warten. Die Königin blickte fragend zu Feyd auf, als wollte sie fragen, ob er zufrieden war.

„Gut gemacht“, lobte Feyd sie, während er die neue Spinnenarmee musterte. „Deine Befehle lauten, mich dabei zu unterstützen, Rache für die Ermordung des Schöpfers zu nehmen … deines Schöpfers.“ Feyd trat einen Schritt vor und schaute auf die winzige Kreatur herab. „Hast du verstanden?“

Die Spinne nickte, und ihre lilafarbenen Augen leuchteten grell.

„Ich werde tun, wassss getan werden musss, um den Schöpfer zu rächen“, erklärte Shaivalak. „Die Spinnen der Oberwelt werden gemeinssssam mit den Endermen kämpfen. Wir werden dassss Land von all diessssen erbärmlichen Dorfbewohnern befreien.“

Die Spinnenkönigin ließ den Blick über die um sie versammelten Monster schweifen und beobachtete, wie immer mehr Kreaturen in das neu entstandene Spinnennest strömten.

„Wir alle erinnern unssss an unssseren Feind Gameknight999“, rief die Königin ihrer Armee zu, wobei ihre hohe Stimme das Geräusch der über den Stein kratzenden Klauen übertönte. „Schon bei unsssserer Geburt erinnern wir unssss daran, wie er unsssere letzte Königin getötet hat. Und dafür musssss er bestraft werden!“

Shaivalak überblickte die gesamte Höhle und sorgte dafür, dass ihr lilafarbener Blick auf jede anwesende Spinne fiel.

„Wir alle spüren, wie der Schöpfer unsssss mit sssseinem wunderbaren Lied ruft.“

Alle Monster in der Höhle hörten das Jammern von Herobrines Erfahrungskugeln – es glich einem Signalfeuer, das den Aufenthaltsort ihres Schöpfers markierte. Aufgeregt klackerten die Spinnen mit den Beißwerkzeugen.

„Versammle deine Truppen, Shaivalak“, befahl Feyd. „Wir wissen, wo die Erfahrung unseres Schöpfers festgehalten wird. Wenn wir sie entfesseln können, wird der Schöpfer wiedergeboren und sich an ganz Minecraft rächen! Entsende vorerst nur einige deiner Schwestern, um den NPCs ins Gedächtnis zu rufen, dass es euch Spinnen noch gibt.“

Shaivalak nickte und atmete tief ein. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Entlang unsichtbarer Fasern aus Gedankenenergie flossen ihre Befehle durch die Oberwelt bis zu einer Gruppe von Spinnen, die sich in der Nähe des Dorfs, in dem der Schöpfer gefangen gehalten wurde, im Schatten verborgen hielten.

Wartet auf eine günstige Gelegenheit, dann schlagt zu!

Shaivalaks Befehle hallten in den Köpfen jener Spinnen wider. Die Spinnenkönigin drehte sich zu Feyd um und schenkte ihm ein bösartiges Grinsen.