COLIN WILSON

 

 

VAMPIRE AUS DEM WELTRAUM

- Galaxis Science Fiction, Band 17 -

 

 

 

Roman

 

 

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

Vorbemerkung 

 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

 

Das Buch

 

Craigie sagte: »Und hier ist noch eine.« Es war ein dunkelhaariges Mädchen, jünger als das erste. Es mochte einmal hübsch gewesen sein, aber die Gesichtszüge waren eingefallen. Es war das Gesicht einer Toten.

Jedes Gebäude stand für sich. Carlsen kamen sie wie eine Ansammlung ägyptischer Grabstätten vor. Insgesamt waren es dreißig. In jedem lag ein Schläfer: acht ältere Männer, sechs ältere Frauen, sechs jüngere Männer und zehn Frauen, deren Alter sich zwischen achtzehn und fünfundzwanzig bewegt haben mochte.

»Aber wie sind sie in diese verdammten Dinger hineingekommen?«

Murchison hatte Recht; es gab keine Türen. Sie gingen um die Gebäude herum und untersuchten jeden Zoll der Glasoberfläche. Sie war nahtlos. Auch die Dächer, die aus halb transparentem Kristallglas bestanden, schienen fest mit dem Glas verbunden oder verschmolzen zu sein.

 

Vampire aus dem Weltraum von Colin Wilson (* 26. Juni 1931 in Leicester; † 5. Dezember 2013 in St.  Austell) erschien erstmals im Jahr 1976 und wurde 1985 von Tobe Hooper unter dem Titel Lifeforce – Die Tödliche Bedrohung verfilmt – in den Hauptrollen: Steve Railsback, Peter Firth, Frank Finlay, Mathilda May und Patrick Stewart.  

Vampire aus dem Weltraum erscheint in der Reihe GALAXIS SCIENCE FICTION aus dem Apex-Verlag, in der SF-Pulp-Klassiker als durchgesehene Neuausgaben wiederveröffentlicht werden. 

 

 

 

Für June O’Shea,

meine kriminologische Beraterin

 

 

 

 

  Vorbemerkung

 

 

Dieses Buch verdankt seine Entstehung einer vor vielen Jahren geführten Diskussion mit meinem alten Freund A. E. van Vogt, dessen Erzählung Asylum zu den Klassikern der utopischen Vampir-Literatur zählt. (Kennern des Genres werden beim Lesen gewisse Parallelen nicht entgehen.) August Derleth, der meine erste Science Fiction-Arbeit veröffentlichte, ermutigte mich aufs herzlichste zu diesem Projekt. Leider war es ihm nicht mehr vergönnt, seine Vollendung mitzuerleben. Der Dank für die Idee der Parallelität zwischen Vampirismus und Verbrechen gebührt June O’Shea aus Los Angeles, die mich reichhaltig mit Büchern und Zeitungsausschnitten über amerikanische Verbrechen der jüngsten Vergangenheit versorgt hat. Zahlreiche Anregungen zu diesem Buch gingen auch aus Diskussionen mit Dan Farson hervor - sowohl was Vampirismus im Allgemeinen als auch seinen Großonkel, Bram Stoker, im Besonderen betrifft. Gleichfalls möchte ich an dieser Stelle Graf Olof de la Gardie für seine Gastfreundschaft in Rabäck und für die Erlaubnis, mir Einblick in die Familiendokumente bezüglich seines Vorfahren Graf Magnus zu gewähren, meinen herzlichsten Dank aussprechen. Schließlich noch muss ich Mrs. Sheila Clarkson für das sorgfältige Korrigieren und Abtippen des eselsohrigen Manuskripts danken.

 

- Colin Wilson

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

Lange bevor sie sie sahen, erfassten ihre Instrumente die gewaltige Silhouette. Das war zu erwarten gewesen. Was Carlsen verwunderte, war, dass, als sie nur noch tausend Meilen entfernt waren und die Bremsraketen ihre Geschwindigkeit auf siebenhundert Meilen pro Stunde reduziert hatten, sie noch immer nicht zu erkennen war.

Dann sah sie Craigie durch das Kristallglas des Beobachtungsfensters als Schattenriss gegen die Sterne. Die anderen verließen ihre Plätze, um sie zu betrachten. Dabrowsky, der Chefingenieur, sagte:

»Noch ein Asteroid. Wie sollen wir ihn diesmal nennen?«

Mit zusammengekniffenen Augen - das grelle Sternenlicht blendete ihn - schaute Carlsen aus dem Beobachtungsfenster. Als er den Analysator betätigte, liefen symmetrische, grüne Linien über den Kontrollschirm; durch die Schnelligkeit ihrer Annäherung waren sie nach oben hin verzerrt.

»Das ist kein Asteroid. Er besteht durch und durch aus Metall.«

Dabrowsky kam zur Kontrolltafel zurück und starrte auf den Schirm.

»Was könnte es dann sein?«

Das Summen der Atommotoren war bei dieser Geschwindigkeit kaum lauter als das einer elektrischen Uhr. Sie gingen zurück an ihre Plätze und beobachteten, wie das größer werdende Objekt immer mehr Sterne verdeckte. Während des vergangenen Monats hatten sie neun neue Asteroiden untersucht und in die Sternkarten eingetragen; nun sagte ihnen der Instinkt des erfahrenen Weltraumfahrers, dass sie es hier mit etwas anderem zu tun hatten.

Bei zweihundert Meilen Distanz war die Silhouette klar genug erkennbar, um alle Zweifel zu beseitigen. »Es ist ein Raumschiff«, bekannte Craigie.

»Aber um Himmels willen, wie groß ist es denn?«

Im leeren All, wo es keine Bezugspunkte gibt, konnten Entfernungen trügerisch sein. Carlsen drückte die Computertasten nieder. Dabrowsky, der ihm über die Schulter sah, meinte ungläubig: »Fünfzig Meilen?«

»Das ist unmöglich«, erklärte Craigie.

Dabrowsky schlug heftig auf die Tasten und starrte das Resultat an.

»Neunundvierzig Komma sechs vier Meilen. Fast achtzig Kilometer.«

Das schwarze Objekt füllte das Sichtfenster jetzt aus. Dennoch waren selbst auf diese Entfernung keine Einzelheiten zu erkennen. Lieutenant Ives sagte: »Es ist nur ein Vorschlag, Sir - aber wäre es nicht besser zu warten, bis wir Antwort auf unseren Funkspruch zur Basis erhalten?«

»Das würde noch einmal vierzig Minuten dauern.« Die Basis war der Mond, zweihundert Millionen Meilen entfernt. Ein Funkspruch, der sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegte, würde dreiundzwanzig Minuten brauchen, um dort anzulangen, und eine Antwort noch einmal dreiundzwanzig Minuten. »Ich würde gern näher herangehen.«

Die Motoren schwiegen nun. Sie trieben mit fünfzig Meilen pro Stunde auf das Raumfahrzeug zu. Carlsen schaltete die gesamte Innenbeleuchtung aus. Allmählich gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit, und sie sahen die grauschwarzen Metallwände, die das Sonnenlicht aufzusaugen schienen. Als sie noch ein paar hundert Meter entfernt waren, stoppte Carlsen die Hermes. Die sieben Männer drängten sich um das Sichtfenster. Durch das dicke Kristallglas, das so durchscheinend wie klares Wasser war, konnten sie die Seitenwand des Schiffes sehen. So weit das Auge reichte, ragte sie wie ein eiserner Felshang über ihnen auf. Nach unten zu schien sich die Wand bis in den gähnenden Abgrund des Alls fortzusetzen. Sie waren alle an Schwerelosigkeit gewöhnt, doch diesmal brachte sie der Blick nach unten aus dem Gleichgewicht. Ein paar traten unwillkürlich vom Fenster zurück.

Auf diese Entfernung war eindeutig zu erkennen, dass das Schiff ein Wrack war. Hundert Meter weiter rechts war ein drei Meter großes Loch in die Schiffsplatten geschlagen worden. Der Suchscheinwerfer zeigte, dass das Metall sechs Zoll stark war. Als der Lichtstrahl langsam über die Schiffswände wanderte, konnten sie weitere tiefe Beulen und kleinere Meteoreinschlagslöcher sehen.

Steinberg, der Navigator, meinte: »Es sieht aus, als hätte es einen Krieg mitgemacht.«

»Möglich. Aber ich glaube, die Schäden rühren größtenteils von Meteoren her.«

»Dann muss es aber ein regelrechter Sturm gewesen sein.«

Sie betrachteten das Schiff schweigend. Carlsen sagte: »Entweder das, oder es befindet sich schon sehr lange Zeit hier.«

Niemand musste fragen, was er meinte. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Raumschiff von einem Meteor getroffen wird, ist etwa ebenso groß wie die Gefahr, dass ein Schiff im Atlantik ein treibendes Wrack rammt. Um diesen Schiffsrumpf so übel zuzurichten, wären Tausende von Jahren erforderlich gewesen.

Craigie, der schottische Funker, bemerkte: »Mir gefällt das Ding nicht. Es hat etwas Verruchtes an sich.«

Den anderen erging es offenbar ebenso. Carlsen sagte fast gleichgültig: »Es könnte die größte wissenschaftliche Entdeckung des einundzwanzigsten Jahrhunderts sein.«

In der Aufregung und Anspannung der letzten Stunde war keinem dieser Gedanke gekommen. Mit dem telepathischen Gespür, das sich zwischen Menschen im All zu entwickeln scheint, erfassten nun alle, was in Carlsens Kopf vor sich ging. Dieses Ereignis konnte sie berühmter machen als die ersten Menschen, die auf dem Mond gelandet waren. Sie hatten ein Raumschiff entdeckt, das eindeutig nicht von der Erde stammte. Damit stand außer Frage, dass es intelligentes Leben in anderen Sternsystemen gab.

Das Geräusch vom Funkgerät ließ sie auffahren. Es war die Antwort von der Mondbasis. Die Stimme gehörte Dan Zelensky, dem Kommandanten. Offenbar hatte ihre Nachricht schon Furore gemacht. Zelensky sagte: »Okay. Umsichtig Vorgehen und Radioaktivitäts- und Weltraumvirentests machen. Sobald wie möglich Bericht erstatten.« In der herrschenden Stille konnten alle die Worte hören. Ebenso hörten sie Craigies Antwort, die Carlsen diktierte. Craigies Stimme klang brüchig vor Erregung.

»Hier ist ein eindeutig fremdes Raumfahrzeug, fast fünfzig Meilen lang und fünfundzwanzig hoch. Es sieht aus wie ein riesiges, am Himmel schwebendes Schloss. Es ist unwahrscheinlich, dass Leben an Bord ist. Vermutlich befindet es sich mindestens schon ein paar hundert Jahre hier. Wir bitten um Erlaubnis, es untersuchen zu dürfen.« Die Botschaft wurde in einminütigen Intervallen ein halbes dutzendmal wiederholt; selbst wenn die meisten von statischen Störgeräuschen des Weltalls unverständlich gemacht wurden, würde eine wahrscheinlich durchkommen.

Während der Stunde, in der sie auf Antwort warteten, stieß die Hermes sanft gegen das unbekannte Schiff. Sie aßen Büchsenrindfleisch, das sie mit schottischem Whisky hinunterspülten; die Aufregung hatte sie hungrig gemacht. Wieder meldete sich Zelensky persönlich, und auch seiner Stimme war die Erregung anzumerken.

»Bitte ergreift alle erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen. Und für den Fall, dass eine Gefahr droht, bereitet euch auf sofortige Rückkehr zur Mondbasis vor. Wir empfehlen euch, keinen Versuch zu machen, an Bord zu gehen, bevor ihr euch nicht ausgeschlafen habt. Ich habe mich mit John Skeat von Mount Palomar unterhalten, und er gesteht, dass ihn die Sache verblüfft. Wenn dieses Ding fünfzig Meilen misst, hätte man es schon vor zweihundert Jahren entdecken müssen. Langzeitbelichtungsaufnahmen zeigen in diesem Teil des Himmels nichts von so einem Körper. Bevor ihr also an Bord geht, bitte alle möglichen Tests durchführen.«

Obwohl die Botschaft ihnen nichts sagte, was sie sich nicht selbst schon wussten, lauschten sie ihr aufmerksam und spielten sie noch mehrmals ab. Das Leben im Weltall ist einsam und langweilig; nun plötzlich, so spürten sie, standen sie im Mittelpunkt des Universums. Auf der Erde würden ihre Nachrichten jetzt auf allen Fernsehkanälen übertragen werden. Vor zwei Stunden hatten sie begonnen, Geschichte zu machen.

In London war es jetzt sieben Uhr abends. Die Männer der Hermes lebten nach Greenwicher Zeit; auf diese Weise hielten sie eine Art Kontakt aufrecht. Es war bereits abzusehen, dass die allgemeine Erregung ihren Höhepunkt überschritten hatte und die Spannung im Verlauf des Abends weiter abflauen würde. Carlsen gab Whisky aus, jedoch nicht so viel, um die Männer betrunken zu machen; er wollte das Wrack nicht mit einer verkaterten Mannschaft betreten.

Zusammen mit Giles Farmer, dem Schiffsarzt, manövrierte Carlsen die Hermes so, dass ihr Notausstieg gegenüber dem drei Meter großen Meteoreinschlagsloch zu liegen kam. Ferngesteuerte Roboter entnahmen Proben kosmischen Staubs aus dem Innern des Wracks. Die Weltraumvirentests verliefen negativ. (Seit dem Desaster der Ganymede 2113 waren sich Raumfahrer der Gefahren, die sie vielleicht mit auf die Erde einschleppten, nur zu bewusst.) Leichte Radioaktivität wurde gemessen, keine größere jedoch, als von kosmischem Staub, der den periodischen Ausbrüchen tödlicher Strahlung solarer Stürme ausgesetzt war, zu erwarten gewesen wäre. Von Robots aufgenommene Blitzlichtaufnahmen zeigten einen riesengroßen Raum, dessen Abmessungen schwer abzuschätzen waren. In  seinem letzten Tagesbericht, bevor er sich schlafen legte, erwähnte Carlsen, er glaube, das Schiff müsse von Riesen gebaut worden sein. Es war eine Bemerkung, die er später einmal bedauern sollte.

Allen fiel das Einschlafen schwer. Carlsen lag noch wach und fragte sich, wie sein restliches Leben wohl aussehen würde. Er war fünfundvierzig, norwegischer Abstammung und mit einer hübschen Blondine aus Älesund verheiratet. Verständlicherweise hatte sie nichts für diese sechsmonatigen Forschungsexpeditionen übrig. Nun sah es so aus, als könnte aus seiner Rückkehr zur Erde vielleicht ein Daueraufenthalt werden. Als Kapitän der Expedition stand ihm das Recht zu, das erste Buch und die ersten Zeitschriftenartikel darüber zu verfassen. Dies allein konnte einen reichen Mann aus ihm machen. Er würde gern eine Farm in den Äußeren Hebriden kaufen und mindestens zwei Jahre lang die Vulkane auf Island erforschen - Diese rosigen Zukunftsträume riefen, anstatt ihn schläfrig zu machen, eine krankhafte Erregung hervor. Um drei Uhr morgens schließlich nahm er ein Schlafmittel; dennoch träumte er die Nacht über von Riesen und verwunschenen Schlössern.

 

Um zehn Uhr hatten sie gefrühstückt, und Carlsen hatte sich die Männer ausgesucht, die ihn in das Wrack begleiten sollten. Er nahm Craigie, Ives und Murchison, den Zweiten Ingenieur, mit. Murchison war ein Mann von immenser Gestalt; irgendwie gab es Carlsen ein beruhigendes Gefühl, ihn dabei zu wissen.

Dabrowsky legte einen Zweistundenfilm in die kleine Kamera ein. Er filmte die Männer beim Anlegen der Raumanzüge und forderte jeden auf, seine Gefühle zu beschreiben; er dachte bereits im Sinne von Fernseh-Wochenschauen.

Steinberg, ein hochgewachsener, junger Jude aus Brooklyn, sah krank und niedergeschlagen aus. Carlsen fragte sich, ob er verärgert war, dass er nicht zur Gruppe jener gehörte, die an Bord des Wracks gehen durften. »Wie fühlen Sie sich, Dave?«, fragte er. »Gut«, antwortete Steinberg. Als Carlsen die Augenbrauen hochzog, sagte er: »Ich habe ein ungutes Gefühl. Die Sache gefällt mir nicht. An dem Wrack ist etwas Unheimliches.«

Carlsens Mut sank; er erinnerte sich, dass Steinberg eine ähnliche Vorahnung gehabt hatte, kurz bevor die Hermes auf dem Asteroid Hidalgo beinahe verunglückt wäre; eine allem Anschein nach solide Oberfläche war damals eingebrochen, das Landetriebwerk des Schiffes war beschädigt und Dixon, der Geologe, schwer verletzt worden. Zwei Tage später war Dixon gestorben. Carlsen unterdrückte den aufkommenden Zweifel.

»So geht es uns allen. Seht auch das verdammte Ding doch an. Frankensteins Schloss...«

Dabrowsky fragte: »Olof, wollen Sie ein paar Worte sage?«

Carlsen zuckte die Achseln. Der Public-Relations-Teil seiner Arbeit missfiel ihm zwar, aber er wusste, dass es nun einmal dazu gehörte. Er setzte sich auf den Stuhl vor der Kamera. Sofort kamen ihm alle möglichen Gemeinplätze in den Sinn; er wusste, es waren abgedroschene Phrasen, aber etwas anderes fiel ihm nicht ein. Um ihn zu ermuntern, fragte Dabrowsky: »Was für ein Gefühl ist es, wenn man...«

»Nun - äh - wir wissen nicht, was wir dort drinnen vorfinden werden. Wir haben nicht die leiseste Ahnung. Offensichtlich - äh - Professor Skeat in Mount Palomar hat darauf hingewiesen, dass niemand dieses Ding bisher gesehen hat. Immerhin ist es ziemlich groß, fünfzig Meilen lang. Astronomen können durch Vergleiche von Fotografien Asteroidenfragmente von zwei Meilen Länge ausfindig machen. Die Erklärung liegt vielleicht in seiner Färbung. Es handelt sich um ein außergewöhnlich mattes Grau, das offenbar nur sehr wenig Licht reflektiert. Also - äh...« Er verlor den Faden. Dabrowsky fragte: »Sind Sie aufgeregt?«

»Nun ja, natürlich bin ich aufgeregt...« Das war nicht wahr; er war stets ruhig und bei der Sache, wenn ein Einsatz bevorstand. »Dies könnte unser erster wirklicher Kontakt zu Lebewesen aus einer anderen Galaxis werden. Andererseits könnte dieses Schiff sehr, sehr alt sein, und es...«

»Wie alt?«

»Wie soll ich das wissen? Aber nach dem Zustand der Schiffshülle zu urteilen, könnte sein Alter irgendwo zwischen zehntausend und vielleicht zehn Millionen Jahren liegen.«

»Zehn Millionen?«

Carlsen rief ärgerlich: »Um Himmels willen, stellen Sie dieses verdammte Ding ab. Wir sind hier nicht in einem Filmstudio.«

»Tut mir leid, Skip.«

Carlsen klopfte ihm auf die Schulter. »Ist nicht Ihre Schuld, Joe. Ich hasse einfach dieses ganze Getue.« Er wandte sich an die anderen. »Kommt, Leute. Fangen wir an.«

Er betrat die Luftschleuse als erster; aus Sicherheitsgründen pflegten sie sich einzeln durchzuschleusen. Die kräftigen Magnete in seinen Schuhsohlen erzeugten eine Illusion von Schwerkraft. Als er in den Abgrund unter sich blickte, wurde ihm schwindlig. Sehr sachte schob er sich an der Luke vorbei und schlug sie hinter sich zu. Im Vakuum gab sie keinen Laut von sich. Er stieß sich mit der Hand ab, überbrückte die ein Meter fünfzig breite Kluft zu dem gezackten Loch und schwebte hindurch. Die Filmkamera hatte er sich quer über die Schulter gehängt. Der Suchscheinwerfer, den er bei sich trug, hatte nur die Abmessungen einer größeren Taschenlampe, aber seine Atombatterien konnten einen Lichtstrahl liefern, der mehrere Meilen weit reichte.

Der Boden befand sich etwa fünf Meter unter ihm. Er war aus Metall. Aber als er auf ihm landete, prallte er wieder ab und stieg zwei Meter in die Höhe. Das Metall war offensichtlich antimagnetisch. Mit dem Kopf voran schwebte er langsam hinunter und setzte so sanft wie ein Luftballon auf. Er setzte sich auf den Fußboden und leuchtete, als Zeichen, dass alles in Ordnung war, mit der Lampe auf die Öffnung. Dann schaute er sich um.

Für einen Augenblick hatte er die Illusion, sich in London oder New York zu befinden. Dann sah er, dass die gewaltigen, hochauf- ragenden Gebilde, die ihn an Wolkenkratzer erinnert hatten, in Wirklichkeit riesige Säulen waren, die vom Boden bis zur Decke reichten. Die Dimensionen war atemberaubend. Die nächste Säule, etwa hundert Meter entfernt, mochte die Größe des Empire State Buildings haben; er schätzte ihre Größe auf über dreihundert Meter. Sie war kreisrund und mit Rillen versehen. An der Spitze wuchs sie wie die Äste eines Baumes auseinander. Er ließ den Lichtstrahl durch die Halle wandern. Es war, als blicke man in eine gigantische Kathedrale oder einen verzauberten Wald. Der Fußboden und die Säulen waren von der Farbe reifbedeckten Silbers mit einer Spur Grün darin. Die Wand neben ihm erstreckte sich ohne sichtbare Wölbung eine Viertelmeile in die Höhe. Sie war mit fremdartigen farbigen Figuren und Mustern bedeckt. Er bewegte sich vorsichtig ein Stück auf die nächste Säule zu - trotz seines geringen Gewichts konnte ein heftiger Zusammenprall den Raumanzug beschädigen - und stieß sich ab. Er verbreiterte den Lichtstrahl, so dass er eine Fläche von zwanzig bis dreißig Metern ausleuchtete. Sein Verstand war abgestumpft gegen jegliches Erstaunen, sonst wäre ihm vielleicht ein Ausruf entschlüpft.

Craigies Stimme ertönte: »Alles in Ordnung, Skip?«

»Ja. Dies ist ein phantastischer Ort. Wie eine gewaltige Kathedrale mit riesigen Säulen. Und an der Wand sind Bilder.«

»Was für Bilder?«

Ja, was für Bilder? Wie konnte er sie beschreiben? Sie waren nicht abstrakt; etwas stellten sie dar; soviel stand fest. Aber was? Es erinnerte ihn an ein Ereignis in seiner Kindheit; er lag in einem Wald, umgeben von Glockenblumen, und die weißlich-grünen Stengel dieser Blumen verschwanden in der braunen Erde. Diese Bilder hätten einen tropischen Urwald oder vielleicht einen Unterwasserwald aus Unkraut und Ranken darstellen können. Die Farben waren Blau, Grün, Weiß und Silber. An den Bildern war etwas faszinierend Kompliziertes. Carlsen hatte keinen Zweifel, dass er ein großartiges Kunstwerk betrachtete.

Weitere Lampen stachen in das Dunkel. Die drei anderen schwebten langsam nach unten, vollführten dabei Schwimmbewegungen, als befänden sie sich unter Wasser. Murchison schwebte zu ihm hinauf und versetzte ihm mit seinem Gewicht einen Stoß, der ihn fünfzehn Meter weit treiben ließ.

»Was halten Sie davon, Skip? Glauben Sie, dass das wirklich Riesen waren?«

Er schüttelte den Kopf und entsann sich dann, dass Murchison sein Gesicht ja nicht sehen konnte. »In diesem Stadium würde ich nicht einmal raten.« Er wandte sich an die anderen. »Wir bleiben am besten zusammen. Ich möchte das andere Ende untersuchen.« Mit eingeschalteter Kamera schwebte er langsam durch die Halle. Rechts zwischen den Säulen konnte er etwas erkennen, das wie eine riesige Treppe aussah. Für die Männer, die auf der Hermes zurückgeblieben waren, kommentierte er die Szenerie fortlaufend; er war sich jedoch bewusst, dass seine Worte ihnen keinen Begriff von den schwindelerregenden Ausmaßen dieser Bauwerke geben konnten.

Vierhundert Meter weiter kamen sie an einem riesigen Korridor vorbei, der auf die Mitte des Schiffes zuführte; seine Decke war geschwungen wie die eines mittelalterlichen Gewölbes. Alles an dieser Umgebung wirkte fremdartig und zugleich seltsam vertraut. Er hörte sich zu Craigie sagen: »Wenn dieses Schiff von Erdenmenschen gebaut worden wäre, hätten sie ihm ein totes, funktionelles Aussehen verliehen - viereckige Säulen mit Nieten. Was für Wesen es auch immer gebaut haben, sie hatten einen Sinn für Schönheit...« Weit oben an der Wand zur Linken war ein kreisförmiges Gitter, das ihn an ein Kirchenfenster erinnerte. Er schwebte darauf zu. Aus der Nähe konnte er erkennen, dass es einem Zweck diente. Es war etwa dreißig Meter hoch und einsfünfzig stark; die Löcher darin waren mehrere Meter breit. Carlsen ließ sich in einem davon nieder und leuchtete mit dem Scheinwerfer hindurch. Die Filmkamera, nun an seiner Brust festgeschnallt, lief automatisch und filmte alles, was er sah.

»Christus«, murmelte er.

»Was ist?«

Der Raum dahinter wirkte wie eine Traumlandschaft. Monströse Treppen erstreckten sich hinauf in die Finsternis und hinab in die Tiefen des Schiffs. Zwischen ihnen verliefen schmale Stege und geschwungene Laufgänge, deren Bauweise ihn an Schwalbenflügel erinnerte. Dahinter befanden sich weitere Treppen, Laufgänge und Stege, die sich weiter nach oben und tiefer in das Dunkel fortsetzten. Als Craigie fragte: »Alles in Ordnung bei Ihnen?«, wurde er sich gewahr, dass er mehrere Minuten nichts gesagt hatte. Er fühlte sich benommen und überwältigt und irgendwie zutiefst bei etwas gestört. Der Ort hatte etwas Alptraumhaftes.

»Alles in Ordnung, aber ich kann es nicht beschreiben. Sie müssen es sich selbst ansehen.« Er stieß sich durch die Öffnung nach außen, aber die ungeheuren Ausmaße des Raumes, in den er schwebte, gaben ihm ein bedrückendes Gefühl.

»Was für einem Zweck könnte es bloß dienen?«, fragte Ives.

»Ich bin mir nicht sicher, dass es einem Zweck dient.«

»Was?«

»Einem praktischen Zweck, meine ich. Vielleicht kann man es mit einem Gemälde oder einer Sinfonie vergleichen - etwas, das das Gemüt ansprechen soll. Oder ist es vielleicht eine Art Karte?«

»Eine was?«, fragte Dabrowsky ungläubig.

»Eine Karte - vom Innern des Verstandes. Sie müssten es sehen, um es zu begreifen...«

»Irgendwelche Anzeichen vom Kontrollraum? Oder von Maschinen?«

»Nein, aber vielleicht befinden sie sich im hinteren Teil, bei den Antriebsdüsen - falls der Antrieb auf diese Weise arbeitet.«

Er schwebte nun über eine der Treppen. Aus der Ferne wirkte sie wie eine Feuerleiter, aber aus der Nähe sah er, dass das Metall mindestens einen Meter stark war. Es besaß dieselbe matte Silberfärbung wie der Fußboden. Jede Stufe war ungefähr einszwanzig hoch und ebenso tief. Ein Geländer gab es nicht. Er folgte der Treppe aufwärts bis zu einem von Pfeilern gestützten Laufgang. Ein Laufsteg, ebenfalls ohne Geländer, lief über einen Abgrund von mindestens einer halben Meile Breite.

»Können Sie das Licht sehen?«, fragte Craigie.

Er zeigte darauf. »Schaltet eure Lampen aus«, sagte Carlsen. Sie befanden sich in einer Finsternis, die sie wie ein Grab umschloss. Dann, als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten, erkannte Carlsen, dass Craigie Recht hatte. Irgendwo vom Mittelpunkt des Schiffes her kam ein grünlicher Lichtschein. Er blickte zur Kontrolle auf den Geigerzähler. Die Strahlung war etwas höher als sonst, konnte aber noch nicht als gefährlich gelten. Er teilte Dabrowsky mit: »Da scheint eine Art schwaches Leuchten zu sein. Ich sehe es mir mal näher an.«

Er war versucht, sich kräftig von den Stufen abzustoßen und über den Abgrund zu schnellen, aber zehn Jahre im Weltraum hatten Vorsicht zu einem Reflex werden lassen. Langsam, den Laufsteg als Führung benutzend, schwebte er auf den Lichtschein zu. Den Geigerzähler behielt er ständig im Auge. Als sie näherkamen, erhöhte sich seine Aktivität merklich, blieb aber noch unterhalb der Gefahrenmarke.

Der Weg war weiter, als es den Anschein hatte. Die vier Männer schwebten an Laufgängen vorüber, die aussahen, als wären sie von einem verrückten Architekten der Renaissance ersonnen worden, und an Treppen, die den Eindruck erweckten, als mochten sie zur Erde zurück oder bis hinaus zu den Sternen reichen. Sie begegneten weiteren riesigen Säulen, aber hier hörten sie plötzlich mitten im Raum auf, als wäre das Dach, das sie einst getragen hatten, nun eingestürzt. Als Carlsen eine von ihnen streifte, bemerkte er, dass sie mit einem feinen, weißen Puder bedeckt zu sein schien, ähnlich wie Schwefelstaub oder Lycopodium. Er kratzte etwas davon in einen Probenbeutel.

Eine halbe Stunde später war der Lichtschein heller geworden. Als er auf die Uhr schaute, stellte er zu seiner Überraschung fest, dass es fast ein Uhr war. Er merkte plötzlich, dass er Hunger hatte. Sie hatten die Scheinwerfer abgeschaltet; der grüne Schein war hell genug, um ausreichend sehen zu können. Das Licht kam von unten.

Dabrowsky sagte: »Das war die Mondbasis, Olof. Sie meinten, Ihre Frau und die Kinder wären gerade im Fernsehen zu sehen gewesen.«

Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte ihn die Nachricht entzückt. Nun schien sie seltsam entrückt, als bezöge sie sich auf ein anderes, weit zurückliegendes Leben. Dabrowsky fuhr fort: »Zelensky sagt, dass vier Milliarden Menschen vor den Fernsehschirmen sitzen und auf Neuigkeiten warten. Kann ich einen Zwischenbericht senden?«

»Warten Sie noch zehn Minuten. Wir nähern uns diesem Licht. Ich möchte herausfinden, was es ist...«

Nun konnte er endlich sehen, dass es aus einem Spalt im Fußboden strömte. Der grünlichblaue Schein erinnerte ihn an Felder im Mondlicht. Er spürte ein plötzliches Triumphgefühl, ein Frohlocken, und stieß sich mit den Füßen kräftig ab und schwebte hinunter. »He, Skip, nicht so schnell«, sagte Ives. Er fühlte sich wie eine auf den Erdboden zugleitende Schwalbe. Der Rand des Abgrunds lag vierhundert Meter unter ihm, und er konnte das immense rechteckige Loch nun in seiner vollen Ausdehnung sehen. Es glich einem wolkenverhangenen, von Bergen umgebenen Tal. Der Geigerzähler hatte die Gefahrenmarke jetzt überschritten, aber die Isolierung des Anzuges würde ihn noch einige Zeit schützen.

Das Loch, in das sie hineintauchten, war etwa fünfzehnhundert Meter lang und fünfhundert Meter breit. An den Wänden befanden sich die gleichen Muster wie in der äußeren Kammer. Das Licht schien vom Fußboden und einer gewaltigen Säule in der Mitte des Raumes zu kommen. Er hörte Murchison sagen: »Was, zum Henker, ist das? Ein Monument?« Dann bemerkte Craigie: »Es ist aus Glas.« Carlsen streckte die Hände aus, um seinen Aufprall gegen den Boden zu dämpfen. Er überkugelte sich wie ein Fallschirmspringer, prallte ab und wurde hundert Meter weit geschleudert. Als es ihm geglückt war, sich aufzurichten, stellte er fest, dass er sich am Fuße eines Sockels befand, der die transparente Säule trug.

Die Säule, wie die meisten Dinge in diesem Schiff, war größer, als es aus der Ferne den Anschein hatte. Carlsen schätzte ihren Durchmesser auf mindestens fünfzig Meter. In ihrem Innern hingen riesige, dunkle Gestalten. In dem phosphoreszierenden Licht sahen sie wie schwarze Kraken aus. Carlsen schwebte nach oben, bis er sich einer gegenüber befand, und beleuchtete sie mit dem Scheinwerfer. In dem hellen Lichtstrahl konnte er erkennen, dass sie nicht schwarz, sondern orangefarben war. Aus der Nähe betrachtet, sah sie weniger wie ein Krake als eine Anzahl an einem Ende zusammengefügter, schwammartiger Kriechtiere aus.

Dicht neben ihm fragte Ives: »Was halten Sie davon?«

Carlsen wusste, was er dachte. »Ich glaube nicht, dass diese Dinger das Schiff gebaut haben.«

Murchison drückte das Sichtglas seines Raumhelms gegen die Säule.

»Was meinen Sie, was sie sind? Pflanzen? Oder eine Art Tintenfische?«

»Vielleicht keins von beiden. Sie könnten eine völlig fremde Lebensform sein.«

»Mein Gott!«, murmelte Murchison. Die Furcht in seiner Stimme ließ Carlsens Herz pochen. Als er sprach, klang seine Stimme erstickt.

»Was in Gottes Namen ist das?«

Hinter den tintenfischähnlichen Gebilden bewegte sich etwas. »Ich bin’s«, sagte Craigie.

»Was stellen Sie da an?« Der Schreck hatte Carlsen wütend gemacht.

»Ich bin in dieser Röhre. Sie ist hohl. Und unten kann ich etwas erkennen.«

Vorsichtig setzte sich Carlsen nach oben in Bewegung. Er bremste sich ab, indem er die behandschuhten Hände gegen das Glas der Säule presste. Obwohl die Temperatur des Raumanzugs automatisch geregelt wurde, schwitzte er. Er schwebte über das obere Ende der Säule hinaus, machte eine Drehung in der Luft und landete auf dem Säulenrand. Dann konnte er sehen, dass sie, wie Craigie gesagt hatte, hohl war. Die Wände, die die tintenfischähnlichen Wesen enthielten, waren nicht stärker als drei Meter. Und als er in den Hohlraum in der Mitte der Säule blickte, stellte er fest, dass der blaue Schein dort weitaus stärker war. Er kam von unterhalb des Fußbodens.

»Donald? Wo stecken Sie?«

Craigies Stimme antwortete: »Ich bin hier unten. Ich glaube, dies müssen die Wohnräume sein.«

Er griff nach Murchison, der mit zu viel Schwung ankam und im Begriff war, an ihm vorbeizuschweben. Wortlos stießen sich beide ab, mit dem Kopf voran in das hohle Innere. Da die Fortbewegung in der Schwerelosigkeit zu ihrem zweiten Ich geworden war, hatten sie ihre instinktive Abneigung gegen diese Körperlage verloren. Mit mäßiger Geschwindigkeit sanken sie dem blaugrünen Schein entgegen. Kurze Zeit später schwebten sie durch das Loch in ein Meer blauen Lichts, das Carlsen an eine Grotte erinnerte, die er einmal auf Capri gesehen hatte. Beim Aufschauen bemerkte er, dass die Decke - der Boden des Raums, den sie gerade verlassen hatten - halb durchsichtig, aus einer Art Kristall war. Der Schein, den sie von oben gesehen hatten, war das Licht, das diese Decke durchdrang. An der Wand zur Rechten führte eine weitere große Treppe abwärts. Die Dimensionen waren hier jedoch weniger gigantisch als oben. Alles in allem kam dies den Größenordnungen auf der Hermes schon näher. Das Licht kam aus den Wänden und dem Fußboden. In der Mitte des Raumes waren Gebäude, viereckig und ebenfalls halb transparent. Und am anderen Ende, in einer Entfernung von vielleicht einer Viertelmeile, konnte Carlsen die Sterne in der Schwärze leuchten sehen. Ein Teil der Wand war herausgerissen worden. Er sah, dass die riesigen Metallplatten nach innen gebogen und gerissen waren, so als hätte jemand einen Pappkarton mit einem Hammer bearbeitet. Er deutete darauf.

»Vermutlich war es das, was dem Schiff zum Verhängnis wurde.«

Die Faszination, die eine furchtbare Katastrophe auszuüben scheint, trieb sie auf das Loch zu. Dabrowsky erkundigte sich nach weiteren Einzelheiten. Carlsen hielt am Rand an und betrachtete den Boden zu seinen Füßen, der verzogen war und Risse aufwies. »Ein großer Gegenstand hat ein Loch in das Schiff geschlagen - ein über dreißig Meter großes Loch. Er muss heiß gewesen sein - das Metall sieht nicht nur gerissen, sondern auch zerschmolzen aus. Die gesamte Luft muss innerhalb von Minuten entwichen sein, andernfalls hätten sie diesen Teil des Schiffes noch hermetisch abriegeln können. Alles Leben an Bord muss sofort umgekommen sein.«

»Was ist mit diesen Gebäuden?«, fragte Dabrowsky.

»Wir werden sie jetzt untersuchen.«

Ives Stimme ertönte. »He, Captain!« Es klang fast wie ein Schrei. Carlsen sah, dass er bei den Gebäuden stand und dass der Strahl seines Scheinwerfers in die transparenten Wände eindrang und auf der anderen Seite wieder zum Vorschein kam. »Captain, hier sind Leute drin.«

Carlson musste gegen den Wunsch ankämpfen, die fünfhundert Meter, die ihn von den Gebäuden trennten, mit einem mächtigen Satz zurückzulegen. Sein Schwung hätte ihn über sie hinausgetragen und vielleicht bewusstlos gegen die Wand am anderen Ende des Raumes geschleudert. Während er sich langsam vorwärtsbewegte, fragte er:

»Was für Leute? Leben sie?«

»Nein, sie sind tot. Aber sie sind menschlich. Humanoid, zumindest.«

Carlsen bremste sich am hintersten Gebäude ab. Die Wände waren aus einem Glas, das so klar war wie das des Beobachtungsfensters der Hermes. Es waren eindeutig Wohnquartiere. Im Innern befanden sich Gegenstände, die er als Tische und Stühle identifizieren konnte; fremdartig in der Gestaltung, aber als Mobiliar erkennbar. Und einen halben Meter entfernt, auf einem Bett auf der anderen Seite der Glaswand, lag ein Mann. Der Kopf war kahl, die Wangen eingefallen und gelb. Die blauen Augen starrten glasig gegen die Decke. Niedergehalten auf das Bett wurde er von einem Leinwandtuch, dessen grobes Gewebe deutlich zu erkennen war. Unter diesem straff gespannten Tuch konnten sie die Umrisse von Riemen oder Bändern sehen, die fraglos dazu dienten, den Körper an Ort und Stelle zu halten.

Murchison rief: »Captain, hier ist eine Frau.«

Er schaute durch die Wand des nächsten Gebäudes. Craigie, Ives und Carlsen gesellten sich zu ihm. Die auf das Bett geschnallte Gestalt war unverkennbar eine Frau. Es hätte des Beweises der Brüste, die sich unter der Decke wölbten, nicht bedurft, um das zu erkennen. Die Lippen waren noch rot, und an der Gesichtsform war etwas undefinierbar Feminines. Fast ein Jahr lang hatte keiner von ihnen eine Frau gesehen; alle überkam plötzlich ein Heimwehgefühl; und ein Anflug einer banaleren, physischen Reaktion.

»Auch noch blond«, bemerkte Murchison. Das kurzgeschnittene Haar, das den Kopf bedeckte, war blass, fast weiß.

Craigie sagte: »Und hier ist noch eine.« Es war ein dunkelhaariges Mädchen, jünger als das erste. Es mochte einmal hübsch gewesen sein, aber die Gesichtszüge waren eingefallen. Es war das Gesicht einer Toten.

Jedes Gebäude stand für sich. Carlsen kamen sie wie eine Ansammlung ägyptischer Grabstätten vor. Insgesamt waren es dreißig. In jedem lag ein Schläfer: acht ältere Männer, sechs ältere Frauen, sechs jüngere Männer und zehn Frauen, deren Alter sich zwischen achtzehn und fünfundzwanzig bewegt haben mochte.

»Aber wie sind sie in diese verdammten Dinger hineingekommen?«

Murchison hatte Recht; es gab keine Türen. Sie gingen um die Gebäude herum und untersuchten jeden Zoll der Glasoberfläche. Sie war nahtlos. Auch die Dächer, die aus halb transparentem Kristallglas bestanden, schienen fest mit dem Glas verbunden oder verschmolzen zu sein.

»Es sind keine Gräber«, überlegte Carlsen. »Sonst brauchten sie keine Möbel.«

»Die alten Ägypter legten ihren Toten auch Einrichtungsgegenstände mit ins Grab.« Ives hatte eine Leidenschaft für Archäologie.

Aus irgendeinem Grund fühlte Carlsen Ärger in sich aufsteigen. »Aber die glaubten auch, sie könnten ihre Güter mit in die Unterwelt nehmen. So dumm sehen diese Leute nicht aus.«

Craigie gab zu bedenken: »Trotzdem, vielleicht hofften sie, einmal von den Toten aufzuerstehen.«

Carlsen erwiderte er ärgerlich: »Reden Sie keinen Unsinn.« Dann, als er Craigies erstaunten Blick durch das Sichtglas seines Helms auffing, sagte er: »Tut mir leid. Ich muss Hunger haben.«

 

Als sie an Bord der Hermes kamen, hatte Steinberg die für den ersten Weihnachtsfeiertag vorgesehene Mahlzeit zubereitet. Es war jetzt Oktober; ihr Rückflug zur Erde war für die zweite Novemberwoche angesetzt und die Ankunft für Mitte Januar (bei Höchstgeschwindigkeit legte die Hermes vier Millionen Meilen am Tag zurück); aber niemand bezweifelte, dass sie schon früher abfliegen würden. Dieser Fund war wichtiger als ein Dutzend unbekannte Asteroiden.

Die Atmosphäre war entspannt und festlich. Zum Gänsebraten tranken sie Champagner und zum Plumpudding Brandy. Ives, Murchison und Craigie redeten fast ununterbrochen; die anderen hörten ihnen begeistert zu. Carlsen war seltsam müde. Er fühlte sich, als hätte er zwei Tage nicht geschlafen. Er überlegte, ob das ein Effekt der Radioaktivität sein konnte, verwarf den Gedanken aber. In diesem Fall würde es den anderen ebenso ergehen. Ihre Raumanzüge befanden sich jetzt im Dekontaminator, und das Messgerät zeigte an, dass die aufgenommene Strahlung minimal gewesen war.

Farmer meinte: »Olof, Sie sagen ja gar nichts.«

»Ich bin müde, das ist alles.«

Dabrowsky fragte ihn: »Was ist Ihre Theorie über diese Sache? Warum haben sie dieses Ding gebaut?«

Alle warteten, dass Carlsen etwas sagte; aber er schüttelte nur den Kopf.

»Dann hört euch meine an«, begann Farmer. Er rauchte Pfeife und gestikulierte mit dem Stiel. »Aus dem, was ihr sagt, geht hervor, dass diese Treppen keinem praktischen Zweck dienen konnten. Richtig? Also hatten sie vermutlich eine andere Funktion - wie Olof heute Morgen sagte, eine ästhetische oder religiöse.«

»Gut«, sagte Steinberg. »Also ist es eine Art fliegende Kathedrale. Das ergibt trotzdem keinen Sinn.«

»Lasst mich fortfahren. Wir wissen, dass diese Wesen nicht aus dem Sonnensystem stammen. Also kommen sie aus einem anderen System, vielleicht aus einer anderen Galaxis.«

»Unmöglich, außer sie sind hundert Millionen Jahre oder so unterwegs gewesen.«

»Gut.« Farmer blieb gelassen. »Aber sie könnten aus einem anderen Sonnensystem gekommen sein. Wenn sie die halbe Lichtgeschwindigkeit erreichen konnten, hätte der Weg von Alpha Centauri bis hierher nur neun Jahre gedauert.« Er bedeutete den anderen, ihn ausreden zu lassen. »Wir wissen, dass sie aus einem anderen Sonnensystem gekommen sein müssen. Die Frage ist also nur, aus welchem? Und wenn sie eine so weite Reise gemacht haben, erklärt sich auch die Größe des Schiffes. Es ist das Gegenstück zu einem Ozeanriesen. Im Vergleich dazu ist unser Schiff nur eine Schaluppe. Und...« Er wandte sich an Ives. »Wenn Leute auswandern, was nehmen sie als erstes mit?«

»Ihre Götter.«

»Genau. Die Israelis nahmen die Bundeslade mit. Diese Menschen brauchten einen Tempel.«

Steinberg sagte: »Und trotzdem ergibt es keinen Sinn. Wenn wir alle zum Mars auswandern würden, würden wir nicht versuchen, die Kathedrale von Canterbury mitzunehmen. Wir würden auf dem Mars eine neue bauen.«

»Sie vergessen, dass die Kathedrale gleichzeitig ein Heim ist. Angenommen, sie landen auf dem Mars? Er ist ein unwirtlicher Planet. Es würde sie vielleicht Jahre kosten, eine Stadt unter einer Glaskuppel zu errichten. Aber sie haben ihre Kuppel gleich mitgebracht.«

Die anderen waren beeindruckt. Dabrowsky fragte: »Aber warum die Treppen und Laufstege?«

»Weil sie Grundvoraussetzungen für eine neu zu errichtende Stadt sind. Ihr Lebensraum ist begrenzt. Wenn die Bevölkerung wächst, müssen sie nach oben anbauen. Das ist die einzig mögliche Richtung. Also haben sie das Gerüst für eine Stadt mit vielen Etagen gebaut.«

Ives sagte erregt: »Ich sage euch noch eins. Sie würden nicht allein kommen. Sie würden zwei oder drei Schiffe schicken. Und sie würden nicht auf dem Mars landen, denn er ist lebensfeindlich. Sie würden auf der Erde landen.«

Alle starrten ihn an. Selbst Carlsen horchte auf. Craigie sagte langsam: »Natürlich...«

Sie saßen schweigend da. Murchison pfiff vor sich hin. Steinberg verlieh ihren Gedanken Ausdruck.

»Dann könnten diese Wesen unsere Vorväter sein?«

»Nicht unsere Vorväter«, bemerkte Craigie. »Die erreichten die Erde. Aber die Brüder und Schwestern unserer Ahnen.«

Alle begannen auf einmal zu reden. Nach einigen Sekunden setzte sich Farmers langsame Stimme durch.

»Damit haben wir das wesentliche Problem der menschlichen Evolution geklärt - warum der Mensch den Affen so wenig ähnelt. Wir stammen nicht von Affen ab. Wir stammen von ihnen ab.«

Carlsen fragte: »Und was ist mit den Neandertalern und den anderen Gattungen?«

»Eine völlig andere Evolutionslinie...«

Der Summer des Funkgeräts unterbrach ihn. Craigie schaltete es ein. Sie hörten Zelenskys Stimme:

»Meine Herren, ich habe eine Überraschung für Sie. Den Premierminister der Vereinigten Staaten von Europa, George Magill.«

Angenehm überrascht, schauten sie einander an. Wenn die Welt einen Staatsmann besaß, dem niemand das Wasser reichen konnte, dann war dies Magill, der Baumeister von World Unity.

Im Raum ertönte die vertraute, tiefe Stimme: »Meine Herren, ich nehme an, Sie sind sich bereits darüber im Klaren, dass Sie mittlerweile die berühmtesten Menschen im Sonnensystem sind. Ich übermittle Ihnen diese Botschaft, unmittelbar nachdem ich Ihren Film aus dem Innern des Schiffs gesehen habe. Trotz einiger wirklich ärgerlicher Störungen ist es der bemerkenswerteste Film, den ich je gesehen habe. Man muss Sie zu Ihrem außergewöhnlichen Abenteuer beglückwünschen. Sie werden...« An dieser Stelle wurde seine Stimme von statischen Störungen überlagert. »...stimmt mit mir darin überein, dass es die vordringlichste Aufgabe ist, eines dieser Wesen, und wenn möglich mehrere, zur Erde zu bringen. Selbstverständlich müssen wir uns dabei auf Ihr Urteil verlassen, ob dieses Unternehmen durchführbar ist. Wir wissen, dass die Körper vielleicht zu Staub zerfallen, wie es mit so vielen Mumien geschehen ist, wenn sie die Gräber aufbrechen. Doch es sollte Ihnen möglich sein festzustellen, ob sich in diesen Gräbern eine Atmosphäre oder ein Vakuum befindet. Wenn sich ein Vakuum darin befindet, sollte es Ihnen keine Schwierigkeiten bereiten...«

Carlsen stöhnte. »Warum will der Narr die Dinge übereilen?« Er schwieg, als er sah, dass die anderen angestrengt zuhörten, um den Rest von Magills Botschaft mitzubekommen. Verdrießlich saß er die nächsten fünf Minuten da, während sich Magill über die wissenschaftliche und politische Bedeutung ihrer Entdeckung ausließ. Dann meldete sich Zelensky wieder.

»Also, Jungs. Ihr habt gehört, was der Mann gesagt hat. Ich stimme ihm zu. Wenn es irgend möglich ist, bringt ein oder zwei dieser Wesen zur Erde. Schneidet eines der Gräber auf. Haltet euch vor Augen, dass sie vielleicht gar nicht tot sind, sondern sich nur in einem suspendierten Lebenszustand befinden. Wenn ihr sie ins Schiff holt, steckt sie ins Tiefkühlabteil und lasst es versiegelt, bis ihr die Mondbasis erreicht. Fasst sie nicht an...«

Carlsen stand auf und verließ den Raum. Er ging in sein Quartier, machte sich zurecht und legte sich ins Bett. Er schlief sofort ein.

Als er erwachte, stand Steinberg an seinem Bett. Er richtete sich auf.

»Wie lange habe ich geschlafen?«

»Sieben Stunden. Sie sahen so müde aus, dass wir beschlossen, Sie nicht zu wecken.«

»Was ist los?«

»Vier von uns sind gerade zurückgekommen. Wir haben eines der Gräber geöffnet.«

»Oh, Gott, weshalb? Warum konntet ihr nicht warten, bis ich aufwachte?«

»Zelenskys Befehle.«

»Solange ich Captain bin, gebe ich die Befehle.«

Steinberg sagte kleinlaut: »Wir dachten, Sie würden sich freuen. Wir haben eine Öffnung in das Grab geschnitten, und es war Vakuum darin. Der Körper ist nicht zu Staub zerfallen. Es dürfte kein Problem sein, ihn in den Froster zu bringen.«

Fünf Minuten später - er rieb sich noch den Schlaf aus den Augen - ging er zum Kontrollraum. Durch das Sichtfenster konnte er den vertrauten blaugrünen Schein sehen. Das Schiff war zur Kammer der Humanoiden gesteuert worden; er konnte die Grabstätten deutlich sehen.

Dabrowsky fragte: »Hat Dave Ihnen gesagt, dass die Wand gar nicht aus Glas war?«

»Nein? Woraus dann?«

»Aus Metall, einem transparenten Metall. Wir haben das herausgeschnittene Stück in den Dekontaminator gesteckt, aber es scheint nicht radioaktiv zu sein. Und das Grab ist völlig frei von Radioaktivität. Das Metall ist eine Abschirmung dagegen.«

»Wie seid ihr reingekommen?«

»Der Hitzelaser hat es glatt durchschnitten.«

Carlsen sagte gereizt: »Das nächste Mal wartet ihr meine Befehle ab.« Er fegte einen Einwand beiseite. »Ich hatte vor, Verbindung zur Mondbasis aufzunehmen und vorzuschlagen, die Gräber vorläufig unangetastet zu lassen, bis eine spätere Expedition eintrifft. Angenommen, das Ding befand sich in einem suspendierten Lebenszustand? Und angenommen, ihr habt es jetzt getötet?«

»Es sind noch neunundzwanzig da«, entgegnete Murchison.

»Darum geht es nicht. Nur weil die verdammten Narren auf der Erde nicht abwarten können, habt ihr ein Leben weggeworfen. Es würde nur ein paar Monate dauern, um eine voll ausgerüstete Expedition hierher zu schaffen. Sie könnte dieses Schiff in eine Erdumlaufbahn schleppen und es in den nächsten zehn Jahren in allen Einzelheiten studieren. Stattdessen...«

Dabrowsky unterbrach ihn mit fester Stimme. »Entschuldigen Sie, dass ich das sage, Skip, aber daran sind Sie schuld. Sie haben sie mit Ihrem Gerede von Riesen dazu gebracht.«

»Riesen?« Carlsen hatte vergessen, was er gesagt hatte.

»Sie haben gesagt, es sähe so aus, als wäre das Schiff von Riesen gebaut worden. In dieser Version wurde die Geschichte gestern Abend in den Fernsehnachrichten verbreitet: Forscher entdecken von Riesen gebautes Raumschiff.«

»Ach, Unsinn«, sagte Carlsen.

»Die Wirkung können Sie sich ja vorstellen. Alles wartet darauf, etwas von den Riesen zu hören. Ein fünfzig Meilen langes Raumschiff, gebaut von Wesen, die eine Meile groß sind -Sieschmachten alle nach der nächsten Fortsetzung.«

Carlsen starrte finster durch das Sichtfenster. Er nahm einen Becher Kaffee vom Tisch und nahm geistesabwesend einen Schluck.

»Ich glaube, ich sehe lieber mal nach...«

Zehn Minuten später stand er neben dem Bett und betrachtete den nackten Mann. Er hatte die Leinwanddecke zerschnitten und den Körper so freigelegt. Jetzt konnte er sehen, dass der Mann von Metallbändern festgehalten wurde. Das Fleisch sah eingeschrumpft und kalt aus; als er es berührte, gab es unter seinen behandschuhten Fingern wie Gelatine nach. Der glasig starre Blick gab ihm ein unangenehmes Gefühl. Er versuchte, ein Augenlid zu schließen, aber es sprang wieder auf.

»Das ist merkwürdig.«

Craigie, der in ihrem Schiff war, fragte: »Was?«

»Die Haut ist noch elastisch.« Er betrachtete die dünnen Beine und sehnigen Füße. Blaue Venen waren durch die marmorfarbene Haut zu sehen. »Haben Sie eine Idee, wie wir diese Bänder lösen können?«

»Mit dem Laser durchschneiden«, meinte Murchison, der hinter ihm stand.

»Gut. Versuchen Sie es.«

Aus der Mündung des tragbaren Lasers bohrte sich ein weinroter Strahl; aber bevor Murchison ihn auf die Metallbänder richten konnte, schoben sie sich zurück und verschwanden in Löchern im Bett.

»Was haben Sie gemacht?«

»Gar nichts. Ich habe sie nicht mal angefasst.«

Carlsen legte die Hand unter die Füße des Mannes und hob sie an. Sie schwebten in die Luft. Der Körper blieb schräg in der Luft hängen; der Kopf kam nun frei von der zusammengerollten Decke, die als Kopfkissen diente.

Carlsen wandte sich an Steinberg und Ives, die draußen warteten. »Kommt und holt ihn.«

Der Körper wurde in einen grauen Metallbehälter gelegt. Er war zigarrenförmig und besaß zwei Tragegriffe in der Mitte, die ihm das Aussehen einer überlangen Reisetasche verliehen. In der Inventarliste des Schiffes wurde er unter Probensammler geführt; jedermann wusste jedoch, dass es sein eigentlicher Zweck war, bei einem Todesfall im Weltraum als Sarg zu dienen. Dixons Leichnam lag nun in einem ähnlichen Behälter.

Als Steinberg und Ives mit dem Körper verschwunden waren, suchte Carlsen jeden Zoll der Bettoberfläche ab. Tatsächlich war es kaum mehr als eine Metallplatte; unter der Leinwandunterlage befanden sich keinerlei Knöpfe oder Hebel. Sie krochen darunter, aber auch die Unterseite war glatt und fugenlos.

»Vielleicht sprach es auf Ihre Gedanken an«, meinte Murchison.

»Das werden wir bei den anderen herausfinden.«

Sie untersuchten und fotografierten die Kammer eine halbe Stunde lang, entdeckten jedoch nichts von Bedeutung. Alles schien auf reine Zweckmäßigkeit ausgelegt zu sein.