OSHO
EMOTIONEN
Frei von Angst,
Eifersucht, Wut
Aus dem Amerikanischen
von Annette Marin Cardenas
Was ist dein Thema?
Meine Methode ist ganz einfach: Führe sieben Tage lang ein Tagebuch und notiere jeden Tag:
Was ist es, das in meinem Leben am meisten Zeit in Anspruch nimmt?
Was ist meine häufigste Phantasie? Wohin ist meine Energie immer bereit, sofort zu gehen? Beobachte es sieben Tage lang und schreibe es in dein Notizbuch – so kannst du das Hauptmerkmal deiner Persönlichkeit, deines Egos finden.
Wenn du das herausfindest, ist es schon der halbe Sieg. Den Feind zu kennen gibt einem viel Kraft.
Die Lotosblume ist eines der größten Wunder der Existenz; deshalb ist sie im Osten zum Symbol der spirituellen Transformation geworden. Buddha sitzt auf einer Lotosblüte, Vishnu steht auf einer Lotosblüte. Warum ausgerechnet der Lotos? Weil der Lotos eine sehr symbolische Bedeutung hat:
Er wächst aus dem Schlamm heraus. Er symbolisiert Transformation, eine Metamorphose.
Schlamm ist schmutzig und kann stinken.
Die Lotosblume hat einen feinen Duft, und sie ist aus dem stinkenden Schlamm gekommen.
Genauso ist das Leben normalerweise wie stinkender Schlamm, genau dort ist jedoch die Möglichkeit verborgen, zur Lotosblüte zu werden. Der Schlamm kann transformiert werden, du kannst zum Lotos werden. Sex kann transformiert werden und wird zu tiefer Meditation.
Wut kann transformiert werden und wird zu Mitgefühl. Hass kann transformiert werden und wird zu Liebe.
Alles, was für dich in diesem Moment negativ aussieht, was wie Schlamm aussieht, kann transformiert werden. Dein ewig lärmender Verstand kann leer werden und sich in himmlische Musik verwandeln.
Du bist traurig oder wütend? Du kannst es zur Meditation machen. Kämpfe nicht dagegen an. Versuche nicht, dich abzulenken, auf andere Gedanken zu kommen. Gehe nicht einen Film anschauen, weil du gerade so traurig bist.
Versuche nicht, dein Gefühl zu verdrängen. Es ist eine großartige Gelegenheit zur Meditation. Beobachte, woher die Wut kommt. Geh bis an ihre Wurzeln. Geh an die Wurzeln deiner Traurigkeit … Woher kommt sie? Und die größte Überraschung ist, dass sie gar keine Wurzeln hat.
Wenn du also nach den Wurzeln suchst, werden deine Emotionen sich auflösen. Sie sehen: »Dieser Mensch ist merkwürdig; er sucht nach Wurzeln.« Und diese Sorgen, Emotionen, Empfindungen, Gefühle – sie alle haben keine Wurzeln. Sie sind einfach wie Wolken, die deinen Geist umgeben, ohne jede Wurzeln.
Wenn du also auf die Suche nach den Wurzeln gehst, werden deine Emotionen verschwinden.
»Das ist nicht das Richtige für uns, dieser Mensch lässt sich von uns nicht beeinflussen.
Er ist ein bisschen merkwürdig. Wir sind hier, und er sucht nach Wurzeln!«
Anstatt nur traurig zu sein, wütend zu sein, unglücklich zu sein, suche nach den Wurzeln! Jede Empfindung, jede Emotion, jedes Gefühl wird verschwinden, wenn du die Wurzeln suchst. Wenn dein Bewusstsein in solche Tiefen vordringt, dann wird die Emotion fort sein, und in deinem inneren Sein ist der Himmel absolut klar und rein. Probiere es aus – du wirst staunen.
Für alle, denen es schwer fällt, Emotionen total zum Ausdruck zu bringen.
Zeit: morgens
Es ist schwierig, direkt mit der Wut zu arbeiten, denn sie ist vielleicht zu tief verdrängt: Dann kannst du indirekt arbeiten. Laufen kann dabei helfen, eine Menge Wut und Angst verpuffen zu lassen. Wenn du längere Zeit läufst und tief atmest, hört dein Kopf auf zu funktionieren, und der Körper übernimmt das Ruder.
Schritt 1: Beginne morgens im Freien zu laufen. Laufe am Anfang einen Kilometer, dann zwei und schließlich mindestens vier bis fünf Kilometer. Benutze deinen ganzen Körper.
Laufe nicht, als ob du in einer Zwangsjacke steckst. Renne wie ein Kind, das den ganzen Körper benutzt – Hände und Füße. Und atme tief aus dem Bauch.
Schritt 2: Dann setze dich unter einen Baum, ruhe dich aus, schwitze. Sitze friedlich da. Du bist einfach ein pulsierender Körper, ein lebendiger Körper, ein Organismus im Einklang mit dem Ganzen – wie ein Tier.
Kommentar: Die Muskulatur muss sich entspannen. Wenn du gerne schwimmst, kannst du schwimmen gehen. Auch das ist hilfreich.
Aber auch das musst du so total wie möglich tun. Du kannst jede Aktivität wählen, in der du völlig aufgehen kannst.
Es geht nicht eigentlich um Wut oder irgendwelche Emotionen. Es geht darum, sich total auf etwas einzulassen. Dann bist du auch fähig, dich auf Wut oder auf Liebe einzulassen. Wer sich auf eine Sache total einlassen kann, kann sich auf alles total einlassen.
Wann: täglich – wann immer du Zeit findest
Dauer: 15 Minuten
Du brauchst dafür einen Wecker.
Schritt 1: Schließe deine Zimmertür und werde 15 Minuten lang wütend. Heize dich richtig auf, bring dich auf 180 – bring dich zum Kochen, aber lasse die Wut nicht heraus.
Zwinge dich dazu; werde fast wahnsinnig vor Wut, aber lasse sie nicht heraus, drücke sie nicht aus – nimm nicht einmal ein Kissen zum Schlagen. Unterdrücke sie mit allen Mitteln – genau das Gegenteil von Katharsis.
Wenn sich Spannung in deinem Bauch aufbaut, zieh den Bauch ein; spanne ihn so stark an, wie du kannst. Wenn du spürst, wie sich deine Schultern anspannen, verspanne sie noch mehr. Lass den ganzen Körper so angespannt wie möglich sein, sei wie ein Vulkan – innen kocht etwas und kann nicht heraus.
Vergiss nicht: Lass nichts heraus. Kein Schrei – sonst entspannt sich der Bauch; kein Schlagen – sonst entspannen sich die Schultern.
Schritt 2: Wenn nach 15 Minuten der Wecker klingelt, setze dich still hin, schließe die Augen und beobachte, was geschieht. Entspanne deinen Körper.
Kommentar: Wenn du dein System auf diese Weise aufheizt, kannst du deine Verhaltensmuster zur Auflösung bringen.
Für alle, die ihre Wut und andere Emotionen nicht total zum Ausdruck bringen können.
Jede Meditationstechnik, die mit Bewegung und Aktion beginnt, hilft dir jedoch auch in anderer Hinsicht. Sie ist eine Katharsis, eine tiefe Reinigung.
Meditation hat etwas mit Energie zu tun. Etwas ganz Grundlegendes sollte man über Energie jeder Art verstehen – es ist ein Grundgesetz: Energie bewegt sich mit zweifacher Polarität. Nur so kann sie sich bewegen; sie hat keine andere Möglichkeit, sich zu bewegen. Sie bewegt sich mit doppelter Polarität.
Jede Energie braucht einen Gegenpol, um dynamisch zu werden. Sie ist genau wie Elektrizität, die durch einen negativen und einen positiven Pol fließt. Wenn nur ein negativer Pol da ist, fließt kein Strom; und wenn nur ein positiver Pol da ist, fließt auch kein Strom.
Beide Pole werden gebraucht. Und wenn beide Pole sich treffen, entsteht Elektrizität; dann springt der Funke über. Wo immer du hinschaust, wirst du dasselbe feststellen: wie Energie durch Polaritäten ins Fließen kommt und sich ausgleicht. Diese Polarität ist sehr wichtig für Meditation, denn der Verstand ist logisch, und das Leben ist dialektisch.
Wenn ich sage, der Verstand ist logisch, meine ich, er folgt einer Linie. Wenn ich sage, das Leben ist dialektisch, meine ich, dass es zwischen Gegensätzen hin und her fließt, nicht in einer Linie. Es läuft im Zickzack vom Negativen zum Positiven, vom Positiven zum Negativen, vom Negativen zum Positiven.
Es geht in Serpentinen – es braucht Gegensätze. Der Verstand folgt einer Linie, einer einfachen, geraden Linie. Er geht nie zum Gegenteil; er leugnet das Gegenteil. Er glaubt nur an eine Seite; das Leben glaubt an zwei.
Energie kann umgewandelt und benutzt werden. Und mit dieser Energie wirst du vitaler, lebendiger werden. Die Gegenseite muss absorbiert werden, dann wird der Prozess dialektisch. Mühelosigkeit bedeutet, nichts zu tun, keine Aktivität. Anstrengung bedeutet, viel zu tun, Aktivität. Beides muss da sein.
Tue viel, aber sei nicht derjenige, der es tut – dann hast du beides. Gehe in die Welt, aber sei nicht von der Welt. Lebe in der Welt, aber lass die Welt nicht in dir leben. Dann ist der Widerspruch absorbiert.
Genau das habe ich mit der Dynamischen Meditation getan: Sie ist ein Widerspruch. Dynamisch heißt Anstrengung, viel Anstrengung, absolute Anstrengung. Und Meditation heißt Stille, keine Anstrengung, keine Aktivität. Man kann sie auch dialektische Meditation nennen.
Wann: frühmorgens
Dauer: eine Stunde
Wie: Halte während der ganzen Stunde die
Augen geschlossen oder zieh eine Augenbinde an.
Für die Dynamische Meditation hat Osho eine spezielle Begleitmusik komponieren lassen, die auf Kassette oder CD erhältlich ist.1
Erste Phase: 10 Minuten
Atme sehr rasch durch die Nase ein und aus und betone dabei die Ausatmung. Konzentriere dich ganz aufs Ausatmen; dann geschieht das Einatmen von selbst. Lass dein Atmen intensiv und chaotisch werden.
Der Atem sollte tief in die Lunge gehen. Atme so schnell du kannst, und achte darauf, dass du die ganze Zeit tief atmest. Tu das so total wie du nur kannst, ohne deinen Körper zu verspannen; achte darauf, dass der Nacken und die Schultern entspannt bleiben. Mach damit weiter, bis du buchstäblich zum Atmen wirst, und lass den Atemrhythmus chaotisch sein (das heißt, er sollte nicht gleichmäßig und nicht mechanisch sein). Wenn deine Energie fließt, kommt dein ganzer Körper in Bewegung.
Lass diese Bewegungen des Körpers zu; nutze sie, um noch mehr Energie aufzubauen. Wenn du Arme und Körper natürlich bewegst, hilft es dir, noch mehr Energie zu bekommen.
Spüre, wie sich die Energie immer weiter aufbaut; lasse sie aber in der ersten Phase nicht heraus und werde nicht langsamer.
Zweite Phase: 10 Minuten
Folge deinem Körper. Gib deinem Körper die Freiheit, alles auszudrücken, was da ist.
EXPLODIERE! Lass deinen Körper machen, was er will. Lass alles heraus, was kommt. Werde völlig verrückt… Du kannst singen, schreien, lachen, brüllen, weinen, springen, dich schütteln, tanzen, treten und dich auf dem Boden wälzen. Halte nichts zurück! Am Anfang kann es helfen, ein wenig zu schauspielern. Erlaube auf keinen Fall deinem Verstand, sich in die Geschehnisse einzumischen. Vergiss nicht, deinen Körper total einzubringen.
Dritte Phase: 10 Minuten
Lass Schultern und Nacken locker und hebe beide Arme so hoch wie du kannst, aber lass die Ellenbogen locker. Springe mit erhobenen Armen auf der Stelle auf und ab und rufe dabei das Mantra HU!… HU!… HU!…; lass es tief aus deinem Bauch kommen.
Lande bei jedem Sprung auf dem ganzen Fuß, so dass auch die Fersen den Boden berühren, und spüre dabei, wie das »HU!« in deinem Sexzentrum hämmert. Gib alles, was du hast; erschöpfe dich vollständig.
Vierte Phase: 15 Minuten
STOP! Erstarre – egal, in welcher Position du dich gerade befindest. Ändere deine Körperhaltung überhaupt nicht. Jedes Husten, jede kleine Bewegung wird den Energiefluss zerstreuen, und die Mühe war umsonst. Werde zum Zeugen von allem, was mit dir geschieht.
Fünfte Phase: 15 Minuten
Nun kannst du feiern und mit der Musik durch Tanz ausdrücken, was gerade da ist. Nimm deine Lebendigkeit mit in den Tag.
Wann: morgens
Dauer: 20 Minuten
Der erste Schritt zur Transformation besteht darin, die Wut auszudrücken, allerdings nicht gegenüber irgendjemandem; wenn du sie an jemandem auslässt, kannst du sie nie total ausdrücken. Vielleicht möchtest du jemanden umbringen, das geht aber nicht. Vielleicht möchtest du jemanden beißen, das geht aber nicht. Doch mit einem Kissen kannst du alles machen.
Das Kissen wird nicht reagieren, und das Kissen wird nicht vor Gericht gehen, und das Kissen macht dich nicht zu seinem Feind. Das Kissen wird überhaupt nichts tun.
Das Kissen wird glücklich sein und über dich lachen.
Der zweite Schritt: Denk daran, bewusst zu bleiben. Um Wut zu kontrollieren, brauchst du nicht bewusst zu sein; das tust du ganz mechanisch, wie ein Roboter. Die Wut kommt, und der Mechanismus setzt ein: Plötzlich wird alles in dir eng und verschlossen.
Wenn du bewusst bleibst und beobachtest, kann die Kontrolle nicht so leicht einsetzen.
Die Gesellschaft bringt niemandem bei, aufmerksam zu beobachten. Denn wenn jemand aufmerksam ist, ist er weit offen. Das gehört zur Bewusstheit – man ist offen. Wenn du etwas unterdrücken willst und dabei offen bist, entsteht ein Widerspruch – das Unterdrückte kann herauskommen. Die Gesellschaft bringt euch bei, euch zu verkapseln, euch zu verkriechen. Nicht einmal ein kleines Fenster darf offen bleiben, damit ja nichts herauskommt.
Aber vergiss nicht: Wenn nichts herauskommt, kommt auch nichts hinein. Wenn die Wut nicht herauskommen kann, bist du verschlossen. Du berührst einen schönen Stein und spürst nichts. Du schaust eine Blume an und spürst nichts. Deine Augen sind tot und verschlossen.
Du lebst ein Leben ohne Sensibilität.
Sensibilität wächst mit Bewusstsein.