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Birkenpech kann wohl als der erste systematisch hergestellte Klebstoff der Menschheit bezeichnet werden. Das schwarze, teerartige Destillat, das aus der Birkenrinde unter Luftabschluss durch Verschwelung in einem Gefäß gewonnen wurde, war in der Steinzeit ein gebräuchlicher Allzweckklebstoff, der vor allem zur Schäftung von Werkzeugen und Waffen verwendet wurde. Der mit Abstand älteste Beleg für die Birkenpechherstellung und die Verwendung des Materials stammt aus Campitello in Italien (oberes Arnotal), wo zwei über etwa 200 000 Jahre alte Steinartefakte mit anhaftendem Birkenpech gefunden wurden. Auch der Mann vom Tisenjoch, Ötzi genannt, der um 3400 vor Christus starb und vor nicht allzu langer Zeit als Gletschermumie aufgefunden wurde, trug Pfeile bei sich, die aus Feuerstein und Ästen des „Wolligen Schneeballs“ bestanden und mit Pflanzenfasern verstärktem Birkenpech „verklebt“ waren (Abb. 1.1).
Bereits vor dieser Zeit, etwa 4000 Jahre vor Christus, wurde von den Sumerern ein Klebstoff entwickelt und hergestellt. Hierbei handelte es sich um eine Art Glutinleim aus Tierhäuten, Segin genannt, den sie beim Bau ihrer Häuser und Tempel benutzten. Zum Abdichten von Booten und im Bau wurde außerdem Naturasphalt eingesetzt, der in Mesopotamien, der Region um den heutigen Irak, reichlich vorhanden war.
Spätestens seit etwa 1500 vor Christus entdeckten die Ägypter einen Sud aus Sehnen, Knorpel und anderen tierischen Abfällen als geeigneten Klebstoff für Schreinerarbeiten. Als Zeugnis der frühgeschichtlichen Leimherstellung und Beweis für seine immense kulturelle Bedeutung findet man im Grab des Präfekten Rekhmara in Theben eine Wandmalerei, die eindeutig Männer bei der Leimverarbeitung zeigt. Das aufwendige Bild zeigt detailliert die verschiedenen Aspekte der Furnierarbeit, darunter auch die Anwendung von Gelatineleim.
Die Kunst des Leimsiedens wurde von den alten Griechen und Römern weiterentwickelt. So etablierte sich in Griechenland schon früh der Beruf des Leimkochers („Kellopsos“). Der griechische Philosoph Theophrast (371–268 vor Christus) berichtet in seiner „Geschichte der Gewächse“ über die Bindfestigkeit der Holzverleimung Folgendes: „Bei der Zimmermannsarbeit hält der Leim am besten die Fichte zusammen, wegen ihres lockeren und fortlaufenden Holzes. Eher reißt das Holz als die Leimfuge.“
Die Römer erweiterten das Spektrum der damals gebräuchlichen Leime um den durch Auskochen von Fischabfällen hergestellten Fischleim, der in unseren Breiten jedoch erst im 6. Jahrhundert nach Christus auftauchte. Für spezielle Anwendungen wurden auch Leime aus den Schwimmblasen von Fischen hergestellt. So diente der Hausenblasenleim (Hausen: Stör aus dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer) den Goldschmieden bis in die jüngste Vergangenheit zum Verkleben (Kitten) von Edelsteinen auf Schmuckgegenständen.
In der Folgezeit des frühen Mittelalters stagnierte die Entwicklung der Klebstoffe in Mitteleuropa, sodass bis ins 15. Jahrhundert fast keine interessanten Neuerungen in der Technik des Verleimens bekannt wurden. Erst die Erfindung des Buchdrucks um 1450 durch Johannes Gutenberg aus Mainz setzte neue Aktivitäten in Gang, da für die Fertigstellung der Bücher im Buchbindergewerbe spezielle Leime benötigt wurden. Ein großer Bedarf an geeigneten Leimen entstand zusätzlich im 16. und 17. Jahrhundert durch die Renaissance der Furniertechnik. Um diesen decken zu können, entstand in Holland im Jahr 1690 die erste handwerkliche Leimfabrik (Leimsiederei); das erste Patent auf einen Fischleim für die Tischlerei wurde jedoch erst 1754, über 60 Jahre später, in England erteilt. Obwohl die Nachfrage an Holzleimen und Kleistern in dieser Zeit einen sprunghaften Anstieg verzeichnete, fanden zunächst keine nennenswerten Neuentwicklungen auf dem Gebiet der Klebtechnik statt.
Kleben im frühen Industriezeitalter
Ende des 19. Jahrhunderts stieg der Bedarf an Gütern aller Art und mit der damit verbundenen Massenherstellung wuchsen die Verpackungsprobleme. Die vorhandenen Klebstoffe erfüllten nicht die qualitativen Anforderungen, neue Produkte mussten entwickelt werden.
Im Jahr 1880 entwickelte Otto Ring, ein Berliner Kaufmann, den ersten gebrauchsfertigen Glutinleim „Syndetikon“, der sehr schnell zu einem Welterfolg wurde. Syndetikon war ein Fischleim, die genaue Rezeptur ist heute nicht mehr bekannt. Jedoch erwähnt das Handbuch der Drogeristen-Praxis von 1893 in dem Kapitel „Thiere, Thierteile und Thiersekrete“, dass Syndetikon „durch Auskochen von allerlei Fischtheilen, Eingeweiden und Schwimmblasen“ zubereitet wurde.
Im Jahr 1889 erfand Ferdinand Sichel, ein Tapeziermeister aus Hannover, den ersten gebrauchsfertigen Pflanzenleim und machte den nicht ganz unkritischen Glutinleim somit überflüssig. Unter Verwendung von Pflanzenstärke als Bindemittel entstand ein haltbarer Klebstoff, der sich mit Wasser leicht anrühren und lange verarbeiten ließ. Außerdem konnte diese Neuentwicklung für den Verkauf gebrauchsfertig abgefüllt werden. Sichel hatte während seiner Ausbildung die schwierige Herstellung und Handhabung von den aus tierischen Rohstoffen hergestellten Glutinleimen kennengelernt, die für jeden Gebrauch neu gekocht und danach schnell verbraucht werden mussten. Saure Zersetzungsprodukte des Leimes hätten bei längerer Lagerung die verklebten Tapeten verfärben können.
Basisentwicklungen für die Klebtechnik
1905–1907 | Der erste Massenkunststoff („Bakelit“) wurde von Leo Hendrik Baekeland, einem belgisch-amerikanischen Chemiker und Erfinder, entwickelt und läutete das Zeitalter der Klebstoffe auf der Basis synthetisch hergestellter Rohstoffe ein. |
1914 | Das Verfahren zur Herstellung von Polyvinylacetat (PVA), ein bis heute sehr häufig verwendeter synthetischer Rohstoff für Klebstoffe, wurde von Victor Rollett und Fritz Klatte patentiert. Das Polymer erlangte jedoch erst in den 1930er-Jahren kommerzielle Bedeutung. |
1928 | Erstmalig fand die Produktion von Polyvinylchlorid (PVC) und Polymethylmethacrylat (PMMA, Plexiglas) in den USA statt. |
1930 | Polychloropren wurde von Arnold Collins zum ersten Mal unter wirtschaftlich günstigen Bedingungen im Emulsionsverfahren polymerisiert und anschließend im Jahr 1932 von der US-amerikanischen Firma DuPont unter dem Namen Duprene (ab 1938 Neoprene) auf den Markt gebracht. Weiterhin gelang in den 1930er-Jahren die erste technische Herstellung von PVA, Polystyrol (PS) und Polyacrylnitril. |
1937 | Polyurethane (PUs) wurden von einer Forschergruppe um Otto Bayer in den Laboratorien der I.G. Farben in Leverkusen zum ersten Mal synthetisiert und ab 1940 in Leverkusen produziert. Aufgrund des Zweiten Weltkriegs und der damit verbundenen Knappheit an Rohstoffen entwickelte sich der Markt für PUs jedoch zunächst nur sehr langsam. Von 1952 bis 1954 wurden Polyester-Schaumstoffe entwickelt und mit dem Einsatz von Polyetherpolyolen wuchs die Bedeutung der PUs auch für Klebstoffanwendungen rasch an. Heute gehören sie wegen ihrer vielfältigen Modifikationsmöglichkeiten zu den wichtigsten Basisstoffen in der Klebstoffindustrie und werden zur Herstellung von meist elastischen Klebverbunden für viele Anwendungen in Industrie und Handwerk eingesetzt. |
1938 | Epoxidharze, die sich für Lacke und Klebstoffe eigneten, wurden Ende der 1930er-Jahre von dem Schweizer Pierre Castan und dem deutschen Paul Theodor Schlack unabhängig voneinander erfunden; das entsprechende Patent wurde 1938 in der Schweiz angemeldet und 1940 erteilt. Castan, der die neuen Harze ursprünglich für zahnärztliche Zwecke nutzen wollte, setzte seine Arbeiten in den 1940er-Jahren mit der Entwicklung weiterer Varianten seiner neuen Technologie fort. Epoxidharzklebstoffe zählen heute sowohl kaltals auch warmhärtend zu den leistungsfähigsten Systemen in der Klebtechnik und finden insbesondere zur Herstellung von hochfesten Klebverbunden in vielen Industriezweigen sowie im Handwerk breite Anwendung. |
1845 | Das erste selbstklebende Pflaster wurde 1845 von Horace Day und William Shecut aus New York in den USA patentiert. Das Patent beschreibt eine neue und verbesserte Herstellungsmethode für ein auf Naturkautschuk und Baumwollgewebe basierendes Pflaster, das besondere Eigenschaften bei der Wundabdeckung aufweist. Das neue flexible Material war aufgrund der Perforation des Gewebes in der Lage, Schweiß und Wundflüssigkeit abzuführen. Nach der Erteilung des Patents wurden die Rechte an Thomas Allcock verkauft, der die neuen Pflaster unter dem Namen „Allcock’s Porous Plaster“ vermarktete. |
1882 | Die Erteilung eines deutschen Patents an den Apotheker Paul Carl Beiersdorf für ein selbstklebendes Pflaster, das Wirkstoffe auf der Haut freisetzen konnte, war gleichzeitig die Geburtsstunde der Firma Beiersdorf in Altona (Abb. 1.2). Die Erfindung war das Ergebnis von Experimenten zur Entwicklung von Heilpflastern, die mit in heißen Salben getränktem Mull durchgeführt wurden. Oscar Troplowitz, der die Firma von Beiersdorf übernommen hatte, erkannte das Potenzial des Patents von Beiersdorf auch für wirkstofffreie Pflaster und stellte daher den Chemiker Dr. Isaac Lifschütz für die Entwicklungsarbeiten für die neuen Klebstoffe ein. Obwohl die ersten Prototypen die Haut reizten, brachte Troplowitz das Produkt auf den Markt, jedoch zum Flicken beschädigter Fahrradschläuche. Viele Jahre später mündeten diese Arbeiten in die Erfindung eines durchsichtigen Kautschuk-Klebefilms, der seit 1936 als Tesa-Film von Beiersdorf vermarktet wird. |
1925 | In diesem Jahr wurde das Abdeckklebeband von Richard Gurley Drew von der 3M Company in St. Paul, USA erfunden. Nachdem er in einer Autolackiererei während der Einführung eines wasserfesten Schleifpapiers von Problemen mit der Abdeckung von bereits fertiggestellten Teilen bei der zweifarbigen Autolackierung erfuhr, startete er in seinem Labor umgehend Experimente mit auf pflanzlichen Ölen, Harzen und Naturkautschuk basierenden Klebstoffen. Nach 2 Jahren Entwicklung schloss Drew 1925 seine Arbeiten erfolgreich ab und präsentierte den Autoherstellern in Detroit das erste Abdeckklebeband (heute oft Kreppklebeband genannt), einen fünf Zentimeter breiten Papierstreifen mit einer dünnen Klebeschicht (Abb. 1.3). Die Kunden in der Automobilindustrie waren so begeisterte, dass sie direkt drei Lkw-Ladungen bestellten. |
1930 | Fünf Jahre nach dem Abdeckklebeband erfand Richard Gurley Drew das erste transparente Klebeband (Abb. 1.4). Gedacht war es für Bäcker, Fleischverarbeiter und Lebensmittelhändler, die auf der Suche nach einem Verschluss für ihre Cellophan-Verpackungen waren. Am 8. September 1930 wurde die erste Testsendung ausgeliefert und die wirtschaftliche Depression brachte dem neuen Produkt einen ungeahnten Erfolg. In Zeiten der Sparsamkeit wurde es für die vielfältigsten Reparaturen sowie für viele Anwendungen in Büro und Haushalt eingesetzt. Im Zweiten Weltkrieg war die Nachfrage nach „Scotch“-Klebebändern so groß, dass das Unternehmen mit der Lieferung nicht mehr nachkam und sich in Anzeigen dafür entschuldigte. |
1936 | Die Erfolgsstory von Tesa-Film ist sehr stark mit dem Namen Hugo Kirchberg verbunden. Direkt nach seinem Start bei Beiersdorf in Hamburg im Jahr 1934 hatte es sich der Bürokaufmann aus Eisenach zur Aufgabe gemacht, den bis dahin erfolglosen „Beiersdorf-Kautschuk-Klebefilm“ von 1896 zum Erfolg zu führen. Kirchberg glaubte fest an den Erfolg des Klebefilms, insbesondere für den Einsatz im Büro. So wurde schon im Januar 1935 unter der Bezeichnung „Beiersdorf-Kautschuk-Klebefilm“ ein Produkt aus transparenter Acetat-Folie auf den Markt gebracht. Da jedoch die Handhabung dieses glasklaren Klebebands schwierig war, entwickelte und patentierte Kirchberg gleichzeitig einen „Behälter für mit Trockenklebstoff versehene Klebestreifenrollen“. Diese erste kombinierte Abroll-abtrenn-Vorrichtung steht heute in modifizierter Form auf beinahe jedem Schreibtisch. 1936 wurde Tesa als Marke für Selbstklebe-Produkte eingeführt und der Tesa-Klebefilm, im Jahr 1941 in Tesafilm umbenannt, avancierte zum Erfolgsprodukt für Anwendungen im Haushalt, Büro und anderen vielfältigen Einsatzgebieten. |
1942 | Mit der Erfindung der mit Polyvinylformal modifizierten Phenolharzklebstoffe gelang Dr. Norman Adrian De Bruyne Anfang der 1940er-Jahre ein Durchbruch im Sinne des konstruktiven Klebens im Flugzeugbau, nicht nur von Holz-, sondern auch von Metallwerkstoffen. So entwickelte er 1942 den ersten Hochleistungsklebstoff für den Flugzeugbau („Redux“), der einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung von Flugzeugstrukturen lieferte. Insbesondere wegen der ausgezeichneten Alterungsbeständigkeit wird diese Klebstoffklasse noch heute beim strukturellen Kleben von Aluminium sehr geschätzt. Der Name „Redux“ leitet sich von „Research at Duxford“ ab und weist auf den Ort hin, wo diese außergewöhnlichen Produkte entwickelt wurden (Aero Research Limited in Duxford, UK). |
1946 | Die von Dr. Pierre Castan Anfang der 1940er-Jahre durchgeführten Forschungsarbeiten an Epoxidharzen bildeten die Basis für die Entwicklung eines neuartigen Klebstoffs (Araldit 194) durch den Schweizer Dr. Eduard Preiswerk von Ciba in Basel. Dieser neue Epoxidklebstoff war in der Lage, verschiedene Werkstoffe, insbesondere Metalle, zu hochfesten Verbunden zu verkleben. Der Klebstoff wurde 1946 von der Firma Ciba auf den Markt gebracht und in verschiedenen Industriezweigen sowie der Luft- und Raumfahrt erfolgreich eingesetzt. Epoxidharzklebstoffe zählen bis heute sowohl in ihrer kalt- als auch warmhärtenden Variante zu den Standardprodukten für strukturelle Verklebungen in der Klebtechnik. |
1953 | Die Erfindung der anaeroben Klebstoffe, die unter Sauerstoffabschluss aushärten, wurde im Labor von Dr. Vernon Krieble in Hartford, USA gemacht und war gleichzeitig der Startschuss für die Firma Loctite. Beim ersten offiziellen Auftritt dieser Firma in der Öffentlichkeit im Juli 1956 läutete die Aussage „das uralte Problem mit losen Muttern und Schrauben in Maschinen und Geräten lösen zu können“ die Einführung der anaeroben Klebstoffe und den Siegeszug dieser neuen Technologie ein. Anaerobe Klebstoffe haben sich heute fest in der Klebtechnik etabliert und werden vielfältig für Befestigungen und Sicherungen von Schrauben sowie Verklebungen von Naben in Industrie und Handwerk eingesetzt. |
1958 | Der erste „Sekundenkleber“ hatte den Produktnamen „Eastman 910“. Dieser einzigartige Klebstoff wurde während des Zweiten Weltkriegs von dem amerikanischen Chemiker Dr. Harry Coover erfunden, der bei der Firma Eastman Kodak in New York an der Entwicklung von optischen Prismen für Waffensysteme arbeitete. Die extreme Klebrigkeit der von ihm eingesetzten Cyanacrylate, der Grundsubstanz des Sekundenklebers, verhinderte den Einsatz für die geplante Anwendung. Jedoch wurden nach weiteren Entwicklungsaktivitäten bald die vielfältigsten industriellen Anwendungen für diese neue Technologie gefunden. Als „Sekundenkleber“ haben die Cyanacrylate heute einen festen Platz nicht nur in Industrie und Handwerk. Spezielle Typen kommen in der Medizin als Sprühverband zur Blutstillung bei Unfällen oder nahtlosen chirurgischen Eingriffen zum Einsatz oder helfen in der Kriminaltechnik, Fingerabdrücke sichtbar zu machen. |
1980 | Die Erfindung der Post-it-Haftnotizen (Post-it® ist ein eingetragener Markenname von 3M) ist eher zufällig zustande gekommen. Schon Ende der 1960er-Jahre beschäftigte sich der 3M Wissenschaftler Dr. Spencer Silver im Zentrallabor der 3M Company in St. Paul, USA mit der Entwicklung eines neuen Verfahrens zur Herstellung von Klebstoffen. Das Ergebnis seiner Bemühungen war unerwartet und zunächst eher enttäuschend. Er bekam Materialien, die nur leicht klebten und sich, ohne Rückstände zu hinterlassen, von vielen Oberflächen wieder leicht abnehmen ließen. Eine praktische Anwendung wurde zunächst nicht gesehen und – gemäß der 3M-Philosophie – stellte Dr. Silver das Material intern anderen Wissenschaftlern vor. So auch Art Fry, der sich als Mitglied eines Kirchenchors ständig darüber ärgerte, dass ihm seine Lesezeichen in der Kirche aus den Notenheften herausfielen. So nahm er den neuen Klebstoff, trug ihn auf kleine Zettel auf und erprobte seine Erfindung gleich am nächsten Sonntag in der Kirche. Tatsächlich hafteten seine Lesezeichen zuverlässig, ließen sich aber dennoch leicht lösen, ohne die Notenblätter zu zerstören. Die Post-its waren erfunden und kamen Anfang der 1980er-Jahre in den USA und auch in Deutschland auf den Markt. Heute gehören sie zur Standardausrüstung eines jeden Büros und werden auch fast in jedem Haushalt zur Übermittlung von Kurzinformationen eingesetzt. |
1980 | Um der Nachfrage nach doppelseitigen Klebebändern für stark herausfordernde Anwendungen nachkommen zu können, wurde von der Firma 3M in St. Paul, USA Ende der 1970er-Jahre eine neuartige Klebebandtechnologie entwickelt. Ab den 1980er-Jahren kamen diese neuartigen Haftklebebänder für Hochleistungsverklebungen auf den Markt. Diese „Acrylic Foam Tapes“ (VHB™ Tapes) sind durch ihre viskoelastischen Eigenschaften äußerst anpassungsfähig, bauen sehr leicht Spannungen im Klebverbund ab und haben gegenüber den flüssigen Klebstoffen den Vorteil der leichteren Verarbeitung. Die Bänder werden unter dem Markennamen VHB (Very High Bond) vermarktet und werden heute in vielen Bereichen der Industrie als auch im Handwerk erfolgreich eingesetzt. Anwendungsbeispiele sind die Verklebungen von Fassaden an Hochhäusern, Dichtungen in Autotüren, Dachkonstruktionen für Lkw-Auflieger und die Fertigung von Solarmodulen. |
Ab 1990 | Aushärtbare Haftklebebänder werden von 3M entwickelt und das erste Produkt 1997 unter der Bezeichnung „Structural Bonding Tape“ auf dem Markt eingeführt. Diese doppelseitigen Haftklebebänder härten nach dem Aufbringen thermisch bei etwa 140 °C für etwa 20 min zu struktureller Festigkeit aus und vereinen die Vorteile eines Klebstoffs (hohe Festigkeit) mit den Vorteilen eines Klebebandes (unmittelbarer Adhäsionsaufbau und einfache Handhabung). Die Technologie findet heute unter anderem umfangreich bei der Verklebung von Spiegelsockeln an Windschutzscheiben Verwendung, wobei die für die Herstellung der Windschutzscheibe benötigte Wärme für die Aushärtung des Klebebandes genutzt wird. |
1998 | Zum Fügen von Fahrzeugstrukturen im Rohbau werden neue zähelastifizierte warmhärtende 1K-Epoxidklebstoffe von der Firma Dow in den Automobilbau eingeführt und erfreuen sich seitdem großer Beliebtheit. Sie sind so entwickelt, dass sie beölte Feinbleche direkt, also ohne Reinigung der Oberfläche, strukturell verkleben können. Diese Klebstoffe werden auch oft im sogenannten Hybridverfahren in Kombination mit zum Beispiel dem Punktschweißen für den Bau von Rohkarosserien und Anbauteilen wie Türen, Klappen und Hauben eingesetzt. |
2016 | Zur Lösung der auf unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten basierenden Verzugsprobleme im Automobilbau, die insbesondere bei den Materialkombinationen der neuen modernen Leichtbaukonstruktionen zutage treten, wurde die Entwicklung eines neuartigen raumtemperaturaushärtenden 2K-Epoxidklebstoffs von der Firma 3M abgeschlossen und auf dem Markt eingeführt. Anders als die warmhärtenden 1K-Klebstoffe, deren Festigkeitsaufbau erst bei 180 °C beginnt, härten die neuen Zweikomponenten-Produkte schon bei Raumtemperatur aus. Durch eine induktive Schnellhärtung direkt nach dem Klebstoffauftrag für weniger als 1 min bei etwa 130 °C ist es möglich, schon sehr früh eine ausreichende Handhabungsfestigkeit zu erreichen. Dies gilt als entscheidender Vorteil, da durch den wesentlich früheren Festigkeitsaufbau schon in der frühen Fertigungsphase Spannungen im Bauteil vermieden werden, was zu einem qualitativ hochwertigeren Prozess mit weniger Ausschuss führt und so die Fertigungskosten senkt. |