Kapitel 9
Nach drei Tagen war die Beule an seinem Kopf endlich verschwunden, aber seine Probleme mit der neuen Gouvernante waren nach wie vor ungelöst.
Daniel saß in seinem Ledersessel vor dem Kamin im Salon. Nach dem Abendessen hatte Gundy die Küche sauber gemacht und danach leise das Haus verlassen, um zu seiner Baracke zu gehen und Daniel mit seinen Mädchen allein zu lassen. Aber sie waren nicht mehr allein. Miss Bell wohnte jetzt bei ihnen und diese neue Situation war nicht nur positiv.
Daniel hatte eine ältere Frau gewollt, die seine Mädchen an die kurze Leine nähme, damit er beruhigt sein konnte. Bei Miss Bell war er keineswegs beruhigt. Ja, mit ihrer langweiligen, farblosen Kleidung versuchte sie, ihre Schönheit herabzuspielen, aber das reizvolle Kleid, das er in Erinnerung hatte, gab ihm ein Rätsel auf. Wie kam eine Gouvernante an ein solches Kleid? Und sie strahlte noch etwas anderes aus, das man in keinem Schulzimmer erwarb, eine übersprudelnde Lebendigkeit, die sie sich nicht durch stundenlanges Lernen erworben haben konnte.
Solche Gedanken in Bezug auf die Frau, die er eingestellt hatte, um seinen Töchtern Anstand beizubringen, waren nicht angebracht. Eigentlich sollte er überhaupt nicht an sie denken, sondern lediglich ihre Geheimnisse ans Licht bringen.
Die Mädchen hatten anscheinend ihren Unterricht beendet, denn sie durften sich nach dem Essen selbst beschäftigen. Caroline stickte ein weißes Kopfkissen für ihre Aussteuertruhe, während Daisy auf einem Notizblock Bilder von indianischen Müttern und ihren Kindern skizzierte. Die wie immer verwirrende Miss Bell saß ihm gegenüber und war in ein Mathematikbuch vertieft. Ihr hübscher Mund verzog sich und ihre Stirn runzelte sich, während sie konzentriert mit dem Finger langsam die Zahlen nachfuhr.
Stimmte mit dem Buch etwas nicht? Er kniff die Augen zusammen, um auf der Seite etwas erkennen zu können, aber das gelang ihm von seinem Platz aus nicht. Außerdem war es interessanter, sie zu beobachten, als ihr Buch zu lesen.
Wenn ein ahnungsloser Beobachter diese Szene sähe, könnte er leicht meinen, dass hier ein Vater und eine Mutter mit ihren heranwachsenden Töchtern einen Abend vor dem Kamin verbrachten. Der ahnungslose Beobachter würde vielleicht bemerken, dass die Eltern noch sehr jung waren – er selbst sah schließlich auch noch nicht so alt aus, dass man ihn für den Vater einer fast erwachsenen Tochter halten würde – und dass der Salon geschmackvoll eingerichtet war. Der Beobachter wüsste nicht, dass der Salon vor neun Jahren eingerichtet worden war, als das Generalshaus gebaut wurde. Die Einrichtung gehörte ihm nicht und er hatte sie auch nie beachtet. Doch jetzt fragte er sich plötzlich, welchen Eindruck sein Haus auf Miss Bell machte.
Seine Frau, Margaret, hatte nie in Fort Reno gelebt. Er war bereits verwitwet gewesen, als er diesen Posten übertragen bekommen und seine Mädchen aus dem Haus ihrer Großmutter in Galveston mit hierhergenommen hatte. Er zerbrach sich nie den Kopf darüber, ob er mit seinem Haus seine Vorgesetzten beeindruckte, wenn sie ins Indianer-Territorium kamen. Fort Reno war eine Oase, wenn man zuvor in einem Zelt geschlafen hatte. Dank dem Quartiermeister hatte niemand in der Armee den Eindruck, dass in seinem Haus etwas fehlte.
Aber fand Miss Bell das auch?
Augen und Ohren offen zu halten, war eine bewährte Methode, um an Informationen zu gelangen, aber bis jetzt hatte er nichts von Miss Bell gehört, das Anlass zur Sorge gäbe. Im Gegenteil, er bewunderte ihr ansteckendes Lachen, ihre ungezwungene Art, die Mädchen zu ermutigen und zu ermahnen, und dass sie auch angesichts von Carolines miesepetriger Laune ihre Fröhlichkeit nicht verlor.
Sie war tagsüber lebhaft, aber in ihrer Freizeit war sie ein Bücherwurm. Wenn ihre Pflichten erfüllt waren, vergrub sie sich in den Büchern, obwohl sie weit unter ihren Fähigkeiten lagen. War sie in ihren Vorbereitungen auf den Unterricht so gewissenhaft? Lernte sie die anstehenden Aufgaben auswendig? Warum schien sie die Bücher so intensiv zu lesen?
Und wie sollte er etwas über sie in Erfahrung bringen, wenn sie nie mit ihm sprach? Er konnte sie schlecht in sein Büro zitieren, um sie zu verhören. Im Grunde konnte er das natürlich schon, aber was war, wenn ihre Geschichte wahr war? Es würde sich unter allen Missionaren in Darlington herumsprechen, dass er an ihnen gezweifelt hatte, und dann müsste er Rede und Antwort stehen. Er musste sich das noch einmal genau durch den Kopf gehen lassen, aber Miss Bell nahm ohnehin schon viel zu viel Raum in seinen Gedanken ein. Zum Beispiel verstand er nicht, warum sie ihre engelhafte Schönheit in der ausgewaschenen Trauerkleidung, die sie jeden Tag trug, versteckte. Ihre schöne, ausgebildete Stimme und ihre anmutigen Bewegungen standen im Widerspruch zu ihren fehlenden Tischmanieren. Auf diese Fragen fand er keine befriedigende Antwort.
Sie blickte auf und wandte schnell den Blick ab, da es ihr anscheinend peinlich war, seinem direkten Blick zu begegnen. Daniel schlug mit der Hand auf die Sessellehne, um die Stille zu beenden.
„Vater, musst du denn so viel Lärm machen?“ Caroline steckte ihre Nadel in den Stoff. „Es war so schön ruhig.“
„Wie kommen Sie mit dem Unterricht voran?“, fragte er. Immerhin war diese Frau Lehrerin. Das war doch ein Thema, über das sie sich unterhalten konnten, oder?
Miss Bell zog eine Braue hoch. „Ich bin noch dabei, sie einzustufen, um zu wissen, wo ich anfangen muss. Ich will meine Schüler nicht frustrieren, indem ich sie unter- oder überfordere.“
Daisy kicherte. „Sie hat gedacht, ich müsste noch addieren lernen. Dabei bin ich doch schon zehn.“
Caroline verdrehte die Augen. Daniel spürte eine unangenehme Unzufriedenheit. Er hatte bei den Mädchen sein Bestes gegeben – er hatte die Hilfe der Lehrerinnen, die hin und wieder im Fort gewesen waren, und die Hilfe jedes gebildeten Mannes, der auf der Durchreise war, in Anspruch genommen, um ihre Fortschritte zu überprüfen – aber war das genug gewesen?
„Und du hast die Prüfung bestanden. Als Nächstes befassen wir uns mit …“ Sie blätterte einige Seiten weiter. „Mit Multiplikation.“
Daisy hielt ihren Zeichenblock ein wenig von sich fort, um ihre Zeichnung zu begutachten. „Sie müssen schon etwas finden, das mich ein wenig mehr fordert.“
„Daisy, beherrsche deinen Ton. Miss Bell weiß, was sie tut. Vielleicht gibt es in deiner Bildung Lücken, die uns nicht bewusst sind.“ Es war seine Aufgabe, die Gouvernante zu hinterfragen, und nicht die seiner Mädchen.
Miss Bell sah überrascht aus. „Ja“, sagte sie schließlich. „Genau das mache ich. Ich beginne ganz von vorne und schaue, ob Lücken da sind.“
Caroline drehte ihre Stickarbeit um und nahm ihre kleine Schere. „Bei Großmutter hätte ich inzwischen richtigen Unterricht.“ Sie schnitt einen Faden ab. „Stattdessen muss ich beweisen, dass ich die einfachsten Grammatikregeln beherrsche.“
„Caroline Adams, du entschuldigst dich bei Miss Bell.“ Daniel duldete keine Aufmüpfigkeit. „Dir steht eine solche Kritik nicht zu.“
Caroline schien seine Reaktion zu überraschen, aber sie gab nicht nach. Etwas anderes hatte er von ihr auch nicht erwartet. Mit gesenktem Blick, aber einem trotzig vorgeschobenen Kinn antwortete sie: „Kann ich in mein Zimmer gehen?“
„Du bereitest eine Entschuldigung vor und legst sie morgen früh vor. Geh in dein Zimmer.“
Im Salon war es unangenehm still, als Caroline ihre Stickarbeit einpackte und dann den Raum verließ.
Daisy zog ihren Rock hoch, um sich am Knie zu kratzen. „Dann gehe ich am besten auch schlafen.“ Sie kam zu ihm und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Gute Nacht, Papa. Gute Nacht, Miss Bell“, fügte sie mit einem scheuen Lächeln hinzu und hüpfte dann zur Treppe.
Jetzt fiel ihm die Aufgabe zu, Carolines Grobheit zu entschuldigen. Oder zog es eine Lehrerin vor, Caroline selbst zur Rede zu stellen? Wie dem auch sei, Miss Bell würde sich erst wohlfühlen, wenn er ihr versicherte, dass sie mit Respekt behandelt wurde und …
Was machte sie da? Statt durch Carolines Kritik aufgewühlt zu sein, hatte Miss Bell in aller Ruhe ihre Stiefel aufgeschnürt und ausgezogen. Dann hatte sie sich umgedreht und ihre Beine vor sich auf dem Sofa ausgestreckt.
Ihre weißen Strümpfe waren sauber genug, um das Polster nicht zu beschmutzen, aber Daniel hatte noch nie eine Frau in dieser Haltung in einem Salon sitzen sehen. Es sah fast so aus, als säße sie im Bett. Solche Gedanken waren nicht hilfreich.
Vielleicht bekam sie, wenn sie mit dem Rücken an der Armlehne des Sofas saß, mehr Licht. Das war wahrscheinlich das Ziel, das sie verfolgte. Ihm hingegen ermöglichte diese veränderte Sitzhaltung einen besseren Blick auf ihr Profil. Ihre Brauen waren dünn und hell. Ihre großen, blauen Augen sahen aus, als könnten sie von einer Sekunde auf die andere Tränen hervorbringen, obwohl sie bis jetzt darauf verzichtet hatte. Ihre Lippen bewegten sich stumm, während sie über der Seite, die vor ihr lag, brütete. Aber so unschuldig sie auch aussah, ihre Sitzposition war skandalös.
„Sie sind natürlich in solchen Fragen bewanderter als ich“, sagte er, „aber ziemt es sich, dass Damen … ähm, ihre Füße hochlegen, wenn sie in Gesellschaft sind?“
Sie ließ ihr Buch sinken und schaute ihre reizvollen Zehen an, als wären sie wie ein ungehorsames Hündchen ohne Erlaubnis aufs Sofa gesprungen.
„Entschuldigen Sie, ich bin es nicht gewohnt, in Gesellschaft zu sein, wenn ich Feierabend habe.“ Sie setzte sich anständig hin und versteckte ihre Füße unter ihrem Rocksaum. „Ich werde versuchen, Sie nicht weiter abzulenken.“ Sie hielt ihr Buch hoch und versteckte ihr Gesicht vor ihm.
Er war abgelenkt, aber auf ihren Trick, das Gespräch auf ihn zu lenken, fiel er nicht herein. Und ein Buch würde ein Objekt, das ihn interessierte, nicht vor seinen Blicken schützen. Sie sollte wissen, dass er sich nicht so leicht abschütteln ließ. Es war das erste Mal, dass er mit einer Frau allein war, seit Margaret gestorben war.
Wie kam er jetzt nur auf diesen Gedanken?
Vielleicht sollte er sie ein wenig testen und herausfinden, wie sie reagierte, wenn er ebenfalls eine weniger formelle Art an den Tag legte.
„Heute Abend ist eine Einheit vom Feldeinsatz zurückgekommen“, sagte er. „Nachdem wir alle Männer untergebracht hatten, war meine Uniform stark verstaubt. Und es ist heute Abend sehr schwül. Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn ich meine Jacke ausziehe.“
Ihre blauen Augen schauten ihn über den Rand ihres Buches an. War sie von seinen fehlenden Manieren schockiert? Er kam sich ein wenig unanständig vor, als er die Messingknöpfe öffnete und seine Jacke neben sich legte. Vielleicht sollte er ihr doch erlauben, ihre Füße hochzulegen. Wenn sie unter einem Dach wohnten, war es nur sinnvoll, sich am Ende des Tages ein wenig Bequemlichkeit zu gestatten.
„Eine Einheit ist gekommen?“ Sie klappte das Buch zu. „Das Leben im Fort scheint wirklich interessant zu sein. Ist es den Truppen erlaubt, sich abends gemütlich zusammenzusetzen?“
„Ja, wenn sie ihre Pflichten für den Tag erledigt haben.“
„Und was ist mit den Soldaten in der Arrestzelle? Dürfen sie auch herauskommen?“
Daniel schaute sie fragend an. Was für eine sonderbare Frage! Woher wusste sie, dass es eine Arrestzelle gab?
„Wenn sie ihre Strafe absitzen, dürfen sie sich nicht zu den anderen setzen, aber im Moment ist die Arrestzelle leer …“
Doch sie hörte ihm schon gar nicht mehr zu. Stattdessen schnürte sie ihre Stiefel und ging zur Tür.
S
Bradley saß nicht mehr in der Arrestzelle und hielt sich wahrscheinlich auf dem freien Gelände auf. Er wäre sicher sehr überrascht, wenn er sie sah. Louisa schritt zur Haustür, ohne zu überlegen, welche Konsequenzen ihr Handeln hatte.
Als sie sich in der Eingangshalle umdrehte, stand Major Adams direkt hinter ihr. Er hatte kein Wort gesagt, aber offensichtlich war er nicht bereit, sie aus den Augen zu lassen. Sie suchte eilig nach einer akzeptablen Entschuldigung für ihr Verhalten. Ein falsches Wort und er würde wieder Mr Dyer anrufen und sich über sie beschweren.
„Ich war den ganzen Tag im Haus“, sagte sie, „und habe nicht viel anderes gesehen als Bücher. Mir würde ein Spaziergang guttun.“
Er hatte zwar seine Uniformjacke abgelegt, aber er war immer noch einschüchternd, ebenso wie der fragende Blick, mit dem er sie bedachte. „Aber es ist Abend. Es ist dunkel. Morgen wäre ein Spaziergang sicher besser.“
Seit wann war Dunkelheit ein Grund, im Haus zu bleiben? Niemand erwartete, dass die Schöne Lola Bell sich wegen solcher Dinge den Kopf zerbrach. Sie hasste es, mit ihm zu diskutieren, aber sie musste Bradley sehen. Wie würde eine Dame ihr offensichtlich sonderbares Verhalten erklären?
„Die Sonne“, sagte sie. „Die Sonne ist tagsüber so heiß und morgen haben die Mädchen wieder Unterricht. Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen. Ich werde das Fort nicht verlassen. Ich will nur …“ Sie hielt die Hand an ihren Brustkorb und atmete tief ein, wie es jede gute Sängerin konnte, „meine Lunge weiten.“
Major Adams schaute sie so interessiert an, dass Louisa fast nervös wurde.
„Miss Bell, Ihr bisheriges Leben war wahrscheinlich so behütet, dass Ihnen nicht bewusst ist, welchen Versuchungen diese Männer ausgesetzt sind. Sie sind gute Soldaten, und falls einer von ihnen sich erlauben sollte, Sie nicht wie eine Dame zu behandeln, würde er sehr streng bestraft werden, aber trotzdem ist es nicht ratsam, dass Sie sich im Dunkeln draußen allein aufhalten. Ich würde Sie nachts nicht der Gesellschaft meiner Soldaten aussetzen, denn jetzt sind sie am lebhaftesten und am ausgelassensten.“
Vielleicht war auch sie nachts am lebhaftesten und am ausgelassensten? Sie faltete die Hände und fragte sich, wie er reagieren würde, wenn er ihre Gedanken lesen könnte. Hatte sie ihn endlich überzeugt, dass sie anständig genug war, um seine Töchter zu unterrichten, und jetzt ging der Schuss nach hinten los? Niemand außer Tim-Bob und Cimarron Ted hatte sich je wirklich um ihr Wohl gesorgt. Tim-Bob hatte sie trotzdem bei der ersten Gelegenheit hinausgeworfen. Aber sie zu beschützen, gehörte zu den Pflichten des Majors, und er war wahrscheinlich einer jener Männer, die ihre Pflicht sehr ernst nahmen. Leider hatte er offensichtlich beschlossen, dass sie zu zart besaitet war, um draußen mit den ungehobelten Kerlen in Kontakt zu kommen.
Wenn nur nicht einer dieser ungehobelten Kerle ihr Bruder wäre!
„Wollen wir gemeinsam spazieren gehen?“ Im Lampenlicht glänzten seine Haare kastanienbraun.
Mit ihm? Das konnte die einzige Möglichkeit sein, aus dem Haus zu kommen, aber es konnte auch gefährlich werden. Zum Glück hatte sie auf der Bühne gelernt, der Angst ins Auge zu blicken.
Ich bin die Schöne Lola Bell. Er wird von meinem Auftritt begeistert sein und meine Leistung bewundern.
„Ja, Sir. Das würde ich sehr gerne.“
„Brauchen Sie ein Tuch oder so etwas?“
Sie wollte sich schon umdrehen und ein Tuch holen, doch dann fiel ihr ein, dass die einzigen Tücher, die sie hatte, aus einem Material waren, das Mrs Townsend wahrscheinlich entsetzlich fände. „Es ist warm genug.“
„Ich gebe kurz den Mädchen Bescheid. Wenn Sie bitte einen Moment warten würden.“ Seine hohen Stiefel glänzten, als er die Treppe hinaufstieg. Louisa sank fast gegen die Wand. Was war in sie gefahren? Sie konnte doch nicht mit dem Major spazieren gehen! Wie lang würde es dauern, bis er herausfand, wer sie wirklich war? Was sie wirklich war?
Sie hörte Stimmen, als er den Mädchen eine gute Nacht wünschte.
Sagte er ihnen, dass er mit Louisa spazieren gehen wollte? Allein? Louisa hatte das Gefühl, orientierungslos auf dem Meer zu treiben. Wenn sie nur jemanden gehabt hätte, der sie gelehrt hätte, was in der Gesellschaft als akzeptabel galt. Aber so wie die Dinge standen, musste sie dem Anstand des Majors vertrauen und hoffen, dass dies keine Prüfung ihres Charakters sein sollte.
Er kam wieder die Treppe herab, schlüpfte in seine Jacke und knöpfte sie schnell zu, verzichtete aber auf seinen Hut und seine Handschuhe. Er hielt ihr die Tür auf und stand groß und steif da, wie sie es von einem hochrangigen Mann beim Militär wie ihm erwartete. Sie trat durch die Tür und bemühte sich, mit der Schulter nicht seine Brust zu streifen und ihre Nervosität zu bändigen.
Dies hier war nur ein Auftritt, ein Auftritt für einen einzigen Mann. Einen sehr mächtigen, sehr aufmerksamen, sehr intelligenten Mann.
Er führte sie die Verandastufen hinab, doch statt in Richtung des freien Geländes zu marschieren, steuerten sie auf das Offiziershaus nebenan zu. Major Adams hämmerte mit der Faust an die Tür.
„Leutnant“, rief er. „Leutnant, kommen Sie sofort an die Tür.“
Das Haus war bis auf ein schwaches Licht in einem oberen Fenster dunkel. Louisa schaute zu, wie sich das Licht die Treppe hinabbewegte, bis der Lichtschein im vorderen Teil des Hauses erschien. Die Tür wurde aufgerissen und Leutnant Hennessey stand vor ihnen. Sein Hemd steckte nicht in seiner Hose und er war auf Strümpfen.
„Ja, Sir! Was gibt es?“ Er entdeckte Louisa und begann eilig sein Hemd in die Hose zu stecken.
„Miss Bell möchte einen Spaziergang machen.“
Leutnant Hennessey zog die Brauen hoch. „Oh? Jetzt?“
„Ja, jetzt. Sie ist nach dem Unterrichten der Mädchen müde und braucht ein wenig frische Luft.“
Gütiger Himmel, was machte er denn? Wollte er das ganze Fort wecken, um allen anzukündigen, dass sie spazieren gehen wollte? „Es besteht kein Anlass, Leutnant Hennessey zu stören“, sagte sie. „Ich muss nicht …“
„Ja, Sir.“ Der Leutnant verlangte keine Erklärung. Er hörte nur einen Befehl. „Fünf Minuten, dann bin ich bereit. Wollen Sie im Haus warten?“
„Das ist nicht nötig“, erwiderte der Major.
Der Leutnant salutierte und verschwand im Haus.
Das war lächerlich. „Ich hatte die feste Absicht, allein zu gehen“, sagte Louisa. „Wenn Sie mich nicht begleiten wollen, besteht kein Grund, Leutnant Hennessey deshalb zu stören.“
„Wer sagt, dass ich Sie nicht begleiten will?“ Major Adams trat zurück, als hätte sie ihn beleidigt. „Ich werde Sie selbstverständlich bei Ihrem Spaziergang begleiten.“
„Warum haben Sie dann den Leutnant geweckt? Soll er Ihr Haus bewachen, während Sie fort sind?“
„Natürlich nicht. Er ist unsere Anstandsbegleitung. Selbst hier draußen werde ich alles tun, um Ihnen den Schutz zu bieten, den Sie gewohnt sind.“
Louisa fuhr zitternd mit der Hand über ihre Augen. Sie beide kamen aus völlig verschiedenen Welten. Wenn er nur wüsste, welchen Schutz sie gewohnt war!
Ihr Blick wanderte über den dunklen Exerzierplatz zu den langen Baracken, durch deren Fenster Licht fiel und aus denen lachende Stimmen zu hören waren. Eine Gruppe Männer stand vor der Arrestzelle. Rote Lichtpunkte verrieten, dass sie Zigaretten rauchten, bevor sie schlafen gingen. Aus Richtung des Proviantlagers hörte man das Klirren von Metall. Dort spielten einige Soldaten Hufeisenwerfen. Aus der anderen Richtung ertönten Rufe, die darauf schließen ließen, dass dort einige Männer ihre Kräfte beim Armdrücken maßen. War Bradley einer von ihnen? War das ihre Gelegenheit?
Die Tür ging auf und der Leutnant erschien. „Leutnant Hennessey meldet sich zum Dienst.“ Er zog seine Handschuhe glatt und strich über seine blaue Uniformjacke.
Er war perfekt gekleidet, obwohl er um diese Zeit im Bett sein sollte. Daran war nur ihre impulsive Idee, einen Spaziergang zu machen, schuld. Louisa hätte sich am liebsten versteckt, aber Major Adams schien an dieser Situation nichts ungewöhnlich zu finden.
„Dann brechen wir jetzt auf. Gehen Sie hinter uns her, Leutnant. Halten Sie einen Abstand von fünf Metern.“
Oh, gütiger Himmel! Sie gingen auf dem Schotterweg los, der um den Exerzierplatz herumführte. Der Mann, der sich gerade noch im Salon unwohl gefühlt hatte, war offensichtlich in seinem Element, als er vor ihr her marschierte, ohne sich einen Deut darum zu scheren, wen er wegen seines Spaziergangs aus dem Bett riss. Zum Glück stellte er ihr keine Fragen, denn sie war so beschämt, dass sie kaum atmen, geschweige denn sprechen konnte. Statt sich mit ihm zu unterhalten, suchte sie die Dunkelheit nach einer bekannten Gestalt ab und war froh, dass der Major darauf verzichtete, ihr seinen Arm anzubieten. Es war schwer, sich zu konzentrieren, wenn ihr Arm bei ihm untergehakt war.
Würde sie Bradley erkennen? An dem Tag, an dem sie hier angekommen war, hatte sie ihn problemlos erkannt, aber jetzt war es dunkel. Sie näherten sich einer Gruppe Männer. Ihre Stimmen drangen über den Rasen zu ihnen, während sie lachten und scherzhaft miteinander herumrangelten. Aber ihr Spaß fand ein abruptes Ende, als Louisa und der Major aus der Dunkelheit auftauchten. Sofort nahmen die Männer Haltung an und waren steif wie überraschte Opossums – nur ohne die herausgestreckte Zunge.
Sie rührten sich keinen Millimeter, auch dann nicht, als sie näher kam. Damit gaben sie Louisa Gelegenheit, ihre Gesichter zu sehen. Ihr Bruder befand sich nicht in dieser Gruppe.
„Guten Abend“, sagte Major Adams. „Lassen Sie sich nicht stören.“
Die steife Haltung der Männer entspannte sich, aber sie blieben stumm stehen. Niemand lachte mehr, niemand alberte mehr herum. Sie standen nur respektvoll da, bis Louisa an ihnen vorbeigegangen war.
„Hey, Teddy, hast du dein Pferd beschlagen lassen?“, rief der Leutnant einem der Männer zu. Offenbar löste Leutnant Hennessey bei den Männern bei Weitem keine so einschüchternde Reaktion aus wie der Major. Diesen Eindruck hatte Louisa schon bei ihrer ersten Begegnung gehabt. Die Männer unterhielten sich freundschaftlich mit ihm, während der Major und sie ihren Spaziergang fortsetzten. Major Adams warf einen Blick hinter sich und verlangsamte seine Schritte. Schließlich blieb er stehen und drehte sich um.
„Unser Abstand wird zu groß“, sagte er. „Wir sollten lieber auf Jack warten. Durch ihn bekomme ich wichtige Informationen. Die Männer erzählen ihm Dinge, die ich sonst nie erfahren würde.“
Auch sie hatte Leutnant Hennessey Dinge erzählt, die sie lieber für sich hätte behalten sollen. Sie betrachtete den Major, der seinen Adjutanten beobachtete. Er stand groß und aufrecht da und hatte den Brustkorb vorgeschoben. Wie war es wohl, wenn man so respektiert wurde? Louisa konnte sich das nicht vorstellen.
Mit einem freundschaftlichen Schlag auf den Rücken verließ der Leutnant die Männer, die sich nun benahmen, als hätten sie ihren Kommandanten völlig vergessen. Einer begann, einen Tanz aufzuführen, während seine Freunde in die Hände klatschten. So würden sie sich nie verhalten, wenn ihnen bewusst wäre, dass Major Adams noch in der Nähe war.
In den letzten drei Tagen war es ihr gelungen, ihm die meiste Zeit aus dem Weg zu gehen. Die Abendessen waren am gefährlichsten, aber sie beobachtete Major Adams ganz genau und ahmte sein Verhalten nach, um in kein Fettnäpfchen zu treten. Ihr hätte auffallen müssen, dass er seine Füße nie auf Möbel legte. Aber andererseits hatte er im Sattel gestanden.
Louisa warf einen kurzen Blick auf ihn und hoffte, den wagemutigen Mann zu entdecken, der sich im Kunstreiten versucht hatte. Sie wusste, dass dieser verspielte Mann irgendwo unter seiner steifen Uniform und beherrschten Miene steckte. Kein Wunder, dass er so weit vom Fort weggeritten war, bevor er dieses Kunststück ausprobiert hatte.
Eine Gruppe Männer schlenderte in ihre Richtung. Die Männer waren in ihr Gespräch vertieft, bis sie bemerkten, wer dort auf dem Gehweg stand. Sie nahmen sofort Haltung an. Louisa stellte überrascht fest, dass ausnahmslos alle von ihnen eine schwarze Hautfarbe hatten. Major Adams grüßte sie genauso wie die letzte Gruppe und ließ sie weitergehen.
„Jetzt wird sich Jack auch mit ihnen unterhalten. Bitte entschuldigen Sie, dass ich ihn mitgenommen habe. Ich habe vergessen, wie redselig er ist.“
„Das stört mich nicht“, erwiderte sie. „Mir war nicht bewusst, dass Sie auch schwarze Soldaten hier stationiert haben.“
„Die Indianer nennen sie Büffelsoldaten, denn sie sagen, dass ihre Haare genauso gekräuselt sind wie die der Büffel. Sie sind erstklassige Soldaten. Sie meinen wahrscheinlich, dass sie sich besonders beweisen müssen.“
Genauso wie Bradley. Wenn sie ihn in die Finger bekam …
„Gehen wir weiter“, sagte Major Adams. „Jack kann später nachkommen.“
Sie gingen wieder weiter und stießen auf die nächste Gruppe Soldaten. Louisa verstand allmählich, warum der Major abends lieber in seinem Haus saß, als spazieren zu gehen. Bei seiner Anwesenheit unterbrachen alle Männer das, was sie gerade machten. Wie die Männer im Cat-Eye Saloon, wenn der Sheriff bei den Pokerrunden nach den Musikdarbietungen auftauchte.
Er musste sehr einsam sein, denn er hatte zwar den Respekt seiner Männer, aber keine Gemeinschaft mit ihnen. Er überließ Leutnant Hennessey die Rolle des geselligen Offiziers, während er selbst distanziert blieb – bereit zu kritisieren, bereit zu bestrafen, bereit, diese jungen Männer, wenn nötig, in den Tod zu schicken. Mit wem konnte er sprechen? Wer hörte ihm zu? Wem konnte er sein Herz ausschütten?
Daisy hatte erwähnt, dass ihre Mutter gestorben war, aber das lag sehr lange zurück. Warum hatte er nicht wieder geheiratet? Als wollte sie ihre eigene Frage beantworten, schaute sich Louisa um – zu allen Seiten nichts als weite Prärie. Die Missionarin auf der Red Fork Ranch war die einzige unverheiratete weiße Frau gewesen, die sie gesehen hatte, seitdem sie in die Postkutsche gestiegen war.
Die nächste Gruppe Soldaten salutierte, aber der Major führte Louisa mit einer beiläufigen Handbewegung an den Männern vorbei und war offensichtlich fest entschlossen, ihr die frische Luft zu verschaffen, die er ihr versprochen hatte.
„Es ist nicht nötig, so schnell …“ Plötzlich versagte ihre Stimme und ihr Herz begann zu rasen. Das war Bradley. Er ging in diesem Moment an ihr vorbei. Sie musste ihn aufhalten.
Da sie schnell handeln musste, stolperte sie absichtlich. Es war sicher glaubhaft, dass sie sich in ihren Stiefeln mit den hohen Absätzen auf dem Schotter den Knöchel verdrehte. Sie klammerte sich an Bradleys Arm, um nicht auf den Boden zu stürzen. Major Adams ergriff sofort ihren anderen Arm. Dadurch stand sie zwischen den beiden Männern.
„Entschuldigung“, sagte sie. „Ich habe mir den Köchel verdreht. Könnten Sie mir bitte zu der Bank da drüben helfen?“
Sie schaute Bradley direkt ins Gesicht, aber sein Blick war auf seinen Kommandanten gerichtet.
„Ich helfe ihr, Gefreiter Willis.“ Major Adams hatte sie näher an sich herangezogen. „Lassen Sie sich nicht aufhalten.“
Wenn Bradley sie nur anschauen würde! Sie bohrte ihre Finger in seinen Arm und fühlte, wie er sich anspannte und einen kurzen Blick in ihre Richtung warf. Er wollte sich schon von ihrem Arm lösen, als seine Augen vor Überraschung plötzlich ganz groß wurden. Seine Kinnlade fiel nach unten, als würde ihm ein Schwall Whiskey ins Gesicht gekippt.
„Was … was soll das denn bedeuten?“, keuchte er.
Bevor sie sich eine Antwort überlegen konnte, trat der Major zwischen sie.
„Was haben Sie gesagt, Soldat?“ Major Adams’ Stimme war kalt und hart.
Benommen taumelte Bradley zurück und stammelte hilflos: „Nichts, Sir.“
„Sie sprechen diese Dame nur an, wenn sie Sie zuerst anspricht. Verstanden?“
Armer Bradley! Er nahm militärische Haltung an und blinzelte schnell, als wäre er gerade mit Wasser überschüttet worden. Louisa traten Tränen in die Augen, aber sie wollte auf keinen Fall, dass er noch mehr Schwierigkeiten bekam. Sie musste etwas unternehmen. Sie musste den Major ablenken.
„Verstanden?“, wiederholte Major Adams.
„Mein Knöchel“, jammerte sie. „Ich brauche Hilfe.“ Der Major hielt sie bereits am Arm, also musste sie noch zu viel drastischeren Maßnahmen greifen, um ihn von ihrem Bruder abzulenken. „Bitte halten Sie mich. Mir wird schwarz vor Augen.“
Der Major konnte nicht gleichzeitig Bradley bedrohen und sich um sie kümmern. Sie winkte Bradley fort, denn er sollte diese Gelegenheit nutzen, um zu verschwinden. Sie sah noch seinen Rücken, als er sich entfernte, bevor sie die Augen schloss und ihren Körper zusammensacken ließ.
Sie musste dem Major zugutehalten, dass er sie nicht auf den Boden fallen ließ. Er nahm sie auf die Arme und marschierte von den Soldaten fort.
„Soll ich den Arzt holen?“
Louisa öffnete vorsichtig ein Auge. Leutnant Hennessey lief neben ihnen her.
„Wir bringen sie zuerst ins Haus. Dieser unverschämte Willis hat sie so aufgeregt.“
Louisas Kehle schnürte sich zusammen. Bradley hatte nichts damit zu tun gehabt. Warum unterstellte ihm der Major so etwas?
Major Adams trug sie, als wöge sie nichts, obwohl ihr Herz ganz schwer war. Es fiel ihr nicht leicht, ihre Enttäuschung zu verbergen, besonders weil er sie auf seinen Armen trug. Sie hätte ihn in diesem Moment am liebsten kräftig gestoßen oder ihm wieder eine Beule auf der Stirn verpasst.
Sie stiegen die Verandastufen hinauf und Leutnant Hennessey hielt die Haustür weit auf. Ehe sie sichs versah, lag sie auf dem Sofa. Wie erwachte man glaubwürdig aus einer Ohnmacht? Wahrscheinlich benahm man sich schwach und benommen und war nicht wütend und streitsüchtig. Nachdem sie sich überlegt hatte, wie sie am besten reagieren sollte, begann sie mit den Augen zu zucken und zu stöhnen.
„Hier ist ein Glas Wasser“, sagte Leutnant Hennessey.
„Du kannst jetzt gehen.“ Major Adams strich mit unerwarteter Zärtlichkeit die Haare aus ihrem Gesicht. Warum machte er das? Sie beschloss, ihren Ärger nicht zu zeigen. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um sich mit ihm anzulegen. Sie durfte es sich nicht mit ihm verscherzen. Sie musste noch länger im Fort bleiben, wenn sie ihn dazu bringen wollte, seine Meinung über Bradley zu ändern. Und sie musste aufhören, die Aufmerksamkeit zu genießen, die ihr der Major in diesem Moment schenkte. Vielleicht fühlte sie sich tatsächlich schwach und benommen.
„Meinst du nicht, der Arzt sollte …“
„Nein, ich schaffe das allein.“
„Davon bin ich nicht ganz überzeugt, Daniel.“
Louisa öffnete die Augen und sah Jacks vielsagendes Grinsen. Aber Daniel – Major Adams – betrachtete sie fragend.
„Fühlen Sie sich schon besser?“, fragte er.
Sie nickte. Jacks Augen wanderten zwischen ihr und Major Adams hin und her. Ohne ein weiteres Wort verließ er das Haus und summte dabei ein Lied im Dreivierteltakt.
Major Adams setzte sich neben sie aufs Sofa und hielt ihr ein Glas Wasser an die Lippen. Sie setzte sich auf und nahm es ihm aus der Hand, denn sie hatte Durst und konnte es nicht erwarten, diese Scharade zu beenden. Vielleicht hatte sie es dabei ein wenig zu eilig.
„Wie geht es Ihrem Knöchel?“
Sie hatte ihre angebliche Verletzung fast vergessen. „Mir geht es wieder gut. Bei dem stechenden Schmerz wurde mir plötzlich schwindelig, aber jetzt ist er fast nicht mehr zu spüren.“
Sein Gesicht zeigte keine Gefühle, nur ein starkes Interesse, deshalb hatte sie den Eindruck, mehr sagen zu müssen.
„Mich hat die Frage des Soldaten nicht beleidigt“, fügte sie hinzu. „Es war nicht nötig, so mit ihm zu sprechen.“
Der Major beugte sich vor. Er nahm das Glas aus ihrer Hand und stellte es auf den Kaminsims, wo sie es nicht erreichen konnte.
„Ich entschuldige mich dafür, dass ich kein besseres Urteilsvermögen bewiesen habe“, sagte er schließlich.
„Es kann jedem passieren, dass sein Temperament mit ihm durchgeht.“
„Ich spreche nicht von meinem Temperament“, sagte er. „Mein Fehler war es, Sie in der Dunkelheit spazieren gehen zu lassen. Das wird nicht wieder vorkommen.“
Louisa drückte ihre Faust auf ihre Brust, um einen starken Schluckauf zu verhindern. Bis jetzt hatte er sie respektvoll behandelt und verlangte, dass seine Töchter ihr ebenfalls mit Respekt begegneten. Dies war das erste Mal, dass er ihr offen widersprach. Sie verstand seine unmissverständliche Warnung ganz genau.
Er stand auf, und obwohl er nichts sagte, hatte er ihr einen Befehl erteilt. Ihr gemeinsamer Abend war zu Ende. Sie hatte ihn enttäuscht, aber sie wusste nicht, was sie anders machen sollte. Bradleys Berufslaufbahn kam für sie an erster Stelle.
Besorgt, dass sie alles ruiniert haben könnte, eilte Louisa zur Treppe. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie völlig zu humpeln vergaß.