Die Freude am Maskulinen
Einleitung
Komm in die Männerwelt
MÄNNLICHKEIT – Stolz statt Scham
Hör auf, dich für dein Mann-Sein zu schämen!
Wo wohnst du? Auf dem Mars oder auf der Venus?
Aggression ist Lebenswille
Adrenalin ist männlich
Dein Energielevel
Lebe wild und gefährlich!
Lebe deine Träume!
LEBEN – Lebe dein eigenes Leben!
Lebensqualität und Glück
Raus aus dem Mittelmaß!
Raus aus Selbstzweifel und Selbstkritik!
Unabhängig werden von der Meinung anderer
Stolz auf dich selbst als Mann sein
KÄMPFEN – Wecke den Krieger in dir!
Mann-Sein heißt jagen, kämpfen, erobern und verführen!
Kämpfe und Konflikte
Frauen erobern
Der Krieger in dir
Grenzen setzen und streiten
Ja und Nein sagen lernen
Spannung halten
Umgang mit Gefühlen
Krieger-Ehre: Regeln
No-Gos für echte Männer: jammern und wehklagen
MÄNNERFREUNDSCHAFTEN – Entdecke die Männer!
Echte Freundschaften aufbauen
Verbindlichkeit, Anteilnahme und klare Ansagen
Männergesellschaft(en)
Mache deine Familie zu DEINER Familie
Gemeinschaft stiften oder mittragen
Führung heißt Alphatier sein
SOHN UND VATER SEIN – Stärke deine Wurzeln und Früchte!
Den Kontakt mit dem Vater genießen
Freude am Vater-Sein
Vater und Sohn
Zeit mit den eigenen Kindern verbringen
Übernimm die Vaterrolle in der Erziehung!
Zusammen ins Abenteuerland
BEGEISTERUNG – Entzünde das Feuer in dir und anderen!
Die gelangweilten Söhne ohne Väter
Der Flow-Effekt
Höre auf, etwas halbherzig zu tun!
Was bringst du in die Welt?
Leidenschaft!
Strebe stets nach Perfektion
Bleib dran!
Berufliche Selbstständigkeit
Deine Vision
Steck andere an!
Widersacher und Shitstorms
KREATIVITÄT – Erschaffe deine eigene Welt!
Selbst ist der Mann
Vom Fan zum Star werden
Kreativer Schaffensprozess: als Junge oft schon abtrainiert
Entdecke Neues!
Handwerker statt Kopfarbeiter
Jeder Mensch ist ein Künstler
LIEBEN – Werde unabhängig und liebe dich!
Es muss dich nicht jeder mögen
Du musst nicht alle Frauen verstehen
Schluss mit Aufopferung und Betteln um Anerkennung
Dich selbst wertschätzen und lieben
Selbstliebe
Flirte und erobere Frauen!
GESUNDHEIT – Erschaffe dir einen männlichen Körper!
Die richtige Einstellung ist Voraussetzung
Die 10 Ernährungsregeln
Die 10 Ernährungsregeln in Kürze
Warum Ernährungsprobleme entstehen
Gute Fettdepots, schlechte Fettdepots
Unabhängig von Genussmitteln sein
Die 10 Ernährungsregeln im Detail
Naturbelassene statt denaturierte oder manipulierte Nahrung
Diät und Ernährungsumstellung
Erneuere dein Blut regelmäßig!
BEWEGUNG – Fordere dich stets heraus!
Sport und Fitness
Immer wieder neue Bewegungsmuster lernen
Agilität im Alter
„Bewahre den Anfängergeist“
Probier stets Neues aus
Das Rezept für Flexibilität, Kreativität und Fitness bis ins hohe Alter
Das angestrebte Niveau
Ausreden
Warum Kampfsport für Männer essenziell ist
Das passende Dojo finden
Welche Kampfsportart soll ich wählen?
Deinen Körper stärken und abhärten
GENIESSEN – Anleitung für ein männliches Lebensgefühl!
Aktivismus und Sorgen
Sich Zeit nehmen
Real statt digital leben
Körperlich statt mental leben
Alle Sinne öffnen
Langsamkeit – Entschleunigung
Bewusstheit
Verbringe Zeit in der Natur
Humor
Richtig männlich feiern
ANGST – Lebe frei!
Sich den eigenen Ängsten stellen
Warum Angst wichtig ist
Lass dich nicht ängstigen
Der Unterschied zwischen Mutter und Vater
Vater und Tochter
REGENERIEREN – Finde deine Kraftquellen!
Schlechte Tage, Misserfolge und Unfälle
Schlafen
Eigene Kraftquellen
Genussvoller Rückzug, um Energie zu tanken
Trauern und Abschied nehmen
LEBENSSINN – Nimm das Steuer in die Hand!
Männlichkeit bedeutet, ein Ziel zu verfolgen
Fehlende Ausrichtung im Leben
Sinnhaftigkeit
Visionen entwickeln und verwirklichen
Meine Lebensvisionen
Anhang
Impressum
Dieses Buch widme ich meinem Vater Friedrich Eckhard Leimbach, der mir immer wieder zeigt, wie man sogar trotz widriger Umstände sein Leben als Mann in die Hand nehmen und genießen kann.
Behalte deinen Humor, Pa!
In Liebe
Dein Sohn Bjørn Thorsten Eckhard
Als Männercoach kenne ich die Lebensgeschichten und oft auch intimen Details aus dem Leben vieler Männer. Die Männer, die zu mir kommen, berichten, was „hinter den Kulissen“ eines geregelten Lebens vor sich geht und wie sie sich wirklich fühlen. Insofern habe ich einen direkten Einblick in das Privatleben so vieler Männer wie kaum ein anderer. In meine Seminare kommen Männer von 17 bis über 60 Jahren und aus allen sozialen Schichten: vom Schüler bis zum Multimillionär. Alle sind mit ihrem Leben nicht zufrieden, wollen etwas verändern oder haben Leidensdruck. Viele haben mein Buch „Männlichkeit leben“ gelesen und sich in den dort geschilderten Geschichten von Männern wiedergefunden. Bei den meisten ist der gefühlte Schmerz vor allem durch eine Frau ausgelöst worden: Die Partnerin oder Ehefrau, die sie lieben und für die sie alles getan haben, behandelte sie respektlos und demütigend. Ihnen wurde übel mitgespielt, sie wurden von ihr betrogen oder verlassen. Oft hat die Frau außerdem noch die Kinder mitgenommen und verhindert deren Kontakt zum Vater, nicht selten bluten die Männer auch finanziell aus. Emotional verkraften Männer Trennung und Rosenkrieg sehr viel schlechter als Frauen. Beziehungskrisen und Trennung zermürben den stärksten Mann und es kann sein, dass er daraufhin beginnt, an seinem Lebenswerk und sogar an sich als Mann zu zweifeln.
Andere Männer kommen zu mir, weil sie Defizite in ihrer Männlichkeit spüren. „Übermuttert“ und „untervatert“ fehlen ihnen Klarheit, Durchsetzungskraft und Aggressivität. Sie sind von Frauen zu Frauenverstehern erzogen worden und bemühen sich, stets noch weiblicher zu sein als die Frauen selbst. Eigene Aggressionen lehnen sie grundsätzlich ab. Irgendwann leiden sie unter ihrem Mangel an männlicher Prägung und Identität. Es fällt ihnen schwer, Entscheidungen zu treffen und konsequent danach zu handeln. Im Kontakt mit Frauen sind sie unsicher und sexuell eher devot veranlagt.
Wie helfe ich also diesen Männern? Das Darüber-Reden und Diskutieren haben sie schon hinter sich, alle guten Ratschläge kennen sie schon – manche haben jahrelange Therapien gemacht und Seminare zu ihrem Thema besucht.
Ich setze an einem ganz anderen Punkt an. In unserer Gesellschaft wird Männlichkeit abgewertet, Männer fühlen sich zunehmend minderwertig und überflüssig. Die entsprechenden Botschaften wurden vielen Männern seit ihrer Kindheit eingetrichtert und das zeigt Wirkung. Entsprechend wenig bringt es, das Ganze zu analysieren, darüber miteinander zu jammern und sich gegenseitig zu trösten.
Ich biete Männern stattdessen einen Rahmen, in dem sie sich wertvoll und lustvoll in ihrer Männlichkeit fühlen können. Das bedeutet: erst einmal all die Probleme vergessen, derentwegen sie zum Seminar angereist sind. Und dann den eigenen Körper intensiv spüren, Freude an der Begegnung, am Tanzen und am Kontakt mit anderen Männern gewinnen. Die Maske der Unnahbarkeit, Traurigkeit, Coolness oder auch das künstliche Grinsen abziehen und authentisch anderen begegnen. Aus der ständigen Selbstkritik und den Zweifeln an sich selbst aussteigen und sich wieder als Mann annehmen und lieben lernen.
Die meisten Männer leben auf einem niedrigen Energieniveau: verkopft, nachdenklich, kritisch und zweifelnd. Sie haben wenig Körperspannung, atmen flach und sind emotional gepanzert. Ich bringe mit Körperübungen, Tanz und entsprechender Gruppendynamik ihren Energielevel nach oben, so dass sie lebendiger werden und Begeisterung empfinden können. Ich biete einen Rahmen, um Aggressionen zu wecken und miteinander auszuleben – ohne dass es dabei zu Gewalt kommt. Ich zelebriere männliche Rituale mit den Männern, um sie zu stärken und eine Gemeinschaft zu schaffen.
Die Herzpanzerung – nach vielen Verletzungen und Demütigungen im Leben eines Mannes entstanden – wird aufgeklopft, so dass die Männer wieder in Kontakt mit ihren Gefühlen kommen. Statt die Welt mit dem Kopf wahrzunehmen und alles mit dem Verstand kontrollieren und lösen zu wollen, geht es darum, „in den Körper zu kommen“. Herz und Bauch sollen erweckt werden als mit dem Kopf gleichwertige Zentren, die ihrer eigenen „Logik“ folgen. Schläge auf die Brust sind ein guter Beginn, um den Panzer weichzuklopfen, Berührungen des eigenen Körpers ein erster Schritt, um sich selbst lieben zu lernen. „Ich sage Ja zu mir als Mann“, singt mein Co-Trainer, der Musiker Dhwani Zapp, und die Männer stimmen ein, zunächst noch skeptisch, doch nach und nach füllen sie den Gesang mit Gefühl. Sich wieder berühren lassen, das Herz öffnen und die Fülle intensiver Gefühle erleben – das gelingt vielen Männern besser unter Männern als mit Frauen. Natürlich erwartet dies kein Mann, denn die meisten Männer haben ihr Leben lang gelernt und erfahren, dass man all dies nur mit Frauen erleben kann und von ihnen Anerkennung und Bestätigung als Mann erhält. Oft muss ein Mann erst durch eine Frau tief verwundet werden und durch das Tal der Verzweiflung gehen, bis er offen ist für andere Erfahrungen. Denn die tiefste und dauerhafteste Verletzung ihres Lebens wurde fast allen Männern von einer Frau zugefügt.
Solange ein Mann der Illusion hinterherläuft, eine andere Frau könnte ihn davon heilen, ist er noch nicht bereit für eine wahre Männerinitiation. Denn wahre Heilung, vor allem des Herzens, geschieht in erster Linie im Kreis von Männern. Diese Erkenntnis ist manchmal bitter, denn man muss sich eingestehen, sein Leben lang „am falschen Ufer“ des Flusses gesucht zu haben. Wer bereit ist, Männern authentisch zu begegnen, der wird zunächst seinen Vater wiederfinden und dann sich selbst als Mann erkennen. Es gibt nur diesen Weg. Ich kenne keinen Mann, der sich in der Frauenwelt gefunden hat, aber Unzählige, die sich in ihr hoffnungslos verloren haben und als ruhelose Geister dort immer noch umherirren. Und ich habe noch nie einen Mann getroffen, den eine Frau dauerhaft glücklich gemacht hat, wenn er es nicht vorher schon war.
In diesem Buch geht es darum, wie du in die Männerwelt kommst und das Mann-Sein mehr genießen kannst. Ich möchte dich als Mann stärken und dich darin unterstützen, Freude an deiner Männlichkeit zu erleben. Ich möchte dir helfen aus deinen Selbstzweifeln und negativen Gedanken im Alltag auszusteigen und stattdessen Selbstachtung, Wertschätzung und Selbstliebe als Mann zu entwickeln. Ich möchte dich darin bestärken, die Beschämung, die viele Männer durch ihre Mutter oder andere Frauen in ihrem Leben erfahren haben, zu überwinden. Es geht darum, aufzuhören dich für dein Mann-Sein und männliches Verhalten zu schämen und stattdessen Stolz zu entwickeln. Ich möchte dir zeigen, wie du aus der emotionalen Gleichgültigkeit und Routine in intensives Erleben, Begeisterung und Ekstase kommen kannst.
Meiner Erfahrung nach könnten die meisten Männer sehr viel glücklicher, kraftvoller, gesünder und männlicher leben. Sie tun es nicht, weil sie ihre Fähigkeiten nicht einsetzen, um „ihr Ding“ zu machen. Sie leben in einer lauwarmen Komfortzone. Sie sind aus dem Einflussbereich ihrer Mutter noch nicht wirklich ausgebrochen und sind letztendlich immer noch „brave Jungen“. Sie wollen nicht auffallen, passen sich den gesellschaftlichen Vorgaben an und machen „anderer Leute Ding“. Sie haben das Steuer ihres Lebensschiffes noch nicht in die Hand genommen und wissen auch gar nicht, wohin sie damit fahren wollen.
In diesem Buch erfährst du, wie du „dein Ding“ machen kannst. Es ist als Leitfaden gedacht, der dir eine männliche Orientierung geben soll – sozusagen als Gegenkonzept zu den Ratschlägen deiner Mutter und anderer weiblicher Autoritäten.
•Ja zu deiner Männlichkeit sagen
•Dich selbst als Mann annehmen und lieben
•Ausbrechen aus der Routine und deiner Komfortzone
•Abenteuer, Risiko und Neuland erleben
•Männliche Werte aneignen, wie Aggressivität, Stolz und Ehre
•Deinen Adrenalin- und Testosteronspiegel steigern
•Männliche Verhaltensweisen trainieren
•Mehr Lebensfreude und Spaß genießen
•Begeisterung und Ekstase entwickeln
•Gesund leben und dich so ernähren, dass du fit bleibst
•Schöpfer deines Lebens werden
•Kreativität und Schaffenskraft initiieren
•Dein Leben in vollen Zügen genießen
•Den Kontakt zu deinem Vater und zu deiner Familie verbessern
•Deine Rolle als Vater ausfüllen und genießen
•Männerfreundschaften aufbauen und pflegen
•Freiheit und Unabhängigkeit leben
•Konstruktiven Rückzug und Regeneration üben
•Auf hohem Energieniveau leben
Zu vielen Themen, die in diesem Buch behandelt werden, habe ich interessante Quellen, Artikel, wissenschaftliche Untersuchungen und Filme im Internet gesammelt. Diese Links in einem Buch abzudrucken macht aber wenig Sinn. Darüber hinaus gibt es einige Zusatzinformationen und Statements, die in diesem Buch keinen Platz mehr fanden. Dies alles möchte ich meinen Lesern gerne online zu Verfügung stellen. An den entsprechen Buchpassagen mache ich mit einem Hinweis darauf aufmerksam. Sämtliche weiterführenden Infos und Links finden sich auf der Website, die speziell für dieses Buch erstellt wurde:
www.maennlichkeit-geniessen.de
Du bist ein Mann. Du bist als männliches Wesen geboren und wirst als Mann sterben. Das ist eine grundlegende Tatsache, die viele Männer nicht wahrhaben wollen und deren Tragweite viele Männer nicht erkennen. Die feministische Bewegung und der sogenannte „Gender Mainstream“ leugnen alle geschlechtsspezifischen Unterschiede und versuchen Männer und Frauen zu geschlechtsneutralen, im Grunde aber eher femininen Wesen zu machen. Wer unter einseitigem weiblichen Einfluss aufgewachsen ist, der hat wahrscheinlich mit seiner geschlechtlichen Identität als Mann Probleme. Er versucht wie Klaus seine Männlichkeit zu verstecken und passt sich den Wünschen der Frauen an:
Klaus, Mitte 30, schildert in einer Beratungsstunde bei mir: „Mir gelingt es einfach nicht, eine dauerhafte Beziehung mit einer Frau aufzubauen. Ich hatte ein paar Affären und zweimal eine Partnerschaft, die aber beide schon nach wenigen Monaten wieder auseinandergingen.“ Auf meine Vermutung hin bestätigte er, dass es fast immer die Frau war, die sich von ihm getrennt hat, mehrfach sich einen anderen Mann gesucht hat. Klaus ist ein attraktiver und gebildeter Mann, der von seiner körperlichen Erscheinung her durchaus anziehend auf Frauen wirken könnte. Aber Klaus ist ein typischer „nice guy“, ein Mann, der überaus freundlich, höflich und stets lächelnd erscheint. Mit ihm könnte man sich keinen Streit vorstellen. Auf Provokationen reagiert er stets defensiv und geht in die Verteidigung. Er ist zu weich und konturlos und ist schnell zu verunsichern. Als Klaus mir schilderte, wie die Frauenkontakte zustandekamen, erklärte er damit auch gleichzeitig sein Problem: Meist war es die Frau, die ihm zu verstehen gab, dass sie ihn kennenlernen wollte, manchmal hatte sie auch den ersten Schritt der Kontaktaufnahme gemacht. Klaus ist stets überaus bemüht um die Frau, macht Komplimente, Geschenke und lädt sie ein, obwohl er sie kaum kennt. Er ist derjenige, der sich zuerst verliebt und sich nach kurzer Zeit von der Frau emotional abhängig macht. Er „klebt“ sich emotional bedürftig und ausgehungert schnell wie eine Klette an die Frau und kontaktiert sie ständig. Gleichzeitig hält er sich mit Körperkontakt und sexueller Annäherung zurück, um sie nicht zu „bedrängen“ wie er sagt. Kommt es dann auf Initiative oder zumindest einer „Steilvorlage“ der Frau zum Sex, ist er dabei auch stets einfühlsam und sanft. Die Frauen erleben ihn als lieben Freund und das sagen sie ihm dann auch: Den Vorschlag „Können wir nicht Freunde sein?“ hat er schon öfter gehört. Für Abenteuer, Spannung und Erotik suchen die Frauen sich lieber einen maskulinen Mann als den eher geschlechtsneutral wirkenden Klaus.
Klaus hat noch einen weiten Weg vor sich, um seine Männlichkeit zu entwickeln und zu genießen. Doch Schritte in diese Richtung sind dringend notwendig – nicht nur, um sein erklärtes Ziel einer langfristigen Partnerschaft zu erreichen. Er muss auch mehr Selbstsicherheit und innere Stärke als Mann entwickeln. Dafür muss Klaus erst einmal lernen, Kontakt zu seiner Männlichkeit aufzunehmen: Willenskraft, Aggression, Mut und Konfliktbereitschaft sind gefragt. Denn als ein Frauenversteher ohne jede Aggression und ohne Risikobereitschaft wird er keine sexuelle Anziehung auf eine Frau ausüben und keine Frau dauerhaft für sich interessieren können und auch keinen Respekt erleben. Die Entscheidung von einem lieben, geschlechtsneutralen Jungen, der sich für sein Mann-Sein schämt, zu einem Mann zu werden, der seine Männlichkeit bejaht und genießt, steht für Klaus an.
Marius Müller-Westernhagen hat ein Lied geschrieben, das genau zu meiner Situationsbeschreibung von Klaus’ Leben passt. Den Link zum Song findest du auf der Website zu meinem Buch.
Klaus Mutter sagte stets: „Zieh dir bloß die Schuhe aus!“
Und sein Lehrer sagte ihm, er lerne fürs Leben.
Doch das Leben blieb ihm stets fern.
Das Arbeitsamt sagte ihm, welchen Beruf er wählen solle.
Und seine Eltern suchten ihm seine Ehefrau aus.
Wann endlich wachst du auf Klaus?
Wann endlich wehrst du dich mal?
Du träumtest doch einmal davon, dein eigener Herr zu sein!
(frei nach Marius Müller-Westernhagen)
Wach auf, Mann, und befrei dich von den Fesseln, die du dir um deinen Kopf, dein Herz und deinen Penis hast wickeln lassen! Fange an, deine Männlichkeit in ihrer Freiheit, Wildheit und Unberechenbarkeit zu leben. Im Folgenden beschreibe ich den Weg, wie du vom Opfer zum Schöpfer deines Lebens wirst, indem du die Regeln festlegst und dies nicht anderen überlässt, schon gar nicht einer Frau, die über dich bestimmt.
Der erste Schritt dazu ist, zu deinem Mann-Sein zu stehen und dich der Welt nicht als geschlechtsloses Neutrum zu präsentieren. In welchen Situationen schämst du dich für deine Männlichkeit? Wann distanzierst du dich von anderen Männern und versuchst Frauen zu zeigen, dass du „ganz anders“ bist als die anderen Männer? Hast du schon als Kind versucht, deiner Mutter zu beweisen, dass du sie besser verstehst und mehr liebst als dein Vater?
Eine dir unbekannte Frau zieht dich sexuell an und du schaust ihr auf den Busen. Sie bemerkt es und macht eine fiese Bemerkung darüber, was dir sehr peinlich ist. Eine laut grölende Truppe Männer zieht pöbelnd durch die Stadt und du distanzierst dich angewidert. Deine Partnerin macht dir eine Szene, weil du über das Wochenende mit einem Freund wegwillst – du sagst ihm ab „aus Rücksicht auf sie“. Kennst du solche Situationen?
Der Ursprung für dieses Verhalten ist vermutlich deine Mutter. Wenn du ihr emotional oder auch körperlich zu nah warst und vielleicht sogar von ihr als Partnerersatz für deinen nicht anwesenden oder ungeliebten Vater missbraucht wurdest, dann hast du vermutlich gelernt die Welt mit „ihren Augen“ zu sehen. Was sie an Männern und speziell an deinem Vater ablehnte, hast du tagtäglich gehört und gespürt. Und du hast beschlossen, dich anders als diese Männer zu verhalten, weil du für deine Mutter der „bessere Mann“ sein wolltest. Je nachdem welche männlichen Verhaltensweisen deine Mutter bei Männern abgelehnt hat, hast du intensiv versucht dich von diesen Aspekten der Männlichkeit abzugrenzen, um von ihr geliebt zu werden. Wenn deine Mutter also über die Unzuverlässigkeit von Männern schimpfte, dann hast du dich bemüht, immer pünktlich und verbindlich zu sein. Wenn sie dir vermittelte, dass Männer Lügner seien, dann hast du dir angewöhnt, deine Mutter niemals anzulügen und keine Geheimnisse vor ihr zu haben. Wenn sie sich durch lautstarkes und aggressiver Verhalten von Männern bedroht fühlte, hast du versucht leise und lieb zu sein.
Das Ganze ließe sich durch unzählige Beispiele bis ins kleinste Alltagsverhalten hinein fortsetzen. Sogar bestimmte emotionale Muster, Denkweisen, Werte und deine Körperhaltung lassen sich auf eine unbewusste Orientierung an den Werten der eigenen Mutter zurückführen. Das Problem ist, dass dies den meisten Männern nicht bewusst ist und sie ihre Ansichten und ihr Verhalten als selbstgewählt und selbstbestimmt betrachten. Zugleich übertragen sie das muttergeprägte Verhalten auf den Umgang mit ihrer Partnerin, die dadurch in eine Mutterrolle gerät.
„Muttersöhnchen“ ist die Bezeichnung für diese Art von Männern. Ein Muttersöhnchen lehnt zahlreiche Aspekte des Mann-Seins ab – vor allem diejenigen, die seine Mutter und andere Frauen in seinem Leben nicht mögen. Um bei den obigen Beispielen zu bleiben: Er schämt sich für unzuverlässige, laute und aggressive Männer, die ihre Geheimnisse haben. Und er zeigt jeder Frau: „Schau her, ich gehöre nicht in ‚diese‘ Männerwelt. Ich bin ein Mann, der zuverlässig, immer gutmütig und leise ist und der keine Geheimnisse hat.“ Das finden viele Frauen auf den ersten Blick auch angenehm, sie bemerken aber schnell, dass sie es mit einer „Mogelpackung“ zu tun haben. In dem Männerkörper steckt nämlich gar kein Mann, sondern ein Muttersöhnchen, also ein Junge, der sich als Mann noch gar nicht gefunden hat und stattdessen immer noch versucht, nach Mutters Regeln zu leben, um von ihr geliebt zu werden. Wenn Frauen dies erkennen, verlieren sie den Respekt, machen sich lustig oder provozieren ihr Gegenüber, um den Mann aus ihm herauszukitzeln. Bei dem Mann im obigen Beispiel spürt die Frau seine ungelösten „Mutterthemen“ und reagiert instinktiv darauf: Sie kommt nicht oder viel zu spät zur Verabredung und lügt ihn offensichtlich mit einer fadenscheinigen Begründung an. Danach provoziert sie den Mann, der auf sie gewartet hatte, wegen einer Kleinigkeit mit lautstarken Szenen in der Öffentlichkeit. Wenn sie ihn auch dann noch nicht aus der Reserve gelockt hat und er immer noch verständnisvoll und freundlich bleibt, verliert sie entweder das Interesse an ihm oder fährt noch stärkere Geschütze auf, etwa indem sie vor seinen Augen mit einem anderen Mann flirtet oder ihn lautstark beleidigt. Sie will dadurch – meist unbewusst – den Mann in dem Muttersöhnchen hervorlocken.
Wenn dir das bekannt vorkommt, dann solltest du daran etwas ändern. Beobachte zunächst, welches Verhalten du bei anderen Männern ablehnst. Vor welchen Männern fürchtest du dich? Welches Verhalten von Männern findest du peinlich? Schreibe es auf. Und dann überlege einmal, ob es Zusammenhänge gibt mit dem, was deine Mutter an Männern ablehnte.
Männer, die zu feminin aufgezogen wurden und im Innern noch immer Muttersöhnchen sind, leben „auf der Venus“. Sie identifizieren sich mit Frauen, ihren Gefühlen, Werten und Verhaltensweisen und lehnen andere Männer ab. Das geht dann bis hin zu einer krankhaften Abneigung gegen jeglichen Körperkontakt mit Männern – Homophobie genannt. Vielleicht hast du schon als Junge immer „zu Mama gehalten“ und sie gegen Papa (oder andere Männer) verteidigt oder beschützt. Vielleicht glaubst du sogar bis heute den Worten deiner Mutter mehr als denen deines Vaters. Das ist ein sicheres Indiz dafür, dass du noch ein Muttersöhnchen bist und vermutlich immer noch als Fürsprecher, Verteidiger und Retter der Frauenwelt gegen die Männer antrittst. Doch so wirst du niemals ein echter Mann werden, egal wie alt du bist. Lerne die Männerwelt „auf dem Mars“ kennen und identifiziere dich mit ihr. Lerne deinen Vater und seine Beweggründe verstehen, entwickle Verständnis für andere Männer. Das ist dann auch die Grundlage für echte und tiefe Männerfreundschaften. Setz dich mit dem Verhalten von Männern auseinander, die dich beschämen oder vor denen du Angst hast. Du kannst dabei viel darüber lernen, was du an deiner Männlichkeit ablehnst.
Was bedeutet das konkret? Beobachte Männer einmal genauer, deren Verhalten oder „Macho-Gehabe“ du ablehnst. Gehe in Kontakt mit ihnen, um sie besser kennen zu lernen und zu verstehen. Ich selbst habe mich beispielsweise schon mal von einigen Hells Angels auf ein Bier einladen lassen. Nicht, dass sie meine besten Freunde geworden wären, aber die Begegnung mit ihnen war dennoch sehr spannend.
Genauso interessant war für mich der Besuch einer Gay-Sauna – die Schwierigkeit dabei war allerdings, einen Freund für die Idee zu gewinnen, mich zu begleiten, damit wir uns in der Sauna als Pärchen ausgeben könnten. Nach wie vor bevorzuge ich gemischte Saunen. Dennoch hatte ich auch bei diesem Saunabesuch viel Freude, führte angeregte Gespräche und erhielt Einblick in eine für mich bis dahin unbekannte Welt. Auch auf meinen vielen Reisen habe ich schon manche skurrilen Männer kennen- und manchmal auch schätzen gelernt, um die ich normalerweise einen weiten Bogen mache.
Lerne also Männer, gegenüber denen du Vorurteile hegst, unvoreingenommen kennen. Häufig hat die Ablehnung eines bestimmten männlichen Verhaltens mit einer alten Beschämung deiner Männlichkeit zu tun, so dass du diesen Aspekt nun bei dir und anderen Männern ablehnst.
Kennst du das Gefühl, vor Wut zu kochen, alles kurz und klein schlagen zu wollen oder sogar Mordgelüste gegenüber jemandem zu hegen? Kennst du das Gefühl unendlicher Power, wenn du weiterkletterst obwohl du eigentlich aufgeben wolltest? Hast du schon einmal erlebt, wie es sich anfühlt eine Frau, auf die du richtig scharf bist, einfach festzuhalten, ihr gerade und lange in die Augen zu sehen und ihr dann zu sagen, dass du Sex mit ihr haben willst? Hast du dich schon mal getraut, einem Mann, der dich provozieren will, nicht aus dem Weg zu gehen und den Augenkontakt zu halten – im vollen Bewusstsein, dass es jeden Moment zu einem Kampf kommen kann? Bist du im Schwimmbad schon mal auf einen hohen Sprungturm geklettert und nach einer gefühlten Ewigkeit an der Kante des Sprungbretts mit einem Urschrei in die Tiefe gesprungen? Hast du schon mal bewusst altes Geschirr laut brüllend zerschlagen? Hast du dich jemals mit einem kraftvollen Schub aus dem scheinbar aussichtslosen Schwitzkasten eines Stärkeren befreit?
Wenn du dies alles noch nie erlebt hast, dann hast du deine Männlichkeit noch nicht wirklich kennengelernt. Und auch die Freude an der Urkraft deiner Aggression hat sich dir noch nicht erschlossen. Du fährst sozusagen deinen Ferrari immer noch im ersten Gang durch eine verkehrsberuhigte Zone und lebst wie ein Wolf im Schafspelz. Du hast die Entscheidung, deine wahre Energie und Kraft zu leben, noch nicht getroffen – vermutlich hast du zu große Angst davor oder wertest sie sogar ab. Du weißt noch nicht, was Ekstase ist und wie sich die Grenzen männlicher Aggression anfühlen. Das Tier in dir ist ein zahmes Schoßhündchen und kein wilder Löwe. Zum Genießen der eigenen Männlichkeit gehört die Verbindung mit der Urkraft deiner Aggressivität, einer archaischen Kraft, die Männer schon seit Menschengedenken motiviert, geführt und gerettet hat. Ohne diese männliche aggressive Urkraft wäre die Menschheit schon längst ausgestorben. Mit Aggressivität ist ein Charakterzug gemeint, der eine hohe Bereitschaft zur Aggression, also zu aggressivem Verhalten, darstellt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass Aggression wertneutral ist – der Begriff „aggredi“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „herangehen“ oder „angreifen“. Aggression ist nicht gleich Gewalt, diese Begriffe werden häufig verwechselt. In meinem Buch „Männlichkeit leben“ gehen ich auf die Aggression als einen Grundbaustein der Männlichkeit genauer ein.
Wie viel Adrenalin fließt durch deine Adern? Lebst du gemütlich und weichgespült in deiner Komfortzone? Oder ist dein Leben ein tägliches Abenteuer mit immer neuen Wagnissen? Ich behaupte: Ohne Adrenalinschübe verweichlichen Männer – ohne ab und zu gefährliche Grenzerfahrungen zu meistern, bleiben sie mittelmäßig und lasch. Solche Erfahrungen biete ich in meinen Seminaren. Die meisten Teilnehmer sagen anschließend, dass sie selten so große Ängste durchlebt hätten. Aber genau das stärkt die eigene Männlichkeit. Während am Anfang meist blanke Panik vorherrscht, entwickelt man nach einer Weile eine beinahe irre Freude an den Adrenalinkicks und beginnt Situationen, vor denen man bisher geflüchtet wäre, geradezu zu suchen.
Ich fahre mit meinem Kite weit raus zur Sandbank mit den hohen Wellen. Eine große Welle bricht dicht vor mir und ich denke nur noch: „Der Sprung muss perfekt werden, sonst ist es aus!“ Ich reiße den Kite hoch in den Zenit, ziehe die Bar bis zum Anschlag, kante das Bord an und springe. Ich katapultiere mich wenige Zentimeter vor der brodelnden Gischt hoch, aber mache den Fehler zurückzuschauen. Entsprechend unsanft ist die Landung. Aber ich kontrolliere den Kite, positioniere das Board und „Nichts wie weg!“ aus der Gefahrenzone, die nächste Welle rollt heran.
Oft suche ich Situationen, die gefährlich sind und meinen Adrenalinspiegel hochpushen. Das hält den Krieger im Mann wach und man bleibt jung und energiegeladen. Wer jede Gefahr und Herausforderung aus seinem Leben verbannt, verweichlicht und wird unbewusst. Deshalb praktiziere ich diverse Extremsportarten, probiere stets neue und verrückte Dinge aus, reise in verschiedene Länder der sogenannten Dritten Welt und versuche immer mal wieder zwischenmenschliche Grenzbereiche auszuloten. All das hat mich stärker und männlicher gemacht – man wird dabei abenteuerlustiger und verwegener. Nicht meine Angst, sondern ich bestimme, was ich tue. Manchmal ist es allerdings besser, etwas aus Angst zu unterlassen, wenn die Gefahr zu groß oder zu unkalkulierbar ist oder man selbst nicht in guter Verfassung.
Oliver, einer meiner Assistenten: Langsam wurde es kalt. Auf dem Betonsockel der Bergstation Schwarzsee schnurrt der Benzinkocher. Die letzte Mahlzeit vor dem großen Tag. Seit Jahren haben wir diesen Berg im Sinn. Jetzt sind wir da. Im letzten Tageslicht zeigt sich durch die Wolken der Gipfel des Matterhorns. Dann ist es Nacht. Wir legen unsere Schlafsäcke in den von Kuhmist gepflasterten Innenraum der Liftstation. Keine Menschenseele. Es beginnt zu schneien. Ein besonderes Jahr. Die Basishütte geschlossen, die Verhältnisse am Berg bereits die ganze Saison schlecht. In den Wänden liegt Schnee. Das Herz des Lebens schlägt selten höher. Irgendwo in der Nacht pfeift ein Murmeltier. Als wir am nächsten Morgen gegen vier Uhr aufbrechen liegt alles in tiefer Dunkelheit. Die Einstiegswand zum Horn ist vereist. Niemand hat den Berg in den letzten Tagen betreten. Die Bergführer im Tal verweigern ihren Dienst. Zu schwierig. Wir bahnen uns unseren Weg durch die Nacht. Die Route ist schwer zu finden, immer wieder drehen wir um, finden einen neuen Weg. Als die Sonne aufgeht ist der Himmel blau. Und wir im unteren Wandteil. Jeder Zentimeter hellwach. Wir wissen: Die Rückkehr durch die Ostwand stellt die größte Schwierigkeit dar. Die Routenfindung ist anspruchsvoll, und als wir steigen, sprechen die Seelen zu uns, die an dieser Herausforderung ihr Leben ließen. Doch das schreckt nicht. Wir wissen was wir tun. Jeder Handgriff sitzt. Nur immer wieder umblicken, den Rückweg einprägen. Ganz genau. Hier gibt es keine Markierungen, keine Wegweiser. Die Erfahrung und der Instinkt leiten uns durch den Tag. Als wir am Mittag am Solvay-Bivak ankommen, schlägt das Wetter um. Wir erklettern die letzten Platten und betreten kurz vor Einbruch des Unwetters den schützenden Raum. Ob wir weiter gehen werden, steht zu diesem Zeitpunkt nicht fest. Nach einem spartanischen Mahl in der Kälte und einigen Tassen Tee legen wir uns zur Nachtruhe. Um ein Uhr morgens klingelt der Wecker. Sternklar. Wir gehen. Ab jetzt saugt der Gipfel. Meter um Meter rücken wir näher, die Luft wird dünner, die Route immer ausgesetzter und voller Tiefblicke in die furchteinflößende Nordwand. Als das erste Licht des neuen Tages die Kulisse erhellt, stehen wir am Sattel. Der Wind pfeift. Immer wieder beurteilen wir die Lage von neuem, eine Schlüsselstelle nach der anderen verschwindet unter uns. Als die Sonne aufgeht, liegt vor meinen Augen der Gipfelgrat. Noch 200 Höhenmeter im griffigen Eis. Wir legen das Seil ab und steigen frei. Ab jetzt geht es nur noch aufwärts. Eine eisige Himmelsleiter, die im Blau des Universums verschwindet. Jetzt und hier ist klar: Wir werden die Aktion reißen. Um viertel nach zehn stehe ich auf dem Gipfel. Ein Helikopter taucht auf und nähert sich dem Gipfel um wenige Meter. Die Menschen darin schießen Fotos von mir, Sekunden später dreht er wieder ab. Stille. Dann erscheint Hannes am Ende des Grates und zieht die letzten Meter zu mir herüber. Wir haben es geschafft. Die Sicht ist klar, weit, und überragend. Niemand außer uns ist heute hier. Wo sich bei guten Verhältnissen Heerschaaren tummeln, erleben wir die Abgeschiedenheit des spektakulärsten Gipfels der Schweizer Alpen allein. Ein überragendes Gefühl, gepaart mit der Klarheit, dass dies erst die halbe Miete ist. Nun heißt es heil wieder herunterkommen. Wir beginnen den Abstieg zügig. Nahezu den ganzen Gipfelhang seilen wir beherzt ab. Zu glatt und zu schwierig sind die steinernen vereisten Passagen. Zu gefährlich frei zu gehen. Es ist mühselig und kostet viel Zeit, der Himmel zieht langsam und stetig zu. Die Situation zwingt uns in die absolute Präsenz. Keine Träumereien. Jeder Schritt muss sitzen. Kurz bevor wir das Solvay-Biwak wieder erreichen, bricht der Schneesturm los. Die Natur peitscht mich, als ich auf der letzten Seillänge das Hüttendach erreiche. Kurz auf Hannes warten, Seil abziehen und nichts wie rein.
Hier sind wir erst mal sicher, aber was ist mit dem schwierigen Abstieg durch die Ostwand? Als wir aufwachen, liegt der Berg in tiefem Schnee. Die Sicht reicht nur wenige Meter. Wir harren aus, und warten, wägen unsere Entscheidung immer wieder ab: gehen oder bleiben? Als die Wolkendecke für kurze Zeit aufbricht, entscheiden wir uns zum Aufbruch. Wenige Minuten später hänge ich im Seil unter der Solvayhütte und seile die ersten 50 Meter ab. Dann gibt es keine Haken mehr. Der Schnee hat sie einfach geschluckt. Wir improvisieren. Jetzt kommt uns die Achtsamkeit bei unserem Aufstieg zu Gute. Auch wenn wir oft an unserer Erinnerung zweifeln, wir finden immer wieder die Sicherheit, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Mehr als einmal graben wir Abseilhaken aus dem Neuschnee, finden kleine Leitern in den vom Wind freigeblasenen Stellen. Meter um Meter kommen wir nach unten. Als die Schneedecke dünner wird, haben wir die gefährliche Ostwandpassage bereits verlassen, doch auch die nassen Felsen zollen ihren Tribut. Immer wieder müssen wir uns anseilen, rutschen ins Seil und zweifeln an unserer Erinnerung. Nach nahezu zehn Stunden Abstieg von der Hütte erreichen wir die Einstiegswand. Als wir am Schwarzsee ankommen, ist es sternklar. Das Matterhorn glänzt im Mondlicht. Wir haben es wirklich gemacht. Stolz und glücklich legen wir uns nach einem ausgiebigen Mahl zur Ruhe.
Wenn du männlicher werden willst, mutiger und abenteuerlustiger, dann musst du möglichst täglich für einen kleinen Adrenalinkick sorgen. Mach jeden Tag etwas, das anstrengend, schmerzhaft oder peinlich ist. Oder etwas, das dich auf andere Art mit deinen Grenzen konfrontiert. Nur so hältst du deine Männlichkeit lebendig. Riskiere einen Streit, sag deine Meinung, tritt auf die Bühne, sprich eine schöne Frau an, mach deiner Partnerin ein verwegenes sexuelles Angebot, geh an deine körperlichen Grenzen … Springe in irgendeiner Form über deinen Schatten. In den ersten Wochen wird es dir jedes Mal schwerfallen und es wird dich Überwindung kosten, aber nach und nach wirst du Gefallen daran finden, die Aufregung zu genießen, dein klopfendes Herz, den tiefen Atem, die Hochspannung in den Muskeln, deinen wachen und auf eine Sache fokussierten Geist, das Kribbeln überall. Du wirst jeden Tag mit einem Gefühl von Stärke und männlichem Stolz beenden. Ein Tag aber, den du mit Ausreden, Entschuldigungen und Jammern verbracht hast, schwächt dich und macht dich unmännlicher – es ist ein verlorener Tag in deinem Leben.
Im Folgenden nenne ich einige Dinge, mit denen du täglich deinen Adrenalinpegel heben kannst. Die Kriterien dabei sind: Was macht dir Angst? Was findest du anstrengend? Was ist dir peinlich? Was würdest du niemals tun? Dies sind selbstverständlich nur Vorschläge, die jeder individuell an seinen Energielevel und seine Lebenssituation anpassen sollte.
•Sorge dafür, dass andere deine Grenzen respektieren.
•Fange bewusst einen Streit an.
•Gehe niemandem aus dem Weg und riskiere einen Zusammenstoß.
•Schau einer schönen Frau so lange direkt in die Augen, bis sie wegguckt, und sprich sie dann an.
•Mach einer fremden Frau ein sexuelles Angebot.
•Mach eine Probestunde in einem Martial-Arts-Studio.
•Setze deiner Partnerin eine deutliche Grenze.
•Schimpfe mit einer Gruppe Jugendlicher, die Müll auf die Straße werfen.
•Sorge dafür, dass jemand seinen Sitzplatz in der Bahn für einen Senior freimacht.
•Sprich mit deinen Bekannten über Pornos und stell ihnen intime Fragen.
•Springe vom 5- oder 10-Meter-Brett im Schwimmbad.
•Probiere eine Extremsportart aus.
•Lasse einfach mal niemanden in dein Büro rein.
•Singe laut in der Öffentlichkeit.
•Bringe eine Gruppe von Menschen zum Lachen.
•Geh in eine verruchte Kneipe.
•Halte auf einer belebten Straße eine Rede.
•Animiere andere Menschen zum Singen.
•Mache auf der Straße eine Umfrage zu einem lustigen Thema.
•Mache in der Öffentlichkeit einen Showkampf mit einem Freund.
•Tanze allein ausgelassen und verrückt auf der Tanzfläche oder sonst wo.
•Springe nackt in einen eiskalten Fluss.
•Faste einen Tag lang.
•Lauf die Rolltreppe gegen die Richtung hoch.
•Schwimme im stürmischen Meer.
•Tanze eng mit einer unbekannten Frau.
•Geh nachts alleine durch eine gefährliche Gegend.
•Verbringe eine Nacht allein in der Natur.
•Schwimme durch einen großen See oder wilden Fluss.
•Fahre mit der Achterbahn oder einem anderen wilden Gerät auf der Kirmes.
•Sag jemandem, der dich nervt, unverblümt deine Meinung.
•Sage den Menschen, die du liebst, denen du es aber sonst nie sagst: „Ich liebe dich.“
•Mache unbekannten Frauen ein Kompliment (und lauf dann nicht schnell weg!).
•Lass dir im Laden von einer hübschen Verkäuferin alles zeigen, aber kaufe nichts.
Du siehst, die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt. Werde kreativ darin, deinen Adrenalinspiegel zu erhöhen! Hör auf das zu tun, was alle machen und mache dein eigenes Ding! Am meisten Spaß macht das natürlich zusammen mit anderen, die offen für so etwas sind. Außerdem hält es dich definitiv jung.
Entscheidend bei all diesen Aktivitäten ist der hohe Energielevel, den man durch sie erreicht. Teilweise gelingen die beschriebenen Dinge auch nur mit einem „hohen Energieniveau“. Was ist damit gemeint? Hier ein paar Beispiele: Nach einem Boxtraining, Zirkeltraining oder Wettkampf ist dein Adrenalinpegel hoch. Ebenso beim Sex kurz vor dem Höhepunkt oder auf der Flucht vor Angreifern. Auch beim ausgelassenen Tanzen oder Schwimmen in hohen Wellen. Du bist in solchen Situationen hellwach, dein Kopf ist leer, dein Körper auf Hochspannung, dein Atem tief und du bist in Kontakt mit deiner Aggression. Du bist absolut begeistert von dem, was du gerade tust. In solchen Situationen fühlt es sich an, als könntest du Bäume ausreißen, jede Frau verführen oder den Atlantik durchschwimmen. In diesem Zustand gelingen dir Dinge, die sonst unmöglich wären. Bist du hingegen grüblerisch, verträumt, nachdenklich, zweifelnd, und mit niedriger Körperspannung und flacher Atmung, dann scheiterst du auf diesem niedrigen Energielevel schon an den einfachsten Aufgaben. Die alltäglichen kleinen Adrenalinkicks helfen dir also immer wieder auf einen höheren Energielevel zu kommen. Zu einer wirklich erfüllten Männlichkeit gehört ein gewisses Maß an Energie in Form von innerem Feuer und Leidenschaft, sonst bist du ein Langeweiler und Energiefresser für andere. In diesem Buch findest du viele Anleitungen dazu, wie du dein Energieniveau heben kannst.
Einmal im Monat solltest du etwas wirklich Verwegenes und absolut Außergewöhnliches tun. Ob es ein Tandemsprung ist, um deine Höhenangst zu überwinden, der Besuch eines Tantra-Seminars oder wenigstens einer Erotik-Party oder das Outdoor-Survival-Training – auch hier gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten.
Einmal im Jahr solltest du etwas machen, das dir unmöglich erscheint oder existenzielle Angst bei dir hervorruft. Damit meine ich, dass du dich mit der realen (oder dir real erscheinenden) Möglichkeit deines vorzeitigen Ablebens konfrontiert siehst. Das mag dir extrem erscheinen, aber die Männer praktisch aller früheren Generationen (und heute noch in vielen Ländern der Welt) erlebten dies häufig ungewollt. Die reale Konfrontation mit großer Gefahr oder auch dem Tod gehört zum Leben dazu. Wir leben heute in einer feminisierten und überwachten Gesellschaft, die uns weichspült und jede Männlichkeit erstickt. Eine „Übermutterung“ hielt viele Jungen als Kind von jeder Gefahr fern, eine enge gesellschaftliche Kontrolle und Überreglementierung mit unendlich vielen Sicherheitsvorschriften sorgt dafür, dass wir auch als Erwachsene im lauwarmen, sicheren Bereich bleiben. So begegnen Männer kaum noch ihren Ängsten und lernen daher nicht, mit diesen umzugehen. Das Ergebnis sind immer mehr verweichlichte, verängstigte und feige Männer. Der Preis für diese Sicherheit ist die Aufgabe der eigenen Freiheit und der Männlichkeit. Denn wirklich frei bist du als Mann erst dann, wenn dich keinerlei Ängste mehr begrenzen.
Natürlich geht es nicht darum, deine Gesundheit oder dein Leben leichtsinnig aufs Spiel zu setzen. Wichtig ist bei der Auswahl von Grenzerfahrungen, dass du dich intensiv auf sie vorbereitest und alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen triffst. Und du musst das Restrisiko, das immer bleibt, sorgfältig abschätzen.
Überfahrt nach Sansibar mit Schmugglern
Ich wollte 2002 nach Pemba reisen, das ist eine Insel des Sansibar-Archipels. Dort gibt es eine Tauchschule an einer Wanderroute von Walhaien, die ich unbedingt sehen wollte. Aber wie dorthin kommen? Ein Flug über Paris ins tansanische Dar es Salaam, dort mit dem Bus zur Fähre, mit dieser übersetzen nach Sansibar und nach dem Durchqueren der Insel mit einer weiteren Fähre und einem Taxi zum Hotel – dieser Weg war mir zu aufwendig. Auf der Karte war aber zu erkennen, dass die Nordspitze Pembas, wo ich hinwollte, nur etwa 50 Kilometer von einem Nationalpark in Süd-Kenia entfernt ist, den ich schon von einer Tauchexkursion kannte. Also kaufte ich für meine Freundin und mich günstige Charterflüge nach Mombasa. Von dort fuhren wir in einfachen Überlandbussen nach Shimoni, einer Hafenstadt am Rande des Naturschutzgebiets, um nach Pemba überzusetzen. Am Hafen stellte mir jemand einen Schiffseigner vor, der Arbeiter und Elektronik nach Tansania schmuggelte. Sein Schiff war ein uraltes Fischerboot mit einem verrosteten 5-PS-Motor und einem Stofffetzen als Segel, der Schiffsboden war voller Dreck, der Geruch unbeschreiblich. Auf meine Frage, ob es keine andere Möglichkeit gebe, sagte der Besitzer: „Next month.“ Nun hieß es tief durchatmen und eine mutige Entscheidung treffen. Am nächsten Morgen um vier Uhr sollten wir uns am Hafen einfinden. Zurück in unserer Pension bemühte ich mich darum, meiner Freundin, die dortgeblieben war, die bevorstehende Überfahrt als „sehr romantisch, in einem traditionellen Fischerboot“ zu beschreiben. Dann rief ich bei der Tauchschule auf Pemba an und bat darum, uns mit dem Tauchboot zu suchen, wenn wir am nächsten Tag nicht bis zwölf Uhr ankämen. Zusätzlich benachrichtigte ich das von uns gebuchte Hotel und rang dem Personal das Versprechen ab, die Küstenwache zu informieren, falls wir nicht bis vierzehn Uhr eingecheckt hätten. Außerdem informierte ich meinen Bruder, dass er die internationale Seerettung anrufen solle, wenn wir uns bis sechzehn Uhr nicht bei ihm melden würden.
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