Über Sharlene Teo

Sharlene Teo wurde 1987 in Singapur geboren. Sie studierte Jura und Creative Writing und wurde bereits vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Booker Prize Nachwuchspreis. Für »Schöne Monster« erhielt sie den Deborah Rogers Writers Award.

Anke Burger, geboren 1964 in Darmstadt, studierte Amerikanistik, Germanistik und Publizistik in Berlin und Austen (Texas). Seit 1992 übersetzt sie Romane aus dem Englischen, u. a. von Jon McGregor, Mark Haddon und Adam Johnson. Sie lebt in Berlin und Montreal, Kanada.

Informationen zum Buch

»Heute bin ich seit sechzehn Jahren auf dieser heißen, schrecklichen Erde«, lautet der erste Satz dieses fulminanten Debütromans aus dem brodelnden Herzen Singapurs - und dann wird alles noch viel heißer und schrecklicher.

»Schöne Monster« erzählt die Geschichte von drei Frauen, eine Geschichte von Betrug und Trauer, Erinnerung und der dunklen Kraft der Schönheit. Die Sprache, die Sharlene Teo dafür findet, ist hypnotisch. Und so klebrig wie die Hitze Singapurs.

»Ein bemerkenswertes, außergewöhnliches Buch – Figuren voller Leben und Witz.« Ian McEwan

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Sharlene Teo

Schöne Monster

Roman

Aus dem Englischen von
Anke Caroline Burger

Inhaltsübersicht

Über Sharlene Teo

Informationen zum Buch

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1 Szu — 2003

2 Szu — 2003

3 Amisa — 1968

4 Szu — 2003

5 Circe — 2020

6 Amisa — 1975

7 Circe — 2020

8 Szu — 2003

9 Amisa — 1976

10 Szu — 2003

11 Amisa — 1977

12 Szu — 2003

13 Amisa — 1977

14 Circe — 2020

15 Szu — 2003

16 Circe — 2020

17 Szu — 2003

18 Amisa — 1978

19 Szu — 2003

20 Amisa — 1982

21 Szu — 2003

22 Amisa — 1987

23 Circe — 2020

24 Szu — 2020

Danksagung

Impressum

1
Szu — 2003

Heute bin ich seit genau sechzehn Jahren auf dieser heißen, schrecklichen Erde. Ich stecke in der Schule fest. Ich drücke meine Handflächen so stark gegen die grüne Wand, dass mir die Finger weh tun. In Scham und Schande klebe ich an dieser Wand.

Ich stecke bis zum Hals in Schwierigkeiten. Und das nicht zum ersten Mal. So was passiert mir ständig. Es dauert Wochen, bis ich mich da wieder herausgearbeitet habe. Mein Gesicht hat etwas Unehrliches an sich, selbst wenn ich die Wahrheit sage. Was soll man machen, wenn man mit dem falschen Gesicht geboren wird? Ich glaube, das ist der Grund, warum die meisten Leute mich nicht sympathisch finden. Sie mögen mich nicht, sie werden nicht mit mir warm. Die anderen Mädchen auf der Schule freunden sich in Sekundenschnelle miteinander an und lachen über ihre gemeinsamen Witze.

Mit elf hoffte ich noch, dass ich mich in der Pubertät verpuppen und irgendwann zu voller Schönheit erblüht aus dem Kokon kriechen würde. Von wegen! Stattdessen Akne. Fettige Haare. Blut. Ich scheine nach der Seite meines Vaters zu kommen, den hässlichen, aschfahlen Ngs, einer Familie von Spielern und Trickbetrügern, Schmugglern und Rumtreibern. Menschen sind oberflächlich, ob wir das nun wahrhaben wollen oder nicht. Ich würde hier keine Strafstunde absolvieren, wenn ich meiner Mutter auch nur das kleinste bisschen ähnlich sähe. Sie ist ein Monster, aber so schön, dass sie mit allem durchkommt. Selbst wenn sie nicht in der Nähe ist, spüre ich ihren bohrenden Blick im Rücken.

Echten Horrorfans ist sie unter ihrem Künstlernamen Amisa Tan bekannt. Sie ist die Art Frau, die nie schwitzt und auch noch nie geschwitzt hat, die nie im Leben mit vollem Mund reden würde. Sie isst wie ein Vögelchen und raucht wie ein Schlot. Als sie das Haus noch häufiger verlassen hat, wurden ihr von stammelnden Männern jeden Alters auf dem Markt Obst und Blumen dargebracht, als sei sie eine animistische Gottheit, auch ihre Einkaufstaschen wollten die Männer unbedingt tragen. Die Geschenke nahm meine Mutter entgegen, aber helfen lassen wollte sie sich nicht; die Einkäufe musste ich nach Hause schleppen. Den ganzen Heimweg über verlangsamten Vorbeifahrende das Tempo, wenn meine Mutter die Straße entlanglief – ich mit den Tüten hinterher. Die ausgeleierten Plastikgriffe gruben sich in meine Handflächen, Schultern und Unterarme schmerzten.

Momentan starre ich die Wand an, weil ich sonst einschlafe, im Stehen, wie ein Pferd. Die Wandfarbe erinnert mich an Reiseübelkeit und chemisch grüne Eiskrem. Hinter mir ist das Lehrerzimmer. Ich höre, wie die Lehrerinnen durch die schwingende Holztür ein- und ausgehen. Wenn ich aufmerksam lausche, meine ich, das Kratzen der Kugelschreiber zu hören. Kritzekratz, Antwort falsch, durchgefallen. Madame Goh und Mrs Fok und Mr Singh korrigieren gerade unsere Tests, Muttersprache und Mathematik und Chemie. Ich weiß es jetzt schon: Meine Ergebnisse werden nicht gut aussehen. Wie so oft habe ich ein richtig mieses Gefühl. Deine Noten lassen zu wünschen übrig, Szu. Du musst dich mehr anstrengen, bekomme ich von Mrs Fok zu hören, und das ist einer der Gründe für die Strafe jetzt. Außerdem störe ich angeblich den Unterricht und bin zu alt, meint Mrs Fok, um meinen Mitschülerinnen so viel dummes Zeug zu erzählen.

Elizabeth Kwee ist die Neue, die vor zwei Wochen von der St.-Magdalen-Schule zu uns gewechselt ist. Sie ist einen halben Kopf kleiner als ich und so süß und künstlich wie japanisches Konfekt. Mitten auf ihrer rechten Wange blüht eine Ansammlung reifer Pickel, an denen möglicherweise ein schmutziges Kopfkissen und die immer gleiche Schlafhaltung schuld sind. Ich hatte gedacht, dass wir vielleicht Freundinnen werden könnten. Aber sie hat Mrs Fok gepetzt, ich würde Lügen erzählen und ihr den ganzen Tag lang »seltsame, gruselige Sachen« ins Ohr flüstern.

Das mit dem Flüstern ist wahr, besonders während des todlangweiligen Nachmittagsunterrichts. Aber »seltsam« kann ich daran nichts finden. Ich bin der normalste Mensch, den ich kenne.

Singapur liegt nur einen Breitengrad nördlich des Äquators. Die Sonne will uns umbringen, und wir leben im Zentrum des Beschusses ihrer wütenden Pfeile. Nachmittags heizt sich unser Schulgebäude auf wie die Kupferspirale in einem Backofen. Im Klassenzimmer wird es so heiß, dass jede der dreiunddreißig Schülerinnen die Hälfte ihres Körpergewichts ausschwitzt, eine Form des Leidens, die nur von den total essgestörten Mädchen als positiv und entschlackend angesehen wird. Im überhitzten Klassenzimmer riecht es nach Impulse-Deo und benutzten Damenbinden. Durch den Schweiß werden unsere gestärkten weißen Blusen durchsichtig wie Zwiebelhäute und kleben an der Haut. Grelle BH-Träger und Körbchenumrisse treten zutage wie ein Lackmustest: Neonrosa, Giftgrün, Schlafzimmerrot – unorthodoxe Farben für eine hochanständige Mädchenschule wie die unsrige. Meine BHs sind hautfarben.

Mrs Chan, unsere Seelsorgerin, hat mich dieses Schuljahr schon fünfmal umgesetzt. Alle haben die Nase voll von mir. Meine Klassenkameradinnen nennen mich Sadako, nach dem ertrunkenen Mädchen in Ring – Das Original, und wollen so wenig wie möglich mit mir zu tun haben. Allerdings nur, bis sie sich so schrecklich langweilen, dass sie beschließen, ihren Frust an mir auszulassen. Momentan tun zum Glück selbst die grausamen, perfekten Mädchen so, als wäre ich Luft.

Clara Chua, Lee Meixi und Trissy Kwok sind ein Traum aus langen Schwanenhälsen und reiner Haut, Markenrucksäcken und beiläufiger sexueller Erfahrenheit. Sie sind gefährlicher als dösende Krokodile. Unergründlich und unbesiegbar. Ihre träge blinzelnden Augen glitzern und verurteilen. Jeden Morgen vollführen sie im selben Takt dieselbe Geste: Sie drehen ihre Shampoowerbung-Haarpracht sanft zwischen den Fingern und werfen sie über die Schulter wie den Gurt eines Gewehrs.

Wir gehen auf die katholische Mädchenschule des Whampoa-Klosters der Ewig Gesegneten, aber das, was Mädchen einander antun, hat auch bei uns nichts Frommes an sich. Bloß dass hier nicht aus den Außenseiterinnen Hackfleisch gemacht wird, den komischen Trullas, mit denen niemand was zu tun haben will, sondern aus den finanziell Schlechtergestellten: denen, die sich keine schicken Schultaschen oder Turnschuhe leisten können, den Schwächlingen, den Heulsusen, die es immer allen recht machen wollen. Ich habe miterlebt, wie Mädchen fertiggemacht wurden, weil sie das Falsche gut fanden; ich habe gesehen, wie weinende Mädchen bis auf die Unterhose ausgezogen und auf die dreckigste Toilette gedrückt wurden, nur weil sie eins der Krokodile oder deren Dunstkreis beleidigt hatten. Immer ging es um fast unmerkliche Beleidigungen – die Schuldigen hatten so lange geblinzelt, dass es abwertend gewirkt hatte, hatten ironisch gehustet oder irgendetwas gesagt, das sie sich nicht gut genug überlegt hatten.

An den Heiligen Geist glaube ich nicht, aber anfangs, als ich auf die Schule kam (vor drei endlosen Jahren, im unglückverheißenden Alter von dreizehn), sagte ich jeden Morgen vor dem Durchschreiten des Tors im Rhythmus meiner Schritte dieses Gebet auf:

Ich bitte dich, Vogelscheiße,

Ich bitte euch, Bäume,

Ich bitte dich, Bürgersteig,

Ich bitte euch, Baukräne.

Möge heute niemand böse zu mir sein,

möge ich überleben.

Amen, Amen, Amen.

Das schmiedeeiserne Schultor ist im Farbton von Schaumzuckerbananen gestrichen; wahrscheinlich soll es einladend süß aussehen, dabei gibt es in Wirklichkeit kein Entkommen aus unserer Schule. Das Gebäude ist in einer brechreizerregenden Palette von Bonbonfarben gehalten, die das darin herrschende Grauen vertuschen sollen: minzgrüne Wände am Lehrerzimmer, senile Fliederfarben am Schulhof, Rougerosa und Himmelblau an den hohen, peinlichen Turmspitzen, die den Ost- und den Westflügel krönen. An dieser Schule verbringe ich mehr Zeit als an jedem anderen Ort. Ich wünschte, sie würde abbrennen, während ich schlafe.

* * *

Gestern habe ich eine Fata Morgana an der weißen Tafel gesehen. Wäre ich religiös, würde ich es eine Vision nennen. Die Schnörkel von Mrs Foks Filzstift fingen auf der Tafel an zu zucken und zu flackern wie die Lautstärkeanzeige einer Stereoanlage. Ich fühlte mich, als müsste ich entweder ohnmächtig werden oder vom Stuhl aufspringen und tanzen. In meinem Blut gab es Wallungen, in meinen Knochen kochte es vor Vorfreude, als würde etwas, auf das ich mein ganzes Leben gewartet hatte, endlich passieren – ohne dass ich dieses Etwas näher hätte benennen können. Der unstillbare Drang, mich mit Elizabeth Kwee zu unterhalten, überkam mich. Ihr rosa Öhrchen war ein Empfänger endloser Weisheit. Obwohl mein ganzer Körper hoffnungslos überhitzt war, hatte ich kalte Hände und Füße.

»Hey, Elizabeth, ich muss dir was erzählen«, flüsterte ich.

Sie hielt den Blick unverwandt auf die Tafel gerichtet.

»Hey, kann ich dir was Cooles erzählen?«

»Nein«, zischte Elizabeth. Sie trommelte mit den Fingern der rechten Hand auf den Kunststofftisch. Auf der Handfläche hatte sie überall Tintenflecke. Ich lehnte mich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr.

»Meine Mutter ist ein Monster«, wisperte ich. Ich war Elizabeth ganz nah. Ich wusste, dass ich in der gnadenlosen Vierzehn-Uhr-dreißig-Hitze schrecklichen, heißen Mundgeruch hatte. Hinter uns rutschte eine Mitschülerin auf ihrem Stuhl herum. Elizabeth rückte leicht von mir ab, weil sie nicht scharf auf Nachsitzen war.

»Sei still«, murmelte sie.

»Das hört keiner«, gab ich zurück. »Du kriegst schon keinen Ärger. Du weißt über meine Mutter Bescheid?«

»Ja. Na und?«

»In Malaysia kriegt man noch Raubkopien von ihrem Film, auf Video …«

»Ja, ja, der über die Pontianaks. Ich war an dem Tag krank. Aber ich habe gehört, dass du ein Referat gehalten hast.«

Letzten Freitag habe ich in Volksbildung einen PowerPoint-Vortrag über die Filmkarriere meiner Mutter gehalten. Die ganze Einleitung über zitterte meine Stimme. Die Mädchen in der letzten Reihe kicherten. Ponti! (nicht zu verwechseln mit Pontianak 1957, The Pontianak, Fluch der Pontianak oder Die Rückkehr der Pontianak) war der beste, völlig zu Unrecht erfolglose Film, der 1978 in Singapur herauskam.

Ponti! ist ein Kultfilm. Er ist der erste und mit großem Abstand beste der Trilogie; leider sind die Filme heutzutage relativ unbekannt und nur schwer zu kriegen. Aber wahre Horrorfans finden einen Weg. Meine Mutter hat vier Briefe aus Amerika bekommen, drei aus Indonesien, zwei aus Japan, einen aus Holland, in denen steht, wie sehr sie von ihren Fans geliebt und bewundert wird. Hin und wieder holt sie die Briefe aus einem Pappordner, glättet die Knicke und liest sich die Liebeserklärungen noch einmal durch. Ich habe ihr gesagt, dass sie viel mehr Fanpost bekäme, wenn wir uns einen Computer zulegen würden. Aber sie traut dem Internet nicht, und meine Tante auch nicht. Meine Tante sagt, zu viele Kabel würden die bei uns ansässigen Geister verärgern, und wenn ich erwidere, dass das Internet so nicht funktioniert, winkt sie nur ab.

In der besten (und einzigen) Rolle ihrer Filmkarriere spielt meine Mutter, mit billigen Kunstkörperteilen versehen, ein buckliges, von Geburt an missgebildetes Mädchen namens Ponti, das einen Pakt mit einem Bomoh schließt: Der Zauberer soll sie schön machen, sie ist bereit, alles dafür zu tun und jeden Preis zu zahlen. Ein Leben in Hässlichkeit ist unerträglich. Als meine Mutter diese Rolle spielte, war sie neunzehn, nur wenig älter als ich jetzt. Bitte, Datuk, ich flehe dich an, sagt sie zur Kamera – allerdings mit der Stimme einer Fremden. Der Film ist amerikanisch synchronisiert, und man hört das süße Stimmchen einer Amerikanerin.

Der Hexer erfüllt ihr den Wunsch. Als sie aus einer Staubwolke auftaucht, strahlt sie wie eine Perle, selbst auf dem körnigen Video.

Doch mit der Schönheit geht der Durst nach Männerblut einher. Ponti ist jetzt eine Pontianak, ein menschenfressendes Ungeheuer. Sie muss Opfer finden und aussaugen, um ihre Schönheit zu bewahren. Sie trägt ein weißes Kleid, das sich an ihre Hüften schmiegt, und verführt Männer, die allein auf den unbeleuchteten Feldwegen von Pantai Dalam unterwegs sind. Das ist alles Teil der Pontianak-Legende, die besorgte Frauen ihren Männern erzählen, damit sie sich von schönen, jungen Mädchen fernhalten. Natürlich wollen die Männer nicht hören. Und Ponti wirkt so ungemein verführerisch. Sie zieht ihre Opfer ganz dicht an sich und gibt ihnen einen langen, nassen Kuss, der ihnen Seele und Jugend raubt. Mitanzusehen, wie meine Mutter einen Schauspieler küsst, ist mir schrecklich peinlich. Blut spritzt. Dann kommt der Kameraschwenk auf die Palmwedel. Man sieht die Blätter zittern. Außerhalb des Bildausschnitts das Geräusch gierigen Schlürfens. Für mehr Blut und Splatter reichte das Budget nicht, weswegen uns die Zerfleischung an sich erspart bleibt.

In der nächsten Szene steht Ponti allein auf einer künstlich ausgeleuchteten Lichtung. Das ist die Sequenz, die ich im Unterricht gezeigt habe, nicht die Szene mit Verführung und Mord davor. Es wird nicht gesprochen. Das ist meine Lieblingsszene: Meine Mutter atmet schwer, wirkt nassgeschwitzt und erschöpft. Ihre Haltung ist untypisch gebeugt, mit hängenden Schultern. Die Vorderseite ihres Kleides ist mit Maissirup getränkt, der eher rosa als rot aussieht. Langsam hebt sie den Blick, und als sie direkt in die Kamera sieht, blinzelt sie, als löse sie sich aus einer Trance. Dann fällt ihr Gesicht in sich zusammen: Selbst zum Weinen ist sie zu erschöpft. An dieser Stelle möchte ich sie immer in den Arm nehmen. Der Projektor flackerte, als sei er ganz meiner Meinung. Ich warf einen Blick ins verdunkelte Klassenzimmer, weil ich sicherstellen wollte, dass auch wirklich jeder hinsah. Trissy grinste ihr Telefon an. Meixi hatte die Augen geschlossen. Vanya und Lin starrten teilnahmslos auf die Leinwand.

Meine Mutter hebt die Hand, um ein Stäubchen von ihrem linken Unterarm zu wischen. Sie zittert – das ist nicht nur die handgehaltene Kamera. Ihre langen, schwarzen Haare sind fransig geschnitten, wie es in den Siebzigerjahren angesagt war. Wegen des Hintergrunds aus milchigem Licht wirkt es, als wäre sie auf dem Mond. In der Nahaufnahme wirkt ihr Gesicht weich und offen. Diesen Ausdruck habe ich in echt noch nie bei ihr gesehen. Sie sieht aus wie jemand, mit dem man gut zurechtkommen könnte, ein junges Mädchen voller Gefühle, voller Zuneigung; eines Tages wird sie sich zu meiner Mutter verhärten, aber noch ist es nicht so weit.

Ponti! endet mit einer Verfolgungsjagd. Mein Monster ist bleich und halb wahnsinnig, aber immer noch stolz. Selbst bei der wilden Hast durch das Silberhaargras hält sie den Kopf hoch erhoben. Die langen, grünen Halme um sie herum beben. Der Held ist ihr dicht auf den Fersen. Früher konnte ich mir das nur mit den Fingern vor den Augen angucken. Ich wollte nicht, dass er sie einholt. Dabei ist ihm der Sieg vorherbestimmt. Er weiß, wie man die Pontianak zur Strecke bringt: ein geweihter, rostiger Nagel muss ihr in das Loch im Hinterkopf getrieben werden, das der Bomoh hineingebohrt hat, um sie schön zu machen. Die Legende verlangt weiterhin, dass ein paar von ihren Haaren hinterhergestopft werden. Am Ende tut der Schauspieler genau das mit der gelangweilten Miene eines Blättchenverteilers, der einen Werbezettel in den Briefschlitz schiebt. Die letzten Einstellungen des Films kenne ich auswendig: das Rascheln der regennassen Blätter, die bloßen, kleinen Füße meiner Mutter, die durch den Schlamm rennen, gefolgt von schweren Stiefeln. Ein Blitz zuckt durch den Himmel, als der Held sie überwältigt. Er hebt den Hammer, schlägt ihr den Nagel und ein paar Haare in den Kopf. Dabei ist ein fürchterliches Knirschen zu hören, während sich die Augen meiner Mutter weiten.

»Wassermelonen. Das ist der Trick«, hat meine Mutter mir gesagt. »Wenn man das Innere einer Wassermelone mit einem langen Messer schnell genug kleinhackt, klingt es, als würde man auf einen weichen Bauch einstechen. Lässt man eine Wassermelone fallen, klingt es, als würde eine Hirnschale aufbrechen. Wenn man Kaffeebohnen in einer Blechdose schüttelt, klingt es wie Regenprasseln. Aber das weiß ja eh jeder.«

Viele Jahre ist das her, damals war ich noch ein niedliches Kind. Früher saßen wir oft zusammen und sahen uns die Trilogie wieder und wieder an, bis ich die Filme in- und auswendig kannte. Meine Mutter erzählte mir Geschichten von den Dreharbeiten und dem herrlich freien Leben, das sie hatte, bevor sie mich bekam.

»Wah lau, das sah so schlimm aus, da auf dem Set«, wisperte ich Elizabeth ins Ohr. »Alles voll roter Melonenmatsche, der ganze Boden bedeckt mit zerhackten Auberginen und weißen Möhren, Tomaten Radieschen, eine ekelhafte, klebrige Suppe. Gefilmt wurde auf einer Tonbühne in Johor, im Juni, und es war schrecklich heiß. Alles stank nach verrottetem Gemüse.«

»Mir doch egal«, zischte Elizabeth und sah mit glasigem Blick geradeaus. Sie trommelte nicht mehr auf die Tischplatte, sondern rutschte mit ihrem Stuhl näher an den Tisch, wollte wohl so weit wie möglich von mir wegrücken. Die Metallbeine schabten laut über den Boden.

»Was soll’s. Jedenfalls stirbt meine Mutter am Ende von Ponti!, aber in Ponti 2 erwacht sie wieder zum Leben. Am Ende von Ponti 3 wird sie geköpft, aber ein bisschen unklar bleibt es trotzdem. Wie das in Horrorfilmen so üblich ist, weißt du? Es wird immer das Hintertürchen für die nächste Folge offengelassen.«

Elizabeth riss den Kopf mit einem gequälten Gesichtsausdruck zu mir herum. »Kannst du bitte einfach still sein?«, zischte sie.

»Schon gut, schon gut«, sagte ich. Wir sahen beide zur Tafel. Nichts, was da stand, ergab irgendeinen Sinn. Mathe und andere Menschen waren böhmische Dörfer für mich. Ich hörte das angestrengte Flappen des Deckenventilators über mir. Neben meinem linken Ohr surrte ein Moskito und flog dann weiter. Selbst der Moskito fand mich widerwärtig. Etwas jagte über meine Rippen und wollte mir die Luftröhre abschnüren. Ich hätte nicht sagen können, ob ich zornig oder traurig oder froh oder alles zugleich war. Ich versuchte noch einmal mein Glück bei Elizabeth.

»Ich kann dir die Video-CD ausleihen, Mrs Chong hat mir nämlich geholfen, das Video vom Band zu überspielen …«

Elizabeth hielt sich das mir zugewandte linke Ohr mit der Hand zu. Mit der anderen haute sie auf die Tischplatte. Im Klassenzimmer wurde es sehr still.

»Elizabeth und Szu. Ist etwas?«, fragte Mrs Fok und zeigte mit der Filzstiftspitze auf mein Gesicht.

Ich spürte, wie die ganze Herde uns anstarrte. Die Blicke der Mädchen brannten mir im Nacken, in meinem rot anlaufenden Gesicht, zwischen meinen verschwitzten Schultern.

Stumm nickte ich und schluckte.

»Die quatscht andauernd, dabei versuche ich zuzuhören, Frau Lehrerin«, schniefte Elizabeth, als wäre ihr ein schlimmes Unrecht widerfahren.

»Szu Min.« Mrs Fok schwenkte drohend den Stift. »Hast du etwa letzte Woche vergessen? Ich habe dir schon zwei Verwarnungen gegeben. Was habe ich dir gesagt, Kind?«

Ich blinzelte unter den Wimpern hervor und versuchte, so zu tun, als sei ich ein Schaf. Warum müssen Lehrer immer rhetorische Fragen stellen? Am Rand meines Blickfelds sah ich Meixi, wie sie ihr glänzendes, gehorsames Haar zurückwarf. Sie wirkte angewidert, aber hauptsächlich gelangweilt von mir.

»Öffentliche Strafstunde«, beantwortete Mrs Fok ihre eigene Frage. »Dienstag, grüner Posten B, am Lehrerzimmer. Sei um vierzehn Uhr da. Du wirst dich ruhig und ordentlich verhalten. Ihr Mädchen müsst Disziplin lernen. Und keine Fisimatenten. Ich überprüfe das.«

* * *

»Oh, Szu, du bist ja immer noch da«, sagt Mrs Fok. Ihr Schatten fällt auf die grüne Wand. »Du kannst die Arme runternehmen.«

Ich drehe mich um und sehe sie an. Mir tun die Arme weh, und ich hasse Mrs Fok dafür. Sie ist kleiner als ich, so wie die meisten Menschen. Sie hat fettige, schwarze Haare mit grauen Strähnen darin, die platt auf dem Kopf aufliegen, und teigige, gerippte Haut. Sie sieht aus wie eine Zimmerpflanze, die über die Feiertage vernachlässigt worden ist.

»Ihr schreibt eure Abschlussarbeiten in fünf Wochen«, sagt sie. »Da bleibt dir nicht viel Zeit, alles nachzuholen.«

»Ja, das weiß ich, Frau Lehrerin«, antworte ich, ohne das weiter auszuführen.

»Fünf Wochen«, wiederholt sie und bedenkt mich mit einem strengen Blick. Vielleicht weil sie den ganzen Tag Mathe unterrichtet, erinnern ihre Augen an die schwarzen Kugeln auf einem Abakus. Ich muss an die Arbeitshefte denken, die jetzt gerade, in diesem Augenblick, unbewacht auf ihrem Schreibtisch liegen. Ich denke an meine eigene Klassenarbeit, die korrigiert und benotet dort liegt, und frage mich, wie schlecht diese Note wohl sein kann. Sie weiß es, und ich weiß es nicht. Mein Versagen hängt wie eine Wäscheleine mit schwerer, tropfender Wäsche zwischen uns.

»Szu, du musst dich mehr anstrengen«, sagt Mrs Fok. »Ich weiß, dass du das Zeug dazu hast.«

Ich blinzele sie an. Das Zeug, denke ich. Was ist das für ein Zeug, von dem sie da redet? Ein Parasit? Sie kennt dieses Zeug genauso wenig wie ich. Aber ich übe mich in der Kunst, meinen Herzschlag zu verlangsamen. Ich versuche, ruhig zu atmen. Ich stelle mir vor, ich sei eine schmierige Streberin, die ihre Klassenarbeit in Butter tränkt, so dass diese mit einem gelben Fettfilm überzogen ist. Ich sehe, wie sich die magere Note unter meiner Arbeit zu etwas Großartigem aufbläht. Eine beeindruckende 88, eine majestätische 92, eine perfekte 100, weil ich alle Gleichungen richtig habe, oder sogar noch mehr – vielleicht würde sie mir 120 Prozent geben, weil ich so außergewöhnlich bin und sie mich besonders gern mag. Dann könnte ich die überschüssigen zwanzig Prozent benutzen, um einer meiner anderen schwachen, asthmatischen Noten eine Vitaminspritze zu verpassen. Alle wären glücklich.

»Wie kommst du voran?«, fragt Mrs Fok.

»Was? Wie bitte?«

Sie seufzt. »Wie kommst du mit der Wiederholung voran?«

»Äh. Wiederholung geht ganz okay.«

Das ist gelogen, denn um etwas zu wiederholen, muss man es wenigstens einmal durchgearbeitet haben. Meine Übungshefte und Ordner liegen unberührt unter meinem Tisch im Klassenzimmer. Ich sehe die sauberen, weißen Seiten vor mir, wie sie Bazillen und Staub ansetzen.

Vor lauter Schuldgefühlen wird meine Zunge ganz dick in meinem Mund. Darunter sammelt sich Spucke. Wahrscheinlich sabbere ich gleich. Ich wende den Blick ab. Ich habe eine Armesündermiene, und Mrs Fok sieht das ganz genau. Seufzend verschränkt sie die Arme; ich starre ihre abgeschabten schwarzen Schuhe an. Sie ist mit ihren müden Füßen und ärgerlichen Armen zum richtigen Ergebnis gekommen: Ich bin Miss Frankenstein, ich bin der untere Glockenrand der Normalverteilungskurve, ich kann nicht mal lange Worte zu einem Satz formen. Was weiß dieses Mädchen überhaupt?, fragt sie sich vermutlich. Ich hoffe nur, dass meine Tochter nicht so ein hoffnungsloser Fall wird wie sie.

Sie entlässt mich. Wir verziehen unsere Gesichter zu einem Lächeln ohne Anheben der Mundwinkel. Wir verabschieden uns und gehen in unterschiedliche Richtungen davon – ich zu meiner Schultasche, sie zu ihrem Berg von Klassenarbeiten.

Die Augen hinten in meinem Kopf stieren Mrs Fok an. Der Mund in meinem Hirn faucht ihr hinterher: Ich hasse Sie und Ihr blödes Fach. Ich hoffe, Sie kriegen Krebs. Ich hoffe, Sie werden es nicht überleben.

Als ich durch das gelbe Tor nach draußen gehe, tun mir die Handteller weh, und meine Beine sind schwer von der Last meines Geburtstags. Wie ist es möglich, dass Leute so etwas feiern, dass sie eine Party veranstalten, bei der sie dann von allen angeguckt werden und den Daumen hochhalten, während sie den Kuchen schief anschneiden? Wie kann sich irgendjemand allen Ernstes darüber freuen, Rückenschmerzen, Schlaflosigkeit, gelben Zähnen und Zahnfleischschwund ein Jahr näher zu rücken? Älterwerden finde ich schrecklich deprimierend, auch wenn es mir mit Weisheit schmackhaft gemacht werden soll. Ich fürchte mich vor dem Tag, an dem das Leben meinen Mund endgültig zu einem Knurren verzerrt hat und ich mich nicht mehr mit der neuesten Popmusik auskenne.

Mein Bus hält mit einem Zischen. Beim Einsteigen denke ich: Wie wäre es zur Abwechslung einmal damit, dass ich jedes Jahr mit einer frischen Haut aufwache, statt dieselbe Haut, in der ich mich nicht wohlfühle, abzunutzen und mit Narben zu überziehen? Wenn ich mich wie eine Schlange häuten könnte? Das wäre das schönste Geschenk. Ich wünschte, ich könnte verschwinden und immer wieder jemand Neues werden. Aber ich habe noch mindestens zwei Jahre Schule vor mir, und es ist erst Dienstag.

2
Szu — 2003

Wir wohnen schon immer in dieser Sackgasse. Das Haus steht am grünen, überraschenden Ende der Straße, und manchmal kommen Leute vorbei, die enttäuscht sind, dass bei uns Schluss ist. Sie schütteln den Kopf und machen kehrt.

Ich öffne das rostige, orangefarbene Tor und trödele die Einfahrt hoch. Nach Hause will ich nicht, aber draußen will ich auch nicht sein. Hier stinkt’s. In der Unterführung bin ich aus dem Siebenundsechziger gestiegen, und auf dem restlichen Heimweg musste ich mich fast übergeben. Ein Geruch nach faulen Eiern oder verbranntem Grillgut erfüllt die Luft. Wenn die Leute an der Bushaltestelle nicht auch gehustet und gewürgt hätten, hätte ich befürchtet, dass ich einen Hirntumor habe.

Ständig muss ich die feuchten Blätter auf dem Boden zusammenkehren, aber es sieht trotzdem nie besser aus. Unkraut überwuchert den Garten. Die Grillen und Zikaden geben keine Ruhe, auch tagsüber nicht. Als ich zehn war, haben wir einen Hund adoptiert, einen struppigen, weißen Terrier, vermutlich als Vaterersatz. Erst nannte ich ihn Egg, dann Küh-Küh. Schließlich entschied ich mich für den Namen Biscuit. Biscuit bellte wie ein Wahnsinniger, wenn ich aus der Schule heimkam. Für so ein kleines Kerlchen veranstaltete er einen ziemlichen Radau – eine vierbeinige Alarmanlage. Er hat sich immer wie irre gefreut, mich zu sehen. Treuherzig glänzende Augen und eine raushängende rosa Zunge. Vor vier Jahren überquerte ich gerade die Straße, von der unsere Sackgasse abgeht. Jemand hatte das Tor nicht richtig geschlossen, wahrscheinlich eine weinende Kundin. Biscuit kam auf mich zugerannt, mit über den Asphalt fliegenden Pfoten, da donnerte ein Zwanzigtonner die Straße entlang. Zum ersten Mal gab Biscuit nicht das kleinste Geräusch von sich. Jetzt ist er eine kahle Stelle im Garten unter den Bananenstauden.

Wir haben einen überalterten Frangipanibaum und zwei Bougainvillea-Büsche im Garten, die ständig Blätter abwerfen. Eigentlich »haben« wir sie nicht, sie stehen einfach herum und weigern sich zu sterben, obwohl wir sie nicht pflegen. Die Bougainvilleen blühen nie vernünftig, die weißen und rosa Blütenblätter rollen sich in der Hitze zusammen, oder sie sind verregnet, und der Frangipani entblättert sich das ganze Jahr lang.

Das Haus ist sehr alt. Meine Eltern haben es in den Achtzigerjahren gekauft, nachdem mein Dad im Toto gewonnen hatte, weswegen wir uns auch etwas mit Garten leisten konnten. Es ist ein flaches, hässliches Ding, das an eine Militärbaracke erinnert. Mich würde es nicht wundern, wenn die Japaner hier während des Krieges Menschen gefoltert hätten. Manchmal heult der Wind die Wände entlang, und während der Monsunstürme klappert das Dach, als wollte es einen schrecklichen Traum abschütteln. Die Außenwände mit ihren Wasserflecken sehen aus, als hätte jemand mit langen Strichen halb durchsichtige graue Farbe draufgeklatscht. Es stinkt nach Zigaretten, Räucherstäbchen und der ewig vor sich hinköchelnden Pilzsuppe meiner Tante. Alles ist alt und verblichen: jede Wand, jede Fliese, jedes Fenster.

Als ich reinkomme, sehe ich, dass das Kupferglöckchen am Eingang auf dem Messingteller steht. Das bedeutet, dass wir Besuch haben. Das Empfangszimmer ist klein und schmal, die jadegrün auf beige gemusterte Tapete löst sich von den Wänden. Der Altar wird von zwei Erdnussöllämpchen in lotosförmigen Halterungen erleuchtet, flankiert von vier Kerzen, deren Wachs rot auf staubiges Geschenkpapier gelaufen ist. Heute ist der Altar mit einer Gabe aus eingetrocknetem Biskuitkuchen, fünf Orangen und einem flachen Parfümschälchen geschmückt. Aus der Altarmitte starren ständig wechselnde Gottheiten und Unsterbliche. Ist Kundschaft zugegen, zünden wir Räucherstäbchen an, beugen andächtig die Köpfe und laden sie ein, mit uns zusammen zu beten. Meine Tante ergeht sich in unverständlichem Gemurmel. Wir drei knien uns hin und berühren den Boden mit der Stirn. Wir warten, bis unser Gast anfängt, unruhig zu werden, und sich in peinlich berührter Höflichkeit windet. Das kann fünf, aber auch fünfzehn Minuten lang dauern. Dann macht meine Tante eine Bewegung und schlägt die Glocke. Wir stehen auf, und sie nimmt das »Abschiedsgeschenk« entgegen, das zusätzlich zur Bezahlung verlangt und in einem braunen Umschlag überreicht wird. Wir geleiten denjenigen bis zur Tür, unsere drei weiblichen Stimmen sanft und schwermütig, unsere drei unterschiedlichen, aber verwandten Gesichter nebeneinander am Metallgitter des Tors. Dialekt, Hochchinesisch, Englisch, wir beherrschen alles. Wiedersehn, Wiedersehn, bis zum nächsten Mal.

Die bernsteingelbe Glühbirne über dem Türrahmen brennt, also muss ich mich sehr leise verhalten, weil die Sitzung noch andauert. Ich löse die Schnürsenkel und stelle meine Stofftreter ins Regal. Ich lausche, ob ich Stimmen höre, aber außer dem unregelmäßigen Saugen und Gluckern des Filters im Aquarium in der Küche ist da nichts.

Tante Yunxi murmelt monoton vor sich hin. Sie spricht Dialekt. Es klingt wie Hakka.

Die Kundin gibt zustimmende Geräusche von sich. Heute ist es eine uralte Frau mit trockener Kehle.

Tante Yunxi erlaubt kein Wasser in dem Raum.

»Aber warum denn nicht?«, habe ich einmal gefragt.

»Die Leute sollen durstig sein«, antwortete sie und lächelte. Mit schmalen, aufeinandergepressten Lippen. Ohne Zähne.

Am Ende des Flurs liegt das Schlafzimmer meiner Mutter. Die Tür ist wie immer geschlossen, und unter der Schwelle dringt kein Licht hindurch. Ob sie schläft? Oder ob sie bei meiner Tante und der Kundin mit im Sitzungszimmer ist? Meine Mutter nimmt an den Sitzungen teil, wenn die Kunden viel Geld haben oder verzweiflungsbedingt besonders viel auszugeben bereit sind. Sie hat ein untrügliches Gespür dafür, wen sie ausnehmen können. Es sind nicht immer die am besten Gekleideten oder perfekt Frisierten, auch nicht unbedingt jene, die ihren glänzenden, völlig fehl am Platz wirkenden Audi oder Lexus in unserer blätterverseuchten Einfahrt parken. Da könnte jemand nackt, in Lumpen oder nach Scheiße riechend bei uns auftauchen, und meine Mutter würde den Richtigen trotzdem erkennen.

»Das sieht man den Leuten am Gesicht an«, sagt sie. »Ein trauriges Gesicht ist eine offene Brieftasche.«

Eines Tages werde ich lernen, genauso grausam zu sein wie sie. Sie sieht die Schwäche, die Angst und die blinde Hoffnung hinter den Augen, zwischen den Krähenfüßen und Sorgenfalten. Sie bemerkt die fast unsichtbaren Ticks und Gesten. Die Kunden ahnen nicht, wie sehr sie sich wünschen, dass ihre Schwäche ausgenutzt wird; wie sehr sie dafür bestraft werden wollen, sie selbst zu sein. Meine Mutter findet die kleinste Schmerzstelle und drückt drauf. Sie verspricht diesen Leuten alles, und sie ist so wunderschön, so hinreißend, so überzeugend, dass nicht wenige sich dazu haben hinreißen lassen, mit ihren gesamten Ersparnissen wiederzukommen. Männer wie Frauen verlieben sich in meine Mutter. Sie erklären ihre Liebe mit Fünfzig-, Hundert- und Tausend-Dollar-Scheinen, mit in Plastiktüten verpackten Geldbündeln.

Tante Yunxi steht während dieser Transaktionen mit gesenktem Blick in Trance versunken daneben. Sie ist immerhin das Medium, die Verbindung zur Geisterwelt. Vielen Dank, sagt der Kunde, nachdem seine liebe Verstorbene sich mit einem Wimmern und einem Heulen verabschiedet hat und der bebende Körper meiner Tante zur Ruhe gekommen ist. Wie eine Lumpenpuppe sinkt sie auf das Spitzentischtuch.

Tränen laufen den Kunden die Wangen hinunter. Vielen Dank, vielen Dank, vielen Dank sagen sie auf Hochchinesisch, Hakka, Teochew, Hokkien, Englisch. Nach dem Ende der Sitzung breitet sich die übriggebliebene Trauer, von der es immer viel zu viel gibt, wie ein Fallschirm über den Raum. Meine Tante zündet ein Sternanis-Räucherstäbchen an und öffnet das Fenster.

»Hast du das gesehen? Wie glücklich der alte Mann war?«, fragt sie mich. »Es lief wirklich gut.« Sie macht ein vergnügtes Gesicht. »Hast du auch aufgepasst?«

Je nach Tageszeit und Blickwinkel wechselt Tante Yunxi das Alter, ist mal fünfzig, mal hundert. Sie ist nie krank. Seit ich sie kenne, hat sie noch nicht mal geniest. Vor neun Jahren stand sie auf einmal vor unserer Tür: 1994, als mein Vater uns verließ. Meine Mutter hätte nie um Hilfe gebeten oder zugegeben, dass es ihr nicht gut geht. Sie ist zu stolz. Aber Yunxi wusste es einfach. Vielleicht schwesterliche Intuition. Sie war um die halbe Welt gereist und tauchte plötzlich in unserem Leben auf. Eine winzig kleine, nicht mehr junge Singapurerin, die ganz allein mit der Transsibirischen Eisenbahn gefahren war. Außer einem zerbeulten Rattankoffer und einem lila Schirm brachte sie nichts mit.

In Wahrheit ist meine Tante Yunxi halb Frau, halb Geige. Sie gibt hohe Töne von sich, ist dünn und steif wie ein Brett. Sie streckt die Arme von sich, als würden sie gar nicht zu ihr gehören. Das kommt zum Teil vom Rheumatismus, zum Teil ist es affektiertes Getue. Sie ist schlau, sie ist schrill. Doch hin und wieder ist sie in der Lage, betörend klare, hinreißend süße Töne von sich zu geben. Sie ist die Einzige, die mir Geschenke kauft. Mein Vater erzählte mir von ihr, als ich noch ganz klein war, lange, bevor ich sie kennenlernte.

»Deiner Mutter ist es wahrscheinlich unangenehm, deswegen erzählt sie dir nichts davon«, sagte er. »Oder sie meint, du bist zu klein und verstehst das noch nicht. Aber ich glaube, du verstehst das sehr wohl.«

Er erzählte mir, der Name Yunxi sei ausgedacht. In Wirklichkeit sei sie gar kein Mensch, sondern eine kostbare Violine, die Lipinski-Stradivari, die einzige nicht verliehene Stradivari in ganz Südostasien. Von denen gibt es nur noch so wenige auf der Welt, sagte er, dass man sie an einer Hand abzählen kann, und jedes Exemplar ist handsigniert und nummeriert. Meine Mutter hatte das kostbare Stück bei einer Musikakademie gestohlen (natürlich wollte ich wissen, wie sie das angestellt hatte, aber mein Vater tat das als unwichtig ab) und das Instrument als Frau verkleidet, als die ältere Schwester, nach der meine Mutter sich immer gesehnt habe. Und so verwandelte sich die Violine in eine Frau mit krausen, weißen Haaren, Altersflecken im Gesicht und Fingern, die so dünn und zerbrechlich wirken, als könnten sie jeden Moment abfallen.

»Und das ist nicht geflunkert«, sagte er und tippte sich an die Nase.

Mein Vater liebte alte Möbel. Viele Jahre lang arbeitete er bei einem Antiquitätenhändler als Restaurator. Als er beim Toto gewann, brauchte er nicht mehr zu arbeiten, aber Antiquitäten waren und blieben seine Leidenschaft. Über seinen weitschweifigen, schwärmerischen Erklärungen, wie man einen Eckstuhl herstellte und woher das Holz dazu stammte, schlummerte ich oft friedlich ein. Alles Glatte war einmal raues Rohmaterial. Kernholz war hart und schwer. Aus Mahagonibrettern tropften die Säfte. Trompetenbäume reckten sich bis in den unvorstellbaren Himmel Thailands. Dad verbrachte so viel Zeit in seiner Werkstatt, dass er immer nach Hobelspänen und etwas Betäubendem roch, das ich später als Lösungsmittel erkannte. Mein Vater hatte einen ganz eigenen Duft, das weiß ich noch genau. Wachs und Holz und verschwitzte Krägen, Bier. Als ich acht war, fuhr er eines Tages weg und kam nicht wieder. Er verschwand so endgültig, dass es schien, als habe er lange über das Wegwollen nachgedacht, als hätte es in seinem Kopf vor sich hingeköchelt wie eine Knochenbrühe. Oder war es ihm etwa gar nicht schwergefallen?

In meinen Träumen ist mein Vater so wirklich wie in meinen Erinnerungen. Wenn ich ihn gesehen habe, wache ich verärgert und innerlich gewärmt zugleich auf. Er hat eine schlechte Haltung, ist weder groß noch klein und hat ein breites, pockennarbiges Gesicht mit einer Sorgenfalte zwischen den Augenbrauen. Er fragt meine Mutter ständig mit gesenkter Stimme auf Chinesisch, was sie denn hat. Irgendetwas hatte sie immer. Probleme mit sich selbst, mit meinem Vater, mit mir. Seine Stimme klingt wenig überzeugend. Denn ich habe natürlich nur eine vage Vatervorstellung, die auch noch größtenteils aus den Soaps geborgt ist. Tonaufnahmen von ihm gibt es nicht. Die Stimme vergisst man immer zuerst. Danach kommen die Redewendungen, die besonderen Ausdrücke. Was war scherzhaft gemeint, was ernst? Was man behält und was man vergisst, kann man sich nicht aussuchen. Im Laufe der Zeit gewinnen sogar alberne Lügengeschichten an Bedeutung, und sie wuchert auf ihnen wie der Schimmel auf den Früchten im Obstkorb.

* * *

Wenn jemand nachfragt, was meine Mutter und Tante Yunxi genau machen, soll ich das Folgende sagen: Sie arbeiten zu Hause und führen einen Kleinbetrieb ohne Angestellte. Sie bieten holistische Wellnessleistungen an, unter anderem transformatives Coaching und Mind-Body-Praktiken. Meine Tante hat sich viele dieser Praktiken auf ihren Reisen in China, Indien, Nepal und der Mongolei angeeignet. Nähere Einzelheiten kann ich nicht nennen, weil die Sitzungen je nach Kundenwunsch unterschiedlich verlaufen.

Meine Mutter und meine Tante verkaufen Hoffnung. Die Tatsache, dass die Leute zu ihnen kommen, garantiert ihren Erfolg bereits zur Hälfte – die Kunden wollen an das glauben, wofür sie zahlen. Uns auszuwählen, unsere Adresse zu notieren, sich von der Sackgasse nicht abschrecken zu lassen, suchend die Einfahrt heraufzukommen, das erfordert bereits eine übergroße Menge an Zuversicht. Man könnte es auch Verzweiflung nennen. Ein letzter Versuch mit dem letzten Mittel. Der Großteil unserer Kundschaft möchte von der vertrauten Stimme eines Verstorbenen getröstet werden. Sie fühlen sich alleingelassen und möchten, dass ihnen jemand sagt, was sie als Nächstes tun sollen. Sie gehen davon aus, dass das Jenseits weise Voraussicht bietet.

Nur zweimal hatten wir den Fall, dass Kunden sich beschwert und Tante Yunxi des Schwindels bezichtigt haben. Wutentbrannt warfen sie eine Handvoll Fünfzig-Dollar-Scheine auf das antike Tischchen und stürmten aus unserem niedrigen Haus. Beide Male verspürte ich die herzklopfende Begeisterung der Zuschauerin, wenn bei einer Vorstellung etwas richtig schiefgeht. Tante Yunxi ist ein echter Profi. Sie wird nie laut. Sie klingt immer, als habe sie recht.

»Es tut mir leid, dass Sie so empfinden.«

Antwort: »Sie sind eine Betrügerin! Das Ganze ist doch Humbug.«

»Mit dieser Art von Energie können wir nicht arbeiten.«

Antwort: »Alles erstunken und erlogen!«

Ihre Flüche und bösen Worte lassen die Kundinnen und Kunden ausschließlich auf Yunxi niedergehen. Es fällt ihnen leichter, die Stimme gegen dieses bleiche Frauchen mit den besenstieldünnen Armen und dem verkniffenen Gesicht zu erheben. Meine Mutter trifft der Ärger nie, weil sie das geringste Anzeichen von Ärger – ein kritischer Blick, eine erstickte Stimme – zum Anlass nimmt, sich mit den gemessenen Schritten einer Tänzerin zurückzuziehen. Als ich klein war, versuchte sie, mir diese Rückwärtsschritte auch beizubringen, aber mit neun rannte ich schon ständig alles Mögliche um, und dann wuchs ich unaufhörlich, und schließlich kamen noch die Pubertät und mein schlurfender Gang dazu.

* * *

Das Schaben eines Stuhls schreckt mich auf, ich husche aus dem Flur und in die düstere Küche. Ich habe die Strümpfe ausgezogen, und die Fliesen sind kalt unter meinen Zehen. Ich starre in unser großes, ungepflegtes Aquarium. Der Großaugen-Croaker und die beiden Grunzer öffnen und schließen die Mäuler und lassen die silbernen Flossen im trüben Wasser blitzen. Der Milchfisch stirbt; seine Augen haben sich seltsam rot verfärbt, und er schwimmt so langsam und schwerfällig, als könne er jeden Augenblick abkratzen.

Ich öffne die Kühlschranktür, als meine Tante mit der Kundin auf dem Flur vorbeikommt.

»Aber wird sich denn etwas ändern?«, fragt die Kundin auf Chinesisch. »Wird es mir bessergehen?« Ihre Stimme zittert. Ich bringe es nicht über mich, sie anzusehen.

»Es ändert sich etwas«, antwortet meine Tante mit ihrer geschauspielert weisen Stimme. »So hält es der Mond, und auch das Licht und der Fluss machen es so. Veränderung ist das Einzige, was immer gleich bleibt.«

Ich verdrehe die Augen beim Blick in den zum Bersten vollen Kühlschrank. Meine Tante kocht für ihr Leben gern. In Zeitung gewickeltes grünes Blattgemüse, eingeschweißte chinesische Würstchen, gewölbte Tofukissen. Vom Markt: rote Datteln in einer widerlich rosa Lake, Garnelenpaste in kleinen Gläsern. Das schaue ich mir aber alles nur an. Ich nenne das die Augapfel-Diät. Gymnastik für die Guckerchen. Nur angucken schadet nicht. Manchmal kneife ich in die Nahrungsmittel, massiere den Tofu, pike ins Schweinefleisch, trommle auf die majestätische Khon-Guan-Keksdose. Mehr nicht. Ich starre so lange, bis alles vor meinen Augen verschwimmt.

»Na, Kind. Wie ist es dir heute ergangen?«, fragt meine Mutter.

Ich klappe den Kühlschrank zu und drehe mich um. Sie trägt einen blauen Pyjama – ein fadenscheiniges Seidenoberteil und eine ausgefranste, lange Hose. Ihr Gesicht ist schmal und blass. Sie brauchte noch nie Diät zu machen.

»Ging so«, gebe ich zurück. Ich erwidere ihren Blick nicht.

»Ich denke dran«, sagt meine Mutter. »Nur falls du gedacht hast, ich hätte deinen Geburtstag vergessen.«

Sie kommt zu mir und drückt ihren Kopf an meinen Hals. Ich zucke zusammen. Ihre Wange ist auf Höhe meiner Schulter. Sie legt die Arme um mich und knetet meinen Speck. Ihre spitzen, roten Fingernägel bohren sich in meine Schuluniform. Wäre der Schmerz nicht, würde ich so viel Nähe gar nicht für möglich halten. Wie wahnsinnig schmal ihre Handgelenke sind: schmaler als jedes Uhrenarmband, wie ein sonderangefertigter Armreif. Wie kann diese Frau mich jemals in sich getragen haben? Sie schrumpft Tag für Tag; sie wird nicht nur dünner, sie verliert an Dichte. Bald wird sie sich völlig aufgelöst haben, und ich werde mich nicht mal mehr an ihren Umriss im Türrahmen erinnern.

»Tante Yunxi hat eine Überraschung für dich«, sagt meine Mutter an meiner Schulter. Ich wage nicht, mich zu bewegen, aus Angst, sie umzuwerfen. Ich bekomme keine Luft mehr in der seltsamen Umarmung.

»Was denn?«

»Das wirst du gleich sehen«, sagt meine Mutter.

Sie scheucht mich in mein Zimmer. Das hereinströmende Sonnenlicht wirft einen Trichter tanzender Staubflocken auf mein Bett, in dessen Mitte eine rechteckige, weiße Schachtel steht. Lang und schmal wie ein Puppensarg. Ich versuche, die fest um die Schachtel gewundene blaue Schleife zu lösen, aber ich bekomme den Knoten nicht auf und muss die Schere nehmen. Ich öffne den Deckel und schiebe die Seidenpapierschichten beiseite. Etwas, an das so schwierig heranzukommen ist, muss teuer gewesen sein.

Ich höre, wie meine Tante Yunxi durch den Flur kommt. Lächelnd, mit vielen Krähenfüßen um die Augen, steckt sie den Kopf zur Tür herein.

»Los, pack’s aus«, fordert sie mich auf, und meine Finger werden noch unbeholfener. Das Kleid ist ordentlich und akkurat zusammengefaltet. Ich halte es hoch ans Licht – es wiegt überraschend viel. Babyrosa, in der Taille gerafft; das Mieder ist mit weißen Glasperlchen bestickt, die wie echte Perlen aussehen sollen. Tante Yunxi tritt zu mir und drückt das Kleid der Länge nach gegen meinen Körper. Es geht mir bis zu den Knien. Der glänzende Stoff fühlt sich steif und kratzig auf der Haut an. Es erinnert an ein Kleid, wie man es oben auf einer Hochzeitstorte vorfinden würde, an einer Plastikprinzessin ohne Beine mit viel feinem, goldenem Haar. Ein Kleid, von dem eine Sechzigjährige glaubt, dass Teenager so etwas tragen.

Meine Mutter und Tante Yunxi halten den Blick auf mich gerichtet, während ich mich umdrehe und aus der Schuluniform zu schlüpfen versuche. Mit dem Arm bleibe ich in der Bluse hängen; mehrere Sekunden lang frage ich mich, ob ich auf ewig mit meiner verschwitzten Haut im zu engen Polyester feststecken werde, während aus jeder meiner Poren Kartoffelgestank dringt.

»Eine junge Dame braucht ein hübsches Kleid«, sagt Tante Yunxi und zieht mir den Reißverschluss zu, als ich mich hineingewunden habe. Ich kriege keine Luft. Ich schwitze, und mein Gesicht ist rot. Gleich breche ich in Tränen aus. Meine Mutter steht zu meiner Linken und beobachtet mich im Spiegel, wie ich mich selbst betrachte. Das Kleid passt nicht. Mein Körper wirkt darin zu lang und zu dick zugleich. Es hat die Farbe alter Zuckerwatte, liegt an meinem Bauch zu eng an und steht an der Hüfte ab. Der helle Stoff des Rocks lenkt den Blick auf den Schorf an meinen Knien.

Ich betrachte mich im Spiegel, vermeide aber den Blick in meine Augen.

»Was ist los?«, fragt meine Mutter. Was sie mit dieser Frage wirklich meint: Was ist mit dir los?

»Gefällt’s dir oder nicht?«, will Tante Yunxi wissen. »Das ist der moderne Stil. Habe ich für dich bei Golden Mile gekauft.«

»Ja, es gefällt mir!«, lüge ich. »Es ist echt hübsch.«

»Na dann«, sagt meine Mutter. »Und jetzt bedank dich bei deiner Ah Yi.«