Eine evangelische Gemeinde
im Nationalsozialismus
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Morphart Creation/shutterstock.com (296)
Coverillustrationen:
Igor Marusichenko, Channarong Pherngjanda/shutterstock.com
Grafik, Satz und Produktion: Tanja Kühnel
Lektorat: Martina Schneider
eISBN 978-3-7025-8069-8
Auch als gedrucktes Buch erhältlich
ISBN 978-3-7025-0954-5
www.pustet.at
Meiner Frau
Ursula Lindenmeyer-Reitter
gewidmet,
die den Anfang meiner Arbeit für dieses Buch
noch erlebt und begleitet hat.
Zur evangelischen Jugend in der Christuskirche
kamen nicht Widerstandskämpfer,
sondern Leute, die Befehle satthatten.
Walter Joelsen (2018)
War es doch so, dass die nationalsozialistische
Bewegung und der Kommunismus resp.
Bolschewismus in Deutschland liefen
wie zwei Rennpferde auf der Rennbahn.
Kopf an Kopf liefen sie nebeneinander,
lange wusste man nicht, wer Sieger blieb.
Pfarrer Ernst Kutter (1933)
Ich bin ein alter Mann
und habe nicht mehr weithin zum Ende.
Ich weiß, dass Sie alles,
was Sie hier tun, einstmals vor Gott,
dem Richter, verantworten müssen.
Ich beneide Sie nicht darum.
Oberkirchenrat Karl Baum
zum NS-Einsatzleiter
der Besetzung des Landeskirchenrats (1934)
Vorwort von Pfarrer Ulrich Haberl-Wieberneit
1 |Kälte. Innen. Außen.
2 |Abschied. Einer. Zwei. Viele.
3 |Deutsche und andere Grüße.
4 |Nationalsozialismus. Bolschewismus.
5 |Jugend.
6 |Ehestreit. Katholisch. Evangelisch.
7 |Männer. Bildung.
8 |Joelsen. Heimat. Hilfskirchner.
9 |Glocken. Ausgeläutet.
10 |Platz. Für alle.
11 |Kirchenkampf.
12 |Fahrräder. Für die Diakonissen.
13 |Krieg.
14 |Streit über die Klinikseelsorge. Raumnot.
15 |Not. Hilfe.
16 |Nichts gewesen. Nichts.
17 |Alles neu. Alles neu?
18 |Im Archiv. Notizen zu diesem Buch.
19 |Anhang.
Durch eine Seitentür des Kirchenschiffes, dann die enge, steile Treppe hinauf, die Tür aufsperren, Regale, der alte Holzschrank in der Ecke. Die Luft ist staubig, Geruch nach altem Papier. Ich kenne den Archiv-Raum seit 2005, als ich Pfarrer an der Christuskirche in München-Neuhausen wurde. Aber erst im Sommer 2016 habe ich begriffen, dass er eine Schatzkammer ist.
Ein paar Jahre zuvor hatte eine Handvoll Engagierter die „Stiftung Christuskirche“ gegründet. Es machte uns Freude, Teil einer lebendigen Evangelischen Gemeinde zu sein. Und die Stiftung sollte helfen, diesen Ort für kommende Generationen zu erhalten. Ziel so einer Stiftung ist natürlich, Geld zu sammeln. Für uns im Stiftungsvorstand ist das unauflösbar mit einer zweiten Zielsetzung verbunden: Wir wollen begreifbar machen, was für ein „Wert“ uns mit dieser Kirche anvertraut ist. Das hat mit der großen brillanten Orgel zu tun und mit den faszinierenden Glasfenstern der Apsis, vor allem aber mit Geschichten.
Seit dem ersten Advent 1900 haben Menschen in der Christuskirche gesungen und geschwiegen, geweint und gelacht, gebetet, gezweifelt, gefeiert. 2016 kamen wir auf die Idee, im Archiv nach schriftlichen Zeugnissen dieses Lebens zu suchen. Ich stieg die Treppe hinauf ins staubig-stickige Zimmer und zog ein faszinierendes Dokument nach dem anderen aus den Regalen und dem alten Schrank. Begeistert stellte ich einige der – nicht systematisch, sondern zufällig entdeckten – Funde für eine Lesung zusammen. „116 Jahre Christuskirche – Gemeinde im Wandel“. Besonders berührend: Briefe, Predigten und Protokolle aus der Zeit des Nationalsozialismus. Im Stiftungsvorstand waren wir uns einig: Irgendwie müssen wir die Schätze aus dem Archiv, diese Dokumente von Mut und Verblendung, Anpassung und Widerstehen neu zugänglich machen. Sie stehen ja nicht nur für die Bewährungszeit einer bestimmten Münchner Kirchengemeinde. Sie erzählen exemplarisch vom Evangelischen Glauben in der nationalsozialistischen Diktatur.
Ein paar Monate später lernte ich Christoph Lindenmeyer kennen, der in München-Neuhausen lebt und Gemeindeglied der Christuskirche ist. Gerade war sein Buch über die Vertreibung der Salzburger Protestanten erschienen, „Rebeller, Opfer, Siedler“, das er mir freundlicherweise zur Lektüre überließ. Mich faszinierte schnell, wie der Autor Originalquellen aus dem 18. Jahrhundert mit prägnanten Zwischentexten zu einer großen Erzählung komponiert. Mir gefiel, wie er eigene Urteile vermeidet, wie so die Personen hinter den Quellen erkennbar werden, oft in Widersprüchen, deshalb so lebendig. So sollte auch die Geschichte unserer Christuskirche im Nationalsozialismus erzählt werden.
Und dann hatten wir einfach Glück. Im Auftrag der Stiftung bat ich Christoph Lindenmeyer, uns jemanden zu empfehlen, der unser Archiv durchforsten und Funde präsentieren könnte. Nach einigen Wochen bot er uns an, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. Bald war er im Besitz der Kirchenschlüssel, stieg – inzwischen war es Frühling geworden – die steile, enge Treppe nach oben. Im Nachwort kann der Leser ihn auf diesem Weg begleiten.
Aber zuvor gilt es, Menschen kennenzulernen: Die Pfarrer Ernst Kutter und Kurt Frör, einig in der Ablehnung der totalitären NS-Ideologie; bis aufs höchste angespannt in dem Versuch, ihren Überzeugungen treu zu bleiben und zugleich pragmatische Lösungen für das Gemeindeleben zu finden; dünnhäutig und unversöhnlich im Konflikt miteinander. Neben den Pfarrern viele Menschen, die ihren Weg suchen: Austrittserklärungen überzeugter Nazis und mutloser Mitläufer; Bildungsabende für Männer, die den „nationalen Aufbruch“ vom Glauben her beurteilen wollen; ein großes Engagement in der Armenfürsorge, Familien, die Kostkinder bei sich aufnehmen oder die Kinderspeisungen im Gemeindehaus finanzieren; ein NS-Polizeikommandant, der ungefragt erscheint, um mit seinem Trupp das von Bomben beschädigte Kirchendach zu reparieren; Soldaten an der Front, die sich über Briefe und Lesestoff aus ihrer Gemeinde freuen; Mitglieder der Evangelischen Jugend, die ungefragt „Hitler-Jungen“ und „Deutsche Mädel“ werden, … Männer und Frauen, herausgefordert in ihrer Menschlichkeit und ihrem Glauben.
In diesem Buch werden sie weder be- noch verurteilt, schon gar nicht von oben herab aus allwissender Perspektive 80 Jahre später. Dieses Buch erzählt ihre Geschichten. Nein, eigentlich erzählen uns die Menschen selbst ihre Geschichten. Sie tun das in Worten, die im historischen Abstand oft fremd anmuten, nicht immer einfach zu verstehen. Trotzdem kommen wir ihnen nah, begreifen, wie schwer es war, unter der Knute der Diktatur Christ zu sein und Mensch zu bleiben, und erleben, wie doch in mutigen Momenten Menschlichkeit und Glaubensstärke aufstrahlen.
Die Lektüre hat mir auch deutlich gemacht: Heute führen wir die gelesenen Geschichten mit unserem Gelingen und Scheitern weiter. Bleibt zu hoffen, dass Spätere – und der Eine, der über allem ist – auch uns nicht nur beurteilen, sondern in den Widersprüchen unseres Lebens verstehen werden.
Ulrich Haberl
Pfarrer an der Christuskirche
Mitglied im Vorstand der „Stiftung Christuskirche“
Über den Birnbaum gibt es eigentlich nichts zu berichten.
Er steht im Pfarrgarten am Dom-Pedro-Platz 5. Die herbstlichen Böen und der Feuersog der Luftangriffe auf München-Neuhausen fegten wahrscheinlich die vertrockneten, angesengten Blätter bis zur Braganzastraße und gegenüber an den Zaun in der Dom-Pedro-Straße. Den Winter, den Frühling, den Sommer und den einsetzenden Herbst hat er sicher gut überstanden. Die Erntedank-Festumzüge und die Aufmärsche der Nationalsozialisten.
Über diesen Birnbaum wäre also nichts zu sagen, außer dass es ihn in diesem Jahr 1945 immer noch gibt und dass ihn vielleicht jene Menschen besonders mögen, die unter seinen Ästen verweilten. Die evangelische Christuskirche ist eine Ruine, schon seit einem Jahr. Ausgebrannt: das Kirchenschiff mit dem Altar, die Orgel, die Empore. Der Dachstuhl zerstört. Die Haube des Kirchturms. Von innen ist die Sicht zum Himmel ungestört. Zwei Glocken des Kirchturms waren längst auf Befehl des NS-Beauftragten für den Vierjahresplan, Generalfeldmarschall und Reichswirtschaftsminister Hermann Göring, beschlagnahmt und abtransportiert worden: Und zwar durch die „Anordnung zur Durchführung des Vierjahresplans über die Erfassung von Nichteisenmetallen“ vom 15. März 1940, vom Evang.-Luth. Landeskirchenrat, die im vertraulichen Schreiben an die Pfarrämter und exponierten Vikariate der Evang.-Luth. Kirche in Bayern mit Nachdruck noch einmal bekannt gemacht worden war. Die Kosten dafür übernahm die Reichsstelle für Metalle. An den Glockenklöppeln bestand offensichtlich kein Interesse. Sie blieben zurück. Bis Dezember 1942 lag dem Pfarramt der Christuskirche keine Bescheinigung über die Beschlagnahme der „Metallspende“ vor, wie sie von den Behörden zugesagt worden war. Erst 1943 hatte die Reichsstelle für Metalle und in deren Auftrag die örtliche Kreishandwerkerschaft eine Empfangsbestätigung vorgelegt. Sie war immer wieder vergeblich angemahnt worden.
In der apokalyptischen Stadtlandschaft der einstigen „Hauptstadt der Bewegung“, dem jetzt völlig zerstörten München, steht also dieser Birnbaum im Jahr 1945, über den im Archiv des Pfarramts der Christuskirche keine Beschreibung vorliegt. Niemand hat ein Gedicht über den Baum geschrieben. Niemand einen Liedtext verfasst. Warum auch? Der Birnbaum ist vorhanden, hat vielleicht im Herbst Birnen abgeworfen. Es gibt unzählige Birnenarten, auch die Pastorenbirne, aber wir wissen nicht, ob am Baum Geißhirten- oder Williamsbirnen wuchsen, Sommer- oder Herbstbirnen oder auch Winterbirnen. So lange der Birnbaum im Pfarrgarten steht, spielt er keine Rolle. Vielleicht auch trägt er gar keine Birnen mehr. Vielleicht ist sein Astwerk längst morsch. Es gibt jetzt – weiß Gott! – ganz andere Probleme. Da interessiert sich doch niemand für einen Baum im Pfarrgarten.
Aber heute, am 26. November 1945, entdeckt Pfarrer Kutter, seit 1929 zunächst 3. Pfarrer in der Gemeinde, dass dieser Baum gefällt worden ist. Ein unglaublicher Vorgang, und jetzt wird er zum Streitobjekt zwischen dem 1. Pfarrer der evang.-luth. Christuskirchengemeinde, München-Neuhausen, Kirchenrat Ernst Kutter und dem gerade in die Stephanusgemeinde in Nymphenburg berufenen, bisherigen Seelsorger des 2. Pfarrsprengels, Kurt Frör. Darüber müsste nicht unbedingt berichtet werden. Wen geht dieser Streit vor Jahrzehnten schon etwas an?
Aber so ganz privat ist die Sache nicht. Denn der Streit um den Birnbaum zeichnet das Psychogramm von Persönlichkeiten, die ganz andere Sorgen haben, und er beschreibt die Not der Zeit. Die Nerven liegen blank. Die soziale und seelsorgerliche Lage in der Gemeinde kommt einem Notstand gleich. Der Schock über die Kapitulation des einstigen Großdeutschen Reichs ist bei vielen Menschen stärker als die Freude an der Befreiung, es ist kalt, es gibt zu wenig Heizmaterial, und die meisten Menschen hungern, auch in dieser Gemeinde. Die Namensliste der im Krieg und bei den Luftangriffen ums Leben gekommenen Gemeindeglieder wächst und wächst, andere sind noch immer vermisst. Niemand weiß, ob sie noch am Leben sind. Die Angst vor Denunziation und Verfolgung wandelt sich, sie bleibt, aber jetzt hat sie andere Motive. Die Arbeit in der Gemeinde ist kaum noch zu schaffen, die finanziellen Mittel sind knapp. Der Dauereinsatz gilt für die Pfarrer, die Mitglieder des Kirchenvorstands, die Diakone oder deren Vertreter, die Gemeindeschwestern und die vielen Helferinnen und Helfer in der Nähstube, im Besuchsdienst, in der Frauen- und Männerarbeit, in der Jugendarbeit der Pfarrgemeinde. Pfarrer Kutter organisiert und schreibt und organisiert und schreibt: an seine Gemeindeglieder in Kriegsgefangenschaft, so wie er ihnen immer zuverlässig Briefe und Literatur an die Front geschickt hatte, er schreibt an die US-Besatzungsbehörden, an die Familien von Gefallenen, an städtische Ämter, an seine vorgesetzten landeskirchlichen Institutionen, an Freunde, Mitarbeitende und Kollegen, an Handwerksbetriebe und Organisationen. Das Dritte Reich existiert nicht mehr, nur in vielen Köpfen wuchert es weiter, und die Bürokratie dieser frühen Jahre sorgt dafür, dass die Schreibmaschinen im Pfarramt fast ununterbrochen im Einsatz sind. Es ist – weiß Gott! – genug zu tun. Und trotzdem schreibt Pfarrer Kutter seinem Kollegen Kurt Frör einen Brief. Er ist empört. Er ist zornig. Denn es geht um diesen Birnbaum im Pfarrgarten, der nicht zum Privatbesitz zählt. Pfarrer 1 schreibt an Pfarrer 2:
Ich sah erst heute, dass im alten Pfarrgarten ein grosser Birnbaum gefällt wurde und dass er von Dir für Deinen persönlichen Gebrauch aufgearbeitet wird.
Ich halte das nicht für recht. Du bist weder nach der Abberufung noch unmittelbar vor der Abberufung berechtigt, den Baum zu fällen und das Holz für Deine eigenen Zwecke mitzunehmen. Du hast den Baum nicht gepflanzt. Du könntest sagen: „Aber ich habe während meiner Amtszeit andere Bäume gepflanzt und nehme nun diesen Baum für die gepflanzten Bäume mit.“ Aber die während Deiner Amtszeit gepflanzten Bäume wurden auf Kosten der Kirchenstiftungskasse gepflanzt. Sie sind daher ebenso Eigentum der Pfarrpfründe wie der gefällte Baum. Ich will keine Staatsaktion aus der Sache machen, aber ich möchte es Dir doch sagen, dass ich Dein Handeln als nicht recht empfinde.
Zur Erinnerung: Pfarrer Kurt Frör, 2. Pfarrstelle der Christuskirchengemeinde, hatte keine Entscheidungsgewalt mehr in der Gemeinde der Christuskirche. Schon gar nicht über Arbeiten im alten Pfarrgarten. Doch Frör wehrt sich gegen solche Vorwürfe.
In Deinem „brüderlichen Schreiben“ scheinst Du mir doch sehr mit zweierlei Mass zu messen. Bekanntlich hast Du Holz vom Dachstuhl des Gemeindehauses, das Eigentum der Kirchenstiftung ist, an die Familien des Gemeindehauses verteilt, ohne dass sie dafür etwas bezahlt haben. Ich will nicht davon reden, dass Du mich dabei übergangen hast, obwohl Du seinerzeit das Abfallholz aus dem 2. Pfarrhaus auch an alle verteilt hast. Umso mehr aber hättest Du Anlass gehabt, dann mir den alten morschen Baum zu überlassen, der wie jenes Holz Eigentum der Kirchenstiftung ist. Nachdem die Sache aber einmal zur Sprache gekommen ist, will ich nicht als einer erscheinen, der sich zu guter Letzt an dem Eigentum der Kirchenstiftung unrechtmässig bereichert. Ich habe mir von der Gärtnerei Danner eine Aufstellung geben lassen über die Preise, die im Durchschnitt für die seinerzeit von mir auf Rechnung der Kirchenstiftung neu gepflanzten Obstbäume gelten. Der Preis eines Baumes erreicht im Höchstfall 5 Mark. Die Aufstellung liegt bei. Ich werde daher der Kirchenstiftung den Betrag von 5.- Mk. überweisen für einen der damals gesetzten Obstbäume, damit ich den Ersatz für den gefällten Baum aus der eigenen Tasche bezahlt habe.
So schreiben sich die Kollegen „mit amtsbrüderlichem Gruß“ ihren Ärger vom Leib. Am 30. November 1945 antwortet Ernst Kutter:
Zu Deinem persönlichen Schreiben teile ich Folgendes mit. Zunächst lehne ich es ab, dass der Baum, welchen Du hast fällen lassen zu einer Zeit, da Du kein Recht mehr an dem Garten hattest, mit 5 Mark bezahlt werden soll. Ich nehme das Geld nicht an. Was hier geschehen ist und wie es nun beglichen werden soll ist echte Frörsche Unverfrorenheit.
Zu den anderen Darlegungen teile ich Folgendes mit.
Das Brandholz vom Dachstuhl des Gemeindehauses ist mit Zustimmung aller Hausbewohner nach Befragung des Kirchenbauamtmannes an die Hausbewohner des Gemeindehauses verteilt worden. Ein Teil wurde ausgenommen und für gemeindliche Zwecke reserviert. Die Bewohner des Gemeindehauses hatten ein Anrecht auf dieses Holz, da die Zentralheizung, die nicht genügend durchgeführt werden konnte und nun ganz ruht, trotzdem monatlich bisher mit der Miete weiterbezahlt wurde. Ich habe seinerzeit ausdrücklich die Frage besprochen, ob der 2. Pfarrer auch Anteil an der Verteilung dieses Holzes bekommen soll. Sie wurde verneint. Das Abfallholz des 2. Pfarrhauses wurde zum allergrössten Teile vom 2. Pfarrer selbst genommen. Das lässt sich noch feststellen von dem Holz, welches der 2. Pfarrer reserviert hat in dem neuen dem Konfirmandensaale liegenden Zimmer. Das seinerzeit gerecht verteilte Abfallholz stammte zum allergrössten Teile von der zerstörten Kirche. Ich stelle fest: Am besten bei der Holzverteilung ist jedenfalls der 2. Pfarrer weggekommen, der selbst dafür sorgte.
Nun noch ein nicht brüderliches, sondern ein menschliches Wort zu der ganzen Angelegenheit. Die Handlungsweise, dass ich nach Antritt meiner neuen Pfarrstelle einen grossen Baum fällen lasse in mir nicht mehr zustehendem Grundstück und den Holzwert dieses Baumes dann mit dem Werte eines ganz kleinen Baumes begleichen will und das alles erst auf einen freundlichen Wink hin, erinnert mich stark an nicht arische Handlungsweise. Mir kommt es hier nicht auf das Holz an, auch nicht auf die Begleichung des Holzwertes, sondern darauf, dass hier eine Handlungsweise vorliegt, welche ich nicht stillschweigend übergehen durfte. Ich versuchte sie in brüderlicher Weise darzulegen. Du hast in die Sache einen anderen Ton hineingetragen.
Es hätte für mich einen Reiz, diesen Ton aufzugreifen und auf vergangene Zeiten zurückzugreifen und sie einmal auf Tapferkeit und auf Feigheit zu prüfen, auf Ehrlichkeit und das Gegenteil. Aber ich höre immer wieder einen anderen Ton: „Lass Dich nicht das Böse überwinden, sondern überwinde das Böse durch Gutes.“ Darum will ich weiter ringen, aber es könnte doch einmal notwendig werden zu reden, anstatt zu schweigen. Das aber darf ich wohl einmal sagen. Ich habe in schweren Augenblicken Deines Lebens unter Hintansetzung meiner Person zu Dir gestanden. Hätte ich damals nicht gewagt, Du wärest verloren.
Pfarrer Ernst Kutter und Pfarrer Kurt Frör: Sie standen in klarem Gegensatz zur „Weltanschauung“ des Nationalsozialismus, der eine später, der andere von Anfang an. Der Ältere, Ernst Kutter, brauchte Zeit, um für sich die Nazi-Ideologie und ihren Führerkult zu entmythologisieren, aber es gab niemanden in der Gemeinde, der ihm eine Nähe zum NS-Regime nachgesagt hätte – im Gegenteil: Kutter, mehrfach von Hausdurchsuchungen durch die Gestapo betroffen, musste sich gegen Denunzianten wehren, die ihm vorwarfen, in seiner Arbeit als Pfarrer aktiven Widerstand zu leisten. Der Jüngere, Kurt Frör, war seit Beginn in der Pfarrbruderschaft, in der Bekenntnisgemeinschaft, der späteren Bekennenden Kirche aktiv und stand in einer schroffen Ablehnung des „Deutschen Christentums“, wie es von den Nationalsozialisten theologisch und organisatorisch gewaltsam etabliert worden war. Der jüngere Pfarrer, mehrfach in Haft, wirkt in seinen Briefen aufbrausend. Ungeduldig. In jedem Fall: leidenschaftlich und zornig. Dabei hatte ihn Kutter immer wieder, wie er schreibt, vor Schlimmerem bewahrt.
Wie der Streit um den Birnbaum im Pfarrgarten endete? Die Korrespondenz im Archiv der 1. Pfarrstelle in der Christuskirchengemeinde ist nicht vollständig. Nur eines ist sicher: Der Birnbaum wurde verheizt. So oder so. Der Zorn verrauchte auf beiden Seiten nicht so schnell, zumal es noch ein anderes Problem gab. Darüber soll später berichtet werden.
Mit deutschem Gruß!
Heil Hitler!
1936 sind die Grußformeln in Briefen an das Stadtpfarramt der Christuskirche längst eindeutig. Ferdinand S. aus der Schluderstraße ersucht das Pfarramt am 10. Juni 1936, „mir Austrittsschein aus der evangelisch-lutheranischen Kirche zuzusenden“. Der Mann gehört der SA an. Man weiß, dass er sich – wie der Gemeindediakon Georg Mayer notiert – dem „Rosenberg’schen Geist vollständig verschrieben“ hat. Der SA-Mann begründet seinen Brief mit der Formel Austritt erfolgt aus gegebener Veranlassung, bevor er unter seinem „deutschen Gruß“ unterzeichnet und den frankierten Freiumschlag erwähnt. Ordnung muss sein. Ordnung nach Art der aufrichtigen Deutschen.
Ende September 1936 trifft neben den inzwischen üblichen, zahlreichen Kirchenaustritts-Schreiben ein ausführlicher Brief eines Gemeindeglieds aus der Olgastraße im Pfarramt Christuskirche ein. Ernst Kutter liest, was Fritz L-S. ihm schreibt:
Unter nachfolgender Begründung sage ich mich von der ev.-luth. Glaubensgemeinschaft los und erkläre meinen Austritt aus der Evangelischen Kirche. Ich ersuche um Bestätigung meiner Austrittserklärung.
In dem vom Führer geschaffenen neuen Deutschland haben sieben große Begriffe wieder eine hohe, heilige Bedeutung erhalten und stehen im Mittelpunkt des geistigen Interesses jedes deutschen Menschen.
Es sind dies die Begriffe: Geschichte, Heimat, Blut, Familie, Rasse, Volk, Staat.
Seit der Christianisierung Deutschlands und noch heute versündigen sich die christlichen Kirchen täglich an den hehrsten Begriffen deutschen Wesens:
Die Geschichte wird gefälscht, die Heimat verraten, das Blut geschändet, die Familie missachtet, die Rasse verleugnet, das Volk belogen, der Staat betrogen.
Einerlei ob Protestantismus oder Katholizismus, beide Kirchen tragen eine große Schuld an dem Unglück des deutschen Volkes: Der Katholizismus, weil er deutsche Art und Tat bewusst und offen bekämpft und der Protestantismus, weil er seit Doktor Martin Luthers Tod zu protestieren aufgehört hat.
Für einen deutschen Menschen, der nicht nur mit dem Kopfe, sondern auch mit dem Herzen denkt und glaubt, ist es unerträglich, einer äußerlichen Religionsgemeinschaft anzugehören und sich zu ihr zu bekennen, die seine idealsten Empfindungen verhöhnt und beschmutzt, oder solchem Frevel tatenlos zur Seite steht.
Ich glaube nicht an einen Gott, der Künder und Rufer seines Wortes duldet, die die Juden, die Söhne des Teufels an seinen reinen Altar führen wollen.
Ich kann nicht an ein Wort glauben, das die Lehre der Gnade und Demut zum obersten Grundsatz hat und das Geschichtsbuch des jüdischen Volkes die „Heilige Schrift“ nennt.
Ja, ich kann mich nicht mehr zu einer Kirche bekennen, die von der Kanzel des Gotteshauses aus gegen den uns von Gott gesandten Führer Adolf Hitler einen feigen Kampf aus dem Dunkel führt und unter dem Namen des großen Deutschen Dr. Martin Luther nicht die Kraft findet, sich zur Einigkeit zu besinnen.
Ich glaube an einen Gott, der ein Helfer des Guten ist und das Böse in allen seinen Formen der Vernichtung und Ausrottung preisgibt. Ich glaube an einen Gott, zu dem ich freien Herzens aufblicken kann und der mir in der Not die Kraft und den Glauben zu kräftiger Abwehr gibt. Die unabänderlichen Gesetze der Natur sind die Hand Gottes, sie sind für die Offenbarung seiner Allmacht, und die Herzen aufrichtiger, treuer, tapfer dankbarer und guter Menschen sind seine edelsten Altäre.
Solches glaube ich als ein nach dem Guten strebender Mensch und als aufrichtiger Deutscher aus ganzem Herzen. Möge mich mein Schöpfer in diesem innigen Glauben bestärken. Dem Deutschen Volk aber möge er die Erleuchtung geben, daß wieder ein wahrer, inniger Gottglauben in seine Herzen zieht.
Am 24. September 1936 verfasst Pfarrer Kutter einen Antwortbrief, in dem er einerseits theologisch argumentiert, andererseits aber klar zu erkennen gibt, dass er einer evangelischen Kirche angehört (wohl auch angehören will), die für den Führer sonntäglich betet. Hitler ist von Gott geschickt. Das glaubt Kutter. Oder er glaubt, dies schreiben zu müssen, um seine Gemeinde vor weiteren frontalen Angriffen der Nationalsozialisten zu schützen. Kutter hat seinen Antwortbrief aus dem Archiv mit seiner Korrespondenz nicht entfernt. Es wäre leicht möglich gewesen. So wissen wir, welche Botschaft er in die Olgastraße 4/2 zurückschickte.
In Erwiderung Ihres Briefes vom 19.9.36 teile ich Ihnen folgendes mit: Über dem Gott, den Sie sich nach Ihrem Gutdünken zurechtgerichtet haben, steht das Wort aus Goethes Faust: „Du gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht mir.“ Aus Ihrem falschen Gottesbegriff ist es auch begreiflich, daß Sie mit der Offenbarungsurkunde Gottes, der Bibel, und ihrem Gottesglauben nichts mehr anfangen können.
Die Vorwürfe, welche Sie gegen die Kirche erheben, sind alle restlos unwahr.
Es ist unwahr, daß die Kirche von der Kanzel des Gotteshauses aus gegen den uns von Gott gesandten Führer Adolf Hitler einen feigen Kampf aus dem Dunkel führt. Die Kirche betet sonntäglich für den Führer und bekämpft ihn nicht. Was die Kirche dem Führer als ihr Anliegen zu sagen hat, hat sie ihm kürzlich in einer Denkschrift offen unterbreitet. Sie dürfen nicht verwechseln, daß der Kampf, welchen die Kirche gegen Ihren Irrglauben und gegen Ihre Gesinnungsgenossen führt, nicht ein Kampf gegen den Führer ist. Mit Ihrem Irrglauben hat der Führer nichts zu tun. Das beweist klar und deutlich der Abstand, den der Führer von dem Verkünder dieses Irrglaubens, dem Hause Ludendorff genommen hat.
Unwahr ist Ihre Behauptung, daß der Protestantismus seit Luthers Tod aufgehört habe zu protestieren. Wer einen solchen Satz zu schreiben wagt, kennt weder die Geschichte der Vergangenheit, noch der Gegenwart. Die Kirche hat immer ihre warnende und mahnende Stimme erhoben gegen die Sünden unten und oben und hat stets klar und deutlich protestiert gegen alles Fremdländische und Vaterlandslose in deutschen Landen. Aber die evangelische Kirche kennt nicht nur einen Protest, sondern auch ein Zeugnis. Wie Luther nicht nur ein Protestant war, sondern noch viel mehr ein Verkünder des Evangeliums von Jesus Christus, so ist es seine evangelische Kirche auch immer gewesen.
Ihre Behauptung: „In den christlichen Kirchen wird die Geschichte gefälscht, die Heimat verraten, das Blut geschändet, die Familie missachtet, die Rasse verleugnet, das Volk belogen, der Staat betrogen“ ist jeder Satz eine glatte Lüge. Man könnte die Behauptung aller dieser Sätze auf die von Ihnen vertretene Weltanschauung und Lebensrichtung nachweisen, aber es widerstrebt mir, einen geistigen Kampf auf der Linie und mit den Mitteln zu führen, wie Ihre Seite es immer wieder tut und auch Ihr Brief es versuchte.
Ich bin der Überzeugung, daß es besser gewesen wäre, wenn Sie zu einer persönlichen Aussprache zu mir gekommen wären, anstatt einen Brief in so verletzender Tonart zu schreiben. Ich weiß nicht, ob ein aufrichtiger Deutscher, wie Sie es sein wollen, einem anderen Deutschen, der es mit seiner Vaterlandsliebe nicht minder ernst nimmt, seine Glaubensüberzeugung so in den Schmutz ziehen darf, wie es in Ihrem Brief geschieht. Hier wird Volksgemeinschaft radikal zerrissen.
Ihrem Ersuchen, Ihre Austrittserklärung aus der evangelischen Kirche zu bestätigen, kann ich nicht nachkommen, da Sie in der Kartothek unserer Gemeinde nicht eingetragen sind und ich daher nicht weiß, ob Sie der Evang.-Luth. Kirche angehören. Zudem wird der Austritt aus der Kirche seit dem Jahre 1918 rechtsgültig nicht mehr vor dem Pfarramt, sondern vor dem Standesamt erklärt.
Kutter
Kein Gruß. Keine Formel. Kein Vorname des Pfarrers in der Unterschrift. Einfach nur: Kutter! Das klingt wie: Basta! Aber man muss wissen, dass die Erwähnung von Vornamen grundsätzlich fast immer entfiel: Das gilt für kirchliche Schreiben nicht anders als für Briefe und Drucksachen der NS-Behörden.
Auch der städtische Beamte Wilhelm D., Nymphenburgerstraße 178, erklärt in knapper Form zum nächstmöglichen Termin seinen Austritt aus der evangelischen Kirchengemeinde. Heil Hitler! steht über der Unterschrift. Das Münchner Kirchengemeindeamt bittet das Pfarramt Christuskirche, den Antragsteller darauf aufmerksam zu machen, dass ein Kirchenaustritt nur im Standesamt beantragt werden kann. D. tritt übrigens nicht wegen seiner nationalsozialistischen Gesinnung aus der Kirche aus. Aktenvermerk des Pfarramts auf dem Antrag: Es sind die Schulden von nicht bezahlten Kirchensteuern, die zuletzt sämtlich von seinem Beamtengehalt abgezogen wurden. Nun reicht es ihm. Schluss also mit der Kirche. Die Finanzen wieder in Ordnung bringen! Heil Hitler!
Oben der Stempel. Ev. Kirchengemeindeamt. Regist.Abtg. München. Datum: 20. Dezember 1936. Vier Tage vor dem Heiligen Abend. Klara H. aus der Dankwartstraße beklagt sich, ihre Austrittserklärung vom 28. November sei nicht bestätigt worden. Ich wiederhole hiermit obiges Schreiben nochmals und ersuche der Ordnung halber um umgehende Bestätigung. Heil Hitler! Das Kirchengemeindeamt macht das Pfarramt der Christuskirche darauf aufmerksam, die Frist des Kalenderjahrs einzuhalten: Am 30. Dezember wird mitgeteilt, dass der Antrag nur an das Standesamt zu stellen sei. Wenn die Antragsteller nicht besucht werden können wäre in solchem Fall schriftlich mitzuteilen, bei welcher Stelle der Austritt zu erklären ist. Es besteht sonst die Gefahr, daß der Antragsteller seinen Austritt in diesem Kalenderjahr nicht mehr erklären kann und das Pfarramt für die ihm erwachsenden Mehrausgaben an Kirchensteuern schadenersatzpflichtig macht.
Die Austrittserklärungen häufen sich. 198 Gemeindeglieder von den etwa 14 000 treten bis 1937 aus ihrer Kirche aus. Vom Pfarramt kommt stets die korrekte Antwort: Das Standesamt ist zuständig. Doch jeder Antragsteller wird nach Möglichkeit von den Pfarrern, den Diakonen oder Beauftragten der Gemeinde besucht. Immer wieder findet sich in den Akten des Pfarramts der Hinweis: Sind in der Privatwohnung nie anzutreffen gewesen.
Friedrich E. aus der Lothstraße, geboren 1920, konfirmiert 1935, ist 16 Jahre alt. Da ich nicht gewillt bin, mich weiterhin zur Evang.-luth. Kirche zu bekennen und es ganz gegen mein Deutsches Fühlen und Denken ist dieser Religion zu dienen, erkläre ich mit festem Entschluß meinen Austritt. Ich bitte die Gemeinde mir das baldigst zu bestätigen. Heil Hitler!
Georg Mayer, bewährter, hoch geschätzter und treuer Diakon der Gemeinde, besucht Friedrich E. und berichtet seinem Pfarrer schriftlich über das seelsorgerliche Gespräch mit dem jungen Mann.
Es stellte sich dabei ganz klar heraus, daß der junge Mann ein bedauernswertes Opfer antikirchlicher und antichristlicher Propaganda geworden ist. E. gehört seit kurzem dem NSKK (Nat.Soz. Kraftfahrerkorps) an. An einem der letzten Schulungs- bzw. Kameradschaftsabende – so berichtet E. dem Diakon – tat der Schulungsleiter etwa folgende Äußerung:
„Wer dem Führer bei seinem Aufbauwerk helfen wolle, der muß aus der Kirche austreten. – Wir warten zunächst noch auf freiwillige Austritte (!). Wir werden auf die Kirche einen Generalangriff eröffnen. Die Kirche ist „Feind Nr.2“.
Welcher Geist in der NSKK-Gruppe, der E. angehört, herrscht, zeigen etwa folgende Äußerungen des E.: Wie soll ich das verstehen: Die Juden jagt man zum Lande hinaus u. einen „Juden“ betet man an (gemeint ist Jesus Christus). – Dienst am Vaterland (am Werk des Führers) ist höchste Religion. – Seit es ein Christentum in deutschen Landen gibt, ist das deutsche Volk uneinig und gespalten. –
E., der in diesen Dingen seinen Eltern gegenüber eine vollkommen ablehnende Haltung einnimmt, hat ruhig und gelassen mit sich reden lassen. Er will den geplanten Austritt zunächst nicht perfekt machen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß wenn E. aus dieser Parteigliederung ausscheiden würde, er der Versuchung zum Kirchenaustritt leichter widerstehen könnte.
München, 11. Juni 1937
G. Mayer
Kutter berichtet dem Evang.-Luth. Landeskirchenrat über diese kirchenfeindliche Haltung der NSKK-Gruppe (Dieser oben geschilderte Fall zeigt, wie in gewissen Teilen der NSDAP gegen die Kirche gearbeitet wird) und teilt mit, dass die Eltern des Jungen ihre Unterstützung für ihn zurückziehen würden, falls er am Kirchenaustritt festhalte.
Richard und Helene H. aus der Nördlichen Auffahrtsallee treten aus der Kirche aus. Diakon Mayer: Ich habe die Eheleute über die rechtliche Form des Kirchenaustritts aufgeklärt. Frau H., die ich bei meinem Besuch angetroffen habe, hat mich sehr freundlich empfangen. Sie hat gleich betont, daß der geplante Austritt gar nichts mit einer feindseligen Haltung gegen die Kirche zu tun habe. Ihr Ehemann und sie selbst stünden in keinerlei Fühlung mit der Kirche und sähen daher keine Notwendigkeit mehr, weiterhin Kirchensteuern zu bezahlen. Sie ehrten den Gott in der Natur. Herr und Frau Hummel sind Württemberger und entstammen gläubigen Elternhäusern. Ich habe Frau H. eindringlich gebeten nicht aus der Kirche auszutreten und ermuntert, doch wieder einen neuen Anfang zu machen. Eine Anzahl einschlägiger Schriften, die ich ihr übermittelt habe, scheinen auch Eindruck auf sie gemacht zu haben. Ein offizieller Kirchenaustritt der Eheleute ist bisher nicht erfolgt.
M.
Heil Hitler!
Rudolf G. aus der Aldringenstraße tritt aus. Er hat nichts gegen die Kirche und die Religion. Er verweist auf finanzielle Erwägungen. Pfarrer Kutter bietet ihm einen Hausbesuch an. Ob er zustande kommt, ist in den Akten des Pfarramts nicht vermerkt.
Als der Postassistent Michael M. aus der Schäringerstraße, Mitglied im Kirchenvorstand der Christuskirche, einen Antrag auf den Austritt aus dem Gremium stellt, antwortet ihm der 1. Pfarrer Ernst Kutter. Eine persönliche Anrede fehlt in dem Brief. Wozu auch?
Ich werde Ihre Austrittserklärung aus der Kirchenvorstandschaft der Christuskirche in der nächsten Sitzung dem Kirchenvorstand vorlegen. Es wird dem Austritt kein Hindernis in den Weg gelegt werden.
Zurückweisen möchte ich die Behauptung, daß in der Bekenntnisfront reaktionäre Bestrebungen herrschen. Wer diese Behauptungen aufstellt, kennt entweder die Bekenntnisfront nicht, oder er legt ihr in bestimmten Absichten Bestrebungen unter, die sie nicht hat.
Wer die Kirchenbewegung der sogenannten Deutschen Christen unterstützt, arbeitet nicht an der Bildung einer einigen deutschen evangelischen Kirche, sondern an deren Zersplitterung. Die einige Deutsch-evangelische Kirche kann nur gebaut werden auf der Grundlage des göttlichen Wortes. Auf ihr steht die Bekenntnisfront. Diese Bekenntnisfront wird die einige Deutsch-evangelische Kirche bauen. Die Glaubensbewegung der Deutschen Christen wird im Kampf der Geister zerrieben werden.
Mit deutschem Gruß
E. Kutter
Am 20. Juli 1935 wird dem Postassistenten Michael M. knapp bestätigt:
Ihre Austrittserklärung aus dem Kirchenvorstand der Christuskirche wurde in der Sitzung vom 19.7.35. einstimmig genehmigt.
Ebenfalls ohne Anrede schreibt Eduard O., Obertruppführer RAD 6/30, dem „Herrn Ernst Kutter, München“ am 6. Mai 1938. Er bezieht sich offensichtlich auf ein Gespräch zwischen seinen Eltern und seinem bisherigen Pfarrer.
Mein letzter Besuch bei meinen Eltern gibt mir Anlaß Ihnen zu schreiben. Ich kann Sie nicht verstehen, wie Sie sich erlauben über mich Urteile zu fällen. Es tut mir sehr leid gerade mit Ihnen in dieser harten Art schreiben zu müssen, denn ich halte mich bis jetzt für einen ehrlich offenen kämpfenden Menschen und verlange daher auch von meinen Gegner, daß sie mit mir direkt verhandeln nicht hinten rum wie es in alten Regierungen der Brauch war.
Sie wissen es ja gar nicht warum ich aus der Kirche ausgetreten bin. Sie wissen ja gar nicht wie lange der Funken in mir schon gebrannt hat. Aber Sie behaupten kühn um äußeren Vorteilen willen habe ich mich von einer Strömung hinreißen lassen. Wenn Sie schon von Strömungen sprechen, dann hätten Sie schon die Kirche als eine Strömung bezeichnen müssen, denn in der werden schwache Menschen mitgerissen. Ich brauche keine Strömung, denn ich kann mich alleine auf meinen Füßen halten. Und wenn ich mit Gott abrechnen will dann nicht auf eine Evangelische oder Katholischen Art sondern auf einer Deutschen Art. Dann geh ich in meine Bude oder hinaus in die Natur oder hinauf zu den Bergen, dort wo ich allein bin und rechne ab. Das ist meiner Ansicht nach mehr Religion als wie von irgendeiner Kirche gepredigt wird. Da erinnere ich mich gerade an das Scheiben eines alten BKlers: „Man sollte unter jeder Kanzel ein Sieb anbringen, daß gleich alles durchfällt was nicht Gottes Wort ist.“ Wo bleibt da Religion? Das hat kein Religionslehrer gesagt sondern ein kämpfender Mann für die evang. Kirche. Dann müssten Sie mich für einen sehr dummen hilflosen, arbeitsfaulen Menschen halten wenn Sie schreiben: „Auf der einen Seite Aufstieg ohne Christus auf der anderen Seite vielleicht Arbeitslosigkeit mit Christus.“ Das will ich Ihnen mal sagen, sollte ich heute dem RAD meinen Rücken kehren, dann bin ich kaum arbeitslos ob ich jetzt einer Kirche angehöre oder nicht. Im Gegenteil in einer Kirche wenn ich sitze fliegt mir keine Arbeit oder Unterkunft oder Essen zu, sondern raus aus der Kirche muß ich an die Arbeit. Das sind ja Dinge die mir heute schon einer in der 1. Klasse sagen kann. Dann will ich Ihnen sagen, daß es mir ganz gleich ist ob an höheren Stellen des RADs Bekenner sitzen. Ich bin nicht wegen des RADs ausgetreten sondern aus meinen eigenen freien Entschluß. Ob ich mich auf den falschen Wege befinde geht keinen Menschen etwas an. Das weiß ich selbst was ich zu tun oder lassen habe. Ich bin sehr erstaunt, daß Sie von einer ungeheuren Gegnerschaft und fanatischen Haß gegen Christus schreiben. Kein Mensch kämpft dagegen, einzig und allein kämpft die innere Unruhe der Bekennenden Gemeinde dagegen. Menschen die glauben Gegner zu haben und selbst die Gegner sind. Sie wissen genau wie ich, daß die heutigen Pfarrer aufhetzen zum Kampf gegen die Religionslosen. Ich schreibe nicht Gottlos, denn leider weiß man heute in den höheren Stellen der evang. Kirche immer noch nicht, daß die Gottlosen Bewegung sehr gering ist, aber die Zahl der Religionslosen sehr, sehr groß. Daß das 2 Paar Stiefel sind sollte man schon wissen.
Überlegen Sie mal was ich mir von kommenden und eingesetzten Pfarrern sagen lassen durfte:
„Der Reichsarbeitsdienst ist eine schlechte Einrichtung, die Arbeiten in den Bergen, besonders das Kultivieren der Böden ist ja nur eine Naturverschandelung.“
„Hitler legt die Führung nieder und übergibt das Kommando dem Hermann Göring da er an einer Krankheit erkrankt ist an welcher er sterben wird.“
Solche Aussagen der Presse übergeben und der Sprecher hat eine Freifahrt nach Dachau. Was Sie aber über mich sagen ist für mich dasselbe, das ist für mich eine öffentliche Beleidigung, eine Herabsetzung meiner Person die ich mir nicht gefallen lassen kann. Ich mache von diesen Dingen keinen Gebrauch gegenüber 3. All diese Dinge wurden mir gesagt als zu einem Kameraden. Ich mache Ihnen auch keinen Vorwurf, denn ich kann verstehen, daß mein Schritt eine gewisse Enttäuschung für so manche Kreise von Neuhausen war. Ich bitte auch Sie, dieses Schreiben als keinen Vorwurf aufzufassen aber einmal muß gesagt werden was recht ist. Insbesondere bitte ich Sie Dinge die meine Person betreffen nicht mit meinen Eltern auszumachen sondern mit mir, da ich seit 18.11.1936 21 Jahre bin und damit auch mein eigener Herr. Ich hätte nie gedacht, daß ich einmal in dieser Weise an Sie schreiben muß, denn ich habe Sie als Mensch und Vater stets geachtet aber ich konnte diese Dinge nicht ganz unberührt verlaufen lassen.
Besten Gruß auch an Ihre Frau Gemahlin
Heil Hitler
Eduard O.
Eduard unterzeichnet natürlich mit vollem Namen. Er will sein Gesicht zeigen. Irgendwie war ihm ja bisher Pfarrer Kutter als Ansprechpartner wichtig. Vielleicht hat Kutter einen Fehler begangen, als er mit den Eltern von Eduard über ihren Sohn sprach. Vielleicht auch nicht. Eduard hat einen ausgeprägten Selbstdarstellungsdrang. Das ist nichts Negatives. Aber sein Stil fällt auf in den Akten des Pfarramts über die Kirchenaustritte im NS-Staat. Eduard wird das Formschreiben erhalten haben, das im Pfarramt ein Jahr zuvor verfasst worden war:
Sehr geehrte …
Vom Standesamt haben wir erfahren, daß Sie am 5. Mai d.J. vor dem dortigen Amt Ihren Austritt aus der evang.-luth. Kirche erklärt haben. Leider ist es uns bei verschiedenen Besuchen nicht möglich gewesen, Sie anzutreffen. Dem Pfarrer der Gemeinde ist es jedoch ein inneres Anliegen sich darüber zu unterrichten, welches die Gründe zum Kirchenaustritt von Gemeindegliedern sind und welcher Gemeinschaft bzw. Bewegung Sie sich gegebenenfalls anschließen. Da wir nun mit Ihnen keine persönliche Aussprache in der Angelegenheit pflegen konnten, möchten wir Sie höflich bitten, dem Pfarramte in der Sache gütigen schriftlichen Bescheid zukommen zu lassen.
Mit Deutschem Gruß!
Kutter
Gelegentlich gehen die Bestätigungen über den Kirchenaustritt auf dem Amtsweg verloren. Kurz vor Kriegsende wird es Zeit, die eigene neue Zukunft zu planen. Da kann es nicht schaden, sich um die amtlichen Papiere zu kümmern. Frau B., wohnhaft im Haus Edelweiß in Bad Wiessee, hatte nachgefragt und von Pfarrer Kutter die Antwort erhalten:
Sehr geehrte Frau Burger,
Zu meinem grossen Bedauern hat sich Ihr Austrittszeugnis in unseren Akten nicht mehr gefunden. Es ist leicht möglich, dass es unser Herr Diakon, der nach den Juliangriffen infolge der Aufregungen gestorben ist, aufgehoben hat und wir es trotz allen Suchens nicht mehr finden. Es bleibt nichts anderes übrig, als dass Sie sich vom Standesamt, bei welchem Sie seinerzeit den Austritt erklärt haben, eine Abschrift geben lassen. Dann ist der ganze Schaden behoben. Ich habe mit meinem Schreiben so lange gewartet, weil ich dachte, es könnte sich vielleicht beim Kirchengemeindeamt noch finden. Es tut mir Leid, dass ich Ihnen das Zeugnis nicht zurückschicken kann.
In seinem Rundschreiben Nr. 2941 vom 12. April 1933 teilt der Evang.-Luth. Landeskirchenrat „sämtlichen Geistlichen unserer Landeskirche“ mit:
Betreff: Geburtstag des Herrn Reichskanzlers.
Der diesjährige Geburtstag des Herrn Reichskanzlers Adolf Hitler am 20. April ds.Js. wird in Deutschland allgemein gefeiert werden. In dankbarem Gedenken an die große Tat, die Adolf Hitler mit der Sammlung aller nationalen Kräfte vollbracht hat, und im Blick auf die ungeheure Verantwortung, die in dieser Zeit auf dem Kanzler des deutschen Reiches liegt, besteht Anlaß und Bedürfnis, daß auch die kirchliche Anteilnahme an diesem Tag zum Ausdruck kommt. Die deutschen evangelischen Kirchen werden deshalb dem Herrn Reichskanzler durch den deutschen evangelischen Kirchenausschuß an seinem Geburtstag ein Glückwunschschreiben zugehen lassen. Aber auch in den einzelnen Gemeinden soll des Tages in würdiger Weise gedacht werden. Wir ordnen deshalb in Einheit mit allen deutschen Landeskirchen an, daß in allen Gemeinden die warmen Wünsche, die unsere Kirche für den Herrn Reichskanzler und seine hohe Mission hegt, in fürbittendem Gebet vor Gott gebracht werden. Hierfür bestimmen wir den dem Geburtstag vorangehenden Gottesdienst am 2. Osterfeiertag. Eine formulierte Fürbitte werden wir allen Pfarrämtern noch zur Verfügung stellen, deren sich alle Herren Geistlichen einheitlich bedienen wollen.
Ferner ordnen wir an, daß am 20. April als am Geburtstag selbst auf den kirchlichen Gebäuden allgemein die evangelische Kirchenflagge gehißt wird. Wo keine Kirchenfahne zur Verfügung steht, soll die Beflaggung mit den Reichsfarben und nötigenfalls mit den Landesfarben erfolgen. Ein einmütiges geschlossenes Vorgehen im Sinne unserer Anordnung soll zugleich als Symbol für die innere Geschlossenheit unserer Kirche wie des gesamten deutschen Protestantismus dienen, der sich dessen bewußt ist, daß die großen Anliegen unseres Volkes auch unsere Kirche aufs tiefste bewegen und der dem bei solchen besonderen Anlässen auch äußerlich Ausdruck verleihen möchte.
Wir geben gleichzeitig vertraulich Kenntnis von der Bemerkung, mit der der Deutsche Evangelische Kirchenbund sein Schreiben an den Herrn Reichsminister des Innern, in dem er die beabsichtigten kirchlichen Maßnahmen mitteilt, begleitet hat. Sie lautet also:
„Die im Deutschen Evangelischen Kirchenbund zusammengeschlossenen evangelischen Kirchen wollen durch diese Veranstaltungen ihre einheitliche warme Anteilnahme an dem Geburtstag des Herrn Reichskanzlers zum Ausdruck bringen. Damit diese Einheitlichkeit nicht gestört wird, darf ich namens des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses der ergebenen Bitte Ausdruck geben, daß Sie, Herr Reichsminister, in Ihnen geeignet erscheinender Weise freundlichst dafür eintreten möchten, daß nicht durch einzelne Organe in Stadt und Land versucht wird, die kirchlichen Stellen zu Sonderaktionen zu nötigen, die den Eindruck des Ganzen stören und allzu leicht zu Misshelligkeiten führen könnten.“
Die Fürbitte für Adolf Hitler, die auch für den Gottesdienst in der Christuskirche verbindlich vorgeschrieben ist, liegt der Anweisung Nr. 2941 bei. Der Posteingang im Pfarrhaus trägt das Datum des 14. April 1933.
Herr, allmächtiger Gott, der Du lenkest die Völker nach Deinem Rat, behüte in Gnaden das Deutsche Reich. Segne den Reichspräsidenten. Laß Deinem Schutz und Schirm den Kanzler des deutschen Reiches befohlen sein. Rüste ihn in seinem neuen Lebensjahr aus mit Kraft aus der Höhe. Hilf ihm die Bürde der Verantwortung im Regiment zu tragen und lege Deinen Segen auf das schwere Werk der Wiederaufrichtung unseres Vaterlandes zum Wohle des ganzen Volkes und zur Ehre Deines Namens.
Einen Tag später widerruft der Landeskirchenrat seine Anordnung. Sie ist den Ereignissen vorausgeeilt.
Betreff: Geburtstag des Herrn Reichskanzlers
Unsere Entschließung vom 12. ds.Mts. Nr. 2941 hinsichtlich der Beflaggung der Kirchen ist auf Anregung des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses ergangen; die genannte Stelle war bei ihrer Anregung von der Voraussetzung ausgegangen, daß auch die Reichs- und Staatsgebäude an diesem Tag beflaggt würden. Wie uns nun das Kirchenbundesamt soeben mitteilt, ist es noch zweifelhaft, ob die Reichs- und Staatsbehörden eine Beflaggung ihrer Gebäude anordnen werden. Die endgültige Entscheidung der Reichs- und Staatsbehörden in dieser Frage muß den Bekanntmachungen der Presse und des Rundfunks entnommen werden; nötigenfalls wären die örtlichen Behörden um Auskunft anzugehen.
Zwei Monate später, Ende Juni 1933, informiert das Evang.-Luth. Dekanat München I die Pfarrämter und exponierten Vikariate über neue Auflagen des NS-Staats. Sie sind natürlich auch für die Gemeinde der Christuskirche verbindlich. Dekan Friedrich Langenfaß teilt mit:
Auf Grund einer telefonischen Aussprache mit dem Herrn Referenten der politischen Polizei mache ich darauf aufmerksam, daß alle kirchlichen Veranstaltungen, die sich außerhalb des kirchlichen Raumes vollziehen, einer Anmeldung bei der politischen Polizei bedürfen. Irgendeine Schwierigkeit wird von der Politischen Polizei nicht gemacht werden. Auch Kindergottesdienstausflüge sind anzumelden; der Leiter des Ausflugs bekommt dann einen Ausweis, durch den er jede während des Ausflugs entstehende Schwierigkeit überwinden kann.
Selbstverständlich müssen alle Vereinsveranstaltungen angemeldet werden; diese haben nicht ohne weiteres auf Genehmigung zu rechnen.
In den ersten Jahren nach 1933 unterzeichnet Pfarrer Ernst Kutter seine Briefe mit der Formel „Mit deutschem Gruß“, in Schreiben an Behörden auch mit „Heil Hitler!“. Später verschwinden diese Standardformeln. Am 5. Mai 1933 hatte Kutter einem nicht näher benannten Oberamtsrichter aus seiner Gemeinde für dessen (nicht archivierten) Brief gedankt und eindeutig Stellung bezogen zur Frage: Politik und Kirche.
Für Ihren freundlichen Brief vom 28. April d.J. danke ich herzlichst. Er ist mir ganz aus der Seele geschrieben. Wir stehen in der Tat unter scharfer politischer Diktatur. Aus ihr können sich schwere Kämpfe mit der Kirche ergeben. Wir hoffen, daß die Kirche immer stark genug ist, um diesen Kämpfen gegebenenfalls siegreich entgegen zu treten. Wir Pfarrer sind durchaus auf Ihrem Standpunkt, daß ein politisch gerichtetes Christentum nicht auf die Kanzel gehört. Wir wollen Gottes Wort, das überpolitisch und überzeitlich ist, verkündigen und damit Gottes Reich bauen helfen.
Ich werde mir erlauben Sie demnächst zu besuchen, dann können wir alle uns bewegenden Fragen persönlich besprechen.
In aufrichtiger Ehrerbietung und Verehrung
Ihr sehr ergebener
Kutter