Für Mort Maurer, meinen Vater, der mir die Kraft des Kaizen am Arbeitsplatz zeigte.
Und für Miriam, meine Mutter, die die Stärke des Kaizen für Beziehungen erkannte.
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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2. Auflage 2021
© 2019 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH, Türkenstraße 89, 80799 München, Tel.: 089 651285-0, Fax: 089 652096
First published in the United States under the title: ONE SMALL STEP CAN CHANGE YOUR LIFE: The Kaizen Way. Copyright ©2004, 2014 by Robert Maurer. Published by arrangement with Workman Publishing Co., Inc., New York.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Übersetzung: Elisabeth Liebl
Redaktion: Manuela Kahle
Korrektorat: Dunja Reulein
Umschlaggestaltung: Janet Vicario; Laura Osswald, München
Interior Design: Janet Vicario
Satz: Helmut Schaffer, Hofheim a. Ts.
Druck: CPI books GmbH, Leck
eBook: ePubMATIC.com
ISBN Print 978-3-95972-273-5
ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-501-9
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-502-6
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VORWORT
EINFÜHRUNG
EIN KLEINER SCHRITT
KAPITEL 1
WARUM KAIZEN FUNKTIONIERT
KAPITEL 2
STELLEN SIE KLEINE FRAGEN
KAPITEL 3
DENKEN SIE KLEINE GEDANKEN
KAPITEL 4
VOLLBRINGEN SIE KLEINE HANDLUNGEN
KAPITEL 5
LÖSEN SIE KLEINE PROBLEME
KAPITEL 6
GEBEN SIE KLEINE BELOHNUNGEN
KAPITEL 7
ACHTEN SIE AUF DIE KLEINEN DINGE
KAPITEL 8
KAIZEN FÜR DAS GANZE LEBEN
DANKSAGUNG
ÜBER DEN AUTOR
Kleine Dinge mit großer Liebe ...
Es geht nicht darum, wie viel wir tun,
sondern wie viel Liebe wir in unser Tun legen.
Und es geht nicht darum, wie viel wir geben,
sondern mit wie viel Liebe wir geben.
Für Gott ist nichts zu klein.
Mutter Teresa
»Veränderungen sind schwer!«
Dieses Gefühl haben wir so verinnerlicht, dass wir uns gar nicht erst fragen, ob es berechtigt ist oder nicht. Es gibt ja auch gute Gründe dafür, warum viele von uns den Wandel als steilen Gipfel betrachten, den wir mühsam erklimmen müssen. Denken Sie nur einmal an all die Neujahrsvorsätze, die so gut wie immer scheitern. Durchschnittlich nimmt sich jemand zehn Jahre hintereinander stets genau dasselbe vor – ohne Erfolg. Innerhalb von vier Monaten werden 25 Prozent der Vorsätze aufgegeben. Und wem es tatsächlich gelingt, einen guten Vorsatz umzusetzen, der hat sich damit schon die letzten fünf oder sechs Jahre gequält.
Ebenso wird die Veränderung der Organisationsstruktur von Unternehmen meist als schwierig wahrgenommen. Die gängigen Managementratgeber empfehlen Haurucklösungen, wie Führungskräfte ihre lahme Belegschaft wieder motivieren können. Meist erzählen solche Bücher simple Fabeln, illustriert mit sympathischen Tierfiguren, die die Botschaft besser rüberbringen sollen. Einige dieser Bücher werden Bestseller wie zum Beispiel John Kotters Das Pinguin-Prinzip, das seine Weisheiten in mundgerechten Portionen serviert: Man müsse seine Mitarbeiter davon überzeugen, dass eine Katastrophe – oder eine Bedrohung – unmittelbar bevorsteht. Nur dann seien sie motiviert genug, sich für Veränderungen zu öffnen.
Doch im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung müssen Veränderungen, ob nun im Geschäfts- oder im Privatleben, weder schmerzlich sein, noch muss ihre Notwendigkeit durch Panikmache vermittelt werden, um uns selbst oder unsere Kollegen zu sinnvollem Handeln anzutreiben. Was Sie auf den folgenden Seiten lesen werden, räumt mit dem Mythos vom schwierigen Wandel ein für alle Mal auf. Sie werden all die Hindernisse beseitigen, die Einzelpersonen und Arbeitsgruppen davon abhalten, die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Sie werden herausfinden, dass Veränderungen nicht nur das letzte verzweifelte Mittel sind, um auf eine bedrohliche Situation zu reagieren.
Dieses Buch wird Ihnen zeigen, wie Sie die Kraft des Kaizen für sich nutzen können: kleine Schritte zum Erreichen großer Ziele. Kaizen ist ein uralter philosophischer Weg, der sich am besten mit einer Aussage aus dem Dao De Jing illustrieren lässt: »Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.« Obwohl der Kaizen-Weg in einer altehrwürdigen Tradition verwurzelt ist, liefert er auch für unser hektisches modernes Leben praktische und effektive Problemlösungen.
Kaizen definiert sich auf zweierlei Weise.
Man nutzt kleine Schritte, um eine Gewohnheit, einen Prozess oder ein Produkt zu verändern.
Man nutzt kleine Momente, um Inspiration für neue Produkte und Inventionen zu finden.
Ich werde Ihnen zeigen, wie leicht der Wandel wird, wenn Sie von der Neigung Ihres Gehirns zur Veränderung richtigen Gebrauch machen. Sie werden hier viele Beispiele entdecken, die Ihnen zeigen, wie Sie mit kleinen Schritten Ihre größten Träume Wirklichkeit werden lassen. Mit Kaizen können Sie schädliche Gewohnheiten wie Rauchen oder falsches Essverhalten ablegen. Und Sie können positive, neue Gewohnheiten herausbilden, wie zum Beispiel Sport zu treiben oder Ihre Kreativität zu steigern. Auf das Geschäftsleben angewandt, lernen Sie mit Kaizen, wie Sie Ihre Mitarbeiter auf inspirierende Weise motivieren und fördern. Doch zu Beginn möchte ich mit Ihnen einige weitverbreitete Mythen über Veränderungen im Allgemeinen betrachten und Ihnen zeigen, wie Kaizen dazu beiträgt, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, mit denen Sie sich in den letzten Jahren selbst blockiert haben.
Mythos Nr. 1: Veränderungen sind schwer
Sehen wir uns ein Beispiel an, das zeigt, wie einfach der Wandel sein kann beziehungsweise wie wenig Zeit, Selbstkontrolle und Disziplin er von uns fordert. Jüngere wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die einen Großteil Ihres Lebens im Sitzen verbringen, ein erhöhtes Risiko haben, Herzkrankheiten zu entwickeln und eines frühen Todes zu sterben. Paradoxerweise zeigt eine Studie der Mayo-Klinik, dass eine Stunde Fitnessstudio täglich das Risiko von sechs oder mehr Stunden Sitzen nicht wesentlich senkt.
Das scheint im ersten Moment widersinnig, nach allem, was wir über Sport wissen. Doch hier geht es nun mal nicht um Sport, sondern um die langen Stunden, die wir im Sitzen verbringen. Wenn wir sitzen, verabschieden sich unsere Muskeln sozusagen in den Winterschlaf. Unser Körper hört dann auf, das Enzym KK1 zu produzieren, das die Blutfette aufschlüsselt. Außerdem sinken im Sitzen unser Grundumsatz, also der tägliche Kalorienverbrauch, der nötig ist, um die Vitalfunktionen des Körpers aufrechtzuerhalten, sowie die Produktion des schützenden HDL-Cholesterins. Diese dramatischen Resultate lassen sich durch die Tatsache erklären, dass der Körper die Schwerkraft braucht. Fehlt ihre abwärts gerichtete Wirkung, wird das Herz in Mitleidenschaft gezogen, das Blutvolumen nimmt ab, und der Muskelabbau beginnt – sogar die Knochendichte wird negativ beeinflusst.
Die Lösung für dieses erschreckende Problem ist Kaizen. Schon wenn Sie sich nur von Ihrem Stuhl erheben, verdoppelt sich Ihr Grundumsatz. Ein kurzer Spaziergang, und Sie haben ihn noch mal verdoppelt. Und die Moral von der Geschichte: Sich gegen Gesundheitsrisiken durch langes Sitzen zu schützen ist nicht anstrengend – wie eine Stunde im Fitnessstudio – oder nicht praktikabel. Ganz im Gegenteil. Stehen Sie jede Stunde einmal kurz auf, vertreten Sie sich die Beine, und schon helfen Sie Ihrem Körper, gut zu funktionieren.
In unserer größen- und masseverliebten Kultur der XXL-Kinos, der Supersize-Burger und der vollkommenen Runderneuerung fällt es uns schwer zu glauben, dass kleine Schritte große Veränderungen bewirken können. Aber die wunderbare Wirklichkeit ist: Genau so ist es!
Mythos Nr. 2: Nicht kleckern, sondern klotzen – oder: große Resultate erfordern große Schritte
In vielen Wirtschaftsartikeln wird die Weisheit verbreitet, dass Sie entweder klein denken (und winzige Veränderungen bewerkstelligen können wie beim Kaizen-Weg) oder groß denken (und innovativ sein) können. Und natürlich ist Innovation dann der Weg zu Überleben, Wachstum und Kreativität. Sogar im persönlichen Leben setzen wir manchmal alles, was wir haben, auf eine einzige sprunghafte Verbesserung, eine Innovation – zum Beispiel eine Crash-Diät oder ein neues Work-out – in der Hoffnung, so durchschlagende Resultate zu erzielen. Aber extreme Diäten und anstrengende Work-outs schlagen häufig fehl, weil dazu Unmengen Willenskraft erforderlich sind. Und diese können wir nun mal nicht konstant aufbringen. Die American Heart Association empfahl viele Jahre lang 30 Minuten Sport an mindestens fünf Tagen in der Woche. Niemand, den ich kenne, hat so viel Zeit (oder so großzügige Arbeitgeber), um diese Empfehlung befolgen zu können. Wer hat schon Zeit, an einem stressigen Arbeitstag ins Fitnessstudio zu fahren, sich umzuziehen, 30 Minuten zu trainieren, unter die Dusche zu springen, sich wieder anzuziehen und zurück ins Büro zu hetzen?
Und wieder sind es die Forschungsarbeiten der Mayo-Klinik, die zeigen, dass gleichmäßig über den Tag verteilte Bewegung enorme Resultate bringt. Man rüstete die Versuchspersonen mit Schrittzählern aus und fand heraus, dass Menschen, die schlank waren, aber nie einen Fuß in ein Fitnessstudio setzten, sich tagsüber einfach mehr bewegten. Diese Leute gingen beim Telefonieren auf und ab, parkten ihr Auto in einiger Entfernung vom Arbeitsplatz und standen tagsüber auch öfter als ihre übergewichtigen Kollegen. Insgesamt verbrauchten sie auf diese Weise gut 300 Kilokalorien mehr pro Tag. Aufs Jahr umgerechnet ergibt dies 30 Pfund Fett weniger.
Der Kernpunkt beim Kaizen? Natürlich ist mehr Bewegung besser als weniger, doch kleine Schritte machen hier den Unterschied. Eine wissenschaftliche Untersuchung aus Taiwan an 416 000 Erwachsenen belegt, dass Menschen, die nur 15 Minuten pro Tag Sport trieben, drei Jahre länger lebten als jene, die weniger Sport machten. Und es müssen noch nicht mal 15 Minuten am Stück sein! Jeweils 3 Minuten Bewegung, fünf Mal am Tag, ergeben auch 15 Minuten – und diese 15 Minuten verbessern die Gesundheit ganz beträchtlich. Für solche Strategien brauchen Sie weder viel Zeit noch Energie, weder eiserne Willenskraft noch übermenschliche Disziplin. Blättern Sie ruhig mal vor auf Seite 22. Dort lesen Sie die Geschichte von Julie, einer alleinerziehenden Mutter mit enormer Verantwortung, die trotzdem eine Möglichkeit fand, in ihren Tagesablauf ein wenig Sport aufzunehmen. Ihr Zugang zum Work-out gestaltete sich so locker und schmerzlos, dass Julie gar nicht scheitern konnte. Das ist Kaizen in Aktion!
Mythos Nr. 3: Kaizen ist langsam, Innovationen gehen schneller
Ein treffendes Beispiel dafür, welche Folgen es hat, wenn die Kultur der sprunghaften Verbesserung zum allein seligmachenden Weg erklärt wird, ist Toyota, ein Unternehmen, das den Kaizen-Weg zu seiner Marken-DNS erklärt hatte. Für den größten Teil der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg baute Toyota einfach Qualitätsautos. Die Konsumenten kauften einen Toyota nicht aus Styling- oder Prestigegründen, sondern weil das Auto einfach unverwüstlich war. 2002 dann entschied das Management von Toyota, dass man nicht mehr nur qualitativ hochwertige und profitable Autos herstellen wollte – Toyota sollte vielmehr der größte Autobauer der Welt werden. Und das gelang dem Unternehmen auch. Man zog neue Fabriken in die Höhe und schuf so genug Kapazität, um in nur sechs Jahren die Produktion um drei Millionen Autos zu erhöhen. Doch dieser Produktivitätssprung hatte seinen Preis: Die Zulieferer konnten die Qualität nicht mehr aufrechterhalten, für die Toyota bekannt war. Und die neuen Fabriken hatten keine Zeit, eine Kaizen-Kultur aufzubauen. Das Ergebnis war, dass über neun Millionen Autos zurückgerufen werden mussten und das dem Unternehmen Unmengen schlechter Publicity einbrachte. Hier ein internes Memo des Konzerns, das vor dem Bekanntwerden der Krise geschrieben wurde:
»Wir fertigen so viele Autos an so vielen verschiedenen Orten mit so vielen verschiedenen Menschen. Unsere größte Angst ist, dass wir durch das Wachstum unsere Fähigkeit, den Kaizen-Weg beizubehalten, verlieren werden.«
Teruo Suzuki
General Manager, Personalabteilung
Im Lauf der Zeit merkte Toyota, dass das Abweichen vom Pfad des Kaizen das Unternehmen von seinen Grundprinzipien entfremdet hatte. Nach dieser Krise hat Toyota die Produktion gedrosselt und den Managern in den USA mehr Verantwortung für die Qualitätskontrolle übertragen. Und man hat die Mitarbeiter wieder in der Kultur des Kaizen geschult. Nun konzentriert sich das Unternehmen wieder auf Qualität, nicht auf Quantität. Und man legt besonderen Wert darauf, dass Probleme in der Produktion dort behoben werden, wo sie noch klein sind und sich leicht lösen lassen. Mittlerweile ist der Ruf des Toyota als Qualitätswagen wiederhergestellt. Die Geschichte der Firma ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, inwiefern Kaizen hilft, Gewohnheiten auszubilden, die sich ein Leben lang bewähren. Und schmerzliche Konsequenzen von Schritten zu verhindern, die sich in der Rückschau als zu groß erwiesen haben – für den einzelnen Mitarbeiter oder ein ganzes Team.
Kaizen: Die spirituelle Seite
Bevor ich Sie nun einladen möchte, Ihre Reise durch diese Buchseiten zu unternehmen und die Chancen und Möglichkeiten des Kaizen kennenzulernen, möchte ich Sie auf ein anderes Thema hinweisen: Spiritualität. Damit meine ich nicht unbedingt den Glauben an Gott, sondern eher ein Gefühl der Sinnhaftigkeit und Erfüllung. Kaizen ist sowohl eine Philosophie beziehungsweise ein Glaubenssystem als auch eine Erfolgsstrategie zur Verhaltensänderung. Es gibt zwei Elemente des Geistes, bei denen Kaizen eine entscheidende Rolle spielt: Dienen und Dankbarkeit. Oder wie es John Wooden, der legendäre Basketballtrainer der University of California, ausdrückte: »Sie können keinen perfekten Tag erleben, ohne etwas für jemanden zu tun, der Ihnen dies nie und nimmer vergelten kann.« Andere Berühmtheiten haben das wesentliche Element des Dienens ebenfalls hervorgehoben:
»Die drängendste und dringlichste Frage des Lebens ist doch: Was tun Sie für andere?«
Martin Luther King jr.
»Lass niemals jemanden zu dir kommen, ohne ihn besser oder glücklicher gehen zu lassen.«
Mutter Teresa
Die Haltung des Dienens ist sogar einer der wesentlichsten Aspekte des Kaizen. In einer Kaizen-Kultur leistet jeder Mitarbeiter täglich seinen Beitrag zur Verbesserung des Produkts oder des Geschäftsablaufes: die Kosten senken, die Qualität verbessern und stets – und ich wiederhole: stets – dem Kunden zu Diensten sein. Erfolgreiche Unternehmen wie Amazon, Starbucks oder die Southwest Airlines definieren den Dienst am Kunden häufig als ihr oberstes Geschäftsprinzip. Oder wie Colleen Barrett, ehemals CEO bei Southwest, meint: »Wir sind Dienstleister. Wir bieten Flugverkehr an. Unsere Mitarbeiter sind die wichtigsten Kunden, unsere Passagiere die zweitwichtigsten und unsere Anteilseigner stehen an dritter Stelle.« Der Kaizen-Weg verlangt von uns, dass jeder noch so kleine Schritt im Interesse des Kunden erfolgt.
Was John Wooden, Mutter Teresa und Martin Luther King jr. angesprochen haben, ist die tägliche Praxis, nach kleinen Schritten zu suchen, um das Leben der anderen anzurühren. Lassen Sie nur mal die vergangenen zwei Tage Ihres Lebens Revue passieren – all die Menschen, mit denen Sie Kontakt hatten, die mit Ihnen zusammenleben, die in ihren Autos gleichzeitig mit Ihnen die Straße benutzen, die Sie im Restaurant oder im Laden bedient haben, an denen Sie im Flur vorbeigegangen sind, mit denen Sie telefoniert haben. Wenn Sie sich hundertprozentig sicher wären, dass Sie deren Tag verändern können – ja, ihr Leben verbessern –, hätten Sie dann das ein oder andere anders gemacht? Fast jeder Mensch beantwortet diese Frage mit »Ja«. Kann ich Sie vielleicht davon überzeugen, dass Sie das Leben dieser Menschen verändern können? Vielleicht, indem Sie einen anderen Autofahrer in Ihre Spur lassen? Oder indem Sie sich bei einer Verkäuferin bedanken oder jemanden nett anlächeln? Vermutlich nicht. Aber wenn Sie Ihren Alltag nicht mit der Geisteshaltung angehen, dass kleine Augenblicke und kleine Gesten das Leben der Menschen berühren können, was wäre dann die Alternative?
Wir alle haben Beziehungen, die wir in die Kategorie »Innovation« einordnen: Menschen, die in unserem Leben so breiten Raum einnehmen, dass sie von uns die Freundlichkeit und Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Wie können Sie nun diese Freundlichkeit auf eine Weise erweitern, dass sie unser Herz und unsere Gemeinschaft bereichert?
Dankbarkeit gilt häufig als Ausdruck von Erfüllung und Sinnhaftigkeit. Aber wofür sollen wir denn nun dankbar sein? Die Kultur der Innovation fordert Profite, Beförderungen oder mehr Besitz, um das Feuer der Dankbarkeit zu entzünden. Kaizen hingegen lädt uns ein, für unsere Gesundheit dankbar zu sein, für unseren nächsten Atemzug, für die Augenblicke mit Freunden oder Kollegen. Als der berühmte Songwriter Warren Zevon eine lebensbedrohliche Krebserkrankung hatte, fragte der Moderator David Letterman ihn, was er von seiner Krankheit gelernt hätte. Zevons Antwort war reines Kaizen: »Genieße jedes einzelne Sandwich.«
Deshalb möchte ich Ihnen hier noch einige Zitate zum Thema Dienen und Dankbarkeit mit auf den Weg geben, bevor wir mit unserer Kaizen-Entdeckungsreise beginnen.
»Ich sehne mich danach, eine große und edle Tat zu vollbringen, doch es ist meine Hauptaufgabe, kleine Taten zu vollbringen, als wären sie Heldentaten.«
Helen Keller, die Schriftstellerin wurde, obwohl sie taub und blind zur Welt kam
»Wir müssen lernen, glücklich im gegenwärtigen Augenblick zu leben, um den Frieden und die Freude zu berühren, die uns jetzt offenstehen.«
Thich Nhat Hanh, buddhistischer Zenmeister
»Strebe nicht nach Erfolg, sondern danach, nützlich zu sein.«
Albert Einstein
»Ich möchte lieber, dass man von mir sagt: ›Er war nützlich.‹ als: ›Er starb als reicher Mann.‹«
Benjamin Franklin