Die Sonnenputzerin
Die Sonnenputzerin
Mein heilsamer Weg voll Licht und Liebe
von
Copyright 2019 Doris Steinhaus, Bonn
1. Auflage 2019
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
www.tredition.de
Titelbild: Gail Butters Cohen, www.gail-cohen.pixels.com
Umschlaggestaltung: Thomas Schneider, www.id-konzept.de
Lektorat: P. Katharina Thölken, www.atemwort.de
Paperback ISBN: 978-3-7482-6711-9
Hardcover ISBN: 978-3-7482-6712-6
E-Book ISBN: 978-3-7482-6713-3
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Stimmen
Dein Lebensweg ist ein großes Vorbild für viele Suchende und besonders für mich. Ich bewundere Dich, dass Du selbst in Deiner Rentenzeit noch weiter machst, die Menschen an die Hand zu nehmen. Ja, Du machst weiter mit deiner spannenden Berichterstattung und begleitest und motivierst uns mit Deiner sehr persönlichen Art.
Christiane Endreß
Dieses Buch ist eine wirkliche Bereicherung. […] Es ist anders als ein Ratgeber, denn dem Leser wird nichts aufgedrückt und es wird niemand belehrt. „Die Sonnenputzerin“ hat mich tief berührt und meine Seele erreicht […] Am Ende war ich so ergriffen, dass ich keine Worte fand, um Doris meinen Dank auszudrücken. In ihrem Buch werden die vielen Themen, die sie teilweise auch in ihren Seminaren behandelt, angesprochen und so erzählt, dass man gefesselt und ergriffen zugleich ist.
Michaela Härtl
Wow! Ich gratuliere dir! Du hast dein Meisterwerk vollbracht! Das freut mich seeehrrr!
Thomas Frei
Ich freue mich sehr, dass dein Buch nun endlich in die Hände der Menschen gelangen darf. So lange hast du daran gefeilt, so viel Geduld hast du aufgebracht. Ich bin mir sicher, dass dein Buch aus den Regalen heraus funkeln wird und den Menschen in den Korb springt und sie ergriffen sein werden von deiner Geschichte.
Sabine Döring
Ein gelungenes Werk. Voller Ehrlichkeit und mit überraschender Sachlichkeit geschrieben. „Die Sonnenputzerin“ strahlt fröhlich und auf unaufgeregte Art zwischen anderen Büchern hervor. Hier wird ein wundervoller, selbstbestimmter Weg Richtung Gesundheit beschrieben; ein Ziel, das die konventionelle Medizin nicht für möglich hielt.
Johanna Feuerhake
Inhalt
Vorwort
Einleitung
Wiedersehen mit meinem Neurologen
1. Meine Kindheit
Geboren im Krieg
Unsere neue Heimat
Heimkehr meines Vaters
Meine geliebte Puppe muss sterben
Eine gescheiterte Schulkarriere
Wiederholter Verlust von Geborgenheit
Krankheit und Tod meiner Mutter
Ein starkes Mädchen lacht, anstatt zu weinen
2. Endlich erwachsen
Anerkennung im Arbeitsleben
Hochzeit und Familiengründung
3. Mein Fall aus der Komfortzone
Die Augenklinik und das Schweigen der Ärzte
Übersehene Botschaften
Der Tag der Diagnose
Was ist MS?
4. Meine MS-Therapien
Aufenthalt in einer neurologischen Klinik
Ernährungsumstellung
Entscheidung gegen das MS-Medikament
Heilfasten
Rohkostzeit
Zahnsanierung und Befreiung von belastenden Stoffen
Weitere Maßnahmen
Homöopathie
Ja zu Abschied, Aufbruch und Veränderung
Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)
5. Bewusstseinserweiterung
Wissen weitergeben
Die innere Stimme
Brüche mit Botschaften
Psychopädie und der römische Brunnen
Über den Körper Gefühle wahrnehmen
Vorstellungskraft schafft Wirklichkeit
Die sieben Spielregeln des Lebens
6. Erkenntnisse über die Ursache meiner MS
Vom Fallen zum Fühlen
Arbeit mit der Energiepädagogin
Familienaufstellung und Versöhnung
7. Auflösung meines tief sitzenden Schmerzes
Wenn Energie fließt
Verletzung und Versöhnung
Begegnung mit den Delfinen
Mein inneres Kind
Meine Kundalini
Zeit der Aussöhnung
Nachwort
Quellenangaben
Vertiefende Literatur
Vorwort
Es berührt mich sehr und ich bin stolz, dass ich das Vorwort zu diesem besonderen Buch schreiben darf.
Der Wendepunkt im Leben meiner Mutter war die niederschmetternde Diagnose MS (Multiple Sklerose) im Jahre 1989 im Alter von 44 Jahren. Nach dem ersten Schock führte der Weg in die schulmedizinische Betreuung, die anfangs ein Rettungsring für sie war. Bald danach fiel sie jedoch in ein schwarzes Loch und bereitete innerlich ihr Ableben vor. Sie war zutiefst betroffen, depressiv und fragte sich: Warum ich? Was habe ich in meinem Leben falsch gemacht? Wie soll das alles nur weitergehen? Bin ich jetzt weniger wert als meine Mitmenschen?
Durch die Unterstützung meines Vaters gelang es ihr allmählich, neue Zukunftsperspektiven aufzubauen. Sie entwickelte eine neue Priorität in ihrem Leben: das Überleben.
Der erste und wichtigste Schritt vom reinen Überlebenswillen hin zur Suche nach dem Weg der Genesung war das Akzeptieren der Krankheit, was für viele Betroffene sicher der schwierigste ist. Schon bald beflügelten sie Zuversicht, Hoffnung und die Motivation, ihre Genesung in die eigene Hand zu nehmen. Sie erfuhr nach den ersten Jahren schulmedizinischer Behandlung, dass ihr das hochgepriesene Medikament, das sie für ihre Multiple Sklerose einnahm, wahrscheinlich mehr Schaden als Nutzen brachte. Deshalb beendete sie die Therapie eigenverantwortlich, obwohl die Ärzte sie für völlig verrückt hielten. Aber sie war stets fest von der Maxime überzeugt: Wer heilt, hat Recht. Bis heute hört sie auf ihre innere Stimme.
Meine Mutter ist hauswirtschaftliche Betriebsleiterin und hatte durch ihre Ausbildung ein fundiertes Wissen in den Bereichen Ernährung und Hauswirtschaft. 27 Jahre nach ihrer Ausbildung, während eines Klinikaufenthalts zur Behandlung der MS im Sommer 1989, erfuhr sie allerdings, dass es neben den herkömmlichen Ernährungsansätzen, die auf der weltweit bekannten Ernährungspyramide basieren, noch viele andere Ernährungslehren gibt. Zuerst war sie sehr skeptisch, dann allerdings zunehmend interessiert. Sie folgte der Forderung „Laßt unsere Nahrung so natürlich wie möglich“ von Werner Kollath1 und fasste durch die positiven Veränderungen neuen Mut.
Ehrgeizig erweiterte sie täglich ihr Wissen im Bereich der Ernährung und wandte sich neben der Schulmedizin auch den Naturheilverfahren zu. Sie verband diese Wissensansätze und Heilmethoden miteinander, um das Beste für Ihre Genesung zu erreichen. Und sie hatte Erfolg. Beide Seiten – die Schulmediziner und die Naturheilkundigen – waren von den großen Fortschritten meiner Mutter überrascht.
Die Wissbegierde meiner Mutter hielt unsere Familie im Alltag auf Trab. Ohne dass sie uns ihre Denkweise aufzwang, ging sie mit Begeisterung entschlossen ihren Weg. Rückschläge waren für sie eher Ansporn als Niederlage.
1994 schloss meine Mutter eine weitere Ausbildung zur ärztlich geprüften Gesundheitsberaterin der GGB (Gesellschaft für Gesundheitsberatung GGB e. V.) ab. In ihren Seminaren und Einzelberatungen erlebt sie immer wieder, dass eine natürliche Ernährung und der Aufbau des Immunsystems Verbesserungen bei den verschiedensten Krankheiten bewirken.
Doch nicht nur ihr Körper, auch ihre Seele benötigte eine liebevolle Zuwendung durch erfahrene Begleiter und durch die bewusste Annahme ihrer selbst.
Meine Mutter arbeitete mit den unterschiedlichsten Methoden zur Bewusstseinserweiterung und begann, sich intensiv mit ihrer Vergangenheit zu befassen. Im fortgeschrittenen Alter, in dem manch Gleichaltriger in den Ruhestand geht, fiel es meiner Mutter ein, ein Buch zu schreiben. Die Familienangehörigen begrüßten diese Idee grundsätzlich, meldeten jedoch wegen der Belastung auch ihre Bedenken an. Sie überhörte die Einwände, denn eine innere Kraft stärkte sie, dieses Vorhaben zu verwirklichen.
Ich sah mehr und mehr, mit welchem Ehrgeiz, welcher Freude und welchem Vertrauen sie an ihrem Buch arbeitete, getragen von dem Wunsch, dass ihre Zeilen Liebe und Freiheit in die Welt tragen mögen.
Ihr Herzensanliegen war und ist es, anderen Menschen Mut zu machen und ihnen zu vermitteln, dass jeder die Möglichkeit in sich trägt, all seine Erfahrungen und Verletzungen in Liebe zu verwandeln.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Leben meiner Mutter und unserer Familie erfreulich verändert. Ich glaube (und sehe es am Beispiel meiner Mutter), dass mit einem fundierten Wissen, der Akzeptanz der eigenen Situation sowie einer zuversichtlichen Einstellung Berge versetzt werden können. Ihre MS-Erkrankung mit den sich daraus ergebenden Behinderungen hat sie buchstäblich zum Lernen und zur Veränderung beflügelt. Der Erfolg ist für alle sichtbar: Die furchtbaren Vorstellungen, die sie von ihrer Zukunft hatte, haben sich in Nichts aufgelöst. Meine Mutter ist voller Energie und Tatendrang.
Viele, denen ich vom Buch meiner Mutter erzähle, ob gesund oder auf dem Weg der Genesung, sind voller Erwartung, es endlich lesen zu dürfen. Ihnen und allen anderen Lesern wünsche ich nun viel Freude bei der Lektüre der sehr persönlichen Geschichte meiner Mutter, die hoffentlich zum Umdenken anspornt. Dieses Buch ist ein Aufruf zum Handeln und kann der Start in eine natürliche Lebensweise sein.
Barbara Steinhaus, Miami/USA 2019
Einleitung
Das Bild der Sonnenputzerin begleitet mich seit 1990. Die warme, bedingungslos strahlende Sonne verschenkt sich, ohne dass sie eine Gegenleistung erwartet. Sie ist mein Symbol der Liebe. Sie lehrt mich, Wärme und Licht in meinem Leben zu verströmen.
Die Sonne nährt mich, ich erfahre durch sie den weltumspannenden Geist. Sie gibt mir die Kraft, mich meinen Herausforderungen zu stellen. Sie lebt mir die bedingungslose Liebe vor, die mich befreit, die mir Mut gibt und die mich tröstet. Auch erinnert sie mich daran, dass mein geistiges Leben aktiv, dynamisch und mutig sein darf.
Damit die Samen in mir aufgehen und wachsen können, muss ich meine geistige Sonne putzen und pflegen. An dem Tag, an dem ich mich der geistigen Sonne zuwandte, begann der schlummernde Samen in mir zu keimen, zu wachsen und sich zu entfalten, um Früchte zu tragen. Das Licht und die Wärme der Sonne wecken zuversichtliche Gefühle in mir und setzen viele Kräfte frei. Im Prozess meines geistigen Wachstums durchlaufe ich alle Schritte, die vielleicht auch du, liebe Leserin und lieber Leser, durch mein Buch in dir wahrnehmen wirst. Dabei erkennen wir unsere Sonnen- und Schattenseiten und können uns so annehmen, wie wir sind.
Uns allen wünsche ich äußere und innere Freiheit. Hin und wieder sollten wir unsere Sonne putzen und sie von Kränkungen befreien. Dies gelingt uns, wenn wir die Sonne als unser Vorbild erkennen und sie als die wichtigste Arznei des Lebens, die Liebe, in uns aufnehmen.
Alles Wachsen ist Auferstehen. Auch in die Liebe muss man hineinwachsen und ihre Stunden abwarten, denn die Gewächse der Erde und die Gaben im Menschen haben ihre Zeit.
Paracelsus
(ca. 1493 bis 1541, Arzt und Philosoph)
Das vorliegende Buch ist meine Lebensgeschichte. Es ist die Geschichte meines Genesungswegs, die mit Unterstützung vieler mir zugewandter Menschen sorgfältig erarbeitet wurde. Die Techniken, die ich auf meinem Weg erlernen durfte und die alle meine Genesung beeinflussten, gebe ich im vorliegenden Buch an meine Leserinnen und Leser weiter. Natürlich sind alle Angaben ohne Gewähr. Ich, die Autorin, übernehme bei Selbstanwendungen für eventuelle Nachteile oder Schäden durch meine Angaben und Empfehlungen keine Haftung.
Trotz meiner positiven Erfahrungen wäre es falsch zu behaupten, dass mein Weg für andere Menschen ein ebenso gutes Ergebnis bringen wird, wie bei mir. Ich muss vor allzu hohen Erwartungen an eine Besserung oder sogar Heilung der Multiplen Sklerose und anderer Krankheiten liebevoll warnen.
Liebe Leserin, lieber Leser, wenn du jetzt vielleicht enttäuscht bist, bitte ich dich, zu verstehen, dass ich diese Warnung aussprechen muss. Ich kann nur für mich allein die gesundheitliche Verantwortung übernehmen. Gerne nehme ich dich allerdings an die Hand und begleite dich auf deinem Weg.
Du wünschst dir Genesung? Sie liegt in deiner Hand.
Doris Steinhaus, Bonn/Deutschland 2019
Wiedersehen mit meinem Neurologen
Januar 2017
Meine Gefühle und Gedanken überschlagen sich. In einem mir zugewiesenen Behandlungsraum warte ich geduldig, aber voller Neugierde, bis Dr. P. das Behandlungszimmer betritt. Der Neurologe, der 1989 bei mir Multiple Sklerose diagnostizierte, gibt mir die Hand. In diesem Augenblick bin ich unfähig, seine Begrüßung zu erwidern. Prüfend schaut er mich an. Ich frage mich, was in ihm wohl vorgeht. Noch immer herrscht Schweigen zwischen uns. Dann schaut sich Dr. P. meine Karteikarte an, die auf seinem Schreibtisch liegt. Erneut mustert er mich von oben bis unten. Ich merke, wie er um Worte ringt. Endlich sagt er: „Frau Steinhaus, sind Sie wirklich die Frau, zu der diese Karteikarte gehört?“ Er prüft erneut den Namen auf der Karte und fragt dann skeptisch: „Sind Sie wirklich die Frau Steinhaus?“
„Ja, die bin ich“, antworte ich und erhebe mich dabei. Nun stehe ich vor ihm. Der Arzt schaut mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck erneut auf die Karte, auf der die schwerwiegende Diagnose MS eingetragen ist, prüft und überfliegt die vielen Unterlagen, die in meiner Akte aufbewahrt sind. Danach herrscht erneutes Schweigen zwischen uns. Wir verweilen einige Minuten in diesem Zustand und er stellt fest: „Nach der Prognose von damals müssten Sie heute im Rollstuhl sitzen oder bettlägerig sein.“ Immer noch erstaunt, spricht er weiter: „Ich tue mich schwer zu glauben, was ich sehe.“
Diese Aussage aus dem Munde eines erfahrenen Neurologen empfinde ich als etwas sehr Wertvolles. Ich freue mich über sein Verhalten. Er zeigt mir durch seine Worte und Gesten, dass ich etwas erreicht habe, was nur selten geschieht. Seine Anerkennung berührt mich tief.
Das Eis zwischen uns ist gebrochen. Dr. P. bittet mich um einen ausführlichen Bericht darüber, was ich getan habe, dass es mir so gut geht. Nach der MS-Diagnose 1989 ging ich jedes Vierteljahr zu Kontrolluntersuchungen zu ihm, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung war. Ab 1996 suchte ich ihn allerdings nur noch für gelegentliche Routineuntersuchungen auf – und hauptsächlich, um Rezepte für Krankengymnastik abzuholen. Ich hatte ihm nie erzählt, welche Naturheilverfahren ich mir seit 1990 gönne, denn ich hatte Angst, dass er mich als Patientin ablehnen würde. Er hatte allerdings hin und wieder sein Erstaunen ausgedrückt und sich mit mir über die gleichbleibenden Untersuchungsergebnisse gefreut.
Jetzt, hier im Behandlungsraum, fahren meine Gedanken mit mir Achterbahn. Ich bin völlig durcheinander, denn endlich hört mir dieser Mann genau zu und will bis in die kleinsten Einzelheiten wissen, was ich in den vergangenen 30 Jahren als richtig für mich erkannt, angewandt habe und immer noch umsetze. Voller Begeisterung berichte ich: „Ich habe die Verantwortung für mich und meine Gesundheit übernommen und es geschafft, meine MS auf den Weg der Genesung zu bringen. Nach der Diagnose vertraute ich mich viele Monate voll und ganz dem Wissen der Schulmedizin an. Die neurologische Klinik hatte mir ein anderes Medikament als Sie, Herr Doktor, empfohlen. Anfangs habe ich dieses Medikament als Rettungsanker gesehen, nach etwa zwei Jahren aber abgelehnt und nicht mehr eingenommen, weil ich es als Gift empfand. Danach interessierte ich mich sehr für eine natürliche Ernährung, setzte sie konsequent um und erlangte relativ schnell eine sichtbare Vitalität. Durch diese ersten Erfolge wurde ich mutiger. Meine Begeisterung beflügelte mich, mein Vertrauen nahm zu, und so hatte ich genügend Rückenwind, um mich mit weiteren Naturheilverfahren auseinanderzusetzen. Dadurch wurde ich leistungsfähiger und konnte die notwendigen physikalischen Anwendungen zur Stabilisierung meiner Körperfunktionen leichter bewältigen. Es war mir wichtig, mit Ausdauer und ständigem Training meinem Körper die Zuwendung zu geben, die er brauchte, damit er bereit war, die Heilerin in mir zu unterstützen.“ Schweigend hört mir Dr. P. zu.
Als ich ihm die vielseitige Arbeit zu meiner Bewusstseinserweiterung erkläre, staunt er. Mit kurzen Worten schildere ich ihm meine praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet der Traumwelt, die ich mit der Intuitionslehre aufarbeiten konnte. Ich erzähle ihm von einigen nächtlichen Träumen und von den Botschaften meiner inneren Stimme. Meine dunkelsten Seiten sind im Prozess der Genesung sichtbar geworden. Verwundert über meine Ergebnisse, schenkt mir der Neurologe Lob und Anerkennung. Dies ist Balsam für meine Seele, denn die beschriebenen Schritte zu gehen, war für mich eine gewaltige Herausforderung.
Dr. P. nickt immer wieder zustimmend und gibt mir durch wissbegierige Gesten zu verstehen, dass ich weitererzählen soll. Überzeugt fahre ich fort. Die Integration meines Schattens, meines Stigmas, meiner Selbstbestrafung, wenn ich missachtet und verurteilt wurde, meiner gesamten Persönlichkeit sowie das Erkennen und Akzeptieren meiner Schuldgefühle: All dies war Teil meiner Aufarbeitung.
Als ich sage, dass alles im Leben bewusst oder unbewusst ablaufen kann, unterbricht er mich und fragt: „Haben Sie auch mit Homöopathie, Akupunktur, Lichttherapie, Kneippanwendungen, der Dorn-Methode, Phytotherapie und Energiearbeit Erfahrungen gesammelt? Und haben Sie eine Familienaufstellung nach Hellinger gemacht?“ Nun unterbreche ich den Arzt: „Ja, ja, all das war Teil meines Lebenskrimis. Die Schulmedizin hat mich anfangs gut begleitet. Danach hat die Natur eine größere Rolle gespielt, und sie ist für mich noch heute das große Ordnungs- und Schöpfungsgesetz und ein Geschenk der Liebe und des Lichts. Heute schaffe ich es, die Schulmedizin mit den Naturheilverfahren in Einklang zu bringen. Ich profitiere von beiden, wie Sie gerade sehen.“
Mit einem verschmitzten Lächeln entgegnet mir der Neurologe: „Nun dürfen Sie staunen, was ich Ihnen zu berichten habe. Das, was Sie mir gerade erzählt haben, vermittle ich heute meinen MS-Patienten.“
Ich stehe auf, reiche ihm meine Hand und sage: „Dazu kann ich Sie nur beglückwünschen.“ Schweigen. Ich bin sehr von Doktor P.s Aussage angetan, doch ich erwidere: „Mir haben Sie damals, 1989, von alledem nichts gesagt.“ Erneutes Schweigen. Er seufzt. „Das ist richtig, auch ein praktizierender Arzt darf dazulernen.“
Was nun geschieht, ist kaum zu glauben, aber doch wahr. Wir beide sind imstande, eine Umarmung zuzulassen, die uns guttut. Leise sage ich voller Begeisterung: „Wunderbar ist das, endlich so eine Aussage von einem Arzt zu hören. Das ist eine unglaubliche Bereicherung.“
Ich sitze wieder. Dr. P. setzt sich auf den Rand seiner Behandlungsliege, sodass wir Augenkontakt haben. „Glauben Sie mir bitte“, sagt er ernst, „Ihr breit gefächertes Wissen über die verschiedenen Naturheilverfahren ist die Grundlage Ihres Erfolgs. Sie sind heute und auch in Zukunft bereit, so vermute ich, Ihren Weg der Veränderung weiterzugehen.“ Schweigen. Dann ergreift er erneut das Wort: „Andere Menschen, ob gesund oder krank, sollten Ihnen nacheifern. Sie sind ein großartiges Vorbild.“ Er erhebt sich von der Behandlungsliege, setzt sich wieder an seinen Schreibtisch, schaut mir in die Augen und sagt: „Die hundertprozentige Umsetzung der Naturgesetze hält für Sie und andere Betroffene ungeahnte Schätze bereit.“
Er fragt mich: „Haben Sie Ihrer Krankenkasse erzählt, was Sie alles getan haben? Denn der haben Sie durch Ihre Eigeninitiative sehr viel Geld erspart.“
Ich antworte: „Ja, ich berichte meiner Krankenkasse immer wieder, wie gut mir natürliche Therapien tun, und dadurch wird mir auch die eine oder andere Therapie ermöglicht.“
Zum Schluss sagt der Neurologe: „Wenn Sie bei Ihrer Aufklärungsarbeit oder in Ihren Seminaren als ärztlich geprüfte Gesundheitsberaterin mit anderen Menschen arbeiten, vermitteln Sie ihnen bitte, dass sie in erster Linie die Liebe zur eigenen Person pflegen sollen.“
Ich schmunzle und erzähle ihm von dem sechsschaligen römischen Brunnen, der, wie die Sonne, ein Symbol der Liebe für mich ist.
„Ja“, sagt er, „der Brunnen ist ein starkes Bild. Achten Sie bitte auch stets darauf, dass alle Suchenden von Ihnen erfahren, dass das Leben eines jeden Menschen anders ist und ein jeder Körper seine eigene Sprache spricht. Deshalb gleicht kein Weg der Genesung einem anderen. Ihr Wissen und Ihre Motivation können den Menschen die Kraft und die Möglichkeit geben, ihren eigenen Weg zu erkennen und ihn dann auch zu gehen. Das Wichtigste dabei ist, den Weg nicht nur selbst zu erleben, sondern auch zu fühlen.“
Ich beende unser Gespräch mit den Worten: „Ärzte, Heilpraktiker, Therapeuten, Berater und zahlreiche andere Menschen begleiten mich seit 1989 mit ihren umfassenden Erfahrungen. Sie alle haben es mir ermöglicht, Schritt für Schritt meine Kränkungen, Schmerzen, Krankheiten und Blockaden zu fühlen. Durch Techniken der Psychopädie sowie der Mental- und Intuitionslehre wurden meine Blockaden lös- und verwandelbar, sodass die gestaute Energie wieder frei fließen konnte. Ich danke allen Menschen, die noch heute wohlwollend an meiner Seite stehen. Ich gehe den Weg der Veränderung und bleibe erst stehen, wenn sich meine letzten Stunden ankündigen.“
1. Meine Kindheit
Geboren im Krieg
Die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs prägten meine Kindheit – im Guten wie im Schlechten.
Ich wurde am 12. Oktober 1944 als zweites Kind in Elbing in Ostpreußen, nahe der Ostsee, südlich von Danzig geboren. Im Wechsel der Geschichte gehörte Elbing mal zu West- und mal zu Ostpreußen. Heute ist diese liebenswerte Stadt polnisch und heißt Elblag. Als ich auf die Welt kam, herrschte überall Unsicherheit und Ungewissheit. Wie würde die Zukunft aussehen?
Schon ein Vierteljahr später, im Januar 1945, stand die Rote Armee, von Osten kommend, kurz vor Ostpreußen. Millionen von Menschen verließen ihre Heimat in der Hoffnung auf Rettung und Überleben. Zu diesem Zeitpunkt wurde mein Vater als Helfer zur Arbeit verpflichtet. Kurz vor Ende des Krieges wurde er noch eingezogen und geriet in französische Kriegsgefangenschaft. Meine Mutter entschloss sich, mit meinem vier Jahre älteren Bruder und mir die Stadt zu verlassen und aufs Land zu ziehen. Aber auch dort konnten wir nur für einige Tage bleiben. Die einzige Hoffnung, das eigene Leben zu retten, bestand in der Flucht. Mit dem Notwendigsten ging es zu Fuß und auch mal in einem unbeheizten Güterwaggon ohne Toiletten in Richtung Berlin, danach weiter in Richtung Westen bis nach Ostfriesland. Erst zehn Jahre später sprach meine Mutter zum ersten Mal über die Not und Angst in dieser Zeit.
Meine Mutter, mein Bruder und ich besaßen nur das, was wir am Leib trugen. Elend und Hunger begleiteten uns. Es gab keine Wäsche zum Wechseln, kein Wasser für die Körperpflege. Als Säugling genoss ich die Muttermilch, was aber aßen meine Mutter und mein Bruder? Mutti trug mich auf dem Arm, gleichzeitig musste sie meinen Bruder, der mit seinen vier Jahren voller Tatendrang war, bändigen. Damit er bei ihr blieb, band sie einen Strick um sein und ihr Handgelenk.
Viele Jahre später erfuhr ich durch einen Bericht im Internet, dass „[…] niemand so empfindlich und wehrlos [ist] wie ein Neugeborenes. Deshalb ist die Säuglingssterblichkeit seit jeher das wichtigste Kriterium, um die Lebensumstände einer Gruppe von Menschen zu beurteilen. Unter den aus den vormals deutschen Ostgebieten Vertriebenen, die im Sommer 1945 in Brandenburg registriert waren, starben von jeweils zehn Kleinkindern unter einem Jahr neun […]“.2
Wenn ich heutzutage Flüchtlingsbilder sehe, rebelliert mein Körper und ich muss weinen. Zugleich staune ich beim Anblick solcher Bilder und freue mich darüber, am Leben zu sein. Dann frage ich mich: Warum habe ausgerechnet ich als Einzige von zehn Kleinkindern überlebt? Welche Lebensaufgabe darf ich erfüllen? Bin ich ihr gewachsen? Angst und Freude paaren sich. Mein Herz schlägt schneller.