Zayn
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Vorwort 7
01. Freier Fall 8–25
02. Zeit für einen Neuanfang 26–75
03. Song für Song 76–115
Song Notes: „Pillowtalk“ 80
Song Notes: „Drunk“ 84
Song Notes: „Fool for You“ 91
Studio-Impressionen: MYKL über Zayn 92
Studio-Impressionen: XYZ (Alex Oriet) über Zayn 94
Song Notes: „TIO“ 96
Polaroid: Bestickter Samtmantel 99
04. Wo man seine Ängste verlieren kann 116–167
Song Notes: „Intermission: Flower“ 132
Song Notes: „BeFoUr“ 142
Song Notes: „Dragonfly“ 144
Song Notes: „Blue“ 146
Polaroid: Bob-Marley-Collage 148
Song Notes: „It’s You“ 156
Studio-Impressionen: Malay über Zayn 164
05. Freud und Leid liegen nahe beieinander 168–209
Song Notes: „Lucozade“ 188
Song Notes: „She Don’t Love Me“ 189
Das Album 190
Polaroid: Meine Songtexte und Aufzeichnungen 200
Song Notes: „rEaR vIeW“ 206
06. Melodien und Erinnerungen 210–241
Song Notes: „Wrong“ (feat. Kehlani) 216
Polaroid: Gitarre 237
Polaroid: Graffitimauer 238
07. Auf der Kippe 242–261
08. Mein nächster Schritt 262–283
inhalt
One Direction hat meinen Lebensweg geprägt. Ich bin ein muslimischer Musiker gemischtkulturel-ler Herkunft aus Bradford. Einer Wendung des Schicksals, meinem Glück, oder wie auch im-mer man es nennen möchte, verdanke ich, dass ich fünf Jahre in einer Band verbrin-gen durfte, die unzählige Tophits vorzu-weisen hat, dazu Alben, die sich über 100 Millionen Mal verkauften, und Konzerte vor insgesamt um die zehn Millionen Fans gaben. One Direction ermöglichte mir – einem verrückten, faulen Teenager voller kreativer Leidenschaft –, ein irres Abenteuer in einer Welt, von der ich nie gedacht hätte, dass ich sie je kennenlernen wür-de. Mein Name ist Zayn Malik – und dies ist meine Ge-schichte.
vORwORT
fReieR fall
„Ich drückte mich einfach auf meine eigene Weise aus. Niemals hätte ich erwartet, dass ich damit etwas so Aufregendes erleben würde wie das, was im letzten Jahr passiert ist.“
01.
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/Freier Fall
Es ist schon ein bisschen schräg, wenn du fünf Jahre lang mit einer erfolgreichen Band identifiziert worden bist und dann die Freiheit hast, Entscheidungen für dich allein zu treffen. Ab dem Moment, als ich One Direction hinter mir ließ, veränderte sich alles. Plötzlich war ich auf mich allein gestellt. Ein paar Monate lang nahm ich Musik mit Leuten auf, die ich von früher kannte und mit denen ich auch schon gearbeitet hatte. Ich traf mich mit ein paar Produzenten, von denen ich dachte, dass sie mir dabei helfen könnten, die Songs zu schreiben, die ich im Kopf hatte, seitdem ich siebzehn war. Um ehrlich zu sein: Ich hatte keine Ahnung, was ich da tat. Ich hatte zwar auch schon eigenes Material in die Band eingebracht, also war das kein Neuland für mich, aber ich musste mir darüber klar werden, was ich den Menschen präsentieren und sagen wollte. Jeder Songtext muss mir etwas bedeuten und es dauerte lange, bis ich einen Weg gefunden hatte, die unglaublich vielen Möglichkeiten zu nutzen, das Positive aufzunehmen und das Negative beiseitezulassen, damit etwas entstehen konnte, in dem ich mich tatsächlich wiederfand.
Ich finde, es ist schon ziemlich viel über mich gesagt worden und darüber, warum ich One Direction verlassen habe. Manchmal war es schwer zu vermitteln, was damals in meinem Kopf vorging. Vermutlich schreibe ich deswegen nun dieses Buch – nicht weil ich mich für so toll halte oder die ganze Welt von Zayn Malik erfahren muss, sondern damit ihr, falls es euch überhaupt interessiert, meine Beweggründe verstehen könnt. Die Fans verdienen Antworten, also werde ich versuchen, ihnen ein paar zu geben. Abgesehen davon, dass ich vielen Leuten bekannt bin als „der, der bei One Direction ausgestiegen ist“, wissen sie über mich zumeist nur, dass ich nicht sonderlich viel rede. Interviews waren nie meine große Stärke. Privatsphäre ist mir wichtig. Aber ich werde versuchen, euch genügend Einblicke zu geben, damit ihr euch eure eigene Meinung bilden könnt und nicht ausschließlich auf Medien und Hörensagen angewiesen seid.
Ihr werdet vielleicht annehmen, dass die Zeit, als ich die Band verließ, enorm spannend für mich war, denn ich konnte ja nun tun und
,,Ich finde, es ist schon ziemlich viel über mich gesagt worden und darüber, warum ich One Direction verlassen habe.''
lassen, was ich wollte. Aber wenn ich ehrlich bin, war das gar nicht so. Eigentlich fühlte ich mich eher verloren. Zwar stand für mich fest, dass ich meine eigene Musik machen wollte, aber ich war irgendwie orientierungslos. Alle, die ich aus der Musikbranche kannte – die Jungs, die Crew, das Management, der Rechtsanwalt –, all das gehörte mit dem Tag meines Abschieds der Vergangenheit an. Dafür war ich nun selbst verantwortlich, und das war äußerst verwirrend. Plötzlich ganz auf mich selbst gestellt zu sein, war verdammt beängstigend. Ich verbrachte viel Zeit alleine und versuchte, meine nächsten Schritte zu planen. Rückblickend denke ich, ich brauchte diese introspektive Phase, die man durchmacht, wenn mit einem Schlag alles wegfällt, was man seit fast einem halben Jahrzehnt gewohnt ist. Irgendwann begriff ich, dass ich jemanden brauchte, der mich öffentlich vertrat. Ich hatte Glück, dass meine Pressesprecherin mich auf eine neue Managementfirma hinwies, die ausschließlich von Frauen geleitet wurde. Ich bin in erster Linie von Frauen erzogen worden, also hörte sich das für mich gut an. Von nun an hatte ich wieder verlässliche Unterstützung. Sie verstanden, was mir vorschwebte, die Musik, die ich machen wollte, und ich wusste instinktiv, dass sie die richtigen Leute waren, um mir zu helfen.
* * *
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Freier Fall/
One Direction machten zweifellos tolle Popmusik. Es ist aber kein Geheimnis, dass diese Art Pop nicht ganz mein Ding ist. Gegen Ende meiner Zeit in der Band wuchs mein Verlangen, die Melodien und Beats, die für uns komponiert wurden, hinter mir zu lassen, mich in meinem eigenen Stil auszudrücken und Texte über das zu schreiben, woran ich glaubte. Ihr müsst wissen, dass keiner von uns bei der Musik viel mitzureden hatte. Zumindest am Anfang nicht. Wenn ich vorschlug, etwas mehr auf R&B-Art zu singen, wurde dennoch ein poppiger Ansatz vorgezogen, weil das eben von uns erwartet wurde. Und als wir reifer wurden und die anderen Jungs ihren eigenen Sound entwickelten, unterschied er sich wiederum von meinem eigenen. Ich riss mich aber zusammen, weil die positiven Reaktionen, die wir weltweit erhielten, einfach unglaublich waren. Außerdem schien es für meine Kameraden zu passen, und das hatte ich zu respektieren. Für mich war es ehrlich nicht leicht, dass sich unsere Geschmäcker so unterschieden. Ich fühlte mich ein bisschen so, als würde ich in eine Form gepresst, in die ich nie passte. Ich wollte im Studio zu Themen singen, die mir etwas bedeuteten, und nicht nur die Textzeilen eines anderen wiedergeben.
Als Band bereisten wir die ganze Welt. Wir verbrachten viel Zeit in Tourbussen und Flugzeugen. Dort ließ ich meiner Kreativität freien Lauf. Zwischen den Konzerten lagen viele Stunden, in denen ich mich hinsetzte und schrieb. Eigentlich bei jeder Gelegenheit – auch spät in der Nacht und obwohl ich wusste, dass wir mein Material mit der Band ohnehin nicht umsetzen würden. Da steckte kein Masterplan dahinter; ich hatte nicht vor, mich davonzumachen, um eine Solokarriere zu starten. Ich wollte einfach meinen eigenen Stil entwickeln und opferte meine Freizeit für das, was ich am liebsten tat. Mittlerweile begreife ich, dass One Direction mir half zu erkennen, was ich tun musste, nämlich meinen eigenen Sound finden. Erst ganz am Ende meiner Zeit in der Band begab ich mich alleine in Studios, um zu experimentieren. Es schien mir wichtig, eine freiere Zeiteinteilung zu haben, nicht ständig zu tun, was andere Leute für mich oder für sich selbst als richtig ansahen, sondern meine eigenen Entscheidungen zu treffen.
Als ich aus der Band ausstieg und zum ersten Mal ins Auge fasste, meine eigene Musik zu veröffentlichen, war das größte
,,Ich wollte im Studio über Dinge singen, die mir etwas bedeuteten, und nicht nur die Textzeilen eines anderen wiedergeben.''
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Freier Fall/
Hindernis, dass ich mir über meinen Sound noch nicht im Klaren war. Ich hatte bloß ein paar musikalische Bausteine und textliche Ideen, aber nicht mehr. In der Anfangszeit von One Direction hatte ich noch nicht allzu viel Lebenserfahrung, ich war nur ein Junge aus Bradford, der bei einem Casting von X Factor aufkreuzte. Ich träumte davon, Solokünstler zu werden, hatte jedoch keinen blassen Schimmer von der Branche, geschweige denn von dem, was nötig gewesen wäre, um den Grundstein für eine solche Karriere zu legen. Ich wurde bei One Direction einfach mit vier anderen Jungs zusammengesteckt. Wir wurden von einer verrückten Welle mitgerissen und traten vor ausverkauften Arenen auf. Die Fans bestürmten uns überall. Es war ziemlich überwältigend.
One Direction eröffnete mir ein irres Ausmaß an Möglichkeiten. Allerdings landete ich in einer Welt, die mir unbekannt war und mich
,,Ich weiss jetzt, dass ich mit 19, 20 oder sogar 21 nicht so weit war, Solokünstler zu werden. In den fünf Jahren in der band lernte ich als junger
mensch enorm
viel über die
branche.''
einschüchterte. Bevor ich mich bei X Factor versuchte, war ich noch nicht einmal in London gewesen. Und schon gar nicht war ich im Flugzeug um die halbe Welt gejettet. Bei meinem ersten Flug war ich sehr nervös. Da half es auch nicht, dass die Jungs mir einredeten, das Flugzeug würde einen Looping machen, sobald wir in der Luft wären. Ich hätte mir fast in die Hosen gemacht. Natürlich war das nur Spaß, aber dass ich ihnen glaubte, unterstreicht meine damalige Naivität. Ich war zwar nicht direkt in einem Kokon aufgewachsen, aber doch in einer Stadt, aus der nicht viele Leute jemals herauskamen. Ich schätze mich glücklich, dass ich diese Chance erhielt. Für uns fünf, die wir aus eher bescheidenen Verhältnissen stammten, war es ein Abenteuer und wir nahmen die Möglichkeiten, die sich uns boten, freudig an. Aber egal, wie weit wir zusammen reisten, ich fühlte mich immer ein bisschen als Außenseiter. Vielleicht lag es ja daran,
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/Freier Fall
dass ich aus Bradford stammte, oder an meinem Akzent, meinem gemischtkulturellen Hintergrund oder meiner Religion. Keine Ahnung. Aber alle um uns herum – das Management, die Plattenfirma, die Anwälte – wirkten im Vergleich zu uns so piekfein. Alles, was mir vertraut war, wurde durch etwas Fremdartiges ersetzt. Das kann einen schon verwirren. Ich bin in einer Familie mit großem Zusammenhalt aufgewachsen, und da war es schwer, plötzlich so weit weg von ihnen zu sein. Schlagartig verwandelte sich mein Leben in diese verrückte Achterbahn voller Unsicherheit. Ich gab mir zwar keine Blöße, aber es war schon auch beängstigend.
Das soll aber nicht heißen, dass wir keinen Spaß gehabt hätten, im Gegenteil. Wir hingen zu fünft ab, spielten Fußball und amüsierten uns. Unser Leben fühlte sich so aufregend an und dieses Gefühl schuf eine echte Bindung zwischen uns. Wenn wir einen neuen Track aufnahmen – auch wenn es nicht meine Musik war –, genoss ich die Erfahrung. Ich hörte mir immer wieder und richtig laut die neuesten Mixe für Singles im Auto oder zu Hause an und dachte mir nur: „Verdammt, das sind wir.“ Ich traf tolle Fans und kann ihnen gar nicht genug für ihre Liebe und Unterstützung während der guten und schlechten Zeiten danken. Ehrlich, ich bin stolz auf vieles aus der Zeit mit One Direction.
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Freefall/
Ich weiß nicht, ob die Leute das wissen. Die Platin-Schallplatten, die wir für unsere Alben bekamen, hängen bei mir zu Hause an der Wand. One Direction war eine unglaubliche Erfahrung, die einen enorm wichtigen Teil meiner Geschichte darstellt. Diesen Abschnitt meines Lebens werde ich auch nie leugnen.
Aber die Musik gab mir einfach nichts. Oft machte ich einfach nur mit, weil ich erst lernen musste, was funktionierte. Mit der Zeit begann ich zu ahnen, dass das, was für One Direction als Band sinnvoll war, einfach nicht zu mir passte. Es ist schon schwer, seinen Part zu spielen, wenn man mit den Produzenten und den anderen erfahrenen Leuten im Studio steht, vor allem ganz am Anfang, wenn alles noch so neu und unvertraut wirkt. Ich weiß jetzt, dass ich mit 19, 20 oder sogar 21 nicht so weit war, Solokünstler zu werden. In den fünf Jahren in der Band lernte ich als junger Mensch enorm viel über die Branche. Diese vier Alben – Up All Night, Take Me Home, Midnight Memories und Four – aufzunehmen, zu touren und mit äußerst talentierten Leuten zusammenzuarbeiten, stellte meinen Charakter auf die Probe, machte mich stärker und lehrte mich, was ein Performer können muss. Ich schaute fleißigen Songwritern über die Schulter und sammelte mit den Jungs an meiner Seite hautnah Erfahrungen im Studio. Dafür werde ich immer dankbar sein.
* * *
,,mittlerweile begreife ich, dass One Direction mir half zu erkennen, was ich tun musste, nämlich meinen eigenen Sound finden.''
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Freier Fall/
Aber irgendwann funktionierte es nicht mehr. Als ich beschloss, bei One Direction auszusteigen, fühlte es sich nicht einmal wie eine bewusste Entscheidung an. Ich gelangte an einen Punkt, an dem ich nicht mehr weitermachen konnte. Ich war todmüde und hatte das Gefühl, etwas vorzutäuschen. Das war mir ein Gräuel und ich wollte nur mehr nach Hause. Logisch betrachtet machte es keinen Sinn, die größte Boyband der Welt auf ihrem Höhepunkt zu verlassen. Aber nach fast fünf Jahren ununterbrochenem Touren und unzähligen Promo-Terminen fiel es mir schwer, weiterzumachen. Was zuerst noch eine tolle Erfahrung war, bereitete mir nun Unbehagen. Ich wollte niemanden hängen lassen, aber mir war klar geworden, dass ich aussteigen musste. Nach einer Show in Hongkong überkam mich dieses Bauchgefühl. Bis heute fühle ich mich grässlich bei dem Gedanken, die Fans enttäuscht zu haben. Ich hoffe, sie verstehen, dass ich das Richtige tun musste. Manchmal weiß man das einfach. Mein Kopf riet mir zu bleiben, aber mein Herz sagte: „Geh heim.“ Also ging ich.
„Als ich wieder daheim war, erzählte ich allen dasselbe, nämlich dass mir durch meinen Ausstieg aus der Band eine schwere Last von den Schultern gefallen war.“
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zeit füR einen neuanfang
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Zeit für einen Neuanfang/