Copyright © 2016 Tanja Schwarz-Bädecker

Copyright © 2019 Edition Graugans

Friedrichstraße 95

D-10117 Berlin

www.edition-graugans.de

Alle Rechte vorbehalten

Erste Taschenbuchauflage

ISBN: 978-3-944704-51-7

Umschlagfotos: iStock

Serien-Logo und Landkarte: Lisa-Maria Graf

Satz und Layout: Leni Waltersdorf

Lektorat: Annett Zingler

Druck: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

Printed in Germany

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Für meine Kinder

Usisafirie nyota ya mwenzio.
Richte dein Segel nicht nach dem Stern eines anderen.

--Ostafrikanisches Sprichwort

Leben heißt, langsam geboren zu werden.
Es wäre auch zu bequem, wenn man sich fertige
Seelen besorgen könnte. Ich sage dir: es gibt keine göttliche
Amnestie, die dir das Werden erspart.

--Antoine de Saint-Exupéry,
Flug nach Arras

Inhaltsverzeichnis

1

Man nennt ihn den Kaiser Afrikas. Wir erblickten ihn zum ersten Mal vor genau fünf Monaten bei unserem Hinflug auf der Strecke von Nairobi nach Daressalam aus einer Höhe von dreißigtausend Fuß. Dennoch schien er so nah, als könnten Daniel und ich in seinen weißen Krater greifen und einen Schneeball formen.

Aber das ist lange her. Mit den ahnungslosen Jugendlichen von damals haben wir nur noch die Namen gemeinsam. Ansonsten ist nichts mehr so, wie es einmal war. Unser damaliges Leben ist für immer vorbei.

Damals waren wir nur Jenny und Daniel Sandau, zwei ganz normale Gymnasiasten aus München, und nicht Jenny und Daniel Sandau, die gesuchten Flugzeugdiebe und Terroristen.

Ja, es ist kaum zu glauben, aber so werden wir jetzt genannt. Im Internet, in allen Zeitungen, auf allen Sendern. Daran darf ich aber jetzt nicht denken. Ich denke nur noch an den Kaiser. Mein Bruder und ich sind nämlich mit Seiner Majestät verabredet.

Seine Personalien kann man in jedem Geografiebuch nachlesen: Erloschener Vulkan. 5.895 Meter hoch und damit der höchste Punkt des Kontinents. Erste europäische Entdeckung: 1848. Gletscherschwund durch den Klimawandel.

Diese Fakten, diese Zahlen kommen mir kurz in den Sinn, werden aber bald von anderen Fakten, von anderen Zahlen wieder verdrängt. Unsere Höhe: 10.002 Fuß. Unsere Geschwindigkeit: 159 Knoten. Öldruck: normal. Außentemperatur: -2 Grad. Uhrzeit: 3.05 Uhr, ostafrikanische Zeit. Wetter: Gewitterfront im Anmarsch. Turbulenzen: gering.

Wir fliegen ohne Beleuchtung und ohne Transponder. Wie zwei Schmuggler.

Daniel schläft neben mir im Pilotensitz. Er windet sich gelegentlich, als ob ihn innerlich etwas auffressen würde. Ich weiß, was ihn quält, aber ich kann ihm nicht helfen. Gleich muss ich ihn wecken, damit er wieder das Kommando übernimmt. Für den letzten Akt. Schließlich ist es sein Afrikaflug. Sein Weg. Seine zweite Chance. Das habe ich erst jetzt wirklich begriffen.

Aber wir sind Geschwister, und wir gehen diesen Weg, wir wagen unseren ersten Nachtflug gemeinsam. Auch wenn es unser letzter sein wird. Es bleibt uns nichts anderes übrig. Und wir müssen zusammenhalten. Das habe ich übrigens hier unten gelernt. Das und vieles andere mehr.

Ich halte den Steuerknüppel fest, während meine Augen nochmals alle Zeiger und Displays überprüfen. Höhe: 9.998 Fuß. Geschwindigkeit: 161 Knoten ... Ich muss fast lachen, als ich mir überlege, dass wir in unserem Alter noch lange kein Auto fahren dürfen. Und nun fliegen wir ein Flugzeug!

Das dürfen wir allerdings auch nicht.

Wo bleibt unser Ziel? Es kann nicht mehr weit sein. Noch eine halbe Stunde vielleicht. Hinter der nächsten Wolkenbank. Oder der übernächsten.

Dann werde ich den erblicken, den die Menschen hier den „Weiß leuchtenden Berg“ nennen. Kilima-Njaro. Den Kaiser eben. Und dann ist unser Weg zu Ende. So oder so.

Mein Tagebuch liegt aufgeschlagen auf meinem Schoß. Ich greife immer wieder nach meinem Bleistift und kritzele ein paar Stichworte hin, damit ich nichts vergesse: Kaiser. Krater. Schneeball. Nachtflug. Weg. Lebensbaum.

Simba. Mbuyu. Korongo.

Wenn wir diesen Flug überstehen, wenn wir noch in dieser Nacht wieder den Boden unter unseren Füßen spüren, dann weiß ich eines: Ich werde Zeugnis ablegen. Ich werde alles niederschreiben.

Ein für alle Mal.

Wird man es mir glauben – wenn ich es selbst kaum glauben kann? Darauf weiß ich jetzt schon die Antwort. Bibi Sabulana hat es mir beigebracht. Jede Geschichte ist wahr, hatte sie immer gesagt. Man muss sie nur zu verstehen wissen.

2

Was hatten wir überhaupt in Afrika zu suchen? Wie waren wir beide in diese verrückte Situation geraten? Wie kam es zu unserem Termin beim Kaiser? Während ich das Flugzeug unterm Sternenzelt auf Kurs halte und Daniel neben mir schlafen sehe, krame ich in meinem Gedächtnis.

Und dann weiß ich es wieder.

Es begann mit dem Schnee.

Ich erinnere mich an einen eisigen Freitagnachmittag Anfang Dezember. Ich bemerkte die erste flauschige Flocke, als ich gerade aus dem Bus ausstieg. Ich fing sie mit meiner Zunge auf und dachte: Morgen kann ich mit Nadine und Jana im Olympiapark rodeln!

Als ich unsere Haustür erreicht hatte, fielen die Schneeflocken schon so dicht, dass ich keine zwei Meter weit sehen konnte.

Ich hatte noch nie so viel Schnee in München erlebt. Die nächsten Tage würden sicher turbulent werden. Nach dem Abendessen wollte ich deshalb unbedingt mit Christine die Tagesschau sehen. Wir saßen zusammen auf dem Sofa wie zwei Schwestern – beide gleich groß, beide gleich blond, beide gleich unruhig. Daniel und Papa fehlten. Daniel trieb sich irgendwo in der Stadt herum. Das war damals typisch für ihn, weswegen Christine schlecht drauf war und sich kaum beherrschen konnte. Dazu erzähle ich gleich mehr.

Papa war im Auftrag seiner Zeitschrift irgendwo in Italien unterwegs und wollte erst Anfang der darauffolgenden Woche zurückkommen.

19.58 Uhr. Christine seufzte. „Ich muss endlich auf andere Gedanken kommen.“ Ich hatte meine Mutter noch nie so hibbelig erlebt wie an jenem Abend. Sie nahm immer wieder Zeitschriften in die Hand, legte sie wieder zur Seite, schaute alle zwei Minuten auf ihr Handy und tigerte durch das Haus wie ein eingesperrtes Zootier. Nun hatte sie endlich den Fernseher eingeschaltet. Ich war gespannt zu sehen, ob sie auch nur eine Viertelstunde stillsitzen konnte.

Zuerst kam die Vorschau für eine Komödie über zwei tollpatschige Touristen, dann eine für einen Thriller mit Geheimagenten und gestohlenen Flugzeugen. Dann erschienen endlich die großen weißen Ziffern der Digitaluhr, die die Tagesschau ankündigte.

Ich schaute so gut wie nie Nachrichten. Mit meinen dreizehn Jahren dachte ich noch, dass die Geschichten, die da erzählt wurden oder die in Papas Zeitschrift erschienen, gar nichts mit mir zu tun haben konnten. Genauso wenig wie die Serien, die ich guckte, irgendetwas mit der äußeren Wirklichkeit gemeinsam hatten, obwohl sie wenigstens unterhaltsam waren. Ich wollte lediglich mehr über den Schneesturm erfahren. Würden wir am Wochenende nicht nur rodeln, sondern auch Ski fahren können, zum ersten Mal in diesem Winter? Christine wollte bestimmt wissen, ob Papa es bei diesem Wetter zurückschaffen würde oder ob er seinen Flug verschieben musste. Sie musste ihn dringend sehen und mit ihm über unsere Zukunft reden.

Die Nachrichten rauschten an mir vorbei. Ich erinnere mich an einen Bericht über einen neuen Vertrag gegen biologische Waffen, der gerade in Wien unterzeichnet wurde. Dann wurde von politischen Unruhen in irgendeinem Land in Afrika berichtet. In Stockholm wurden die Nobelpreise während einer großen Gala verliehen. Danach folgten Berichte über Wintersturmwarnungen in ganz Mitteleuropa und ein Wissenschaftler wurde interviewt, der behauptete, das Ganze würde mit dem Klimawandel zusammenhängen.

Davon verstand ich überhaupt nichts. Es machte mich nicht einmal neugierig. Hauptsache, ich konnte mich am nächsten Tag mit meinen Freundinnen im Schnee vergnügen. Aber gegen Ende der Sendung kam ein Bericht, den ich sehr wohl verstand. Man brachte Bilder von einem Einfamilienhaus im Allgäu, dessen Dach urplötzlich unter dem Gewicht der Schneemassen eingestürzt war. In einem Augenblick saß die Familie friedlich zusammen – vielleicht waren sie gerade beim Mittagessen –, und einen Augenblick später fiel das Dach über ihnen ein und begrub sie lebendig unter sich. Die Mutter, den Vater und zwei Kinder im Teenageralter. Einfach so. Ich weiß noch, wie ich mich damals fragte, wie so etwas passieren konnte. Warum guten Menschen böse Dinge widerfahren – als ob das überhaupt eine gescheite Frage wäre. Aber ich war dreizehn, das Allgäu war weit weg, Stockholm und Afrika viel weiter, und eigentlich ging es mich nichts an.

Ja, so dachte ich damals.

Dass es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen dem Einsturz eines Einfamilienhauses im Allgäu am Nachmittag und dem tödlichen Absturz eines einmotorigen Flugzeugs über den Alpen in den frühen Morgenstunden, worüber anschließend berichtet wurde, geben könnte, wäre mir nie im Leben eingefallen. Jedenfalls nicht, bis zwei Stunden später das Telefon klingelte. Denn wenige Augenblicke danach stürzte mein eigenes Leben ein. Aber der Einsturz erfolgte nicht auf einmal, wie im Falle des Hauses bei Kempten, obwohl es mir damals so vorkam. Nein, diese Nacht war nur der Anfang.

Die Art und Weise, wie sich mein Leben in nur anderthalb Jahren veränderte, war so verrückt, so abartig irre, dass ich heute fast darüber lachen könnte. Fast.

Damals lebten wir nicht auf dem Gelände einer staubigen, isolierten Klinik irgendwo im Osten Afrikas. Unser Haus in Bogenhausen, im vornehmen Osten Münchens, war eine wunderschöne Villa in einer ruhigen Seitenstraße. Das Haus hatte einen riesigen Garten mit hohen Ulmen und blühenden Magnolienbäumen, dazu einen duftenden Rosengarten, wo unsere Mutter ihre spärliche Freizeit in Gummistiefeln und mit einem Spaten verbrachte. Das Esszimmer hatte keine niedrige Decke mit verschmutzten Adobewänden und einem rauchenden Kamin. Es war nicht mit groben Tischen und Stühlen aus einer nahe gelegenen Berufsschule möbliert. Ganz im Gegenteil: Unser Esszimmer in Bogenhausen hatte eine hohe Stuckdecke gehabt, mit hellen weißen Wänden und bunten, gerahmten Bildern. Jeder hatte uns darum beneidet. Es war gefüllt mit edlen alten Möbeln, mit einem kristallenen Kronleuchter, der sich auf dem polierten Mahagoniholz des langen Esstisches spiegelte. Wir hatten einen Wintergarten mit Blick auf den Park gegenüber. Da konnte man sich an kalten Wintertagen in Decken hüllen und Kakao trinken, während draußen der Schnee – der Schnee! – in der Luft wirbelte.

In München hatten wir Haustiere gehabt. Keine nervigen Paviane, die ständig Leckerbissen erbettelten und gelegentlich in die Küche einbrachen und alles auf die Erde schmissen, wenn man einmal vergaß, die Tür des Missionshauses abzuschließen. Nein, wir hatten richtige Haustiere, wie es sich in Deutschland gehörte. Wir hatten eine graue Perserkatze namens Scheherazade, die auf meinem Schoß lag und schnurrte, während wir fernsahen, und die abends mein Bett wärmte. Ich besaß auch zwei weiße Kaninchen namens Frank und Franziska, die in einem Käfig in meinem Zimmer wohnten und jeden Nachmittag nach der Schule frei im Haus herumhoppeln durften, ohne die Angst zu haben, im Kochtopf eines Nachbarn zu landen, wenn man nicht höllisch aufpasste.

Zwar liebte ich alle drei so, als wären sie meine eigenen Kinder. Aber mein größter Traum damals war ein eigener Hund. Ich hatte mich überall umgehört und ziemlich viel Zeit in verschiedenen Online-Foren auf der Suche nach dem perfekten Hund verbracht, und ich wusste schon, welche Rasse die richtige für mich wäre: Ein Golden Retriever. Davon wussten meine Eltern längst, aber ob ich den Hund dieses Jahr zu Weihnachten oder erst nächstes Jahr bekommen würde, war noch offen.

Wie hätte ich wissen sollen, wie gut Daniel und ich es damals hatten – auch ohne Hund? In Bogenhausen konnte man das Wasser tatsächlich direkt aus dem Hahn trinken, ohne es vorher zu filtern und es eine Viertelstunde lang abzukochen. Und wir hatten rund um die Uhr elektrischen Strom, und zwar durchgehend und ohne Spannungsschwankungen. Statt einer Kerosinlampe auf unseren Kommoden hatten Daniel und ich jeweils eine ganze Vielfalt an Lampen, ein Fernsehgerät, eine Stereoanlage, ein Smartphone, einen Tablet und ein Notebook. Ich hatte einen Blu-ray-Spieler, der an meinen Breitbildfernseher angeschlossen war, womit ich jederzeit exotische Landschaften und wilde Tiere in mein Zimmer holen konnte. An Daniels Fernseher waren eine PlayStation und eine Xbox mit Virtual Reality angeschlossen. Damit konnte er sich mit einem leichten Druck auf den Controller in atemberaubende Abenteuer stürzen und ganze Nächte im Endkampf mit Orks und Zombies verbringen.

Damals hieß „Einkaufen gehen“ nicht das Feilschen an den wackligen Marktständen in Zimmermann’s Bend, zwischen Haufen von Bananen und Papayas, salzigem Stockfisch und billigen Textilien. Für mich bedeutete Einkaufen damals einen Gang in den Supermarkt oder eine Fahrt mit der U-Bahn zur Sendlinger Straße, zur Kaufinger Straße oder zu den Boutiquen im Westend. Für Daniel bedeutete es ein entspanntes Durchstöbern von CDs und der neuesten Computer-Software bei Saturn oder Media Markt.

Damals bedeutete „Schule“ nicht ein langes, niedriges Gebäude ohne Strom, wo fünfzig bis hundert tansanische Kinder jeglichen Alters auf langen kratzigen Holzbänken saßen und unverständliche Wörter von der Kreidetafel abschrieben. Es bedeutete auch nicht das todlangweilige Heimschulungsmaterial von der Fernschule, womit man uns jahrelang quälte. Nein, Schule bedeutete zunächst unsere Grundschule und dann das Gymnasium – für Daniel natürlich das Rupprecht-Gymnasium in Neuhausen und für mich ein privates Gymnasium in Nymphenburg – beides mit hellen modernen Klassenräumen und sehr gut ausgebildeten Lehrern. Schule bedeutete Freunde. Schule bedeutete Aktivitäten, echte Aktivitäten. Schule bedeutete, sich auf das Abitur, die Universität und ein fantastisches Leben zu freuen.

So sollte es auch sein. Christine wollte immer das Allerbeste für uns beide. Als einziges Kind eines wohlhabenden Juraprofessors und einer Gymnasiallehrerin in Passau war ihr das Beste gerade gut genug. Ihre Eltern Heinrich und Linda Jäger, die Daniel und ich immer Opa Heinrich und Oma Linda nannten, hatten ihre Tochter auf die besten Schulen geschickt und auch ihr Medizinstudium in Berlin und London finanziert. Nach ihrer Heirat und sogar nach unserer Geburt hatte Christine es noch geschafft, ihre Ausbildung in einem Krankenhaus in München zu vollenden und für ein Jahr in einer Dorfklinik in Honduras zu arbeiten. Nun arbeitete sie als Partnerin in einer vornehmen Gemeinschaftspraxis in der Maximilianstraße.

Obwohl sie erst fünfunddreißig Jahre alt war, hatte sie es schon sehr weit gebracht. Das Leben war gut zu ihr gewesen. Es hatte sie mit einem fabelhaften Aussehen gesegnet, mit Verstand, zwei wunderschönen Kindern (wenn ich es so sagen darf!) und einem erfolgreichen Ehemann. Nur schade, dass sie selbst nicht gut zum Leben sein konnte und keine Zeit hatte, mit Daniel und mir zu reden.

Ich meine, es war nicht so, dass sie nicht wusste, wie man redet. Sie redete den ganzen Tag, ob mit ihren Patienten über deren Beschwerden oder mit ihren Partnern über den Ausbau der Praxis, ob sie Vorträge hielt oder psychologische Beratung anbot. „Das gesprochene Wort“, wie sie es nannte, war der Kern ihrer Arbeit als Psychologin. Das war sogar der Titel der monatlichen Kolumne, die sie für die Zeitschrift „Beziehungen“ schrieb und die sie bundesweit ziemlich bekannt gemacht hatte. Sie hatte mittlerweile drei erfolgreiche Bücher veröffentlicht, die schon in mehreren Sprachen erschienen waren, und war mehrfach in Talkshows aufgetreten. Mindestens einmal im Monat konnte man direkt nach dem „Tatort“ live erleben, wie sie ihren wohlüberlegten, sachkundigen Senf zu diesem oder jenem gesellschaftlichen Problem gab. Die Privatsender hatten schon eine eigene TV-Sendung ins Gespräch gebracht. Ihr Wartezimmer war immer rappelvoll, denn sie hatte sich inzwischen den Ruf erworben, eine Antwort auf alles zu haben.

Das Problem war, dass sie nach einem langen Tag oder gar Abend gesprochener Wörter einfach nichts mehr zu sagen hatte. Ich denke, sie wusste schon, dass es Fragen gab, die sie stellen sollte, aber sie fand keine Worte mehr, um sie auszudrücken.

Wenn Christine diejenige war, der das Beste gerade gut genug war, dann war es ihr Mann, und unser Papa, Max Sandau, der das Beste möglich machte. Max hatte immer Zeit für Daniel und mich – wenn er zu Hause war, was aber leider immer seltener der Fall war. Max konnte Zaubertricks vorführen. Max brachte uns von seinen vielen Reisen immer Geschenke mit. Es war Max, der unseren Tanzunterricht und unsere Reitstunden finanzierte. Er trug immer maßgeschneiderte Anzüge und roch so, wie Väter zu riechen haben – nach französischem Rasierwasser und kubanischen Zigarren. Max hörte nie auf zu reden. Max konnte uns immer zum Lachen bringen. Wenn er da war, hörte das Lachen niemals auf. Max liebte schnelles Essen und schnelle Autos. Dabei konnte ihm Christine seine Extravaganzen nicht übel nehmen, weil es gerade diese lebensfrohe Art war, mit der Max unsere Mutter einst für sich erobert hatte.

Max nahm Daniel und mich immer auf Reisen mit, wenn er Zeit hatte und Christine beschäftigt war. Wir waren schon in Hongkong und Rio de Janeiro und zweimal in Jakarta und Sydney. Dreimal in Paris und gar viermal in New York – oder schon fünfmal? Wir wussten nicht, wie oft er uns schon nach London mitgenommen hatte. „Es gibt nur eine Welt“, sagte Max immer, wenn Christine ihn fragte, ob er mit Daniel und mir nicht zu viel und zu schnell gereist wäre. „Die Zukunft ist global.“ Oder: „Im Informationszeitalter ist ein Ort wie jeder andere. Es geht darum, in Bewegung zu bleiben, und je eher die Kinder das lernen, umso besser für sie.“ Oder: „Fliegen werden sie eines Tages selber“, pflegte er zu sagen. „Es ist unsere Pflicht als Eltern, dafür zu sorgen, dass sie flügge werden.“

Papa schrieb für die Zeitschrift MONITOR. Er war wegen bestimmter Ereignisse in seiner Familiengeschichte Journalist geworden – Ereignisse, die unter anderem dazu geführt haben, dass er seine Großeltern nie gekannt hatte – und er lebte geradezu dafür, alte Rätsel zu lösen und neue Schandtaten aufzudecken. Jahrelang hetzte er von einem Brennpunkt zum nächsten. Ob Wirtschaftsskandale, Flüchtlingsdramen, rechtsradikale Ausschreitungen, Naturkatastrophen – Max Sandau war immer zur Stelle. Er hatte auch zwei Bestseller über Menschenhandel und Waffenschmuggel geschrieben. Dabei habe ich mich damals kaum für sein Geschreibsel interessiert. Im Gegensatz zu Mama ist er nie im Fernsehen aufgetreten, denn dazu hatte er gar keine Zeit und noch weniger Lust. Ich wusste zwar, dass er sich einen Namen gemacht hatte, aber das war es auch schon. Was er damals in China und Indien zu tun hatte, im Nahen Osten und neuerdings in Afrika und den USA, wo er immer viele Wochen am Stück unterwegs gewesen war, blieb ein Rätsel. Woran er jetzt gerade arbeitete, wussten wir nicht – ich glaube, kein Mensch außer ihm hatte den Durchblick –, das kam alles viel später. Aber mit uns hatte es sowieso nichts zu tun.

Zumindest damals noch nicht.

Dabei ging seine ständige Abwesenheit nicht spurlos an Daniel vorüber. Max war in Daniels Leben ein einziges schwarzes Loch. Mein Bruder kam sich wohl wie ein Halbwaise vor. Er war in den vorausgegangenen Monaten fast nur noch mit seinen Freunden unterwegs, und ich hatte schon mitbekommen, wie seine Schulnoten litten. Obwohl er damals erst fünfzehn war, bangte Christine schon um sein Abitur. Dass er schon einmal bei einem kleineren Ladendiebstahl erwischt wurde, war mir auch nicht entgangen, auch wenn wir nie darüber redeten.

Am Nachmittag vor dem großen Schneesturm klingelte es an der Wohnungstür. Ich legte mein Handy beiseite und schaute aus meinem Zimmerfenster. Draußen vorm Haus stand ein Streifenwagen. Christine machte die Wohnungstür auf. Ich sah vom Flur aus, wie zwei Münchner Polizisten ihre Ausweise zückten und eintraten. Die Beamten zeigten Christine eine Reihe von Fotos, die die Sicherheitskameras der Münchner Verkehrsbetriebe einige Tage zuvor in einer U-Bahn-Station aufgenommen hätten. Es bestand kein Zweifel. Daniel – mein Bruder Daniel – hatte versucht, die ganze Station mit schwarzer und roter Farbe vollzusprühen, bis er von einem späten Fahrgast überrascht wurde und die Flucht ergriff. Offenbar hatte die Polizei schon länger ein Auge auf ihn gehabt, und die Fotos waren das letzte Puzzleteil. Daniel hatte sich nicht einmal die Mühe gegeben, sich zu vermummen.

Christine ließ sich in einen Sessel fallen. Ihr Gesicht war bleich wie Sauerteig. Ich glaube, sie hatte den Rest der Geschichte gar nicht mitbekommen, aber ich habe die beiden Polizisten sehr wohl verstanden. Die Sache würde ganz gewaltige Folgen nach sich ziehen. Und wo blieb Daniel? „Ich rufe euren Vater an“, sagte Christine zu mir, sobald die beiden Polizisten gegangen waren. „Er muss endlich nach Hause kommen. Es ist mir egal, was er in Italien macht und was er für eine Story recherchiert – er muss sich endlich um seine eigene Familie kümmern.“

Am späten Abend hatte Christine Max schließlich erreicht. Er hatte geantwortet, dass er bei Tagesanbruch zum nächstgelegenen Flughafen fahren und endlich nach Hause fliegen würde.

Von Daniel fehlte weiterhin jede Spur.

Und nun fielen die Schneeflocken. Die Tagesschau war schon lange zu Ende und ich saß in meinem Zimmer. Ich hockte vor meinem Laptop und schrieb hier und da einen Kommentar in einem Forum für Golden-Retriever-Besitzer und -Züchter, während ich Scheherazade das dichte Fell kraulte. „Keine Angst“, sagte ich zu ihr. „Auch wenn ich einen Hund bekomme, wirst du immer meine Nummer Eins sein.“ Ich hatte inzwischen drei Züchter ausgesucht und auch schon ein paar vorsichtige Preisanfragen abgeschickt. Schließlich stand Weihnachten vor der Tür.

Dann klingelte das Festnetztelefon. Ich sprang auf, als ich es hörte. Mir war so, als hätte ich auf eine Botschaft gewartet. Ich stand im Flur, als Christine den Hörer abnahm. „Hallo?“ sagte sie. „Ja, Frau Doktor Sandau am Apparat.“ Einen Augenblick später: „Polizei? Haben Sie Daniel gefunden?“

Und dann – Stille. Und dann noch mehr Stille, als Christine den Hörer wie in Zeitlupe auflegte. Sie verschwand wortlos in ihr Arbeitszimmer. Ich zögerte eine ganze Minute, dann folgte ich ihr. Ich entdeckte meine Mutter auf ihrem Schreibtischstuhl, zusammengekauert, ihre Notizen für die neue Zeitungskolumne waren auf dem Fußboden verstreut. Eine der Topfpflanzen war vom Schreibtisch gekippt und lag wie ein Häufchen Verwüstung auf dem Parkett. Christine hatte ihre Knie an sich gezogen und hielt ihre Augen fest geschlossen. „Euer Vater“, murmelte sie. „Ein Flugzeugabsturz.“

Draußen rieselte der Schnee. In meinem Inneren schlug eine Tür zu. Ich hörte geradezu, wie sich der Schlüssel umdrehte. Auf einmal wusste ich, dass mein bisheriges Leben für alle Zeiten zu Ende war. Dass ich mich ab jetzt von allen Gewissheiten verabschieden musste.

Als ich meine Augen schloss, sah ich vor mir – so scharf und deutlich, als ob das Bild mit einem Stahlgriffel in meine Netzhaut eingeritzt worden wäre – eine weite, öde, von einem eisigen Wind durchfegte Steppe. Ohne Straße. Ohne Pfad. Ohne Wegweiser.

Das, schien mir der Wind zu sagen, ist deine Zukunft.

3

Christine sagte in dieser Nacht nicht mehr viel. Benommen wie ich war, atmete ich ein paar Mal tief durch und erledigte zwei oder drei Anrufe für sie. Eine halbe Stunde später stand eine von Christines Partnerinnen aus der Gemeinschaftspraxis vor der Tür. Sie hatte sich trotz der Schneemassen irgendwie einen Weg zu uns gebahnt. Kurz danach kam eine ihrer ältesten Freundinnen dazu. Zu dritt verbrachten sie die halbe Nacht im Arbeitszimmer.

Gegen 1.00 Uhr tauchte Daniel endlich auf. Bleich, nass und durchgefroren. Daniel hatte Papas dunkle Haare und dunkle Augen geerbt, sodass man uns kaum als Geschwister erkennen kann. In unserer Familie fällt der Apfel wahrhaftig nicht vom Baum, zumindest was das Aussehen betrifft. Als Christine ihm in wenigen Worten mitteilte, was geschehen war, ließ er einen Schmerzensschrei los, den ich nie im Leben vergessen werde. Ich dachte fast, er würde wieder in die Nacht verschwinden. Aber Daniel rannte stattdessen in sein Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Als ich etwa eine Stunde später schlaflos durch die Wohnung geisterte, hörte ich sein Schluchzen.

Ich nahm die Sachen für den nächsten Tag, die ich auf dem Bett sorgfältig in Häuflein aufgestapelt hatte, und schmiss sie auf den Boden. Dann legte mich auf die Decke, nahm Scheherazade in meine Arme und begrub mein Gesicht in ihrem Fell.

Am Morgen waren vom nächtlichen Schneesturm nur noch Matschberge und Wasserpfützen übrig. Man hätte denken können, dass gar nichts passiert wäre, und für ein paar Augenblicke versuchte ich zu glauben, dass die Ereignisse in der Nacht nur ein böser Traum gewesen waren. Es wäre mir fast gelungen.

Aber dann klingelte es wieder an der Tür. Wieder die Polizei. Dieses Mal waren es eine Frau und ein Mann. Diese beiden interessierten sich ganz und gar nicht für Daniel und die U-Bahn-Station. Ihre Mienen verrieten eine ganz andere Bestimmung. Christine schickte mich aus dem Wohnzimmer, aber durch den Türspalt bekam ich alles mit. Daniel blieb untergetaucht.

Eigentlich gab es nicht viel zu erzählen: Ein einmotoriges Flugzeug mit nur einem Passagier. Ein Wintersturm über den Alpen. Ein Absturz aus großer Höhe irgendwo an der italienisch-österreichischen Grenze. Eine gefährliche Rettungsaktion. Keine Überlebenden. Max Sandau hatte keine Chance gehabt.

In den darauffolgenden Tagen ging alles sehr schnell. Davon bleibt nur einer grauer Fleck in meinem Gedächtnis. Am Sonntag tauchten zwei Kollegen vom MONITOR auf, die uns bedächtig die Hände schüttelten und uns ihr aufrichtiges Beileid aussprachen. Nach diesen Formalitäten fragten sie vorsichtig nach eventuellen Unterlagen, die Max möglicherweise zu Hause aufbewahrt hatte. Schließlich dürfe sein letztes Projekt nicht unvollendet bleiben, sagten sie. Christine verneinte die Existenz solcher Papiere. Schließlich arbeitete Max nie zu Hause. Die Kollegen nahmen diese Auskunft zur Kenntnis und machten sich bald auf den Weg.

Eine Stunde später tauchten ein Mann und eine Frau auf, die sich als Mitarbeiter des Bundeskriminalamts auswiesen. Sie stellten dieselbe Frage nach möglichen Unterlagen über eine Reportage, die „von Interesse“ sei. Sie gaben sich ebenfalls mit Christines Antwort zufrieden und zogen wieder ab. Ich war in jenen Tagen dermaßen durch den Wind, dass mir diese Besuche nicht weiter fremd vorkamen. Jedenfalls keineswegs fremder als alles andere, was mir damals sonst noch von meinem früheren Leben um die Ohren flog.

Max’ Anwalt kam am Montag, gefolgt vom Bestattungsdirektor. Opa Heinrich und Oma Linda kamen aus Passau nach München, um bei Daniel und mir zu bleiben, während Christine die nötigen Vorbereitungen traf. Das Begräbnis fand am Donnerstag statt, und zwar in Bad Aibling, wo Max geboren worden war und wo seine Schwester noch immer lebte. Wir fuhren in zwei Autos hinunter. Ich saß mit Nadine und Jana in unserem Auto und Daniel fuhr mit unseren Großeltern mit. Auf dem Kirchhof stand ich zwischen meinen Freundinnen und hielt ihre Hände so fest, als würde ich an einem Abgrund stehen.

Ich schaute mich um. Wann war ich überhaupt zum letzten Mal hier gewesen? Alpenluft, Zwiebeltürmchen, lauter fremde Leute – eine fremde Welt. Als Max’ Sarg ins Grab hinabgelassen wurde, begriff ich auf einmal, wie wenig ich eigentlich über meinen eigenen Vater wusste.

Als sich das Begräbnis dem Ende näherte, bemerkte ich einen mittelgroßen Herrn mit Schnurrbart und Brille, etwa vierzig. Er trug einen grauen Anzug und Mantel. Er stand etwas unruhig am Rande der Trauergesellschaft und nahm die anderen Teilnehmer in Augenschein. Unter seiner schweren Winterkleidung schien sein Körper sehr durchtrainiert zu sein. Attraktiv wirkte er aber deshalb noch lange nicht. Im Gegenteil, dieser Mann wirkte alles andere als attraktiv.

Einmal begegneten sich unsere Blicke. Er starrte mich durch seine Brille aus schwarzen Augen an, bevor er plötzlich wieder Gleichgültigkeit vortäuschte und seinen Blick auf den Priester richtete. Als sich die Gesellschaft allmählich auflöste, griff er in seine Manteltasche und zog eine Schachtel Zigaretten hervor. Sobald er seinen Glimmstängel angezündet hatte, schnipste er das noch brennende Streichholz in einem hohen Bogen zur Seite, so dass es zwei Meter weiter auf einem Schneehaufen erlosch. Ärger ergriff mich. Wer raucht bei einem Begräbnis, und wer schmeißt mit brennenden Streichhölzern um sich?

Auf der anschließenden Begräbnisfeier in einem Wirtshaus am Marktplatz trat ein anderer Herr auf mich zu, der mir schon bekannt vorkam. Er trug einen schwarzen Anzug und die vielen Falten auf seiner hohen Stirn verrieten ein Leben voller Fragen und Sorgen. „Jenny, ich bin Richard Bergmann vom MONITOR“, sagte er mir, während er mir seine Visitenkarte überreichte. „Du wirst kaum nachvollziehen können, was für ein Verlust der Tod deines Vaters für uns alle in der Redaktion bedeutet – und nicht nur persönlich. Wenn du irgendetwas brauchst, wenn du und dein Bruder in irgendwelche ... Schwierigkeiten geraten solltet, zögere bitte nicht, mich zu kontaktieren.“

„Schwierigkeiten?“, fragte ich. „Was für Schwierigkeiten könnten das denn sein?“

„Ruf mich einfach an“, sagte er und verschwand wieder in der Menge.

Gegen acht ging die Gesellschaft auseinander. Bis dahin schien Christine ganz tapfer durchgehalten zu haben. Aber kaum hatte sie sich ans Steuer gesetzt, um uns nach Hause zu fahren, fing sie an zu schluchzen. Sie sprach fast kein Wort, bis wir die Lichter des Olympiaturms erblickten.

Nachdem wir Nadine und Jana nach Hause gebracht hatten und in unsere eigene Straße einbogen, entdeckte ich den Streifenwagen zuerst. „Ich bedaure es sehr, Frau Doktor“, erklärte der schneidige Beamte, der an unserer Haustür stand, „aber bei Ihnen ist eingebrochen worden. Ihre Nachbarin hat die kaputte Scheibe vor einer Stunde gemeldet. Dürfen wir hereinkommen und einen Blick darauf werfen?“

Die Einbrecher hatten es auf Papas Arbeitszimmer abgesehen. Dort lagen zwischen den Scherben der Scheibe überall Papiere auf dem Fußboden verstreut. Ein ausgedienter Notebook-Computer, der oben auf einem Bücherregal gestanden hatte und seit mindestens einem Jahr nur noch seltsame Geräusche von sich gab, war verschwunden. Abgesehen davon, dass alle Türen im Haus offen standen, entdeckten wir keine Spur von Diebstahl oder Zerstörung.

Christine erstattete Anzeige gegen unbekannt. Die Täter sind bis zum heutigen Tag nicht ermittelt, obwohl ich meine Vermutungen habe. ... Aber eins nach dem anderen.

Am nächsten Tag ließ Opa Heinrich eine Alarmanlage einbauen, als ob uns das jetzt irgendeinen Nutzen bringen konnte. Unsere Großeltern blieben noch zwei Wochen bei uns.

So verwirrt, wie Daniel und ich waren, dauerte es noch einige Tage, bis wir alles, was sich zugetragen hatte, wirklich verstanden. Als Papa spätabends die Nachricht von der Angelegenheit mit Daniel und der U-Bahn-Station erhielt, hatte er seine Gespräche im Hotel in Bergamo sofort abgebrochen und ein Privatflugzeug gechartert, um am nächsten Tag vor dem Morgengrauen nach München zu fliegen. Der Pilot der kleinen Maschine, den er endlich nach vielen Absagen auftreiben konnte, hatte offenbar mehrfach Probleme mit Alkohol gehabt und die Wetterberichte, die größere Winterstürme ankündigten, ignoriert und seinen Flugplan gefälscht.

Als der Pilot sich nicht mehr meldete und als die Maschine in München überfällig war, hatte die Flugsicherung Alarm geschlagen. Es hatte Stunden gedauert, bis das Wrack gefunden wurde, und noch länger, um die Toten zu identifizieren. Max’ Bruder, der in Innsbruck lebte, hatte die Identifikation übernommen. Wenigstens das blieb Christine erspart.

Und so schien seine Geschichte zu Ende zu sein. Aber für mich hatte sie kein Ende, denn Papa hatte zu viele Fragen zurückgelassen. Warum musste er so plötzlich aus unserem Leben herausgerissen werden? Was war an seinem Arbeitszimmer so verdammt interessant? Und was hatte er überhaupt in Italien zu suchen? Aber auf diese Fragen schien es einfach keine Antworten zu geben. Jedenfalls nicht in München.

Jetzt war aber eh nicht die Zeit für Fragen. Unsere Familie lebte nur noch im Schweigen. An der Oberfläche hatte sich kaum etwas geändert, nur dass wir selten ein Wort miteinander wechselten. Ich habe meinen eigenen Bruder kaum noch gekannt. Vorbei seine nächtlichen Streifzüge. Er schloss sich meistens in seinem Zimmer ein und saß Tag und Nacht an der Spielkonsole. Von seinen sogenannten Freunden, die ihn in solche Schwierigkeiten gebracht hatten, haben wir nie wieder etwas gehört.

4

Vom Rest des Winters weiß ich nur noch, dass er dunkel war. Wir verbrachten einen fast wortlosen Heiligabend bei unseren Großeltern in Passau. Ich bekam keinen Welpen geschenkt – in jenem Jahr nicht und im darauffolgenden auch nicht. Diesen Wunsch, wie so viele andere, die in einem einzigen Augenblick absurd und kindisch geworden waren, strich ich stillschweigend von meiner inneren Liste.

Nach dem Dreikönigstag gingen wir wieder zur Schule, aber wir lernten fast nichts. Unsere Noten stürzten so weit ab, dass die Lehrer sich bis zum Frühling ernsthaft fragten, ob sie mich und Daniel in die nächste Klasse versetzen konnten. Im Februar wurde ich vierzehn. Mein erster Geburtstag ohne Papa. Gott sei Dank bleibt dieser Tag ein weißer Fleck in meinem Gedächtnis.

Christine kündigte sofort ihre Zeitungs-Kolumne und nahm einen einmonatigen Urlaub von der Praxis. Es folgten ein zweiter und ein dritter Monat. Als der Frühling unbemerkt in den Sommer überging, wurde der Urlaub zum Dauerzustand. Die Urlaubsreise nach Irland, die wir in diesem Sommer unternehmen wollten, wurde schon im Dezember storniert. Daniel und ich verbrachten drei Wochen bei unseren Großeltern in Passau, dann weitere drei Wochen in einem Sommerlager an der Ostsee. Als wir Ende August nach Hause zurückkehrten, erklärte uns Christine, dass sie die Praxis endgültig aufgegeben hätte. Sie fühlte sich einfach nicht mehr in der Lage, zu praktizieren oder psychologische Beratung anzubieten, geschweige denn für andere Menschen zu schreiben. Ihr waren die Antworten ausgegangen. Sie hatte einfach keine Wörter mehr.

Am Anfang des neuen Schuljahres schien das Leben fast wieder normal zu sein. „Wenn man dich so erlebt“, sagte mir einmal Nadine, „würde man nie auf die Idee kommen, dass du vor acht Monaten deinen Vater verloren hast.“ Das zeigte lediglich, wie wenig Ahnung sogar Nadine von meinen inneren Gefühlen hatte. Dennoch freute ich mich, dass mir der Verlust nicht mehr auf der Stirn geschrieben stand.

Daniel spielte wieder Fußball nach der Schule und ging jeden Samstagabend mit seinen Freunden ins Kino. Zu Hause aber schloss er sich nach dem Abendessen stundenlang in seinem Zimmer ein, um die Welt vor Zombie-Attacken zu retten oder, immer öfter, um zu lesen.

Dabei hatte unsere persönliche Tragödie die Sache mit Daniels Sprayaktion keineswegs aus der Welt geschafft, so lächerlich wie sie jetzt auf mich wirkte. Die Angelegenheit endete mit einer gepfefferten Geldstrafe, die Christine bereitwillig zahlte, um sich die Behörden vom Hals zu schaffen, sowie einer teuren, mehrwöchigen psychologischen Beratung für Daniel, die er ohne Widerrede und ohne erkennbare Wirkung über sich ergehen ließ. Geld hatte Christine, vor allem jetzt, wo sie Max’ Lebensversicherung ausgezahlt bekam. Was ihr fehlten, waren Nerven.

Immerhin raffte sie sich im September dazu auf, uns von einer privaten Berufsberatungs-Firma auf Herz und Nieren prüfen zu lassen. „Ihr braucht eine Perspektive“, sagte sie uns knapp, bevor sie uns ins Büro der Firma begleitete. „Je eher ihr wisst, worauf ihr hinzuarbeiten habt, desto besser wird es euch gehen.“ Nicht, dass ich es ihr hätte übelnehmen können, jede Unsicherheit aus unserem Leben entfernen zu wollen. Unausgesprochen blieb ihr offensichtlicher Wunsch, dass wir jeglichen Gedanken an die spannende, aber umso gefährlichere und am Ende auch tödliche Laufbahn unseres eigenen Vaters im Keim ersticken sollten. „Du und dein Wandertrieb“, hatte sie ihm vor seiner letzten Reise gesagt, als sie sich über seine ständigen Auslandsreisen beklagte. „Du hast wohl Nomadenblut in den Adern, denn du kannst nie für drei Tage hintereinander in einem Land bleiben, geschweige denn in einer Stadt!“ Christine selbst hatte sich spätestens seit ihrem Aufenthalt in Honduras ihres eigenen Wandertriebs geschämt, und nun wollte sie, dass auch wir möglichst sesshaft wurden.

Und so fiel das Ergebnis unserer Berufsberatung entsprechend aus: Die Versicherungsbranche für Daniel, der öffentliche Dienst und eine Beamtenlaufbahn für mich. Ein Vollkasko-Leben. Die Vorstellung war nicht wirklich aufregend, aber wenigstens hatten wir beide endlich eine Perspektive, auf die es sich hinzuarbeiten lohnte.

Nadine hatte während des Sommers begonnen, sich ernsthaft fürs andere Geschlecht zu interessieren, und sie konnte nicht umhin, mir mitzuteilen, wer süß und wer „abartig“ war. „Mach doch die Augen auf, Jenny!“, sagte sie mir immer. „Du lebst zu sehr in deinen Träumen. Dabei gibt es hier draußen eine ganze Welt zu entdecken!“ Vielleicht lag es an Nadines Einfluss, oder vielleicht waren es die Veränderungen, die die Zeit mit sich brachte, die auch meine Wahrnehmung der Welt um mich herum allmählich änderten. Eine Veränderung, die ich nicht leugnen konnte, war die Tatsache, dass der Mensch, der mich aus dem Spiegel anblickte, kein kleines, schüchternes Mädchen mehr war, sondern eine aufgeweckte junge Frau mit langen goldenen Haaren und Augen, in denen, wie mir Nadine versicherte, alle Farben des Meeres leuchteten. Neuerdings zwickten meine Kleider ungewohnt an einzelnen Körperstellen. Immer mehr männliche Köpfe drehten sich nach mir um, und ein gutgekleideter Herr in einer Schlange am Geldautomaten fragte mich einmal, ob er mich in seinem Studio fotografieren dürfe (was ich natürlich sofort abgelehnt habe).

Aber nicht nur meine Wahrnehmung durch andere hatte sich verändert. Seit Ende November dachte ich, wenn ich an die Schule dachte, nicht mehr nur an meine Freundinnen und an meine Hausarbeiten und Aktivitäten. Ich dachte auch an ein faszinierendes Paar brauner Augen, das mir im Schulkorridor oder in der Kantine begegnete, und an eine Stimme, die laut und schroff grölen konnte, wenn sie andere Jungs rief, die aber sanft und tief klang, wenn sie meinen Namen aussprach.

Mark ging in eine Parallelklasse. Ich wusste wenig über ihn, außer dass er nach der Schule Fußball spielte und ein guter Schwimmer sein sollte. Nadine, die allgemein als Expertin galt für alles, was ein Y-Chromosom besaß, gab Mark eine glatte 9,5 und gratulierte mir zu meinem Geschmack. „Mit ihm kannst du dich sehen lassen“, sagte sie mir. Aber ich verriet meine Gedanken über Mark und die neuen Wendungen in meinem Leben meinem Tagebuch und niemandem sonst.

Unser Leben wäre fast wieder normal geworden, wenn nicht der Traum gewesen wäre. Jede Nacht in den ersten Monaten nach dem Absturz träumte Daniel, den das alles scheinbar noch mehr beschäftigte als mich, denselben schrecklichen Alptraum, den er mir einmal und dann immer wieder bis ins kleinste grauenvolle Detail schilderte:

Unser Vater saß auf dem Rücksitz eines kleinen Flugzeugs, gefesselt und geknebelt, hinter einem verlotterten Piloten, der verrückt lachte und seine Arme wild um sich warf. Der Pilot warf das Flugzeug hin und her und flog mit Vollgas zwischen verschneiten Berggipfeln hindurch, bevor er es absichtlich gegen ein Bergmassiv richtete, wo es unter seinen Freudenschreien zerschellte. Daniel wachte immer entsetzt auf, wenn er das träumte, verschwitzt und nach Luft ringend. Seine Schilderung sowie das Bild, das er heraufbeschwor, waren dermaßen drastisch und einprägsam, dass ich Daniels Traum bald selbst träumte, und zwar am helllichten Tag. Jedenfalls ging er mir selten für länger als ein paar Minuten aus dem Sinn. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass dieser Traum alles war, was uns wirklich miteinander verband.

An Fliegen war in unserer Familie gar nicht mehr zu denken. Vor Max’ Unfall verbrachten wir jedes Jahr mehrere Tage in der Luft. Christine jettete ständig zu Konferenzen und Seminaren in ganz Europa und Amerika. Daniel und ich flogen im Durchschnitt sieben Mal im Jahr, mit oder ohne Max. Wir hatten seit unserem dritten Lebensjahr die Welt schon sechsmal umflogen. Vorher hatte keiner von uns auch nur die geringste Angst vorm Fliegen gehabt, aber seit Max’ Tod ließ der bloße Gedanken daran bei uns Panik ausbrechen.

Im September hatte Christine eine Einladung zu einer Konferenz in Genf erhalten, wo sie über „Frauen in der Medizin“ referieren sollte. Dies sollte der erste Schritt zurück in ihre Karriere sein – so hatte sie sich das zumindest vorgestellt. Aber kaum hatte sie das Flugzeug erblickt – eine Turboprop-Maschine mit sechzig Sitzen, die erwartungsvoll auf der Rollbahn stand –, als ihr so schwindlig wurde, dass sie beinahe umgekippt wäre und es kaum in den Wartebereich zurückschaffte. Seitdem hatte sie kein Flugzeug mehr von innen gesehen.

Als der Herbst wieder in den Winter hinabglitt und ein freudloses Weihnachtsfest sich in ein neues freudloses Jahr auflöste, wurde Daniel und mir klar, dass es unserer Mutter kein bisschen besser ging. Sie blieb fast die ganze Zeit zu Hause. Zweimal in der Woche ging sie zu einer Art Gruppentherapie. Ansonsten blätterte sie in ihren Büchern oder saß einfach in ihrem Arbeitszimmer, in Gedanken versunken. Während dieser ganzen Zeit nahm Christine kein einziges Mal die Wörter „Vater“ oder „Max“ in den Mund. Aber ansonsten redeten wir alle nach einer gewissen Zeit genauso viel oder so wenig miteinander wie zuvor. Nur das wichtigste Thema war völlig ausgeblendet. Es fehlten die Wörter.

5

An einem Sonntagnachmittag im Februar erhielt Christine Besuch von Antonia. Antonia war eine alte Freundin vom Studium, die Tropenmedizin studiert hatte und inzwischen zu einem hohen administrativen Posten in einer internationalen Nichtregierungs-Organisation namens „Doctors Without Limits“, kurz „DWL“, aufgestiegen war. Nachdem sie Christines Kaffee getrunken und ihre Neuigkeiten angehört hatte, lehnte sich Antonia im Sessel zurück und schaute ihrer Freundin direkt in die Augen.

„Aber natürlich, Christine, ich verstehe allzu gut, wie schwer das alles für dich gewesen ist.“ Ihre Stimme klang aber nicht mitleidig, sondern streng – fast ärgerlich. „Aber hör’ mal zu: Max’ Tod ist schon über ein Jahr her. Das ist viel mehr Zeit, als ein Baby braucht, um sich zu entwickeln und geboren zu werden. Aber was entwickelt sich aus deiner Trauer? Wie lange willst du sie noch in dir tragen?“ Christine wollte mich gerade aus dem Zimmer scheuchen, als Antonia die Hand erhob und sagte: „Lass deine Tochter hierbleiben und hören, was ich dir zu sagen habe. Das geht schon viel zu lange so, Christine. Du musst dich endlich zusammenreißen und wieder anfangen, zu leben. Ich verstehe schon, dass es dir keinen Spaß mehr macht, alten Witwen Hämorrhoidensalbe zu verschreiben und liebeskranke Teenager über Kondome aufzuklären, oder meinetwegen die Beziehungsexpertin im Fernsehen zu spielen. Warum sollte es auch? Warum versuchst du nicht einmal, jemandem richtig zu helfen?“

„Helfen? Meinst du im Ausland, so wie du?“ Christine lachte. „Was heißt heute noch helfen? Es ist längst nicht mehr so, dass wir Europäer den Rest der Welt beglücken müssen.“

„Wie du anderen helfen willst, bleibt dir überlassen“, sprach Antonia weiter. „Aber so wie du jetzt bist, nützt du niemandem etwas, gell? Ich meine, was ist schon dein Kummer im Vergleich zum Kummer dieser Welt? Glaubst du, dass du die erste Frau auf dieser Welt bist, die ihren Mann verloren hat? Das ist nicht sehr wahrscheinlich, oder?“

Als Christine nicht auf ihre Worte reagierte, erzählte Antonia ihr weiter, dass ihre Organisation gelegentlich nach Ärzten suchte, die in ihren Krankenhäusern im Ausland benötigt wurden. Man könne sich mal erkundigen.

Danach sprachen sie über tausend andere Sachen, aber Christine gingen Antonias Worte offenbar nicht mehr aus dem Kopf.

Schon am nächsten Tag rief Christine den Direktor der DWL in seinem Schwabinger Büro an und vereinbarte gleich für den Nachmittag einen Gesprächstermin. Beim Gespräch bewunderte Dr. Kaiserwetter, wie er hieß, die Begeisterung seiner prominenten Kollegin, wie mir Christine später berichtete. Aber er sagte bedauernd, dass er wenig anzubieten hätte. Der einzige Job, der momentan in Frage käme, wäre eine halbe Stelle als Sachbearbeiterin in der Personalverwaltung, und zwar im Büro nebenan. „Etwas Interessanteres kann ich Ihnen nicht anbieten“, hatte er ihr erklärt. „Zumindest heuer nicht.“

„Ich werde es mir überlegen“, sagte Christine enttäuscht. Und das schien das Ende zu sein.

Eine Woche später rief Dr. Kaiserwetter bei uns an. Es würde doch bald eine Stelle geben, sagte er, und zwar eine volle Stelle, die sie interessieren könne. Er müsse es aber mit ihr persönlich besprechen. Keine Stunde später saß Christine wieder in seinem Büro.

„Ich werde nächsten Monat nach Tansania reisen“, erklärte sie Daniel und mir beim Abendessen. Wo ist denn das?, fragten wir uns. „Es sieht so aus, als ob der Chefarzt einer Klinik in einem Dorf namens Zimmermann’s Bend plötzlich verstorben ist. Seine Stelle ist ab sofort frei und man sucht jemanden, der sie möglichst schnell übernehmen kann. Ich habe ja unter anderem Tropenmedizin studiert und während meines Jahres in Honduras fast alles erlebt und gesehen. Wisst ihr, es handelt sich um eine sehr entlegene Gegend, und es fällt den Menschen dort schwer, einheimische Ärzte ...“ Christine zögerte. „Ich werde für zwei Wochen dahin fahren, um mir alles anzuschauen“, sagte sie weiter. „Wenn es mir dort gefällt, dann kann es sein, dass wir alle nach Ostafrika ziehen werden.“

Schweigen. Ich spürte schon in meinen Haarspitzen, dass das, was von unserem Leben übriggeblieben war und das ich gerade wieder zusammenpuzzelte, im Begriff war, ein zweites Mal einzustürzen, und zwar endgültig. Ostafrika? In meiner Phantasie sah ich vor mir wieder die flache, endlose Steppe, die mein Leben verschluckte – und mittendrin zwei braune Augen, die in meine eigenen schauten. Ich drehte mich zur Wand, um die Tränen, die sich schon bildeten, vor den anderen zu verbergen.

„Für wie lange?“, gelang es Daniel zu fragen.

„Na ja“, sagte Christine, als sie ihre Brotscheibe nebenbei mit Butter beschmierte. Die Scheibe zerfetzte unter ihren zackigen Bewegungen und sie griff nach einer neuen. „Es hängt von mehreren Faktoren ab“, sagte sie so beiläufig, wie sie konnte, während sie das Messer schwang. „Aber wenn alles so läuft, wie wir es uns vorstellen, dann für mindestens zwei Jahre. Vielleicht für viel länger.“

„Aber das Haus!“, protestierte ich. „Und dein Rosengarten! Und was ist mit meiner Schule? Und mit meinem Abi?“

„Wir werden das Haus wohl verkaufen müssen“, sagte Christine. „Schade nur um den Rosengarten. Und was die Schule betrifft, es soll ein ausgezeichnetes Internat geben …“

„Kein Internat!“, brüllte ich. „Ich gehe niemals auf ein Internat!“

„… Oder wir können Heimschulmaterial vom Bildungsministerium anfordern.“

„Und ... der öffentliche Dienst? Und meine Beamtenlaufbahn? Ich dachte, du wolltest, dass ich etwas Bodenständiges mache!“

„Das ist nicht aus der Welt. Ein Afrika-Aufenthalt ist ein ganzes Studium für sich. Dort werdet ihr erfahren, wer ihr wirklich seid.“

„Und unsere Freunde ...?“

„Ihr werdet neue Freunde finden.“

Ein entsetzlicher Gedanke schoss mir durch den Kopf: „Und Scheherazade ...?“

„Wir werden bestimmt ein schönes neues Zuhause für eure Mieze finden, denn in Afrika wird sie nicht glücklich werden. Bei den Tieren, die dort unten unterwegs sind, würde sie keinen Tag überleben. Sie könnte zu deiner Freundin Nadine, zum Beispiel. Oder vielleicht werden sich meine Eltern dazu breitschlagen lassen.“

Ich griff nach meiner Katze, die neben mir auf dem Fußboden schlief, und nahm sie fest in meine Arme. Meine Tränen benetzten ihr Fell.