Kohlhammer Studienbücher Theologie
Herausgegeben von
Christian Frevel
Gisela Muschiol
Dorothea Sattler
Hans-Ulrich Weidemann
Band 1,2
Hermeneutik der Jüdischen Bibel und des Alten Testaments
Zweite, überarbeitete Auflage
Verlag W. Kohlhammer
Zweite, überarbeitete Auflage 2019
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-036140-9
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-036141-6
epub: ISBN 978-3-17-036142-3
mobi: ISBN 978-3-17-036143-0
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Die wohl engste Verbindung zwischen Juden und Christen ist in der gemeinsamen Schriftgrundlage zu greifen. Alle Bücher der Heiligen Schrift des Judentums (Tanach) sind im "Alten Testament" der christlichen Bibel enthalten. Die Geschichte von Judentum und Christentum zeigt aber, dass dieselben Bücher in je eigenen Kontexten ganz verschieden verstanden und ausgelegt werden. Die Neuausgabe dieses Buches stellt Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Verständnis und in der Auslegung heraus und nimmt die intensive hermeneutische Diskussion der vergangenen 20 Jahre auf. Dazu gehören neue Erkenntnisse zu den Wechselbeziehungen von Judentum und Christentum in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten ebenso wie die Fortschritte im christlich-jüdischen Dialog. Die im II. Vaticanum begründete Neuorientierung der Beziehung zum Judentum, die zu einem neuen Verständnis des Alten Testaments in der katholischen Theologie geführt hat, findet besondere Berücksichtigung.
Prof. Dr. Christoph Dohmen lehrt Exegese und Hermeneutik des Alten Testaments an der Universität Regensburg. Prof. Dr. Günter Stemberger lehrte Judaistik an der Universität Wien.
Vorwort
Vorbemerkung
Allgemeine Literatur
1. Text und Kon-Text
1.1 Die zweigeteilte Einheit der christlichen Bibel
1.1.1 Altes Testament, Jüdische Bibel und Bibel Israels
1.1.2 Das Alte Testament als Ur-Kunde
1.2 Das Verstehen der Schrift
1.2.1 Hermeneutik und Exegese
1.2.2 Texte verstehen
2. Hermeneutik der jüdischen Bibel
2.1 Die Zeit des Zweiten Tempels
2.1.1 Innerbiblische Auslegung
2.1.2 Apokryphen, Pseudepigraphen, Josephus
2.1.3 Bibel in Qumran
2.1.3.1 Bibeltext
2.1.3.2 Die Tempelrolle
2.1.3.3 Halakhische Exegese
2.1.3.4 Pescher
2.1.4 Übersetzung als Auslegung
2.1.4.1 Ist die Bibel übersetzbar?
2.1.4.2 Die Septuaginta als Kommentar
2.1.4.3 Die Targumim
2.1.5 Philo von Alexandria und die allegorische Deutung
2.1.5.1 Homerexegese und Bibelauslegung
2.1.5.2 Vorgänger Philos
2.1.5.3 Philo
2.2 Die Schriftauslegung der Rabbinen
2.2.1 Der feste Text
2.2.2 Allgemeine Voraussetzungen
2.2.3 Auslegungsregeln
2.2.3.1 Die sieben Regeln Hillels
2.2.3.2 Die dreizehn Regeln Jischmaels
2.2.3.3 Die 32 Regeln des R. Eliezer
2.2.3.4 Kritik an Auslegung durch logische Regeln
2.2.4 Allegorische Auslegung
2.2.5 Auslegung und liturgische Schriftlesung
2.2.6 Auslegung in Reaktion auf das Christentum
2.3 Jüdische Exegese im Mittelalter
2.3.1 Vom Midrasch zur Exegese
2.3.1.1 Die karäische Herausforderung
2.3.1.2 Saadja Gaon
2.3.1.3 Raschi und seine Nachfolger
2.3.1.4 Abraham Ibn Esra
2.3.1.5 Abwehr christlicher Auslegungen
2.3.2 Zwischen Wortsinn und Allegorisierung
2.3.2.1 Philosophische Allegorisierung
2.3.2.2 Kabbala
2.3.2.3 Pardes: Die Lehre vom vierfachen Schriftsinn
3. Hermeneutik des Alten Testaments
3.1 Das Christentum und die Heilige Schrift
3.2 Markion und der Kanon der christlichen Bibel
3.2.1 Die Heilige Schrift zwischen Markion und Markionismus
3.2.2 Der Kanon des Alten Testaments
3.3 Die der Bibel Israels
3.4 Altes Testament und christlicher Glaube – Verhältnisbestimmungen und Abhängigkeiten
3.4.1 Mehrfacher Schriftsinn
Exkurs: Die Visualisierung der Typologie
3.4.1.1 Ein Vollsinn
3.4.1.2 Der christologische Sinn
3.4.1.3 Der Sinn des Kanons
3.4.2 Das Alte Testament in der heutigen katholischen Theologie
3.4.3 Verortungen des Alten Testaments
3.4.3.1 Verheißung – Erfüllung
3.4.3.2 Gesetz – Evangelium
3.4.3.3 Schöpfung – Erlösung
3.4.3.4 Wahrheitsraum des Neuen Testaments
3.4.3.5 Die fremde Bibel
3.4.3.6 Die eigentliche Bibel
3.4.3.7 Die entsprechende Bibel
3.4.3.8 Die Bibel im Kanon
Exkurs: Das Alte Testament im Horizont Biblischer Theologie
3.5 Grundpfeiler und Ziele der Hermeneutik des Alten Testaments – Das Alte Testament als Altes Testament verstehen
3.5.1 Pragmatisch konzipierte Rezeption
3.5.2 Erst- und Zweitadressaten
3.5.3 Bedingungen heutigen Verstehens
3.5.4 Israelerinnerung als Ziel und Zentrum der Hermeneutik des Alten Testaments
4. Verbunden und getrennt
Register
Im Zusammenhang mit der »Einleitung in das Alte Testament« für die Reihe »Kohlhammer Studienbücher Theologie«, die in die einzelnen Disziplinen und Bereiche der Katholischen Theologie einführt, hatte Erich Zenger geplant, dass es einen eigenen Band zur Hermeneutik geben müsse. Zwei gewichtige Gründe hatte er angeführt: Zum einen hat die Theologie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil die fundamentale Bedeutung der Bibel erkannt und im Kontext des für alle theologischen Disziplinen immer wichtiger werdenden jüdisch-christlichen Dialogs auch die Notwendigkeit für ein spezifisch christliches Verstehen des Alten Testaments, zum anderen führte der Bereich der Biblischen Hermeneutik in der Katholischen Theologie ein Schattendasein, das es nach Zengers Meinung zu beenden galt. Die Bedeutung des Alten Testaments sollte ins Bewusstsein aller Christen gehoben werden. Um der Besonderheit des Alten Testaments als Jüdische Bibel und als erster und größter Teil der Heiligen Schrift der Christen gerecht zu werden, haben die beiden Verfasser das Anliegen Zengers durch eine »Doppelhermeneutik« umzusetzen versucht. Dabei geht es nicht um eine womöglich interessante Ergänzung der christlichen Position durch eine jüdische, sondern um die grundlegenden Bedingungen des Verstehens des ersten Teils der christlichen Bibel, zu denen die Grundeinsicht in das jüdische Verstehen dieser Bücher wesenhaft gehört. Die Beobachtung, dass dieselben Bücher in unterschiedlichem Kontext ganz verschieden verstanden werden können und sehr unterschiedliche Existenzweisen begründen, entpuppt sich als zentrale Frage der alttestamentlichen Hermeneutik.
Seit dem Erscheinen dieser Hermeneutik sind schon mehr als zwanzig Jahre vergangen und nicht nur die Forschung, sondern auch der jüdische-christliche Dialog und die innerkirchliche Reflexion haben sich weiterentwickelt. Hinzukommt, dass es eine ganze Reihe von Publikationen zur Biblischen Hermeneutik gegeben hat. Diese Entwicklungen legen es geradezu nahe, die vorliegende »Hermeneutik der Jüdischen Bibel und des Alten Testaments« einer Neubearbeitung zu unterziehen. Es hat uns gefreut, dass sowohl der für die alttestamentlichen Bände der Reihe zuständige Herausgeber als auch der Verlag einer Neubearbeitung des Bandes sehr offen gegenüberstanden. Ihnen, dem Kollegen Christian Frevel und dem Verlagslektor Florian Specker, gilt unser aufrichtiger Dank für die Unterstützung und Betreuung dieses Projekts. So kann unsere Hermeneutik nun also in einer 2. überarbeiteten Auflage erscheinen.
Erich Zenger wäre in diesem Jahr 80 Jahre alt geworden; seiner Erinnerung sei diese Neuausgabe der von ihm initiierten Hermeneutik gewidmet.
Regensburg und Wien, im Januar 2019
Christoph Dohmen Günter Stemberger
Bibeltexte sind der revidierten Einheitsübersetzung (2016) entnommen. Wo der Zusammenhang dagegen spricht, ist dies angegeben, so etwa in der Diskussion der Septuaginta. Abkürzungen folgen dem Verzeichnis von Schwertner.
Bei rabbinischen Zitaten steht vor den Traktatnamen m für Mischna, y für den palästinischen Talmud (Yerushalmi), b für den Bavli. Näheres über rabbinische Texte: G. Stemberger, Einleitung in Talmud und Midrasch, München 92011.
(Hier genannte Literatur wird im Buch nur mit Verfasser und Kurztitel angegeben)
B. J. Bamberger, The Bible: A Modern Jewish Approach, New York 1956. – A. Behrens, Das Alte Testament verstehen. Die Hermeneutik des ersten Teils der christlichen Bibel, Göttingen 2013. – C. Böttigheimer, Die eine Bibel und die vielen Kirchen. Die Heilige Schrift im ökumenischen Verständnis, Freiburg 2016. – M. Carasik, The Bible’s Many Voices, Philadelphia 2014. – F. Crüsemann, Das Alte Testament als Wahrheitsraum des Neuen. Die neue Sicht der christlichen Bibel, Gütersloh 2011. – D. Daube, Collected Works I. Talmudic Law, Berkeley 1992 (173-204: Texts and Interpretation in Roman and Jewish Law; 333-355: Rabbinic Methods of Interpretation and Hellenistic Rhetoric; 357-376: Alexandrian Methods of Interpretation and the Rabbis). – I. Z. Dimitrov u. a. (Hg.), Das Alte Testament als christliche Bibel in orthodoxer und westlicher Sicht (WUNT 174), Tübingen-Stuttgart 1984. – J. Ebach, Das Alte Testament als Klangraum des evangelischen Gottesdienstes, Gütersloh 2016. – M. Fishbane, The Garments of Torah. Essays in Biblical Hermeneutics, Bloomington & Indianapolis 1989, Ndr. 1992. – M. Fishbane (Hg.), The Midrashic Imagination. Jewish Exegesis, Thought and History, Albany 1993. – M. A. Fishbane, Jewish Hermeneutical Theology (Library of Contemporary Jewish Philosophers 14), hg. von H. Tirosh-Samuelson/A. W. Hughes, Leiden 2015. – S. D. Fraade, Legal Fictions. Studies of Law and Narrative in the Discursive Worlds of Ancient Jewish Sectarians and Sages (JSJS 147), Leiden 2011. – O. Fuchs, Praktische Hermeneutik der Heiligen Schrift, Stuttgart 2004. – S. Gillmayr-Bucher, T. Meurer, J. Rahner, T. Söding, A. Weihs, Bibel verstehen. Schriftverständnis und Schriftauslegung (Theologische Module 4), Freiburg 2008. – M. Grohmann, Aneignung der Schrift. Wege einer christlichen Rezeption jüdischer Hermeneutik, Neukirchen-Vluyn 2000. – A. H. J. Gunneweg, Vom Verstehen des Alten Testaments. Eine Hermeneutik (ATD Ergänzungsreihe 5), Göttingen 1977. – D. W. Halivni, Peshat and Derash. Plain and Applied Meaning in Rabbinic Exegesis, New York/Oxford 1991. – D. W. Halivni, Reflections on Classical Jewish Hermeneutics, PAAJR 62 (1996) 19-127. – M. Hengel/H. Löhr (Hg.), Schriftauslegung im antiken Judentum und im Urchristentum, (WUNT 73), Tübingen 1994. – D. Instone Brewer, Techniques and Assumptions in Jewish Exegesis before 70 CE (TSAJ 30), Tübingen 1992. – Jahrbuch für Biblische Theologie 6 (1991): Altes Testament und christlicher Glaube – Jahrbuch für Biblische Theologie 12 (1997): Biblische Hermeneutik – Jahrbuch für Biblische Theologie 31 (2016): Der Streit um die Schrift – B. Janowski (Hg.), Kanonhermeneutik. Vom Lesen und Verstehen der christlichen Bibel, Neukirchen-Vluyn 2007. – U. H. J. Körtner, Der inspirierte Leser. Zentrale Aspekte biblischer Hermeneutik. Göttingen 1994. – U. H. J. Körtner, Arbeiten am Kanon. Studien zur Bibelhermeneutik, Leipzig 2015. – S. 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