Marc Hinderlich

 

Sag’s doch,

wie es ist

 

Mit ehrlicher Kommunikation

bewegen

 

 

Unter Mitwirkung von

Silke Schmidt

 

 

Kreutzfeldt digital

 

 

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ISBN 978-3-86623-603-5

© 2019 Kreutzfeldt digital, Hamburg

Design: Ela Wenner / Formen + Normen Designstudio

Illustrationen: »Mister Maikel« Michael Geiß-Hein

Foto Autor: Mona Strieder Photography

Alle Rechte vorbehalten.

 

 

»Die einzige Arbeit,

die auf Dauer wirklich

lohnend ist, ist die

Arbeit an sich selbst.«

 

/ Friedrich Nietzsche

 

 

Inhalt

 

Vorwort

 

1. Einleitung: »Ach, du liebes Ei« – Über Nacht auf die Bühne

 

2. Erste Schritte: Mein Weg zum Trainer, Moderator und Coach

Kommunikation als Lebensthema

Vertriebstalent

Eiszeit im Anmarsch

Schluss mit faulen Eiern

Hinderlich war ich mir nicht – dank meiner Mentoren

Business nach Plan: Vom essbaren Besteck zu Einweg-Ballerinas

Wahre Begeisterung statt kalte Akquise

Feedback – konkret und in der richtigen Reihenfolge

 

3. Im eigenen Takt: Mit ehrlicher Kommunikation bewegen

Der eigene Tanzbereich: Vom Händedruck zum Menschen

Mut zum Sprechen, wenn der Wurm rebelliert

»Marc ist ein Gelber«

Faken macht krank

Selbstvertrauen ist gut, Aufträge sind besser

Auf die Haltung kommt es an – beim Tanzen und im Job

1000 Gründe, um rot zu werden und sich zu freuen

Ratsch! Welche Unterhose trage ich drunter?

Ein kaputter Ü-Wagen als große Chance

Ich bin dann mal weg – im Zumba®-Kurs

»Was machst du noch mal?« Sag’s mal anders!

Kling! Moderation ist spontane Interaktion

Anders kommunizieren und sein erfordert Mut

Diversität als Lernquelle für Offenheit

 

4. Nächste Schritte: In Bewegung bleiben

Ein ehrlicher Blick in meine Selbstinvestitionen

Vom Lesen zum Tun – ein Trainingsplan der bewegenden Art

Die MARCe Ich erforschen – was treibt mich an?

»Und was ist mit mir?!« Selbstständigkeit als Ego-Trip?

Groß, größer – fake

Wohin treibt es mich? Weiter bewegen und bewegt werden

Danksagung

 

Anhang

80 Tipps für bewegende Kommunikation

Literaturtipps

Über den Autor

 

 

Verzeichnis bewegender Tools

 

Tool 1  Bogensatz

Tool 2  Top fünf Eisbrecher für Veranstaltungen

Tool 3  Wie NLP uns hilft, Blicke zu interpretieren

Tool 4  Du oder Sie? Das Arbeits-»Du«

Tool 5  Currywurst-Feedback

Tool 6  Händedruck als Visitenkarte

Tool 7  Ressourceninterview im Coaching

Tool 8  Fünf Anregungen für mehr Bewegung im Wortschatz

Tool 9  Insights MDI® – Beispiele aus dem Fragebogen

Tool 10  Insights MDI® Typen-Übersicht

Tool 11  Sprechende Hände entschlüsseln

Tool 12  Nein-Sagen

Tool 13  Anders fragen – mehr erfahren

Tool 14  Körpersprache – Sitzarten

Tool 15  SMARTE Ziele

Tool 16  Tun-Liste

Tool 17  Innere Antreiber – Fragebogen-Beispiele

 

 

Abbildungsverzeichnis

 

Abb. 1  Selbstbewusste Gehversuche auf der Bühne als Model für Wintermode am Ende einer Jugendfreizeit (August 1988)

Abb. 2  In Finnland mit Huskys

Abb. 3  Einstiegsfolie zu einem meiner Seminare

Abb. 4  Im Publikum bei »Wer wird Millionär?«

Abb. 5  Logo meines ersten »Corporate Designs«

Abb. 6  Gegenstände machen das Feedback greifbar

Abb. 7  Mützensortiment zur Verkörperung der vier Insights-Typen – auch hilfreich, um Seminarräume bunter zu machen und die Atmosphäre aufzuhellen

Abb. 8  Marcie Marc

Abb. 9  Marc rockt die Bühne auf dem Ball der ADTV Tanzschule Willius-Senzer (12/2014)

Abb. 10  Presse-Artikel 2013

Abb. 11  Marc in Aktion im Zumba®-Takt

Abb. 12  Moderator Marc bringt Interviewpartnerin Julia Klöckner auf dem Unternehmerfrühstück des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) zum Lachen (2014)

Abb. 13  Tanzen auf Rollen im Mainzer Schloss

Abb. 14  Auszüge aus der Marketingumfrage

 

 

Vorwort

 

Vor wenigen Tagen, bevor ich mit dem Schreiben des Buches begann, ist es mir schon wieder passiert. Es war eine im Grunde völlig belanglose Gesprächssituation, aber sie zeigt genau, worum es mir geht. Ich lud eine Coaching-Kollegin in eines meiner Seminare ein. Der wirkliche Grund für ihre Teilnahme war, dass sie beim Seminar für eines ihrer Projekte recherchieren wollte. Es gab daher zwei Varianten: Sie schaut nur zu oder sie nimmt aktiv teil. Als wir beide Alternativen betrachteten, fragte sie: »Wenn ich nun von außen zuschaue, was geben wir dann den anderen Teilnehmern als Erklärung?« Meine Antwort kam völlig ohne nachzudenken: »Wir sagen es so, wie es ist.« Sie stimmte mir zu.

 

Ich erzähle Ihnen diese Geschichte exemplarisch, weil sie mir so oder so ähnlich schon in vielen anderen Zusammenhängen passiert ist. Wann immer es etwas zu sagen oder zu erklären gibt, wird erst einmal um die Ecke gedacht, um eben gerade nicht zu sagen, was man sagen will. Als Kommunikationsexperte, Coach und Teamentwickler weiß ich nur zu gut, dass die Wahrheit immer von der Perspektive des Betrachters abhängt. Doch bei meinen Beobachtungen schwingt etwas Grundsätzlicheres mit: Das Verdrehen unserer wahren Beobachtungen, Gedanken und Gefühle scheint uns so in Fleisch und Blut übergegangen zu sein, dass uns kreative Umwege häufig leichter fallen als direkte Kommunikation. Mit anderen Worten: Fake News sind für manche zum Normalfall geworden. Und wo bleibt die Aufrichtigkeit?

 

Als Experte für Kommunikation habe ich prinzipiell nichts gegen gute Geschichten. Zumal mein Berufsleben vor etwa 15 Jahren im Vertrieb einer Versicherung begann – dort gehört es zum Alltag, Kunden mit überzeugenden Storys zu gewinnen. Doch inzwischen – im Rückblick auf sieben Jahre erfolgreiches Unternehmertum – bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich das Bedürfnis verspüre, offen und ehrlich zu sagen und zu schreiben, dass es auch anders geht. Das mag die Welt von Donald Trump oder vermeintlichen Wirtschaftsbossen nicht verändern. Es mag aber sehr wohl dazu beitragen, dass verantwortungsbewusste Berater, Manager und Unternehmer gleichermaßen ermutigt werden, auf die Wahrheit und damit ihre Sicht der Dinge zu vertrauen. Nichts anderes ist es, was mich antreibt. Für mich ist dabei die Kommunikation der Ansatzpunkt, denn in diesem Bereich liegt meine fachliche Expertise, doch letztlich ist dies nur ein Ansatzpunkt von vielen. Was mich bewegt, ist es, Menschen zu bewegen. In diesem Buch möchte ich teilen, wie mir das gelingt – einfach und ehrlich.

 

Ich erinnere mich noch gut an den 1. Juli 2011, als ich den Knopf drückte und meine erste eigene Homepage online ging. Das war ein besonderer Moment. Schließlich war es mein Unternehmen, das sich nun der Welt präsentierte. Es erfüllt mich zunehmend mit Stolz, zu sehen, was ich seitdem bewegt und gelernt habe. Und das war bei Weitem nicht selbstverständlich, denn ich bin von null gestartet. Nach einer erfolgreichen Karriere im Vertrieb entschied ich mich für den ›unsicheren‹ Weg: den der Selbstständigkeit. Damit wusste ich auch, dass ich nun ganz allein für Erfolg und Misserfolg verantwortlich sein würde – und zwar mit meinem Namen als Marke. Nun könnte man sagen, es waren Glück und eine Menge Zufälle, die dazu beigetragen haben, dies gelingen zu lassen. Ich sage dies aber nicht. Es ist meine tiefe Überzeugung, dass ich mir jeden dieser Schritte erarbeitet habe, auch wenn auf Bemühungen selten schnell Erfolge folgen. Aber dass ich an meinem Prinzip der Aufrichtigkeit und meinem »Nein« zum Faken festgehalten habe, hat sich nicht nur bezahlt gemacht, sondern mir auch ungeahnte Türen der Weiterentwicklung eröffnet – bei meinen Kunden und mir selbst.

 

Was hat mir auf meinem Weg geholfen? Ich könnte hier eine lange Liste an Eigenschaften und Fähigkeiten aufführen, die ich mir in guten Momenten zuschreibe, darunter Durchhaltevermögen, Professionalität, Selbstvertrauen und ständige Optimierung. Doch all das bringen auch viele andere Unternehmer mit. Wenn ich einen einzigen unter den vielen Erfolgsfaktoren herausstellen müsste, die mir geholfen haben, so ist es dieser: Ich bin immer bei mir und damit bei meiner Sicht der Dinge geblieben. Diese funktioniert wie eine Art innerer Kompass, auf den ich mich immer verlassen kann.

 

Das bedeutet nicht, dass ich keine Misserfolge hatte oder mir keine Fehler passiert sind. Es wäre absolut fehl am Platze, so etwas auch nur ansatzweise zu behaupten, gerade als Trainer. Schließlich leben gerade jene, die andere weiterentwickeln, von der eigenen Weiterentwicklung. Doch ich denke, es gibt einen Kern, der sich nie verändert hat. Da ist zum einen die Tatsache, dass Kommunikation, und damit zwischenmenschliches Miteinander, mich schon immer fasziniert hat. Mein Wissensdurst zu diesem Thema bleibt bis heute unersättlich. Und da ist zum anderen die Freude daran, mit der Anwendung dieses Wissens etwas in Menschen auszulösen, das ihnen ungeahnte Entwicklung beschert. Beides, so möchte ich in diesem Buch zeigen, funktioniert am besten, wenn man Kommunikation offen, ehrlich und professionell betreibt.

 

Was heißt nun Ehrlichkeit? Ist das nicht eine Norm, die im Grunde selbstverständlich sein sollte? Ich habe mich für den Untertitel »Mit ehrlicher Kommunikation bewegen« entschieden, da Ehrlichkeit der Begriff ist, der alles zusammenfasst, was mir am Herzen liegt. Und das geht deutlich über das Thema der Kommunikation hinaus. Ich will Ihnen in diesem Buch Einblicke in unterschiedliche Teile meiner Arbeit – darunter Training, Moderation und Coaching – geben, um zu zeigen, dass wesentliche Prinzipien auch in völlig unterschiedlichen Unternehmens- und Lebenskontexten eine ähnliche Wirkung entfalten. Diese ist es, die mich als Trainer täglich neu motiviert, mit Menschen zu arbeiten und neugierig auf sie zu sein. Meist spürt man diese Wirkung unmittelbar im Raum, wenn sich ein Teilnehmer unerwartet öffnet oder etwas umsetzt, das Minuten zuvor noch unmöglich erschien. Oft erhält man auch wunderbare Rückmeldungen, die einem direkt zeigen, was offene Kommunikation bewegen kann.

 

Bewegung ist es auch, die ich mir von Ihnen, meinen Leserinnen und Lesern1, erhoffe. Sie steht für mich schon lange im Zentrum. Neben meiner Tätigkeit in Unternehmen bin ich seit meiner Jugend Tänzer und mittlerweile auch Fitnesstrainer. Mit anderen Worten: Ich bringe Menschen in Bewegung und damit zum Schwitzen, damit sie sich danach fitter und gesunder fühlen. Das genau ist es, was ich mir auch von diesem Buch erhoffe. Es soll Gedanken in Bewegung setzen, die an manchen Stellen durchaus zum kritischen Nachdenken anregen und damit nicht mal eben leicht zu verdauen sind. Sie dürfen und sollen sich hinterfragen und ein bisschen schwitzen. Genau hierfür sind meine »bewegenden Tools« gedacht, die ich im Text immer wieder einbaue, um vom Lesen ins Üben zu kommen. Die kompliziertesten Tanzschritte brauchen auch eine Weile, bis sie so im Körper gespeichert sind, dass sie fließen. Doch am Ende soll Sie die Lektüre dazu anregen, Ihre inneren Antreiber besser zu verstehen und sich damit in eine Richtung zu bewegen, die bewusst »nein« zum kommunikativen Faken sagt. Somit werden Sie sehen, dass mein Beispiel nur eines von vielen ist. Auch Sie können mit Aufrichtigkeit punkten und sich als Unternehmer entwickeln, so Sie sich dafür entscheiden. Diese Entscheidung treffen Sie selbst. Die Schritte dahin möchte ich Ihnen gern aufzeigen.

 

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1 Nachfolgend wird aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit nur die männliche Form verwendet, es sei denn, der Inhalt richtet sich explizit an Leserinnen.

 

 

Einleitung: »Ach, du liebes Ei« – über Nacht auf die Bühne

 

Es war an einem Montagnachmittag im Jahr 2012 bei einem der weltweit größten Automobilhersteller im Rhein-Main-Gebiet. Ich saß hinter dem Steuer des brandneuen Opel Combo und lenkte das PS-starke Gefährt auf eine gigantische Drehbühne im Scheinwerferlicht. Auf mir lastete der Blick von ca. 200 Führungskräften des Konzerns, die gespannt auf die Produktvorführung warteten. Sie alle hatten keinen Schimmer, wie genau ich nun zu diesem besonderen Vergnügen gekommen war. Sie wussten glücklicherweise auch nicht, dass ich in der Nacht zuvor maximal zwei Stunden geschlafen hatte. All das war auch völlig egal. Ich wusste in diesem Moment, dass sich mein Weg und all die Entscheidungen, die mich bis hierhin gebracht hatten, gelohnt hatten. Es fühlte sich genau so an, wie wenn man in diesem wunderbaren Auto mit den vielen PS unter der Haube morgens um 3:00 Uhr auf die freie Autobahn fährt, um dann bereits am Mittag die Alpen hinter sich zu lassen und das glitzernde Wasser eines italienischen Sees vor sich zu sehen: angekommen an einem Traumziel und erfüllt von der Euphorie auf das, was noch kommen möge.

 

Wenn ich mir heute die Situation von damals in Erinnerung rufe, muss ich noch immer schmunzeln. Tatsächlich empfinde ich die Produktvorführung von damals als eine Art Durchbruch, der unerwartet schnell, aber nicht aus Zufall kam. Die ganze Geschichte war so entstanden, dass ich bei Opel zunächst nur »zum Üben« dabei war während meiner Anfangszeit als selbstständiger Kommunikationstrainer. Ein neues Produkt sollte eingeführt werden, und wie man es von derart großen Konzernen kennt, wird hierbei nichts dem Zufall überlassen. Über mehrere Wochen sollte ein großes Team von Kommunikationsprofis und Trainern die internen Teams bei der Produkteinführung begleiten. Für mich war dies das erste derartige Projekt und ich sollte lediglich für vier Wochen als Unterstützung für Kollegen und »Backup« im Hintergrund für Trainings in Kleingruppen zur Verfügung stehen. Das jedenfalls war der Plan, wobei ich gleich sagen muss, dass ich Pläne und eindeutige Ziele durchaus sehr wertschätze. Trotzdem sollte es anders kommen.

 

Am Sonntag vor diesem »big Monday« klingelte mein Handy. Am anderen Ende war der Chef der Agentur, die mich damals für Aufträge vermittelte. Er stand unter enormem Druck, die Erwartungen des Autoherstellers als wichtigem Kunden zu erfüllen. »Marc«, sagte er, »einer unserer Trainer hat das Rehearsal (zu Deutsch: die Probe) für den Produktlaunch bei Opel morgen nicht gepackt. Er ist raus. Traust du dir das zu?« ... Im Nachhinein denke ich noch immer: »Ach, du liebes Ei« (ein Spruch, den ich laut Aussage meiner Frau übrigens äußerst gern verwende). Der entscheidende Satz platzte ohne Zögern aus mir heraus: »Ja, klar«, sagte ich. Stimme senken. PUNKT. PAUSE. Keine FÜLLWÖRTER – so, wie ich es meinen Teilnehmern gern in Seminaren empfehle, um das Gesagte in Form eines Bogensatzes emphatisch zu unterstreichen.

 

Tool 1: Bogensatz

 

 

Tja, da stand ich nun am Sonntag und verbrachte den Rest des Tages und der Nacht damit, an einer Powerpoint-Präsentation für den nächsten Tag zu feilen. Das war zwar irgendwie anstrengend, doch kam es mir nicht so vor. Ich wusste, dass dies eine riesige Chance war, mit einem Satz einen Sprung zu schaffen, der nur wenigen in meiner Branche so schnell gelingt. Doch ich wusste auch, dass ich nicht nur mental bereit, sondern auch inhaltlich gerüstet war. Was auch immer der ursprüngliche Kandidat für den Job falsch gemacht hatte, mir traute man offensichtlich zu, dass ich es besser machen könnte. Ob dieser Jemand nun zuvor Fähigkeiten vorgetäuscht oder einfach im entscheidenden Moment nicht das Richtige geleistet hatte – das war nicht entscheidend. Mir war klar, dass es hier darum ging, Leistung zu zeigen und zwar ohne Wenn und Aber und ohne Entschuldigungen, warum man vielleicht irgendwas nicht so oder so hingekriegt hat. Hier ging es darum, alles zu geben, und das tat ich auch.

 

Am Morgen um 6:00 Uhr wurde ich schon zum Konzern bestellt. Ab da musste ich gefühlt zehn Probeläufe über mich ergehen lassen. Stimme, Haltung, Licht, die Informationen auf den Punkt – wohin genau lenke ich das Auto auf der Bühne? Wie schnell? Wann dreht sich die Bühne? Wann steige ich aus? Was sage ich? Zu lustig? Gut, ein bisschen weniger unterhaltsam. Stimme okay? Laut genug? Ja, passt. Ich muss sagen, dass ich bei meiner Arbeit schon zum Perfektionismus neige. Was ich dort an diesem Tag erlebte, toppte jedoch alles. Seitdem sehe ich sämtliche neuen Automodelle auf der Straße mit ganz anderen Augen. Von welcher Bühne die wohl mal geschwebt sind? Und wer hat sie wohl gekonnt und nach stundenlangem Proben dem Publikum präsentiert? Für mich jedenfalls lief der Tag wie ein einziger Film ab. Mir war klar, ich durfte mir keinen Patzer erlauben. Denn so schnell, wie ich auf die Bühne gekommen war, wäre ich auch direkt wieder heruntergeflogen.

 

Das passierte aber nicht, und ich werde jetzt hier auch keine erzählerischen Tricks anwenden, um die Spannung meiner Leser anzuregen. Ja, das Auto hätte crashen können. Ja, meine Hose hätte auf der Bühne reißen können (das ist übrigens ein anderes Mal passiert, wovon ich noch berichten werde). Ja, ich hätte einen Blackout haben und plötzlich kein Wort mehr herausbringen können. Doch all das ist nicht passiert. Es wurde ein absolut spektakuläres Event, das in meinem Gedächtnis als ganz großes Kino gespeichert ist. Die Zuschauer waren happy und begeistert, meine Auftraggeber waren erleichtert, dass nach dem Totalausfall so schnell jemand mit so einer Performance zur Stelle war. Und ich? Ich habe den absoluten Kick gespürt, wie ich ihn seitdem noch sehr oft verspürt habe, wenn ich wieder eine Bühne gerockt habe. Und über genau diesen, meinen Weg möchte ich in diesem Buch berichten und damit zeigen, dass ehrliche und authentische Kommunikation gerade in Zeiten von Fake News und »mehr Schein als Sein« ein bewegendes Mittel zum Erfolg ist.

 

Die Story vom Sprung auf die Bühne zeigt bildlich, was möglich ist, wenn man mit kontinuierlicher Arbeit und Bewegung an der eigenen Leistung arbeitet und im richtigen Moment »ja« zu einer Chance sagt. Sie zeigt aber auch, dass faule Eier mit Faken eben nur bis kurz vor die Bühne oder für zehn Sekunden hinauf kommen. Ich habe zunehmend das Gefühl, dass Faken und die eigene Kompetenz kreativ zu überschätzen für viele zum Markenzeichen geworden ist. Und damit meine ich nicht, dass ich die Weisheit oder Ehrlichkeit mit Löffeln gefressen hätte. Ich bin weder übermäßig religiös – auch wenn ich als Jugendlicher ehrenamtlich Konfirmanden betreut habe – noch glaube ich, dass Moralapostel wirklich viel bewegen. Es ist nur so, dass man im Laufe von bald einem Jahrzehnt des Unternehmertums auf dem Trainingsmarkt so viele spannende Erfahrungen und Begegnungen macht, die einem durch ihr Beispiel die eigenen Werte noch präsenter machen. Meine Erfahrung zeigt, dass sich professionelle und ehrliche Arbeit wirklich lohnt – trotz aller Twitter-Attacken und Gerüchte, die jeden Tag die Runde machen. Doch mein Weg zu dieser Erkenntnis begann nicht erst beim Autolaunch. Der begann sehr viel früher in meinem Leben, als ich noch selbst in der Mühle von Zielvorgaben und teils betrügerischen Versicherungsabschlüssen steckte.