Cover

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DIE AUTORIN

Beth Reekles, die gefeierte Autorin von »The Kissing Booth« und anderen Jugendromanen, hat inzwischen außerdem einen Universitätsabschluss in Physik. Sie ist Bücherwurm durch und durch, überzeugte Teetrinkerin und als Buchbloggerin sehr aktiv in den sozialen Netzwerken. Den Roman »The Kissing Booth« schrieb sie mit 17 Jahren. Er wurde zum Riesenerfolg, von Netflix verfilmt und dort eine der meistgeklickten Liebeskomödien.

Von Beth Reekles sind bei cbj erschienen:

The Kissing Booth (31327)

The Beach House (25569)

The Kissing Booth 2 – Going the Distance (31351)

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DIE Übersetzerin

Henriette Zeltner, geboren 1968, lebt und arbeitet in München, Tirol und New York. Sie übersetzt Sachbücher sowie Romane für Erwachsene und Jugendliche aus dem Englischen, u. a. Angie Thomas’ Romandebüt »The Hate U Give«, für das sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2018 ausgezeichnet wurde.

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BETH REEKLES

Aus dem Englischen von Henriette Zeltner

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Erstmals als cbt Taschenbuch Februar 2020

© Beth Reeks, 2020

The moral right of the author has been asserted

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel

»The Kissing Booth 2. Going the Distance« bei Penguin Random House Children’s Publishers UK, London, in der Verlagsgruppe Penguin Random House.

© 2020 für die deutschsprachige Ausgabe

cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Aus dem Englischen von Henriette Zeltner

Außenlektorat: Antje Steinhäuser

Umschlaggestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen, unter Verwendung von Bildmaterial von © Shutterstock (VLADYSLAV DANILIN; bedya)

kk · Herstellung: MJ

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-25568-8
V003

www.cbj-verlag.de

Für Gransha, die von Anfang an mein größter Fan war.

Liebe Leserinnen und Leser,

Ich bin ganz aufgeregt, nach so langer Zeit diese Fortsetzung von The Kissing Booth zu veröffentlichen. Ich weiß, dass viele von euch schon lange darauf gewartet haben. Von meiner Seite waren einige Jahre harter Arbeit nötig, um es bis hierher zu schaffen. Manche kennen Elle, Lee und Noah seit ihrem ersten Auftritt bei Wattpad 2011, anderen haben sie vielleicht erst durch die Netflix-Verfilmung 2018 kennengelernt. Apropos Verfilmung: Es ist echt unglaublich, dass wir bald einen zweiten Kissing-Booth-Film auf Netflix sehen werden. Und auch wenn dieser auf meinem Manuskript und dem, was ihr in diesem Buch lest, basiert, werdet ihr doch einige Unterschiede bemerken, sobald der Film rauskommt. Ist ja kein Wunder – der zweite Film ist die Fortsetzung des ersten, und der wich an einigen Stellen vom ersten Buch ab.

Mir hat das Drehbuch für den zweiten Film total gefallen und ehrlich gesagt mochte ich die Veränderungen in Bezug auf mein Buch. Sie ergaben wirklich Sinn und schließlich heißt es nicht grundlos »Adaptation«. Aber ich denke auch, dass der zweite Film seinen Figuren, ihren Herausforderungen, Erfolgen, Konflikten und Beziehungen gerecht wird, so, wie ihr sie auch in diesem Buch findet. Ich kann’s kaum erwarten, den fertigen Film zu sehen. Ich hoffe, ihr alle werdet ihn und dieses Buch genauso lieben wie ich.

Beth x

1

»Wir sind jetzt Seniors, Baby!«

Kaum hatte ich die Autotür hinter mir zugeschlagen, legte ich den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und holte tief Luft. Die Sonne kitzelte meine Wangen, und ein Lächeln umspielte meine Lippen. Das Schulgelände roch nach frisch gemähtem Rasen, und die Luft war erfüllt vom lebhaften Geschnatter der Teenager, die sich auf dem Parkplatz nach den Sommerferien zum ersten Mal wieder begegneten. Alle beschwerten sich zwar immer darüber, wie sehr sie den ersten Schultag hassten – aber ich war mir sicher, dass ihn insgeheim jeder liebte.

Das neue Schuljahr hatte etwas von einem Neubeginn. Das war zwar ein bisschen lächerlich, weil es ja schließlich nur die Highschool war, aber dennoch fühlte es sich so an.

Ich drehte mich, jetzt wieder mit geöffneten Augen, zu Lee um. Er grinste mich an.

Auch wenn es Montagmorgen war, fühlte ich mich schwerelos. Mein Lächeln spiegelte seines wider. »Zwölfte Klasse, wir kommen«, erwiderte ich leise.

Wenn irgendetwas lohnte, dass man sich darauf freute, dann war das meiner Meinung nach der Beginn des letzten Jahres an der Highschool.

Ich hatte Leute zwar auch schon sagen hören, die Collegejahre seien die besten deines Lebens, aber College klang einfach nach so viel mehr harter Arbeit, selbst wenn man dort mehr Freiheiten genoss. Lee und ich waren jedenfalls überzeugt davon, dass die zwölfte Klasse das Jahr war, in dem wir uns noch mal so richtig amüsieren würden, bevor das Erwachsensein zuschlug.

Ich ging um den Wagen herum und lehnte mich neben Lee an die Motorhaube. Er machte immer ein Riesengetue um sein kostbares Auto, einen Mustang von 1965, den er so innig liebte. Jetzt funkelte der Lack geradezu im Sonnenschein.

»Ich kann gar nicht fassen, dass es endlich soweit ist. Ich meine, stell dir das mal vor: Heute ist unser letzter erster Tag an der Highschool. Nächstes Jahr um diese Zeit sind wir schon auf dem College …«

Lee stöhnte. »Erinner mich nicht dran. Den Vortrag hat Mom mir heute Morgen schon gehalten – mit Tränen in den Augen. Ich will übers College noch nicht mal nachdenken.«

»Pech gehabt, Kumpel. Das lässt sich nicht vermeiden. Danach ziehen wir in die Welt hinaus!«

Ich musste zugeben, dass der Gedanke an die College-Bewerbungen mir auch Bauchweh machte. Zwar hatte ich im Verlauf des Sommers versucht, an meinem Motivationsschreiben fürs College zu arbeiten, aber keine großen Fortschritte gemacht.

Ich wollte über die Möglichkeit, dass Lee und ich an verschiedenen Colleges landen würden, nicht einmal nachdenken. Weil er vielleicht irgendwo angenommen würde, wo man mich ablehnte. Weil wir ab nächstem Jahr vielleicht getrennt wären. Wir hatten schließlich unser ganzes Leben fast wie siamesische Zwillinge verbracht. Was zum Teufel sollte ich ohne ihn anfangen?

»Leider«, sagte Lee und riss mich aus meinen Gedanken. »Aber hör mal, du hast doch jetzt nicht vor, von der Zukunft zu schwärmen, oder? Sonst sag mir bitte Bescheid. Dann lasse ich dich mit deinen Überlegungen allein und geh die Jungs suchen.«

Scherzhaft rempelte ich ihn mit der Schulter an. »Ich höre sofort auf, vom College zu reden. Versprochen.«

»Gott sei Dank.«

»Obwohl, apropos Jungs – hat Cam dir schon was von seinem neuen Nachbarn erzählt?«

»Das hätte ich fast vergessen.«

Cam, einer unserer ältesten Freunde seit der Grundschule, hatte letzte Woche erzählt, dass in das Haus gegenüber von ihm ein Junge mit seiner Familie eingezogen war. Weil er in unserem Alter war, hatten Cams Eltern vorgeschlagen, er solle den Neuen ein bisschen unter seine Fittiche nehmen. Er hatte »vorgeschlagen« in dem Ton gesagt, dass es klang, als hätten sie ihm ein Ultimatum gestellt.

Lee berichtete: »Ich weiß schon, dass er aus Detroit ist und Levi heißt. Wie die Jeans. Sonst weiß ich aber nicht viel. Ich glaube auch nicht, dass Cam wirklich viel mehr erfahren hat.« Er stieß sich von seinem Mustang ab. »Ich hoffe nur, dass er kein totaler Idiot ist. Schließlich haben wir Cam ja versprochen, ihm beim Eingewöhnen zu helfen. Diesem Levi, meine ich.«

»Ich weiß schon, was du meinst«, murmelte ich. Dabei war ich von meinem Telefon abgelenkt, das in meiner Hand angefangen hatte zu läuten.

Lees Blick fiel auf mein Display, wo zu sehen war, wer anrief. Er seufzte. Ich blickte hoch und lächelte ihn entschuldigend an. Da sah ich, wie er die Augen verdrehte und mit dem Rucksack über einer Schulter davonspazierte.

»Kein Telefonsex, Shelly. Wir befinden uns hier auf Schulgelände. Da muss alles jugendfrei sein«, rief er mir noch zu.

»Ach, als ob du und Rachel nie in der Putzkammer geknutscht hättet!«, erwiderte ich. Lee reckte über die Schulter noch einen Daumen in die Höhe.

Dann nahm ich den Anruf entgegen. »Hey, Noah.«

Noah, Lees großer Bruder, war mit ein Grund, warum ich mit meinem Motivationsschreiben für die College-Bewerbung nicht recht weitergekommen war: Nachdem ich letzten Frühling ein paar Monate lang hinter Lees Rücken mit ihm zusammen gewesen war (was in der totalen Katastrophe geendet hatte, weil Lee uns beim Küssen erwischte) und wir dann offiziell seit diesem Sommer ein Paar waren, hatten wir so viel Zeit wie möglich miteinander verbracht. Jetzt war er am anderen Ende des Landes auf dem College, genauer gesagt: in Harvard.

Er war erst seit wenigen Wochen dort, aber ich vermisste ihn unendlich. Wie sollte ich das bloß aushalten, ihn bis Thanksgiving nicht zu sehen?

»Hey, wie geht’s dir?«

»Gut. Die Aufregung über die zwölfte Klasse fängt gerade an. Wie ist das College?«

»Ach, nicht viel anders als bei unserem Telefonat gestern Abend. Heute Morgen hatte ich schon meine erste Vorlesung. Mathe. Das war ziemlich interessant. Differenzialgleichungen zweiter Ordnung.«

»Keine Ahnung, wovon du sprichst, und ich glaube, ich will es auch gar nicht wissen.«

Noah lachte. Mit so einem gehauchten Glucksen, das mein Herz zum Schmelzen brachte. Fast alles an ihm brachte mein Herz zum Schmelzen oder ließ meine Knie weich werden oder Schmetterlinge in meinem Bauch herumflattern. Ich war ein Dummkopf, ein Klischee wie aus einem Film. Und es fühlte sich fantastisch an.

Sein Lachen vermisste ich genauso wie seine Umarmungen oder seine Lippen auf meinen. Wir kommunizierten dauernd – über Video Chat, Snapchat, Textnachrichten oder gute alte Telefonanrufe … aber das war nicht das Gleiche. Ich war ein bisschen vorsichtig damit, ihn merken zu lassen, wie sehr ich ihn vermisste, weil ich nicht so klammernd rüberkommen wollte. Schließlich war ich in diesen ganzen Beziehungssachen noch ziemlich unsicher.

»Du bist so ein Nerd«, sagte ich zu ihm.

Dabei passte Nerd eigentlich gar nicht zu meinem Bild von Noah. Ich meine, er war klug. Sein Notendurchschnitt war 4.7 von 5 gewesen (wie mir seine Mom kürzlich verraten hatte – ich hatte ihn vorher schon für schlau gehalten, aber nicht für so schlau). Er war nur ganz knapp nicht der Beste seines Jahrgangs an unserer Highschool geworden. Trotzdem hatte er während seiner ganzen Schulzeit den Ruf des Bad Boy gehabt. Bis wir zusammengekommen waren, hätte ich nie gedacht, dass er trotz dieses Images tatsächlich gern Sachen lernte wie Differenzialgleichungen zweiter Ordnung. – Was immer das auch sein mochte.

»Pscht, jemand könnte dich hören.« Ich hörte seiner Stimme an, dass er dabei grinste. »Jedenfalls genug von mir. Ich hab dir doch erst gestern Abend ungefähr eine Stunde lang nur vom College erzählt. Jetzt wollte ich dir nur viel Glück für den ersten Tag deines Jahrs als Senior wünschen.«

Ich lächelte, obwohl er es nicht sehen konnte. »Tja, vielen Dank. Lieb von dir.«

»Also, wie fühlt es sich an? Zu den Großen an der Schule zu gehören?«

»Ein bisschen zum Fürchten, ein bisschen Übelkeit erregend und sehr, sehr spannend. Ich versuche, mich wegen dem College und all den Sachen nicht zu sehr zu stressen.«

»Zum Fürchten, ja?«

»Wenn ich ans College denke, komme ich mir so erwachsen vor, dabei fühle ich mich alles andere als das. Ich meine, mein kleiner Bruder musste gestern Abend eine Spinne aus meinem Zimmer holen.«

»Das gilt nicht nur für dich. Ich musste mir die Tage von jemand den Trockner in der Waschküche erklären lassen. Dabei kam ich mir so blöd vor.«

»Hast du etwa noch nie deine Wäsche gemacht?«

»Meine Mom hat sehr spezielle Vorstellungen davon, wie Wäsche gemacht werden sollte, Shelly, das weißt du doch.«

Das stimmte allerdings. Einmal hatte sie Lee aufgefordert, die Bettwäsche zum Trocknen aufzuhängen, weil sie weg musste. Kaum war sie zurück, hängte sie alles noch mal neu auf und bat ihn danach nie wieder darum. »Außerdem werden dir deine vier Teddybären im Bett auch nicht unbedingt helfen, dich erwachsener zu fühlen.«

»Ich wette, am College gibt es eine Menge Mädchen – und wahrscheinlich auch ein paar Jungs – die noch einen oder zwei Teddys im Bett haben.«

»Aber nicht vier.«

»Hey, kein Wort gegen Mr. Wiggles.« Ich zog unwillkürlich einen Schmollmund. »Außerdem bist du derjenige mit den Superman-Boxershorts.«

Bevor Noah sich verteidigen konnte, hörte ich bei ihm im Hintergrund jemand an eine Tür klopfen. Er seufzte. »Du, ich muss Schluss machen. Steve war auch im Zimmer, deshalb bin ich ins Bad gegangen, um mit dir zu sprechen und ein bisschen Privatsphäre zu haben –«

»Flynn, jetzt mach schon, Alter, ich muss mal pissen!«, hörte ich seinen Mitbewohner Steve rufen. Seine Stimme klang ein bisschen gedämpft. Wahrscheinlich durch die Badtür.

»Ich muss auch weiter. Die Jungs sollten inzwischen da sein und wir werden Cams neuen Nachbarn treffen. Dem sollen wir ein bisschen beim Eingewöhnen helfen.«

»Ist das der Typ aus Detroit? 7 For All Mankind?«

»Levi.«

»Sag ich doch. Na ja, dann viel Glück dabei. Und hey, sagt Lee, viel Glück von mir für die Testspiele. Ich hab ihm geschrieben, aber er hat nie geantwortet.«

Bei ihm wurde im Hintergrund an der Klinke gerüttelt und wieder gegen die Tür gehämmert. »Flynn! Jetzt mach schon!«

»Hab einen guten ersten Schultag«, sagte Noah.

»Danke. I love you

Ich konnte seiner Stimme das Lächeln ansehen und hatte das Grübchen vor Augen, das sich dabei auf seiner Wange bildete, als er sagte: »I love you, too

Wir zögerten das Auflegen beide noch einen Moment hinaus. Keiner sagte etwas, und wir lauschten nur auf den Atem des anderen. Dann nahm ich das Handy vom Ohr und beendete das Gespräch. Ich versicherte mich noch mal, dass es auf lautlos gestellt war, bevor ich es in meine Tasche fallen ließ. Dort verschwand es auch sofort zwischen meinen nagelneuen Heften und anderen Dingen, die man an so einem ersten Tag unbedingt brauchte (Haarbürste, Schokoriegel, Tampons und sehr verhedderte Kopfhörer).

»Elle! Hey! Wir sind hier drüben!«

Ich verrenkte mir den Hals, als ich meinen Namen hörte, und stellte mich auf Zehenspitzen, um besser sehen zu können. Dixon stand nur ein paar Meter entfernt mit Lee und Warren, einem anderen gemeinsamen Freund, beisammen. Sie winkten mir. Ich winkte zurück, damit sie schon mal wussten, dass ich sie gesehen hatte.

Dann schlängelte ich mich zwischen ein paar anderen Autos durch, um zu den Jungs zu gelangen. Gerade als ich mich an einem mir unbekannten grünen Toyota vorbeischieben wollte, wurde die Fahrertür aufgemacht und knallte gegen meine Hüfte, während ich gegen den Ford hinter mir taumelte.

Ich holte scharf Luft und rechnete schon damit, dass die Alarmanlage des Ford losging. Als das nicht passierte, atmete ich erleichtert auf.

Dieses Jahr will ich nicht der größte Tollpatsch der Schule sein. Neuanfang, ich komme.

»O Shit. O Mann, das tut mir echt leid. Ich hab dich nicht gesehen …«

»War meine Schuld. Mach dir keine Gedanken«, antwortete ich und strich mir das Haar aus dem Gesicht, bevor ich den Fahrer genauer ansah. Ich kannte ihn nicht: Er war ziemlich schlaksig, aber kaum größer als ich und trug eine Sonnenbrille mit so dunklen Gläsern, dass ich mich darin spiegelte. Mit einer fließenden Bewegung schob er die Brille in seine braunen Locken. In einer Hand hielt er einen Rucksack.

Er hatte sympathische Augen. Irgendwie freundlich. Sie waren grün, und er kniff sie ein wenig zusammen. Ich musste auch blinzeln, weil die Sonne direkt hinter ihm stand. Als er sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte, schob er sich genau davor.

»Alles okay mit dir? Hab ich dir wehgetan? Tut mir echt leid!«

»Ernsthaft, mach dir keine Sorgen. Mir geht’s gut. Wirklich.« Ich lächelte, um ihn davon zu überzeugen, obwohl meine Hüfte schon ein bisschen wehtat.

Als die Beifahrertür geöffnet wurde, sah ich Cam mit seinen wuscheligen blonden Haaren und dem ramponierten blauen Rucksack aussteigen, den er schon ungefähr seit der achten Klasse hatte. Er grinste zu mir rüber.

»Warum überrascht mich das jetzt nicht? Elle, wie oft haben wir dir schon gesagt, dass du aufpassen musst, wo du langläufst?«

Ich schnitt eine Grimasse in seine Richtung, bevor ich mich wieder dem schlaksigen Typ mit der Sonnenbrille zuwandte. Ich wollte gerade so etwas sagen wie ›Du musst Levi sein‹, aber Cam kam mir zuvor.

»Ich schätze mal, jetzt sollte ich euch vorstellen. Elle, das ist Levi. Levi, meine Freundin Elle.«

»Freut mich, dich kennenzulernen.« Er winkte mir mit der freien Hand zu und schenkte mir ein Lächeln. Seine Zähne schimmerten so weiß, dass sie bestimmt gebleicht waren.

»Freut mich auch, dich kennenzulernen. Sorry, dass ich in deine Autotür gelatscht bin. Als Cam meinte, wir sollten seinen neuen Nachbarn kennenlernen, war Tollpatsch nicht gerade der erste Eindruck, den ich machen wollte.«

Er lächelte noch breiter. »Bist du immer so tollpatschig oder hast du nur heute einen schlechten Tag?«

»Sie ist einfach ein Tollpatsch«, mischte Cam sich ein. Das klang für mich ein bisschen schnippisch. Mochte er seinen Nachbarn nicht oder war er nur gestresst? Weil mir das ein bisschen eigenartig vorkam, wechselte ich lieber das Thema.

»Dixon ist mit den anderen gleich da drüben.«

»Super.« Cam machte sich sofort in die Richtung auf, in die ich gezeigt hatte. Anscheinend hatte er die Jungs gleich entdeckt. Levi machte keine Anstalten, ihm sofort zu folgen.

»Komm mit«, sagte ich zu dem Neuen. »Damit du alle anderen kennenlernen kannst.«

Nachdem sich alle vorgestellt hatten, fing Levi an, sich nach dem Sport hier bei uns zu erkundigen. (In Detroit hatte er zur Lacrosse-Mannschaft gehört.) Ich stieß Cam leicht in die Seite.

»Was ist denn da zwischen euch beiden?«, fragte ich leise. »Du kannst mir ja sagen, ich soll die Klappe halten, wenn ich mich irre oder so, aber irgendwie … ich weiß nicht, es kommt mir so vor, als würdest du den Neuen nicht besonders mögen.«

Cams grimmige Miene wurde ein bisschen verlegen. »Es ist nicht so, dass ich ihn nicht mag – so gut kenne ich ihn ja auch gar nicht«, murmelte er. »Ich hasse es nur, für einen Neuen verantwortlich zu sein, verstehst du? Da habe ich das Gefühl, mir meinen Sarkasmus verkneifen und supernett sein zu müssen.«

»Das wird schon werden. Mir kommt er ganz nett vor. Du kannst ja wenigstens versuchen, nicht aus der Wäsche zu gucken wie mein kleiner Bruder Brad, wenn Dad ihm sagt, er soll seinen Brokkoli essen.«

»Das sagst du so leicht«, flüsterte er. »Der Typ fährt wie ein Irrer – aber mein Auto ist eben noch in der Werkstatt.«

»Ich möchte dich nur mal dran erinnern, dass du das warst, der rückwärts gegen ein Straßenschild gekracht ist.«

»Aaah, erinner mich nicht daran!« Aber er lächelte und ich grinste zurück. Lee stupste mich mit der Schulter an und deutete auf Warren und Levi, die schon in ein Gespräch über Football vertieft waren. Ich fing seinen Blick auf.

Senior year, here we come!

2

Ich erinnerte mich schnell wieder daran, was am ersten Schultag unangenehm war: Horden von Schülern, die herumlärmten, um in ihre Klassenzimmer zu kommen und dort Plätze für ihre Freunde freizuhalten, bevor die guten alle belegt waren; Freshmen, also Neuntklässler, die in kleinen Gruppen rumstanden, die Flure blockierten und verloren und überfordert aussahen – manche sogar ein bisschen grün im Gesicht.

Es war seltsam, nicht irgendwo Noahs Kopf zu entdecken und ihn dabei zu beobachten, wie er sich einen Weg durch die Menge bahnte.

Lee lief so dicht neben mir, dass unsere Schultern sich berührten und ich fasste ihn fest am Handgelenk, damit wir nicht voneinander getrennt wurden.

Ich schaute über die Schulter. »Ich hab die anderen schon verloren.«

»Die wissen, wo sie hin müssen.« Lee blieb kurz stehen, sodass jemand von hinten in mich reinlief und fluchte, bevor er einen Bogen um uns machte. Lee zog mich in den nächsten Flur und nahm einen Umweg zu unserem Klassenzimmer. An jedem anderen Tag hätten wir auf diese Weise doppelt so lang gebraucht, aber jetzt konnten wir verhindern, niedergetrampelt zu werden.

Mr Shane, unser Tutor in der Zwölften, war Lehrer für Englische Literatur. Sein Klassenzimmer war mit Infoplakaten zu den Büchern dekoriert, die seine Klassen lesen würden. Außerdem hingen da lauter Din-A4-Ausdrucke mit Porträts von Autoren wie John Steinbeck, William Shakespeare, Mary Shelley und F. Scott Fitzgerald.

Mr Shane selbst sah aus wie das Klischee eines Lehrers, der frisch von der Uni kam: Er trug eine Brille mit schmalem Rand, seine Krawatte hing ein bisschen schief und sein Hemd war nur vorn in den Hosenbund gesteckt. Er hatte auch noch nicht so einen verbissenen Gesichtsausdruck wie manche der älteren Lehrer, die es offenbar satthatten, denselben Stoff zwanzig Jahre lang zu unterrichten. Stattdessen lächelte er jeden einzelnen von uns an, als wir reinkamen.

Rachel und Lisa waren offenbar ganz kurz vor uns gekommen, denn sie legten ihre Taschen gerade erst auf Tische nah am Fenster. Lee steuerte direkt auf den Tisch gleich neben seiner Freundin zu, bevor er sie auf die Wange küsste. Ich schaute zum Tisch daneben, doch der war schon besetzt.

»Elle! Setz dich zu mir!«, rief Lisa, als ich zögerte, und deutete auf den Platz neben sich, vor Lee. Sie war seit ein paar Monaten Cams Freundin und seither Teil unseres Freundeskreises. »Habt ihr Levi schon kennengelernt? Ich war, kurz nachdem er eingezogen war, bei Cam zum Abendessen, da haben wir uns kennengelernt. Er war ein bisschen schüchtern, aber ich glaube, er ist ganz cool. Und ich würde alles für solche Wimpern geben, wie er sie hat! Und dieses Haare – was für Locken! Ich liebe die.«

Ich lächelte dazu nur und so nahm sie ihr Gespräch mit Rachel wieder auf. Lee hatte seinen Stuhl näher an Rachels geschoben und sah sie jetzt schmachtend an. Ich versuchte, nicht zu gekränkt zu sein, dass er einen Platz neben ihr einem neben mir vorgezogen hatte. An die neue Dynamik, die entstanden war, seit er mit Rachel zusammen war, musste ich mich immer noch gewöhnen. Bis zu der Zeit, die wir diesen Sommer gemeinsam im Beach House verbracht hatten, war mir das gar nicht so aufgefallen. Und jetzt war auch Noah nicht da, um mir zu helfen, es besser zu verkraften, dass Lee seine Freundin auf Platz eins setzte.

Nachdem fast alle Plätze besetzt waren, begann Mr Shane mit dem typischen Der-erste-Tag-nach-den-Ferien-Monolog: dass er hoffte, wir hätten alle einen guten Sommer gehabt, aber dass jetzt ein »wirklich wichtiges Jahr« vor uns läge, wie wichtig das für jeden von uns sei, und dass einige von uns sich »richtig reinknien und hart arbeiten« müssten.

Er war ungefähr bei der Hälfte seiner Ansprache angekommen, als es klopfte und die Schulsekretärin mit einem höflichen Lächeln eintrat.

»Entschuldigen Sie die Störung. Sie haben einen neuen Schüler in Ihrer Klasse, und ich dachte, ich bringe ihn persönlich herauf. Seine Verspätung ist meine Schuld – es gab noch Papierkram, der erledigt werden musste.«

Ich drehte mich zu Lee um, der eine Augenbraue hochzog. Dann drehte ich mich wieder nach vorn, um den neuen Schüler zu sehen, obwohl ich schon so eine Ahnung hatte, um wen es sich handelte.

Und ich behielt recht. Levi trat schüchtern hinter der Sekretärin hervor. Den Mund so verzogen, als wisse er nicht, ob er lächeln oder cool dreinschauen sollte. Die Sonnenbrille steckte noch oben in seinen Haaren, und weil er sie sich dadurch aus dem Gesicht geschoben hatte, merkte ich, wie länglich dieses war. Sein Kinn wirkte relativ spitz, nicht so ausgeprägt wie Noahs. Aus der Ferne kam er mir auch irgendwie größer vor. Ein paar Mädchen auf der anderen Seite des Klassenzimmers fingen an zu flüstern.

Sein Hemd war gebügelt, aber nur an einer Seite in die Hose gesteckt, den Pulli trug er um eine Schulter geknotet, unter dem Träger seines Rucksacks. Das Ganze sah aus, als habe er versucht, seiner Schuluniform einen coolen Touch zu geben, obwohl er immer noch ziemlich adrett wirkte.

Mr Shane lächelte ihn freundlich an. »Na dann, willkommen. Komm rein und such dir einen Platz. Wie heißt du?«

»Levi Monroe.«

Als Levi mich und Lee entdeckte, hellte seine Miene sich auf. Bevor er es im Zickzack zu dem freien Platz direkt vor mir schaffte, stolperte er, fuchtelte mit den Armen und verzog erschrocken das Gesicht. Um sich abzufangen, hielt er sich am nächstbesten Tisch fest, den er dann aber mit sich riss.

Jemand versuchte hüstelnd, ein Lachen zu kaschieren. Lee und ich prusteten gleichzeitig los. Ein Typ stand auf und streckte Levi die Hand hin, um ihm aufzuhelfen. Jemand anderes hob den umgeworfenen Tisch wieder auf. Sogar Mr Shane lachte, obwohl er versuchte, es zu unterdrücken.

»Sieht aus, als bekämst du Konkurrenz als Klassentollpatsch«, flüsterte Lee mir zu.

Ohne auch nur ein bisschen rot zu werden, warf Levi den Kopf in den Nacken, zuckte mit einer Schulter und drehte sich mit ernster Miene zur Klasse um. »Da soll noch einer sagen, ich wüsste nicht, wie man einen großen Auftritt hinlegt.« Dann verbeugte er sich und Lee johlte hinter mir. Ein paar andere lachten noch, als Levi sich auf den Platz genau vor mir setzte, ohne erneut über seine eigenen Füße zu fallen.

Er drehte seinen Stuhl gleich so zur Seite, dass er uns und den Lehrer sehen konnte.

»Hey, noch mal«, sagte er zögernd. Ich konnte zwar verstehen, warum Cam nicht unbedingt einen Neuling an der Backe haben wollte, aber gleichzeitig tat mir der arme Kerl auch leid. Es war bestimmt nicht leicht, fürs letzte Schuljahr umzuziehen. Aufmunternd lächelte ich ihn an.

»Du bist … Ella, stimmt’s?«

»Elle«, verbesserte ich ihn und deutete mit dem Daumen über meine Schulter nach hinten. »Und das ist –«

»Lee. Hab ich mir gemerkt.« Er sah Lisa an. »Wir haben uns neulich schon mal gesehen, oder?«

»Genau. Lisa.«

Er nickte. »Lisa. Weiß ich.«

»Und das ist Rachel«, sagte Lisa und zeigte hinter sich. »Lees Freundin.«

»Ich glaube, ich muss mir eine Liste machen. Sonst kann ich mir nie merken, wer mit wem zusammen ist. Ich bin schon schlecht genug darin, mir nur die Namen zu merken.«

»Wenn du ›Alter‹ schreist, kann ich dir fast garantieren, dass einer von uns sich angesprochen fühlt«, meinte Lee.

Mr Shane ergriff wieder das Wort und wir schwiegen. Für einen Lehrer war er ziemlich cool, aber wir wussten schon, dass er es nicht gut finden würde, wenn wir uns während seiner kleinen Ansprache weiter unterhielten.

Nachdem wir unsere Stundenpläne bekommen hatten, redeten alle durcheinander und verglichen ihren mit denen von Freunden. Ich schnappte mir Lees sofort und vertiefte mich hinein.

»Und? Wie schlimm ist es?«

»Verschiedene Kurse in Englischer Literatur«, sagte ich. »Und du bist in Mathe auf Collegeniveau. Ich hab dafür Algebra II. Alles andere sieht gut aus.«

»Sport?«

»Haben wir gleichzeitig.«

»Ja! Du weißt doch, wie gerne ich zusehe, wenn du Leute beim Völkerball abschießt.«

»Du weißt, wie gerne ich dich beim Völkerball abschieße.«

Ich gab ihm seinen Stundenplan zurück, damit er ihn mit Rachels vergleichen konnte. Aber sie war im Moment noch damit beschäftigt, ihren mit Lisas abzugleichen. Als ich hochschaute, sah ich Levi an seinem Daumennagel knabbern. Dabei beobachtete er uns alle aus den Augenwinkeln. Als wäre er zu schüchtern, um mitzumischen, würde das aber eigentlich gern tun.

Ich beugte mich vor und sagte: »Komm, gib mal her.«

Seine Erleichterung darüber, einbezogen zu werden, war deutlich spürbar.

Wir hatten ein paar Kurse zusammen, aber während wir über Fächer und Lehrer sprachen, sah Levi zunehmend nervös aus.

»Ist alles okay?«, fragte ich.

Er schob das Kinn vor und machte ein trotziges Gesicht. »Weißt du, ich möchte nicht, dass du denkst, du müsstest dich mit mir abgeben, nur weil ich der Neue bin. Ich hab auch Cam gesagt, er muss nicht mit mir zusammen zur Schule fahren. Aber er meinte, es würde ihm nichts ausmachen. Zumindest nicht die ersten paar Tage, vor allem weil sein Wagen noch zur Reparatur in der Werkstatt ist. Aber, weißt du, fühl dich nicht gezwungen, nett zu mir zu sein oder so.«

»Du hast mir ja keinen Grund gegeben, nicht nett zu dir zu sein. Bis jetzt jedenfalls. Abgesehen davon haben wir den ersten Kurs zusammen, da kannst du dann aber wirklich mit mir zusammen hingehen. Stimmt’s?«

Er lächelte besorgt. »Du musst aber nicht.«

»Warum? Bist du ein Axtmörder? Oder auch der Flucht vor den Cops in Detroit?« Ich schnappte theatralisch nach Luft. »O mein Gott. Ich hab’s. Ich wette, du gehörst zu den Leuten, die die Geschäftsbedingungen akzeptieren, ohne sie gelesen zu haben.«

Er lachte und die Anspannung und Unsicherheit fielen von ihm ab. »Jetzt hast du mich ertappt.«

Er klingelte und ich griff nach meiner Tasche. »Komm, Frischling. Die Hölle auf Erden in Gestalt von Algebra erwartet uns.«

Die Vormittagskurse vergingen wie im Flug und mein Kopf fühlte sich an wie ein Auto, das ständig abgewürgt wird. Es kam mir vor, als hätte ich über den Sommer verlernt, wie man ordentlich mitschreibt, wie man sich hinsetzt und Sachen lernt. Außerdem war ich jedes Mal abgelenkt, wenn mein Handy brummte, weil ich mich fragte, ob das eine Nachricht von Noah war (war es nie).

Aber jetzt war Mittagpause, und ich atmete erleichtert auf, weil der halbe Schultag geschafft war.

Nachdem ich mich am Ende der Reihe für die Essensausgabe angestellt hatte, lehnte ich den Kopf nach hinten an Lees Schulter. Er stützte den Kopf auf mein Kinn.

»Mhm, ich rieche Tacos.«

»Sabber bloß nicht auf meine Haare«, warnte ich ihn streng. »Die hab ich heute Morgen erst gewaschen.«

Lee machte ein schlürfendes Geräusch, und ich duckte mich schnell weg, bevor er mich tatsächlich ansabberte.

Wir waren die ersten aus unserer Clique in der Cafeteria. Und so suchten wir uns mit unseren Tabletts einen freien Tisch in der Mitte. Es war einer von denen, wo letztes Jahr die Zwölften gesessen waren, und nachdem sie jetzt aufs College gingen, fand ich, er stünde uns zu. Lee und ich setzten uns einander gegenüber. Als er mich mit seinem üblichen schelmischen Grinsen ansah, wusste ich, dass er das Gleiche dachte wie ich: Senior zu sein, das war definitiv cool.

Die anderen ließen nicht lange auf sich warten: Cam, Dixon, Warren, Oliver und auch Levi. Lisa und Rachel kamen als Nächste und setzten sich jede neben ihren Freund. Ein paar Mädchen aus ihrem Freundeskreis ließen sich am Ende des Tisches neben Lisa nieder.

Während alle sich Geschichten vom Vormittag erzählten, merkte ich, dass Levi wieder verunsichert aussah. Er bemühte sich, den Überblick zu behalten.

Lee war zu sehr damit beschäftigt, Rachel schmachtende Blicke zuzuwerfen, um irgendwas anderes mitzukriegen. Also sprach ich Levi an. »Wie gefällt die Kalifornien bis jetzt so?«, fragte ich fröhlich. »Ist es dir heiß genug?«

»Die Mädchen auf jeden Fall«, scherzte er und zwinkerte mir zu, sodass ich rot wurde. Warren schnaubte und verschluckte sich dermaßen an seiner Limo, dass Oliver ihm ein paarmal auf den Rücken hauen musste. Lee wackelte nur mit den Augenbrauen in meine Richtung und bemühte sich, nicht zu lachen.

»Ich mache nur Spaß«, sagte Levi. »Also, nein – ich meine, du bist natürlich hübsch, aber – nein, nein, nicht bös gemeint – ich wollte einfach … mein Gott, das klang in meinem Kopf viel einfacher. Ich wollte was Charmantes, Cooles und Witziges sagen.« Da mussten alle lachen, Levi auch. »Eigentlich wollte ich einen Witz machen und jetzt klinge ich wie ein Loser.«

»Warum bist du überhaupt hergezogen?«, fragte Warren. Das fragten wir uns zwar alle, aber jetzt sah jeder von uns Warren mit aufgerissenen Augen an. Im Sinne von: Was denkst du dir dabei? Als er es kapierte, fügte er schnell noch hinzu: »Sorry, Alter, wollte nicht zu neugierig sein.«

Levi schien das aber nicht allzu viel auszumachen. »Nee, ist cool. Mein Dad ist Zahnarzt und meine Mom war die Buchhalterin der Praxis, in der er arbeitete. Aber dann hat die Praxis pleite gemacht und meine Eltern haben ihre Jobs verloren. Da haben wir entschieden umzuziehen. Wir haben Verwandte, nicht weit weg von hier, und meine Mom hat es geschafft, einen neuen Job zu finden, also …« Er verstummte. Dann räusperte er sich. »Tja, und hier sind wir jetzt.«

»Also nur du und deine Eltern?«, fragte Rachel, weniger direkt als Warren vorhin.

»Meine Schwester auch.«

»Schwester?« Oliver zog die Augenbrauen in die Höhe und beugte sich vor. »Single?«

»Äh, ja, sie ist aber auch erst acht und glaubt, alle Jungs hätten Läuse …«

Die Jungs feixten über Oliver, der ein bisschen rot wurde. Levi fuhr sich grinsend und sichtlich entspannter mit einer Hand durch die Locken. »Ich nehm’s zurück«, murmelte Olly, den Kopf in die Hände gestützt. »Aber vielleicht sagst du das nächste Mal gleich kleine Schwester.«

»Ich versuch, dran zu denken.«

»Übrigens«, sagte Dixon, »apropos Geschwister … Lee, wie geht’s eigentlich deinem Bruder am College?«

»Er liebt es. Würde mich wundern, wenn er zu Thanksgiving überhaupt nach Hause kommt.«

Moment mal, was?

Ich warf Lee einen Blick zu, aber er schien es nicht zu merken. Hatte Noah ihm etwa gesagt, er würde zum Feiertag nicht nach Hause kommen? Wann würde ich ihn dann das nächste Mal sehen? Aber nein – das hätte er mir doch bestimmt gesagt.

Ich holte tief Luft. Das hätte er mir garantiert gesagt. Bestimmt machte ich mir ganz unnötig Gedanken.

»Haben seine Vorlesungen schon angefangen?«, fragte Cam mich.

»Äh … ja. Heute Morgen hatte er Mathe.«

»Igitt.«

»Er fand’s toll.«

Warren schnaubte wieder. »Wer hätte gedacht, dass Flynn so ein Streber ist, was? Das hat er ganz gut verheimlicht. Ich wette, er hat seine Bücher immer im Sitz seines Motorrads versteckt.«

»Flynn«, sagte Levi und schaute zwischen Lee und mir hin und her. »Ist das euer Bruder?«

»Mein Bruder«, erklärte Lee. »Er heißt Noah – unser Nachname ist Flynn –, aber alle haben ihn immer nur Flynn genannt. Er ist mit Elle zusammen.«

»Oh. Oh! Ich – sorry, ich dachte, ihr beiden wärt irgendwie verwandt oder so. Ich meine, ihr seht euch zwar nicht sehr ähnlich, aber wie ihr so miteinander umgeht, da dachte ich …«

»Ist okay«, sagte Lee beruhigend. »Das kann man leicht denken.«

Lee und ich waren in praktisch jeder Hinsicht wie Zwillinge, nur nicht blutsverwandt: Wir waren am selben Tag geboren und miteinander aufgewachsen. Schon unser ganzes Leben lang waren wir beste Freunde. Manchmal schienen die Leute zu vergessen, dass wir nicht miteinander verwandt waren.

»Lee und Flynn – Noah – mein Gott, ich weiß gar nicht, wie ich ihn nennen soll, jetzt, wo er weg ist«, den letzten Halbsatz murmelte Cam ein bisschen zu sich selbst, »haben in den letzten Jahren ein paar epische Partys geschmissen. Es gab da eine, vor ein paar Monaten …« Er fing an zu kichern und konnte kaum zu Ende erzählen. »Da war Elle dermaßen betrunken … sie fing an, auf dem Billardtisch zu tanzen und versuchte dann, sich auszuziehen, um nackt baden zu gehen. So. Lustig.«

Levi sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Und da dachte ich, du wärst ein mustergültiges, typisch amerikanisches Mädchen von nebenan.«

»Es war die demütigendste Erfahrung meines Lebens«, stöhnte ich und wurde rot. Die Jungs lachten alle über mich. Ich hatte nur vage Erinnerungen an den Abend und seither auf Partys nie mehr als ein paar Schlucke Bier getrunken. Allerdings endete der Abend damals damit, dass Noah mich rettete … insofern war es kein absolutes Desaster gewesen. Ich hatte ihn bei der Gelegenheit in Unterwäsche gesehen – und zwar in Superman-Boxershorts. Damit zog ich ihn seither ständig auf.

»Ach, komm schon, Shelly«, sagte Lee mit einem fiesen Glitzern in seinen blauen Augen, was mich von dem Gedanken an Noah in Boxershorts ablenkte. »Mir fallen noch viel peinlichere Aktionen ein, die du gebracht hast.«

»Shelly?«, fragte Levi.

»Abkürzung für Rochelle«, erklärte ich.

»Du solltest sie Shelly nennen«, riet Warren ihm. »Das liebt sie total.«

»Nenn mich nicht Shelly.«

»Aber –« Hilfesuchend sah Levi Lee an.

Lee und Noah ließ ich es durchgehen, wenn sie mich Shelly nannten, aber es war nicht gerade mein Lieblings-Spitzname. Aus schmalen Augen sah ich Lee an, der stumm in sich hinein lachte.

Ich zeigte mit meiner Gabel, an der noch eine Pommes frites hing, auf ihn. »Wenn du es wagst, noch irgendwas anderes auszuplaudern, dann suche ich höchstpersönlich in den Fotoalben auf eurem Dachboden, damit ich Rachel die Fotos zeigen kann, als du dich als Elvis verkleidet hast. Oder von Halloween, als wir als Sonny und Cher gegangen sind.«

Lee hörte schlagartig auf zu lachen und tat so, als würde er seinen Mund wie einen Reißverschluss zumachen. Dann klaute er sich noch das Pommes von meiner Gabel und aß es auf. Meinen gespielt bösen Blick ignorierte er einfach.

»Apropos Partys …« Dixon übernahm wie immer die Rolle des Friedensstifters und stellte die Frage, wer wohl am wahrscheinlichsten die erste Party des Schuljahrs veranstalten würde. Dann versuchte er, Lee oder Warren dazu zu überreden, aber beide schienen skeptisch zu sein.

Ich sah zu Lee hin, der mit Rachel auf dem Tisch Händchen hielt und sich leise mit ihr unterhielt. Dabei schaute er sie an, als würde sie seine ganze Welt erleuchten.

Noah sah mich auch manchmal so an.

Der Gedanke gab mir einen Stich. Nicht nur weil ich Noah vermisste, sondern auch weil ich mir mal wieder Sorgen machte, Lee vielleicht zu verlieren, wenn ich ihn so versunken mit seiner Freundin sah. Ich meine, natürlich wollte ich, dass mein bester Freund glücklich war, und es freute mich, dass er Rachel so liebte. Aber jetzt, wo Noah weg war, fing ich an zu merken, wie wenig Zeit Lee und ich nur noch miteinander verbrachten, seit er Rachel hatte. Ich war nicht eifersüchtig.

Na gut, vielleicht ein bisschen eifersüchtig. Ein winzig kleines bisschen.

Dann schaute ich wieder zu Levi. Der wollte dazugehören und Freundschaften schließen. Klar. Die anderen Jungs schienen ihn ganz gern zu mögen und würden bestimmt mit ihm abhängen. Nachdem Lee und ich keine quasi siamesischen Zwillinge mehr waren, würde ich vielleicht während dieses Schuljahrs viel Zeit mit dem Neuen verbringen.

Seltsamerweise kam mir diese Idee gar nicht so schlecht vor.

3

»Mein Gott, Lee«, murmelte ich, »ein paar von diesen Typen sind riesig.«

Lee war mit Polstern und Helm ausgerüstet und auch nicht gerade klein, zwar kleiner und schmaler als Noah, aber immer noch relativ stattlich und kräftig. Trotzdem sahen einige der Typen draußen auf dem Feld dreimal so groß aus wie er, der sich gerade seelisch auf die Tryouts einstimmte. Ein paar der anderen hatten schon vergangenes Jahr zum Team gehört.

Und bis vorhin hatte ich geglaubt, Lee würde es bestimmt auch ins Team schaffen.

»Klar«, antwortete er und hüpfte auf Zehenspitzen, »aber ich bin schnell und kann, wie du weißt, den Ball fangen. Auf dem Trikot des Wide Receiver steht praktisch schon mein Name.«

»Ehrlich gesagt dachte ich, auf dem des Quarterback.«

Er verzog das Gesicht. Lee war immer schon verrückt nach Football gewesen – und ziemlich gut darin –, doch bisher hatte er nie ins Team gewollt. Nicht solange Noah als Quarterback dessen strahlender Star war. Irgendwie konnte ich ihm das nicht verübeln.

Lee fing an zu pfeifen, und ich brauchte eine Minute, um den Song zu erkennen.

»Ist das I Hope I Get It oder wie das heißt?«

»Mhm. Aus A Chorus Line

»Wie bist du denn auf einmal drauf?«

»Hey, Ich hab mit Rachel diesen Sommer viele Musicals angeschaut, als Vorbereitung auf den Theaterclub. Sie will sich dies Jahr für eine Hauptrolle bewerben. Und ich bin ein guter, sie unterstützender Partner, weißt du. Soll ich vielleicht mal Fiyeros Part aus As Long as You’re Mine singen? Den beherrsche ich perfekt.«

Erst suchte er sich einen Platz neben Rachel aus und nicht neben mir, und jetzt musste ich auch noch erfahren, dass er den Sommer über Musicals mit ihr gesungen hatte? Was verheimlichte er noch alles vor mir?

Aber ich verdrehte gutmütig die Augen. »Wie auch immer, Kumpel.«

Der Trainer pfiff schrill übers ganze Spielfeld. »Aufstellen, Jungs! Wir fangen mit dem Lauftraining an!«

»Schätze, du solltest besser los.«

»Halt mir die Daumen.«

»Hey.« Ich legte eine Hand auf Lees Schulter, sodass er mir in die Augen blickte. Ich nickte ihm zu. »Du schaffst das.«

»Und du hast einen Pickel am Kinn.«

»Hab dich auch lieb!«, rief ich ihm nach, während er schon auf das Feld zu den anderen Hoffnungsvollen lief. Dann suchte ich mir einen Platz auf den Tribünen, um zuzuschauen, und konnte nicht anders, als ihn mit Noahs Stil zu vergleichen. Lee war zwar nicht so gut, aber immer noch ein starker Spieler.

Als sie fertig waren, kam Lee zu mir auf die Tribüne, anstatt den anderen Jungs in die Umkleide zu folgen. Ich sprang ein paar Reihen hinunter und strahlte ihn an, aber Coach Pearson erwischte ihn vor mir und klopfte ihm auf die Schulter.

»Das hast du gut gemacht, Little Flynn. Vielleicht wirst du jetzt mal deinem Namen gerecht.«

»Dann bin ich im Team?«

»Ich gebe die Liste morgen raus, aber es sieht gut aus. Hat dein Bruder die Pässe mit dir trainiert?«

»Ja, Sir.«

»Da hat er einen verdammt guten Job gemacht. Und jetzt los, ab unter die Dusche. Mit deiner Freundin kannst du danach feiern.«

»O nein, sie ist nicht –«

Da war Coach Pearson aber schon wieder weg.

Als ich unten auf dem Feld angelangt war, legte ich einen kleinen Freudentanz hin. »Du hast’s geschafft! Du hast’s geschafft, du bist im Team!«

Lee starrte mich eine Sekunde lang ausdruckslos an, bevor er grinste und mich dann stürmisch umarmte, bevor ich mich wehren konnte. Ich würgte theatralisch. »Hast du überhaupt Deo benutzt?«

»Wieso? Hast du etwa was gegen Männergestank?«

Er packte mich und drückte meinen Kopf unter seine Achsel, bevor ich mich befreien und ihn von mir wegstoßen konnte.

»Ich bin so stolz auf dich, Lee. Das ist fantastisch.«

»Schätze mal, ich muss jetzt einfach so gut wie Noah sein«, murmelte er. »Um den Ruf der Flynns zu verteidigen.«

»Ach, mach dir darüber mal keine Sorgen. Pearson ist manchmal ein Blödmann. Es war bescheuert von ihm, das zu sagen. Aber geh dich jetzt echt mal duschen, bevor ich von deinem Männergestank noch kotzen muss.«

Lee salutierte, bevor er Richtung Garderobe davonhüpfte. Ich jubelte ihm hinterher und musste loslachen, als er plötzlich hochsprang, die Fersen zusammenschlug und die Arme in die Luft warf.

Nachdem ich mich wieder gesetzt hatte, um auf Lee zu warten, holte ich mein Handy für einen Videoanruf bei Noah raus.

Erst nachdem er rangegangen war, fiel mir ein, dass Lee seinem Bruder wahrscheinlich lieber selbst davon erzählte.

»Hey, eine Sekunde«, rief Noah ins Telefon und presste es im Gehen gegen seine Brust. Im Hintergrund war jede Menge Lärm. Es klang nach einer Party. Ich sah verschwommene Gestalten, während er sich weiter weg bewegte und manchmal »Entschuldigung« sagte. Dann endlich: »Okay, hi, da bin ich wieder.« Er grinste mich an, sodass das Grübchen in seiner linken Wange sichtbar wurde. Sein Gesicht war gerötet und das lange dunkle Haar klebte an seiner Stirn.

Mein Herz geriet ins Stocken, als ich ihn sah, und automatisch grinste ich zurück.

»Wo bist du gerade?«

»In der Bibliothek, merkt man das nicht?« Er lachte. »Ich bin auf einer Party. Also, jetzt draußen, natürlich. Wir haben früh angefangen. Okay, was gibt’s? Oder rufst du nur an, weil du mich vermisst?« Er zwinkerte mir zu und kam dann näher ans Display. »Bist du auf dem Football-Feld? O shit! Das Probetraining! Wie hat Lee sich geschlagen?«

Als ich stotterte, »Er, äh, ich will aber lieber nicht …«, fing Noah schon an zu jubeln, die Faust in die Luft zu recken und mit der Kamera herumzuwackeln. Ich seufzte, als er wieder ins Bild kam. »Das hast du aber nicht von mir erfahren.«

»Was habe ich nicht von dir erfahren, Shelly?«

»Richtige Antwort.« Ich strich eine Strähne, die aus meinem Pferdeschwanz gerutscht war, hinter mein Ohr. »Puh, der heutige Schultag schien überhaupt nicht zu Ende zu gehen. Weißt du, wie viel Hausaufgaben ich schon nach einem einzigen Tag habe? Das ist verrückt. Und die ganzen Bewerbungen, die ich in den letzten Wochen für Nebenjobs verschickt und abgegeben habe – keine einzige Rückmeldung. Bitte, bitte, sag mir, dass nicht die ganze Zwölfte so läuft.«

Noah zog eine Augenbraue hoch. »Du willst nicht wissen, wie viele Kapitel mir meine Professoren diese Woche als Lektüre empfohlen haben. Deshalb habe ich gerade kein Mitleid mit dir.«

»Apropos. Ich war mir gar nicht sicher, ob du ans Telefon gehst. Ich dachte, du würdest lernen.«

Noah zuckte mit den Achseln, kratzte sich hinterm Ohr und ließ den Blick in die Ferne schweifen. »Habe ich auch gemacht, aber jetzt bin ich im Haus einer Fraternity. Steve hat uns Einladungen besorgt. Ich schwör dir, er kennt hier jeden, und ich weiß gar nicht, wie er das macht.«

»Ist doch cool. Also wie ist das College so? Die Vorlesungen, meine ich. Die Partys sind ja anscheinend toll.«

Das waren sie offensichtlich, denn seit Semesterbeginn war er schon auf einigen gewesen.

Ich wünschte mir nur, er würde mir weniger von Partys und neuen Freunden berichten und mehr über alles andere am College.

»Ach, weißt du, es ist wie Unterricht. Schon okay. Aber stell mir mal vor, dieser Typ hat vorhin einen Handstand auf dem Bierfass gemacht und dann …«

»Noah …« Ich konnte nicht anders, als ein enttäuschtes Gesicht zu machen, aber Noah schaffte es, weiter fröhlich dreinzublicken und das Thema zu wechseln.

»Was ist denn los?«

»Was war mit der Hausarbeit, die du schon abgeben musstest?«

»Ich, äh, das dauert noch eine Weile, bis ich die zurückbekomme. Aber jedenfalls –«

Er brach ab, als ihm jemand im Hintergrund etwas zurief. Ich konnte es nicht genau verstehen. »Eine Sekunde«, schrie Noah zurück und drehte sich dabei kurz vom Handy weg. Er biss sich auf die Lippe – das sah so süß aus – und auch ein bisschen so, als ob er genervt sei. Mir wurde das Herz schwer.

»Hör mal, Elle, ist es okay, wenn ich dich später zurückrufe? Tut mir leid, ich will gerne mit dir reden, aber jetzt gerade …«

Willst du das wirklich?, dachte ich, denn mir kam es eher so vor, als würde er grad lieber nicht mit mir sprechen.

Aber es war ja keine große Sache. Die ganzen Partys und so, das war schließlich … Teil des Collegelebens, oder? Als er dort anfing, klang er so, als würde er sich total auf seine Lehrveranstaltungen freuen. Aber in den letzten paar Tagen … hat er sie kaum erwähnt.

Also lächelte ich nur und meinte: »Mach dir keine Gedanken. Wir können morgen reden. Hab einen schönen Abend.«

»Ich liebe dich«, versicherte er mir und schickte einen lauten Kuss übers Telefon, um mich zum Lachen zu bringen.

»Ich dich auch.«

Ich konnte nicht lange darüber grübeln, ob Noah nicht mit mir reden wollte oder ich mir unnötig Sorgen machte, weil Lee so rasch wieder aus der Garderobe auftauchte. Er winkte mir mit seinem Handy und strahlte übers ganze Gesicht, als er mir erzählte, der Theaterclub würde dieses Jahr Les Misérables einstudieren und Rachel habe vor, sich für die Rolle der Fantine zu bewerben.

Zurück auf dem Parkplatz fasste ich ihn am Arm, bevor wir in seinen Mustang stiegen. »Hey, hör mal. Ich bin echt stolz auf dich, weil du es ins Team geschafft hast, weißt du.«

»Das ist unser Jahr, Elle. Unser Jahr.«