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Titelbild: ©ehrenberg-bilder - stock.adobe.com
Stand: Juni 2019
DATEV-Artikelnummer: 12219
Auch als Print-Ausgabe erhältl.ich (Art.-Nr.: 35422): ISBN: 978-3-96276-016-8
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Birgit Ennemoser

Birgit Ennemoser

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Nach einem klassischen betriebswirtschaftlichen Studium mit Schwerpunkt Personal und Arbeitsrecht stieg Birgit  Ennemoser direkt in die Personalarbeit ein und lernte diese von Grund auf kennen.

Heute ist Frau Ennemoser mit mehr als 20 Jahren praktischer Erfahrung in den verschiedenen Sparten des Personal­wesens vorrangig beratend und als Trainerin und Seminarleiterin in vielfältigen Inhouse-Seminaren tätig und widmet sich immer wieder verschiedenen Fachthemen als Autorin unter praktischen Gesichtspunkten.

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Seit 2009 leitet Frau Ennemoser die Sparte Personal Services von Auren in Stuttgart. In enger Zusammenarbeit mit den weiteren Geschäftsfeldern von Auren, der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Rechtsberatung betreut sie gemeinsam mit ihren Mitarbeitern Firmenkunden im Rahmen personeller Belange mit einem Schwerpunkt auf der Entgeltabrechnung, der Begleitung von Lohnsteuer-Außenprüfungen und auch der Prüfungen durch die Deutschen Rentenversicherung.

Die vorhandene Vielzahl an Tarifgebieten, aber auch verschiedenen Branchen mit für diese jeweils typischen Herausfor­derungen, sorgen für einen täglichen praktischen Bezug der Aufgabenstellungen. Frau Ennemoser ist damit eine Expertin in den fachlichen Grundlagen, die sich diesen aber besonders aus praktischer Sicht nähert und deren Hinweise von vielen unserer Leser immer gerne genutzt werden.

Darüber hinaus ist Frau Ennemoser mit ihrem Team auch begleitend im Rahmen von Rekrutierungsprozessen tätig. Neben der Besetzung von Stellen durch extern gesuchtes Fachpersonal schwört Frau Ennemoser auf die Stellenbesetzung durch eigene Entwicklung von Nachwuchs. Selbst seit mehr als 25 Jahren als Ausbilderin tätig, gibt sie hier nicht nur fachliche, sondern auch praktische Hinweise.

Editorial

Editorial

Die Komplexität der Beschäftigung von Auszubildenden zeigt sich bereits in der Vielzahl der zu beachtenden Gesetzesnormen: Das JArbSchG regelt z. B. Arbeitsbedingungen und Arbeitszeit, während das BBiG das Rechtsverhältnis zwischen Auszubildenden und Betrieb beinhaltet.

Daneben ist nicht erst seit Einführung des gesetzlichen Mindest­lohnes die Bestimmung der Höhe bzw. Angemessenheit der Vergütung nicht immer leicht zu ermitteln. Besonderheiten im Lohnsteuerrecht und bei der Sozialversicherung kommen hinzu.

Diesen Themen will sich dieser Ratgeber widmen und Ihnen als Ausbilder und Ausbildende, aber auch generell als Arbeitgeber oder Interessierte einen Überblick verschaffen, welche  Rahmenbedingungen, aber auch Besonderheiten im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses zu beachten sind.

Stuttgart, Juni 2019

Birgit Ennemoser

1 Einstieg

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Einstieg

Einmal jährlich werden von der Bundesagentur für Arbeit die Ausbildungszahlen des laufenden Jahres veröffentlicht. Diese  umfassen immer das Zeitfenster Oktober eines Jahres bis  September des Folgejahres. Für das Jahr 2018 zeigen die Zahlen Folgendes auf:

Wir hatten Stand September 536.000 Bewerber für Berufsausbildungsstellen. Dies waren 12.000 Bewerber weniger als im Berichtsjahr 2016/17. Dem gegenüber standen von Arbeitgeberseite gemeldete zu besetzende Stellen von 565.000 Auszubildenden, was einen Anstieg um ca. 20.000 gegenüber dem Berichtsjahr 2016/17 darstellte.

Generell ist absehbar, dass die Anzahl der gesuchten Auszubildenden seit vielen Jahren leicht ansteigt, die Anzahl der verfügbaren Bewerber aber drastisch zurückgeht, wie die nachfolgende Übersicht der Bundesagentur für Arbeit zeigt.

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Quelle: Bundesagentur für Arbeit

Unternehmen setzen verstärkt auf die Vergabe von Ausbildungsplätzen. Der Fachkräftemangel ist die am häufigsten benannte Ursache hierfür. Viele Betriebe möchten versuchen, durch die eigene Ausbildung geeignete Mitarbeiter für die Zukunft zu finden. Der Erfolg gibt diesem Ansatz in vielen Unternehmenszweigen bereits Recht. Wichtig ist dabei, dass die Auszubildenden von Anfang an ein höchstmögliches Maß an Wertschätzung erfahren. Dies umfasst auch eine korrekte vertragliche Umsetzung sowie die richtige lohnsteuerliche und sozialversicherungsrechtliche Handhabung der Ausbildungsverhältnisse. Dabei sind oftmals enge Grenzen sowie ein enger Rahmen gesetzt. Diese wollen wir nachfolgend aufzeigen.

Generell gibt es wie in jedem Fachgebiet auch hier eine Vielzahl von Definitionen, die mit der Berufsausbildung und damit der Ausbildung im Zusammenhang stehen. Diese sind zunächst zu erläutern.

2 Definition „Berufsausbildung“

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Definition „Berufsausbildung“

Das Gabler Wirtschaftslexikon verweist bei der Definition des Begriffs „Berufsausbildung“auf das Berufsbildungsgesetz.

Dabei sind (laut Gabler Wirtschaftslexikon) folgende Merkmale entscheidend, damit man von einer Berufsausbildung spricht:

  • Es muss ein Ausbildungsvertrag vorliegen.
  • Es muss ein Beruf ausgewählt worden sein, welcher staatlich anerkannt ist (§ 4 BBiG).
  • Die Ausbildung muss „überwiegend im dualen System absolviert werden“.
  • Zu jedem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf muss eine sog. Ausbildungsordnung bestehen.

Das Berufsbildungsgesetz (kurz „BBiG“) regelt den gesetzlichen Rahmen einer Berufsausbildung und definiert den Begriff der Berufsausbildung ausführlich: „Berufsbildung im Sinne dieses Gesetzes sind die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung.“ So steht es in § 1 Abs. 2 BBiG zu lesen.

Dabei dient die

„Berufsausbildungsvorbereitung … dem Ziel, durch die Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen“

(§ 1 Abs. 2 BBiG).

„Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen“

(§ 1 Abs. 3 BBiG).

„Die berufliche Fortbildung soll es ermöglichen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erhalten und anzupassen oder zu erweitern und beruflich aufzusteigen“

(§ 1 Abs. 4 BBiG).

„Die berufliche Umschulung soll zu einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen“

(§ 1 Abs. 5 BBiG).

Unter § 4 BBiG wird auch im Detail erläutert, wann ein Ausbildungsberuf staatlich anerkannt wird:

„Als Grundlage für eine geordnete und einheitliche Berufsausbildung kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie oder das sonst zuständige Fachministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Ausbildungsberufe staatlich anerkennen und hierfür Ausbildungsordnungen nach § 5 erlassen. Für einen anerkannten Ausbildungsberuf darf nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden.

In anderen als anerkannten Ausbildungsberufen dürfen Jugendliche unter 18 Jahren nicht ausgebildet werden, soweit die Berufsausbildung nicht auf den Besuch weiterführender Bildungsgänge vorbereitet.

Wird die Ausbildungsordnung eines Ausbildungsberufes aufgehoben, so gelten für bestehende Berufsausbildungsverhältnisse die bisherigen Vorschriften“

(§ 4 Satz 1 bis 4 BBiG).

Es zeigt sich also alleine an diesen Definitionen schon deutlich: Ein Ausbildungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis im klassischen Sinne. Die Abgrenzung zwischen dem Berufsausbildungsverhältnis und dem Arbeitsverhältnis ist nach den gerade gehörten Definitionen ziemlich klar: Ein Berufsausbildungsverhältnis ist eine Ausbildung, die im dualen System – Betrieb/Berufsschule – nach einer staatlich anerkannten Ausbildungsverordnung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf absolviert wird.

Andere Ausbildungsverhältnisse, die bereits erwähnte Fortbildung, das Praktikum oder eine Umschulung – sind viel sorgfältiger von einem Arbeitsverhältnis abzugrenzen: beim Arbeitsverhältnis steht nämlich der Arbeits- und nicht der Ausbildungszweck im Vordergrund.

Praxistipp:

Entscheidend für die Differenzierung sind immer die tatsächlichen Verhältnisse – nicht der Name, den die Parteien ihrem Vertrag gegeben haben.

 

Auch wenn es grundlegende Rechtsgrundlagen gibt, die für die Zusammenarbeit von und mit Menschen gelten, so sind bei der Berufsausbildung doch einige Besonderheiten zu beachten: Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit: Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Dies ist im „normalen“ Arbeitsrecht anders geregelt.

Berufsausbildungsverhältnisse sind befristet. Sie enden mit dem Ablauf der Ausbildungszeit. Das ist im Regelfall das Bestehen der Abschlussprüfung und Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss. Bestehen Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis auf ihr Verlangen hin bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, jedoch längstens für ein Jahr.

Eine Kündigung der Berufsausbildung ist während der Probezeit jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist möglich. Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes oder durch den Auszubildenden gekündigt werden. Hier genießt der Auszubildende also einen besonderen Kündigungsschutz.

Der Arbeitgeber muss schriftlich kündigen und er muss die Kündigungsgründe angeben. Will der Auszubildende gegen eine Kündigung vorgehen, hat er im Regelfall zunächst einen Schlichtungsausschuss anzurufen. Alles weitere regelt meist der Berufsausbildungsvertrag.

Selbst bei der Vergütung ist Vieles anders: Auszubildende haben einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Sie ist nach dem Lebensalter der Auszubildenden so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, ansteigt. Die Vergütung ist spätestens am letzten Arbeitstag des Monats zu zahlen.

Sie sehen also, dass zwischen Arbeits- und Berufsausbildungsverhältnis erhebliche Unterschiede liegen.

3 Arbeitsrechtliche Grundlagen  der Ausbildung

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Arbeitsrechtliche Grundlagen  der Ausbildung

Besondere Herausforderung im Arbeitsrecht rund um die Ausbildung stellen die vielfältigen Rechtsquellen dar, die den Arbeitgeber hier begleiten.

Diese setzen sich zusammen aus

Gesetzen

  • Berufsbildungsgesetz (BBiG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)
  • Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
  • Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
  • Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)
  • Mutterschutzgesetz (MuSchG)
  • Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG)
  • Tarifvertragsgesetz (TVG)
  • Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
  • Sozialgesetzbuch (SGB)

Rechtsverordnungen

  • Ausbildungsverordnungen gem. § 4 BBiG und Erprobungsverordnungen gem. § 6 BBiG
  • Ausbildereignungsverordnungen gem. § 30 Abs. 5 BBiG
  • Rechtsverordnungen für Fortbildungsprüfungen (§ 53 BBiG)

dem Kammerrecht

  • Prüfungsordnungen gem. § 47 BBiG
  • Rechtsvorschriften für die Prüfung von Zusatzqualifikationen für Auszubildende (§ 9 BBiG)

und sonstigen Rechtsquellen wie

  • Berufsausbildungsvertrag
  • Tarifverträge
  • Betriebsvereinbarungen
  • betrieblichen Übungen
  • dem Gleichbehandlungsgrundsatz
  • dem Direktionsrecht
  • und dem Richterrecht.

Bereits das Arbeitsrecht allgemein ist schon dadurch erschwert, dass es sich aus vielen verschiedenen Gesetzen zusammensetzt. Es gibt in Deutschland nicht ein „Handbuch Arbeitsrecht“. Sicherlich kommen einige Gesetzessammlungen diesem schon sehr nahe. Fakt ist aber, dass sich das Arbeitsrecht aus einer Vielzahl von Einzelgesetzen zusammensetzt und für das Ausbildungsverhältnis darüber hinaus noch einige Ansätze und Rahmenbedingungen mehr gelten.

Um diese Gesetze und deren Anwendung in den richtigen Zusammenhang zu bringen, wollen wir nachfolgend die Beteiligten am Ausbildungsverhältnis kurz vorstellen und dann  anhand unterschiedlicher Situationen rund um die Ausbildung  die rechtlichen Einflussnahmen beschreiben.