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»Wir haben, wie Du siehst, unseren Aufenthalt in Lesa
verlängert, weil Teresas Gesundheit davon wirklich profitiert;
und darüber hinaus verliebe ich mich jeden Tag mehr in
diesen See, diese Berge, diese Stille.«
Der italienische Romanautor Alessandro Manzoni (»Die Verlobten«)
in einem Brief vom Lago Maggiore an seine Tochter Vittoria
Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen
Willkommen am Lago Maggiore
DAS TICINO
1Locarno
2Ascona
3Valle Mággia
4Centovalli
5Ronco, Brissago und die Inseln
6Die Castelli von Bellinzona
7Verzasca
8Piano di Magadino
DAS ITALIENISCHE NORDOSTUFER
9Pino sulla Sponda del Lago Maggiore
10Lago Delio
11Maccagno
12Von Colmegna in die südliche Val Veddasca
13Luino
14Von Luino nach Ponte Tresa
15Von Germignana nach Porto Valtravaglia
16Valtravaglia und die Hügel-Dörfer
17Die Valganna
18Arcumeggia und Casalzuigno
19Laveno Mombello
DAS ITALIENISCHE SÜDOSTUFER
20Santa Caterina del Sasso
21Ispra
22Angera und Taino
23Sesto Calende
24Castelletto sopra Ticino
25Varese
26Lago di Varese
27Monate- und Comabbio-See
28Monte Campo dei Fiori
29Lugano und sein See
DAS ITALIENISCHE NORDWESTUFER
30Cannobio und Valle Cannobina
31Santa Maria Maggiore und das Vigezzo-Tal
32Cannero Riviera
33Oggebio
34Ghiffa
35Verbania
36Fondo Toce und Montorfano
37Mergozzo und sein See
38Parco Nazionale della Val Grande
DER ITALIENISCHE SÜDWESTEN
39Baveno
40Stresa
41Die Borromäischen Inseln
42Von Belgirate nach Lesa
43Arona
44Das Ostufer des Orta-Sees
45Das Westufer des Orta-Sees
AUSFLÜGE
46Domodossola
47Vigévano
48Menággio, Bellágio, Varenna
49Lecco
50Mailand
REISEINFOS
Lago Maggiore von A bis Z
Kalender
Kleiner Sprachführer
Register
Impressum
MEHR WISSEN
Monte Verità einst und heute
Kulinarik am Lago Maggiore
Der Park der Villa Taranto
Heiliger Berg – der Sacro Monte
MEHR ERLEBEN
Eine Woche am Lago Maggiore
Vom Glück am Lago Maggiore zu leben
Lago Maggiore für Kinder und Familien
Die Centovalli-Bahn (S. 54)
Von Locarno am See geht die Fahrt mit dem Panoramazug aus dem Schweizer Tessin durch die Centovalli und die italienische Val Vigezzo als Verlängerung nach Domodossola. Die Fahrstrecke führt über atemberaubend hohe Brücken und durch hochragende Berge, aus denen unzählige Wasserfälle in enge Täler stürzen. Man sollte die Bahnfahrt jedoch rechtzeitig planen und gut überlegen, wo man starten und wie man zurückfahren möchte. Die Bahngesellschaft bietet interessante Pauschalen an.
Val Verzasca (S. 66)
Unter den Tessiner Tälern im Norden des Lago Maggiore ist das Verzasca-Tal landschaftlich wohl das aufregendste. Im Wildbach liegen von Gletschern glatt geschliffene Felsen und die Dörfer mit ihren steingedeckten Häusern scheinen sich vor den Naturgewalten zu ducken. Das Talende markiert das Dorf der Schornsteinfeger, Sonogno. Hier lohnt sich der Besuch des Ethnographischen Museums, wo man auch Interessantes über das schlimme, ganz und gar nicht romantische Leben der armen Jungen erfährt, die in die einigermaßen gut erreichbaren Großstädte wie Mailand geschickt und dort wie Sklaven gehalten wurden.
Val Veddasca (S. 80)
Halb in Italien, halb in der Schweiz, gestaltet die Val Veddasca den Nordosten des Lago Maggiore mit tiefgrünen Wäldern und kleinen intakten Dörfern an den Abhängen oder auf Bergkuppen, die traumhaft schöne, weite Ausblicke garantieren. Eines der schönsten Dörfer erreicht man nur zu Fuß oder mit der kleinen Seilbahn, Monteviasco. Hier scheint die Zeit wirklich stehen geblieben zu sein, zum Glück, denn so wurden die alten Strukturen erhalten.
Arcumeggia (S. 100)
Es gilt als das »bemalteste« Dorf Italiens überhaupt und hat zudem seine dörflichen Strukturen bewahrt. Man hat rechtzeitig vor dem Verfall für die Restaurierung der Fresken gesorgt, die sowohl religiöse Motive aufweisen als auch Alltagsszenen. Und zwar sogar preisgekrönte Radfahrer sind zu sehen, denn diesen Sport betreibt man in der Umgebung sehr intensiv. In der »Locanda del Pittore«, wo früher die Fassadenmaler untergebracht wurden, kann man übernachten und köstlich speisen.
Santa Caterina del Sasso (S. 110)
Das Eremiten- und Wallfahrtskloster hart an der Felswand über dem Ostufer des Sees liegt anrührend schön und besitzt noch Originalfresken aus dem 15. Jahrhundert. Doch seine Entstehungszeit liegt weiter zurück im 12. Jahrhundert, nachdem ein Schiffbrüchiger auf wundersame Weise gerettet wurde und hier eine Kapelle zu Ehren der heiligen Katherina bauen ließ.
Rocca Borromea di Angera (S. 116)
Die Borromäer haben die Burg aus dem 12. Jahrhundert in bester Lage zum Überschauen des südlichen Sees immer weiter verstärkt, nachdem sie diese im Jahre 1499 von den Visconti übernommen hatten. Im Visconti-Flügel befindet sich die Sala della Giustizia, der Gerichtssaal, mit großartigen gotischen Fresken, und seit 1988 werden die meisten anderen Räume von einem Puppenmuseum eingenommen.
Sacro Monte di Varese (S. 132)
Lombardei und Piemont sind die italienischen Regionen mit den meisten von der UNESCO unter Schutz gestellten »Heiligen Bergen«, italienisch Sacri Monti. Diese sogenannten Heiligen Berge mit ihren meist üppig ausgestatteten Kapellen, die teilweise noch sehr gut erhalten sind, dienten den Gläubigen als eine Art Jerusalem-Ersatz, weil sich die meisten eine Pilgerreise ins Heilige Land gar nicht leisten konnten. Der gewaltigste unter ihnen ist Vareses Sacro Monte.
Parco Nazionale della Val Grande (S. 192)
Mit 146 km2 ist dieser Nationalpark die größte Wildnis Italiens. Dass sie so gut erhalten ist, hat jedoch einen traurigen Hintergrund: 1944 durchkämmten italienische Faschisten und die deutsche SS gemeinsam das Gebiet nach Partisanen und ermordeten an die 500 Menschen. Das erschütterte die Menschen ringsum so sehr, dass sie fortan lieber am Rande siedelten – und sich die Natur frei entfalten konnte.
Isole Borromee (S. 208)
Zwei der Inseln im Golf der Borromäer gehören seit Jahrhunderten der gleichnamigen Familie. Die dritte Insel haben schon immer Fischer besessen. Immerhin werden so alle drei Inseln gepflegt, die zu den wichtigsten Ausflugszielen am See gehören und jährlich unzählige Besucher anlockt.
Orta San Giulio (S. 224)
Dieser Hauptort des Orta-Sees ist ein wahres städtebauliches Juwel, obendrein hat er die hübsche kleine Klosterinsel direkt vor sich und hinter sich ein besonders eindrucksvolles Sacro Monte, erreichbar auch direkt über eine von der Pfarrkirche aufsteigende Rampe.
Früher galt der Lago Maggiore wegen seiner Länge als der größte oberitalienische See, nach genauen Messungen entpuppte sich jedoch der Gardasee als von der Fläche her größer. Der Lago Maggiore muss sich nunmehr mit dem zweiten Rang zufriedengeben, bleibt dennoch ein großer und großartiger See und braucht sich wahrlich nicht zu verstecken. Seine fast amorphe Form ist von besonderem Reiz, seine dicht an die meist flachen, teils aber steilen Ufer gebauten Ortschaften sind wie Perlen an einer Schnur aneinandergereiht und die umgebenden Hügel bilden Landschaften, die jedes Wandererherz höher schlagen lassen. Absolute Highlights sind aber die Borromäischen Inseln vor Stresa.
Lago Maggiore ist sein italienischer Name, aber auch als Lago di Verbania ist er hier bekannt, die deutschsprachigen Schweizer nennen ihn schlicht Langensee – der lange See also, was er ja unübersehbar ist. Viele Mittel- und Nordeuropäer haben ihn mit seinen Palmen und Weingärten, den üppig blühenden Gärten und Parks als Überwinterungsziel entdeckt, bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts galt er für sie noch als eines der Topziele in Europa. Das hat sich ziemlich geändert. Heute fährt man an den Lago Maggiore eher im Sommerhalbjahr, ob an den See selber zum Baden oder in die umgebenden Hügel bis hin in die Berge in seinem Norden, ins Schweizer Tessin also. Grund genug für neugierige Reisende, sich die Zwischensaison zu merken, also Frühjahr (wenn die Natur erwacht) und Herbst (wenn Wild und Kastanien die kulinarischen Erlebnisse begleiten), um den schönen großen See zu erkunden. Oder auch den Winter, falls man dann passende Hotels findet. Denn die meisten schließen für die kalte Jahreszeit, ihre Besitzer reisen selbst in wärmere Gefilde oder nennen dort oder in den Skigebieten andere Häuser ihr eigen.
Gespeist wird der Lago Maggiore von zwei sehr unterschiedlichen Flüssen: vom Ticino, der vorher den gleichnamigen Schweizer Kanton (zu Deutsch Tessin) formt und sich südlich von Locarno in den See ergießt, sowie vom Toce, der im Westen zwischen Verbania und Baveno in ihn mündet. Hinzu kommen zahlreiche Wildbäche, die sich ringsum mehr oder weniger spektakulär in den See ergießen. Umgeben ist der Lago Maggiore von den lombardischen und den piemontesischen Voralpen, seine Ufer liegen also im Osten in der lombardischen Provinz Varese, im Westen in den piemontesischen Provinzen Verbano-Cusio-Ossola im Norden und Novara im Süden, wo sich ebenfalls der wunderhübsche kleine Orta-See befindet. Der Norden ist mit dem Kanton Tessin schweizerisches Territorium – der mediterrane Süden der Schweiz. Die schöne, viel Abwechslung versprechende Lage des Sees, sein mildes Klima sowie die reichen historischen und künstlerischen Zeugnisse bieten daher jedem Reisenden etwas Besonderes.
Die drei Regionen ringsum sind unverwechselbar. Jede hat ihren Ortschaften und ihren Menschen einen spürbaren Stempel aufgedrückt, unterschiedliche Lebensweisen und Gewohnheiten, andere kulinarische Spezialitäten, bestimmende Feste und Traditionen hervorgebracht.
Es ist nicht einfach, den ganzen See auf einer ersten Reise zu erfassen, auch wenn die Bootsverbindungen zwischen Ost- und Westufer gut sind. Aber mit dem Wagen kann man nur in der Mitte zwischen Laveno und Intra Verbania übersetzen. Da heißt es also gut planen, um keine großen Umwege fahren zu müssen! Dafür gibt es eine große Auswahl nicht nur an Hotels, sondern auch an Ferienwohnungen und Rustici, also ländlichen Steinhäusern, ob in einsamer Lage oder in kleinen dörflichen Gruppen. Und wundervolle Angebote von B&B, also Zimmer mit Frühstück, meist in familiärem Ambiente bei einheimischen Vermietern, die sich gerne um ihre Gäste kümmern, wenn diese es wünschen, Tipps für den Urlaub geben, oftmals kostenlos Fahrräder zur Verfügung stellen oder gar auf eine Wander- oder Radtour mitgehen. Auffallend ist das Preisgefälle zwischen dem Tessiner Norden und den italienischen Gebieten, egal ob piemontesisch oder lombardisch: Teuer bis sehr teuer (vor allem Essen und Trinken) im Norden – je nach Kategorie preiswerter bis sehr preiswert an den südlichen Ufern; nochmals günstiger ist es in den kleinen Dörfern des Hinterlandes, wo man besonders hübsch unterkommen kann. Und auch da gibt es Unterschiede zwischen dem westlichen Piemont-Ufer und dem lombardischen Ostufer: Die Lombarden pflegen zu sagen, sie lebten »am Armeleute-Ufer«. Das mag angesichts der schönen Villen auch auf dieser Seite des Sees als blanke Untertreibung gelten, doch angesichts der Preislage bei Unterkunft und Verpflegung ist es zum größten Teil stimmig.
Nicht von ungefähr ließen die mächtigen Borromäer ihre Burgen und Parks im und am Lago Maggiore errichten. Sie haben dafür vor allem die piemontesische Westseite gewählt, genauer gesagt, Arona recht weit im Süden und in der Mitte zwischen Stresa und Verbania zwei kleine Inseln, die Isola Madre und die Isola Bella (die dritte im Bunde gehört nicht dazu, Fischer besitzen sie schon immer und nennen sie einfach aber stolz Isola dei Pescatori – die »Insel der Fischer«). Dennoch heißen alle drei Inseln gemeinsam die borromäischen. Auf den beiden »wirklich« borromäischen Inseln finden sich nicht nur prachtvolle Paläste, sondern auch jeweils ein botanischer Garten, der seinem Namen alle Ehre macht. Die Isola dei Pescatori zeichnet sich fast durchweg noch durch Einfachheit aus.
Die Borromei, ursprünglich ein Adelsgeschlecht aus Padua, hatten ihren Stammsitz seit dem 15. Jahrhundert am Lago Maggiore auf der Festung von Arona. Gegenüber erhebt sich in Angera ebenfalls eine von ihnen aus einer Visconti-Festung ausgebaute Rocca, die von ihnen mit großem Prunk ausgestattet wurde; noch gut erhalten sind die wunderbaren Fresken in der Sala di Giustizia. Ihre Isola Bella im See ließen die Borromäer mit Palazzo und Park zu einem Gesamtkunstwerk gestalten, zu einer steingewordenen Schönheit, die auch heutige Betrachter so berührt, dass die Insel zum wichtigsten Ausflugsziel im See wurde.
Unzählig sind die Gärten und Parks der Villen wohlhabender Patrizier und Gutbetuchter überhaupt, die sich um den Lago Maggiore angesiedelt haben. Eine Sonderstellung nimmt der heute als botanischer Garten genutzte Park der Villa Taranto zwischen Intra und Pallanza, den beiden Ortsteilen von Verbania, ein.
Auffallend im Gebiet um den Lago Maggiore sind die neun Sacri Monti (Singular Sacro Monte; im Piemont sieben und in der Lombardei zwei), die seit 2003 als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO stehen.
Sie aufzusuchen, bedeutete früher für die gläubigen Christen eine Art Ersatzpilgerfahrt nach Jerusalem, also ins allzu weite Heilige Land. Als besonderes Highlight gilt das Sacro Monte di Varese, das 1604 oberhalb der Stadt in großartiger Lage errichtet wurde. Es wirkt wie aus einem Guss, auch wenn die Bauarbeiten bis ins 18. Jahrhundert andauerten. Aber die Pläne stammen aus einer Hand, vom Architekten Giuseppe Bernascone (1565-1627, genannt il Mancino), der alle Kapellen mit prächtigem Portikus und vergitterten Fenstern ausstattete, durch die man früher direkt ins Innere schauen konnte (heute sind sie verglast). Viele Künstler haben im Laufe der Zeit an der Ausstattung der Kapellen gearbeitet, zuletzt der sizilianische Maler Renato Guttuso (1911–1987), der 1983 seine Idee von der Flucht nach Ägypten an der Außenwand der Kapelle der Geburt als Acrylbild darstellen durfte.
Die Sacri Monti bilden jeweils eine Gruppe von Kapellen, Tempelchen und ähnlichen Bauten und wurden vom 16. bis zum 17. Jahrhundert errichtet. Zu ihrer Besonderheit gehört, dass sie in einem wunderbaren Kontext von Architektur und Natur stehen und außerdem kostbar ausgestattet wurden. Somit bilden sie Begegnungsstätten für Gläubige wie für Kunstliebhaber. Ihre Standorte: in der Lombardei Varese und Ossuccio, im Piemont Belmonte, Crea, Domodossola, Ghiffa, Oropa, Orta und Varallo. Für das Gebiet des Lago Maggiore wichtig sind Varese, Ghiffa, Domodossola und wiederum Orta.
Auch wenn der Lago Maggiore – wie alle anderen oberitalienischen Seen – seine Entstehung der Eiszeit verdankt, also glazialen Ursprungs ist, zeigt seine etwas aus der Form geratene Gestalt eindeutig, dass er vom Flusslauf des Ticino geprägt wurde, der sowohl in ihn hinein- (aus den Bergen des nördlichen Tessin kommend) als auch am südlichen Ende aus ihm herausfließt. Eine Seltenheit, denn sonst haben Flüsse dieser Art normalerweise verschiedene Namen – etwa die Ammer, die in den Ammersee fließt und aus ihm herauskommend Amper heißt. Oder der Sarca-Fluss, der aus dem Gardasee als Mincio weiter Richtung Po fließt. Man sollte also meinen, dass der Ticino den See beim Durchfließen auch ordentlich durchreinigt – weit gefehlt! Der Lago Maggiore hat leider mit immer wieder auftretender Wasserverschmutzung zu kämpfen, weil es entweder nicht mehr genügend oder veraltete Kläranlagen gibt. Also: Wenn man bei der Buchung ans Baden im See denkt, sich vorher über die Wasserqualität vor Ort erkundigen!
Zum Ticino kommen noch weitere Zuflüsse, die wichtigsten sind im Norden Mággia und Verzasca, in der westlichen Mitte der Toce, der sich unterhalb des kleinen Mergozzo-Sees in den Lago Maggiore ergießt. Sie bewirken, dass bei starken Regenfällen der See über die Ufer tritt, besonders stark in den Jahren 1868 und wieder 1993 oder 2000. Grund für das »Überlaufen« sind die Schleusen von Sesto Calende ganz im Süden, die den Abfluss regulieren müssen. Hat der Lago Maggiore einen zu hohen Wasserstand erreicht, kann er nicht einfach »abgelassen« werden, weil sonst das Gebiet südlich von ihm und das gesamte Wassersystem zum Po hin gestört würde. Die Dämme des längsten Flusses Italiens würden dann dem Wasserdruck nicht standhalten.
Die gesamte Uferlänge des Sees beträgt an die 157 Kilometer. Eingebettet ist er im Norden in die Tessiner Voralpen, den Südosten prägt im sogenannten Varesotto eine leicht gewellte Hügellandschaft, weiter nördlich auf der Ostseite sind es höhere Berge mit tief eingeschnittenen Tälern sowie steilen Ufern zwischen Laveno und Porto Valtravaglia.
Auch im Westen steigen die Berge zwischen Lago Maggiore und dem kleineren Lago d’Orta auf 1401 Meter (Mottarone) auf, wohin eine Seilbahn von Stresa aus führt. Weiter nördlich, hinter dem zauberhaften kleinen Lago di Mergozzo, breitet sich jenseits des Ossola-Tals das schroffe, unwegsame Gebiet des riesigen Naturschutzparks Val Grande aus, das mit dem Monte Zeda bis auf 2156 Meter aufsteigt und zu den letzten wirklich wild gebliebenen Gebieten Italiens zählt.
Kein Wunder also, dass sich die Natur auf sehr unterschiedliche klimatische Bedingungen einrichten musste und muss, was nicht zum Nachteil der Vegetation ist. So findet man außer Palmen bis hinauf nach Locarno und Ascona im Norden sogar Zitrusgärten am See – in Cannero Riviera kann man Agrumenterrassen besichtigen. Von besonderer Pracht sind die subtropischen Gärten und die Parks mit ihren Azaleen, Kamelien und Rhododendren – speziell auf der Isola Bella und auf der Isola Madre, gegenüber in Stresa (Parco Villa Pallavicino), in Verbania Pallanza (Botanischer Garten der Villa Taranto) oder auf den Brissago-Inseln.
Mehrere Naturschutzgebiete umrahmen den Lago Maggiore und machen aus ihm ein Reisegebiet auch für Naturfreunde. Im Norden lockt das Feuchtgebiet von Bolle di Magadino zwischen den Zuflüssen von Verzasca und Ticino bis zu 250 verschiedene Vogelarten zu einer Verschnaufpause auf ihren Wanderungen. Das größte Schutzgebiet ist die Riserva Naturale della Val Grande im Westen, genauer nördlich von Verbania, wo man kaum noch menschlichen Spuren begegnet. Dieser Nationalpark ist mit 15 000 Hektar das größte Naturwildnisgebiet Italiens und als solches von der Weltorganisation Wilderness als einziges europäisches Gebiet ausgezeichnet. Nördlich von Val Grande, hart an der Schweizer Grenze, liegt in der Val Vigezzo die Oasi WWF Pian dei Sali mit ihren schönen dichten Mischwälden. Ein geologischer Lehrpfad führt durch das Feuchtgebiet, in dem man noch Gämsen, Hirschen und Rehen begegnen kann.
Der kleine Naturpark Fondotoce ist in der westlichen Mitte des Lago Maggiore zwischen Verbania und Baveno eingezwängt. Seine rund 360 Hektar dienen dem Schutz eines der letzten Röhrichtgebiete am Westufer des Sees. Immerhin nimmt die Fläche des Schilfrohres an die 30 Hektar ein. Als Besonderheit ist noch die Wasserkastanie zu nennen, die sich am Kanal zwischen beiden Seen besonders wohl zu fühlen scheint: Trapa natans Verbanensis.
Im Südwesten zieht südlich von Arona das kleine Feuchtgebiet-Reservat der Lagoni di Mercurago nicht nur Vogelfreunde, sondern auch Botaniker mit einem Herz für Wasser- und Sumpf-Flora an. Dort wurde schon früh gesiedelt – hier fand man Reste einer Pfahlbautensiedlung aus der Bronzezeit und Gräber aus der sogenannten Golasecca-Kultur. Das zum Wandern oder Radfahren oder auch zum Reiten großartige Feuchtgebiet hat fast direkten Anschluss an die Auen des Parco Naturale del Ticino. Im Osten reicht er bis Vigévano und hat (Kanal-)Anschluss über Abbiategrasso an Mailand. Im Varesischen lockt das herrliche Schutzgebiet des Campo dei Fiori um den gleichnamigen Berg nordwestlich von Varese. Seinen Anfang bildet der Sacro Monte di Varese.
Dass das Gebiet um den Lago Maggiore bereits während der Bronzezeit vom 18. bis ins 13. Jahrhundert v. Chr. besiedelt war, beweisen Funde von Pfahlbauten u. a. im kleinen Naturschutzgebiet von Mercurago südlich von Arona. Doch als erste nachhaltige Besiedlung gilt die der keltischen Stämme (ab dem 4. Jahrhundert v. Chr.), gefolgt von den Golasecca, einem Mischvolk aus Ligurern und Kelten und gerne als Kelto-Ligurer bezeichnet. Sie hatten wohl dank ihrer günstigen strategischen Lage eine Mittlerfunktion zwischen dem Norden und dem Süden des Kontinents, aber auch zwischen Ost und West.
In Golasecca am Ticino südlich des Sees hat man die wichtigsten archäologischen Funde des Lago Maggiore gemacht: Steinkreise mit Ascheurnen sowie Grabbeigaben wie Ketten, Armreifen und Werkzeug, besonders schön im Archäologischen Museum des nahen Castelletto sopra Ticino zu sehen. Ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. folgte die Romanisierung Oberitaliens, also auch des Gebietes um den Lago Maggiore, das Teil der XI. Augusteischen Region namens Transpadana (»jenseits des Po«) war. Die ersten vier Jahrhunderte nach Christi Geburt war die Zeit der römischen Siedlungen mit regem Handelsaustausch, gefolgt von der Christianisierung des Gebietes. Im 5./6. Jahrhundert wurde die Region ostgotisch und danach Teil des Oströmischen Reiches, im 7. und 8. Jahrhundert wie praktisch ganz Oberitalien langobardisch und später byzantinisch.
Das Mittelalter vom 9. bis zum 13. Jahrhundert prägt das gesamte Gebiet durch monastische Gründungen, danach streiten sich Adelsfamilien wie die Torriani (auch della Torre genannt) und die mächtigen Mailänder Visconti um Besitzungen auch am Lago Maggiore. Letztere überlassen 1445 den Borromäern u. a. die Festung von Arona. Deren Nachfahren gehören bis heute so großartige Besitzungen wie die zwei der nach ihnen benannten Isole Borromee ungefähr in der Mitte des Sees zwischen Verbania und Stresa und noch immer die Festung von Arona im Südwesten.
Seit dem 16. Jahrhundert besiedeln Schweizer das Nordufer des Sees, seit dem 18. Jahrhundert wird das Westufer von den Savoyern beherrscht und das Ostufer von den Österreichern, letzteres jedoch nur bis zur Unabhängigkeit Italiens im 19. Jahrhundert. Danach entdecken Reisende aus kühleren Gefilden den Lago Maggiore, bauen Villen und gestalten riesige Parks, erste Hotels entstehen. Für deren Gäste braucht man Attraktionen und passende Verkehrsmittel. Die ersten Schifffahrtsgesellschaften werden gegründet, die Bahnlinie Novara–Arona eingeweiht. Und immer mehr Schiffe und eine Fähre zwischen Ost- und Westufer sorgen für gute Verbindungen am See, heute sind es mehr als 30.
Erstaunlicherweise haben die Italiener das 2006 eingeführte, absolute Rauchverbot in öffentlichen Lokalen geradezu gelassen hingenommen, was wohl auch im Tessin dazu führte, es ihnen bereits 2006 gleichzutun. Im Rest der helvetischen Republik wurde dieses Verbot erst 2010 ausgesprochen.
Ohne das Ticino wären viele italienische Anwohner des Lago Maggiore, speziell in seinem nördlicheren Bereich nahe der Schweizer Grenze, mit Sicherheit wirtschaftlich deutlich schlechter gestellt. Denn der Schweizer Kanton Tessin bietet den – normalerweise täglich pendelnden – Grenzgängern ein gutes Auskommen: Man spricht noch heute von doppelt so hohen Gehältern als in Italien, wohlgemerkt für die gleiche Arbeit. Überwiegend pendeln Handwerker und Pflegepersonal, aber auch Ärzte und andere Akademiker.
Der Tourismus, der im Gegensatz zu seinen Anfängen im 19. Jahrhundert nur noch Saisongeschäft zu sein scheint, mal mit längerer, mal mit kürzerer Saison, lockt fast nur in den wärmeren Monaten des Jahres Fremde in größerer Anzahl an den See. Dann könnte man ihn allerdings oftmals wegen Überfüllung schließen: Auf den Uferstraßen kommt man kaum noch voran, und die besten Hotelzimmer (mit Seeblick natürlich) sind lange im Voraus ausgebucht und kurzfristig angereiste Besucher haben das Nachsehen.
Vor allem für Segler ist es von großer Bedeutung, die jeweils über den See wehenden Winde zu kennen.
–Der Tramontana beginnt schon früh am Morgen, so gegen fünf Uhr, und dauert normalerweise bis etwa elf Uhr.
–Der Inverna baut sich gegen 14 Uhr auf und weht bis 17.30 Uhr; bläst er doch länger, wird er immer heftiger und bekommt daher den Namen Invernone, also der große Inverna.
–Der Montecenerino kann sich fast jederzeit aufbauen, speziell etwa in der Mitte des Sees; er bringt Schlechtwetter vom Monte Ceneri, daher auch sein Name.
–Der Valmaggino bringt um Luino Schlechtwetter aus dem Mággia-Tal.
–Der Mergozzo bringt Schlechtwetter aus dem Ossola-Tal im Westen und kann das Wetter am See bis nach Laveno bestimmen.
–Der Maggiore ist eigentlich ein Resultat aus zwei verschiedenen Winden, dem Montecenerino und dem Valmaggino, wenn sie zur selben Zeit über den See fegen, weshalb oft ein Gewitter folgt.
–Wenn vor allem schon morgens früh oberhalb von Solcio Gewitter auszumachen sind, wird es in der Gegend ungemütlich, weil dann der Ernina heftig weht.
–Eher harmlos ist der Cannobino, sozusagen ein Rest-Lüftchen nach Gewitter in den Bergen oberhalb von Cannobio morgens oder abends.
–Der Bozzasca ist ebenfalls ein harmloser Wind bei Sonnenauf- oder Sonnenuntergang.
–Cavandonera heißt die Brise, die morgens und abends aufkommt, wenn oberhalb von Suna an der Borromäischen Bucht Schlechtwetter herrscht.
–Stark und gefährlich ist dagegen der Marenca, der bei Gewitter in der Valcuvia entsteht.
–Den Mercuraghina spürt man morgens und abends vor allem in Dormeletto.
–Den Wind von Cusio nennt man Cuss.
Alessandro Manzoni: Die Verlobten. Dieser Roman zählt zu den Werken der Weltliteratur und gilt als Italiens erster echter Roman, den der Mailänder und in der Lombardei allgegenwärtige Manzoni 1825/1826 verfasste. Er spielt im frühen 17. Jahrhundert während der großen Pest unter spanischer Herrschaft. Alessandro Manzoni begegnen Reisende um den Lago Maggiore an vielen Orten.
Johannes Beck & Heiner Boehncke: Europa erlesen – Lago Maggiore. Zitate und Geschichten zahlreicher Autoren über den Lago Maggiore.
Ernest Hemingway: In einem anderen Land. Hemingway kurierte 1918 seine Kriegsblessuren im »Grand Hotel des Iles Borromées«, kehrte 1927 und 1948 wieder und verewigte Stresa wie das Hotel in diesem Roman. Es ist einer seiner berühmtesten Romane, der auf seinen Erlebnissen als Fahrer einer italienischen Sanitätskolonie im Ersten Weltkrieg basiert.
Liaty Pisani: Das Tagebuch der Signora. Ein großartiger Kriminalroman zu einem immer noch erschütternden Thema, dem Massaker von Meina 1943 am Lago Maggiore im Zweiten Weltkrieg.
Gianni Rodari: Zwiebelchen. Ein Kinderbuch des in Omegna am Lago d´Orta geborenen Grundschullehrers, Autors und Journalisten (1920–1980).
Piero Chiara: Die Donnerstage der Frau Julia. Piero Chiara (1913–1986) wurde in Luino geboren. Seine Romane spielen meist in Norditalien. Während des Faschismus lebte er in der nahen Schweiz im Exil, später in Varese, wo er verstarb.
Dieter Dehm: Bella Ciao. Roman vor der historischen Kulisse der erbitterten Partisanenkämpfe am Lago Maggiore, genauer in der Val Grande. Mittelpunkt dieses Romans ist das Lied der italienischen Partisanen – Bella Ciao.
Mario Spinella: Erinnerungen an die Resistenza. Der aus Varese stammende Autor (1918–1994) hat sich mit politischen und psychoanalytischen Themen beschäftigt, die immer wieder in seine teilweise grotesken Romane einflossen.
Lisa Tetzner: Die Schwarzen Brüder. Packender Jugendroman von Kurt Held, der 1941 unter dem Namen seiner Frau erscheinen musste, weil der politische Flüchtling im Schweizer Exil Publikationsverbot hatte. Das Buch erzählt vom Leben der Tessiner Jungen, die nach Mailand als Kaminfeger verkauft wurden.
Roland Sednik: Krimis, die am Lago Maggiore spielen wie Abgründe: Ein Fall für Tozzi und Ferenci; Capofamiglia: Ein neuer Fall für Tozzi und Ferenci.
Alexander Bari: Liebe ohne Ausweg: Der Professore – Sein fünfter Fall. Alle Professore-Krimis, deren Handlung sich durchaus an den verschiedensten Orten abspielt, finden ihre Lösung immer im Tessin.
Lage: Der Lago Maggiore, zu Deutsch Langensee, liegt in 194 Meter Höhe zwischen dem Schweizer Kanton Tessin und der Poebene.
Fläche: 212 km2, davon ein Fünftel im Schweizer Kanton Ticino; Gesamtlänge des Sees 66 km, Küstenlänge 170 km, breiteste Stelle 12 km, im Durchschnitt 175 Meter tief
Flaggen der drei Regionen um den See:
Lombardei, Piemont, Tessin
Währung: Euro, im Tessin Schweizer Franken
Zeitzone: MEZ und MESZ (Ende März bis Ende Oktober)
Sprache: Italienisch, auch im Tessin/Ticino
Hauptorte: Im Ticino Ascona und Locarno sowie die Kantonhauptstadt Bellinzona und Lugano; am östlichen Ufer, das zur Lombardei gehört, Luino und Laveno sowie Angera und im Hinterland die Provinzhauptstadt Varese; am westlichen Ufer, das zum Piemont gehört, Verbania, Stresa und Arona sowie am Nachbarsee Orta das hübsche Orta San Giulio
Geografie: Der Lago Maggiore hat seine Entstehung wie alle anderen großen oberitalienischen Seen den Gletschern zu verdanken, die sich während der letzten Eiszeit zwischen höheren Gebirgszügen nach Süden schoben, weshalb sie alle eine längliche Form und im Süden Endmoränenhügel aufweisen.
Klima: Die Winter sind im Vergleich zum Umland mild, denn die Tessiner Alpen schirmen den See vor allzu kühlen Winden ab. Dennoch kann es im Norden schneien. Die Sommer sind warm und feucht, (reinigende) Gewitter sind daher nicht selten. 22 °C gelten als sommerliche Durchschnittstemperatur, das Thermometer kann aber auch über die 30-Grad-Marke klettern und die Wassertemperatur erreicht 22 bis 24 °C. In den Seitentälern liegen die Temperaturen etwas niedriger. Frühjahr und Herbst gelten als die regenreichsten Zeiten, wenn auch als die schönsten.
Wirtschaft: Eine der Hauptsäulen der Wirtschaft war der Abbau von Granit. Transportiert wurde das Material früher über den See, den Ticino-Fluss und auf Kanälen bis nach Mailand. Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts galt der Lago Maggiore als einer der großen touristischen Magnete Europas, der Tourismus bildete die Haupteinnahmequelle. Das hat sich geändert, der große See ist etwas aus der Mode gekommen und das macht ihn für individuelle Reisen wieder so interessant. Außer vielleicht im Juli und August, wenn der inneritalienische Tourismus seinen Höhepunkt hat.
Bis 13. Jh. v. Chr. Pfahlbautenreste in den Lagoni di Mercurago beweisen erste Besiedlungen während der Bronzezeit.
9.–4. Jh. v. Chr. Nachhaltigere Besiedlungen des Gebietes stammen aus der Eisenzeit, ab 600 v. Chr. Und zwar von der prähistorischen Kultur der Golasecca, nach einem Ort am Südende des Lago Maggiore benannt, wo man reiche Funde dieser Kultur machte.
4. Jh. v. Chr. Keltisch-isubrische Besiedlung des Gebietes ist durch Funde nachgewiesen, wobei die Vorgänger der Golasecca-Kultur als ligurisch-keltisches Mischvolk gelten.
3.–2. Jh. v. Chr. Romanisierung Oberitaliens, der Lago Maggiore war Teil der XI. Augusteischen Region namens Transpadana.
476–568 Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches wird Italien von Odokar, danach von den Ostgoten regiert und ab 554 Teil des Oströmischen Reiches.
568-774 ist das damalige Italien langobardisch und später byzantinisch.
9.-13. Jh. Das Mittelalter ist geprägt von monastischen Aktivitäten mit der Gründung zahlreicher pievi, kleiner Kirchen im romanischen Stil. Dazu erste mittelalterliche Dörfer und Städtchen. Während etwa die Toscana die meisten historischen Feste in Renaissancekostümen begeht, wird rings um den Lago Maggiore am liebsten »mittelalterlich« gefeiert.
13.-15. Jh. Die Adelsfamilie der Torriani oder della Torre aus der Valsassina entpuppte sich als ernsthafte Rivalin der mächtigen Mailänder Visconti, mit denen sie sich um Besitzungen auch am Lago Maggiore stritten.
1445 erhalten die Borromäer vom Mailänder Visconti-Herzog Filippo mehrere Lehen, darunter die Festung von Arona, die zu ihrem Lebensmittelpunkt am See wird. Ihren Nachfahren gehören bis heute so großartige Besitzungen wie die nach ihnen benannten Isole Borromee.
16. Jh. Die Schweizer besiedeln das Nordufer des Sees, der bis heute im Besitz des Kantons Tessin ist.
18. Jh. Das Westufer wird von den Savoyern beherrscht, das Ostufer von den Österreichern, die es dank Napoleon bis zu den Unabhängigkeitskriegen Italiens im 19. Jahrhundert behalten.
1801–1805 Napoleon Bonaparte lässt die Simplonpassstraße befestigen. Ab da fahren Postkutschen die Strecke ab, die auch den Lago Maggiore »bedienen«. Der Tourismus am See beginnt.
19. Jh. Reisende aus Nordeuropa entdecken den Lago Maggiore als mildere Winterbleibe, der Tourismus beginnt zu florieren. Villen und ausgedehnte Parks entstehen, die ersten Hotels werden gebaut – Dichter und Denker zieht es an den schönen Lago, Hermann Hesse an den benachbarten Lugano-See.
1825 Gründung der Impresa Lombardo-Sardo-Ticinese für die Schifffahrt auf dem Lago Maggiore, 1826 nimmt der erste Dampfer (il Verbano) seinen Dienst auf.
1855 Mit der Eröffnung der Bahnlinie Novara – Arona wurde der Lago Maggiore an die Hauptstrecken Oberitaliens angebunden.
1876–1909 fahren auf dem Lago Maggiore acht große Salonschiffe, es ist die Zeit der glorreichen Belle Époque.
1925 Vom 5.–16. Oktober werden in Locarno die sogenannten Verträge von Locarno geschlossen, völkerrechtliche Vereinbarungen, die am 1. Dezember in London unterzeichnet werden und die Deutschlands Aufnahme in den Völkerbund besiegeln. Damit sichern Großbritannien und Italien Deutschland die Westgrenze.
1933 tritt das erste Fährschiff auf einem italienischen See in Dienst; es folgen viele Probleme, auch im Zweiten Weltkrieg.
1943 Traurige Berühmtheit erlangten die Massaker vom Lago Maggiore, die ersten Massenmorde an Juden in Italien, wo SS-Angehörige mindestens 57 Juden am Westufer ermordeten, darunter 16 Gäste des Hotels Meina in Meina (siehe Liaty Pisani, Das Tagebuch der Signora); 1968 verurteilte das Landgericht Osnabrück fünf Personen wegen dieses Verbrechens, der Bundesgerichtshof hob jedoch 1970 die Urteile wegen Verjährung wieder auf. 2008 wurde das Massaker im Ort Baveno westlich von Verbania verfilmt und fand großen Anklang auf dem Filmfestival von Venedig sowie auf dem Los Angeles Italia Film Fest.
1969 Im Tessin erhalten die Frauen das Wahlrecht, allerdings vorerst nur für die Kantonalregierung.
1980 Der Gotthard-Straßentunnel wird eröffnet und sorgt für immer größeres Verkehrsaufkommen.
1999 Baubeginn des Gotthard-Basis-Tunnels.
2014 Die Schiffsflotte auf dem Lago Maggiore, bereits die größte auf einem italienischen See überhaupt (mit mehr als 30 Schiffen verschiedenster Art, darunter fünf historische), wird durch zwei neue Boote für jeweils 136 Passagiere erweitert. Ein Beweis für die wieder gute touristische Entwicklung.
2016 Pünktliche Fertigstellung des Gotthard-Basis-Tunnels. Er ist mit 57 Kilometern der Welt längster Eisenbahntunnel.
2017 Wiederinbetriebnahme der Seilbahn Stresa-Alpino-Mottarone nach ihrer gründlichen Renovierung. Bis zum Jahr 2020 soll sich nach Fertigstellung des Ceneri-Tunnels die Fahrzeit von Zürich nach Mailand über Bellinzona und Lugano auf drei Stunden verkürzen.
1. TAG
Locarno und Ascona haben beide eine zauberhafte Altstadt, verlockende Bummelmeilen und lange Promenaden am See. Von Locarno aus zunächst die drei Bahnen nacheinander auf den Hausberg Cardada nehmen, um von oben fast den ganzen Lago Maggiore zu überblicken, der wie eine Landkarte vor einem ausgebreitet liegt.
2. TAG
Erst einmal das Westufer südwärts entdecken. Cannobio und Cannero Riviera sind nette Bleiben. Cannobio besitzt eine wunderbar lange Uferpromenade und der historische Kern zieht sich die nahen Hänge hinauf. Cannero Riviera bietet den einzigen Strand des Lago Maggiore, der seit vielen Jahren die Blaue Europa-Flagge für sauberen und umweltfreundlichen Strand besitzt. Am Hang darüber befindet sich ein Zitronengarten mit Agrumen, die ohne Schutz den Winter überleben, denn das Klima ist hier sehr mild und der Garten ist windgeschützt. Oberhalb locken kleine Dörfer wie das zu neuem Leben erwachte Trarego dank der Initiative Sentiero degli Artisti, Künstlerpfad, zu Ostern. Mit tollen Ausblicken auf den See.
3. TAG
Weiter am Westufer nach Süden passiert man das kleine Ghiffa, dessen Hutmuseum einen Besuch wert ist, falls es geöffnet haben sollte. Oberhalb befindet sich ein Monte Sacro, ein etwas übersichtlicher Heiliger Berg mit gutem Restaurant und herrlichem Wald dahinter, der zu ausgedehnten Wanderungen verlockt. Der Doppelort Verbania-Intra bietet alles, was man für einen entspannten Urlaub benötigt und ist zudem schon regelrecht urban. Im Vorort Pallanza breitet sich der großartige, schon früh im März blühende Park der Villa Taranto aus. Um die Ausbuchtung zwischen dem Lago Maggiore und dem winzigen Lago Mergozzo herum geht es dann weiter in Richtung Stresa.
4. TAG
Der Tag sollte den Borromäischen Inseln mit ihren großartigen Gärten gehören, die Isola dei Pescatori der Fischer inbegriffen. Man dürfte es aber kaum schaffen, auch noch Stresas Hausberg mit der Seilbahn zu erobern. Und wenn doch, dann genießt man die drei Inseln noch einmal von oben.
5. TAG
Über die kleinen Ortschaften Lesa und Meina ist Arona erreicht. Der Ort ist recht urban mit einem einladenden historischen Kern gleich hinter dem alten Fischerhafen. Mittendrin das Archäologische Museum, das ein paar interessante Relikte aus der Geschichte des Platzes besitzt. Oberhalb des Städtchens erhebt sich die Kolossalstatue des wichtigsten Sohnes Aronas, des Hl. Carlo Borromeo. Unbedingt, so man keine Platzangst hat, in die Statue steigen!
6. TAG
Um den Süden des Sees herum auf seine Ostseite, dort Angera mit der imposanten Burg der Borromäer besuchen und unbedingt den Justizsaal mit seinen köstlichen Fresken und die unglaublich reiche Puppensammlung anschauen. Weiter nach Laveno Mombello und sogleich mit der lustigen Zwei-Mann-Kabinenbahn den Berg hinaufschweben. Man kann oben im bescheidenen Hotel übernachten und ein leckeres Abendessen genießen. Bei schönem Wetter sieht man von dort über den See hinweg bis zum Monte Rosa.
7. TAG
Sollte Ihr letzter Tag ein Mittwoch sein, dann ist Luino mit dem größten Wochenmarkt des Lago Maggiore auf jeden Fall eine Option. Aber auch sonst lohnt der nette Ort mit seinem gepflegten alten Kern, der neu geschaffenen Uferpromenade und guten Einkehrmöglichkeiten einen Stopp. Auf dem Weiterweg nach Norden ließe sich aber auch noch ein kurzer Abstecher ins Veddasca-Tal unternehmen.
1Locarno
2Ascona
3Valle Mággia
4Centovalli
5Ronco, Brissago und die Inseln
6Die Castelli von Bellinzona
7Verzasca
8Piano di Magadino
Mit rund 15 000 Einwohnern ist Locarno, das sich auf der östlichen Hälfte des Mággia-Deltas ausbreitet, die größte Stadt am Schweizer Ufer des Lago Maggiore, ein geschäftiges Städtchen mit einem ausufernden Umland. Das historische Zentrum hinter der verkehrsberuhigten Piazza Grande birgt Überraschungen. An warmen Wochenenden und zum Filmfestival im August platzt Locarno aus allen Nähten.
Von der Anlegestelle der Linienboote ist über den breiten Viale Balli der in etwa dreieckige Largo Zorzi zu erreichen, auf dessen Stadtseite unter einer lang gezogenen Arkadenreihe ein Café am anderen seine Tische ins Freie stellt, sobald die ersten Sonnenstrahlen die Stadt erreicht haben. Von dort kommt man auch an Eisdielen und feinen Boutiquen oder Uhrengeschäften vorbei zur Piazza Grande, die endlich hauptsächlich den Fußgängern vorbehalten ist. Ihr Belag aus runden Flusskieseln bereitet manchen Damen auf hohen Stöckeln allerdings erhebliche Probleme beim Schlendern; elegant zu wirken, ist da schwer … Vom Scheitelpunkt der Piazza führen schmale Gassen in den älteren Teil. Besonders hübsch ist die Via Panigari, die von kleinen Boutiquen und Lokalen flankiert wird und in die obere Via Cittadella mündet.
Auf der Via Cittadella geht es links weiter zur Kirche Santa Maria Assunta, der Chiesa Nuova (»neuen Kirche«) von 1636 mit einer zwar wie meistens riesigen Christophorus-Figur an der Fassade, aber diesmal nicht als Fresko, sondern als ausladende Stuckplastik. In den Nischen daneben stehen in recht lockerer Haltung die Heiligen Rochus (links) und Sebastian (rechts). Die Freude am Stuck setzt sich im Inneren fort, vor allem an der Decke. Hübsch ist die links der Kirche stehende, schlichte Casa Canonica aus dem 16./17. Jahrhundert, die sich im Privatbesitz befindet, deren Hof man tagsüber jedoch betreten darf, will man eine Oase der Ruhe genießen und die zweigeschossige Loggia betrachten.
Die wichtigste Kirche der Stadt, Sant`Antonio Abate, hat eine klassizistische Fassade. Diese und die Ausstattung sind als eher durchschnittlich zu bezeichnen. Die Kirche trägt dennoch zu einem angenehmen Gesamteindruck des Platzes bei, der sich vor ihr ausbreitet. Als Einzelgebäude sehenswerter ist die Casa Rusca gegenüber. Dort findet sich unter anderem der Nachlass von Hans Arp, besser bekannt als Jean Arp (1886–1966). Der im Elsass geborene deutsch-französische Maler, Bildhauer und Lyriker gilt immerhin als einer der bedeutendsten Vertreter von Dadaismus und Surrealismus, sowohl in der bildenden Kunst als auch in der Literatur.
Einfach gut!
FALKEN, STEINADLER …
Die Falconeria von Locarno ist praktisch im Stadtgebiet gelegen, weshalb man auf so kurzem Weg sonst selten zu einer Vorführung von Greifvögeln kommt. 45 Minuten dauert jeweils die Show und fasziniert immer wieder nicht nur Kinder. Dabei werden Falken und Adler, Eulen und Geier im freien Flug vorgestellt. Und die Zuschauer sitzen auf den überdachten Tribünen immer im Schatten beziehungsweise im Trockenen. Die aus Asien stammende, vier Jahrtausende alte Kunst der Falkner hat Europa dem Hohenstaufen-Kaiser Friedrich II. zu verdanken, der von der Falknerei so begeistert war, dass er sogar ein Buch darüber verfasste: De Arte Venandi Cum Avibus (»Die Kunst mit Vögeln zu jagen«).
Falconeria. Mitte März–Anfang Nov. Di–So 10–17, im Winter nur Mi, So 13–16 Uhr, Flugvorführungen um 11 und 15, im Winter nur um 14 Uhr, Locarno (TI), Via delle Scuole 12, Tel. 091 751 95 86, www.falconeria.ch
Es ist nur ein Steinwurf bis zur Via Castello, die zum Castello Visconteo führt (das man natürlich auch von unten über die kreisrunde Piazza Castello erreichen kann). Darin findet sich das lokale archäologische Museum mit Funden aus Locarno und Umgebung von der Bronzezeit (13. Jahrhundert v. Chr.) bis zur römischen Epoche. Schon der kleine Innenhof, auf zwei Seiten von spitzbogigen Arkaden umgeben und mit offener Loggia im Obergeschoss und Butzenscheiben an den Fenstern, erfreut den Betrachter. Zeit lassen sollte man sich auch für die Betrachtung der Freskenreste, die einige Geschichten erzählen. Und während des Besuches kommt man bis in die kleinsten Winkel des Kastells, das allerdings dringend einer Generalüberholung bedarf. Wenigstens deren Planung wurde Ende 2016 endlich in Angriff genommen.
Entgegen manch anderer Meinung handelt es sich beim Archäologischen Museum darin um eine ganz zauberhafte Sammlung mit zum Teil einzigartigen Fundstücken. Vor allem aus den nahen Nekropolen von Soldino, Artido oder Muralto. Einzigartig sind die bronzenen Helmkopffibeln (250-200 v. Chr.) aus Soldino, geradezu raffiniert ausgearbeitet. Unter den römischen Funden sei die Coppa degli Uccelli, der mit Vögeln verzierte Becher aus Muralto genannt, für dessen Herstellung mehrere Arbeitsvorgänge nötig waren.
Ziemlich weit oben im Kastell breitet sich die lang gestreckte Sala Patto di Locarno aus, eine Hommage an den am 16. Oktober 1925 geschlossenen Vertrag zwischen den wichtigsten europäischen Staaten, allerdings ohne die Beteiligung der damaligen Sowjetunion. Damit wurde die Unverletzlichkeit der deutschen Westgrenze festgelegt. Das Vertragswerk besteht aus mehreren Einzelverträgen und einem Schlussprotokoll. Insgesamt sollte damit die Beziehung zwischen den Siegermächten und Deutschland normalisiert werden.
Auch wer kein Interesse an einem Stadtbummel hat, wird Locarno wegen der Aufstiegsmöglichkeiten auf dessen Hausberg aufsuchen. Wer zu Fuß hinauf will, kann mit der Via Crucis zum Kloster von Orselina beginnen. Für Gehfaule beginnt das Vergnügen mit der Standseilbahn, die in wenigen Minuten nach Orselina und damit zum Santuario, der Wallfahrtskirche Madonna del Sasso, führt. Auf Wunsch hält die Bahn dort, sonst muss man von der Bergstation wieder viele Stufen hinunter steigen. Die Kirche (15. Jahrhundert) erschlägt einen mit ihrer wuchtigen Stuckverzierung, das umgebende Kloster (16.–17. Jahrhundert) ist durch viele Rundbögen aufgelockert und die Lage des Gesamtkomplexes einfach großartig.
Passerelle