Das Insider-Dossier:
Consulting Survival Guide
Karriere in der Unternehmensberatung
2018 (2. Auflage)
Eine der wichtigsten Funktionen einer Karriere-Community ist die praktische Unterstützung im Berufsalltag. Auf Facebook gibt es die geschlossene Gruppe »Consulting Survival – Karriere in der Unternehmensberatung« von squeaker.net, in der angehende Berater sich untereinander und mit den Autoren austauschen.
Mehr aktuelles Insider-Wissen und Austausch auf www.squeaker.net sowie auf Facebook in der geschlossenen Gruppe »Consulting Survival - Karriere in der Unternehmensberatung«.
Jede Beraterkarriere verläuft individuell und hängt von deinem Talent, deinem Verhalten und deinem Umfeld ab. Das Buch, squeaker.net sowie die geschlossene Facebook-Gruppe sollen in den nächsten Jahren deine Ratgeber sein, wenn du einmal nicht weiter weißt oder Tipps & Tricks suchst. Schließ dich auf Facebook mit anderen Beratern zusammen und profitiere von der Beratungserfahrung der Autoren! Die Autoren Stephanie, Navin und Uli freuen sich, dich beim Abenteuer Beratung zu begleiten und erfolgreich durch deine Karriere zu navigieren.
Das Insider-Dossier:
Consulting Survival Guide Karriere in der Unternehmensberatung
2018 (2. Auflage)
Copyright © 2018 squeaker.net GmbH
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kontakt@squeaker.net
Verlag | squeaker.net GmbH |
Herausgeber | Stefan Menden, Jonas Seyfferth |
Autoren | Thomas Navin Lal, Ulrich Schlattmann, Stephanie Wegener |
Projektleitung | Isabel Karcher, Jan Paczynski |
Grafikdesign | Holger Schwarz, Köln MoonWorks media, Miesbach |
Titelfoto | The Boston Consulting Group |
Druck und Bindung | DCM Druck Center Meckenheim GmbH |
Bestellung | Über den Fachbuchhandel oder versandkostenfrei unter squeaker.net |
ISBN | 978-3-946526-35-3 |
Nachhaltigkeit bei squeaker.net
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Die Autoren | |
Einleitung | |
1. | Was ist eigentlich ein Unternehmensberater? |
1.1 | Was von Unternehmensberatern erwartet wird |
1.2 | Wie Unternehmensberater arbeiten |
1.3 | Unternehmensberatungs- und Unternehmensberatertypen |
1.4 | Was einen »guten« Unternehmensberater ausmacht |
1.5 | Exkurs: Welche Unternehmensberatung passt? |
2. | Vor dem Start in der Unternehmensberatung |
2.1 | Was vorher zu tun ist |
2.2 | Was vorher anzuschaffen ist |
3. | Einstieg in die Firma |
4. | Erste Projektwoche |
4.1 | Logistik und Vorbereitung |
4.2 | Mit dem Vorgesetzten umgehen |
4.3 | Mit dem Team umgehen |
4.4 | Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung mit dem Kunden |
5. | Eigenes Teilprojekt managen |
5.1 | Typische Phasen eines Projekts |
5.2 | Planung und Strukturierung deines Teilprojekts |
5.3 | Effizientes Arbeiten |
5.4 | Grundsätzliches zum Arbeiten mit Daten |
5.5 | Daten erheben |
5.6 | Das Arbeiten mit Excel |
5.7 | Modelle in Excel erstellen |
5.8 | Getting to the so what |
6. | Im Gesamtprojektkontext überzeugen |
6.1 | Unterlagen erstellen |
6.2 | Meetings durchführen |
6.3 | In Meetings und Präsentationen überzeugen |
6.4 | Konflikte als Chance |
7. | Verantwortung gegenüber dir selbst und anderen |
7.1 | Was verändert die Beratung für dich? |
7.2 | Was ist dir selbst wichtig? |
7.3 | Stress: Was ist noch gesund und was sind Warnzeichen? |
7.4 | Verantwortliches Verhalten gegenüber anderen |
8. | Karrieremanagement |
8.1 | Persönliche Weiterentwicklung in der Beratung |
8.2 | Erfolgreiche Selbstvermarktung |
8.3 | Das richtige Projekt finden |
8.4 | Feedback und Bewertungsprozess |
8.5 | Training und Coaching |
8.6 | Der Ausstieg aus der Beratung |
8.7 | Die Suche nach dem neuen Job |
9. | Frauen in der Beratung |
9.1 | Klischee, Mythos und Realität |
9.2 | Karriere und Familienplanung für Frauen |
10. | Der Blick nach vorne |
11. | Unternehmensprofile |
The Boston Consulting Group | |
CTcon Management Consultants | |
DB Management Consulting | |
innogy Consulting | |
McKinsey & Company | |
Siemens Management Consulting | |
Danksagung | |
Über squeaker.net |
Dr. Thomas-Navin Lal ist Partner beim Training- und Coaching-Unternehmen Mind the Gap. Er arbeitet als Executive Coach, Trainer und Change Berater. Seine Spezialgebiete im Trainingsbereich sind Consulting und Leadership. Darüber hinaus ist er als Coach in mehreren Coaching Pools großer Unternehmen und coacht seine Kunden vornehmlich zu Führungsthemen. Navin war von 2006 bis 2013 Berater in verschiedenen Unternehmen, u.a. in einem der Big Four und zuletzt als Projektleiter in einer großen Strategieberatung tätig. 2013 gründete er zudem ein Startup, das sich auf regionale Biosäfte spezialisiert hat, und führte das Unternehmen als Geschäftsführer bis Mitte 2016. Von Haus aus ist Navin Mathematiker und entwickelte während seiner Promotion in den USA und am Max-Planck-Institut Tübingen »Brain-Computer Interfaces«, mit denen gelähmte Menschen mittels Konzentration Computer steuern können.
Dr. Ulrich Schlattmann ist Partner beim Training- und Coaching-Unternehmen Mind the Gap. Er arbeitet als Business Coach, Trainer und Change Berater. Am liebsten coacht er Berater und Führungskräfte zur effektiven Arbeit in Teams oder zu Führungsthemen, trainiert Berater in Consultingskills oder hilft Gruppen und Organisationen dabei, noch effektiver miteinander zu arbeiten. Vorher arbeitete er insgesamt 9 Jahre in einer strategischen Unternehmensberatung. Dort sammelte er nicht nur Erfahrungen im Rahmen der klassischen Beratungslaufbahn, sondern war dort später auch für das Coaching von (Senior-)Projektleitern und Partnern sowie für die Entwicklung des Trainingscurriculums für Associates und Consultants zuständig. Vor seiner Karriere in der strategischen Unternehmensberatung sammelte er Erfahrungen als Freelancer im Inhouse Consulting. Seine Promotion verfasste Ulrich dazu, wie man bei Entscheidungsprozessen systematische Entscheidungsverzerrungen (unconscious biases) verhindern kann.
Dr. Stephanie Wegener ist seit 2011 in einer Strategieberatung tätig. Ihre Beratungserfahrung umfasst insbesondere Projekte in der Energieindustrie. In der Praxisgruppe Energie ist sie auch verantwortlich für das beratungsinterne Frauennetzwerk des deutschsprachigen Raums. Ihre funktionale Expertise besteht vor allem im Bereich Strategieentwicklung, Transformation sowie Organisation. Neben der Projektarbeit arbeitet sie als Coach daran, Einsteigern einen guten Start in die Unternehmensberatung zu ermöglichen. Zuvor hat sie ein duales Bachelorstudium bei einem Dax-Unternehmen und anschließend ihren Master (Sc.) in Internationalem Management an der Wirtschaftuniversität Wien und ESADE Barcelona (CEMS) gemacht. Während des Studiums sammelte sie zudem in mehreren Praktika erste Erfahrungen in Inhouse- und Strategieberatungen. Während ihrer Zeit als aktive Beraterin nahm sie sich zudem eine zweijährige Auszeit, um an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Passau zu promovieren. Im Rahmen dessen untersuchte sie die Auswirkung der Persönlichkeit von Vorständen auf Unternehmen.
Die Karriere als Unternehmensberater ist lehrreich und anspruchsvoll: Du kannst dich auf spannende, internationale Projekteinsätze und prestigeträchtige Kunden mit komplexen Problemstellungen freuen. Sei stolz darauf, dass du die Bewerbungsphase erfolgreich überstanden hast. Doch sei dir auch bewusst: Das war nur die erste Hürde auf deinem Weg zur Karriere in der Unternehmensberatung.
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Die wahre Bewährungsprobe liegt noch vor dir. Ob du später einmal Partner wirst oder deine Karriere noch vor Ablauf der Probezeit scheitert, hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab: von deinem Talent, deinem Verhalten und von dem Umfeld, das dich umgibt. Da jede Beraterkarriere individuell verläuft, erhebt dieses Buch keinen Anspruch auf eine allgemein gültige Zauberformel, nach der sich die perfekte Karriere gestalten lässt. Aber es basiert auf einem umfassenden Erfahrungsschatz aktiver und ehemaliger Berater verschiedenster Fachrichtungen und gibt daher die Antwort darauf, wie du dein Talent, dein Verhalten und das Umfeld in dem du dich befindest, bestmöglich nutzen und steuern kannst.
Unsere Erfahrung zeigt außerdem: Eine steile Karriere, in der es nur darum geht möglichst schnell Partner zu werden und bis zum Ruhestand zu bleiben, macht die meisten nicht glücklich. Zufriedenheit stellt sich vielmehr dann ein, wenn man Kontrolle über die eigene Laufbahn behält. Wer jederzeit selbst entscheiden kann, ob er die nächste Consulting-Stufe erklimmt oder seine Expertise lieber außerhalb der Beratung einsetzt, bleibt unberührt vom »Up-or-out«- Druck – der gerade in den großen Strategieberatungen zu einer ungesunden Work-Life-Balance führen kann.
In diesem Buch lernst du daher auch, wie du dich optimal auf deinen ersten Arbeitstag vorbereitest und wie du anschließend auf jeder Karrierestufe die nötigen Skills entwickelst, um überzeugend und professionell aufzutreten und deine Karriere selbst zu lenken. Das Buch soll in den nächsten Jahren dein Ratgeber sein, das du immer wieder aus dem Schrank ziehen kannst, wenn du einmal nicht mehr weiter weißt. Es bietet nützliche Tipps und Tricks rund um die Durchführung effizienter Workshops, den souveränen Umgang mit Klienten und Teams sowie für die erfolgreiche Organisation von Projekten. Gleichzeitig zeigt es dir, wo du in deiner Karriereentwicklung stehst und bietet dir Entscheidungshilfe, in welche Richtung du dich langfristig entwickeln möchtest – sei es zum Senior-Partner oder zum erfolgreichen Gründer oder Konzernlenker.
Wir wünschen dir viel Vergnügen bei der Lektüre!
Datenbasis für dieses Buch
Um eine breite, beratungsunabhängige Expertise in dieses Buch eingehen zu lassen, wurden zunächst 20 qualitative Interviews mit Unternehmensberatern von 14 unterschiedlichen Beratungen geführt. Darin wurden Warstorys erfasst, es wurde über Spezifika in den jeweiligen Beratungen gesprochen und individuelle Tricks und Tipps wurden erfasst.
Außerdem wurde von Juli bis September 2016 eine umfangreiche quantitative Befragung durchgeführt. Daran nahmen insgesamt 131 Unternehmensberater von 71 Unternehmensberatungen teil. Der Survey bestand aus insgesamt über 35 Fragen. Im Buch wirst du immer wieder Auswertungen aus diesem Survey finden, die ein realistisches und lebendiges Bild davon vermitteln, wie die Beratungswelt ist. Es wurden dabei Fragen zu unterschiedlichen Themen gestellt:
Aufteilung in unterschiedliche Beratungstypen
Zur Auswertung des Surveys wurden die Beratungen in unterschiedliche Cluster eingeteilt (mehr Informationen zu den Clustern in Kapitel 1.3 Unternehmensberatungs- und Unternehmensberatertypen):
Strategieberatung (25 Teilnehmer)
Zum Beispiel: McKinsey & Company Inc., The Boston Consulting Group GmbH, Bain & Company Inc., Roland Berger GmbH, Oliver Wyman GmbH, Consileon Business Consultancy GmbH, PwC Strategy& GmbH
Boutique (30 Teilnehmer)
Zum Beispiel: Simon-Kucher & Partners Strategy & Marketing Consultants GmbH, Sopra Steria GmbH, goetzpartners Corporate Finance GmbH, Batten & Company GmbH
Kleine Beratungen (22 Teilnehmer)
Zum Beispiel: Delta Management Consultants GmbH, Iskander Business Partner GmbH, TALOS Management Consultants GmbH, POLARIXPARTNER GmbH
Inhouse Consulting (10 Teilnehmer)
Zum Beispiel: Allianz Consulting, Bayer Inhouse Consulting, innogy Consulting GmbH (RWE), Volkswagen Consulting, Arvato Bertelsmann
Geschlecht, Alter, Beratungserfahrung
Ein Survival-Guide für Consulting? Klingt ein bisschen martialisch! Denn Gott sei Dank geht es in unserem Job ja nicht um Leben und Tod. Meine erste Assoziation mit dem Begriff »Survival« war Crocodile Dundee: Sein Bild hatte ich sofort vor Augen. Er war ein Held meiner Jugend. Dundee, der ganz locker und souverän mit viel Know-how allen Gefahren des australischen Dschungels trotzte.
Und wenn ich so darüber nachdenke, dann erkenne ich doch ein paar Gemeinsamkeiten zwischen Dundee und einem guten Strategieberater. Neugierde, Mut, Zielstrebigkeit und Respekt vor der Aufgabe – das sind die ersten Dinge, die mir in den Sinn kommen.
Beide müssen richtig in die Hände spucken können. Müssen ehrgeizig sein – aber nicht verbissen. Beide brauchen den Blick fürs große Ganze (den Dschungel), die Fähigkeit, Muster zu erkennen, und zugleich präzises Detailwissen. Sonst wird das nix mit dem Survival. Denn giftige Schlangen lauern überall – sind aber weder für Dundee noch für einen gut ausgebildeten Berater ein Problem, wenn man weiß, wie man sie (an)packen muss.
Im Gegensatz zum Dschungel ist Wirtschaft aber ein People-Business, d. h., bei uns geht’s auch darum, sensible Antennen zu entwickeln und seine eigene Note zu bewahren im Umgang mit Kunden, Teams, Kollegen. Und wenn es dennoch mal kracht, dann bleibt Humor der beste Stoßdämpfer.
Das ist vielleicht der beste Survival-Tipp, den ich geben kann: Lernt von den Besten. Und hinterfragt immer wieder, ob die eigene Karriereleiter auch an der richtigen Wand steht.
Und wenn man die Farbe Grün mag, dann hilft das nicht nur im Dschungel, sondern auch bei der Karriere.
Also: In die Hände spucken, und los geht’s!
Philipp Jostarndt, Partner and Managing Director,
The Boston Consulting Group
Über Unternehmensberater gibt es viele Mythen und Vorurteile. Die Tatsache, dass Unternehmensberater keine geschützte Berufsbezeichnung wie z.B. Staatsanwalt ist und sich somit letztlich jeder als Berater bezeichnen kann, macht das Ganze nicht gerade einfacher.
»Das musste dir mal vorstellen, da schicken’s die Berater von München nach Frankfurt und die von Frankfurt nach München … bloß, dass die keine Freund’ finden.« (sehenswerter Clip »Harry G über Unternehmensberater«)
»Berater sind junge Schnösel von Privatunis, denen es Spaß macht, Leute rauszuwerfen.«
»Unternehmensberater werden nur die Besten der Besten, daher sind die auch die eigentliche Säule unserer Wirtschaft.«
»Das Management erschießt die Leute, aber die Unternehmensberatung schreibt die Namen auf die Kugeln.«
Die Auflistung der Klischees könnte an dieser Stelle beliebig lang fortgeführt werden. Wie so oft bei Klischees, versteckt sich auch bei diesen Aussagen ein Funken Wahrheit – allerdings sehr holzschnittartig und stark übertrieben. Deshalb wollen wir uns in diesem ersten Kapitel der Frage nähern, was eigentlich ein Unternehmensberater ist. Was wird von einem Berater erwartet und wie arbeitet dieser?
Zu deiner Info:
Durchschnittlich verteilt sich in Deutschland das Auftragsvolumen nach Angaben des BDU wie folgt:
Organisations-/Prozessberatung | 44% |
Strategieberatung | 25% |
IT-Beratung | 21% |
HR-Beratung (ausgenommen Personalsuche) | 10% |
1.1 Was von Unternehmensberatern erwartet wird
Zunächst einmal sei festzuhalten, dass Unternehmensberater von Kunden (von manchen Beratungen auch Klienten oder Mandanten genannt) engagiert werden. Kunden, das kann vom DAX-30-Unternehmen bis zum Mittelständler, vom Bundesministerium bis zur NGO (Nichtregierungsorganisation), vom Fußballverein bis zum internationalen Verband, ein ziemlich bunter Blumenstrauß sein. Hinsichtlich eines Kunden gibt es für den tatsächlichen Auftraggeber auch noch einmal verschiedene Optionen. So kann der Projektsponsor, also im Normalfall derjenige, der ein Projekt in Auftrag gibt und über seine Kostenstelle bezahlt, ein Mitglied des Vorstandes oder der Geschäftsführung, ein Bereichsleiter oder ein Abteilungsleiter sein. Laut einer Lünendonk-Studie sind Geschäftsführung und Vorstand zu 90 Prozent an der Beauftragung von Beratern beteiligt. Aber auch Konzernentwicklung oder Einkauf sind mögliche Optionen. Im Sonderfall können auch der Aufsichtsrat oder Investoren als Auftraggeber auftreten, wobei diese Stakeholder-Gruppen dann zumeist den Vorstand in die Pflicht nehmen, einen Berater zu beauftragen. Ebenso mannigfaltig wie der Kunde an sich können die Gründe sein, warum Kunden überhaupt Berater engagieren. Hierbei kann es sich z.B. um akute Probleme, um den Wunsch nach einer unabhängigen Meinung von außen oder um Legitimation (intern durch die eigenen Mitarbeiter und/oder extern durch Aktieninhaber und Co) von bereits getroffenen Entscheidungen handeln.
Engagiert ein Kunde einen Berater zur Unterstützung bei der Lösung akuter Probleme, kann u.a. zwischen den folgenden Problemtypen unterschieden werden – die mit verschiedenartigen Projekten bearbeitet werden können (siehe hierzu Tabelle 1 Projektarten, ihr Zweck und mögliche Aufgaben für Einsteiger in der Strategieberatung):
Eine unabhängige Meinung durch Dritte wünschen sich Kunden insbesondere vor folgenschweren Entscheidungen, beispielsweise bevor sie eine Fusion eingehen oder einen Kauf tätigen, der ein hohes Investment erfordert. Teilweise ist auch eine Beurteilung der strategischen Ausrichtung gewünscht. Anders als bei dem »Weiß-nicht«-Problem hat der Kunde hierbei schon seine eigene Meinung entwickelt und möchte diese durch den Berater vorzugsweise validiert oder auch falsifiziert sehen. Besonders diese Art von Projekten kann vom Aufsichtsrat oder von Investoren beauftragt sein, falls sie z.B. einer bevorstehenden Entscheidung des Vorstandes nicht hundertprozentig trauen.
Art | Zweck | Mögliche Aufgaben Einsteiger (Beispiele) |
Strategieprojekt | Entwicklung der zukünftigen Ausrichtung des Kunden hinsichtlich Märkten, Segmenten, Fähigkeiten, Wettbewerbsposition etc. | Durchführung von Marktanalysen (u.a. Auswertung von Reports), Durchführung von Belief Audits (Interviews zur Aufnahme der Stimmung und Einstellungen) |
Wachstumsprojekt | Identifikation von Wachstumsfeldern | Identifikation von Trends, Auswertung von Wachstumsfeldern inkl. Potenzialen, Validierung von Abschätzungen mit Industrieexperten |
Kostensenkung/Sanierung/Turnaround | Identifikation von Kostenhebeln, Hebung von Potenzialen, z.B. durch Abstoßung einzelner Unternehmensteile oder Effizienzsteigerung | Erstellung von Benchmarks zu Kosten der Wettbewerber |
Prozessoptimierung | Anpassung von Unternehmensprozessen (z.B. HR-Prozesse, IT-Prozesse); oftmals zur Steigerung der Effizienz | Durchführung von Interviews zur Aufnahme von Prozessen, anschließende Dokumentation |
Reorganisation | Anpassung von Funktionen, Personen, Bereichen etc.; oftmals zur Ausbesserung von Schwachstellen und zur Hebung von Effizienzpotenzialen | Durchführung von Interviews zur Identifikation von Schwachstellen in der Organisation |
PMI (Post-Merger-Integration) | Integration von Unternehmen nach erfolgter Fusion, d.h. Konzeption, Implementierung, Controlling | Erstellung eines Kommunikations-konzeptes inkl. Informationsunterlagen für Mitarbeiter |
PMO (Project Management Office) | Zentrale Projektsteuerung, u.a. zur Zusammenführung von Informationen, Controlling des Zeit- und Budgetplans auf höherer Ebene | Nachhaltung von Projektfortschritten, Erstellung von Statusberichten |
Due Diligence | Analyse und Bewertung von Unternehmen, meistens im Zuge des Kaufs eines Unternehmens oder von Unternehmensanteilen | Erstellung einer Stärken- und Schwächenanalyse auf Basis von Unterlagen im Datenraum |
Projektarten, ihr Zweck und mögliche Aufgaben für Einsteiger in der Strategieberatung
Teilweise stellt der Kunde Berater auch ein, um Entscheidungen zu rechtfertigen. Es kommt z.B. vor, dass der Vorstand für unabkömmliche Kostensenkungsprogramme, die zum Teil mit Personalentlassungen verbunden sind wie bei der Schließung eines Produktionswerkes, Berater anstellt. Das heißt ein Vorstand muss die Schuld für die notwendigen Sparmaßnahmen insbesondere in der internen Kommunikation mit Mitarbeitern und Betriebsrat nicht auf sich nehmen, sondern schiebt diese den »bösen« Beratern zu, die »nur auf Effizienz« aus sind.
Abhängig von dem Grund der Beauftragung durch den Kunden und des verfolgten Zwecks eines Projekts gibt es eine große Bandbreite an Aufgabenstellungen für Berater. Hierzu lassen sich verschiedene Arten eines Projekts abgrenzen. Für den Begriff »Projekt« haben übrigens manche Beratungen ihre eigenen Termini. So spricht beispielsweise McKinsey von Studien und Boston Consulting Group von Cases.
Im Folgenden stellen wir dir eine Auswahl typischer Projektarten von Strategieberatungen inklusive ihres Zwecks und exemplarischer Aufgaben für Einsteiger vor. Dies soll dir einen ersten Überblick für einen möglichen Einsatz als Jungberater geben. Mit Blick auf andere Beratungsarten kann es z.B. noch ganz andere Projektarten geben wie IT/ERP-Implementierungsprojekte oder Spezialthemen im Operations/Manufacturing-Bereich wie Aufbau und Inbetriebnahme eines Werkes.
WARSTORY
In meinem ersten Projekt war ich bei einem Mittelständler, dessen Strategie wir für das Jahr 2020 in Zusammenarbeit mit dem Kunden entwickeln sollten. Eine strategische Fragestellung hierbei war, ob das Stadtwerk in die Windenergie einsteigen soll. Meine Aufgabe war es, dieses Marktpotenzial abzuschätzen. Zunächst schaute ich in Branchenreports. Das Problem war, dass die meisten Reports nur Zahlen zu der vergangenen Entwicklung von Windenergie hatten. Andere endeten mit ihrer Prognose im Jahr 2011 – also neun Jahre vor unserem Zieljahr 2020. Für die Abschätzung der verbleibenden Jahre versuchte ich mir also mit Aussagen der Politik, beispielsweise zu Ausbauzielen, behilflich zu sein. Zudem führte ich Interviews mit Windexperten innerhalb unserer Firma und fuhr auch zu verschiedenen Branchenverbänden, um meine Zahlen zu hinterfragen. Anschließend gab es einige Gespräche innerhalb des Stadtwerkes, um festzustellen, wie viel von dem möglichen Windenergiewachstum sich das Unternehmen zutraut zu holen. In Abstimmung bestimmten wir ein konservatives, ein optimistisches und ein mittleres Szenario hinsichtlich des möglichen Marktanteils. All das wurde im »Windmodell« berücksichtigt. Auf Basis der Analyse erkannte der Kunde das Potenzial für sein Unternehmen, woraufhin er ein klares Ja zum Einstieg in den Bau von Windanlagen gab.
(Senior-Projektleiter, Strategieberatung)
Kundenprojekte sehen im Normalfall vor, dass die beauftragten Berater gemeinsam mit dem Kunden Lösungen entwickeln – dies erfordert die Präsenz des Beraters beim Kunden vor Ort. Ausnahmen hierzu stellen beispielsweise Due Diligences dar, die oft auch aus der Distanz durchgeführt werden. Due Diligences werden oft in einem knappen Zeitraum erstellt und mit ihrer Hilfe geht keine Zeit durch Reisen verloren. Im Falle einer Due Diligence soll zudem die Belegschaft eines Unternehmens von den Beratungsaktivitäten meist nichts mitbekommen. Bei dem Großteil der Projekte erwarten die Kunden jedoch, dass Berater zumindest an vier von fünf Tagen in der Woche beim Kunden vor Ort sind. Laut Survey sind insbesondere bei Strategieberatungen volle vier Tage beim Kunden die Norm, während es in kleinen Beratungen auch schon mal weniger als drei Tage sein können. Vereinzelt sind Kunden auch rigoroser und erwarten sogar, dass die bezahlten Berater an fünf Tagen der Woche vor Ort sind.
Durchschnittliche Tage beim Kunden vor Ort nach Beratungsart
Meistens ist jedoch Verständnis seitens des Kunden vorhanden, z.B. dass Freitage für Berater auch für den internen Austausch von Best Practices etc. dienen – Wissen, das letztlich dem Kunden zugutekommt. Und auch der Kunde kann den Freitag dann nutzen, um frei von Terminen andere Themen mit den Beratern abzuarbeiten. Dennoch wird auch am Freitag Flexibilität erwartet, wenn z.B. ein wichtiger Termin ansteht. Wie du dich auf diese Reisetätigkeit vorbereiten kannst und was in deinen Koffer gehört, erfährst du in den Kapiteln 2 und 4.1.
Unternehmen rufen Berater zumeist, weil ihnen personelle Ressourcen, Expertise, der objektive Blick von außen oder alles zusammen fehlt. Unabhängig vom konkreten Projekt oder Grund der Beauftragung erwarten Kunden von Beratern jedoch immer ein hohes Maß an Projektmanagement- und Problemlösungskompetenz, Einfühlungsvermögen und Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit dem Kunden. In Kapitel 1.2 Wie Unternehmensberater arbeiten erfährst du mehr dazu, welche Kompetenzen im Projektgeschäft von Kunden gefordert werden. Was dies im Hinblick auf die Fähigkeiten eines einzelnen Beraters bedeutet, erfährst du in Kapitel 1.4 Was einen »guten« Unternehmensberater ausmacht.
Selbstverständlich erwarten Kunden neben diesen »harten« und »weichen« Faktoren auch schlichtweg Diskretion, also dass Berater ihre beim Kunden gewonnenen Einsichten und zur Verfügung gestellten Daten absolut vertraulich behandeln und insbesondere nicht an Wettbewerber weiterreichen. Zu diesem Zweck lassen manche Unternehmen bei besonders kritischen und streng vertraulichen Fällen ein Confidentiality Agreement unterschreiben – jedoch sollte das Stillschweigen über Unternehmenseinblicke für jeden Berater auch ohne zusätzliches Agreement selbstredend sein. So gibt es bei Beratern sogenannte Chinese Walls. Das heißt Projektteams, die für verschiedene Wettbewerber arbeiten, dürfen in keinem Fall Informationen untereinander weitergeben und sich zu ihrem aktuellen Case austauschen. Des Weiteren erwarten Kunden, dass Berater Mehrwert im Unternehmen stiften (und nicht bloß ein Projekt »aufschwätzen«, um Umsatz zu machen) und Verantwortung für das Projektergebnis übernehmen. Deshalb drängen mittlerweile auch viele Unternehmen darauf, dass die Beratervergütung zumindest zum Teil leistungsabhängig ist. Zudem haben mittlerweile alle größeren Unternehmen einen sehr professionellen Beratereinkauf, der zum Ende des Projekts eine Bewertung vom Fachbereich zur Leistung des Beraters einholt. Diese wird dann bei zukünftigen Ausschreibungen und Vergaben berücksichtigt. Mehr Details zur Verantwortung von Beratungen gegenüber Kunden erfährst du in Kapitel 7 Verantwortung gegenüber dir selbst und anderen.
1.2 Wie Unternehmensberater arbeiten
Gerade junge Einsteiger fragen sich zu Beginn, welchen Mehrwert Berater eigentlich stiften können. Wie können sie beispielsweise einem Vorstand helfen, der schon seit Jahren eine Führungsposition innehat und deshalb sein Unternehmen und die Industrie besser kennt als jeder Berater? Doch genau da liegt auch das Problem: Teilweise sind Kunden so tief in dem Unternehmen verwurzelt, dass sie notwendige Änderungen nicht sehen oder nicht sehen wollen oder aber auch nicht durchsetzen können. In diesen Fällen können das Vorhalten eines Spiegels und ein frischer Blick von außen schon kleine Wunder bewirken.
Im Folgenden wollen wir dir einen kurzen Überblick darüber verschaffen, wie Berater grundsätzlich arbeiten. Hierbei ist natürlich klar, dass Kunde nicht gleich Kunde ist und die Aufgabenstellung im Rahmen eines Projekts stark unterschiedlich sein kann. Je nachdem um welche Art von Projekt es sich handelt, kommen die nachstehenden Arbeitsweisen also mehr oder weniger zum Tragen.
Komplexität bezieht sich auf das System, Kompliziertheit auf die einzelnen Teile des Systems bzw. deren logische Verknüpfung.
Berater reduzieren Komplexität
Mit der Zeit werden manche Unternehmen immer komplexer – sie wachsen durch Zukäufe, Internationalisierung und neue Geschäftsfelder. Ursachen wachsender Komplexität sind u.a. Globalisierung, Beschleunigung durch technologischen Wandel, Zunahme der Stakeholder bei gleichzeitig wachsenden Ansprüchen oder auch eine zunehmende Differenzierung des Kunden beispielsweise hinsichtlich Märkten und Produkten. Dies kann in Summe dazu führen, dass Unternehmen mit der Zeit den Überblick verlieren. An dieser Stelle ist es das A und O, auf Komplexität nicht mit Kompliziertheit zu reagieren, beispielsweise durch Schaffung sehr komplexer Strukturen. Berater helfen durch ihren Blick von außen und durch Analysen von Strukturen und Abläufen, Handlungssicherheit wiederherzustellen, sodass der Kunde seine Energie und Kompetenz wieder auf die wesentlichen Dinge in seiner Firma konzentrieren kann.
Berater bringen Know-how ein
Das Know-how eines Beraters kann inhaltlich, funktional oder metho-disch sein. Möchte ein Kunde auf Fachexpertise bauen, wird im Normal-fall eine Expertenberatung beauftragt, die fundiertes Fachwissen einbringen kann. Oft wird angeprangert, dass man in der Beratung ganz schnell zum Experten wird. So wird so mancher Berater nach acht Wochen Projekt in der Bauindustrie dem Kunden als »Branchenexperte« verkauft. Ein Umstand, mit dem insbesondere viele Einsteiger hadern. Zum Teil muss das Wissen aber auch gar nicht unbedingt bei dem einzelnen Berater liegen, sondern ein Kunde möchte von dem großen Netzwerk einer Beratung profitieren. Außerdem dringen Berater durch ihr großes Arbeitspensum häufig schnell in Themen ein und sind dann innerhalb von kurzer Zeit tatsächlich Experten für ein bestimmtes Thema geworden.
Berater strukturieren Probleme
Oftmals werden Berater gerufen, um ein bestimmtes Problem zu lösen. Bei dieser Art von Problemen geht es in einem ersten Schritt darum, das Problem für den Kunden zu strukturieren. In Kapitel 5.2 Planung und Strukturierung deines Teilprojekts zeigen wir dir, wie du Probleme strukturieren kannst, d.h. wie das Problem in seine Einzelbestandteile zu zerlegen ist, um zur Wurzel des Problems vorzudringen. Neue Technologien machen diese Arbeit von Beratern zum Teil aber auch überflüssig und durch schlaue Analyse von Big Data braucht man dann auch keinen Berater mehr, der ein Problem zerlegt.
Berater arbeiten hypothesenbasiert
Am Anfang eines Projekts arbeiten Berater zunächst noch auf einer hohen Flughöhe, bevor diese dann gezielt verringert wird, um den komplexen Sachverhalt zu durchdringen. Um zu wissen, wo und wie die Flughöhe verringert werden soll – und somit wo der Fokus der Tätigkeit eines Beraters liegt – entwickeln Berater gemeinsam mit dem Kunden Hypothesen. Um das vorherige Beispiel wieder aufzugreifen: Zu Beginn eines Projekts ist z.B. folgende Hypothese möglich: »Dem Unternehmen fehlt Nachwuchs, da es zu wenig Marketing betreibt.« Mit dieser Hypothese startet das Team dann seine Analyse, um diese mehr oder weniger schnell zu validieren oder zu falsifizieren. In diesem Beispiel würde sich dann herausstellen, dass Marketing nicht der Haupthebel ist, und eine neue Hypothese würde formuliert werden. Diese hypothesenbasierte Vorgehensweise ist im Berateralltag eine altbewährte Methode, um ohne Umschweife und systematisch den Projektfokus zu schärfen und somit die Zielerreichung des Projekts zu sichern. Mehr zu dem Thema erfährst du in Kapitel 5 Eigenes Teilprojekt managen.
Berater schaffen Orientierung
Berater haben im Vergleich zum Kunden einen entscheidenden, wenn auch offensichtlichen, Vorteil: Sie sind nicht Teil der Organisation und nur eine begrenzte Zeit vor Ort. Dadurch können Berater mit einer Außenperspektive Dinge kritisch hinterfragen und auch »out of the box« denken – während Kunden oft eingefahrene Prozesse und eine Art Tunnelblick entwickelt haben und entweder nicht in der Lage sind oder bewusst bzw. unbewusst das breite Handlungsspektrum nicht sehen wollen oder können. Berater denken konzeptionell und erarbeiten gemeinsam mit Kunden verschiedene Optionen. Anschließend analysieren und bewerten Berater typischerweise u.a. Potenzial und Risiko von Optionen mithilfe verschiedener Techniken. Gegebenenfalls führen sie z.B. Szenarioanalysen durch. Auf Basis dieser Schritte können Berater dann Handlungsempfehlungen geben und Entscheidungen für den Kunden vorbereiten.
Berater setzen um
Damit entwickelte Konzepte und Handlungsempfehlungen nicht als Papier in der Schublade landen, werden getroffene Entscheidungen von Beratern – falls vom Kunden gewünscht – auch umgesetzt. Hierfür wird zunächst in enger Abstimmung mit dem Kunden ein Implementierungsplan erstellt, der u.a. darüber informiert, wer verantwortlich ist, und detailliert Aktivitäten hinsichtlich was, wann, wo und wie auflistet. Es ist wichtig anzumerken, dass die Implementierung von Strukturen, Prozessen, neuen Produkten etc. immer Veränderung für zumindest einen Teil des Unternehmens bedeutet. Im Allgemeinen erzeugen Veränderungen einen gewissen Grad an Unbehagen und Stress. Deshalb wird die Umsetzung häufig mit einem Change-Management-Projekt begleitet, das auf einen reibungslosen Implementierungsprozess abzielt. Ein Trend ist zudem, dass Beratungen ihren Kunden auch gleich die Prototyping- und Start-up-Teams stellen – durch Tochterunternehmen oder Kooperation, z.B. Digital Ventures (BCG), PwC Experience Centers etc.
WARSTORY
Auf einem Projekt sollten wir herausfinden, ob ein Unternehmen bereit für ein flächendeckendes Rollout eines fortgeschrittenen IT-Systems war, von dem eine Basisversion bereits implementiert war. Falls nicht, sollten wir Handlungsempfehlungen aussprechen. Hierfür mussten wir herausfinden, ob die einzelnen Unternehmensbereiche die Funktionen der Basisversionen bisher überhaupt voll ausschöpften. Im HR-Bereich stellte sich heraus, dass das System bis dato eigentlich kaum genutzt wurde. Die Leiterin des Bereichs gab uns gleich zu Beginn zu verstehen, dass dies daran lag, dass ihre Mitarbeiter schlicht zu »dumm« und unmotiviert seien, das System zu bedienen. In verschiedenen Workshop-Sessions sind wir dann von der offensichtlichen Lösung, dass die Mitarbeiter bereits das Basissystem zu kompliziert fanden und sich ungenügend geschult fühlten, zum Kern des Problems vorgedrungen. Die Mitarbeiter im Recruiting konnten das System gar nicht benutzen, da sie von anderer Stelle wesentliche Daten viel zu spät erhielten – der Prozessablauf hatte also einen ganz bestimmten Schwachpunkt. An der Stelle hat es sich auf jeden Fall ausgezahlt, das Problem auf verschiedene Puzzleteile herunterzubrechen und Hypothesen zu formulieren, damit wir darauf basierend Handlungsempfehlungen ableiten konnten, die auch tatsächlich Abhilfe für das eigentliche Problem des unzureichend genutzten IT-Systems schaffen konnten. Ein erneutes Training der Mitarbeiter hätte an dieser Stelle nichts gebracht – vielmehr mussten die internen Abläufe verbessert werden.
(Senior-Projektleiter, Boutique)
In den anderen squeaker.net-Büchern bekommst du Tipps für die Bewerbung bei Unternehmensberatungen (»Bewerbung bei Unternehmensberatungen – Consulting Cases meistern«). Diese jährlich aktualisierte »Bewerber-Bibel« ist das marktführende Buch zur Consulting-Bewerbung bei namhaften Firmen im deutschsprachigen Raum. Hier wird nicht nur das Wissen über die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Begriffe und Konzepte aufgefrischt, sondern es werden auch hilfreiche Frameworks an die Hand gegeben, die sich gut in die Praxis umsetzen lassen. »Auswahlverfahren bei Top-Unternehmen« und »Brainteaser im Bewerbungsgespräch« helfen dir zusätzlich bei der Bewerbung bei Unternehmensberatungen. Und im vierten Buch »Consulting Case-Training« kannst du nicht nur super Fälle für das Einstellungsgespräch üben, sondern bekommst auch einen guten Überblick über Fälle aus der Beratungsrealität.
1.3 Unternehmensberatungs- und Unternehmensberatertypen
Wie du aus deiner Bewerbungsphase vermutlich bereits weißt, ist Unternehmensberatung nicht gleich Unternehmensberatung. Inhaltlich unterscheiden sich Beratungen stark hinsichtlich ihrer angebotenen Branchen und Funktionen sowie der abgedeckten Wertschöpfungskette eines Beratungsprojekts.
Diese beiden Unterscheidungen beeinflussen natürlich die Größe der jeweiligen Beratung auf Basis der Anzahl der Berater. Auch der Umsatz je Berater variiert. Teilweise hängt dieser mit dem Preispunkt je Berater zusammen, der z.B. bei Top-Management-Beratungen wie McKinsey und Co höher liegt. Zieht man diese beiden Variablen, also »Anzahl Berater« und »Umsatz je Berater«, heran, erhält man folgende vereinfachte Einteilung:
Unternehmensberatungstypen
Prinzipdarstellung (beispielhafte Firmenauswahl)
Strategische Managementberatung
McKinsey, BCG und Co verkörpern das, was man typischerweise als strategische Managementberatung versteht, vor allem früher oft auch »Königsklasse« genannt. Der Fokus dieser Beratungen liegt auf dem Bereich, der durch das Top-Management eines Unternehmens verantwortet wird, nämlich der Entwicklung von Strategien. Der Begriff »Strategie« ist nur schwer abzugrenzen, richtet sich jedoch zumeist auf die langfristige Ausrichtung eines Unternehmens zur Erreichung gesetzter Ziele. Ebenso breit wie diese Definition ist auch das Tätigkeitsfeld von strategischen Managementberatungen. Diese Beratungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine hohe Strahlkraft auf Bewerber haben und typischerweise – so sagen sie selbst – nur »die Besten der Besten« rekrutieren. Im Gegenzug liegt das Gehalt dieser Berater auch am oberen Ende.
Boutiquen
Boutiquen werden meist für spezifische Fragestellungen und (Teil-)Projekte gebucht, für die Expertise hinsichtlich einer Funktion oder einer Branche benötigt wird. Beispiele sind Simon-Kucher für Pricing und Kloepfel für Einkauf. Aufgrund ihrer Spezialisierung sind diese Beratungen stärker von Kunden, Branchen und Themen abhängig, wodurch Krisenzeiten sie ggf. stärker treffen können. Dafür können sie mit einem persönlicheren Arbeitsumfeld bei Neueinsteigern punkten.
Full-Service-Beratungen
Full-Service-Beratungen sind, wie der Name schon sagt, Komplettanbieter. Im Portfolio z.B. von Accenture und Deloitte findet sich alles von der klassischen Beratung über IT-Leistungen bis zur Unterstützung bei der Implementierung – und das zumeist mit globaler Reichweite und großem Mitarbeiterpool. Kunden setzen auf Full-Service-Beratungen, wenn sie – für einen günstigeren Kostenpunkt als bei strategischen Managementberatungen – alles aus einer Hand wollen.
Inhouse-Beratungen
Bei Inhouse-Beratungen handelt es sich um interne Beratungen von großen Konzernen (z.B. BASF, E.ON, Siemens) – diese durchbrechen das oben aufgezeigte Schema. Durch den Einsatz von internen Beratern erhoffen sich Unternehmen zum einen eine Ersparnis hinsichtlich externer Beraterkosten und zum anderen den Erhalt von während Projekten aufgebautem Wissen im eigenen Unternehmen. Je nach Philosophie des jeweiligen Unternehmens werden Inhouse-Beratungen typischerweise auch als Talentpool mit den Führungskräften von morgen angesehen. Manche Beratungen sind innerhalb des Konzerns ein Cost-Center, d.h. die Kosten der internen Berater fallen ohnehin an, sodass sie auch für Projekte genutzt werden können. Andere Beratungen sind innerhalb des Konzerns ein Profit-Center, d.h. die Beratung muss Projekte im Wettbewerb mit externen Beratungen gewinnen und einen Gewinn generieren. Vereinzelt behaupten sich interne Beratungen (z.B. DHL Consulting) auch auf dem externen Markt und bieten auch anderen Unternehmen ihre Dienste an.
Einsteigertyp | Hintergrund | Erfahrung | Einstiegsoptionen |
Generalist | Bachelor, Master oder Doktor im Rahmen eines klassischen BWL- oder ähnlichen Studiums (International Management etc.) | Keine direkte Berufserfahrung, aber zumeist verschiedene Praktika in Beratung und/oder Industrie | Als (Junior-)Berater, keine Führungsverantwortung |
Exot | Bachelor, Master oder Doktor im Rahmen eines Studiums der Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Geisteswissenschaften, Musikwissenschaften etc. | Keine direkte Berufserfahrung, aber zumeist verschiedene Praktika in Beratung und/oder Industrie | Als (Junior-)Berater, keine Führungsverantwortung |
Quereinsteiger | Bachelor, Master oder Doktor im beliebigen Studium | Mehrjährige Berufserfahrung in der Industrie oder in einer anderen Beratung, dadurch gewisse Industrieexpertise | Je nach Tiefe der Industrieexpertise, Erfahrungsgrad (meist gemessen in Berufsjahren) und Führungserfahrung als Berater, Projektleiter oder Partner |
Einstiegstypen in der Beratung
Hinsichtlich Beratern wollen wir an der Stelle zwischen drei verschiedenen Einsteigertypen unterscheiden: Generalisten, Exoten und Quereinsteigern. Diese Typen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Hintergrunds, ihrer bereits gewonnenen Berufserfahrungen und ihrer Optionen im Hinblick auf ihren Einstieg.
1.4 Was einen »guten« Unternehmensberater ausmacht
Die Frage, was einen »guten« Berater ausmacht, muss differenziert betrachtet werden, da die Anforderungen an einen Berater beispielsweise damit zusammenhängen, in welcher Position jemand einsteigt (z.B. Junior-Berater vs. Berater mit Industrieerfahrung). Kunden beauftragen zudem Berater für verschiedene Zwecke. Zum Teil kaufen sie bloß Dienstleister ein, die einfach Sachen »abarbeiten« sollen. Diese Kunden sind nicht darauf aus, dass Berater sich mit Schwachstellen identifizieren und Widerstand leisten. Als Berater solltest du also nicht immer dogmatisch am Beraterideal festhalten – dennoch sollte dir klar sein, wann du hiervon abweichst. Das heißt, du solltest ein eigenes Verständnis dafür entwickeln, was »gute« Beratung ist und was einen »guten« Berater ausmacht. Neben dem Kundenfaktor gibt es für Berater auch noch den Faktor Projektleiter. Alles Wissenswerte hierzu findest du in Kapitel 4.2 Mit dem Vorgesetzten umgehen.
Die wenigsten Einsteiger starten mit Industrieexpertise, eher beginnen sie gleich nach dem Studium mit der Beratung. Im Folgenden zeigen wir dir, auf welche Aspekte es in der Arbeit mit dem Kunden und in der inhaltlichen Arbeit ankommt.
In der Arbeit mit dem Kunden und dem Team
1. Meinungsstärke
Einfach nur stoisch seine Aufgabenstellung abzuarbeiten kommt sowohl beim Projektleiter als auch beim Kunden nicht so gut an. Hingegen erzielt ein Berater Mehrwert, indem er auch seine eigene Meinung zu einem Thema oder Problem entwickelt. Dann kann er sich auch im Gespräch mit dem Kunden oder wenn er von seinem Projektleiter gefragt wird klar positionieren und auf Augenhöhe diskutieren. Und ein sehr guter Berater hat auch den Mut, eine Entscheidung zu treffen, eine klare Empfehlung auszusprechen und diese mit Argumenten zu unterfüttern. Dabei sollte ein Berater natürlich auch nicht davor zurückschrecken, dem Kunden – in angemessener Art und Weise – die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie schmerzlich sein kann. Bei Meinungsverschiedenheiten sollte auch immer abgewogen werden, wer denn letztlich der ultimative Sponsor des Projekts ist. So können die direkten Gegenüber auf Arbeitsebene strikt gegen vorgeschlagene Maßnahmen sein (beliebtes Beispiel: Einsparungsmaßnahmen) und stark gegen diese wettern. Knickt man als Berater ein und muss sich dann beim Projektsponsor Vorstand rechtfertigen, hat man schlechte Karten.
WARSTORY
Bei einem Restrukturierungsprojekt hat der Projektleiter auf Kundenseite permanent die Qualität der Kostenanalyse meines Teams angezweifelt und unsere Einsparungsinitiativen als unzureichend und realitätsfern zurückgewiesen. Ohne Einigung zu erzielen haben wir das Projekt dann beendet. Ein halbes Jahr später habe ich den Vorstand des Unternehmens getroffen und er hat mir für die hervorragende Arbeit gratuliert, die wir damals gemacht haben. Alle Initiativen seien umgesetzt worden und hätten seine, also die Ziele des Vorstands, voll erreicht.
(Projektleiter, Big Four)
2. Überzeugungskraft
Mit der zuletzt genannten Meinungsstärke in der inhaltlichen Arbeit geht die Überzeugungskraft in der Arbeit mit dem Kunden einher – was nützt eine (gute) eigene Meinung, wenn man niemanden davon überzeugen kann? Genau, nicht viel. Deshalb ist es so wichtig, dass man den Kunden mitnehmen, für sich und seine Meinung gewinnen und optimalerweise auch begeistern kann. Hier geht es hauptsächlich darum, eine datenbasierte, transparente Faktenlage zu schaffen, auf deren Basis sich eine klare Empfehlung ableiten lässt. Ein Berater sollte seine Überzeugungskraft vor allem darauf verwenden, dass der Kunde die Berateranalyse und die Empfehlung inhaltlich versteht und selbst durchdringt, damit er eine fundierte Entscheidung treffen kann.
3. Empathiefähigkeit
So wie Berater auf Sachebene eine schnelle Auffassungsgabe haben, sollten sie auch auf emotionaler Ebene Geflechte schnell verstehen und soziale Beziehungen durchschauen und z.B. identifizieren können, wer Bedenkenträger im Unternehmen sind, wer anderen Respekt einflößt etc. Das sind wichtige Punkte, um die Gruppendynamik zu verstehen und zu wissen, wie man an Individuen herantreten kann.
4. Integrität
Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung mit dem Kunden