Modernes Marketing für Praktiker
Der Erfolg am Markt hängt nicht von großen Marketingbudgets ab, sondern davon, Marketing besser zu machen als die Konkurrenten. Mit einem kleinen, aber optimal eingesetzten Marketingbudget unter Nutzung innovativer Marketingmöglichkeiten ist wesentlich mehr zu erreichen als mit einem großen, jedoch falsch eingesetzten.
Das Buch vermittelt praxisorientiert, einfach und übersichtlich Strukturen und Inhalte des Marketings und bietet Methoden, Checklisten und Tipps für die tägliche Arbeit. Anhand vieler Beispiele gibt das Buch Selbständigen, Existenzgründern sowie Fach- und Führungskräften aller Unternehmensgrößen Empfehlungen zur Anwendung und Umsetzung.
• Alles über Marketing für Praktiker: Erfolgsfaktoren, Markt- und Marketingverständnis, notwendige Informationen und sinnvolle Marktforschungsansätze, Marketingziele und Marketinginstrumente, Marketingbudget, Marketingcontrolling und Marketingplan, innovatives Marketing, Online- und Social Media-Marketing, Marketingtools
• Viele Beispiele, Checklisten, Tipps und Empfehlungen
Dr. Urban Kilian Wissmeier ist Inhaber einer Unternehmensberatung mit den Arbeitsfeldern Strategie, Marketing und Marktforschung sowie Business Development. Daneben ist er Lehrbeauftragter und Autor.
Die Zeit der „New Economy“ (des Internetbooms Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts) hat gezeigt, dass große Budgets zum Verschwenden einladen. Damals war man der Meinung, nur mit viel Geld und am besten einer großen Werbekampagne könne man am Markt erfolgreich sein. Meistens endete das jedoch nicht in Umsatz- und Kundengewinn, sondern erheblichen Verlusten.
Wer beschränkte Geldmittel hat, muss diese effizient einsetzen und wird nach den besten Maßnahmen suchen, um zum Ziel zu kommen. Diese Maßnahmen müssen nicht teuer, sondern erfolgsversprechend sein. Insofern geht es eben nicht darum, immer eine Fernseh- und Anzeigenwerbekampagne zu starten, sondern vielmehr der richtigen Zielgruppe das richtige Angebot mit dem richtigen Preis zu machen.
Die Möglichkeiten, mit (relativ zur Unternehmensgröße gesehen) kleinem Budget viel zu erreichen, haben sich die letzten Jahre weiter verbessert. Dies ist insbesondere durch die nach wie vor zunehmende Nutzung des Internets durch alle Zielgruppen und den daraus entstehenden Alternativen des Marketings entstanden. Ein Schlagwort hierzu ist „Social Media Marketing“, häufig missverstanden als „Facebook-Marketing“: auch YouTube, LinkedIn, Xing, Twitter, Instagram, Pinterest etc. fallen in diese Kategorie.
Heute geht es nicht mehr wie in Zeiten der „New Economy“ darum, größer, jünger, schöner oder schneller zu sein als die anderen, sondern ganz einfach klüger und damit erfolgreicher als die Konkurrenz. Und das ist mit kleinen Budgets bestens möglich.
Wie erreichen Sie das?
Indem Sie am Markt einen Vorsprung vor Ihren Konkurrenten haben. Diesen Vorsprung erzielen Sie durch besseres Marketing und dieses wiederum schaffen Sie, indem Sie beim Marketing mehr Wissen haben als Ihre Konkurrenten.
VIMarketing ist keine Zauberei. Marketing hat viel mit gesundem Menschenverstand und der Anwendung von grundlegendem Marketingwissen zu tun. Hier setzt das vorliegende Buch an. Er
■ stellt das notwendige Praxiswissen des Marketings anwendungsorientiert dar,
■ zeigt den idealtypischen Marketing-Management-Prozess auf,
■ bietet Strukturen und Inhalte für die Praxis, die helfen, die täglichen Entscheidungen im Gesamtzusammenhang des Marketings zu treffen und damit zu verbessern,
■ verdeutlicht die Inhalte mittels vieler Beispiele,
■ gibt Beispielsformulierungen für viele Aufgaben wie Zielformulierung, Maßnahmen- und Marketingpläne,
■ beinhaltet viele Methoden, Checklisten und Tipps für die Unternehmenspraxis,
■ zeigt moderne Marktforschungsansätze inklusive Online-Marktforschung auf,
■ verdeutlicht innovative Marketingansätze inklusive Online-Marketing und Social Media Marketing und
■ macht Empfehlungen zur Anwendung und Umsetzung der Inhalte.
Die Grundlage der Ausführungen sind mehr als 20 Jahre Erfahrung in Strategie- und Marketingberatung sowie der Praxis des Marketings. In dieser Zeit wurde immer wieder deutlich, wie wichtig Marketing und speziell Marketingwissen der Entscheider für den gesamten Unternehmenserfolg ist.
Ich wünsche Ihnen eine interessante und vor allem für Ihre beruflichen und geschäftlichen Aufgaben hilfreiche Lektüre.
München, im März 2019 |
Urban Kilian Wissmeier |
Marketing wurde früher gerne mit „Werbung“ gleichgesetzt. In vielen Unternehmen ist dies immer noch so. Das moderne Verständnis von Marketing geht aber wesentlich darüber hinaus. Es kann auf die folgende Kurzformel gebracht werden:
Verständnis des Marketings
Marketing wird heute als „marktorientierte Unternehmensführung“ verstanden.
Dem modernen Marketing werden heute alle marktgerichteten Entscheidungen eines Unternehmens zugeordnet. Beispiele sind die erstmalige Auswahl des Absatzmarktes oder die Ergänzung der bisherigen um neue Absatzmärkte, die künftig Wachstum und Ertrag versprechen.
Das Marketing in diesem modernen weit gefassten Verständnis ist damit eine der beiden zentralen Erfolgsfaktoren in wettbewerbsintensiven Märkten, neben dem Controlling. Es ist dafür zuständig, dass Umsatz gemacht wird, das Controlling (u. a. im Sinne der Kostenrechnung), dass daraus auch Gewinn entsteht. Der Ausgangspunkt von allem sind jedoch die Absatzmärkte. Dies sollten Sie nie vergessen.
Das Anliegen des Marketings ist es, ein Unternehmen mit marktgerechtem Angebot erfolgreich im Wettbewerb bestehen zu lassen.
Etwas vereinfacht dargestellt sind die zentralen Aufgaben und Inhalte des Marketings:
■ Suche und Auswahl von Erfolg versprechenden Absatzmärkten,
■ Auswahl von interessanten Zielgruppen auf diesen Märkten,
■ Entscheidung, welche Angebote mit welcher Unterscheidung zu den Konkurrenten diesen Zielgruppen gemacht werden sollen,
■ Gestaltung von konkreten Produkt- oder Dienstleistungsangeboten für diese Märkte und Zielgruppen,
■ Detailentscheidung über Preise, Vertriebswege und Kommunikation/Werbung für das Angebot in Richtung der ausgewählten Zielgruppen.
Die grundlegendste Veränderung bezüglich des Marketings ergab sich aus der Verbreitung und intensiven Nutzung des Internets seit Anfang der 1990er Jahre. Waren anfänglich viele Entscheider gerade in Deutschland skeptisch, so ist das Bewusstsein über die zentrale Bedeutung des Internets für das Marketing mittlerweile (meistens) gegeben.
Folgende Entwicklungen und Trends werden die Zukunft des Marketings mitprägen:
■ die weiter zunehmende Bedeutung des Internets und seiner vielfältigen Möglichkeiten in B2B als auch B2C,
■ dabei eine weitere Bedeutungszunahme mobiler Devices (v.a. Smartphones und Tablets) im Rahmen des Vermarktungs- und insbesondere Kommunikations-/Werbeprozesses,
3■ One-to-One Marketing (Angebote auf die jeweilige Person zugeschnitten, z. B. Amazon),
■ Dialogmarketing (Dialog mit den Zielgruppen/Käufergruppen, z. B. über Facebook-Accounts der Anbieter),
■ Künstliche Intelligenz und Computer Automated Marketing (Marketing Automation, die Nutzung von Algorithmen und selbstlernenden Systeme für das Marketing),
■ Neuromarketing (die Nutzung von Erkenntnissen der Gehirnforschung für das Marketing),
■ Augmented und Virtual Reality (Adaptionen der Umwelt, z. B. Räume mit alternativen Möbeln bestücken, oder gänzlich künstlich geschaffene Realitäten, z. B. ein geplanter Neubau, durch den man computeranimiert laufen kann),
■ Big Data und darauf basierende Analysen und Maßnahmen (die Auswertung und Nutzung von statistischen Daten insbesondere eines vorhandenen Kundenstammes oder Kassendaten zur Optimierung von Marketingmaßnahmen).
Das Marketing zeichnet sich allgemein dadurch aus, dass
■ jeder mitreden kann,
■ jeder es besser weiß,
■ die von anderen getroffenen Entscheidungen überhaupt falsch sind, weil die falsche Farbe, das falsche Logo, die falsche Werbung gewählt wurde und
■ immer die Marketingabteilung schuld ist.
Die mit Marketing beschäftigten Mitarbeiter können hiervon ein Lied singen. Falls es eine Marketingabteilung gibt, ist diese natürlich mit wichtigen Marketingfunktionen betraut. Die obersten Marketingleute sind jedoch die Unternehmensleiter. Deren Aufgabe ist es, den Markt im Blickwinkel zu halten und die notwendigen Entscheidungen und Maßnahmen zu initiieren.
4Grundsätzlich jedoch übt jeder im Unternehmen Marketing aus. Angefangen vom Verkäufer bis hin zum Monteur beim Kunden.
Wichtig
■ Jeder im Unternehmen macht Marketing, nicht nur die Marketingabteilung!
■ Die Geschäftsführung ist die oberste Marketinginstanz!
■ Was ist ein Marketing-Management-Prozess?
■ Wie ist der Marketing-Management-Prozess aufgebaut?
■ Wie sollten Sie den Marketing-Management-Prozess in der Praxis nutzen?
■ Methoden und Checklisten
■ Empfehlungen zur Anwendung und Umsetzung
Die Entscheidungen zum Marketing sollten Sie systematisch und aufeinander aufbauend fällen. Der Marketing-Management-Prozess zeigt dessen idealtypischen Aufbau sowie seine Inhalte (siehe Abb. 2.1). Die im Prozess aufgezeigte Ablauf und Aufbau der Analysen und Entscheidungen sollte bei wichtigen Themen durchlaufen werden. Mindestens einmal im Jahr, wenn der Marketingplan für das nächste Jahr erstellt wird, bildet er die Basis für die Vorgehensweise.
Beginnen Sie immer mit einer Situationsanalyse sowie der Prognose für die Zukunft. Die Analysen beziehen sich auf das Unternehmen und auf die Umwelt. Es ist sinnvoll, erst die Umwelt zu betrachten und dann das Unternehmen. Warum? Auf die Umwelt haben Sie in der Regel keinen oder nur wenig Einfluss, Ihr Unternehmen können Sie weiterentwickeln und für neue Herausforderungen fit machen.
Auf diesen Ergebnissen aufbauend entwickeln Sie Ihre Entscheidungen zur Marketingstrategie (langfristige, grundsätzliche Entscheidungen und damit langfristige, strategische Planung, Zeithorizont 6i.d.R. 3-5 Jahre). Dabei sollten Sie mit den strategischen Zielen, die Sie erreichen wollen, beginnen und darauf aufbauend die entsprechenden Strategien festlegen. In diesem Buch fokussieren wir auf die Strategie der Marktpositionierung, die eine zentrale strategische Entscheidungen im Marketing (und dem Produktmanagement) darstellt.
7
Abb. 2.1: Der Marketing-Management-Prozess
Es folgt die operative Marketingplanung (kurzfristige Planung, i.d.R. Einjahreshorizont). Auch hier beginnen Sie mit den Zielen und entscheiden dann über die Marketing-Instrumente, mit denen Sie die Ziele erreichen wollen.
Die Marketinginstrumente werden klassischerweise in die 4 Ps unterteilt: Product, Price, Place und Promotion oder auf deutsch: Produkt und Sortiment, Preise und Konditionen, Distribution/Vertrieb und die Kommunikation inklusive Werbung. Im anglo-amerikanischen Raum werden mittlerweile auch häufig 7Ps unterschieden: hinzu kommen People, Processes und Physical Evidence, auf deutsch: Menschen, Prozesse und physische Rahmenbedingungen. Diese drei Instrumente sind hier in Produkt und Sortiment beinhaltet.
Die Einteilung der Marketing-Instrumente ist als Strukturierung und Checkliste für Ihre Entscheidungen zu verstehen. Grundsätzlich existieren immer solche Entscheidungen, wenn Sie am Markt tätig sind. Sie sollten diese jedoch systematisch und auf die strategischen Entscheidungen aufbauend vornehmen, also ein in sich schlüssiges Marketingkonzept entwickeln.
Zu den Marketinginstrumenten werden die Details im entsprechenden Kapitel „Marketing-Ziele, Marketing-Instrumente und Marketing-Mix“ behandelt.
Es folgt im Marketing-Management-Prozess die Umsetzung der Planungen: das heißt, Sie schalten die Marketing-Kommunikation/Werbung und starten den Verkauf. Als letzte Phase kontrollieren Sie das Ergebnis Ihrer Aktivitäten. Ausgehend von den Verkaufszahlen sollten Sie sich mit weiteren Detailergebnissen beschäftigen. Hierzu mehr im Kapitel „Marketingcontrolling“.
In allen Phasen des Prozesses benötigen Sie Informationen, um bessere Entscheidungen zu fällen. Für die Umsetzung der Planungen 8im strategischen als auch im operativen Bereich werden Sie jeweils auch ein Budget festlegen.
Die Analyse sowie die Planungen werden normalerweise in einem schriftlichen Marketingplan dokumentiert, der die Basis für die Umsetzung sein sollte.
Wichtig:
■ Der Prozess kann sich auf das Marketing Ihres gesamten Unternehmens beziehen, auf einen Bereich, auf eine Produktlinie oder ein Produkt bzw. eine Marke.
■ Zuständig sind in der Regel die jeweiligen Marketing- oder Produktmanager.
■ Entwickeln Sie Ihr Marketing systematisch auf der Basis des Marketing-Management-Prozesses.
■ Ergänzen Sie bei Bedarf Ihre Analysen um tiefergehende Untersuchungen und Analysen und passen Sie Ihre Entscheidungen an deren Ergebnisse an. Der Prozess kann durchaus in Schleifen vorgenommen werden.
■ Führen Sie den gesamten Prozess mindestens einmal im Jahr durch und fassen die Inhalte in einem schriftlichen Marketingplan zusammen, der die Grundlage Ihres Marketings bildet.
■ Den Markt verstehen: Marktdefinition und -beschreibung
■ Den Markt kennen: Nachfrager, Zielgruppe, Wettbewerb
■ Den Markt einschätzen: Marktpotenzial, Absatzpotenzial, Marktvolumen und Marktanteil
■ Tools, Methoden und Checklisten
■ Empfehlungen zur Anwendung und Umsetzung
Viele Unternehmen der „New Economy“ sind gescheitert, weil sie Ideen hatten, für die es keinen Markt gab. Trotz vielfacher Hinweise haben sich diese Unternehmen und interessanterweise auch viele Venture Capital Gesellschaften nicht davon abhalten lassen, in „marktlose Geschäftsideen“ Geld zu investieren und dieses zu verlieren.
BEISPIELE für Geschäftsideen ohne Markt: Ein Internetangebot für Teenager, das sich aus monatlichen Beiträgen von 40 € finanzieren soll. Auch ohne eine Befragung von Teenagern vorzunehmen ist offensichtlich, dass es für ein Angebot mit diesem Preis keinen Markt gibt: Welcher Teenager wird einen hohen Anteil seines Taschengeldes in Ausgaben für Internetangebote ausgeben? Sicherlich eine verschwindend geringe Anzahl.
10BEISPIELE für Geschäftsideen mit Markt: Privathaushalte wollen in der Zeit Ihrer Abwesenheit die Mietkosten bzw. einen Kostenbeitrag zu Ihrem Urlaub erzielen. Eine Plattform, um temporäre Mieter und Vermieter zusammenzubringen und dafür Provisionen zu erhalten: AirBnB.
Privatleute wollen sich etwas Geld neben Ihrem Hauptjob verdienen. Dies können sie mit dem Anbieten von Fahrleistungen mit Ihrem Privat-PKW: Uber.
Bei einer alternden Bevölkerung in den Industrienationen ist nachvollziehbar, dass der Markt für Potenzmittel sehr groß ist. Dies wurde in entsprechende Produktideen umgesetzt, unter anderem in potenzfördernde Pillen: Viagra.
Ein Wunschdenken bezüglich der Märkte existiert in vielen, auch in mittleren und großen, Unternehmen. Nicht selten werden konkrete Produktanfragen von Bestandskunden als Indiz für einen bestehenden Mark gedeutet. Häufig besteht dieser aus dem Potenzial „Eins“, nämlich dem anfragenden Kunden.
Ein weiterer Fall für „marktlose“ Produkte sind nicht selten Vorgaben für solche von Zentralen internationaler Unternehmen, die für die Tochtergesellschaften in anderen Kontinenten die Zukunftsprodukte und -märkte ausgemacht zu haben scheinen bzw. vorgeben. Auch in diesen Fällen handelt es sich immer wieder um realitätsferne Annahmen.
Ein Fazit zum Markt als Ausgangspunkt aller Unternehmensentscheidungen:
Jegliche Überlegung zum Angebot von Produkten oder Dienstleistungen muss von der Analyse und Prognose des Marktes ausgehen
Die zentralen Fragen zum Markt sind:
■ Gibt es überhaupt einen Markt? Und: Welcher Markt genau ist gemeint?
■ Wie ist dieser Markt? Wie kann er beschrieben werden?
■ Wie groß ist dieser Markt?
■ Wohin entwickelt sich dieser Markt in der Zukunft?
11■ Welche Nachfragersegmente (Kunden mit unterschiedlichen Anforderungen) gibt es und welche davon sind für mich/uns aussichtsreich?
■ Welche Wettbewerber (Konkurrenten) gibt es? Auch Substitutionsprodukte und -lösungen.
■ Daraus ergeben sich im weiteren Marketingprozess die strategischen Fragen:
■ Welchen Kundennutzen können meine Angebote bieten?
■ Wie kann ich mein Angebot von den Wettbewerbsangeboten unterscheiden und somit die Nachfrager dazu motivieren, sich für mich zu entscheiden?
Klären Sie zunächst einmal die oben schon angesprochene wichtige Frage, ob es überhaupt einen Markt für Ihr Angebot gibt.
Dazu gehören ein Bedürfnis, das Kaufinteresse und die Kaufkraft, welche zusammen den Bedarf ergeben:
Ohne Bedarf kein Geschäft!
Bedürfnis + Kaufinteresse + Kaufkraft → Bedarf
Sie sind die Grundlage für einen Erfolg versprechenden Absatzmarkt. Nicht selten kommt man auf die Idee, Bedürfnisse könne man doch schaffen. Bisweilen ist dies in der Tat möglich, etwa Fidget-Spinner oder Tamaguchi bei Privatpersonen. Bei Unternehmen Sicherheits(Antiviren-)software als Reaktion auf plötzlich auftauchende Softwareviren. Dies ist in der Regel jedoch die Ausnahme. Weiterhin sei die Frage offen gelassen, ob nicht die entsprechenden Bedürfnisse latent schon vorher vorhanden waren.
Einige BEISPIELE für Bedarfe:
■ Für Brot als Grundnahrungsmittel gibt es immer ein Bedürfnis, in den westlichen Industrienationen in der Regel auch Kaufkraft und insofern einen Bedarf.
12■ Für die Dienstleistung der Pflege von Autos (Abholen, Innen- und Außenreinigung, Ausbessern von Lackfehlern, Zurückbringen an den Besitzer) gibt es ein Bedürfnis, Kaufinteresse sowie Kaufkraft bei ausgewählten Zielgruppen. Hier kann man von einem Bedarf ausgehen, der jedoch nach Art und Umfang nicht sicher ist. Weitere Informationen sind notwendig (→ Marktforschung). Diese Dienstleistung wurde in der Praxis erfolgreich in eine Geschäftsidee umgesetzt und gewinnbringend vermarktet.
■ Viele Menschen haben ein Bedürfnis nach Bewegung und Sport. Kaufkraft ist in den westlichen Ländern ebenfalls vorhanden. Die Produktidee der Rollerblades konnte mit Bedarf rechnen, der Markterfolg musste sich im Laufe der Produkteinführung herausstellen, war aber gegeben und somit entwickelte sich ein Markt.
■ Menschen müssen Essen. Lebensmittel werden in der Regel verpackt. Daraus ergibt sich abgeleitet, dass ein Bedarf und somit Markt für Verpackungsmaterialien als auch Verpackungsmaschinen für die Lebensmittelindustrie existiert. Dieser hängt stark von der Entwicklung der Lebensmittelnachfrage der Konsumenten ab.
■ In Unternehmen existiert zwar ein Management, aber dieses hat nicht immer die zeitlichen Ressourcen oder auch fachlichen Kapazitäten, sich mit wichtigen Spezialthemen zu beschäftigen. Weiterhin ist eine externe Sichtweise häufig hilfreich, um objektive Einschätzungen zu erhalten. Unternehmen sind bereit, für solche Dienstleistungen zu bezahlen, insofern gibt es einen Markt für Unternehmensberatung.
■ Und schließlich: bei den meisten Menschen wachsen die Kopfhaare immer wieder. Viele sind daher bereit, Geld für Haareschneiden (Hairstyling) auszugeben, es gibt einen Markt für Friseurdienstleistungen.
Wenn Sie bei diesen ersten grundsätzlichen Überlegungen zu einem positiven Ergebnis gekommen sind, sollten Sie tiefer in den Markt einsteigen. Dies gilt auch für den Fall, dass Sie (oder Ihr Unternehmen) schon länger auf einem bestimmten Markt tätig sind. Viele Fälle aus der Beratungspraxis haben gezeigt, dass eine fehlende 13Beschäftigung mit dem Markt früher oder später zu Problemen führt.
Am Anfang der Marketingarbeit sollte die allgemeine Annäherung und Beschreibung des Marktes stehen. Wenn Sie sich Ihrem Markt allmählich nähern, verstehen Sie ihn besser und können auch alle wichtigen Faktoren besser erfassen. Starten Sie, auch wenn Sie schon länger unternehmerisch tätig sind, mit der Beantwortung der folgenden Fragen:
Märkte können unterschiedlich beschrieben werden, was Auswirkungen auf die Entscheidung über das eigene Angebot hat. Versuchen Sie, Ihren Markt zunächst allgemein und abstrakt in eigenen Worten zu beschreiben und dann detaillierter zu werden.
Einige Beispiele für Marktdefinitionen :
■ Der Markt für Lebensmittel aus ökologischem Anbau.
■ Der Markt für Haareschneiden oder der Beautymarkt mit einem umfangreichen Angebot unterschiedlicher Leistungen wie Haareschneiden, Nagelpflege, Entspannungsmassagen.
■ Der Markt für Schönheit und Wellness.
■ Der Gesundheitsmarkt.
■ Der Markt für Befestigungslösungen.
■ Der Markt für Lösungen der Postautomatisierung.
■ Wenn es notwendig oder sinnvoll ist, können Sie Ihren Markt später noch genauer eingrenzen:
■ Der Markt für Sortierleistungen: Briefsortiermaschinen.
■ Der Mark für Automatisierung im Postbereich: Paketautomaten.
Verwenden Sie, wenn möglich, Lösungsformulierungen und keine Produktformulierungen für Ihre Marktbeschreibung: Der „Markt für Industriepressen“ oder der „Markt für Problemlösungen im Bereich der Materialumformung“. Der Trend geht hin zu Unternehmen, die nicht Produktanbieter, sondern Problemlöser für ihre Kunden sind.
Berücksichtigen Sie dabei, dass Sie Ihren Markt nicht mit den Kunden oder den Produkten beschreiben. Beispielsweise sind nicht 14sinnvolle Formulierungen „Der Markt öffentliche Auftraggeber“ bzw. „Der Markt für Bürosoftware“. Etwas besser wäre: „Der Markt für Bürosoftware bei der Zielgruppe öffentliche Institutionen“, noch besser: „Software-Lösungen für Textverarbeitung bei der Zielgruppe öffentliche Institutionen“.
Märkte können weit und eng gefasst werden. Beides hat Auswirkungen auf die Entscheidungen hinsichtlich Ihrer Angebote bzw. Produkte: Die Marke „Milka“ war viele Jahre auf dem „Markt für Tafelschokolade“ tätig. Nach einer Weile gingen Umsatz und Gewinn aufgrund von Wettbewerbsaktionen zurück. Die Marke „Milka“ bzw. deren Markt wurden breiter definiert: der „Markt für Süßwaren“. Es kamen Produkte wie Lila Pause, Oster- und Weihnachtsangebote hinzu und führten das Unternehmen in dieser Phase wieder hin zur Marktführerschaft (Abb. 3.1).
Tipp:
■ Entscheiden Sie je nach Ihrer Aufgabenstellung, wie breit oder eng Sie den Markt definieren wollen.
■ Geht es um strategische Entscheidungen, in welche Richtung Sie Produkte oder Dienstleistungen weiter entwickeln wollen, sollten Sie von einer eher breiten Marktdefinition ausgehen und diese dann einengen (siehe das Beispiel Milka oben).
■ Geht es um die Weiterentwicklung von Produkten und Dienstleistungen, verwenden Sie einen eher engen Marktbegriff (Beispiel: der Markt für Strategieberatung).
Märkte ändern sich, daher gilt es bei der Marktbeschreibung flexibel zu bleiben und diese notwendigenfalls zu verändern oder den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Gerade im Industriegüterbereich gibt es, wie gerade angedeutet, die Entwicklung von Produktmärkten hin zu Lösungsmärkten. Es wird nicht mehr nach dem Presslufthammer gesucht, um Straßen aufzustemmen, sondern nach der entsprechenden Lösung, was die Entwicklung hin zu Industriediamantschneiden in diesem Arbeitssegment zeigt. Möglicherweise 16werden in Zukunft Lasergeräte die entsprechende Aufgabe übernehmen.
15
Abb. 3.1: Milka hat sich vom Schokoladentafel- zum Süßwarenanbieter gewandelt (Quelle: www.milka.de)
Der Anbieter der entsprechenden Maschinen muss immer nach neuen Technologien bzw. Problemlösungen für das Segment „Straßenbearbeitung“ suchen. Tut er dies nicht, verpasst er möglicherweise den Markttrend. Ein klassisches Beispiel hierfür sind Anbieter von Kohleöfen gewesen, die den Trend zu Gas- bzw. Zentralheizungen nicht mitgemacht haben. Viele von ihnen sind aufgrund der sinkenden Nachfrage nach Kohleöfen aus dem Markt gefallen.
Weitere Beispiele für Marktbeschreibungen:
■ Der Markt für Lösungen für die Verwaltung und Reinigung von Gebäuden:
→ Gebäudedienstleister mit Reinigung, Hausverwaltung, Hausmeisterei, Sicherheitsdienst, Partyservice (Facility Management).
■ Der Markt für Lösungen im Ausbau- und Änderungsbereich von Gebäuden:
→ Schreinerei + Dienstleister vor Ort für Schreinerarbeiten sowie verwandte Tätigkeiten wie Auf- und Abbau von Schränken bei Arbeiten in Wohnungen.
■ Der Markt für Lösungen zur Erstellung von Löchern im Baubereich:
→ Anbieter von Bohr- und Wasserstrahlmaschinen und zusätzlichem Ausführungsservice für solche Arbeiten.
■ Investitionsgüter, Konsumgüter, Dienstleistungen:
- Investitionsgüter (gleichbedeutend mit Industriegütern) werden verwendet, um „Mehrwert zu schaffen“, also geschäftliche Leistungen zu erstellen. Beispiele: Werkzeugmaschinen, Flugzeuge, Industrieanlagen.
- Konsumgüter werden von Konsumenten (Endverbrauchern) gekauft. Es gibt kurzlebige (z. B. Milch, Schokoriegel) und langlebige Konsumgüter (Musikanlage, Gameboy, MP3-Player).
- 17Dienstleistungen sind nicht-materiell, also nicht greifbar: Steuerberatung, Unternehmensberatung, Friseurleistungen, Beförderungsleistungen wie Taxi oder Luftfahrt. Sie können Geschäftskunden oder Endverbrauchern (Konsumenten) angeboten werden.
■ Business-to-Business (B2B /B-to-B ), Business-to-Consumer (B2C /B-to-C ), Business-to-Administration (B2A /B-to-A ), Consumer-to-Consumer, inzwischen Customer-to-Customer (C2C, C-to-C ): Diese Einteilung, die sich vom anglo-amerikanischen Raum ausgehend immer weiter durchsetzt, betont den Unterschied der Zielgruppe. Ausschlaggebend für die Einteilung sind die Entscheidungskriterien und der Entscheidungsprozess der Zielgruppe:
- B2B bedeutet, dass Leistungen für Geschäftskunden angeboten werden (Investitionsgüter oder Dienstleistungen).
- B2C betrifft das Geschäft mit Endverbrauchen (Haushalten, einzelne Konsumenten) und
- B2A mit der öffentlichen Hand bzw. dem Staat (A für Administration, teilweise auch B2G: Government).
- C2C meint das Geschäft zwischen Konsumenten bzw. Kunden (Beispiele sind Verkaufsplattformen, auf denen sich Anbieter und Nachfrager treffen, ursprünglich ebay, inzwischen aber auch Plattformen, auch denen Unternehmen anbieten und an Unternehmen verkaufen). Inzwischen kann man C2C auch als Customer-to-Customer sehen, da es mittlerweile auch Plattformen im geschäftlichen Bereich gibt.
BEISPIEL Autoreifen:
■ Aus Sicht der Reifenhersteller gibt es ein B2B-Geschäft: wenn sie Reifen zur Erstausstattung an Autohersteller verkaufen (in diesem Fall auch OEM-Geschäft genannt, Original Equipment Manufacturer; der OEM, Automobilhersteller, baut die Produkte, die Reifen, in das Auto ein und verkauft das Auto).
■ Reifenhersteller betreiben in der Regel aber auch B2C-Geschäft, wenn sie direkt oder über den Handel an Endverbraucher verkaufen, die Ersatzreifen benötigen.
18■ Schließlich können sie auch B2A-Geschäfte haben, wenn sie direkt an die öffentliche Hand Reifen verkaufen.
■ C2C-Geschäft existiert, wenn beispielsweise Konsumenten gebrauchte Reifen über eine Plattform an andere Konsumenten verkaufen oder Spediteure gleiches mit anderen Spediteuren tun.
■ Massenmarketing („mass marketing“) versus Individualmarketing („individual marketing“):
- Massenmarketing bedeutet, dass eine große, in der Regel eher unbekannte Anzahl von potenziellen Kunden angesprochen werden. Typisch ist Massenmarketing bei Konsumgütern (z. B. Waschmitteln), kommt aber auch bei Investitionsgütern vor, beispielsweise bei Werkzeugen für Handwerker.
- Individualmarketing betrifft die direkte Kundenansprache, bei der die Zielgruppe bekannt und überschaubar ist. Hierbei wird häufig mit genau auf diese abgestimmte Angebote und direktem Verkauf gearbeitet. Es kann aber auch mittels individualisierten Direktwerbebriefen oder in Menge versandten Angeboten vorgegangen werden, was durch die heutigen technologischen Möglichkeiten vereinfacht wird.
Jeder Markt hat seine eigenen Gesetze,