WIE SIE STRESS UND ANGSTGEFÜHLE
BEWÄLTIGEN UND GELASSENER WERDEN
AUS DEM ENGLISCHEN VON VIOLA KRAUSS
KUNSTMANN
Die Last wird leicht,
wenn mit Geschick man sie trägt.
OVID
Für unsere Familien,
unsere Freunde und
alle Gestressten dieser Welt.
UNSERE GESCHICHTEN VOM STRESS
EINLEITUNG
1 WAS IST STRESS?
Anzeichen, Symptome und Auslöser von Stress
2 GEHIRN UND GEIST
Glanzleistungen, Fallgruben und Fakten
3 ANGST
Die körperlichen Auswirkungen von Stress verringern
4 ZEIT
Mit weniger mehr erreichen
5 GESUNDHEIT
Sich um den eigenen Körper kümmern
6 PARTNERSCHAFT
Den Beziehungsstress herunterfahren
7 ENERGIE
Ihr Bestes zum Vorschein bringen
SCHLUSSWORT
DANKSAGUNGEN
LITERATURHINWEISE UND QUELLEN
von Matthew Johnstone
Früher hatte ich welliges dunkelbraunes Haar, heute sehe ich ungefähr so aus wie eine Zigarette, deren Asche jeden Moment weggeschnipst wird. Zum Teil liegt das an meinen Genen und am Älterwerden, doch Tatsache ist, dass mein Haar im Lauf eines bestimmten Jahres Mitte dreißig die Farbe verloren hat – dank des unerbittlichen, wachsenden Stresses, den ich mir größtenteils selbst machte.
Nachdem ich etwa drei Jahre lang als Art Director in der Werbung gearbeitet hatte, wusste ich, was es heißt, wirklich gestresst zu sein. Ein Teil des Problems war mein Job. Der andere mein Perfektionismus. Ein bisschen Perfektionismus ist nicht schlecht, genau wie ein bisschen Stress auch. Er lässt uns stolz auf unsere Arbeit sein, motiviert uns und bringt unsere Stärken zum Vorschein. Problematisch wird es, wenn er alles bestimmt. Ich legte die Latte derart unerreichbar hoch, dass mich sämtliche Arbeitsergebnisse enttäuschten und ich meinen Kolleginnen und Kollegen nichts mehr zutraute. Keineswegs war ich der beste Art Director der Welt, aber ich nahm die Sache verdammt ernst – denn »man darf sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen«.
Ich weiß noch genau, wie meine Schlafstörungen begannen. Es fühlte sich an, als ob elektrisch geladene Drähte durch meine Arme liefen, und eine Zeit lang blitzte es in meinen Augenwinkeln immer wieder stroboskopisch auf. Mittlerweile weiß ich, dass Stress sich auf viele verschiedene Arten äußern kann, und dass permanenter, nicht nachlassender und unbehandelter Stress unweigerlich beträchtliche psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen nach sich zieht. Und für unsere körperliche Gesundheit ist er auch nicht gerade förderlich. Einer meiner Brüder arbeitet als Psychiater, ein anderer hat Psychologie studiert, also hätte ich es wirklich besser wissen sollen. Aber ich bin ein Mann, hatte ein großes Ego und arbeitete in der Werbebranche, also drückte ich meine Gestresstheit weg und ertränkte sie in Arbeit, Alkohol und Freizeitdrogen. Das nahm den Druck weg und linderte die Qual, aber nur zeitweilig. Weil ich nicht auf mich geachtet hatte, war ich am Ende entsetzlich deprimiert. Seither widme ich mein Leben dem Thema psychische Gesundheit und versuche, anderen zu zeigen, wie sie nicht in die gleiche Falle geraten wie ich. Denn ich denke: Vorbeugung ist die beste Therapie.
Das vorliegende Buch enthält viele wichtige Infos des klugen Psychologen Dr. Michael Player, der sich allem, was mit Stress zu tun hat, mit größter Leidenschaft verschrieben hat. Viele Jahre lang hat er das Phänomen Stress als praktizierender klinischer Psychologe sowie als Wissenschaftler erforscht. In diesem evidenzbasierten Buch erklären wir, was genau Stress ist, und was dazu beiträgt, ihn zu lindern. Dazu gibt es jede Menge Bilder von mir, damit während des Lesens kein Stress aufkommt. Hier und da erzähle ich Geschichten aus meinem eigenen Leben, über Stress und andere Katastrophen. Diese »Kurzen Lektionen in Sachen Stress« bilden hoffentlich eine gute Ergänzung zu Michaels erhellenden Ausführungen.
Wenn Stress in Ihrem Leben eine große Rolle spielt, sollten Sie ihn nicht ignorieren und hoffen, dass er von alleine weggeht. Abschaffen können wir den Stress nicht, so schön es auch wäre. Aber wir können lernen, damit umzugehen, ihn zu verringern … und mit ihm zu tanzen. Betrachten Sie den Stress als ein eingebautes Alarmsignal dafür, dass in Ihrem Leben nicht alles in Butter ist. Betrachten Sie ihn als Verbündeten: Hören Sie ihm gut zu, und dann ändern Sie in aller Ruhe ein paar Dinge und schalten einen Gang herunter.
Kein Stress! Ich hoffe sehr, dass Ihnen dieses Buch dafür die richtigen Anregungen gibt.
Dr. Michael Player
Da ich mich sowohl wissenschaftlich als auch praktisch mit geistiger Gesundheit beschäftige, bekomme ich einen sehr speziellen, genauen Einblick, welche Folgen Stress für unseren Geist, unseren Körper und unser Verhalten hat. Ich habe den biologischen Auswirkungen permanenten Stresses nachgeforscht: Er zerstört Zellen und lässt wichtige Hirnregionen schrumpfen und verkümmern. Und ich hatte Menschen in Behandlung, die derart gestresst waren, dass sie weder essen, schlafen, sich konzentrieren noch Entscheidungen treffen oder ihrer Arbeit nachgehen konnten. Manche waren nicht einmal in der Lage, das Haus zu verlassen.
Ich habe selbst erfahren, dass wir mithilfe bestimmter Techniken funktionierende Strategien für unser Wohlergehen entwickeln, auf diese Weise zu guter Gesundheit zurückfinden und ein ausgeglichenes Leben führen können. Diese Techniken stellen wir Ihnen hier vor. Wir statten Sie mit einem Bewusstsein für die Auslöser und Symptome Ihres Stresses aus und unterstützen Sie dabei, eine tragfähige Strategie zu erarbeiten, wie Sie besser mit Stress umgehen können, um sich wieder lebendig und gut zu fühlen!
Seit unserer gemeinsamen Arbeit für das Black Dog Institute sind Matthew und ich dicke Freunde, tauschen Gedanken und schlechte Witze aus und treten manchmal miteinander auf. In meine Vorträge baue ich gern Matthews Illustrationen ein, und die Leute lassen mich jedes Mal wissen, wie sehr diese Bilder sie berühren und wie viel es ihnen bedeutet, dass jemand genau weiß, was sie durchmachen. Matthew ist ein außerordentliches Talent, dessen Arbeiten mich stets aufs Neue inspirieren und erstaunen, und für mich ist es eine große Ehre, seine Illustrationen mit Worten begleiten zu dürfen.
Stress hat bei mir immer wieder zu Sorge und Angst, innerer Unruhe, Trauer und sogar Depressionen geführt. Bei vielen wichtigen Lebensentscheidungen und Bewältigungsmechanismen stand der Stress, den ich zu dieser Zeit empfand, im Mittelpunkt. Ich hatte eine Reihe stressiger Jobs – ich arbeitete in gefährlichen Funktionen auf Baustellen (um mir das Geld für die Uni zusammenzusparen), als Börsenmakler und Händler für Termingeschäfte in den volatilen Märkten der Neunziger- und frühen Nullerjahre sowie in fordernden Unternehmen mit übereifrigen, aber ahnungslosen Leitungsteams. Lange Zeit haben diese stressigen Jobs meine Gesundheit ernsthaft beeinträchtigt und mich dazu gebracht, mein Elend mithilfe der üblichen Verdächtigen verringern und verscheuchen zu wollen.
Den größten Stress aber erlebte ich während des Studiums meiner wahren Liebe – der Psychologie. Eigentlich hätte das die reine Freude sein sollen, aber mein selbst geschaffener innerer Druck brachte mich dazu, meinen Master zu machen, während ich gleichzeitig an meiner Doktorarbeit schrieb und Teilzeit (heißt: Vollzeit!) am Black Dog Institute arbeitete. Nie hatte ich so viel zu tun wie damals, und um ehrlich zu sein, zerbrach ich daran irgendwie.
Etwas hat sich während dieser Zeit in mir verschoben, und ich war danach ein anderer als zuvor. Ich musste sogar einen zweiwöchigen »Notfall«-Urlaub einlegen, um wieder auf die Beine zu kommen. Damals bekam das keiner mit, aber mir ging es wirklich schlecht.
Meine umfassende Kein-Stress!-Strategie, die mit den besten Techniken zur Stressbewältigung arbeitet, wird Sie nicht gegen Stress immunisieren können. Aber sie hilft Ihnen, die Symptome in den Griff zu kriegen, bis Sie irgendwann wissen, worauf es wirklich ankommt. Kleiner Tipp: Ihre Gesundheit.
Ich hoffe, dieses Buch wird Sie dabei unterstützen, Ihre persönlichen Erfahrungen zu nutzen und eines zu lernen: Kein Stress!
IHR MANTRA FÜR DIESES BUCH:
Wenn nicht jetzt, wann dann?
»Nicht der Stress bringt uns um, sondern unsere Reaktion darauf.« HANS SELYE
Hans Selye, der Vater der Stressforschung, hat Stress im Jahre 1936 – in einer Zeit, als dieser noch nicht als Ursache für viele Krankheiten unserer Zeit erkannt war – folgendermaßen definiert: »Die unspezifische Reaktion des Körpers auf jegliche Anforderung.« Später änderte er seine Definition von Stress als den »Anteil an Belastung und Verschleiß«, was meiner Meinung nach besser umschreibt, wie wir uns nach einer Stressperiode fühlen: müde, alt und zerschlagen.
Beginnen wir mit einigen vernichtenden Daten. Stress gilt inzwischen als einer der entscheidenden auslösenden Faktoren für nahezu alle ernsten Erkrankungen sowie für fünf der sechs häufigsten Todesursachen – Herzleiden, Krebs, Schlaganfälle, Erkrankungen der unteren Atemwege sowie Unfälle. Je nachdem, welche Studie wir zurate ziehen, ist Stress für 75 bis 90 Prozent unserer Besuche beim Allgemeinmediziner verantwortlich. Und die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass stressbedingte psychische Erkrankungen, u. a. Depressionen und Angststörungen, bald noch weiter verbreitet sein und Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Ursache Nummer 1 für Erwerbsunfähigkeit im Jahr 2030 überholt haben werden. Ganz schön alarmierend, finden Sie nicht auch?
Wenn Stress uns derart schlecht bekommt, sollten wir uns einfach davon fernhalten! Leider hat die Forschung gezeigt, dass die fünf Hauptstressoren (Dinge, die uns Stress verursachen) unsere finanzielle Situation, unsere Gesundheit, Beziehungen, das Führen eines gesunden Lebenswandels sowie die Gesundheit unserer Liebsten sind. Wer kann denen schon entkommen?
Je mehr Stress wir erfahren, desto mehr wird zudem unser Stresspfad (eine bestimmte Kombination miteinander verbundener Zellen im Gehirn) getriggert, und desto wahrscheinlicher ist es, dass wir mit wenig konstruktiven Taten und Gedanken reagieren, die uns nur noch mehr stressen. Je öfter dieser neuronale Pfad aktiviert wird, desto mehr verfestigt er sich im Lauf der Zeit. Das heißt, er lässt sich durch immer niedrigschwelligere Ereignisse triggern – was zu Überreaktionen führen kann (man nennt das »Stress-Sensibilisierung«). Das können wir tagtäglich beobachten: Leute, die völlig ausrasten, weil sie einen Bus verpasst oder Kaffee verschüttet haben. Obwohl der Auslöser an sich also nicht weiter dramatisch ist, muss man mit noch einer weiteren Sache klarkommen, und in der Summe wird es dann irgendwann zu viel.
Sobald wir Stress als unvermeidlichen Bestandteil des Lebens akzeptieren, der sich nicht einfach an- und abstellen lässt wie ein Wasserhahn, können wir lernen, damit umzugehen (aus der Welt schaffen können wir ihn nicht). Dieses Buch zeigt Ihnen, wie. Es gibt ein paar einfache Regeln dabei: Hören Sie nicht auf Ihren Verstand! Probieren Sie alles aus und schauen Sie, was für Sie passt. Nehmen Sie sich jetzt etwas Zeit und bemühen Sie sich darum, die besten Methoden zu erlernen, um Ihr Verhältnis zum Stress in den Griff zu bekommen – denn dieses Verhältnis ist eines, das Ihnen bleibt.
Alle Techniken in KEIN STRESS! habe ich auf ihre Wirksamkeit erprobt. Jede ist in gewisser Weise nützlich, doch welche für Sie persönlich die richtigen sind, finden Sie nur durch Ausprobieren heraus. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele große, bullige LKW-Fahrer es gibt, die nach einem langen Tag auf der Autobahn nichts lieber tun, als sich auf einer Wolke schwebend zu imaginieren und sich dabei zu entspannen. Legen Sie sich während des Lesens ein NOTIZBUCH zurecht, damit Sie festhalten können, was Ihnen wichtig erscheint oder Sie inspiriert. Das, was wir zu Papier bringen, setzen wir nämlich eher in die Tat um.
Auf ein weniger gestresstes Leben! Gehen Sie es an, haben Sie Geduld und bleiben Sie dran. Sie sind es sich wert, und Ihr zukünftiges Ich wird es Ihnen danken!
WICHTIGE BOTSCHAFT DER AUTOREN
Wunderbar, dass Sie dieses Buch gekauft haben. Falls Ihnen der Stress momentan jedoch total über den Kopf wächst, sollten Sie nicht davor zurückscheuen, sich die nötige Hilfe und Unterstützung zu suchen.
Unterhalten Sie sich erst einmal mit einer Person, der Sie vertrauen: einem Freund, Ihrem Hausarzt oder jemandem in der Personalabteilung … Sie müssen das nicht alleine durchstehen. Geteiltes Leid ist halbes Leid, und das Leben ist einfach zu kurz, um sich ständig mies zu fühlen.
ANZEICHEN, SYMPTOME UND AUSLÖSER VON STRESS
In diesem Kapitel zeigen wir Ihnen:
Warum und wie wir uns gestresst fühlen
Die Anzeichen, Symptome und Auslöser von Stress
Wie Sie Ihren Stresspegel im Auge behalten und in den Griff kriegen
Stress kann alles sein, was uns körperlich, geistig oder emotional beansprucht. Er gehört zum Leben dazu, und ein moderater Stresspegel tut uns sogar gut. Er motiviert uns und schenkt uns die nötige Energie, etwas zu erledigen.
So würden wir zum Beispiel nicht für eine Prüfung lernen oder uns für eine wichtige Präsentation ins Zeug legen, wenn wir uns wegen des Resultats nicht ein wenig stressten. Dr. Kelly McGonigal von der Universität Stanford zufolge belastet uns gar nicht der Stress selbst, sondern die Art, wie wir darüber denken. Ihre Studien ergaben: Wenn wir glauben, dass uns der Stress schadet, dann tut er das auch!
Wenn wir uns bedroht fühlen (egal, ob wir es tatsächlich sind), zündet der Sympathikus ein Feuerwerk körperlicher Symptome, bekannt als »Kampf-oder-Flucht-Reaktion«. In grauer Vorzeit war das für uns Menschen lebensnotwendig, um den zahlreichen natürlichen Feinden entkommen zu können. Wenn ein solcher in die Nähe kam, aktivierte das Alarmsystem des Gehirns quasi einen automatisch vorprogrammierten Fluchtplan und half uns zu überleben.
Das steckt noch immer in uns. Das Herz schlägt schneller, um Blut in unsere Gliedmaßen zu pumpen, wir atmen tiefer, damit unsere Muskeln mit mehr Sauerstoff versorgt werden, wir schwitzen stärker, um den Hitzeverlust zu beschleunigen, wir verlangsamen weniger wichtige Körperfunktionen wie die Verdauung, unsere Pupillen weiten sich, damit wir fokussierter sind, und es werden Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet, damit wir zur Tat schreiten können. Je nach Art der Bedrohung bedeutet das: fliehen oder dableiben und kämpfen.
Das Problem besteht darin, dass unser Alarmsystem heutzutage Dinge als »Bedrohung« ausmacht, die unser Leben gar nicht wirklich in Gefahr bringen: ein Abgabetermin, der Streit mit einer Kollegin, oder ein 1:0 für die gegnerische Mannschaft eine Minute vor Abpfiff.
In diesen Fällen ist es falscher Alarm, denn es besteht keinerlei körperliche Gefahr, dennoch reagiert unser Körper so als ob. Bei dieser Stressreaktion konzentriert sich unser Gehirn ausschließlich auf die unmittelbare Bedrohung; der rationale Teil des Gehirns wird ausgeklinkt. Wir verlieren also das große Ganze aus den Augen, wodurch wir schlechter ruhig bleiben, logisch denken und die Probleme vernünftig lösen können.
Wenn wir besser mit Stress umzugehen lernen, aktivieren wir genau das Gegenteil unserer Kampf-oder-Flucht-Reaktion – die besänftigende »Entspannungsreaktion« nämlich, die vom Parasympathikus gesteuert wird.
Schauen Sie sich diese Liste mit Symptomen gründlich durch und beurteilen Sie, ob sich eins oder mehrere davon regelmäßig bei Ihnen bemerkbar machen. Sie wissen dann, wo der größte Handlungsbedarf besteht. Schreiben Sie diese Symptome in Ihr NOTIZBUCH. Sich darüber klar zu werden, ist der entscheidende erste Schritt in Richtung Besserung.
Die Frage klingt vielleicht merkwürdig, aber wie konnten wir es bloß zulassen, so verdammt gestresst zu werden? Tatsächlich stellt unsere moderne Lebensweise eine Bedrohung für das Leben selbst dar. Kaum zu fassen, wo wir im Westen doch in den sichersten und wohlhabendsten Gesellschaften und in der friedlichsten Epoche unserer Geschichte leben.
Noch dazu hat die Automatisierung unser Leben angeblich vereinfacht, die globale Vernetzung hat die Beziehungspflege erleichtert, wir haben mehr Wahlmöglichkeiten, besseren öffentlichen Nahverkehr, größere Fernseher und klügere Telefone. Und dennoch fühlen wir uns so gestresst und unglücklich wie nie zuvor. Was läuft bloß falsch?
Es lohnt sich, darüber Überlegungen anzustellen. Schreiben Sie sich auf, ob einer dieser Punkte zu Ihrem persönlichen Stresspegel beiträgt.
Obwohl wir über mehr »Freunde« und dank der Technik über eine bessere »Vernetzung« verfügen, sind unsere persönlichen Beziehungen und sozialen Bindungen schwächer geworden. Die evolutionäre Psychologie zeigt, dass menschliche Beziehungen und familiäre Bande Angstgefühle verringern können. Doch das vergessen wir gern aufgrund der folgenden Tatsache.
Unsere Ziele tendieren mehr in Richtung Geld, Ruhm und Image, was in eindeutigem Zusammenhang mit Angststörungen und Depressionen steht.
Wir saugen wesentlich mehr Informationen in uns auf, und eine Menge davon ist Panikmache. Wir leben in einer Kultur, in der Angst dazu benutzt wird, uns zu motivieren. Ständig sind wir einem Trommelfeuer von Warnungen ausgesetzt – vor Terrorismus, einer stagnierenden Wirtschaft, erhöhter Kriminalität, Migration usw.
Wir kämpfen gegen unangenehme Gefühle an, anstatt ihnen freien Lauf zu lassen. Wir weichen Situationen aus, die uns nervös machen, und versuchen, uns von jedem unangenehmen Gefühl abzulenken oder es zu betäuben.
Wir haben zu hohe Erwartungen, vermutlich weil in unserer Gesellschaft gerne betont wird, dass wir alles sein und erreichen können, was wir uns vornehmen. Deshalb verspüren wir den Druck, mehr sein und mehr tun zu müssen.
Stress wird dadurch verursacht,
dass du ›hier‹ bist, während du eigentlich
›dort‹ sein möchtest.
ECKHART TOLLE
Wovon fühlen Sie sich jetzt, im Moment, am meisten gestresst? Gehen wir zuerst die Lebensbereiche durch, die potenziell Probleme bereiten, dann wird es Ihnen leichter fallen herauszufinden, welche der nachfolgenden Interventionen für Sie passen.
FINANZEN
Glauben Sie, Sie kommen nie auf einen grünen Zweig, egal was Sie auch tun? Sind Sie am Monatsende stets im Minus, nehmen Sie an Lotto- und Gewinnspielen teil, oder haben Sie sich damit abgefunden, auf den Tod eines Familienangehörigen warten zu müssen, bis Sie sich den Kredit für ein Eigenheim leisten können?
ARBEIT
Gibt es eine Diskrepanz zwischen den an Sie gestellten Erwartungen und dem, was Sie sich zutrauen? Haben Sie mit schlechter Zeiteinteilung und Prokrastination zu kämpfen? Müssen Sie sich mit unfreundlichen oder narzisstischen Kollegen herumschlagen oder gar mit einem Kontrollfreak als Vorgesetzten? Ist die Angst vor Kündigung für Sie ein Thema?
GESUNDHEIT
Machen Sie sich Sorgen wegen Ihres Ess- und Trinkverhaltens, Ihres Schlafpensums oder irgendwelcher anderer ungesunder Angewohnheiten? Kriegen Sie den Sport, den Sie unbedingt treiben sollten, nicht unter, etwa weil Arbeit und Pendeln so viel Zeit in Anspruch nehmen?
MENSCHEN
Bereiten Ihnen die Menschen in Ihrer Umgebung Schwierigkeiten? Werden Sie gemobbt? Sind Sie umgeben von Menschen, die Ihre Gutmütigkeit ausnutzen? Verbringen Sie viel Zeit allein? Evolutionspsychologisch betrachtet, befinden sich Einzelgänger in ständiger Alarmbereitschaft, weil keiner da ist, der sie beschützen kann; deshalb schütten sie mehr Stresshormone aus.
FAMILIE
Bereitet Ihnen Ihre Familie nicht die Freude, die sie Ihnen eigentlich bereiten sollte? Sind Ihnen die Nächsten nicht immer auch die Liebsten?
SOZIALLEBEN
Haben Sie das Gefühl, Sie müssten den Bildern von einem »perfekten« Körper oder bester Charaktereigenschaften entsprechen? Müssen Sie andauernd die sozialen Medien füttern, um dabei zu sein, »gemocht« und »geteilt« zu werden, toll auszusehen, toll zu sein oder einfach nur akzeptiert zu werden? Früher hörte das Mobbing am Schultor auf. Heute kann es uns bis nach Hause und tief in die Nacht hinein verfolgen.
ELEKTRONISCHE GERÄTE
Sind Sie süchtig nach Ihrem Smartphone? Durch das Internet haben wir Zugang zu einem Haufen Informationen über einen Haufen Dinge, deretwegen wir uns unnötigerweise sorgen. Und da wir auch noch süchtig nach unseren Geräten sind, kommen wir niemals zur Ruhe.
KONKURRENZ
Machen Sie sich Sorgen über Prüfungen, eine Beförderung, einen Berufswechsel? Bereitet Ihnen das moderne Mantra »Stillstand bedeutet Rückschritt« Unbehagen?
VERÄNDERUNGEN
Fühlen Sie sich überfordert von gesundheitlichen Problemen, dem Verlust Ihres Jobs, Ihres Partners oder Haustiers oder von Ihrem Umzug?
UMWELT
Leben Sie in einer lauten Wohnung, mit wenig Natur in der Nähe? Wenn wir von zu vielen Menschen und von Menschenhand geschaffenen Dingen umgeben sind, fällt die Entspannung schwer. Die Menschheit hat sich in natürlichen weiten Flächen entwickelt, deshalb können wir bei natürlichem Licht, umgeben von Pflanzen und Tieren, so gut loslassen.
DIE ZUKUNFT
Machen Sie sich Sorgen, ob Sie es jemals zu etwas bringen werden, oder fürchten Sie, das sowieso alles sinnlos ist?
WOZU ALL DIESE BELASTUNGEN FÜHREN
SIE VERÄNDERN UNSERE
Gedanken
Gefühle und Stimmungen
Fähigkeit, Probleme zu lösen
Motivation und Energie
Verhaltensweisen
Allgemeine Gesundheit
Die meisten von uns führen ein schnelles, dichtes, atemloses Leben und bewältigen die folgenden Stressauslöser vermutlich ohne Probleme! Jeder einzelne für sich allein bringt uns vielleicht nicht zum Ausrasten oder Zusammenbrechen, aber sie tragen zu unserem Stress und einem höheren Risiko bei, wenn auf einmal ein paar davon zusammenkommen oder plötzlich etwas sehr Schlimmes geschieht. Schreiben Sie Ihre persönlichen Auslöser in Ihr NOTIZBUCH, dann wissen Sie, worauf Sie achten müssen.
Alltägliche Ärgernisse – Autoschäden, Zugverspätungen, Versäumen eines Termins
Große Veränderungen – Wohnungswechsel, neuer Job
Arbeitspensum, Bangen um den Arbeitsplatz, Überstunden
Ihr Chef ist unzufrieden mit Ihrer Arbeit
Probleme in Freundschaft und Partnerschaft
Sie haben zu viel um die Ohren
Körperliche Erkrankungen – Grippe oder Erkältungen, Schlappheit
Ein ungesunder Lebenswandel – nicht genügend Bewegung, nicht genügend Schlaf, ungesunde Ernährung, Alkohol- und/oder Drogenkonsum
Sie haben nicht genügend Auszeiten – Urlaub und Freizeitaktivitäten, die Ihnen Spaß machen
Sie können Rechnungen, Miete oder Hypothek nicht bezahlen
Sie müssen Schlange stehen oder auf irgendetwas oder irgendjemanden warten
Schwierige oder laute Nachbarn
Probleme mit den Kindern oder der Kinderbetreuung
Streit mit jemandem, der Ihnen wichtig ist
Sie erhalten eine schlimme Nachricht
Zeitdruck oder unmögliche Abgabetermine
Sie haben Schuldgefühle wegen etwas, das Sie getan haben
Jemand ist wütend oder sauer auf Sie
Sie leiden unter einem schwierigen Kollegen oder Vorgesetzten
Sie stecken im Verkehr fest
Sie finden keinen Parkplatz
Sie sind zu spät dran
Sie haben schlecht geschlafen
Fortwährender Baustellen- und anderer Lärm
Jemand sagt etwas Ärgerliches oder Verstörendes zu Ihnen
Sie sagen etwas Gemeines zu jemand anderem
Ein äußerst wichtiger Hinweis: Selbstbeobachtung hilft Ihnen, sich weniger gestresst zu fühlen. Je bewusster Sie sich Ihres Stresslevels sind, desto besser können Sie ihn kontrollieren. Der Stressometer kann Ihnen dabei helfen – er ist ein Thermometer für Ihren Stress!
Tragen Sie jeden Tag drei Messungen in Ihr NOTIZBUCH ein – morgens, mittags, abends. Nutzen Sie hierfür eine Skala von 1 bis 10: 10 bedeutet irre angespannt, wie eine jeden Moment zuschnappende Bärenfalle, und 0 heißt so gechillt, dass Ihnen beinahe die Augen zufallen.
Überprüfen Sie damit in der kommenden Woche, wann Ihr Stressometer in die Höhe schnellt. Sie werden bald merken, wann Sie alles im Griff haben und wann Sie sich gestresst fühlen. Und Sie werden dahinterkommen, bei welchen Gelegenheiten Ihr Stressometer hochschnellt und sich »erhitzt« – oder eben wann er fällt und »abkühlt«. Sie können dann den Stresspegel bewusst niedriger halten, indem Sie bei Bedarf einige abkühlende Aktivitäten einplanen oder die erhitzenden reduzieren. Sie können sogar, was noch besser ist, vorbauen: Wenn ein stressiges Ereignis bevorsteht, planen Sie einige abkühlende Aktivitäten ein, um Ihr Stresslevel schon im Vorhinein zu senken. Das verschafft Ihnen einen gewissen Spielraum und die Gewissheit, dass Sie cool bleiben werden, wenn nicht alles nach Plan läuft.
Natürlich hängt unser Stressempfinden nicht nur von einem oder auch ein paar Stressauslösern ab. Vielmehr ist es unsere Antwort darauf, die aus einem Auslöser eine extreme Stresserfahrung macht. Diese Antwort liegt im wortwörtlichen Sinne in unserer Verantwortung, es geht also um eine richtige und angemessene Reaktion von unserer Seite.
Selbstbeobachtung hilft Ihnen, sich weniger gestresst zu fühlen!
VERHALTENSWEISEN UND AKTIVITÄTEN, DIE DEN STRESS IN DIE HÖHE TREIBEN
Einige dieser Verhaltensweisen mögen Ihnen sofortige Erleichterung oder direkten Trost verschaffen, doch auf lange Sicht bescheren sie Ihnen nichts als Probleme. Machen Sie sich bewusst, dass diese kurzzeitigen Tricks Ihren Stresspegel letztendlich erhöhen. Unser Stressempfinden können wir nur ändern, indem wir klug reagieren und uns um abkühlende Maßnahmen bemühen.
VERHALTENSWEISEN UND AKTIVITÄTEN, DIE DEN STRESS SENKEN
Entwickeln Sie ein Bewusstsein dafür, was Sie in Aufregung versetzt und was Ihnen hilft, wenn Sie unter Druck stehen. Erstellen Sie eine Liste mit den Dingen, die Ihr Gemüt erhitzen, und eine zweite Liste mit den Dingen, die Ihnen einen kühlen Kopf bescheren. Das ist bei jedem anders. Denken Sie daran: Wissen ist Macht.
Aus meinem Leben: Kurze Lektionen in Sachen Stress
1 | EINE LEKTION ÜBERS SCHWIMMEN
von Matthew Johnstone
Nach einer Silvesterfeier in Byron Bay vor vielen Jahren beschlossen meine beiden Freunde und ich, am Kings Beach im Freien zu übernachten. Unter einem Ast bauten wir mithilfe einer Plane einen simplen Unterschlupf. Und bei der warmen Sommerluft und dem Rauschen der Wellen schliefen wir auch schnell ein.
Gegen fünf Uhr wurde ich vom Sonnenaufgang und dem Ruf der Natur geweckt. Das Meer lag vor mir, perfekt wie auf einer Postkarte, also entschloss ich mich, die anderen ihrem Schönheitsschlaf zu überlassen und nackt hineinzuhüpfen. Kaum war ich ins Wasser gehechtet, erfasste mich eine heftige Strömung.
Ich bin kein sonderlich guter Schwimmer, geriet sofort in Panik und ruderte in Richtung Küste, aber es war, als sei ich an einem Laternenpfahl festgebunden, während mir jemand zuruft, ich solle wegrennen. Ich schlug wild um mich und schrie nach meinen schlafenden Freunden, doch sie waren einfach zu weit weg. Langsam machte sich Erschöpfung breit, ich schluckte Wasser und mir schoss durch den Kopf: »Das war’s dann wohl … und ich bin auch noch splitternackt!«
Während ich ein letztes Mal vergeblich versuchte, Richtung Küste zu schwimmen, tauchten plötzlich eine schwache Erinnerung und eine leise Stimme in meinem panischen Hirn auf: »Niemals gegen die Strömung, sondern mit ihr schwimmen.« Also drehte ich mich auf den Rücken, blickte in den Morgenhimmel, beruhigte meinen Atem und ließ mich treiben. Ich wurde ein gutes Stück aufs Meer hinausgezogen, bevor die Strömung einen Bogen zurück zum südlichen Teil des Strands machte. Irgendwann schaffte ich es heraus und an Land, wo ich eine Zeit lang wie ein Sandschnitzel dalag und völlig erschöpft darüber nachdachte, was gerade passiert war. Seither ist mir klar, dass in einer stressigen Situation zu stecken, sich ganz ähnlich anfühlt, wie von einer Strömung erfasst zu sein.
Auch der Stress beraubt uns sämtlicher Energie, Klarheit, Kreativität und Rationalität. Er bringt uns um unsere Problemlösungskraft und ist eine echte Gefahr für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden.
»Akzeptanz« ist es, was wir in die Gleichung mit einbringen müssen. »Ja, ich stehe ganz schön unter Druck. Im Moment passt alles nicht so richtig. Ich probiere jetzt mal etwas Neues, damit mein Geist zur Ruhe kommt und mein Stress nachlässt.«
Diese Akzeptanz und die bewusste Kursänderung berauben den Stress seiner Macht und bringen uns in ruhigere Gewässer.
DIE MORAL VON DER GESCHICHTE
Wogegen du dich wehrst, das bleibt bestehen.
GLANZLEISTUNGEN, FALLGRUBEN UND FAKTEN
In diesem Kapitel zeigen wir Ihnen:
Wie die Physiologie des Gehirns Ihren Geist und Ihre Handlungen beeinflusst
Wie Sie Ihren Geist beruhigen und den Stresspegel senken
Wie Sie komplizierte Gedanken, die Sie blockieren, stressen und sich mies fühlen lassen, in den Griff kriegen
In diesem Kapitel bringen wir Ihnen die Neurobiologie Ihres Gehirns nahe und erklären, wie es auf Stress reagiert und ihn bewältigt, und welche Verhaltensweisen daraus resultieren. Dadurch wird besser verständlich, wieso wir oft zu Verhaltensweisen getrieben werden, die unseren Stress nur noch vergrößern. Anschließend beschäftigen wir uns mit einigen Methoden, die mithilfe von Achtsamkeit unseren Stressometer abkühlen.
Ich behandele unseren Verstand dabei als eine Art separate Entität, die mit unserem wahren Selbst, unserem Bewusstsein, unserer Seele – oder wie auch immer Sie unser innerstes Wesen auch nennen mögen – nichts zu tun hat. Und ich werde Ihnen zeigen, dass der Verstand nicht der vertrauenswürdige Verbündete ist, für den wir ihn vielleicht halten. Um zu verstehen, wieso uns der Verstand derartigen Stress macht, obwohl er weiß, wie schlecht das für uns ist, müssen wir zunächst seine Funktion unter die Lupe nehmen.
In grauer Vorzeit waren wir weder so wild wie ein Säbelzahntiger noch so schnell wie ein Gepard oder so stark wie ein Nilpferd. Deshalb mussten wir besser aufpassen und unsere irdischen Rivalen im Denken übertreffen, wenn wir nicht als irdische Mahlzeit enden wollten. Der Psychologe Dr. Russ Harris beschreibt unser Gehirn als eine »Nicht-getötet-werden-Maschine«, dieses Ziel hat oberste Priorität. Da es damit auch sehr erfolgreich war (schließlich sind wir noch nicht ausgestorben), übertrugen wir ihm mehr und mehr Verantwortung für unser Leben. Bald wurde das Gehirn zu einem übergroßen Diktator, der auch dort Probleme macht, wo gar keine Probleme sind – es versetzt uns in Angst und Schrecken, wenn wir vor einer Gruppe Kollegen sprechen sollen, oder lässt uns in kalten Schweiß ausbrechen, wenn die Chefin an unserem Schreibtisch vorbeispaziert.
Je mehr Angst der Verstand in uns auslöst, desto mehr Macht besitzt er über uns, wir hören nämlich tendenziell eher auf ihn, wenn er so etwas wie »Geh da bloß nicht hin« oder »Lass das besser sein« sagt. Je mehr Angst wir haben, desto gestresster fühlen wir uns. Und bald schon richten wir uns ausschließlich nach unserem Verstand, machen keinen Gebrauch von unserer Gabe der Einsicht (der Fähigkeit, in uns hineinzuhorchen), und es geht nur noch um das Überleben statt um das Leben.
Wieso entmachten wir unseren Verstand nicht einfach – schließlich wissen wir, dass es uns nicht guttut, ständig unter Stress und Angstgefühlen zu leiden. Vermutlich weil er ein äußerst charmanter und überzeugender Diktator ist: Er kann uns alles Mögliche einreden und möchte Veränderungen um jeden Preis verhindern. Stellen Sie sich diesen kleinen Diktator vor, wie er am Kopf eines Konferenztischs hockt und sagt: »Unter meiner Führung geht es uns doch gut, oder? Lass uns bloß nichts daran ändern!«
Der Verstand mag sich Änderungen oft verweigern, doch es gibt genügend Gründe, sozusagen über seinen Kopf hinweg zu handeln. Dies ist eine der Schlüssellektionen, die Sie aus diesem Buch mitnehmen können: dahinterzukommen, wie der Verstand funktioniert und mit welchen Tricks er es schafft, uns in einer unglücklichen Situation verharren zu lassen.
Unser Gehirn hat sich von unten nach oben entwickelt, und es weist viele Gemeinsamkeiten mit dem unserer tierischen Verwandtschaft auf. Ganz unten sitzt das Reptiliengehirn (oder der Hirnstamm), an der Stelle, wo die Schädelbasis in das Rückenmark übergeht. Es ist von Geburt an aktiv und steuert das, was wir bereits als Säuglinge können: Hunger, Schmerz und Temperaturempfinden. Es sorgt dafür, dass wir weinen, essen, schlafen, Pipi und Kacka machen können – also sämtliche lebensnotwendigen Funktionen beherrschen, die automatisch ablaufen müssen. Hirnstamm und Hypothalamus kontrollieren Herz und Lunge, sie sorgen von Geburt an für das Gleichgewicht unserer Körperfunktionen, die sogenannte Homöostase.
Die Hauptaufgabe des Körpers besteht darin, das Gehirn spazierenzutragen.
THOMAS A. EDISON
Darüber liegt das Säugergehirn (oder limbisches System), das Zentrum für Lernen und Emotionen.