Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
das Fischerörtchen, in das es Christine verschlägt, existiert tatsächlich. Für ihre Geschichte und Bedürfnisse musste ich es jedoch ein wenig modifizieren.
Sollte es dich je an den realen Ort verschlagen, empfehle ich dir einen Besuch in der hervorragenden Fischräucherei.
Ich lade dich herzlich ein, Christine zu begleiten und dir den Seewind um die Nase wehen zu lassen.
Natürlich kannst du Christines Mystery-Thriller »Die Auferweckung« auch hier im Buch lesen. Bei ihren Anfängen begleitest du sie, dann bleibt es dir überlassen, ob du die Geschichte ganz am Ende komplett oder zwischendurch liest.
Diese Kapitel sind extra gekennzeichnet.
Viel Spaß, deine
S. N. Stone
1. Kapitel
Ein Blick auf das Haus, das die letzten zwanzig Jahre ihr Heim gewesen war. In dem sie ihre Kinder großgezogen hatten.
Ein Blick zu Andreas, der mit verschränkten Armen in der Tür stand. Der sie beobachtete, wie sie den letzten Karton in den Kofferraum stellte, als wolle er sichergehen, dass sie wirklich verschwand.
Ein Blick hinauf zum Schlafzimmerfenster, wo, verborgen hinter der Gardine, Katja stand.
Zu dem Zimmer, in dem sie all die Jahre neben ihrem Mann gelegen hatte, bis er sie gegen seine vollbusige, blonde Sekretärin ausgetauscht hatte.
Wie oft hatte Christine die Absurdität dieser, ihrer, klischeehaften Geschichte hysterisch auflachen lassen?
Mittfünfziger verliebt sich in seine mehr als zwanzig Jahre jüngere Sekretärin und verlässt Ehefrau, hätte die Schlagzeile lauten können. Nur hatte er sie nicht verlassen, sondern sie gebeten, auszuziehen, weil Katja das Haus doch liebte.
Christine schloss den Kofferraum und ging zur Fahrertür. Andreas hob die Hand und winkte ihr zum Abschied. Sie erwiderte es nicht, stieg ein und schmiss die Tür, stärker als beabsichtigt, zu.
Sie startete den Motor und ließ ihr Leben hinter sich.
***
Christine fuhr durch die Stadt und auf die A 111 Richtung Hamburg. Zwischendurch hatte sie bei einem Bäcker gehalten, sich einen Caffé Latte und zwei belegte Brötchen gekauft. Eine Tüte Gummibärchen und eine große Tafel Schokolade lagen auf dem Beifahrersitz. Seelennahrung!
Sie schaltete das Radio an und suchte einen anderen Sender. Einen, der aktuelle Musik spielte, nicht den üblichen Jazzsender, den Andreas bevorzugte. Nicht, dass er oft mit ihrem kleinen Citröen gefahren wäre, er nutzte die Limousine und trotzdem hatte sie sich seinen Vorlieben angepasst.
Das konnte jetzt Katja machen, obwohl es in seiner neuen Beziehung wahrscheinlich andersherum war.
Anfangs hatte Christine kleine Veränderungen an ihrem Mann festgestellt; ein neues After Shave, ein neuer Haarschnitt, keine Krawatte, wenn er in die Firma fuhr, außer er hatte wichtige Kundenmeetings.
Er wolle nicht mehr so steif wirken, hatte er erklärt. Mit fortgeschrittenem Alter hatte er entdeckt, dass steif nicht gut, locker und cool, aber total angesagt war.
Midlifecrisis, hatten ihre Freundinnen gesagt und gelächelt.
Endlich was verändert, hatte ihre Tochter Rebecka gesagt und gefragt, warum sie es Papa nicht gönnte.
Dennis hatte sich herausgehalten. Er war der zurückhaltendere ihrer Kinder.
Als Andreas Golf- gegen Tennisschläger eingetauscht hatte, war Christine verwundert gewesen.
Lange hatte sie ihn zu überreden versucht, gemeinsam einem Club beizutreten, um mehr gemeinsame Zeit zu verbringen. Er hasse diesen Sport, hatte sie zu hören bekommen und es aufgegeben.
Also war sie zum Yoga gegangen und Andreas hatte kleine weiße Bälle in Löchern versenkt, bis vor einem Jahr.
Ja sie hätte es merken können, hatte sie aber nicht. Nicht, bis er ihr bei ihrem Lieblingsitaliener gegenüber gesessen, ihre Hände gegriffen und sie gebeten hatte, auszuziehen.
Christine stiegen die Tränen in die Augen. Sie blinzelte ein paar Mal. Die Tränen der Trauer waren versiegt. Es waren Tränen der Wut.
Katja mag das Haus doch so gerne.
Und Christine hatte das Haus mit ausgesucht, es eingerichtet, es ordentlich gehalten, den Garten gepflegt, wer würde auf die Idee kommen, ihr könne auch etwas daran liegen?
Der Latte war alle, das Mineralwasser fast und sie musste auf die Toilette. Christine fuhr auf den nächsten Rastplatz.
Siebzig Cent wollten sie haben, damit sie ihrer Blase Erleichterung verschaffen konnte. Dafür gab es einen Wertbon in Höhe von fünfzig Cent, den man im Shop einlösen konnte.
Ein Blick in den Spiegel; besser nicht. Vom Weinen gerötete Augen waren nicht das, was sie sehen wollte. Sie trocknete sich die Hände und schob die Sonnenbrille auf die Nase.
Einen neuen Kaffee und eine Flasche Wasser für die Weiterfahrt in den Händen, ging sie zurück zum Auto.
Sie überquerte die Fehmarnsundbrücke früher als gedacht. Am Fährhafen angekommen, ging alles ganz schnell. Sie stand innerhalb weniger Minuten an Bord der Fähre nach Rødby.
Während der Überfahrt musste das Autodeck verlassen werden. Es war Christine nur recht. Sie liebte das Meer, konnte stundenlang aufs Wasser schauen.
Sie suchte sich einen Platz an der Reling und sah zu, wie Deutschland sich entfernte und Dänemark näher kam.
»Komm doch zu uns«, hatte Ingrid am Telefon vorgeschlagen. »Du kannst im Gästehaus wohnen, so lange du magst.«
Ingrid war eine alte Freundin, die einen Dänen geheiratet hatte und mit ihm in einen Fischerort an der Nordseite der Halbinsel Sjællands Odde gezogen war.
»Ich weiß nicht, ich möchte euch nicht zur Last fallen.«
»Ich würde es dir nicht anbieten, wenn ich das befürchten würde.«
»Was sagt Bjarne dazu?«
»Er ist meiner Meinung.«
»Deiner Meinung?«
»Ja, dass du raus musst aus der Stadt, dass du einen Tapetenwechsel brauchst.«
Sie hatte eine Weile geschwiegen und darüber nachgedacht.
»Was mache ich mit den Kindern?«
»Die können dich besuchen kommen. Sie sind erwachsen und haben ihr eigenes Leben. Sie werden es verkraften, wenn ihre Mama auswandert«, hatte Ingrid geantwortet.
Christine hatte aufgelacht. »Auswandern? Ist das nicht zu heftig?«
»Na ja, vielleicht nicht das richtige Wort, aber nur ein Urlaub wäre zu wenig, um Abstand zu gewinnen.«
»Aber ich ...«
»Liebes, er hat dich abserviert, eingetauscht, warum diese Zurückhaltung? Zeig ihm, dass dein Leben ohne ihn weitergeht.«
Ihre Freundin hatte gewusst, dass sie noch an Andreas hing, hoffte, alles würde wieder gut werden.
»Glaubst du wirklich, du musst warten, dass er zu dir zurückkommt? Nein! Du bist mehr wert, als das. Wie glücklich warst du mit ihm in den letzten Jahren?«, hatte sie gefragt.
Darauf hatte Christine keine Antwort gehabt. Ihre Liebe hatte sich verändert. Die Schmetterlinge im Bauch waren davongeflogen, das Herzklopfen verschwunden, aber war es nicht in jeder langen Beziehung so? Die Liebe veränderte sich? Der Alltag machte sich breit?
Christine hatte versprochen, es sich zu überlegen.
Es war kaum Seegang, der Wind zu spüren. Möwen begleiteten die Fähre. Es war schön, beruhigend.
Schon als Kind war die Überfahrt für sie der Beginn einer tollen Zeit gewesen.
Christine hatte viele Ferienwochen mit ihren Eltern in Dänemark verbracht und Land und Leute lieben gelernt.
Mit Andreas und den Kindern war sie nur ein Mal dort gewesen, eine Woche, bei Ingrid und Bjarne. Es hatte ihrem Mann nicht gefallen, viel zu unspektakulär! Für ihn musste es die Dominikanische Republik, Ägypten oder Amerika sein. Wunderschöne Länder, die sie bereist hatten, aber Ruhe und Entspannung hatte sie dort nicht gefunden.
Es erklang die Durchsage, dass sich alle Passagiere zu ihren Pkw begeben sollten. In fünfzehn Minuten würde der Hafen von Rødby erreicht werden.
Nachdem aus der Trauer über die Trennung Wut geworden war, nicht zuletzt, weil sich Andreas immer mehr wie ein Arschloch benommen hatte, war sie zu dem Entschluss gekommen, Ingrids Vorschlag anzunehmen.
Sie wohnte mittlerweile in einem Einzimmerapartment, hatte Pläne gemacht, alles vorbereitet und ihre mageren Dänischkenntnisse in einer Sprachschule ausgebaut. Dann hatte sie ihren Kindern von dem Vorhaben erzählt. Auch dieses Mal war Dennis verständnisvoll gewesen.
Rebeckas Reaktion hatte sie verletzt.
»Das ist nicht dein Ernst?!«, hatte ihre Tochter gesagt. »Du kannst uns nicht alleine lassen!«
»Ihr seid nicht alleine und ich bin nicht weit weg.«
»Wie lange fährt man da hin? Zehn Stunden?«
»Etwa acht.«
»Acht Stunden! Also mal schnell vorbeikommen ist dann wohl nicht. Was ist nur los mit dir? Willst du uns auch nicht mehr?«
»Rebecka! Nicht ich habe Papa verlassen, sondern er mich und mit euch hat das nichts zu tun. Ich liebe euch, aber ich muss Abstand gewinnen.«
»Wovon?«
»Von allem.«
»Also auch von uns!«
»Nein, Schatz, versteh mich doch. Die Situation ist nicht leicht für mich.«
»Weil du es nicht möchtest. Katja ist nett. Du gibst ihr einfach keine Chance!«
Nett! Die Frau, die ihr Mann und Heim gestohlen hatte, war nicht nett, sollte es auch nicht sein, niemals!
»Ach mach doch, was du willst«, hatte Rebecka gesagt und war gegangen.
Dennis hatte sie in den Arm genommen und versprochen, dass er in den nächsten Semesterferien zu ihr nach Odsherred kommen und, dass sich Becka wieder beruhigen würde.
Hatte sie, na ja, sie hatte sich damit abgefunden, nachdem Christine ihr erklärt hatte, dass man nach Dänemark auch fliegen konnte und innerhalb einer knappen Stunde in Kopenhagen war. Rebekka hatte letztendlich sogar geholfen die Sachen zu packen, die sie mitnehmen wollte.
Alles, was Christine als Ballast angesehen hatte, hatte sie verschenkt. Die Möbel hatte sie in der Wohnung gelassen, die sie behalten wollte, schließlich würde sie Berlin ab und zu besuchen und Dänemark war keine Entscheidung für immer.
Sie hatte Andreas telefonisch informiert und angekündigt, dass sie vor ihrer Abfahrt noch ein paar Dinge abholen müsse.
Freundlicherweise hatte er ihre letzten persönlichen Sachen in Kisten verpackt und auf den Dachboden gestellt, sodass die Aktion heute Morgen nur wenige Minuten gedauert hatte.
Christine streifte Roskilde, ließ es hinter sich und fuhr auf der Route 21 weiter.
Die Landschaft hier war anders, als die in ihrer Jugend. Da waren sie nach Jütland gefahren, an die Nordsee.
Dort hatte man zur einen Seite die hohen Dünen und dahinter das Meer, zur anderen unendliches, flaches Land, das in den unterschiedlichsten Farbtönen leuchtete. Die Einheimischen waren tiefenentspannt und ehrlich freundlich. Autos wurden nicht abgeschlossen, man konnte sogar den Schlüssel stecken lassen, Häuser verschloss man erst recht nicht. Jütland hatte eine Ruhe ausgestrahlt, die sie bereits als Teenager gemocht hatte. Man hielt sich an die vorgeschriebenen Verkehrsgeschwindigkeiten, es gab kaum Müll auf den Straßen, die Vorgärten waren ordentlich und sauber, alles war klar und geradlinig, ohne spießig zu sein, und die Polizei hatte wenig zu tun.
Sjælland kannte sie nur von diesem einen kurzen Urlaub. Die Insel, auf der Kopenhagen liegt, ist die bevölkerungsreichste Dänemarks. Das und die Tatsache, dass die Hauptstadt allgegenwärtig war, machte sich durchaus bemerkbar.
Hier war nicht alles sauber und adrett. Etliche Häuser hätten einen neuen Anstrich benötigt, viele Grundstücke wurden zum Verkauf angeboten und es gab auch offensichtliche Armut in den größeren Städten.
Die Landschaft war bewaldeter, hügeliger, die markanten Dünen fehlten. Natürlich waren die Einheimischen ebenso nett, vielleicht ein wenig eigensinniger als die Jütländer.
Diese Gegend würde für eine Weile ihre neue Heimat sein und sie würde in einem wunderschönen Küstenörtchen wohnen.
»Hjertelig velkommen!«, begrüßte Ingrid sie und kam auf sie zu.
Christine ließ sich in die Arme schließen und drücken.
»Du siehst müde aus«, fuhr die Freundin auf Dänisch fort, »komm rein. Wir werden dir später helfen, deine Sachen ins Haus zu bringen. Jetzt gibt es erst einmal Kaffee und Kuchen.«
In der Küche wurde sie von Bjarne und Merrit, der Tochter, in empfangen.
»Merrit wollte dich unbedingt willkommen heißen«, sagte Ingrid und goss Kaffee ein. »Setz dich, Gebäck?«
Christine nickte und nahm Platz.
Ingrid legte ihr eine Zimtschnecke und einen Blätterteigring mit Äpfeln und karamellisierten Walnüssen auf den Teller. Sie biss hinein, Marzipan! Sie liebte Marzipan.
»Wie war die Fahrt?«, fragte Bjarne.
»Wirklich anstrengend«, antwortete sie. »Ich hätte mehr Pausen machen sollen, aber ich wollte so schnell wie möglich her.«
»Und die Fähre?«
»Ich hatte keine Wartezeit. Ran an den Schalter und rauf auf das Schiff.«
»Es macht sich bemerkbar, dass sich die Sommersaison zum Ende neigt«, sagte Merrit. »In den Herbstferien wird es noch mal ein bisschen voller, aber der Ansturm ist vorbei.«
Ihr entging nicht, dass sich alle bemühten langsam zu sprechen.
»Wir haben alles für dich vorbereitet«, sagte Ingrid.
»Habt ihr dadurch nicht einen großen Verlust? Ihr hättet das Gästehaus vermieten können.«
»Das machen wir schon die zweite Saison nicht mehr. Zu viel Ärger. Und selbst wenn, du bist uns wichtiger.«
»Habt ihr euch Gedanken über die Miete gemacht?«
»Nein«, Bjarne schüttelte den Kopf.
»Ihr hattet es versprochen. Ich möchte -«
»- Ich habe dir gesagt, dass wir dich gerne bei uns haben.«
Sie hatten schon am Telefon diskutiert. Ingrid hatte sich geweigert, eine Krone von ihr zu nehmen. Christine war das unangenehm. Auch, wenn der Familie kein Verlust durch entgangene Feriengäste entstand, so verbrauchte sie Wasser und Strom. An Geld mangelte es ihr nicht. Sie hatte ein kleines Einkommen und auch Andreas kümmerte sich in diesem Punkt hervorragend um sie, etwas anderes wäre unter seinem Niveau gewesen.
»Lass uns erst einmal abwarten und später darüber reden, bitte.«
Christine nickte und machte sich über die Zimtschnecke her.
Später brachten sie ihre Sachen ins Haus.
Als sie alleine war, ließ sie sich auf das Sofa fallen und atmete tief durch.
Auf dem Tisch stand ein frischer Blumenstrauß, daneben lagen ein paar dänische Zeitschriften.
Sie stand auf und schaute in die Kommode unter dem Fernseher und den Vitrinenschrank. Sie waren leer. Die obligatorischen Gesellschaftsspiele und Informationen für Touristen waren verschwunden.
Christine ging durch den Flur in die Küche. Eine Schale mit Obst, eine Flasche Wein und Töpfe mit Kräutern am Fenster. Sie schaute in den Kühlschrank; er war gefüllt. Sie brauchte vorerst nicht einzukaufen. Auch in den Regalen der Speisekammer standen Lebensmittel, Toilettenpapier und Getränke. Ingrid meinte es wirklich gut mit ihr.
Zurück in dem kleinen Flur, zur Linken, öffnete sie die Hintertür und trat auf die Terrasse. Von hier aus konnte man das Meer hören und sehen. Es war herrlich und Christine schloss für einen Augenblick die Augen.
Kübel mit bunten Blumen standen in den Ecken. Der Rasen war frisch gemäht und am liebsten hätte sie sich auf die schmiedeeiserne Bank gesetzt und ein Glas von dem Wein getrunken, aber sie wollte auspacken.
In der oberen Etage befanden sich das Badezimmer, Schlafzimmer und Kinderzimmer. Aus Letzterem waren das Etagenbett, der Schrank und die Kommode verschwunden. Stattdessen stand dort ein Schreibtisch am Fenster und eine Couch zum Ausziehen an der Wand, sowie Regale.
Das Schlafzimmer war groß und lichtdurchflutet. Sie liebte den kleinen Balkon, der von dem Zimmer abging. Zwei Stühle, ein Tisch und Blumen luden ein, morgens den Tag willkommen zu heißen.
Das Häuschen hatte sich verändert; alles, was daran erinnerte, dass es ein Ferienhaus war, war verschwunden. Mit liebevoll arrangierten Kleinigkeiten hatte man ihr ein zu Hause geschaffen.
Christine stiegen die Tränen in die Augen. Sie wischte sie weg und begann, ihre Kleidung in den Schrank und die Kommode zu räumen.
Auf den Nachttisch platzierte sie ein Foto ihrer Kinder und den Radiowecker. Kosmetikartikel brachte sie ins Bad und ihren neuen Laptop in das Arbeitszimmer. Die Bücher und Unterlagen sortierte sie in die Regale ein. Eine Decke, die ihre Großmutter vor vielen Jahren gehäkelt hatte, legte sie über die Armlehne der Couch.
Christine holte eine Grünpflanze aus dem Wohnzimmer und stellte sie auf die Fensterbank.
Sie würde noch einiges benötigen, Notizblöcke, Stifte, eine Schreibtischunterlage.
Schuhe, Jacken, Taschen, Regenschirm, kamen in den Garderobenschrank am Vordereingang. Mit Ingrids und Bjarnes Erlaubnis hängte sie Fotos und Bilder in den Flur an der Küche.
Zu den dänischen Zeitschriften im Wohnzimmer legte sie ein paar aus Deutschland. In die Vitrine stellte Christine Andenken, von denen sie sich nicht hatte trennen wollen. Die aus Ton gefertigten Fabeltiere, die Rebecka in der Grundschule modelliert hatte, den bemalten Teller von Dennis, den er ihr als kleiner Junge zum Geburtstag geschenkt hatte, die Schmuckdose ihrer Mutter, eine kunstvoll geschnitzte Pfeife ihres Vaters, die Brosche ihrer Großmutter und eine Handvoll Muscheln, die sie während eines Urlaubes mit der Familie gesammelt hatte.
Christine kochte einen Tee und schnappte sich Papier und Kugelschreiber. Auf der Terrasse schrieb sie auf, was sie besorgen musste.
Die Sonne ging unter, es wurde kühl und sie zog eine Strickjacke über.
Ingrid kam und setzte sich zu ihr.
»Wie geht es dir?«, fragte sie auf Deutsch.
Christine seufzte. »Ich weiß es noch nicht. Ich bin froh, hier zu sein. Ich bin euch dankbar, ich weiß nicht, wie ich das gut machen soll.«
Ihre Freundin lächelte und fasste ihre Hand.
»Du brauchst nichts gut zu machen. Ich freue mich, dich hier zu haben.«
»Du mochtest Andreas nie, oder?«
Ingrid legte den Kopf schief. »Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass er mir nicht ans Herz gewachsen ist. Er hat eine Art an sich, die mir nicht liegt. Ich hatte immer das Gefühl, du hättest etwas Besseres verdient. Jemanden, der dich mehr zu schätzen weiß.«
»Anfangs hat er das, später haben wir wohl beide vergessen, was wir an dem anderen haben.«
»Vielleicht ist es so. Ich glaube aber, er vergisst mehr, als du.«
»Ich denke wir werden noch oft über ihn sprechen. Ich rede mir ein, ich sei drüber hinweg, aber wenn ich ehrlich bin, ich bin es nicht.«
Ingrid lächelte. »Wir können so oft darüber reden, wie du magst. Ich bin für dich da. Nun komm mit mir, Bjarne hat ein paar Steaks für den Grill, die wollen von uns gegessen werden!«
2. Kapitel
Die erste Nacht war unruhig, die fremden Geräusche hatten sie ein ums andere Mal hochschrecken lassen. Christine erwachte früh. In eine Decke gewickelt, beobachtete sie, wie die Sonne über dem Meer aufging. Sie trank ihren Kaffee und genoss die Ruhe. Der Lärm der Großstadt fehlte ihr nicht.
Zum Frühstück nahm sie sich Tykmælk, Dickmilch, und gab Ymerdrys, eine Mischung aus geriebenem Roggenbrot und braunem Zucker, hinzu, von dem ihr Ingrid zwei Packungen in die Vorratskammer gestellt hatte.
Sie duschte ausgiebig und zog sich an. Um 9.00 Uhr verließ sie das Haus.
Zu Fuß würde sie etwa zwanzig Minuten bis zum Ortszentrum benötigen. Christine musste aber tanken und wusste noch nicht, was sie einkaufen würde, also entschied sie, mit dem Auto zu fahren.
Sie folgte den Schildern, die sie ins Zentrum leiteten. Am Markt parkte sie.
Sie erinnerte sich, dass es einen Laden mit Gemischtwaren in der Einkaufsstraße gegeben hatte; Textilien, Haushaltsartikel, Schreib- und Spielwaren, Deko- und Kosmetikartikel, genau das, was sie brauchte.
Sie schlenderte über das Kopfsteinpflaster, an den typischen kleinen Häusern, deren Fassaden in Rot, Orange, Blau und Gelb leuchteten, entlang. Am Bäcker, dem Blumenladen, dem Lokal, Antiquitätengeschäft, den zwei Cafés und der Boutique vorbei und ließ die Kirche zur Rechten hinter sich. Dann kam der Laden.
In erster Linie benötigte sie Schreibblöcke, Stifte und Notizbücher. Außerdem packte sie einen Stifthalter in den Korb, ein paar Ordner, eine Schere, einen Tacker und einen Locher.
Sie ärgerte sich, eigentlich hätte sie den ganzen Kram aus der Firma mitnehmen können.
Auf dem Weg zu den Dekorationsartikeln kam sie an den Schreibtischunterlagen vorbei und nahm eine mit.
Eine dicke Duftkerze, die Mücken abhalten sollte für die Terrasse und ein passendes Windlicht, sowie Haarspray und Deo folgten.
Christine schaute sich um, sah nichts, was sie noch benötigte.
Sie bezahlte und verließ das Geschäft.
Die Fußgängerpassage war mittlerweile belebt. Alle Läden hatten jetzt geöffnet und unter den Passanten ließen sich viele Touristen ausmachen.
Ob sie auch wie eine Touristin wirkte?
Ihr Dänisch war ein wenig holprig, aber Ingrid und Bjarne hatten versichert, dass sie gut zu verstehen sei. Nicht lange und sie würde als Einheimische durchgehen, hatte Bjarne mit einem Augenzwinkern gesagt.
Ihr Äußeres? Na ja, sie sah halt aus, wie sie aussah. Jedenfalls trug sie keine Sandalen mit weißen Socken und einen Fotoapparat um den Hals. Nicht, dass hier alle Urlauber dieses Vorurteil bedienten.
Die Passage endete an einer Straße. Auf der anderen Seite war das Meer.
Wenn sie sich nicht irrte, lag der Hafen links. Christine schaute um die Ecke und tatsächlich waren dort Boote und Kutter.
Hier hatte sich einiges verändert. Die Fischräucherei, in der sie mit Andreas und den Kindern geräucherte Makrele, Fischbouletten und Garnelen gekauft hatte, erkannte sie wieder, jedoch war der Verkaufsraum vergrößert und renoviert worden. Bänke und Tische aus dunklem Holz, mit dunkelroten Sonnenschirmen luden zum Essen vor Ort ein.
Außerdem war ein Bäcker mit Café hinzugekommen.
Softeis und Gebäck gab es in Dänemark an jeder Ecke, ebenso wie Hot Dog- und Burger-Läden. Viele Lokalitäten vermittelten eine imbissartige Atmosphäre, aber man bekam hervorragendes Essen.
So verhielt es sich hier.
Christine entschied sich, einen Kaffee zu trinken und die wärmenden Sonnenstrahlen mit Blick auf die Fischerboote zu genießen.
Sie bereute es, die Einkäufe nicht ins Auto gebracht zu haben, sie waren hinderlich, als sie Milchkaffee und Winerbrød, ein Teilchen aus Blätterteig, zu einem der Tische trug. Glücklicherweise fiel ihr nichts runter und es schwappte nur wenig aus dem Becher.
Sie schob die Tüten unter den Stuhl und setzte sich.
Sie beobachtete die Möwen, die sich kreischend um Fischabfälle stritten und die Fischer, die die Decks der Kutter reinigten.
Die Tische füllten sich mit Gästen des nahen Yachthafens, die der Duft nach Kaffee und Backwaren angelockt hatte.
Erstaunlicherweise roch man nichts von dem Fisch, der nur ein paar Schritte weiter, verarbeitet wurde.
Christine trank einen zweiten Milchkaffee und dachte über ihr Vorhaben nach. Seit langem trug sie sich mit der Idee, ein Buch zu schreiben. Die Geschichte geisterte in ihrem Kopf herum und wollte aufgeschrieben werden.
Sie hätte schon Gelegenheit gehabt, aber sie hatte Andreas davon erzählt. Der hatte nur müde gelächelt und es als Kinderkram abgetan.
»Aber wenn du Spaß daran hast, dann tu es halt«, hatte er gesagt und war kopfschüttelnd aus dem Zimmer gegangen.
Das hatte sie verunsichert und sie hatte ihre Notizen weit nach unten in die Schublade des Schreibtisches geschoben.
Nach der Trennung waren sie ihr in die Hände gefallen und Christine hatte sich geärgert, dass sie sich von ihm so hatte beeinflussen lassen. Jetzt bot sich die Gelegenheit, zu tun, was immer sie wollte und sie wollte dieses Buch schreiben.
Sie brachte ihr Geschirr zurück und ging zum Fischladen. Für den Abend kaufte sie Lachs und eine kleine Portion Heringssalat für morgen.
Die Verkäuferin reichte ihr das Päckchen und lächelte, wünschte ihr einen schönen Tag und verabschiedete sie mit den Worten: »Vi ses snart!«- Bis bald!
Der Himmel war bewölkt, als Christine den Wagen vor Ingrids Galerie, am Rande des Ortes abstellte.
Ingrid war eine wahre Künstlerin. Ihre Fotografien und Zeichnungen spiegelten die Emotionen der Gegend wider. Farbenfrohe Landschaften bei Sonnenschein, die aufgewühlte See, dunkel und stürmisch, das Treiben in den Dörfern, jetzt und früher.
Ihre Werke waren beliebt bei Einheimischen und Touristen und so hatte sie vor elf Jahren einen Laden angemietet. Hier entwickelte, zeichnete und verkaufte sie ihre und Werke anderer Künstler aus der Gegend.
Das Geschäft lief gut. Es war Galerie und Atelier in einem. Sie hatte von morgens bis zum Nachmittag geöffnet, manchmal auch länger, so wie es passte. Gerne ließ sie sich beim Arbeiten über die Schulter schauen und erzählte Geschichten aus Sjælland.
»Na, hast du unser Örtchen unsicher gemacht?«, begrüßte Ingrid sie.
»Ja, ein wenig.« Christine setzte sich.
»Magst du etwas trinken?«
»Ein Wasser wäre schön.«
Sie verschwand hinter einem Vorhang und kam mit einem Krug und zwei Gläsern auf einem Tablett zurück.
»Ich hätte auch Kaffee gehabt.«
»Dank dir, aber ich glaube, ich hatte schon genug.«
»Wo warst du denn?«
»Am Hafen. Es hat sich einiges verändert, seit wir hier waren.«
»Der Verkauf der Fischräucherei war ein Segen für uns alle. Es hat ein wenig gebraucht, aber die neuen Besitzer haben frischen Wind in den Ort gebracht.«
Die Glocke an der Tür klingelte und eine Frau kam herein.
»Warte kurz«, sagte Ingrid und ging zu ihr.
Christine schaute sich um. Drei gerahmte Fotografien hatten es ihr angetan. Sie hatten etwa die Größe eines DIN-A5-Blattes. Es war immer derselbe Blick aufs Meer; bei Sonnenschein, am Abend und bei Sturm.
»Gefallen sie dir?«
»Oh ja, ich möchte sie gerne kaufen.«
Ingrid nickte. »Es ist bei uns am Strand.«
»Ich wollte nachher mal hin, aber wenn ich das Wetter sehe …« Es hatte zu regnen begonnen.
Ihre Freundin nahm die Bilder von der Wand.
»Ich packe sie dir ein.«
»Was bekommst du?«
Sie winkte ab.
»Ingrid, wirklich, ich will sie bezahlen. Ich nage nicht am Hungertuch!«
»900,- Kronen.«
Christine schob ihre EC-Karte in den Kartenleser und gab die Geheimnummer ein.
»Mange tak für deinen Einkauf und viel Freude damit«, sagte Ingrid. »Kommst du heute Abend zum Essen zu uns?«
»Ich lasse euch heute in Ruhe. Ich würde mich aber freuen, wenn ihr morgen zu mir kommt.«
»Sehr gerne. Was hast du jetzt noch vor?«
»Ich werde nach Hause fahren und die letzten Sachen ausräumen. Und dann mal schauen. Vielleicht einfach mein neues Heim genießen.«
»Mach das!« Ingrid gab ihr einen Kuss auf die linke und die rechte Wange. »Und hänge die Bilder auf. Es ist dein Häuschen, du kannst dich frei entfalten, vergiss das nicht!«
»Werde ich.«
Christine rannte vom Auto zum überdachten Vordereingang.
Umständlich schloss sie auf, bemüht, nichts fallen zu lassen.
Sie stellte Tüten und Bilder ab und streifte sich die Schuhe von den Füßen, hing ihre Jacke auf und ging nach oben ins Badezimmer, um sich die Haare zu trocknen.
Sie zog sich etwas Gemütliches an und band die Haare zu einem Zopf. Sie legte den Fisch in den Kühlschrank, stellte das Windlicht mit der Kerze erst einmal auf den Küchentisch und ging mit den restlichen Besorgungen wieder nach oben.
Die Bilder hängte sie über die Couch, Unterlage, Halter und Stifte stellte sie auf den Schreibtisch, Blöcke und der andere Kram kamen in die Schubladen. Zuletzt legte sie eines der Notizbücher neben den Laptop, einen Kugelschreiber darauf.
Aus dem Regal holte sie ihre Aufzeichnungen, die ersten Gedanken, die sie sich zu ihrer Geschichte gemacht hatte und setzte sich.
Christine las:
1. Kapitel »Die Auferweckung« von Christine Neumann
Die Fackeln ließen Schatten über die steinernen Wände huschen. Der eintönige Singsang eines alten Mannes erfüllte den Raum und trug nicht dazu bei, dass die Situation weniger unheimlich schien.
Victoria zwang sich, auf das Tablet in ihrer Hand zu schauen. Wenigstens spendete das ein wenig modernes Licht. Nur wenige Minuten waren vergangen, seit sie das Ritual begonnen hatten, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Es schien noch kühler geworden zu sein, als es sowieso schon in dem Mausoleum gewesen war.
Victoria tippte ihre Beobachtungen in das Protokollformular, maß die Temperatur und fügte sie ihren Aufzeichnungen hinzu.
Karl Rotenburg ließ den Steinsarkophag nicht aus den Augen. Der schwere Deckel war von seinen Männern geöffnet worden. Es war ihm wichtig gewesen, dass er nicht beschädigt wurde, so war es ein zeitraubendes Unterfangen gewesen.
Vici hätte es lieber vermieden, in das Innere des Sarges zu schauen, aber alles festzuhalten war nun mal ihre Aufgabe.
Christine runzelte die Stirn. Es klang nicht rund.
Sie nahm einen anderen Zettel, auf dem sie notiert hatte, was Victoria tat, wie sie aussah und wie alt sie war. Sie öffnete ihren Laptop, suchte nach der Notiz mit dem WLAN-Schlüssel und als sie ihn gefunden hatte, verband sie sich mit dem Internet. Sie begann zu tippen:
Die Fackeln ließen Schatten über die Wände huschen. Der Singsang eines alten Mannes erfüllte den Raum und trug nicht dazu bei, dass die Situation weniger unheimlich war.
Victoria schaute auf das Tablet in ihrer Hand, immerhin spendete es modernes Licht. Nur wenige Minuten waren vergangen, seit sie das Ritual begonnen hatten, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Sie hatte den Eindruck, es sei kühler als beim Betreten des Mausoleums.
Sie tippte ihre Beobachtungen in das Protokollformular, maß die Temperatur und fügte sie ihren Aufzeichnungen hinzu.
Karl Rotenburg ließ den Steinsarkophag nicht aus den Augen. Der Deckel war von seinen Männern geöffnet worden. Es war ihm wichtig gewesen, dass er nicht beschädigt wurde, so war es ein zeitraubendes Unterfangen gewesen.
Vici hätte es lieber vermieden, in das Innere des Sarges zu schauen, aber alles festzuhalten war ihre Aufgabe.
Die Gebeine waren in Fragmente geborsten und weiß wie Kreide, ein Zeichen, dass der Körper verbrannt worden war. Ein silbernes Kreuz, das Stück einer eisernen Kette, sie hatte alles fotografiert und sich zurückgezogen.
Oh Gott, das hörte sich furchtbar an! Oder nicht? Konnte man das so lassen? Verdammt! Christine raufte sich die Haare. Und nun? Wie sollte sie weiterschreiben?
Konzentriere dich, sagte sie sich. Sie starrte eine Ewigkeit auf den Laptop und auf ihre Notizen.
Vielleicht war sie zu erschöpft, der Kreativität freien Lauf zu lassen; die lange Autofahrt gestern, die neuen Eindrücke heute.
Sie speicherte den Text ab und fuhr den Computer runter.
So brachte das nichts.
Der Regen prasselte ohne Unterlass gegen die Fenster. Christine schaltete das Radio ein und setzte Wasser für die Nudeln auf. Als es kochte, gab sie Tagliatelle hinein. Sie tupfte den Lachs mit einem Küchentuch ab, salzte und pfefferte ihn, ließ Butter und ein wenig Olivenöl in der Pfanne warm werden und legte eine zerdrückte Knoblauchzehe und eine Scheibe Zitrone in das heiße Fett. Sie briet den Fisch auf beiden Seiten und schaltete die Herdplatte aus. Abgedeckt konnte er nachziehen.
Als die Nudeln fertig waren, nahm sie den Fisch aus der Pfanne, fügte Weißwein und Sahne hinzu, schmeckte alles mit Gewürzen ab und gab Tagliatelle, Soße und Fisch auf einen Teller.
Sie setzte sich auf die Bank am Esstisch und schnappte sich ihr Buch. Beim Essen las sie »Die Nebel von Avalon«, zum wahrscheinlich viertausendsten Mal, aber sie liebte die Geschichte seit ihrer Jugend.
Als sie aufgegessen hatte, stellte sie das Geschirr in den Geschirrspüler und kochte sich einen Kaffee. Auf ihre geliebten zwei Teelöffel Zucker verzichtete sie. Mit dem zweiten Frühstück am Hafen und der Sahne im Essen hatte sie für ausreichend Kalorienzufuhr gesorgt.
Es war nicht so, dass sie eine fanatisch sporttreibende diäthaltende Frau war. Nein, das war sie ganz und gar nicht und wenn sie ehrlich war, hatte sie Yoga gehasst. In Zukunft würde sie mehr auf sich achten, das hatte sie sich vorgenommen.
Christine nahm sich den letzten Karton und eine Reisetasche vor. Suchte für alles einen Platz und fand ein Paar Socken, das nicht ihr gehörte. Sie waren von Andreas und hatten sich irgendwie in ihre Sachen geschlichen. Die fanden auch ihren Platz; in der Mülltonne!
Als sie fertig war und es sich auf dem Sofa bequem machte, klingelte ihr Handy. Es war Dennis.
»Schön, dass du dich meldest«, sagte sie, »ich hatte gestern versucht, dich anzurufen.«
»Ich war bei einer Veranstaltung in der Uni und hatte mein Handy zu Hause vergessen. Rebecka hat mir Bescheid gesagt, dass du gut angekommen bist. Und wie ist es in Dänemark?«
»Schön, obwohl ich es noch nicht richtig aufnehmen kann. Es fühlt sich wie Urlaub an. Ich werde noch eine Weile brauchen, bis ich begreife, dass ich erst einmal hier wohne. Ingrid und Bjarne sind sehr lieb zu mir und ich soll dir Grüße von Merrit bestellen.«
»Das ist die Tochter, oder? Die kann sich noch an mich erinnern?«
Christine lachte. »Oh ja, das kann sie. Du hast einen bleibenden Eindruck hinterlassen.«
»Das ist doch schon, wie lange her? Fünfzehn Jahre?«
»Vierzehn! Ich kann mich noch gut erinnern, dass du kaum einen Schritt ohne sie machen konntest.«
»Lach du nur«, sagte Dennis, »ich fand es damals voll unheimlich.«
»Ihr wart klein!«
»Hallo! Ich war 11 und gar nicht klein, sondern schon fast ein Mann.«
»Genau, fast ein Mann.«
Dennis lachte und es versetzte Christine einen Stich ins Herz so weit weg von ihren Kindern zu sein.
Sie sprachen noch eine Weile und verabschiedeten sich voneinander.
Christine las und als ihr die Augen fast zufielen, beschloss sie, schlafen zu gehen.
Da sie in der letzten Nacht nicht gut geschlafen hatte, ließ sie die Außenbeleuchtung an der Eingangstür brennen und schloss die Gardine nicht komplett, so kam ein dünner Lichtstrahl in das Zimmer.
Sie hatte keine Angst im Dunklen, es war vielmehr ein beklemmendes Gefühl, wenn sie wach wurde und von totaler Schwärze umgeben war. Sie fühlte sich wie in einem Sarg und orientierungslos.
***
Sie stand auf dem Balkon und sah, wie sich die Sonne durch die übrig gebliebenen grauen Wolken kämpfte. Es war kühl und sie ging hinein, um zu duschen und sich anzuziehen.
Nach dem Frühstück verzog sie sich in das Arbeitszimmer.
Christine sortierte ihre Sachen für das Buch und las sie durch. Sie fuhr den Laptop hoch und starrte auf die wenigen Worte, die sie gestern geschrieben hatte. Es hörte sich eigentlich gar nicht so schlecht an, sie würde es nicht ändern.
Sie brauchte eine viertel Stunde, bis sie den nächsten Satz formuliert hatte:
Der Gesang veränderte sich, zusätzlich erklang die in Latein gehaltene Litanei eines Priesters.
Rotenburg strich sich über den Bart und machte einen halben Schritt vor, einen halben zurück.
Toll! Wenn sie so weiterschrieb, wäre sie in 10 Jahren noch nicht fertig. Aber mehr kam nicht.
Sie speicherte ab und schaltete die Schreibtischlampe aus. Holte sich eine Jacke und verließ das Haus.
Sie folgte dem Strandgårdsveij, einem befestigten Sandweg. Nach etwa vierhundert Metern endete er und wurde zu einem Pfad, der zu einem Steg führte. Umgeben von mannshohem Schilf, verband der die Sandbänke mit der Küste.
Christine nahm sich Zeit. Sie schaute sich um und saugte die Natur in sich auf. Lauschte den Geräuschen des Schilfs im Wind, ließ ihren Blick die Weite der Landschaft festhalten.
Dann überquerte sie den Steg.
Wenige Meter und sie war am Meer. Der Wind der letzten Nacht hatte Seetang angespült und das Spiel von Wolken und Sonne ließ sie eine Unendlichkeit von graublau und türkis schillerndem Wasser erblicken.
Sie atmete tief durch und seufzte. Wenn man mehrere Leben lebte, dann war sie in einer früheren Zeit sicher irgendwo an der Küste zu Hause gewesen.
Schon als Kind war sie davon überzeugt gewesen und nun war sie zurückgekehrt.
Christine zog die Schuhe aus und lief durch Sand und getrocknete Algen, bis sie das kalte Wasser spürte. Sie beobachtete, wie die Wellen ihre Knöchel umspülten, und entschied, ein Stück zu laufen.
Keine Menschenseele war zu sehen, nur zwei Boote schaukelten als dunkle Flecken am Horizont auf und ab.
Sie hatte oft den Wunsch geäußert, ein Ferienhaus in Dänemark zu kaufen, aber Andreas war dagegen gewesen.
»Ich möchte mich im Urlaub nicht an einen Ort binden, ich will die Welt bereisen«, hatte er einmal gesagt.
»Wir könnten beides tun.«
»Und was machen wir mit dem Haus, wenn wir nicht da sind?«
»Vermieten!«
Er hatte gelacht. »Damit uns irgendwelche Fremden alles kaputt machen? Und was, wenn wir spontan hin wollen und es ist besetzt?«
»Dann vermieten wir es eben nicht, sondern engagieren jemanden, der zwischendurch nach dem Rechten sieht.«
»Das kommt für mich gar nicht infrage«, hatte er gesagt und sie stehen lassen.
Wenn Christine darüber nachdachte, hatte er fast alles, was sie vorgeschlagen hatte doof oder kindisch oder unüberlegt gefunden.
Sie bückte sich nach einer Muschel und hob sie auf. Die würde sie zu den anderen legen.
Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie sich auf den Rückweg machen sollte. Sie musste noch für heute Abend einkaufen.
Christine fuhr nach Sjælland Odde zu Super Brugsen, einem Geschäft einer großen dänischen Supermarktkette.
Sie packte Zucchini, Auberginen, Paprika, Zwiebeln und Champignons, sowie Kartoffeln, Fladenbrot und Hühnerbrust in den Wagen. Sie plante, orientalisches Huhn mit Grillgemüse zubereiten. Das würde sie hervorragend vorbereiten können und genügend Zeit für Ingrid und Bjarne haben.
Die Dänen liebten Backwaren und waren Meister darin, sie herzustellen. Christine lag das Backen nicht, daher entschied sie sich, für den Nachtisch dänischen Kartoffelkagen zu kaufen.
Trotz des Namens bestand der Kuchen nicht aus Kartoffeln, sondern sah nur aus wie eine. Es war eine Kugel aus einer Art Biskuitteig, gefüllt mit Vanillecreme, Sahne und Marmelade, umhüllt von Marzipan und in Kakaopulver gewälzt. Der Boden war in Kuvertüre getaucht. Eine süße Sünde mit ungefähr 100000 Kalorien.
Zu Hause schnitt sie das Gemüse, die Kartoffeln und das Huhn, würzte alles mit Salz, Pfeffer, Chili, einer Prise Zucker und Tajine, einer Gewürzmischung, die sie aus Berlin mitgebracht hatte und gab Öl hinzu. Christine verteilte es auf einem tiefen Backblech und schob es in den Ofen, ohne ihn anzuschalten.
Sie deckte den Tisch, öffnete den Wein, den sie besorgt hatte und packte die Fladen aus. Sie machte sich frisch und wartete auf ihre Gäste.
»Oh das war lecker«, sagte Bjarne, lehnte sich zurück und streichelte seinen Bauch.
Beim Nachtisch sprach sie das leidige Thema Miete an.
»Du lässt nicht locker, oder?«, fragte Ingrid und Christine schüttelte den Kopf.
Ihre Freundin seufzte. »Das haben wir uns gedacht. Also gut, 2100,- Kronen, ist das in Ordnung?«
Sie überschlug die Summe im Kopf und kam auf etwa 280,- Euro, das war wenig.
»Es deckt die Unkosten und mehr wollen wir nicht. Und wir werden einen Mietvertrag aufsetzen, damit du auf der sicheren Seite bist.«
»Eigentlich rechne ich nicht damit, dass ihr mich einfach an die Luft setzt, aber dann fühlt es sich für mich vielleicht echter an, hier zu sein und ich werde das Urlaubsfeeling los.«
»Es lebt sich gut hier, das brauche ich dir nicht zu sagen. Ich habe es nie bereut, Deutschland verlassen zu haben.« Ingrid schaute ihren Mann verliebt an.
Es war schön, ein Paar zu sehen, das glücklich miteinander war.
Sie hatten einen wunderschönen Abend, saßen lange beieinander und redeten. Gegen halb eins schloss sie die Tür hinter den beiden und ging in die Küche.
Christine räumte das letzte Geschirr weg und stellte den Geschirrspüler an. Sie war müde. Die Seeluft, die Eindrücke, das neue Leben ließen sie erschöpfen und sie ging zu Bett.
***
In den folgenden Tagen half Christine Ingrid in der Galerie. Sie plante eine Ausstellung. Bilder mussten arrangiert, Werbung geschaltet und Einladungen verschickt werden.
Eine Bildhauerin und ein Metallkünstler beteiligten sich und brachten ihre Skulpturen.
Christine hatte Spaß, vor allem, neue Kontakte zu knüpfen und mit dem Künstler traf sie sich an einem Abend in einem Pub in Nykøbing. Er war charmant und amüsant und Christine fühlte sich in seiner Gegenwart wohl.
Er fuhr sie nach Hause und gab ihr zum Abschied einen Kuss auf die Wange.
Wenn sie nicht in der Galerie war, saß sie vor ihrem Laptop und kam nicht weiter. Ihre Gedanken schwirrten umher und sie fand den Faden nicht, ihre Geschichte zu schreiben.
Um den Kopf frei zu kriegen, machte sie lange Spaziergänge am Strand. Die Ruhe und Einsamkeit waren befreiend. Einmal begegnete sie einem Mann und einer Frau mit Kind, die einen Drachen steigen ließen, einmal, sie war fast bis zum Hafen gelaufen, einem Mann mit Hund.
Der Hund war lustig. Ein lebhafter Beagle, der voll Freude dem Stock hinterherrannte, den ihm sein Herrchen warf, immer und immer wieder. Aber mit ihrem Buch kam sie nicht voran.
Christine begann einen Handlungsverlauf, einen Plot für ihre Geschichte zu erstellen. Sie hatte gelesen, dass es von Vorteil war, man den Faden nicht so schnell verlor, seine Gedanken festhalten konnte. Beim eigentlichen Schreiben brachte es sie nicht weiter.
Für die Ausstellung war alles vorbereitet. Freitagabend würde die Vernissage stattfinden. Jesper, der Metallkünstler, würde selbstverständlich auch da sein und Christine freute sich.
Ingrid hatte sie gefragt, ob sie weiterhin ein paar Tage in der Woche in der Galerie arbeiten wolle, als offizielle Angestellte mit Bezahlung und sie hatte eingewilligt.
»Ich brauche Hilfe und du kannst dann eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen und ohne Sorgen bleiben. Dein Dänisch ist richtig gut, du solltest keine Probleme haben, sie zu bekommen.«
Christine hatte lachen müssen. »Solange ihr alle nicht zu schnell redet, geht es.«
»Als Erstes werden wir dich beim Einwohnermeldeamt registrieren lassen.«
»Ich weiß noch nicht einmal, ob ich für immer bleiben möchte.«
»Diese Registrierung muss erfolgen, wenn du länger, als drei Monate bleibst und das wirst du doch bestimmt. Die Genehmigung zwingt dich zu nichts.«
Ingrid hatte recht. Sie wollte nicht nach Berlin zurück. Sie vermisste ihre Kinder unendlich, aber den Rest nicht.
3. Kapitel
Im Internet hatte Christine gelesen, dass viele Schriftsteller Inspiration fanden, wenn sie ihre Bücher im Garten, im Park, einem Café oder sonst wo schrieben. Also hatte sie ihre Sachen eingepackt und war zum Hafen gefahren.
Es war sonnig und mit einer Strickjacke angenehm warm. Der Blick auf die Fischerboote, das Wasser, der Milchkaffee und die Zimtschnecke waren toll und so starrte sie anstelle in ihrem Arbeitszimmer, hier auf den Laptop.
Nach einer halben Stunde hatte sie immer noch kein Wort geschrieben. Hatte Andreas recht gehabt und es war eine dumme Idee? Vielleicht war sie nicht fähig, ein Buch zu schreiben.
»Überlass das doch den Menschen, die das können«, hatte er gesagt, als sie für Rebecka eine Gute Nacht Geschichte geschrieben hatte.
Christine schüttelte sich. Was befähigte jemanden ein Buch schreiben zu dürfen und verbat es einem anderen? Sie würde kein Stephen King oder eine J. K. Rowling werden, aber da waren so viele Ideen in ihrem Kopf. Sie wollte das durchziehen, es war ihr wichtig.
»Und was ist, wenn du es geschafft hast und das Buch fertig ist? Willst du unzählige große Verlage anschreiben und auf die Ablehnungen warten? Erspare dir das doch.«
Warum war er davon ausgegangen, dass sie es veröffentlichen wollte? Warum, dass man sie ablehnen würde?
Christine wusste nicht, was sie tun würde, wenn sie es jemals schaffte, es zu beenden. Aber darum ging es auch gar nicht. Es ging darum, sich einen Traum zu erfüllen.
Sie stützte den Kopf auf die Hände.
Zwei Tische weiter saß ein junger Mann, der zu ihr herüberschaute. Als sich ihre Blicke trafen, wendete sie sich schnell ab und konzentrierte sich auf den Bildschirm.
***
Am nächsten Tag saß sie wieder am Hafen, mit dem Laptop, mit dem Kaffee, ohne Kuchen und ohne ein einziges Wort zu schreiben. Und auch der junge Mann war wieder da.
Verstohlen sah sie zu ihm rüber. Er hatte Papiere vor sich ausgebreitet.
Er sah gut aus, musste sie gestehen. Wirklich gut, so richtig gut. Christine schämte sich ihrer Gedanken, denn er war auch richtig jung, vielleicht so alt wie Dennis.
Schreib dein verdammtes Buch!, ermahnte sie sich.
In einer halben Stunde musste sie bei Ingrid sein. Heute Abend war die Vernissage.
Eine Verkäuferin aus der Bäckerei brachte dem Jungen einen Tee. Sie sprachen miteinander, sie lachte und ging wieder.
Christine guckte auf die Tastatur. Er schaute zu ihr, sie konnte es spüren. Als sie ihren Blick hob, lächelte er sie an.
Ob sie wirklich rot wurde, wusste sie nicht, aber sie vermutete es, denn ihre Wangen glühten.
Gott wie peinlich! Sie packte ihre Sachen und brachte das Geschirr weg und lief zum Auto.
Die Galerie war tagsüber geschlossen geblieben. Gegen halb Sechs fanden sich die ersten Gäste ein und warteten vor der Tür.
Christine war aufgeregt, Ingrid die Ruhe in Person. Gemeinsam gingen sie durch den Laden und rückten hier und dort noch etwas zurecht. Jesper und die Bildhauerin kamen. Sie wechselten ein paar Worte. Er hatte bereits einige Ausstellungen gehabt, für die Künstlerin war es die erste.
Kurz vor 18.00 Uhr öffnete Ingrid die Tür.
Christine reichte Getränke, verteilte Prospekte und nahm Jacken und Mäntel ab, die sie an Kleiderständer hängte.
»Tak«, bedankte sich ein Mann, dem sie eine Broschüre reichte. Als sie aufsah, erkannte sie in ihm den Typen aus dem Café. Er war in Begleitung zweier Frauen, eine war die aus der Bäckerei, und eines Mannes. Er lächelte und ging weiter.
Als der große Ansturm vorbei war und die Besucher sich im Laden verteilt hatten, gesellte sie sich zu Jesper, der sich über seine Werke austauschte.
In einer ruhigen Minute gestand er ihr: »Weißt du, ich habe vorhin geschwindelt, als ich sagte, ich wäre nicht nervös. Ich bin es nämlich jedes Mal. Wenn ich mich dann mit den Leuten unterhalte und merke, dass sie ehrliches Interesse an meinen Skulpturen haben, bin ich furchtbar erleichtert. Es ist nicht so, dass ich verlange, dass jeder meine Sachen mag, aber ich freue mich, wenn sie sich aufrichtig damit auseinandersetzen.«
»Tut dir Kritik nicht weh?«, fragte sie.
»Kritik tut immer weh, denke ich, aber es kommt darauf an, wie sie formuliert wird und ob sie konstruktiv ist. Meinen Stil werde ich nicht verändern, kann ich nicht, denn das bin ich. Aber ich kann mich weiterentwickeln. Wenn mir eine Kritik dabei hilft, dann ist es gut.«
Christine schaute an Jesper vorbei. Vor einem Bild stand der junge Mann.
»Möchtest du, wenn das hier zu Ende ist, noch etwas mit mir trinken gehen?«
»Was? Entschuldige.« Sie hatte nur die Hälfte der Frage mitbekommen.
»Ob wir danach noch etwas trinken gehen wollen.«
»Eigentlich sehr gerne, aber Ingrid und ich müssen aufräumen. Morgen früh soll hier alles wieder in Ordnung sein.«
»Verstehe, magst du dann jetzt hier einen Wein mit mir trinken?«
Christine nickte und hakte ihn unter.
Er schaute sich um. »Es ist erstaunlich, wie viele Leute in den Laden passen. Man könnte meine, der ganze Ort ist hier.«
***
Sie hatten bis in die Nacht aufgeräumt und standen am nächsten Morgen müde im Laden. Christine fühlte sich trotzdem gut. Sie fand Gefallen an ihrem Job. Kunst hatte sie immer interessiert, auch wenn sie es nicht ausgelebt hatte. Andreas war kein Kunstliebhaber, ihn interessierten Oldtimer viel mehr als alte »Schinken«. In Autos investierte er auch gerne sein Geld, in Kunst nicht.
Einmal waren sie zu der Vernissage eines aufstrebenden Malers gegangen. Sie hatte sich die Bilder gerne angesehen, er hatte es als Möglichkeit genutzt, geschäftliche Kontakte zu knüpfen.
Sie hatte sogar eins gekauft und es im Wohnzimmer aufgehängt. Andreas hatte es kaum beachtet.
Christine überlegte, wann sich ihre Interessen voneinander entfernt hatten. War es von Anfang an so gewesen? Hatte sie es in den ersten Jahren der Verliebtheit einfach nicht gemerkt? Oder hatten sie sich entgegengesetzt entwickelt?
Am Abend telefonierte sie mit ihren Kindern und legte sich mit einem neuen Buch, einem Thriller, früh ins Bett.
***
Sie wollte es noch einmal am Hafen probieren. Es war schön dort und sie hatte sowieso vor, Fisch zu kaufen. Also packte sie wieder ihren Laptop ein, in der Hoffnung, er würde diesmal gefüttert werden.
Es war voll und Christine musste warten, bis ein Tisch frei wurde. Irgendwann würde sie herkommen, wenn die Fischerboote hereinkamen. Wie es war, wenn die Männer und vielleicht auch Frauen, die Waren ausluden oder von Bord aus verkauften. Wenn sich hier das Treiben eines Fischerhafens zeigte.
Der Typ war auch da! Er saß er vor der Räucherei und schaute zu ihr. Langsam wurde das unheimlich. Verfolgte er sie?
Warum beobachtete er sie immer?