Wahrheiten für ein Leben im Flow
www.kremayr-scheriau.at
ISBN 978-3-7015-0611-8
eISBN 978-3-7015-0615-6
Copyright © 2019 by Verlag Kremayr & Scheriau/Orac GmbH & Co.
KG; Wien
Alle Rechte vorbehalten
Covergestaltung, typographische Gestaltung & Satz: Sophie Gudenus
Lektorat: Marilies Jagsch
Bereit für eine Entdeckungsreise?
Stress oder Flow
Ein kleiner Stresstest
Die drei Klassiker im Umgang mit Stress
Auf den Spuren des Stressphänomens
Wenn alles einfach fließt
Ihre Werkseinstellung
Vier Bewusstseinswelten
Die objektive Realitätswahrnehmung
Die subjektive Realitätswahrnehmung
Die schöpferische Realitätswahrnehmung
Die höchste Wirklichkeitssicht
Die vier Welten in einer Nussschale
Mehr oder weniger Stress
Opfer oder Kontrolletti
Positives Denken und das Gesetz der Anziehung
Die wichtigsten Einflusshebel auf Ihren inneren Zustand
Körperliche Bedürfnisse und Stress
Kontraproduktives Verhalten
Das Ende vom Stress
Wo Stress tatsächlich herkommt
Warum Sie nicht positiv denken müssen
Alles ist erdacht. Alles ist ein Traum.
Das göttliche Spiel
Vom Suchen und Finden
Weniger denken, mehr sein
Nicht mit der Wirklichkeit streiten
Wer weiß, wozu es dient
Wo ist Ihre Aufmerksamkeit?
Mitmenschen neu begegnen
Nichtwissen ist ein guter Anfang
Die Kontrolle loslassen
Entspannt mehr leisten
Voll und ganz da sein
Ein paar Worte zum Schluss
Mein persönliches Dankeschön
Ergänzende Literatur
Endnoten
Ein Schüler fragte seinen Meister:
„Wie lange werde ich brauchen, um mein Problem zu lösen?“
Der Meister erwiderte:
„Keine Minute länger, als du brauchst, um es zu durchschauen.“
Schön, dass Sie dieses Buch in Ihren Händen halten. Sie werden darin entdecken, wie Sie weniger Stress und mehr Flow erleben. Wie Sie Druck, Ängste und Sorgen loswerden und entspannt Ihr Bestes leben können. Im persönlichen Bereich, in Ihren Beziehungen und in Ihrem Job oder Unternehmen. Das geht. Leichter als gedacht. Und es lohnt sich.
Sollten Sie zurzeit das Gefühl haben, von Stressfreiheit und Flow meilenweit entfernt zu sein, sind Sie in bester Gesellschaft. Stress scheint in der heutigen Zeit völlig normal zu sein. Er gehört einfach zum Leben dazu, heißt es. Sie müssen lernen, damit umzugehen: Stress vermeiden, Stress managen, Stress abbauen. Scheinbar ist eine Menge zu tun, wenn Sie entspannt leben und das Beste aus Ihrem Dasein machen wollen. Angebote rund um Stressmanagement und Selbstoptimierung gibt es jedenfalls wie Kokosnüsse in den Tropen. Dank meines Burnouts im Jahr 2000 und den folgenden Jahren als Coach, systemische Beraterin, Personal Trainerin und Yogalehrerin habe ich selbst unzählige Methoden, Strategien und Techniken gesammelt und viele davon in der Praxis erprobt. Solche „Anti-Stress-Tools“ sind durchaus nützlich, doch sie erfordern größtenteils Zeit, Mühe und Disziplin, und der positive Effekt ist oft nur vorübergehend zu spüren.
Meine Absicht ist es, Ihnen in diesem Buch zu zeigen, wo Ihr Seelenfrieden wirklich zu Hause ist. Egal, was Sie tun. Egal, was ist. Egal, ob Sie irgendwelche „Anti-Stress-Tools“ nutzen oder nicht. Meiner Erfahrung nach sind es Erkenntnisse und Einsichten, die zu einem natürlichen, dauerhaften und mühelosen Wandel führen. Es sind die Momente, in denen wir das Leben in einem anderen Licht sehen. Eine klarere, wahrheitsgemäßere Perspektive finden.
Stellen Sie sich vor, Sie gehen in einen Keller, um sich ein Fläschchen Wein zu holen. Im Halbdunkel sehen Sie, dass vor dem Regal eine eingekringelte Schlange liegt. Sie haben Angst vor Schlangen und erschrecken fürchterlich. Ihr Herz rast. Wie gelähmt stehen Sie an der Kellertür. Zerbrechen sich den Kopf, mit welcher Taktik Sie dieses Ungeheuer aus dem Keller vertreiben könnten. Machen vielleicht Atemübungen, die Sie im Yogaunterricht gelernt haben. Versuchen positiv zu denken, um Ihre Angst zu überwinden. Überlegen, heute auf den Wein zu verzichten und dafür demnächst wegen Ihrer Schlangenphobie eine Therapie zu beginnen. Oder in Zukunft jede Art von Keller zu vermeiden.
Während Ihre Gedanken wie wild gewordene Bienen darum kreisen, was Sie tun sollen, taucht ein Freund neben Ihnen auf. Er hat eine Taschenlampe bei sich und leuchtet damit den Keller aus. Plötzlich erkennen Sie, dass vor dem Weinregal nur ein eingekringeltes Seil liegt. Da war nie eine Schlange. Der ganze Stress, die Furcht, die Aufregung, die Grübelei – alles ist mit einem Schlag verschwunden. Alles gut. Keine Strategie, keine Atemübung, kein Positivdenken, keine Therapie ist erforderlich. Möglicherweise wundern Sie sich darüber, wie Ihre Sinne Sie so täuschen konnten. Mit dem Seil können Sie nun jedenfalls tun, was Sie damit tun möchten, oder Sie ignorieren es einfach und suchen sich Ihren wohlverdienten Wein aus. Ohne Stress, ohne Angst, ohne Drama.
Das ist offensichtlich eine erfundene Geschichte. Aber selbst, wenn Sie weder Wein trinken noch Angst vor Schlangen haben, ist etwas Wahres dran. Wir Menschen unterliegen Illusionen. Nehmen die Wirklichkeit nicht wahr, wie Sie tatsächlich ist. Sehen „Schlangen“, wo in Wahrheit nur „Seile“ liegen. Die meisten Stressmanagement-Ansätze und Coping-Strategien arbeiten an der Oberfläche: an Symptomen und daran, wie die Dinge zu sein scheinen. Ich möchte mit Ihnen tiefer gehen, an die Wurzel des Übels, und Ihnen eine unerschütterliche Ausgangsbasis für Ihr Leben zeigen. Das Wichtigste, von dem ich Ihnen erzählen werde, ist ein tiefes inneres Wissen, das in jedem von uns ist. Es sind Wahrheiten, die in uns wohnen. Diese Wahrheiten lehren weise Meister seit Tausenden von Jahren und sie haben in all der Zeit nichts an Relevanz eingebüßt. Gerade in unserer „schneller, besser, weiter, höher“-Zeit brauchen wir dieses Wissen vielleicht dringender als je zuvor. In jedem Fall finden Sie darin eine echte und dauerhafte Lösung für Stress. Gemeint ist nicht, dass Sie in Zukunft mit Stress besser umgehen können, sondern immer seltener Stress erleben und immer öfter im Flow sind. Und zwar mitten in Ihrem stinknormalen Alltag.
Erwarten Sie bitte nicht, dass das sofort passiert. Manche Menschen haben einen schlagartigen Moment der Erleuchtung und mit einem Mal ist alles anders. Das ist die Ausnahme und nicht die Regel. Bei den meisten Menschen – so auch bei mir – ist das Ganze vielmehr ein schleichender Prozess. Eine einzigartige Entdeckungsreise, auf der immer wieder neue Erkenntnisse und Einsichten auftauchen. Sich mehr und mehr die Nebel lichten. Sich Schritt für Schritt Knoten lösen. Die Bereitschaft, sich auf diese Reise einzulassen, ist das Einzige, was Sie mitbringen müssen.
Was heißt „sich einlassen“? Ich habe unzählige Ratgeber verschlungen. Üblicherweise bin ich dabei mit einem Leuchtstift, einem Kugelschreiber und meinem inneren Kritiker bewaffnet. Mein Verstand analysiert und zensuriert alles, was schwarz auf weiß dasteht, prüft, ob das richtig oder falsch ist und ob ich dem Ganzen zustimme oder anderer Meinung bin. Sollten Sie mir auch nur ein bisschen ähneln, macht Ihr Verstand das ebenfalls. Sie vergleichen das, was ich schreibe, mit Ihren eigenen Erfahrungen und dem, was Sie bisher gehört, gelesen und gelernt haben. Stimmt es überein, werden Sie zustimmend nicken. Beim Rest werden Sie auf inneren Widerstand stoßen. Alles, was dem „gesunden Menschenverstand“ widerspricht, alles, was Sie anders erleben, und alles, was Sie nicht hören wollen, werden Sie ausfiltern und über Bord werfen. Verständlich. Die Reise wird Ihnen so allerdings wenig Neues bringen. Vieles, was ich mit Ihnen teile, steht im Widerspruch zum „gesunden Menschenverstand“. Im Widerspruch zu dem, was üblicherweise verkündet wird. Im Widerspruch zu dem, wie es zu sein scheint.
Das Wichtigste kann der Verstand nicht verstehen und erfassen. Könnten wir mit dem Intellekt und den herkömmlichen Ansätzen Stress in den Griff bekommen, wäre das Problem in der heutigen Zeit nicht so verbreitet wie Smartphones. Und kein intelligenter Mensch hätte Stress. Alles, was wirklich zählt, finden Sie jenseits des Verstandes. Unter der Oberfläche. Zwischen den Zeilen und Worten.
Natürlich müssen Sie nicht alles ungeprüft schlucken, was ich Ihnen erzähle. Sie sind der „Experte“ in Ihrem Leben. Niemand kennt sich diesbezüglich besser aus als Sie selbst. Wenn Sie allerdings Stress langfristig loswerden und echte Veränderungen erleben möchten, schicken Sie Ihren Expertengeist für die nächsten Wochen auf Urlaub. Zumindest, solange Sie dieses Buch lesen. Wunder können geschehen, wenn Ihr Geist offen ist – offen für neue Ideen, Perspektiven und Denkweisen. Machen Sie sich innerlich bereit, Neues zu lernen und auszuprobieren. Vielleicht auch Dinge, die Sie schon tausendmal gehört haben, auf neue Weise aufzunehmen, damit in Ihrem Alltag zu experimentieren und Erfahrungen zu sammeln. Statt mit Ihrem Verstand und Ihrem Wissen überprüfen Sie mit Leib, Seele und offenem Geist, ob das stimmt, was ich hier schreibe. Und seien Sie neugierig, was das Leben in jedem Augenblick bringt, statt davon auszugehen, dass alles so ist, wie es immer ist.
Das Geniale daran: Sie lesen dieses Buch und gleichzeitig besuchen Sie den großartigsten Workshop der Welt. Enorm aufwendig gestaltet, mit 3D-Animation, mit unzähligen anderen Teilnehmern, interaktiv und mit direktem und indirektem Feedback-System ausgestattet. Dieser Workshop ist Ihr tägliches Leben. Er läuft rund um die Uhr und bietet Ihnen alle Voraussetzungen inklusive Requisiten, Szenen und Mitspielern, um neue – stressbefreiende – Erkenntnisse zu gewinnen. Sie können hier jeden Tag und jede Situation nutzen, um zu experimentieren, zu üben und sich auszuprobieren. Ihr wichtigster Lehrer sind Ihre Erfahrungen selbst und das Einzige, was Sie mitbringen müssen, ist Ihre Aufmerksamkeit, Offenheit und Neugier. Sonst verschlafen Sie quasi den „Unterricht“ und bemerken gar nicht, welch bedeutende Rolle Sie selbst bei der Gestaltung dieses einzigartigen Workshops spielen.
Genug der einleitenden Worte. Wenn Sie bereit sind für diese Entdeckungsreise, lassen Sie uns bei den Schlangen anfangen und behutsam mehr Licht ins Dunkel bringen.
Zu Beginn unserer Reise in die Stressfreiheit möchte ich gleich eine Befürchtung ausräumen. Manche Menschen haben Angst davor, etwas gegen ihren Stress zu unternehmen und im Flow zu sein – aus Sorge, faul zu werden. Die Idee lautet überspitzt ausgedrückt: Wenn ich keinen Stress und Druck hätte, säße ich nur mehr mit Netflix auf dem Sofa herum. Falls Sie diese Sorge teilen, kann ich Sie beruhigen: Das ist nicht wahr. In Ihnen steckt universelle Lebenskraft, die durch Sie zum Ausdruck gebracht werden möchte. Frei von Stress haben Sie wesentlich mehr Energie zur Verfügung und können entspannt produktiver, kreativer und schaffenskräftiger sein. Im Flow tun Sie nicht nichts, sondern die richtigen Dinge zur richtigen Zeit. Und zwar mit einem Gefühl von innerer Klarheit, Leichtigkeit und Freude. Dieser Seinszustand führt zu besseren Erfahrungen, Leistungen und Ergebnissen in allen Bereichen Ihres Lebens. Lassen Sie es auf einen Versuch ankommen. Im Notfall kehren Sie wieder zu Ihren alten Mustern zurück. Der neue Weg fängt damit an, ein Bewusstsein zu schaffen für Stress und Ihr momentanes Stresserleben.
Ich bin schon vom Stress gestresst, bevor es überhaupt
einen Stress gibt, wegen dem ich gestresst sein könnte.
WWW.VISUALSTATEMENTS.NET
Wie zeigt sich Stress derzeit in Ihrem Leben? Um das herauszufinden, stelle ich ein paar Behauptungen auf. Sie sagen, wie häufig diese in den letzten Wochen auf Sie zutrafen bzw. aktuell zutreffen. Dazu können Sie eine Skala von „Nie“ bis „Sehr oft“ nutzen oder einfach nur mit „Ja“ oder „Nein“ antworten.
Traf Folgendes in den letzten Wochen auf Sie zu?
Und falls ja, wie oft?
Sie sind innerlich unruhig, nervös oder angespannt.
Sie können schwer abschalten und entspannen.
Sie haben das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben.
Sie haben das Gefühl, nicht genug zu schaffen.
Sie haben das Gefühl, alles sei dringend.
Sie fühlen sich überlastet – es ist einfach zu viel.
Sie fühlen sich überfordert – manches wächst Ihnen über den Kopf.
Sie spüren, dass viel Druck auf Ihnen lastet – wie z. B. Leistungsdruck, Erfolgsdruck oder finanzieller Druck.
Sie reagieren leicht gereizt und werden schnell ärgerlich.
Sie haben Auseinandersetzungen mit anderen Menschen, die Sie belasten.
Sie leiden unter unausgesprochenen Konflikten.
Sie sind ungeduldig und Ihnen geht alles zu langsam.
Sie grübeln viel und machen sich Sorgen.
Sie kommen im Kopf nicht zur Ruhe.
Es plagen Sie Selbstzweifel.
Es plagen Sie Ängste.
Es fällt Ihnen schwer, Entscheidungen zu treffen.
Sie haben Angst, Fehler zu machen.
Es fällt Ihnen schwer, sich zu konzentrieren.
Sie fühlen sich wie ein Hamster im Rad.
Sie haben das Gefühl, unter Strom zu stehen.
Sie sind untertags müde und fühlen sich erschöpft.
Sie haben Schwierigkeiten einzuschlafen, weil Sie innerlich nicht zur Ruhe kommen.
Sie wachen mitten in der Nacht auf und wälzen Probleme.
Sie leiden unter Schlaflosigkeit.
Sie nehmen ein Schlafmittel, um schlafen zu können.
Beim Aufwachen fühlen Sie sich gerädert und kommen kaum aus dem Bett.
Sie haben weniger Freude an Dingen und Aktivitäten.
Sie haben spürbar weniger Kraft als üblich.
Ihnen fehlt die Energie für Dinge, die Sie gerne tun würden.
Sie wollen Ihre Ruhe von anderen Menschen.
Sie sind weniger sozial als früher.
Das Lachen ist Ihnen vergangen.
Sie haben deutlich weniger Lust auf Sex.
Sie sind vergesslicher als sonst – vergessen z. B., wo Sie den Schlüssel hingelegt haben, wo Sie Ihr Auto geparkt haben oder ausgemachte Termine.
Sie funktionieren im Alltag, aber glücklich und erfüllt sind Sie nicht.
Sie nutzen Kaffee, Energydrinks oder Ähnliches, um sich zu pushen.
Sie kämpfen mit Gewichtsproblemen, weil Sie zu viel oder zu wenig essen.
Sie haben Heißhunger auf zuckerreiche Lebensmittel.
Sie nutzen Alkohol, Zigaretten, Süßigkeiten oder andere Suchtmittel, shoppen oder spielen im Internet, um sich zu entspannen und runterzukommen.
Sie fühlen sich hoffnungs- und lustlos.
Ihnen fehlen der Antrieb und die Motivation.
Sie fühlen sich innerlich leer und ausgebrannt.
Ihre Atmung ist eher flach und schnell oder Sie leiden unter Atembeschwerden.
Sie haben depressive Verstimmungen oder Depressionen.
Sie haben Verspannungen, Kopf-, Nacken- oder Rücken-schmerzen.
Sie haben Magen-Darm-Probleme wie Durchfall, Verstopfung, Reizdarm oder Sodbrennen.
Sie haben Herz- und Kreislaufbeschwerden wie Bluthochdruck, Schwindelgefühl oder Herzrasen.
Sie haben Panikattacken.
Sie haben sonstige Symptome, die mit Stress zu tun haben könnten, wie unkontrolliertes Muskelzucken, Hautprobleme oder Haarausfall.
Jede dieser Aussagen kann ein Zeichen oder Symptom für Stress sein – und die Liste ließe sich erweitern. Dieser kleine Test spuckt jetzt keine bestimmte Punktezahl aus und liefert keine Diagnose. Weder möchte ich Sie mit einem „Etikett“ versehen, noch mit einem bestimmen Ergebnis stressen. Die Fragen sollen Ihnen bewusst machen, wie sich Stress in Ihrem Leben zeigt.
Naheliegend ist natürlich, dass Ihr Stresslevel hoch ist, wenn Sie vielen Aussagen mit „Ja“ bzw. mit „Oft“ oder „Sehr oft“ zugestimmt haben. Möglicherweise treffen aber auch nur wenige Behauptungen zu und trotzdem fühlen Sie sich gestresst; das heißt, Stress zeigt sich bei Ihnen nur in wenigen, aber dafür deutlichen Symptomen. Machen Sie sich ein paar Notizen über Ihren Ist-Zustand. Im Laufe der Zeit können Sie immer wieder zu diesem kleinen Stresstest zurückkehren und feststellen, was besser geworden ist.
Je mehr Anzeichen und Stresssymptome sich bereits bemerkbar machen, desto mehr haben Sie in Ihrem Leben zu gewinnen. Die Rede ist von einer dramatischen Verbesserung Ihrer Lebensqualität. Davon,
viel mehr Zeit frei von Stress, Ängsten, Druck und Sorgen zu sein.
viel mehr Leichtigkeit und inneren Frieden zu erleben.
viel mehr Energie und Kraft zu haben für das, was Ihnen wirklich wichtig ist.
viel gelassener Wunderbares zu schaffen und zu bewirken.
Schauen wir jetzt also, wie Sie Ihren Stress loswerden.
„Warum klappst du bei dem ganzen Stress nicht zusammen?“
„Keine Zeit!“
Nehmen Sie sich bitte einen Moment Zeit und notieren Sie auf einem Blatt Papier, was Ihnen zurzeit Stress, Druck, Ängste und Sorgen bereitet. Ohne lange nachzudenken: Was sind die Stressfaktoren in Ihrem Leben?
Ein paar Beispiele für häufig genannte Stressquellen:
Zeitmangel, Arbeitslast, Leistungsdruck, Ergebnisdruck, Rechnungen, finanzielle Probleme, Verpflichtungen, Erwartungen anderer, der Job (kein Job), Streit, negative Stimmung, Konflikte, der Partner, Kinder, die Eltern, der Chef, die Mitarbeiter, der Kunde (fehlende Kunden), der/die Ex, eine Trennung, ein Umzug, eine traumatische Erfahrung, schwierige Entscheidungen, Lärm, die E-Mail-Flut, lange Meetings, die Nachrichten, Autofahren, Stau, Flugreisen, gesundheitliche Probleme, eine Diagnose, Wartezeiten etc.
Jetzt sind Sie an der Reihe. Bevor Sie weiterlesen, schreiben Sie Ihre persönliche Stressliste.
Auf den meisten Listen stehen bestimmte Situationen, Umstände, Menschen, Verhaltensweisen von Menschen oder Plätze. Es scheint logisch und sinnvoll, dass bei diesen Themen irgendetwas anders werden muss. Die üblichen Lösungsversuche lassen sich grob in drei Schubladen einordnen:
Stressvermeidung – um weniger Stress zu haben
Laut einigen Stresstheorien gibt es äußere Faktoren, die eine körperliche und psychische Stressreaktion hervorrufen. Die meisten Menschen würden das bestätigen. Beispielsweise sagen: Leistungsdruck ist stressig. Zeitdruck ist stressig. Der Tod eines Angehörigen ist stressig. Eine Trennung ist stressig. Ein Umzug ist stressig. Lärm ist stressig. Reizüberflutung ist stressig. So ist es nun einmal.
Was, denken Sie, sind Ihre äußeren Stressfaktoren? Bei welchen Punkten könnten Sie andere Menschen leicht davon überzeugen, dass sie wirklich stressig sind?
Gäbe es tatsächlich äußere Stressfaktoren, wäre es sinnvoll herauszufinden, wie Sie diese vermeiden bzw. reduzieren könnten. Bevor Sie in die Richtung weiterdenken, lesen Sie die unerwünschten Nebenwirkungen, die bei dieser Art von Stressbewältigung häufig auftauchen:
Ihre Welt wird immer kleiner
Alles im Leben hat das Potenzial, stressig zu sein. Wer denkt, dass die Ursachen von Stress „da draußen“ liegen, läuft Gefahr, in einer immer kleineren Welt zu leben. Immer höhere innere und äußere Schutzmauern bauen zu müssen, um inneren Frieden zu finden. Jedes Detail seines Lebens kontrollieren zu müssen, um Stress zu vermeiden. Vieles nicht (mehr) tun zu können, weil es eben mit Stress verbunden ist oder sein könnte.
Fakt ist: Selbst wenn Sie alle äußeren Stressfaktoren vermeiden, können Sie sich innerlich gestresst fühlen. Genau so, wie ein Millionär Existenzängste haben kann.
Sie stecken in einem Dilemma
Ausgerechnet die Dinge, die wir lieben oder mögen, sind oft mit Stress verbunden. Eigentlich lieben Sie Ihre Kinder und Ihren Partner und wünschen sich ein erfülltes Miteinander, trotzdem gibt es Stress in der Beziehung. Eigentlich mögen Sie Ihren Job, wenn da nicht der Stress mit der To-do-Liste, dem Chef oder den Kollegen wäre. Eigentlich möchten Sie längst den Sprung in die Selbstständigkeit wagen oder eine neue Position und eine neue Herausforderung annehmen, aber das ist mit Unsicherheit und Stress verknüpft – deswegen lassen Sie es lieber und träumen weiter. So sind Sie innerlich gespalten, und dieser Zwiespalt bringt Stress mit sich.
Sie tauschen ein Übel gegen ein anderes
Manche Situationen sind leicht zu vermeiden. Manche Tätigkeiten lassen sich delegieren; vor allem, wenn Sie bereit sind, dafür zu bezahlen. Auch den Partner zu verlassen oder den Job zu wechseln, ist eine Option. All das kann manchmal durchaus richtig und sinnvoll sein.
Viele Menschen tauschen jedoch die Außenwelt aus – suchen sich beispielsweise einen neuen Partner, einen neuen Job, neue Freunde oder eine neue Umgebung –, in der Hoffnung, dass dann alles anders wird. Nach kurzer Zeit stellen Sie allerdings fest, dass sich nicht wirklich etwas verändert hat. Immer wieder das gleiche Muster. Schon wieder Stress mit dem Partner, dem Job, den Freunden oder der neuen Wohnung.
All das können Sie sich ersparen, denn der ganze Ansatz basiert auf einem großen Missverständnis. Doch zunächst zum zweiten Stressbewältigungs-Klassiker:
Stressmanagement – um mit Stress besser umzugehen
Die meisten Stresstheorien gehen davon aus, dass Belastungen von außen (äußere Stressoren) nicht notwendigerweise Stress verursachen. Erst die innere Reaktion eines Menschen ist entscheidend, ob und in welchem Ausmaß Stress entsteht. Ihre innere Einstellung, die Interpretation der Situation, persönliche Erwartungen, gefühlte Kontrollmöglichkeiten und verfügbare Bewältigungsstrategien spielen eine große Rolle dabei, ob Sie gestresst sind oder nicht. Es liegt also auch an Ihnen.
In Folge geht es weniger darum, äußere Stressfaktoren zu vermeiden, sondern darum, in der Lage zu sein, Stress gut zu managen: Sie müssen lernen, mit äußeren Stressoren besser umzugehen, um gelassener zu bleiben. Lernen, innere Stressfaktoren zu reduzieren und sich selbst weniger Stress zu machen. Und Strategien entwickeln, um entstandenen Stress möglichst gut bewältigen bzw. schnell wieder abbauen zu können.
Praktisch schaut das beispielsweise so aus: Sie besuchen ein Zeit- und Selbstmanagement-Seminar, gewöhnen sich an, Aufgaben zu delegieren und öfter Nein zu sagen, reduzieren Ihre perfektionistischen Ansprüche, treiben Sport, praktizieren Yoga, meditieren, nutzen Atemtechniken, trinken Gelassenheitstee, arbeiten ein Trauma auf, klopfen1 Ihren Stress weg, lernen gewaltfrei zu kommunizieren, schreiben Dankbarkeitslisten und so weiter.
Es gibt unzählige Ansätze, um Stress zu managen. Alles, was Ihnen guttut, Freude macht und hilft, ist durchaus dienlich. Interessante „Begleiterscheinungen“ gibt es jedoch auch bei diesem Lösungsversuch. Folgende zwei Phänomene tauchen in meiner Coaching-Praxis am häufigsten auf:
Das „Eigentlich weiß ich, aber …“-Phänomen
Bei den wenigsten Menschen mangelt es an Wissen darüber, was sie tun könnten und verändern müssten. Bei den meisten hapert es an der Anwendung und Umsetzung. Strategien, Tools und Techniken bleiben ungenutzt in der Gedankenschublade, selbst wenn wir sie dringend bräuchten.
Dieses Phänomen fiel mir das erste Mal vor vielen Jahren bei einem Meditationskurs auf. Ich hockte dort mit zehn anderen Teilnehmern und wir alle wollten etwas gegen den Stress in unserem Leben unternehmen. Jeder wünschte sich mehr innere Ruhe, Gelassenheit und Frieden. Am Schluss der ersten Stunde forderte uns unser Meditationslehrer auf, in der kommenden Woche jeden Tag fünfzehn Minuten einfach nur mit geschlossenen Augen still zu sitzen. Mehr nicht.
Beim nächsten Treffen fragte der Lehrer, wie es uns allen denn so ergangen sei mit dem Stillsitzen. Betretenes Schweigen. Keiner hatte die Hausaufgabe gemacht. Bei der Frage „Warum nicht?“ waren wir uns alle einig: „Keine Zeit, zu viel Stress.“
Absurd, oder? Jein. Die meisten stressgeplagten Menschen haben ohnehin gefühlt viel zu wenig Zeit oder Energie, um all ihre To-dos zu erledigen. Zeitaufwendige Stressmanagement-Taktiken fallen dann – oft mit schlechtem Gewissen – unter den Tisch.
Bewährte Techniken oder Strategien sind außerdem oft wirkungslos. Sagen wir, Sie sind gestresst und wollen meditieren. Kaum sitzen Sie, rattern all die Dinge durch Ihren Kopf, die heute noch zu erledigen sind. Von innerer Stille und Ruhe ist keine Rede. Im Gegenteil, Sie werden immer unruhiger. Schon ist der Meditationsversuch wieder gestrichen.
Das „Stress mit dem Stressmanagement“-Phänomen
Eine meiner Yogaschülerinnen war regelmäßig gestresst, sobald sie die Yogaklasse am Montag in der Früh versäumte – gefühlt war für sie die restliche Woche im Eimer.
Sich Stress zu machen oder sogar Schuldgefühle zu haben, wenn das persönliche „Stressmanagement-Programm“ ausfällt, wirkt wie Öl im Feuer. Sich zu bestimmten Dingen zu quälen und zu zwingen, in der Hoffnung, dadurch am Ende des Tages weniger Stress zu haben, ist ebenso kontraproduktiv. Absurd wird es, wenn vor lauter Stressmanagement das Leben zu kurz kommt. Das letzte Anti-Stress-Buch, das ich las, verordnete mir zehn (!) Techniken, die ich täglich (!) anwenden musste, um weniger Stress zu haben. Äh?
Manche Menschen arbeiten ständig an sich – lesen zig Bücher, besuchen Kurse und suchen dauernd nach neuen Ansätzen, um besser zu leben. Sie vergessen dabei, zwischendurch lockerzulassen, die Zügel aus der Hand zu geben und das Leben einfach zu genießen.
Stress aushalten und positiv sehen
No pain, no gain2. Als Personal Trainerin war das meine Standardfloskel, um meine Schützlinge zum Weitermachen zu motivieren. Muskeln wachsen nur, wenn wir uns anstrengen. Wenn wir nicht aufgeben und auch die letzten schweren, fast unmöglichen Wiederholungen durchhalten. Im Fitnesstraining und Bodybuilding ist etwas Wahres dran an den Worten „No Pain, no gain“. Dieser schlaue Spruch ist allerdings für viele Menschen zu einer allgemeingültigen Lebensweisheit geworden. Wer Erfolg haben möchte, muss eben Stress aushalten und Schmerz in Kauf nehmen, heißt es. Wer daran glaubt, versucht den Stress zu besiegen, indem er härter, zäher und widerstandsfähiger wird und so etwas wie „Stressmuskeln“ entwickelt. Frei nach dem Motto: Was mich nicht umbringt, macht mich stärker.
Viele Menschen sind überzeugt, dass Stress notwendig ist, um sich zu entwickeln, zu wachsen und besser zu werden. Für erstaunlich viele ist er sogar ein Statussymbol und ein Zeichen von Wichtigkeit. Stress mit all seinen Begleiterscheinungen zeigt, dass jemand engagiert, beschäftigt und gefragt ist. Genügend Vorgesetzte denken, dass ihre Mitarbeiter eben reinbeißen müssen, um die geforderte Leistung zu bringen. Die zunehmenden Burnout-Zahlen sprechen eine andere Sprache. Mit dieser „Durchbeißen“-Parole gehen häufig unangenehme bis lebensbedrohliche Nebenwirkungen einher:
Warnsignale übergehen
Wer meint, Stress aushalten und sich durchbeißen zu müssen, übergeht oft die Warnsignale des Körpers. Dass der Stress zu viel war, wird manchen erst bewusst, wenn sie mit Blaulicht, Einsatzhorn und Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert werden. Selbst im Fitnessbereich und im Bodybuilding ist hinlänglich bekannt, dass das richtige Maß an Pausen und Regeneration das Um und Auf ist, damit Muskeln wachsen. Und „Schmerz“ im Training bedeutet keineswegs, echte Schmerzen aushalten zu müssen und Warnsignale des Körpers zu übergehen, die vor Verletzungen und Überlastungen warnen. Gemeint ist lediglich, die eigene Komfortzone zu verlassen und ein Muskelbrennen mit einem leichten Unwohlsein in Kauf zu nehmen – und zwar für eine kurze (!) Zeit.
Ihre Innenwelt spielt auf Dauer nicht mit
Selbst wenn äußerlich alles in Ordnung zu sein scheint, schaut das Innenleben bei den „Harten“ oft anders aus. Sie haben scheinbar alles im Griff und geben „ein gutes Bild“ ab, aber innerlich plagen sie Ängste, Unruhe, Sorgen oder eine Leere, die sie sich selbst kaum eingestehen können. Diese Kluft überbrücken viele mit Essen, Alkohol, Shoppen oder anderen Kompensationsstrategien.
Fehlbestellung beim Universum
Menschen mit einer „Stress ist gut“-Einstellung zeigen eine moderatere und deutlich kürzere Stressreaktion als Menschen, die denken, Stress macht krank. Das belegen mittlerweile wissenschaftliche Untersuchungen. Dass Stress mit dem Stress die Situation verschlimmert, leuchtet wohl jedem ein. Der Glaubenssatz „Stress ist gut“ ist aber quasi eine Absichtserklärung an das Universum, Stress haben zu wollen. Die Frage ist, ob Sie das wirklich möchten. Oder bevorzugen Sie eine stressbefreite Alternative?
Abnehmende Produktivität
Stressbefreit erfolgreich sein. Das klingt für viele Ohren wie aus einem Märchen der Brüder Grimm. Fakt ist, Stress macht nicht erfolgreich. Unter Stress leidet auf Dauer nicht nur Ihre Gesundheit, sondern auch Ihre Produktivität, Ihre Kreativität und Ihre Problemlösungskompetenz. Auch das belegen zahlreiche Studien. Je größer der Stress, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Sie schlechte Entscheidungen treffen. Außerdem verschlechtern sich Ihre Kommunikationsfähigkeiten und Ihre Fähigkeiten, mit anderen Menschen konstruktiv zusammenzuarbeiten.
Mit anderen Worten, im Dauerstress können Sie unmöglich Ihre Spitzenleistung bringen.
So viel zu den Klassikern der Stressbewältigung. Noch einmal zur Klarstellung: Alle drei Zugänge und die damit verbundenen Ansätze, Strategien und Tipps können mehr oder weniger hilfreich sein, um mit Stress besser umzugehen.
Beim Credo „Stress hat man eben und wir müssen lernen, ihn zu vermeiden, zu managen bzw. auszuhalten“ wird aber kaum mehr infrage gestellt, ob Stress wirklich ein notwendiges Übel ist, mit dem wir in der heutigen Zeit unweigerlich zu tun haben und mit dem wir zurechtkommen müssen.
Was, wenn Stress in Wahrheit gar nicht sein muss?
Was, wenn es die Option gibt, mitten im Alltag frei zu sein von Druck, Ängsten und Sorgen?
Lassen Sie uns herausfinden, wie das möglich werden kann.
Ich male mir grundsätzlich alles in 100 verschiedenen
Szenarien aus, um auf alles vorbereitet zu sein.
Und dann passiert Nr. 101.
Was ist überhaupt Stress? Stress ist das, was Stresssysteme aktiviert. So lautet eine einfache Definition. „Die Stressreaktion ist eine durch die Evolution geformte, sehr schnelle Anpassungsmöglichkeit des Körpers an auftretende Gefahrensituationen, mit dem Ziel, das Überleben zu sichern.“ So steht es in Wikipedia. Stress ist also steinalt und eine gesunde Reaktion unseres Körpers.
Begeben wir uns auf eine kleine Zeitreise zu unseren Vorfahren in die Steinzeit. Sie waren Jäger und Sammler, die sich vor Feinden in Acht nehmen mussten. Damals war es keine Seltenheit, dass ein hungriges Raubtier oder ein speerschwingender Krieger aus dem Gebüsch sprang, und unsere Vorfahren mussten in Nullkommanichts bereit sein, zu fliehen oder anzugreifen. Wer nicht auf Bedrohungen achtete und nicht angemessen darauf reagierte, bezahlte mit seinem Leben.
Stellen Sie sich vor, Sie verlassen Ihre lauschige Steinzeithöhle, wandern auf der Suche nach Nahrung durch die Steppe und plötzlich bäumt sich ein zähnefletschender Säbelzahntiger vor Ihnen auf. Schneller als Sie denken können schaltet Ihr Körper sein Überlebensprogramm ein und tut alles, was nötig ist, um Sie aus der Gefahrenzone zu befördern. Maßgeblich daran beteiligt ist der Sympathikus, auch sympathisches Nervensystem genannt. Unwillkürlich – ohne dass Sie das willentlich beeinflussen können – mobilisiert der Sympathikus Ihr gesamtes System. Das Stresshormon Adrenalin, das die sogenannte Kampf-oder-Flucht-Reaktion auslöst, wird ausgeschüttet. Die Atmung beschleunigt sich. Ihr Herz schlägt schneller. Der Blutdruck steigt. Mehr Blut wird durch den Körper gepumpt, der Energielieferant Glukose freigesetzt, der Blutzuckerspiegel schießt in die Höhe und Insulin sorgt dafür, dass die Glukose aus dem Blut in die Zellen kommt. Auf diese Weise haben Sie die Kraft, entweder mit der Raubkatze zu kämpfen oder um Ihr Leben zu rennen. In jedem Fall ist Ihr Stress relativ schnell wieder vorbei. Durch den Kampf oder die Flucht wird das Adrenalin abgebaut und sofern Sie die Gefahr heil überstehen, können Sie sich in aller Ruhe von der Strapaze erholen. So viel wie heute gab es ja in der Steinzeit noch nicht zu tun.
An dieser Stelle kommt der beruhigende Teil Ihres Nervensystems ins Spiel: der Parasympathikus – auch als Ruhenerv oder Erholungsnerv bezeichnet. Er sorgt dafür, den Organismus wieder in einen ausgeglichenen und entspannten inneren Zustand zu bringen. Der Atem beruhigt sich. Der Herzschlag verlangsamt sich. Die Muskeln entspannen sich. Außerdem lässt die psychische Spannung nach, das Tunneldenken hört auf und die emotionale Befindlichkeit verbessert sich. Sobald die innere Balance wiederhergestellt ist, sind Sie in einem ausgeglichenen, entspannten, energiereichen, aktionsbereiten und lockeren Zustand. Das macht Ihr Körper von alleine.
Über das Zusammenspiel von Sympathikus und Parasympathikus strebt der Körper nach einem optimalen Verhältnis zwischen Spannung und Entspannung. Wir brauchen beide Seiten, schließlich wollen wir unser Leben nicht nur entspannt im Bett verbringen. Doch je höher die Sympathikus-Aktivierung, desto mehr Stress empfinden wir. Je länger und intensiver eine Stressphase ist, desto eher schlägt sie auf die Gesundheit.
Die beiden Stresshormone Adrenalin und Cortisol spielen hier eine wichtige Rolle. Dieses Gefühl, wenn Adrenalin in den Körper einschießt, kennt jeder. Erst unlängst spazierte ich in Gedanken versunken auf dem Gehsteig, als aus heiterem Himmel eine Katze vor meine Füße sprang. Schreiend und mit klopfenden Herzen rannte ich auf die Straße. Auch das arme Tierchen hatte einen Schock. Müßig zu erwähnen, dass es keine Raubkatze war. Gestern im Kaffeehaus, während ich genüsslich meinen Soja-Latte-Macchiato trank und zufällig aus dem Fenster schaute, entdecke ich einen Parksheriff. Vor meinem Auto. Mit einem Strafzettel in der Hand. Schreiend und mit klopfenden Herzen rannte ich auf die Straße. (Im Gegensatz zur Katze blieb der Sheriff leider unerschrocken.) Zweimal Adrenalin pur. Sie wissen, wie sich das anfühlt.
Adrenalin ist das Hormon für akuten Stress. Den Stress, der plötzlich einsetzt und nicht lange dauert. Vereinfacht gesagt ist Adrenalin ein schnelles, kurzfristiges Aufputschmittel. Rasch gebildet und rasch wieder abgebaut, sobald es seinen Job erfüllt hat.
Bei länger anhaltendem Stress spielt ein anderes Hormon die Hauptrolle: Cortisol. Dieses Stresshormon schützt den Körper davor, zu lange unter einem zu hohen Adrenalinspiegel zu stehen und sorgt gleichzeitig dafür, dass wir auch eine längere Stressphase gut überstehen. Cortisol ist quasi ein „Durchhaltemittel“. Genauso wie Adrenalin ist es lebensnotwendig und hat eine wichtige Funktion im Körper. Es hilft uns in der Früh aus dem Bett zu kommen und schenkt uns Kraft, um den Anforderungen des Tages gerecht zu werden. Wenn wir allerdings unter Dauerstress stehen und der Cortisolspiegel ständig hoch ist, wird es kritisch.