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Rick Warren

Kirche
mit Visionen

Gemeinde, die den
Auftrag Gottes lebt

Originaltitel:
Purpose-Driven Church


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© 1995 by Rick Warren
Published by Zondervan Publishing House,
Grand Rapids, Michigan 49530, USA

© 2010 der deutschen Neuauflage
by Gerth Medien GmbH, Asslar,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München

1. Auflage 2010

ISBN 978-3-96122-432-6

Die Bibelstellen wurden, soweit nicht anders angegeben, der Einheitsübersetzung entnommen.

Übersetzung: Claudia Uhlenberg
Umschlaggestaltung: Hanni Plato
Umschlagfoto: Getty Images
Satz: Die Feder GmbH, Wetzlar

Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit Genehmigung des Verlages.

Ich widme dieses Buch den Pastoren auf der ganzen Welt, die zwei Berufungen haben:
Hirten, die treu und liebevoll in Gemeinden dienen, die nicht groß genug sind, um ihnen eine vollbezahlte Stelle anzubieten.
Sie sind in meinen Augen die wahren Helden des Glaubens.
Möge dieses Buch Sie ermutigen.

Ich widme dieses Buch auch den Professoren an theologischen Seminaren und Universitäten:
den Ausbildern, die dazu berufen sind, die nächste Generation von Pastoren vorzubereiten.
Was für eine ehrfurchtgebietende, heilige Aufgabe haben Sie doch!
Möge Gott Ihren Dienst segnen und ehren.

Schließlich widme ich dieses Buch den Pastoren und Mitarbeitern, die mit mir in der Saddleback Church gewirkt haben.
Es ist für uns ein großes Abenteuer gewesen.
Ich liebe euch von Herzen.

Inhalt

Vorwort

Stimmen zum Buch

Auf geistlichen Wellen surfen

Teil 1
Den großen Zusammenhang sehen

Kapitel 1: Die Geschichte von Saddleback

Kapitel 2: Mythen über wachsende Gemeinden

Teil 2
Wie man zu einer auftragsbestimmten Gemeinde wird

Kapitel 3: Was bestimmt Ihre Gemeinde?

Kapitel 4: Das Fundament einer gesunden Gemeinde

Kapitel 5: Definieren Sie Ihren Auftrag

Kapitel 6: Kommunizieren Sie Ihren Auftrag

Kapitel 7: Organisieren Sie Ihre Gemeinde auf ihren Auftrag hin

Kapitel 8: Setzen Sie den Auftrag um

Teil 3
Bemühen Sie sich um die Menschen in der »Gesellschaft«

Kapitel 9: Wer ist Ihre Zielgruppe?

Kapitel 10: Finden Sie heraus, wen Sie am besten erreichen können

Kapitel 11: Entwickeln Sie Ihre Strategie

Teil 4
Holen Sie die Menschen aus Ihrem Umfeld in die Gemeinde

Kapitel 12: Wie zog Jesus Menschenmengen an?

Kapitel 13: Gottesdienst kann ein Zeugnis sein

Kapitel 14: Gestalten Sie einen auf Suchende ausgerichteten Gottesdienst

Kapitel 15: Die Musikauswahl

Kapitel 16: Predigen für kirchendistanzierte Menschen

Teil 5
Die Gemeinde aufbauen

Kapitel 17: Wie Besucher zu Gemeindemitgliedern werden

Kapitel 18: Den Mitgliedern bei der Entwicklung zur Reife helfen

Kapitel 19: Wie Mitglieder zu Mitarbeitern werden

Kapitel 20: Gottes Auftrag für Ihre Gemeinde

Materialien

Anhang

Vorwort

zur deutschsprachigen Ausgabe

von »Kirche mit Vision«

Vielleicht kennen Sie die Geschichte: Zwei Waldarbeiter wollen einen Wald abholzen. Der eine macht sich sofort an die Arbeit, der andere setzt sich erst einmal in aller Ruhe hin, um seine Säge zu schärfen. Dies macht den ersten ziemlich nervös. Er arbeitet wie besessen weiter, bis er sich schließlich ärgerlich umwendet und sagt: »Hör mal, wir haben keine Zeit für solche Spielereien! Siehst du denn nicht, dass wir noch einen ganzen Wald zu fällen haben?«

Was uns bei der Betrachtung dieser kleinen Geschichte sofort deutlich wird, übersehen wir im Gefecht des Gemeindealltags nur allzu häufig: Es ist keine Zeitvergeudung, sondern Zeitgewinn und Kräfteersparnis, von Zeit zu Zeit innezuhalten und unsere Säge zu schärfen. In Prediger 10,10 heißt es: »Wenn ein Eisen stumpf wird und an der Schneide ungeschliffen bleibt, muss man mit ganzer Kraft arbeiten. Aber Weisheit bringt Vorteil und Gewinn.« Und doch nehmen sich viele Mitarbeiter, ob ehrenamtliche oder hauptamtliche, dazu oft nicht die Zeit. Sie sind einfach zu beschäftigt. Die missionarische Aufgabe, die Anforderungen der Gemeindearbeit oder was auch immer sind einfach zu groß.

Ich habe in den letzten Jahren kein wirkungsvolleres Instrument kennengelernt, in puncto Gemeindeaufbau meine Säge zu schärfen, als dieses nun endlich auch auf Deutsch vorliegende Buch. Es lohnt sich wirklich, innezuhalten und die Zeit zu investieren, die es braucht, um seine fast 400 Seiten zu lesen. Rick Warrens zupackender Stil macht es dem Leser dabei nicht allzu schwer. Ich habe mich bei der Lektüre keine Minute gelangweilt und meine zeitweise etwas abgenutzte »Säge« war danach wieder absolut scharf.

Normalerweise werden Bücher über Gemeindeaufbau keine Bestseller. Aber Rick Warrens Buch hat alle Rekorde gebrochen, die man sich vorstellen kann. In den ersten 7 Monaten nach Erscheinen erlebte es in den USA 21 Auflagen und war bereits in sieben Sprachen übersetzt. Bis heute wurden bereits 280000 Exemplare des Buches verkauft. Es wurde bei seinem Erscheinen vor drei Jahren »Buch des Jahres« in Amerika. Auch wenn Rick Warren derzeit in Deutschland noch ein relativ unbeschriebenes Blatt ist, bin ich mir sicher, dass sein Buch auch hier seinen Weg gehen wird.

Als ich Rick fragte, was dieses Buch von anderen Gemeindeaufbaubüchern unterscheidet, gab er mir eine verblüffende Antwort. Er sagte: »Schau, wenn du in einen Laden gehst und einen Computer kaufen willst, kannst du eine verwirrende Vielzahl von Rechnern finden. Du kannst einen Compaq kaufen, eine IBM-Maschine oder ein Modell von Dell oder was weiß ich alles – nur eines haben all diese Rechner gemeinsam: einen winzig kleinen Prozessor von der Firma Intel. Und das ist das Geheimnis meines Buches: Es ist sozusagen der ›Intel-Chip‹ des Gemeindeaufbaus!«

»Intel inside!« – Rick Warren erhebt den nicht gerade bescheidenen Anspruch, den »Chip« gefunden zu haben, nach dem der Gemeindeaufbau in jeder Gemeinde, egal welcher Prägung und Denomination, funktioniert. Doch ich war in der Tat erstaunt, wie viel von dem, was er als Baptist schreibt, auch für mich als Lutheraner übertragbar ist. Trotz unterschiedlicher Kultur (zwischen Amerika und Deutschland liegen manchmal Welten) und völlig anderer Kirchenstrukturen (hier Volkskirche, dort Freiwilligkeitskirche) führt auch für uns in Deutschland kein Weg an Warrens Grundthese vorbei: »Kirche mit Vision«.

Rick Warrens Buch überrascht durch einen völlig neuen Ansatz. Während andere Gemeindeaufbaubücher oft sehr pragmatisch von Detailfragen vorgehen (»Wie man…«) oder die Basisprinzipien des Gemeindeaufbaus herausarbeiten (Christian Schwarz), setzt Warren bei der Bestimmung der Kirche an: Wofür ist Kirche überhaupt da? Das Ergebnis ist eine Gemeinde, die ihre Kraft und Schönheit daraus empfängt, dass sie sich ganz von ihrem Zweck und Auftrag her versteht und ganz auf diesen Zweck bezieht.

Dabei sind es keineswegs die »alten Kamellen«, die Rick Warren in seinem Buch beschreibt. Ich glaube, ich habe auf nahezu jeder Seite etwas Neues gelernt. Da ich selbst seit Jahren aktiv Gemeindeaufbau betreibe, eine Vielzahl von Vorträgen über dieses Thema halte und mit der einschlägigen Literatur wohlvertraut bin, hat mich das doch sehr erstaunt. So beschloss ich nach Lektüre des Buches, folgende Dinge zu tun:

 es sofort noch einmal zu lesen;

 so viel wie möglich in meiner eigenen Gemeinde umzusetzen;

 in die USA zu fliegen, um Rick und seine Gemeinde kennenzulernen;

 mein eigenes geplantes Buch zum Thema »Gemeindeaufbau« vorerst zurückzustellen und stattdessen

 alles dafür zu tun, dass dieses Buch so bald wie möglich in deutscher Sprache erscheint.

Mit Erscheinen der deutschsprachigen Ausgabe von »Kirche mit Vision« ist auch der letzte Punkt meines Vorhabens erfüllt. Ich wünsche dem Buch in Deutschland jenen durchschlagenden Erfolg, den es in anderen Ländern gehabt hat – und zwar um unserer Gemeinden willen!

Klaus Douglass

Stimmen zum Buch

Das Buch von Rick Warren »Kirche mit Vision« eignet sich trotz des amerikanischen Hintergrundes sehr gut für deutsche Leser. Gerade im postkirchlichen Bereich sind wir noch immer zu sehr durch das »monarchische« Pfarramt geprägt. Es geht darum, ganz neu Teamarbeit einzuüben und so möglichst viele aktive Christen zum Dienst des Gemeindeaufbaus zu motivieren. Hierzu bietet Rick Warren eine Fülle brauchbarer Anregungen. Dennoch ist sein Buch nicht rein pragmatisch geschrieben, sondern zeigt in solider Weise biblische Hintergründe und praktisch-theologische Reflexion. (Dr. Rolf Hille, Deutsche Evangelische Allianz)

Rick Warren stellt in seinem Buch »Kirche mit Vision« das gegenwärtig wohl überzeugendste US-amerikanische Programm auftragsorientierten Gemeindeaufbaus vor. Übersichtlich und anschaulich erläutert er Prinzipien und »Vision« der von ihm geleiteten Saddleback-Gemeinde in Südkalifornien.

Zu Recht betont er nachdrücklich die Bedeutung des kulturellen Kontextes für den Gemeindeaufbau. Deshalb wird zwar in dem durch Landeskirchen geprägten Deutschland eine direkte Übernahme seines Programmes nicht möglich sein, aber – neben dem biblischen Fundament und der Verpflichtung auf Zeitgemäßheit – sind viele seiner praktischen Anregungen auch für den deutschen Gemeindeaufbau bereichernd. Vor allem das Bemühen, den Menschen in ihrer Verschiedenartigkeit gerecht zu werden, ist beeindruckend. Deshalb sind diesem Buch auch in Deutschland viele Leserinnen und Leser zu wünschen. (Prof. Dr. Christian Grethlein, Westfälische Wilhelms-Universität Münster)

Das Buch »Kirche mit Vision« ist für mich persönlich das beste Gemeindeaufbaubuch der letzten Jahre. Kein Wunder, dass es sich 300.000 Mal verkauft hat. Ich arbeite seit über zweieinhalb Jahren mit diesem Werk. Rick hat vieles gründlich durchdacht, recherchiert und auf den Punkt gebracht. Er ist kein Schmalspurdenker und ein exzellenter Motivator. Lasst doch wenigstens mal ein Buch auf jeder Seite Recht haben, ohne es mit kritisch analytischem, problemorientertem Seziermesser zu verunstalten! (Andreas Herrmann, Pastor des Christlichen Zentrums Wiesbaden [CZW])

Rick Warren geht vom biblischen Auftrag der Gemeinde aus und landet bei einem überzeugenden Modell von »Kirche für andere«. Dieses Buch ist randvoll mit übertragbaren Einsichten für gesundes Gemeindewachstum. Der Entwurf der Saddleback-Gemeinde hat alle Stärken des Willow-Creek-Ansatzes zu bieten, führt in seiner Ausgewogenheit aber darüber hinaus. Was hier vorgestellt wird, ist das Modell einer Gemeinde für Kirchendistanzierte, die nicht in den Kinderschuhen des Glaubens stecken bleibt. Dies wird für die nächsten Jahre das wichtigste Buch zum Thema »evangelistischer Gemeindebau« auf dem deutschen Markt werden. (Prof. Dr. Helge Stadelmann, Rektor der Freien Theologische Akademie Gießen)

»Kirche mit Vision« ist sehr einfach und praxisbezogen geschrieben und beschreibt offen und ehrlich auch die Probleme, die es gibt und gab. Und dennoch macht es auf jeder Seite Mut und gibt hilfreiche Handhabung für die eigene Gemeindetätigkeit. Gleichzeitig drängt es dem Leser niemals die eigenen Einsichten auf. Das macht mir seinen Autor neben allem, was mich in Erstaunen versetzt, auch noch sehr sympathisch. Alle, die mit Gemeindeleitung zu tun haben, werden sehr von der Lektüre dieses Buches profieren. (Klaus Eickhoff, Werk für Evangelisation und Gemeindeaufbau, Österreich)

»Kirche mit Vision« ist für jede Gemeindesituation passend, weil es auftragsorientiert entwickelt ist und nicht nur erfolgsorientiert. Die Gemeindearbeit nach diesem Buch wird nicht wirkungslos bleiben, wenn auch die positiven Auswirkungen je nach örtlichen Gegebenheiten unterschiedlich ausfallen können. Dieses Buch erübrigt manches andere auf diesem Sachgebiet, wenngleich dadurch andererseits selbst belesene, sachkundige Gemeindepraktiker nützliche Ergänzung ihres Wissens bekommen. Es ist nicht nur die Beschreibung einer herausragenden Einzelerfahrung, sondern eine systematische Auswertung von biblischen Grundeinsichten, die sich in der Praxis vielfach bewährt haben. Ich bin überzeugt, dass dieses Buch auch in Deutschland zum Standardwerk im Rahmen der praktischen Theologie werden kann. (Wolfgang Schulze, Bundessekretär im Bund Freier evangelischer Gemeinden)

Mich fasziniert an der Saddleback-Gemeinde und ihrem Leiter Rick Warren, wie er zielorientiertes strukturiertes Arbeiten mit sensibler Geistesleitung verbindet. Ein Schlüsselsatz von ihm ist: »Hört auf, um Gottes Segen zu bitten für das, was ihr tut, und beginnt, das zu tun, was Gott bereits segnet!« Gleichzeitig hat Rick Warren keine Angst, ziel- und bedürfnisorientiert Programme, Strukturen und Methoden zu verwenden, die es ermöglichen sollen, die Geistesgaben der Gemeindeglieder optimal zu entfalten, einzusetzen und für Evangelisation und Gemeindebau nutzbar zu machen. Ich bin überzeugt, dass jede Unternehmung, wenn sie von Gottt gesegnet sein soll, Zielorientiertheit und Hören auf Gott verbinden muss. Bei der Saddleback-Gemeinde sehen wir, wie diese Symbiose praktisch aussehen könnte. Allerdings ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass man statt den allgemeingültigen Prinzipien die Programme, Stragegien und Methoden kopiert, ohne den lokalen Kontext zu berücksichtigen. Allen, die sich dieser Gefahr bewusst sind, kann ich das Buch nur herzlichst zum Studium und zu einer der Situation angepassten Umsetzung empfehlen. (Hanspeter Nüesch, Campus für Christus)

Wer den neuen Stern am Horizont, Rick Warren, entdeckt, dem gehen Lichter auf. Ein Stern, der strahlt vor biographischen Erfahrungsberichten in unkonventioneller Sprache. Ein Stern, der glänzt durch Praxisnähe, orientiert am Mitarbeiter, an der Gesellschaft, an Trends und Tendenzen. Ein Stern, der leuchtet durch praktische, nachvollziehbare, umsetzbare Tipps zu Gemeindeaufbau und zur Gemeindeleitung. Ein Buch, durch das die Gemeinden zwar nicht wie Sternschnuppen vom Himmel fallen, aber durch das ein Griff nach den Sternen schon zu erwarten sein dürfte. Ein Buch, durch das neue Sterne am deutschen Gemeindehimmel aufgehen und alte Sterne in neuem Glanz erscheinen könnten. (Prof. Dr. Jörg Knoblauch, Unternehmer)

Rick und Kay Warren – das heißt »Bibel live«! Die persönliche Berufung zum missionarischen Gemeindedienst gepaart mit einer profunden missionstheologischen Ausbildung inklusive strategischer Forschung und erwartungsvollen Gebeten für die Gemeindegründung mit/für kirchen- und gottesferne(n) Menschen in Orange County/Los Angeles führten zu dieser »Kirche mit Vision« für viele neue Christen. Welch ein Geschenk und eine Ermutigung für den heutigen Bau des Reiches Gottes – bewusst biblisch, leidenschaftlich für Jesus und kulturell konseqent! Das ist nachvollziehbar für Deutschland! (Wilfried Bohlen, Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden)

Das Buch »Kirche mit Vision« hat das Potenzial, unseren Gemeinden Perspektive zu geben. Die Ortsgemeinde sowie die Verantwortlichen, welcher Prägung auch immer, werden dazu ermutigt, sich in ihrer Zielsetzung ausschließlich am Auftrag Jesu zu orientieren. Wer dieses Buch ernst nimmt, kann nicht wie bisher weiterarbeiten – er und seine Gemeinde werden verändert und weit über die Landesgrenzen hinweg zum Segen für die Völker werden. (Fritz Schuler, Missionsleiter von Operation Mobilisation)

Modellorientierte Beschreibungen über den eigenen Weg zur Gemeindeentwicklung gibt es viele – Rick Warrens Buch ist mir eines der liebsten. Seine Beispiele greifen zwar auf seinen eigenen, höchst individuellen Weg zurück, aber die Prinzipien, die er vermittelt, gelten für jeden. Sein Stil ist zwar persönlich, warmherzig und mutmachend, aber seine Thesen sind die reinste Provokation. Wenn jemand lernen möchte, was »natürliche Gemeindeentwicklung« in der Praxis bedeuten kann: Rick Warren beschreibt genau dies. (Christian A. Schwarz, Institut für natürliche Gemeindeentwicklung)

Auf geistlichen Wellen surfen

Ich bin doch der Herr, dein Gott,
der das Meer aufwühlt,
dass die Wellen tosen.

Jesaja 51,15

Südkalifornien ist bekannt für seine Strände. Hier wurden die Musik der Beach Boys, Strandpartys und natürlich das Surfen populär. Auch wenn das Surfen bei den meisten amerikanischen Kids vom Skateboardfahren abgelöst worden ist (da sie keine Gelegenheit zum Surfen haben), ist der wahre Sport in Südkalifornien immer noch populär. Viele unserer Schulen bieten Kurse im Surfen an.

Beim Unterricht im Surfen wird man Ihnen alles beibringen, was Sie darüber wissen müssen: wie Sie die richtige Ausrüstung wählen, wie Sie das Brett richtig benutzen, wie Sie eine Welle erkennen, auf der Sie »reiten« können, wie Sie eine Welle erwischen und sich so lange wie möglich auf ihr halten können und, das ist das Wichtigste, wie Sie die Welle wieder verlassen, ohne von ihr umgeworfen zu werden. Aber es wird nie eine Unterrichtseinheit geben mit dem Titel »Wie man eine Welle macht«.

Surfen ist die Kunst, auf den Wellen zu reiten, die Gott gemacht hat. Gott macht die Wellen, die Surfer reiten nur auf ihnen. Kein Wellenreiter versucht sich daran, selbst Wellen zu schaffen. Wenn keine Wellen da sind, dann geht man an diesem Tag eben nicht zum Surfen! Wenn Surfer aber eine richtig gute Welle sehen, dann tun sie alles, um so lange wie möglich auf dieser Welle reiten zu können, auch wenn das vielleicht heißt, mitten in einem Sturm zu surfen.

Viele Bücher und Konferenzen über Gemeindewachstum fallen in die Kategorie »Wie man eine Welle macht«. Sie versuchen, eine Welle des Geistes Gottes zu produzieren, indem sie Tricks, Programme und Marketingtechniken anwenden, die Wachstum schaffen sollen. Aber Wachstum kann nicht von Menschen herbeigeführt werden! Nur Gott bewirkt es, dass seine Gemeinde wächst. Nur Gott kann auf ausgetrocknetem Boden neues Leben sprießen lassen. Nur Gott kann Wellen machen – Wellen der Erweckung und Wellen geistlicher Offenheit.

So sagte Paulus über die Gemeinde in Korinth: »Ich habe gepflanzt, Apollos hat gegossen, Gott aber ließ wachsen« (1 Kor 3,6; Hervorhebung durch den Autor). Achten Sie auf das Konzept der Partnerschaft, das sich darin ausdrückt: Paulus und Apollos haben ihren Teil getan, aber Gott hat das Wachstum hervorgerufen. Die Souveränität Gottes ist ein Faktor, der in fast der gesamten aktuellen Literatur über Gemeindewachstum übersehen wird.

Unsere Aufgabe als Gemeindeleiter ist es, ähnlich der Aufgabe von Profisurfern, eine Welle des Geistes Gottes zu erkennen und auf ihr zu reiten. Es liegt nicht in unserem Verantwortungsbereich, Wellen zu schaffen, sondern wir sollen erkennen, wie Gott in der Welt arbeitet, und ihn bei diesem Unterfangen unterstützen.

Wenn man Surfern vom sicheren Ufer aus zusieht, scheint es ziemlich leicht zu sein, die Wellen zu erwischen. In Wirklichkeit ist es aber relativ schwer und erfordert große Geschicklichkeit und Balance. Auch eine geistliche Welle zu erwischen ist nicht leicht. Man braucht dazu mehr als nur den bloßen Wunsch oder Hingabe an diese Aufgabe; es ist Einsicht, Geduld, Glaube, Geschicklichkeit und vor allem Gefühl für das Gleichgewicht notwendig. Wenn man eine wachsende Gemeinde leitet, sieht das vielleicht ebenso wie das Wellenreiten für Uneingeweihte leicht aus, aber es ist nicht leicht. Es erfordert die Beherrschung verschiedener Fertigkeiten.

In unserer Zeit schafft Gott Welle für Welle aus Menschen, die bereit sind, das Evangelium anzunehmen. Aufgrund der Fülle von Problemen in unserer Welt scheinen mehr Menschen für das Evangelium von Jesus Christus offen zu sein als zu irgendeiner anderen Zeit im letzten Jahrhundert. Leider verpassen wir die geistlichen Wellen, die Erweckung, Gesundheit und ein explosionsartiges Wachstum unserer Gemeinden bringen könnten, weil unsere Gemeinden die dazu benötigten Fertigkeiten nicht gelernt haben.

In unserer Gemeinde in Saddleback haben wir nie versucht, eine Welle zu erschaffen. Das ist Gottes Arbeitsbereich. Aber wir haben versucht, die Wellen zu erkennen, die Gott uns über den Weg geschickt hat, und wir haben gelernt, wie wir uns von ihnen tragen lassen können. Wir haben gelernt, die richtige Ausrüstung zu benutzen, um auf diesen Wellen zu reiten, und wir haben die Bedeutung des richtigen Gleichgewichts erkannt. Wir haben auch gelernt, abebbende Wellen zu verlassen, wenn wir gespürt haben, dass Gott etwas Neues tun wollte. Das Erstaunliche daran ist: Je mehr Geschick wir darin entwickeln, auf Wellen des Wachstums zu reiten, umso mehr wird Gott davon schicken!

In meinen Augen leben wir in der für christliche Gemeinden aufregendsten Zeit der Geschichte. Noch nie dagewesene Gelegenheiten und wirkungsvolle Technologien stehen uns für unsere Gemeinden zur Verfügung. Wichtiger noch, wir erfahren heute in vielen Teilen der Erde eine Bewegung des Heiligen Geistes, wie sie noch nie dagewesen ist. Heute kommen mehr Menschen zum Glauben an Jesus Christus als zu irgendeiner anderen Zeit in der Geschichte.

Ich glaube, dass Gott Wellen von Gemeindewachstum an jeden Ort sendet, an dem sein Volk vorbereitet ist, auf ihnen zu reiten. In diesem Moment existieren die größten Gemeinden in der Geschichte der Christenheit. Die meisten von ihnen sind nicht in den Vereinigten Staaten. Auch wenn es spannend ist, die Geschichten von diesen Gemeinden zu hören, glaube ich doch, dass die größten Gemeinden erst noch entstehen werden. Vielleicht sind gerade Sie die Person, die Gott in diesem Sinn gebrauchen möchte.

Gottes Geist wirkt kraftvoll in Wellen rund um die ganze Welt. Ich bete zu Beginn jeden Tages: »Vater, ich weiß, dass du heute einige unglaubliche Dinge auf deiner Welt tun wirst. Gib mir bitte das Vorrecht, an etwas von dem beteiligt zu sein, was du tun wirst.« Mit anderen Worten: Gemeindeleiter sollten aufhören zu beten: »Herr, segne das, was ich tue«, und stattdessen anfangen zu beten: »Herr, hilf mir, das zu tun, was du segnest.«

In diesem Buch werde ich einige der Vorgehensweisen und Prozesse herausarbeiten, die Gott gebraucht, um diese Generation für Christus zu erreichen. Ich denke nicht einmal im Traum daran, Ihnen beibringen zu wollen, wie man eine Welle des Geistes erzeugt. Das steht außerhalb unserer Möglichkeiten. Aber ich kann Sie lehren, wie man erkennt, was Gott tut, und wie man geschickter darin werden kann, auf einer Welle von Gottes Segen zu reiten.

Das Problem bei vielen Gemeinden liegt darin, dass sie mit der falschen Frage beginnen. Sie fragen sich: »Was wird unsere Gemeinde zum Wachsen bringen?« Dieser Frage liegt ein falsches Verständnis zugrunde. Das ist, als würde man sagen: »Wie können wir eine Welle machen?« Stattdessen müssen wir uns fragen: »Was hindert unsere Gemeinde daran zu wachsen?« Welche Hindernisse blockieren die Wellen, die Gott uns über den Weg schicken will? Welche Barrieren und Fallstricke stehen dem Wachstum im Weg?

Alle lebendigen Dinge wachsen – wir müssen sie nicht erst zum Wachsen bringen. Lebende Organismen wachsen ganz natürlich, wenn sie gesund sind. Zum Beispiel muss ich meinen drei Kindern nicht befehlen zu wachsen. Sie wachsen auf ganz natürliche Weise. Solange ich Hindernisse wie mangelnde Ernährung oder eine ungesunde Umgebung ausschalte, so lange werden sie automatisch wachsen. Sollten meine Kinder nicht wachsen, dann ist etwas ganz fürchterlich schiefgelaufen. Mangelndes Wachstum weist in der Regel auf eine ungesunde Situation hin, unter Umständen auch auf eine Krankheit.

Das Gleiche gilt auch für die Gemeinde, die ebenfalls ein lebendiger und somit ganz natürlich ein im Wachstum begriffener Organismus ist. Die Gemeinde ist ein Körper, kein Unternehmen. Sie ist ein Organismus und keine Organisation. Sie ist lebendig. Wenn eine Gemeinde nicht wächst, dann stirbt sie.

Wenn ein menschlicher Körper aus dem Gleichgewicht gerät, nennen wir das Krankheit, Unwohlsein des Körpers. Auch wenn der Leib Christi, die Gemeinde, aus dem Gleichgewicht gerät, entsteht Krankheit. Viele dieser Krankheiten lassen sich anhand der sieben Gemeinden im Buch der Offenbarung illustrieren und benennen. Gesundheit gibt es erst dann, wenn alles im Leben eines Organismus wieder zurück ins Gleichgewicht gebracht wurde.

Die Aufgabe der Leiterschaft einer Gemeinde ist es, wachstumshemmende Krankheiten und Hindernisse zu entdecken und zu entfernen, sodass ein natürliches, normales Wachstum stattfinden kann. Vor mehr als achtzig Jahren hat Roland Allen in seinem Buch über Mission, das mittlerweile zu einem Klassiker geworden ist, diese Art von Wachstum die »spontane Expansion der Gemeinde« genannt. Von dieser Art Wachstum berichtet auch die Apostelgeschichte. Erlebt Ihre Gemeinde spontanes Wachstum? Wenn diese Art von Wachstum in einer Gemeinde nicht stattfindet, dann sollten wir uns fragen, was der Grund dafür ist.

Ich glaube, dass der Schlüsselgedanke für Gemeinden im 21. Jahrhundert die Gesundheit der Gemeinde sein wird, nicht das Wachstum der Gemeinde. Das ist es auch, worum es in diesem Buch wirklich geht. Wenn man sich einzig auf das Wachstum ausrichtet, verfehlt man das Eigentliche. Wenn Gemeinden gesund sind, dann wachsen sie so, wie Gott es beabsichtigt hat. Gesunde Gemeinden brauchen keine besonderen Tricks, um zu wachsen – sie wachsen ganz natürlich.

Paulus erklärte das so: »Von ihm her wird der ganze Leib zusammengehalten und versorgt, damit er zur vollen Größe emporwächst, wie es Gott gefällt« (Kol 2,19; Begegnung). Beachten Sie, Gott möchte, dass seine Gemeinde wächst. Wenn Ihre Gemeinde von Grund auf gesund ist, dann brauchen Sie sich keine Sorgen über ihr Wachstum zu machen.

Beobachtungen aus zwanzig Jahren

In den vergangenen zwanzig Jahren habe ich wachsende Gemeinden studiert, unabhängig davon, welche Größe sie hatten. Auf meinen Reisen als Bibellehrer, Evangelist und später als Trainer von Pastoren habe ich Hunderte von Gemeinden auf der ganzen Welt besucht. Bei jeder Gelegenheit habe ich mir Notizen darüber gemacht, warum manche von ihnen gesund und wachsend waren und warum andere ungesund waren, stagnierten oder im Sterben lagen. Ich habe mit Tausenden von Pastoren gesprochen und habe Hunderte von Gemeindeleitern, Professoren und Leiter der einzelnen Denominationen zu ihren Beobachtungen in Gemeinden befragt. Vor Jahren habe ich die einhundert größten Gemeinden in Amerika angeschrieben und ein Jahr damit verbracht, ihre Arbeit zu untersuchen. Ich habe fast alle Bücher über Gemeindewachstum gelesen, die zu dem Thema erschienen sind.

Ich habe sogar noch mehr Zeit darauf verwendet, das Neue Testament durchzuarbeiten. Ich habe es immer wieder gelesen, habe es durch die »Gemeindewachstums-Brille« betrachtet, immer auf der Suche nach wiederkehrenden Prinzipien, Mustern und Vorgehensweisen. Das Neue Testament ist das großartigste Buch über Gemeindewachstum, das je geschrieben wurde. Im Hinblick auf die wirklich wichtigen Dinge ist es unübertrefflich. Es ist die »Gebrauchsanweisung des Herstellers« für die Gemeinde schlechthin.

Ich habe mich auch immer gerne mit der Geschichte der Kirche beschäftigt. Ich finde es amüsant, dass viele Konzepte, die man heute mit dem Etikett »innovativ« oder »zeitgemäß« belegt, überhaupt keine neuen Ideen sind. Alles erscheint neu, wenn man die Geschichte ignoriert. Viele Methoden, die man heute als »völlig neuen Ansatz« etikettiert, wurden bereits in der Vergangenheit in einer nur wenig veränderten Form angewandt. Manche von ihnen haben funktioniert, andere nicht. Es ist eine altbekannte Wahrheit, dass wir am Ende die gleichen Fehler machen werden wie die Menschen vor uns, wenn wir das ignorieren, was wir aus der Vergangenheit lernen können.

Am meisten habe ich aber dadurch gelernt, dass ich bei dem zusehen konnte, was Gott in der Gemeinde getan hat, die ich leite. Hier habe ich eine Ausbildung erfahren, die mir kein Buch, kein Seminar und kein Professor je hätte geben können. 1980 habe ich die Saddleback Valley Community Church in Orange County (Kalifornien) gegründet und die folgenden fünfzehn Jahre damit verbracht, die Prinzipien, Vorgehensweisen und Praktiken, die in diesem Buch vorgestellt werden, zu erproben, anzuwenden und zu verbessern. Wie ein Forschungs- und Entwicklungszentrum haben wir dabei mit allen möglichen Ansätzen experimentiert, um Menschen für Gott zu erreichen, sie zu lehren, auszubilden und auszusenden. Saddleback diente als »Versuchslabor« für all das, was in diesem Buch beschrieben wird. Die Ergebnisse sind sehr erfreulich und haben, wie ich glaube, Gott Ehre gemacht. Ich bin immer wieder überwältigt von Gottes Kraft, ganz gewöhnliche Menschen auf außergewöhnliche Weise zu gebrauchen.

Ich habe zwanzig Jahre damit gewartet, dieses Buch zu schreiben, weil ich es nicht vor der Zeit schreiben wollte. Stattdessen habe ich die Konzepte gefiltert und ihnen Zeit gegeben, sich zu entwickeln und zu reifen. Nichts in diesem Buch ist reine Theorie. Das Letzte, was wir jetzt brauchen, ist eine weitere Theorie über Gemeindewachstum. Was wir brauchen, sind Antworten auf reale Probleme, Antworten, die sich in konkreten Gemeindesituationen als wirksam erwiesen haben.

Die Prinzipien, die in diesem Buch beschrieben werden, sind immer wieder getestet worden, nicht nur in der Saddleback Church, sondern auch in vielen anderen auftragsbestimmten Gemeinden aller Größen, Formen, Denominationen und an verschiedenen Orten. Wenn die meisten Beispiele aus Saddleback stammen, dann liegt das nur daran, dass mir unsere Gemeinde am vertrautesten ist. Fast jeden Tag erhalte ich Briefe aus anderen Gemeinden, die das Paradigma der auftragsbestimmten Gemeinde angewendet haben und die in der Lage waren, auf den Wellen des Wachstums zu reiten, die Gott ihnen über den Weg hat rollen lassen.

Mit besonderer Sympathie für die Pastoren

Dieses Buch richtet sich an alle, die zum Wachstum ihrer Gemeinde beitragen wollen, aber da ich Pastor bin, ist auch mein Schreibstil natürlich beeinflusst vom Blickwinkel eines Pastors auf andere Pastoren. Ich entstamme einer langen Reihe von Pastoren. Mein Urgroßvater ist in London durch Charles Spurgeons großartige Arbeit zum Glauben gekommen und kam in der Pionierzeit als Wanderprediger in die Vereinigten Staaten.

Sowohl mein Vater als auch mein Schwiegervater waren Pastoren. Beide haben kürzlich ihr fünfzigjähriges Dienstjubiläum gefeiert. Meine Schwester ist mit einem Pastor verheiratet und ich habe einen Teil meiner Kindheit auf dem Campus einer theologischen Hochschule verbracht, an der mein Vater lehrte. So kommt es, dass ich eine tiefe Liebe für Pastoren habe. Ich bin gerne mit ihnen zusammen. Ich fühle mit ihnen, wenn sie Verletzungen erfahren. Ich glaube, dass sie die am meisten unterschätzten Leiter in unserer Gesellschaft sind.

Meine größte Bewunderung gilt den Tausenden von nicht vollzeitlich angestellten Pastoren, die sich noch mit einem zweiten Beruf über Wasser halten, damit sie ihre Gemeinden betreuen können, die zu klein sind, um sie mit einem vollen Gehalt zu versorgen. Das sind in meinen Augen die Helden des Glaubens. Sie werden große Ehre im Himmel erhalten. Weil ich in der glücklichen Lage war, Trainingsmöglichkeiten und Erfahrungen zu bekommen, die ihnen verschlossen sind, fühle ich eine Verpflichtung, mit ihnen in diesem Buch zu teilen, was ich gelernt habe.

Auch bin ich der Ansicht, dass sich Pastoren an den für Veränderung strategisch wichtigen Punkten befinden, um den Problemen unserer Gesellschaft wirksam begegnen zu können. Sogar viele Politiker kommen zu dem Schluss, dass eine geistliche Erneuerung der einzige Ausweg aus der jetzigen gesellschaftlichen Misere sei. Vor Kurzem las ich in der Zeitschrift American Enterprise die folgende Aussage von William Bennett, einem ehemaligen Kabinettsmitglied: »Die meisten ernsten Probleme, die unsere Gesellschaft heute bedrohen, betreffen die Moral, das Verhalten und geistliche Dinge; aus diesem Grund sind sie außerordentlich resistent gegenüber Regierungsmaßnahmen.« Es ist schon eine besondere Ironie der Geschichte, dass viele Christen zu einer Zeit, in der Politiker eine geistliche Lösung fordern, sich so verhalten, als könne die Politik allein die Lösung unserer Probleme bringen. Während es keinen Zweifel daran gibt, dass der moralische Niedergang in unserer Gesellschaft ein Schlachtfeld hinterlassen hat, so lässt sich auch nicht bestreiten, dass er uns ein unglaubliches Missionsfeld bereitet hat! Wir müssen uns daran erinnern, dass Christus auch für diejenigen gestorben ist, die heute jenseits aller christlichen Kultur beheimatet sind.

Es ist ein großes Vorrecht und eine eindrucksvolle Verantwortung, Pastor einer lebendigen Ortsgemeinde zu sein. Wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass Pastoren die beste Chance haben, eine Veränderung in unserer Welt zu bewirken, dann würde ich etwas anderes machen; ich habe nicht die Absicht, mein Leben für etwas Sinnloses zu verschwenden.

In unserer Zeit ist die Aufgabe eines Pastors um ein Vielfaches komplexer als noch vor einer Generation. Sogar unter den besten Voraussetzungen ist der Dienst unglaublich schwierig. Aber es gibt auch viel mehr Hilfsmittel und Möglichkeiten, die Sie bei Ihrer Aufgabe unterstützen, wenn Sie das wollen. Der Schlüssel liegt darin, nie mit dem Lernen aufzuhören.

Wenn Sie Gemeindeleiter sind, dann bete ich, dass dieses Buch Sie ermutigt. Ich hoffe, dass es sowohl lehrreich als auch inspirierend für Sie sein wird. In den Büchern, die mir am meisten geholfen haben, waren die bloßen Fakten mit Begeisterung gemischt. Mein Wunsch ist es, dass Sie sich nicht nur die Prinzipien herauspicken, die ich hier darstelle, sondern auch die Leidenschaft, die ich für Gottes Auftrag im Hinblick auf seine Gemeinde erfahre.

Ich liebe die Gemeinde Jesu von ganzem Herzen. Trotz aller ihrer Fehler (aufgrund unserer Sündhaftigkeit), ist sie immer noch das wunderbarste Konzept, das jemals erschaffen wurde. Sie ist nun schon seit zweitausend Jahren Gottes auserwähltes Segensinstrument. Sie hat beständigen Missbrauch, schreckliche Verfolgung und weitverbreitete Missachtung überlebt. Übergemeindliche Organisationen und andere christliche Gruppen kommen und gehen, aber die Gemeinde wird für die Ewigkeit bestehen. Sie ist es wert, dass wir unser Leben für sie hingeben, und sie verdient unser Bestes.

»Das habe ich schon gehört!«

Während Sie dieses Buch lesen, werden Sie sicher auf Konzepte stoßen, von denen Sie denken: Das habe ich schon gehört. Ich hoffe, dass Sie das schon gehört haben! Dieses Buch enthält viele Prinzipien, die ich in den vergangenen fünfzehn Jahren in den »Auftragsbestimmten Gemeinde-Seminaren« an über 22.000 Gemeindeleiter weitergegeben habe. Außerdem haben Pastoren aus 42 verschiedenen Ländern und sechs verschiedenen Denominationen die Seminarkassetten bestellt, sodass einige der Konzepte heute gut bekannt sind.

In meinem Bücherregal stehen mehr als ein Dutzend Bücher von Leuten, die ich ausgebildet habe und die meine Gedanken vor mir in Buchform dargelegt haben. Das macht mir nichts aus. Wir spielen alle in derselben Mannschaft. Solange Pastoren dadurch weitergeholfen wird, finde ich das sogar gut. Ehrlich gesagt habe ich auch deshalb zwanzig Jahre damit gewartet, weil ich einfach zu viel zu tun hatte, um dieses Buch zu schreiben!

Mehr als einhundert Doktorarbeiten sind über das Wachstum der Saddleback Church geschrieben worden. Wir wurden von weit klügeren Köpfen, als ich es bin, seziert, examiniert, analysiert und summiert. Sie fragen vielleicht: »Ist denn nicht schon genug geschrieben worden? Warum denn noch ein weiteres Buch?« Ich hoffe, mit diesem Buch das Leben einer wachsenden Gemeinde auch aus einer Insiderperspektive zeigen zu können. Was jemand, der eine wachsende Gemeinde von außen betrachtet, erkennt, erklärt in der Regel nicht die wahren Gründe für das Wachstum.

Sie haben gelernt, dass Erfahrung klug macht. Aber es ist noch klüger, von den Erfahrungen anderer zu lernen. Außerdem ist es weniger schmerzhaft! Das Leben ist zu kurz, um alles aus persönlicher Erfahrung lernen zu wollen. Sie können eine ganze Menge Zeit und Energie einsparen, wenn Sie von anderen die Erfahrungen übernehmen, die diese auf die harte Tour gelernt haben. Das ist der Zweck von Büchern wie diesem. Ich freue mich, wenn ich Ihnen die Schmerzen ersparen kann, die wir durchmachen mussten, als wir diese Grundsätze durch Ausprobieren gelernt haben.

Wenn ein Surfer ins Wasser fällt, weil er eine Welle nicht richtig erwischt hat, dann gibt er deshalb nicht gleich das Surfen auf. Er paddelt wieder hinaus auf den Ozean, um auf die nächste große Welle zu warten, die Gott schicken wird. Eines habe ich bei erfolgreichen Surfern festgestellt: Sie sind ausdauernd.

Sie haben vielleicht schon ein paar Stürze ins Wasser während Ihres Dienstes erlebt. Bei mir war das der Fall. Sie haben vielleicht ein paar Wellen verpasst. Das bedeutet aber nicht, dass Sie aufgeben sollten. Das Meer ist nicht ausgetrocknet. Im Gegenteil, gerade in dieser Zeit bereitet Gott in der Welt die besten Wellen, die ich je gesehen habe. Es ist meine Hoffnung, quasi als »Surfkollege«, ein paar Tipps geben zu können, wie man auf dem »wellenreiten« kann, was Gott in seiner Welt tut. Lassen Sie uns versuchen, eine Welle zu erwischen.

Teil 1

Den großen Zusammenhang sehen