Handbuch zur Haltung glücklicher Hühner
Überarbeitet und ergänzt von
Philipp Unterweger, Esther Schrode,
Wolf-Dietmar und Ursula Unterweger
Leopold Stocker Verlag
Graz – Stuttgart
Umschlaggestaltung:
Werbeagentur Rypka GmbH, 8143 Dobl/Graz, www.rypka.at
Titelbilder: Umschlag Vorderseite: Dr. Wolf-Dietmar Unterweger;
Umschlag Rückseite: 1. Bild oben: Ursula Unterweger; 2. Bild v. oben: Dr. Philipp Unterweger; die restlichen Bilder Dr. Wolf-Dietmar Unterweger.
Bildnachweis: Dr. Philipp Unterweger: S. 18, 23, 26, 34, 35, 128; Ursula Unterweger: S. 2, 16, 29, 33, 62, 64, 65, 67, 102 oben, 103 oben, 109 oben, 110; Dr. Wolf-Dietmar Unterweger: alle weiteren Bilder. Skizzen: Dr. Wolf-Dietmar Unterweger: S. 32, 46, 47, 48, 56, 68, 137; Dr. Philipp Unterweger: S. 31, 45, 49, 66, 74, 99, 123. Farbabbildungen der Hühnerrassen: Mit freundlicher Genehmigung von Jakob Relowsky: S. 86 rechts unten, 92 rechts oben; Stammbaum der Rassehühner, S. 79: Wilfried Detering, mit freundlicher Genehmigung von Frau Katherine Detering; Max Holdenried, Malmsheim: alle anderen, mit freundlicher Genehmigung von Marianne Holdenried. Text: Dr. Wolf-Dietmar Unterweger und Dr. Philipp Unterweger, 88489 Wain.
Der Inhalt dieses Buches wurde von den Autoren und vom Verlag nach bestem Gewissen geprüft, eine Garantie kann jedoch nicht übernommen werden. Die juristische Haftung ist ausgeschlossen.
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ISBN 978-3-7020-1790-3
eISBN 978-3-7020-1852-8
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Die Alternative zur Käfig- und Massentierhaltung ist das eigene Huhn im Garten
Hühnerleben im Großelternland
Der Hahn im Korb
Eier legen die Hennen nicht, um die Ernährung des Menschen zu bereichern, sondern zur Erhaltung ihrer Art
Die Brutlust – Typische Glucklaute
Manchmal ist der Weg zurück ein großer Fortschritt
Im Freien leben
Der Besitz von Hühnern ist gelebte Nahrungssouveränität
Gesetzliche Bestimmungen für die Hühnerhaltung im eigenen Garten
in Deutschland, Österreich und in der Schweiz
Ein Auszug der gesetzlichen Vorgaben für Deutschland von PROVIEH
Für Österreich gilt zusätzlich
Für die Schweiz gilt zusätzlich
Der einfache Einstieg in die Hühnerhaltung
Das Hühnerhalten – Rahmenbedingungen
Welches Huhn passt zu mir – die Qual der Wahl
Ziele der Hühnerhaltung
Die Umgebung und Gartengröße
Der Stall
Hühnerhaltung in Stadt und Dorf
Der Hühnergarten
Der Hühnergarten – Funktionen
Der Hühnergarten – Struktur und Ökologie
Der Hühnergarten – Anlage und Bau
Ohne Zaun kein Garten
Zur Herstellung eines Staketenzaunes
Begleitflora am Gartenzaun stehen lassen
Zäune zur Aufwertung des Dorf- und Stadtbildes
Die Gartenfläche
Die Gartenfläche korreliert mit der Stallfläche
Ein paradiesischer Zustand
Freier Auslauf – klein besser als kein
Das tägliche Sandbaden
Schützen und nützen
Deckungsplätze schaffen
Futter und Tränke im Auslauf
Hygienische Anforderungen an den Stallausgang und den Vorplatz des Hühnerstalles
Der Hühnerstall
Welcher Stall passt zu unseren Hühnern?
Der Stall im Gebäude
Der Kleinstall
Der Mobilstall
Der klassische Hühnerstall
Der Kleinviehstall
Die wichtigsten Faktoren für den Stall
Die Voliere
Standort
Stallbau
Die Stallgröße
Der Stall – hühnergerecht und menschengerecht
Der Baukörper
Die Wände
Der Anstrich und Verputz des Stalles
Das Dach und die Decke
Die Be- und Entlüftung des Stalles
Licht und Fenster
Sonnenlicht – Fenster – Drahtgitter
Die künstliche Beleuchtung
Die Türe
Das Hühnerschlupfloch
Selbstöffner – Selbstauslaufklappe für Frühaufsteher
Zusätzlicher Kälteschutz des Hühnerstalles im Winter
Die Inneneinrichtung
Das Übernachten auf den Sitzstangen und die Kotablage
Sitzstangen in gleicher Höhe schaffen Frieden unter dem Hühnervolk
Nester
Die Nester sollten möglichst nebeneinander sein
Fallennester – um die Eier den entsprechenden Hennen zuzuordnen
Europa-Nest
Futter- und Trinkstelle
Holztröge
Grünfütterung
Der Grit
Die Einstreu zum Scharren
Einstreu
Das Anschaffen von Hühnern
Die Züchtung der Rassen
GEH, VEGH und PSR
Die Vielfalt der Hühnerrassen
Das Bankivahuhn (Gallus gallus) – Stammhuhn der Rassehühner
Alte und gefährdete Haustierrassen
Altsteirer
Andalusier
Appenzeller Barthühner
Appenzeller Spitzhauben
Augsburger
Barnevelder
Bergische Kräher
Bergische Schlotterkämme
Brakel
Deutsche Lachshühner
Deutsche Langschan
Deutsche Reichshühner
Deutsche Sperber
Dominikaner
Hamburger
Italiener
Krüper
Lakenfelder
Mechelner
Minorka
Niederrheiner
Orpington
Ostfriesische Möwen
Ramelsloher
Rheinländer
Sachsenhühner
Schweizer Hühner
Sulmtaler
Sundheimer Hühner
Thüringer Barthühner
Vorwerkhühner
Westfälische Totleger
Wyandotten
Welche Rasse?
Zur Anschaffung
Der Kauf von befruchteten Eiern
Ein Blick in den Stall
Brutfieber
Die Brutdauer beträgt durchschnittlich 21 Tage
Kauf von Eintagsküken
Der Kauf von Junghennen
Der Kauf von legereifen Hühnern
Das Frühjahr, der günstigste Zeitpunkt, um mit der Hühnerhaltung zu beginnen
Es gibt nichts Schöneres, als eine Glucke mit Küken im Garten
Hühnerfütterung und Pflege
Die Hühnerfütterung
Auf die Futterwünsche der Hühner eingehen
1 Teil Eiweiß – 4 bis 5 Teile Fett und Kohlenhydrate
Ausgewogene Futtermischung selbst herstellen
Fertige Futtermischungen aus dem ökologischen Landbau
Abendliche Körnerfütterung
Antibiotika verboten
Sauberes und frisches Wasser
Frisches Weichfutter
Die Pflege der Tiere
Der Sporn
Der Schnabel
Die Krallenpflege
Das verrupfte Huhn
Das Stutzen der Flügel
Kalkbeine
Die Pflege des Hühnergartens
Hygiene
Mahd
Gehölze
Strukturelemente
Die Stallpflege
Das Misten
Das Putzen
Das Desinfizieren
Das Streichen
Die Urlaubsvertretung
Die Brut – natürliche und künstliche Nach- und Aufzucht
Die Naturbrut
Das Nest wird vorbereitet
Die Glucke setzen
Der Blick ins Nest
Die menschliche Fürsorge
Eier schieren
Abgestorbene und unbefruchtete Eier aus dem Nest nehmen
Das Schwemmen
Schierlampen im Handel erhältlich
Die Lungenatmung ist die erste Vorbereitung des Kükens für das Ausschlüpfen
Der Schlupfvorgang nimmt seinen Lauf
Jedes Tier hat ein Recht auf Leben
Die Kunstbrut
Der Fachhandel bietet unterschiedliche Brutapparate an
Zu frühes Füttern schadet den Küken
Ursachen eines Brutfehlers und eines schlechten Schlupfes
Die wohl weitaus häufigste Fehlerursache ist die Temperatur
Rassegerechte Haltung wirkt sich positiv auf die Entwicklung des Sexualverhaltens und der Brutlust aus
Die natürliche Aufzucht
Die Schlüpfphase und die ersten drei Tage sind die wohl wichtigste Zeit im Leben eines Kükens
Die ersten Pick- und Scharrversuche
Schon am 3. Tag können die Küken ins Freie
Die künstliche Aufzucht
Die elektronische Glucke
Die Fütterung und das Tränken der Küken
Futterlockrufe
Kükenstartfutter und Kükenalleinfutter
Wenn die Glucke ausfällt
Das Aufwachsen der jungen Hennen und Hähne
Das Hackrecht
Nun steht fest, wer der Ranghöchste ist
Gemeinsam fressen
Die Aufzucht von Junghähnen
Das Sexualleben von Hahn und Henne
Die Paarung als Akt der Fortpflanzung
Hennen und Hähne bevorzugen zum Kopulieren Tiere ihrer Rasse
Die Henne als Nutztier
Das Ei
Das Eierlegen
Der Herdensuchruf – nach dem Eilegen
Verschiedene Eierfarben
Eier außerhalb der Norm
Die Lagerung des Eies
Das Huhn als Verwerter von Abfällen
Das Huhn als Jäger und Sammler
Die Feder
Der Mist
Das Fleisch
Das Schlachten
Das Rupfen
Das Ausnehmen
Das ganze Tier kann verwendet werden
Soziale Interaktion
Hühnerkrankheiten – Verhütung und Behandlung
Verhütung
Sonnenlicht und Trockenheit
Licht
Klima
Diagnose und Behandlung
Kranke und verletzte Tiere separat unterbringen
1. Embryonal bedingte Krankheiten
2. Vererbte Krankheiten
3. Haltungsbedingte Krankheiten
Federfressen
Zehenpicken und Kannibalismus
Bindehautentzündung
Erfrierungen
Nierenversagen
Hitzschlag
Ballengeschwüre (Ballenabszesse)
4. Virusbedingte Krankheiten
Mareksche Krankheit
Vogelgrippe/Geflügelpest
Leukose
Geflügelpocken
Infektiöse Bronchitis (IB)
Infektiöse Kehlkopf-Luftröhren-Entzündung (Infektiöse Laryngotracheitis/ILT)
Weitere durch Virusinfektionen übertragene Krankheiten:
Infektiöse Bursitis (Gumboro-Krankheit)
Aviäre Encephalomyelitis (AE)/Epidemisches Zittern
5. Infektionen durch Bakterien
Geflügelcholera (Pasteurellose)
Weiße Kükenruhr (Pullorum-Krankheit, Salmonella-Gallinarum-pullorum-Infektion)
Mycoplasmose/Chronische Erkrankung der Luftwege (Chronic Respiratory Disease/CRD)
Paratyphus (Salmonellen)
Geflügeltuberkulose
Ansteckender Geflügelschnupfen (Coryza)
Eileiterentzündungen
Eierstockerkrankungen, Eileitervorfall und Kloakenentzündung
Nabel- oder Dottersackinfektion
6. Erkrankungen durch Pilze
Aspergillose (Schimmelpilzinfektion)
Kammgrind (Favus)
7. Erkrankungen durch Parasiten
Ektoparasiten (Außenparasiten)
Milben
Rote Vogelmilbe (Dermanyssus gallinae)
Kalkbeinmilbe (Kneimidokoptes mutans)
Federlinge
Flöhe, Läuse, Käfer, Fliegen und Zecken
Endoparasiten (Innenparasiten)
Erkrankungen durch einzellige Parasiten (Protozoen)
Kokzidiose (Rote Kükenruhr)
Schwarzkopfkrankheit (Blackhead)
Wurmerkrankungen
Bandwürmer (Cestoden)
Spulwürmer (Ascariden)
Haarwürmer (Capillarien)
Blinddarmwürmer/Pfriemenschwänze (Heterakiden)
Luftröhrenwürmer (Syngamus tracheae)
8. Stoffwechsel- und Nährstoffmangelerkrankungen
Typische Mangelkrankheiten
Vitaminmangelkrankheiten (Avitaminosen)
Vitamin-A-Mangel
Vitamin-D-Mangel
Vitamin-E-Mangel
Vitamin-C-Mangel
Vitamin-B-Mangel
Vitamin-H-Mangel
Stoffwechselerkrankungen
Perosis
Gicht
Knochenweiche (Osteomalazie)
Fettsucht (Fettleber-Syndrom)
9. Erkrankungen durch Vergiftungen
10. Sonstige Erkrankungen
Blutarmut
Brustbeinverkrümmungen
Eierfressen
Verletzungen
Mauser
Eierdefekte, Veränderungen am und im Ei
Kropfverstopfungen
Missbildungen
Bauchwassersucht
Gelbsucht, Herzerkrankungen, innere Krankheiten
Struppfedern
Entzündungen der Bürzeldrüse
Literaturverzeichnis
Bücher
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Hühner bleiben gesund und leistungsfähig, wenn dem Fortbewegungs-, Nahrungsaufnahme-, Köperpflege-, Ruhe-, Paarungs- und Fortpflanzungsverhalten sowie der sozialen Organisation entsprochen wird, indem genügend reichstrukturierter Raum zur Verfügung steht.
Die wohl wichtigste Zeit im Leben eines Kükens sind die ersten drei Tage. Es ist die Zeit der Prägung, in der es unter keinen Umständen von der Glucke entfernt werden sollte. Das Küken prägt sich Stimme, Farbe und Gesicht der Glucke sowie die nähere Umgebung ein.
Eigene Hühner im Garten vor oder hinter dem Haus zu halten, ist für viele Menschen ein Wunschtraum, den sie aus unterschiedlichen Gründen bisher nicht verwirklicht haben; vielleicht auch nicht in die Tat umsetzen können, da gewisse (Lebens-)Umstände dies nicht zulassen.
Um die Entscheidung für das eigene Huhn im Garten leichter zu machen, wollen wir uns noch einmal an glückliches Hühnerleben im „Großelternland“ erinnern. Die Lebensumstände heutiger Hühner haben sich nämlich gegenüber früher – mit Ausnahmen – drastisch geändert.
Bis vor wenigen Jahren gehörten Hühner wie selbstverständlich zum äußeren Erscheinungsbild eines Bauernhofes. Dort hatten sie frische Luft und viel Platz, um sich entfalten zu können. Heute ist es jedoch nicht mehr so leicht, hinter Hecken und Zäunen freilaufendes Federvieh zu entdecken. Allein schon dadurch, dass es Hecken und die mit Holzlatten bewehrten Zäune nicht mehr gibt. Der Fortschritt hat den Hühnern den Lebensraum genommen. Ihr angestammter Bauernhof, ein Ort der Behaglichkeit und friedlicher Lebensgemeinschaft, hat dem modernen Agrarbetrieb Platz gemacht. Die ursprüngliche Form der Legehennenhaltung, die traditionelle Hahn-Hennen-Gemeinschaft in kleiner Zahl, lebt bald nur noch in der Erinnerung fort; eine Form, die seit Jahrhunderten unverändert blieb und ganz selbstverständlich und natürlich war.
Zumindest für die Hühner ist Opas und Omas Hinterhof eine natürliche, lebenswerte Welt.
Tagsüber verließen die Tiere den Stall und streiften im Hof umher. In den angrenzenden Obstbaumwiesen, in der Tenne und auf dem Misthaufen suchten sie sich einen Teil des Futters selbst. Der Tisch war üppig und vielfältig gedeckt. Als Allesfresser fanden sie Samenkörner von Wildkräutern, die zu Großmutters Zeiten noch reichlich im Hofraum und in dessen Umgebung wuchsen. Würmer wurden als Delikatesse besonders gern verspeist. So mancher Regenwurm wurde aus dem Erdreich gezogen und unter lautem Gegacker sogleich verschlungen. Oft war das Gezanke besonders groß, denn vom Teilen hielten die Hennen nicht viel. Anders der Hahn, der all seine Hennen aufmerksam machte und sie förmlich zum Verspeisen des Fundes einlud.
Trotz der stetigen Suche nach Futter, von morgens bis abends, bekamen sie den Kropf nicht voll genug. Die Bäuerin brachte noch Essensreste hinaus, streute mindestens zweimal am Tag eine Schüssel voll Weizenkörner auf den hartgetretenen Vorplatz des Hühnerstalles. An leeren Eierschalen hatten sie ganz besonders große Freude. Diese wurden im Nu aufgepickt; denn der darin enthaltene Kalk sollte weiterhin für festschalige Eier garantieren.
Hühner in einem ländlichen Garten, in dem es noch eine lebensvolle Idylle gibt: Plätze zum Scharren und Picken im Schatten eines Baumes, am Zaun, entlang einer Hecke und auf der Wiese.
Im natürlichen Rhythmus wuchsen die Hennen und Hähne völlig ungestresst zu glücklichen Tieren heran. Sie durften ihre angeborenen Verhaltensweisen voll ausleben.
Es waren Hühner, die ihre naturgemäßen Bedürfnisse, wie Nahrungsaufnahme, Lege-, Brut-, Staubbade-, Ruhe- und Schutzverhalten, rassegemäß befriedigen konnten. Bei Regen, Hitze und Kälte, bei fast jeder Witterung, kamen sie aus dem Stall. Waren die Witterungsverhältnisse einmal ganz extrem, so fanden sie in der Tenne oder im Kuhstall Zuflucht.
Es waren Hennen und Hähne, die noch gackern und krähen durften, wie ihnen der Schnabel gewachsen war.
Hühnerleben im Großelternland findet heute fast nur noch auf Bildern, die uns in (Kinder-)Büchern, Kalendern und der Werbung für Tierprodukte gezeigt werden, statt. Glückliche Hühner – glücklich, weil ihnen das Recht auf ein naturgemäßes Verhalten, auf ein natürliches Leben, nicht vorenthalten wurde.
Die Bilder in diesem Buch zeigen noch glückliche Hühner. Doch mit welchem Recht haben wir ihr glückliches Leben zerstört? „Wer oder was“, um mit den Worten von Astrid Lindgren zu sprechen, „zwingt denn die tierfreundlichen Bauern dazu, eine derartige legale Tierquälerei mitzumachen?“ Sie liefert die Antwort gleich mit: „Gewinnerzielung ist das Schlüsselwort! Es ist die Gewinnerzielung, die so große Opfer erfordert und aus jeder Produktionseinheit mehr und mehr herausholen will.“
Das Hühnerleben heute findet in Legefabriken statt, also nicht mehr auf dem traditionellen Bauernhof, einem Familienbetrieb, wenn es auch in manchen Ländern einen gewissen Prozentsatz an Ausnahmen gibt. Erfreulicherweise ist die konventionelle Käfighaltung in der Schweiz und in allen EU-Mitgliedsstaaten seit 2012 nicht mehr erlaubt. In Deutschland ist sie seit dem Jahre 2010 verboten, allerdings ist leider die Haltung in so genannten Kleingruppenkäfigen oder Kleinvolieren noch bis 2025 möglich. Diese sind für die Hühner dennoch keine Alternative für ein glückliches, freies Leben draußen in der Natur. Neue Käfighaltungen werden bis dahin aber nicht mehr genehmigt.
In den heutigen Legefabriken leben Hühner, an deren Stalltür „Zutritt verboten“ steht, deren Stallungen fensterlos sind, die in Schuppen und Hallen zu Hunderten, oft zu Tausenden, in Bodenhaltung auf engstem Raum zusammengepfercht, zu Legemaschinen degradiert, dahinvegetieren. Hühnerkannibalismus ist bei der extrem hohen Besatzdichte an der Tagesordnung. Es sind verheerende „Lebens“-Umstände: Ein Leben lang angeborene Verhaltensweisen unterdrückt, dadurch andauernde Gesundheitsstörungen. Ventilatorenlärm, niemals frische Luft und Sonne, ständiges Einatmen eigener Dunggase – das versteht man unter der heutigen Hühnerhaltung. Des Weiteren kommt es durch die intensive Geflügelhaltung infolge von hohem Energiebedarf, Einsatz von Chemie und übermäßigem Kotanfall zur schädigenden Belastung der Umwelt.
Es ist bedauerlich, dass noch immer Tiere in Massen gehalten werden, wenn nicht im Käfig, so doch in der Bodenhaltung bei künstlichem Licht.
Aber auch die Haltung von Tausenden von Tieren im „freien“ Auslauf, oft ohne schatten- und schutzspendende Sträucher und Bäume, sodass sich die Hühner nicht trauen, sich weit vom Stallausgang zu entfernen, ist weder art- noch rassegemäß.
Doch erfreulicherweise ist die Verbannung der Hühner noch nicht bei allen Bauern die Regel. Vereinzelt hat sich noch eine Bauernhofidylle jenseits aller Agrarindustrie bis in unsere heutige Zeit hinübergerettet. Dort trifft man diese kleine Hühnerhaltung als ein Relikt vergangenen Landlebens noch an. Ein stolzer Gockel schreitet mit seiner Hühnerschar über den Hof und kräht vom Misthaufen herab. Trotz allem, der Hahn ist nicht zu beneiden. Er hat seine Hühnerschar beisammenzuhalten und muss darauf achten, dass die Hackordnung, die Rangordnung, nicht aus den Fugen gerät. Nur bei rassegerechter Haltung im Freilauf kann er als Hüter und Wächter seines Hühnervolkes seine wichtige Funktion in der Hühnergesellschaft pflichtbewusst erfüllen. Er sorgt für Frieden und Ausgleich innerhalb seiner zänkischen Hennen, zwischen ihm und den Hennen und verteidigt diese und sich selbst gegen Feinde von außen. Unangefochtener Herrscher ist er aber nur, wenn er sich in der sozialen Hierarchie seiner Hühnerschar aufgrund seiner körperlichen Überlegenheit auch wirklich durchgesetzt hat. Dann erst ist er im wahrsten Sinne des Wortes „der Hahn im Korb“. Der soziale Frieden ist unter Hühnern erst wirklich hergestellt, wenn er mit von der Partie ist. Er ist also bei Weitem mehr als nur Zierde und ein unnötiger Fresser auf dem Hühnerhof.
Appenzeller Spitzhauben sind ideal an die Bedingungen im Gebirge angepasst, steigen vorzüglich auf felsigem Grund und können gut fliegen.
Eier für den menschlichen Bedarf, für die Hühner zur Erhaltung ihrer Art.
Ihn wegen seines Krähens vor Gericht zu zitieren, um ihm dieses zu untersagen und abzugewöhnen, oder ihn gar von seiner Hühnerschar zwangszuverbannen, bedeutet mehr als nur eine empfindliche Störung der sozialen Ordnung im Hühnervolk, das sollten die Herren Richter bei ihrer Rechtsprechung mitbedenken. Kirchenglocken dürfen in der Früh nicht mehr zum Tagwerk rufen, Kuhglocken nicht mehr Kurgäste wecken, Kühe auf der Dorfstraße nicht mehr zur Weide getrieben werden und auch den wenigen im Dorf noch verbliebenen Hähnen will man das Krähen verbieten. So weit sind wir auf dem Land gekommen.
Hühner und Hähne haben aber auch noch andere Lebensbedürfnisse. Sie sorgen auf natürliche Weise für Nachkommen. Auch dazu ist es notwendig, dass die Hennen ihren Hahn haben. Der Hahn lebt polygam. Er liebt es und die Hennen akzeptieren es, dass er der Herr über zehn bis fünfzehn Hennen ist. Wenn die Schar größer ist, besteht die Gefahr, dass nicht alle Eier befruchtet werden. Um aber die Eier ausbrüten zu können, müssen für die Hennen eine Vielzahl äußerer Faktoren zusammenkommen, dass die Lust, besser gesagt das Bedürfnis, zum Brüten ausgelöst wird. Je mehr man den Hühnern ihr Leben selbst bestimmen lässt, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Brutlust in den Monaten April bis August in ihnen auch erwacht.
Nach der Eiablage bleibt die Henne, die typische Glucklaute von sich gibt, immer länger auf dem Nest sitzen. Hat sie dann zwölf bis fünfzehn Eier gelegt, das sind so viele, wie sie im Nest mit ihrem Gefieder abdecken und warm halten kann, dann ist bei einer gleichbleibenden Körpertemperatur von 38 bis 40 °C das Wunder nach 21 Tagen vollendet. Aus den Eiern schlüpfen flaumige Küken. Für sie ist es ein Stück harte Arbeit, bis sie die Schalen mit ihrem Eizahn, einem harten Höcker am Oberschnabel, aufgebrochen haben. Die Überraschung ist besonders groß, wenn die Henne die Eier nicht im Hühnerstall ausgebrütet hat, sondern heimlich im Reisighaufen oder im Heustock, und wenn sie Wochen später mit einer Schar kleiner Küken aufmarschiert. Bei tieferen Temperaturen, bei Regen oder in der Nacht finden die kälteempfindlichen Küken unter den Fittichen der Glucke genügend Wärme, aber auch Schutz vor Feinden.
Aus den anfangs possierlichen Tierchen sind nach wenigen Wochen stattliche Hühnerhofbewohner geworden, die scharrend und pickend den ganzen Tag über mit der Glucke von einer Ecke zur anderen unterwegs sind. Die Kleinen werden von ihr so lange geführt, bis sie eines Tages selbständig sind. Sie entfernen sich bei der Futtersuche immer weiter von ihr, um dann, von einer Minute zur anderen, mit heftigen Schnabelhieben von der Mutter verstoßen zu werden. Die heranwachsenden Tiere müssen ihr Leben von nun an selbst organisieren. So jedenfalls hat die Natur die Vermehrung und die artgerechte Entwicklung des Federviehs geplant. Nun beginnt auf dem Bauernhof der Kreislauf des Hühnerlebens wieder von Neuem.
Eine Untugend der Henne ist das Eierverlegen. Das Huhn sucht nicht das im Hühnerstall dafür vorgesehene Nest auf, sondern legt heimlich ihr Ei woanders ab, wie hier im Heustock.
Wenn es Abend wird im Großelternland, sammeln die Kinder die gelegten Eier von den Nestern ein, scheuchen das im Obstgarten aufgebaumte Hühnervolk, das sich vor Füchsen, Mardern und Iltissen in Sicherheit gebracht hat, nach dem Motto „Mancher gibt sich viele Müh’ mit dem lieben Federvieh“ von den Schlafbäumen in den Hühnerstall. So endet mit der hereinbrechenden Dunkelheit der Hühneralltag zu Großmutters Zeiten.
In unserer Erinnerung ist der Bauernhof ein angenehmer Ort lebendiger und gesunder Vielfalt. Dort führen die Hennen und der Hahn in kleinen Scharen ein zufriedenes Leben. Sie können im Freien herumlaufen, aber auch unter Bäumen oder im Stall vor den Unbilden des Wetters Schutz finden. Eine Hühnerschar, bewacht von einem stolzen Hahn, die irgendwo herumscharrt und -pickt, versorgt mit Frischfutter und Körnern; ihre Eier legen einen kurzen Weg bis zum Verbraucher zurück: direkt auf den Tisch der Bauernfamilie, zum Nachbarn, ins Nachbardorf oder zum Markt in die nächste Stadt. Denselben Weg nehmen die geschlachteten Hennen und der Gockel bis zum Kochtopf und in die Bratpfanne. Zu Großvaters Zeiten also ein geringer Energieverbrauch für die Hühnerhaltung und -verwertung.
Anders dagegen verhält es sich in der Massentierhaltung. Ein hoher Energieverbrauch und Materialeinsatz ist dazu erforderlich, was die Umwelt belastet.
Freies Hühnerleben vor einem Bauerngehöft.
Kurzum, die Hühner im Großelternland können sich rassegemäß entfalten. Sie erhalten Grün- und Frischfutter, dem keine Antibiotika zugesetzt werden müssen. Auch ihre Eidotter bedürfen keiner künstlichen Farbstoffe zur Gelbfärbung. Sie legen Eier mit fester Schale, die mehr Vitamine enthalten, als jene der Batteriehennen. Darüber hinaus haben diese Eier eine andere Wirkung auf den Menschen. Unbewusst oder bewusst freuen wir uns über ehrliche Eier und essen sie mit größerem Wohlbehagen.
Das positive Gefühl, das der Verzehr von echten und fairen Produkten hervorruft, sollte nicht unterschätzt und unterbewertet werden. Werden Sie sensibel und erfahren Sie die Ausstrahlung guter Produkte.
Durch Rangordnungskämpfe zur Aufrechterhaltung der Hackordnung angestaute Energien lassen sich auf natürliche Art und Weise durch freie Bewegungsabläufe rasch abbauen. Geselliges Tierleben in normal entwickelter Hackordnung, die fest etabliert ist, wird durch dieses „Im-Freien-Leben“ garantiert.
Nach all dem, was wir über Hühnerhaltung in Massen, in Käfig-, Volieren- und Bodenhaltung wissen, sollte es einem leichtfallen, sich nach dem Motto „Manchmal ist der Weg zurück ein großer Fortschritt – Ich esse diese Eier nicht – Nein, diese Eier ess’ ich nicht“ für die eigene Henne in Kleingruppen im Garten zu entscheiden.
Die gesellschaftliche, politische und ökologische Dimension des Eigenhuhns geht weit über die tiergerechte Haltung hinaus. Es ist ein Beitrag zur Ökologisierung der Ernährung, zur Sicherung privater Existenzen. Zwar hängen in Mitteleuropa die wenigsten Menschen von eigenen Hühnern ab. Dennoch trägt jeder kleine Hühnerbesitzer dazu bei, dass die industrialisierte Landwirtschaft an Marktmacht verliert. Fleisch- und Eierexporte in großem Maßstab zerstören familiäre Existenzen in den Ländern des globalen Südens. Die Globalisierung und Industrialisierung dessen, was im kleinsten Garten funktionieren würde, schafft Armut, Arbeitslosigkeit und Fluchtursachen. Jedes Huhn, das weltweit privat gehalten wird, ist ein Baustein und Garant für Frieden, Freiheit und Zukunft.
Sinn und Zweck dieses Buches ist es also, sich für eine natürliche, klimaschonende und dezentrale Hühnerhaltung zu engagieren, die Voraussetzungen zu schaffen für einen ethisch vertretbaren Umgang mit den Mitgeschöpfen. Angesprochen sollen sich die Personen fühlen, die sich in Wort und Tat für den Tierschutz und Tiernutz engagieren. Die natürliche Hühnerhaltung in kleinen Stückzahlen ist die Antwort auf die Massentierhaltung im Freiland, im Käfig oder auf dem Stallboden. Diese drei Haltungsformen entsprechen nicht dem Drang der Hennen und des Gockels, sich in kleinen Herden zu organisieren. Federtiere wollen Eier legen – so viele, wie sie im Nest bedecken – und danach ihre Küken hudern und im Garten führen können. Diese Art der Vermehrung ist Teil des großen Schöpfungsplanes und sollte von Hühnerhaltern, der gesamten Gesellschaft, den Theologen und den Politikern nicht aus den Augen verloren werden.
Jedermann – sei es der Haus- oder Schrebergartenbesitzer, der Beamte oder der Landwirt, die junge Familie, die Mutter und der Vater oder der Akademiker ebenso wie der Rentner und Invalide, nicht zu vergessen die Kinder – kann sich in größerem oder kleinerem Umfang mit der Hühnerhaltung befassen. Auch der kleine Vermarkter oder auch der „Urlaub auf dem Bauernhof“-Anbieter, die für ihre Gäste und Kunden „glückliche Hühner“ halten wollen, sind ebenso angesprochen. Sie haben die entsprechende Gesetzeslage zu beachten und können die Kosten im Verhältnis zum Ertrag kalkulieren. Dadurch erhält die „Glückliche Hühnerhaltung“ neben ihrer volkswirtschaftlichen eine hohe soziale Bedeutung.
Noch leben diese heranwachsenden Hähne friedlich nebeneinander. Im geschlechtsreifen Alter beginnen die Rangordnungskämpfe. Dann sind sie Störfaktoren eines natürlichen Hühnerlebens. Um andauernden Streit und Stress zu vermeiden, müssen sie voneinander getrennt werden.
Der eine hat als Ziel die Rassegeflügelzucht, um ausschließlich Rassetiere in vollendeter Schönheit zu schaffen. Er betreibt Zucht auf Federn, Kamm, Farbe, Haltung, Form und lässt die Legeleistung und den Fleischansatz außer Acht. Der andere hat Freude am Umgang mit Hühnern in seinem näheren Wohnumfeld.
Dieses Buch richtet sich in der Hauptsache an die Menschen, die Hühner halten wollen, um ihnen ein glückliches, rassegerechtes Leben zu ermöglichen; um ihnen den Weg in die Legebatterien und in die Massentierhaltung als Legehenne und Masthähnchen zu ersparen. Darüber hinaus gewährleistet diese Art der Hühnerhaltung den Erhalt von wohlschmeckenden Eiern sowie auch Fleisch, sofern die Tiere frei umherlaufen dürfen und mit unbelastetem Bio-Futter versorgt werden.
Nicht die Zucht auf Leistung bezüglich Eiern und Fleischmenge ist also Anliegen dieses Buches. Es möchte möglichst viele Menschen, die Gärten und kleine Landflächen zur Verfügung haben, dazu animieren, ein Stück Land- bzw. Gartenfläche, und seien es nur ein paar Quadratmeter, für eine naturverträgliche, tierschutzgerechte Hühnerhaltung zu verwenden. Es soll die entsprechende Hilfestellung geben, das Hühnerhalten mit Erfolg umzusetzen.
Ein nicht minder wichtiges Anliegen dieses Buches ist darüber hinaus, viele Menschen davon zu überzeugen, dass es von großer Bedeutung ist, sich für die Zucht und das Erhalten von Rassehühnern zu engagieren; insbesondere für solche, die auf der Liste der GEH (Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen), der PSR (Pro Specie Rara) und des VEGH (Verein zur Erhaltung gefährdeter Haustierrassen) stehen.
Natürlich, das muss hier deutlich angemerkt werden, ist es für einen Tierschützer leichter, sich in Wort und Bild für Tiere einzusetzen, als die Ideen und Ziele in die Praxis umzusetzen.
Da aber die Hühner eine hohe Anpassungsfähigkeit an ihre Umgebung zeigen, ist es in der Tat einfach, sie zu halten. Dies kommt den Tierschützern bei der Umsetzung ihrer Forderung in der Praxis sehr entgegen. Nicht umsonst wurden Hühner weltweit über Jahrhunderte in verschiedenen Kulturen als Haustiere gehalten, nicht nur von sesshaften Menschen, sondern auch von Nomaden. Die Bilder von Hühnern in Körben, auf Kamelrücken oder frei am Sattel eines Esels hängend, sind uns aus zahlreichen Filmen über Karawanen bekannt.
Die Hühnerhaltung hat generell hauptsächlich drei Ziele: die Gewinnung von Eiern, die Erzeugung von Fleisch und die Züchtung rassespezifischer Tiere.
Mancher gibt sich viele Müh‘
mit dem lieben Federvieh.
Einesteils der Eier wegen,
welche diese Vögel legen.
Zweitens: Weil man dann und wann
einen Braten essen kann.
Drittens aber nimmt man auch
ihre Federn zum Gebrauch.
In den Kissen und den Pfühle,
denn man liegt nicht gerne kühle.
Wilhelm Busch
Bevor man sich mit dem Anschaffen einer bestimmten Hühnerrasse und der Stückzahl beschäftigt, sollte selbstverständlich vorher abgeklärt werden, ob das Halten von Hühnern im Garten grundsätzlich auch erlaubt ist. Wohnt man in Miete, so ist der Vermieter zu fragen. Auch die Gemeinde- bzw. Stadtverwaltung ist dahingehend zu Rate zu ziehen. Ein Gespräch mit den Nachbarn bzw. mit den übrigen Hausbewohnern ist dringend angeraten, damit diese nicht vor den Kopf gestoßen werden. Es ist in jedem Fall ratsam, das Einverständnis dieses Personenkreises einzuholen, bevor man sich Geflügel anschafft. Um Ärger und Streit zu vermeiden, ist es von Vorteil, wenn man sich die Einwilligung schriftlich geben lässt. Immer wieder werden von lärmempfindlichen Personen die Gerichte angerufen, die über die Hühnerhaltung Recht zu sprechen haben. Manch ein Gericht hat das Hühnerhalten verboten, zumindest die Beseitigung des Gockels bewirkt.
Aber auch ausdrücklich im Dorf ist das gelegentliche Übertreten der Grenze in den Nachbargarten erlaubt, da dies dorftypisch sei und immer schon geduldet werden musste. Und heute wird es dem Verlangen nach freilebenden Hühnern gerecht.
In der bundesweit geltenden Baunutzungsverordnung werden ohne baurechtliche Bedenken 4 Hennen und 1 Hahn zu halten erlaubt. Die private Haltung von Hühnern und einem Hahn ist in allgemeinen Wohngebieten zulässig.
Mobile Hühnerställe brauchen keine Genehmigung. Ein feststehender Hühnerstall bedarf der Abklärung mit der Behörde.
Stallanlagen mit Volieren bedürfen einen Mindestabstand zum Nachbargrundstück wie auch zum öffentlichen Weg. Der Bebauungsplan, auch der Flächennutzungsplan sind einzusehen.
Wie es sich in Kleingärten verhält, regelt das Bundeskleingartengesetz.
Wegen des Seuchenrechts und der Haltung der Hühner empfiehlt es sich, mit dem Veterinäramt Kontakt aufzunehmen.
Zum Schutz gegen Krankheiten verlangt der Gesetzgeber zumindest eine regelmäßige Impfung gegen die Newcastle Krankheit (atypische Geflügelpest, Vogelgrippe).
Ebenso kann anderen Krankheiten mit Impfseren vorgebeugt werden (siehe Hühnerkrankheiten – Verhütung und Behandlung, S. 186). Geimpft werden nur gesunde Hühner, kranke und geschwächte Tiere werden nicht geimpft!
Die Verabreichung erfolgt über ein sauberes, von Reinigungsrückständen freies Kunststoffgefäß in sauberem, gut gekühltem Wasser mit einem Chlorgehalt unter 5 mg/l.
Das Impfserum sollte kühl und dunkel aufbewahrt werden, bis es zum Einsatz kommt – Serum keinesfalls in die Sonne stellen!
Um eine schnelle Aufnahme des Impfstoffs sicherzustellen (die Dosis sollte nach spätestens 2 Stunden aufgebraucht sein), sollten die Hühner zuvor einige Stunden ohne Wasser im Stall belassen werden.
Bei Ausbruch von Seuchen ist den Anordnungen der zuständigen Behörden Folge zu leisten.
Was den Einsatz apothekenpflichtiger Arzneimittel betrifft, muss das Arzneimittelrecht beachtet werden. Dies bedeutet, dass der Tierarzt zu Rate gezogen werden muss. Es gilt die Tierhalter-Arzneimittel-Nachweisverordnung. Jeder Hühnerhalter muss Nachweise über den Erwerb sowie die Anwendung von apothekenpflichtigen Arzneimitteln führen.
Lebensmittelrecht – Hygiene geht über alles.
Dazu merkt die Organisation PROVIEH folgendes an:
Wenn Ihre Hühner so fleißig Eier legen, dass Sie welche an Freunde, Bekannte oder andere Eierliebhaber abgeben möchten, sollten Sie zuvor die „Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene vom 29. April 2004“ lesen. Sie schreibt europaweit vor, dass Legehennenhalter mit weniger als 350 Tieren Eier unter folgenden Bedingungen abgeben dürfen:
Die Eier stammen aus eigener Erzeugung und werden an Endverbraucher zum Eigenbedarf abgegeben.
Die Eier dürfen nur ohne Sortierung nach Güte- und Gewichtsklassen abgegeben werden.
Eier müssen unmittelbar nach dem Legen bis zur Abgabe an Verbraucher sauber, trocken und frei von Fremdgeruch gehalten sowie wirksam vor Stößen und vor Sonneneinstrahlung geschützt werden.
Eier müssen bei einer möglichst konstanten Temperatur aufbewahrt und befördert werden.
Das maximale Mindesthaltbarkeitsdatum bei Eiern ist der 28. Tag nach dem Legen.
Eier sind ab dem 18. Tag nach dem Legen bei einer Temperatur von + 5 bis + 8 °C zu lagern oder zu befördern.
Eier dürfen nach Ablauf von 21 Tagen nach dem Legen nicht mehr an Verbraucher abgegeben werden.
Knick- und Brucheier dürfen nicht an den Endverbraucher vermarktet werden.
In der sozialen Hierarchie einer Hühnergesellschaft kommt zuerst der Hahn und dann die Hennen.
Umhüllungen und Verpackungen, die für Lebensmittel wiederverwendet werden, müssen leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein. Eierverpackungen aus Pappkarton erfüllen diese Anforderung nicht und dürfen somit nicht wiederverwendet werden.
Für die Vermarktung von Eiern auf Wochenmärkten gelten gesonderte Vorschriften.
Hühnerschlachtung – ein möglichst schonendes Ende. Dazu meint PROVIEH:
Nicht alle privaten Hühnerhalter bringen es übers Herz, ihre Tiere nach einem glücklichen Freilandleben auch zu töten und zu essen. Das ist verständlich. Wer seine Hühner aber nicht nur der Eier wegen halten will, sollte die „Verordnung zum Schutz von Tieren im Zusammenhang mit der Schlachtung oder Tötung“ (Tierschutz-Schlachtverordnung – TierSchlV) kennen. Sie kommt zum Tragen, wenn Sie Ihre Hühner oder deren Nachwuchs schlachten und verzehren möchten. Anders als bei großen Tieren, wie Schweinen oder Rindern, ist für die Schlachtung von Geflügel zum Eigenbedarf keine tierärztliche Kontrolle oder Fleischbeschau notwendig. Auch die so wichtige Betäubungspflicht ist bei einer Geflügelschlachtung für den Eigenbedarf aus rechtlicher Sicht nicht gefordert, sofern ein schnelles und vollständiges Abtrennen des Kopfes erfolgt. Machen Sie sich aber in jedem Fall und unbedingt vorher sachkundig, denn nur so können Sie bei der Schlachtung Ihrer Hühner sicherstellen, dass den Tieren kein vermeidbares und unnötiges Leid entsteht.