Chemisches Rechnen und Stöchiometrie für Dummies
Chemisches Rechnen und Stöchiometrie für Dummies
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1. Auflage 2019
© 2019 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
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Coverfoto: Stefanie Ortanderl
Korrektur: Petra Heubach-Erdmann
Print ISBN: 978-3-527-71305-9
Chemie wird stets als »exakte Wissenschaft« bezeichnet, denn man befasst sich mit sehr konkreten (wenngleich sehr, sehr kleinen) Dingen: mit Atomen, Ionen, Molekülen und dergleichen mehr. Neben den zahlreichen Theorien und Modellen, ohne die Chemie natürlich nicht auskommt, gilt es stets, auch Experimente durchzuführen: so exakt wie möglich und mit reproduzierbaren Ergebnissen, die dann der Auswertung harren.
Gerade bei den Experimenten und deren Reproduzierbarkeit (ein mehrmals durchgeführtes Experiment sollte, gleiche Bedingungen vorausgesetzt, stets zu exakt dem gleichen Ergebnis führen) ist es natürlich notwendig, die Bedingungen und auch die erhaltenen (Mess-)Ergebnisse mit aller gebotener Sorgfalt zu notieren und gegebenenfalls durchzurechnen.
Um genau derlei Rechen-Aspekte der Chemie geht es in diesem Buch, denn viele Studierende haben, selbst wenn sie die hinter den Experimenten stehenden Theorien und Modelle durchaus verstanden haben, doch ihre liebe Not damit, die entsprechenden Rechnungen
Dabei ist auch die Rechnerei in der Chemie keineswegs Hexenwerk, und sie ist – das ist das Entscheidende hier – viel, viel einfacher, als das gemeinhin angenommen wird. Ein Großteil der in diesem Buch verwendeten Rechenschritte geht nicht über das Niveau von Mittelstufe oder Realschule hinaus: Den Dreisatz etwa wenden Sie beinahe täglich an. Ein einfaches Beispiel: In einem Lebensmittelgeschäft Ihrer Wahl wird das Zwei-Kilo-Paket Nudeln mit einem Preis von € 2,99 als Sonderangebot angepriesen. Daneben stehen die handelsüblichen 500-Gramm-Pakete für € 0,69. Lohnt es sich, auf das Sonderangebot einzugehen? – Nein, denn wenn Sie vier 500-Gramm-Pakete kaufen, zahlen Sie für die (dann insgesamt) zwei Kilogramm Nudeln nur € 2,76, das vermeintliche Sonderangebot ist also eine Mogelpackung.
So, war das schwierig? – Schwieriger wird das Rechnen in diesem Buch nicht. Na gut, früher oder später werden wir auch mit dem Logarithmus arbeiten, aber gleich zu Beginn dieses Buches werden die für die Alltags-Chemie erforderlichen mathematischen Grundlagen noch einmal kurz Punkt für Punkt beschrieben. Selbst wenn also der Schulunterricht schon ein wenig in der Vergangenheit liegen sollte, wird dieses Buch Sie keinesfalls überfordern.
Wenn es überhaupt eine Schwierigkeit beim »Rechnen in der Chemie« gibt, dann höchstens, dass man vielleicht nicht sofort darauf kommt, was die jeweilige Aufgabe eigentlich von Ihnen verlangt. Das allerdings setzt lediglich ein gewisses chemisches Grundverständnis voraus, das sich anhand praktisch jedes nur erdenklichen Lehrbuchs der Chemie leicht erwerben lässt.
Unser Ziel ist es, Ihnen in den aufeinander aufbauenden Kapiteln dieses Buches Schritt für Schritt zu zeigen,
Sie haben gewiss gute Gründe, sich für dieses Buch entschieden zu haben, und Sie bringen auch gewisse Vorkenntnisse mit:
Falls Sie sich gerade angesprochen fühlen, haben Sie genau das richtige Buch in der Hand, denn wir wollen Ihnen hier zeigen, dass alles, bei dem es in der Chemie früher oder später ums Rechnen geht, eigentlich ganz einfach ist. Man muss nur wissen, worauf es jeweils ankommt.
Aus genau diesem Grund werden wir auch die verschiedenen Fragestellungen beim »chemischen Rechnen« immer wieder auf die gleichen grundlegenden Aspekte herunterbrechen:
Bloß, weil Ihnen der Taschenrechner (den Sie beim Lernen mit diesem Buch durchaus griffbereit haben sollten) ein Zahlenergebnis ausspuckt, heißt das ja noch lange nicht, dass man auch verstanden hat, was es mit dieser Zahl denn eigentlich auf sich hat.
Das ist vielleicht auch das Grundproblem, das sich beim »chemischen Rechnen« nur allzu leicht stellt: Häufig wird (etwa im schulischen Mathematikunterricht) so sehr darauf gepocht, bestimmte Rechenarten »im Schlaf zu beherrschen« und bestimmte Rechnungen entsprechend »einfach durchführen« zu können, dass dabei völlig aus dem Blick gerät, was denn eigentlich der Sinn der jeweiligen Rechnung ist: Was will uns das Zahlenergebnis eigentlich sagen?
Vor einiger Zeit wurde in der Schweiz ein interessantes Experiment durchgeführt. Ein Didaktiker war der Ansicht, es gehe im Unterricht so sehr »um das Rechnen an sich«, und nicht um die Bedeutung des Ergebnisses, dass er einigen Drittklässlern, die bereits in der Lage waren, zweistellige Zahlen miteinander zu addieren, folgende Aufgabe stellte:
»Ein Kapitän befördert auf seinem Frachtschiff viele Tiere. Er hat an Bord: zehn Giraffen, zwölf Nashörner, sieben Löwen und dreizehn Gnus. Wie alt ist der Kapitän?«
Er sah sich in seiner Vermutung, es werde über den Sinn der Frage und der sich rein rechnerisch ergebenden Antwort zu wenig nachgedacht, eindeutig bestätigt, als über 90 Prozent der befragten Kinder die Antwort »42« gaben.
Da sind doch Zahlen, das muss man rechnen!
Nein, zunächst einmal sollte man über die Aufgabenstellung nachdenken. Kann diese Antwort überhaupt richtig sein? – Nein, denn schon die Einheit kommt nicht hin: Hier wurden Stückzahlen addiert, also kann die (rechnerisch richtige) Antwort »42« unmöglich die Einheit »Jahre« haben. Genau nach einer solchen Information aber wurde hier gefragt.
Eben das macht das Rechnen in der Chemie so einfach: Gerade weil es sich bei der Chemie um eine exakte Wissenschaft mit konkreten Messergebnissen handelt, weisen die weitaus meisten Zahlen, mit denen man es zu tun hat, die eine oder andere Einheit auf: Das können Stückzahlen sein (wie viele Atome der einen Sorte müssen mit wie vielen Atomen der anderen Sorte reagieren, damit DasUndDas Produkt entsteht?), Stoffmengen, Massen (wie viel Gramm von Stoff X reagieren mit wie viel Gramm von Stoff Y?), Konzentrationen und dergleichen mehr. Rechnet man dann die Zahlen durch und das mit der Einheit kommt nicht hin, weiß man sofort, dass man irgendetwas falsch gemacht haben muss …
Falls Sie jetzt der Ansicht sind, das klinge viel zu einfach, denn so einfach könne es ja gar nicht sein, können wir Sie beruhigen: Doch. Genau so einfach ist das mit dem »chemischen Rechnen«. (Dass man sich trotzdem hin und wieder einmal verrechnen wird, lässt sich wohl kaum vermeiden, aber wenn man das Prinzip hinter der jeweiligen Problemstellung erkannt hat, erkennt man seinen Fehler meist sehr, sehr rasch. »Verrechnen« kommt vor und ist auch kein Beinbruch.)
Dieses Buch ist keineswegs ein Lehrbuch der Chemie: Wie die verschiedenen chemischen Reaktionstypen funktionieren, was dabei auf atomarer Ebene geschieht und dergleichen mehr ist nicht das Hauptthema dieses Buches. Natürlich werden wir in den einzelnen Kapiteln immer wieder zu den zugehörigen chemischen Prinzipien und so weiter kommen, denn schließlich soll ja das, was hier gerechnet werden soll, auch Sinn ergeben, aber dieses Buch soll Ihnen vor allem den Umgang mit der chemischen Formelsprache nahebringen, denn mit dieser lässt sich, ausgehend von den vorhandenen Informationen, die eigentliche Fragestellung und der Weg zur richtigen Lösung leicht, nachvollziehbar und eindeutig erkennen. (Zugleich verhindert sie auch, dass man sich selbst im Weg steht, denn häufig scheint der erforderliche Rechenweg so einfach, dass man hopplahopp einfach loslegt und dabei wichtige Dinge vergisst.)
Die einzelnen Kapitel dieses Buches bauen aufeinander auf, das heißt, in späteren Kapiteln wird immer wieder auf Dinge zurückgegriffen, die in vorangegangenen Abschnitten dieses Buches bereits behandelt wurden. Dass damit die »späteren Aufgaben« deutlich komplexer aussehen als die der ersten Kapitel, ist dabei durchaus gewollt. (Also keinen Schreck bekommen, wenn Sie beim Durchblättern des Buches bei den späteren Kapiteln womöglich nicht sofort verstehen, worum es da eigentlich gerade geht!) Selbstverständlich wird überall dort, wo bereits Bekanntes erforderlich wird, noch einmal darauf verwiesen, wo genau Sie die erforderlichen Informationen finden können – nur für den Fall, dass diese Ihrer Erinnerung doch entschwunden sein sollten. Etwaige dabei erforderliche Gleichungen oder Formeln sind zur besseren Orientierung nummeriert (zum Beispiel: 2.3); die vorangestellte Zahl verrät Ihnen dann gleich, in welchem Kapitel die zugehörigen Prinzipien beschrieben wurden (hier wäre es Kapitel 2). Entsprechend lautet unsere Empfehlung, sich von der Struktur des Buches einfach leiten zu lassen: Wenn die Prinzipien der ersten Kapitel erst einmal sitzen, sind auch die komplexeren Aufgaben rasch gar kein Problem mehr.
Häufig werden einzelne Abschnitte des Buches durch das eine oder andere Icon gekennzeichnet: In diesem Buch finden Sie vier verschiedene:
Außerdem: Auch wenn dies hier ja kein Lehrbuch der »Chemie an sich« sein soll, werden hin und wieder auch einzelne Aspekte der Chemie ein wenig genauer betrachtet – etwa, um den Zusammenhang zwischen Chemie und Alltag aufzuzeigen oder Sie auf komplexere Zusammenhänge aufmerksam zu machen.
Die Inhalte dieses Buches sind in der Reihenfolge einer typischen Einführungsveranstaltung zur Chemie sortiert. Idealerweise sollte das Buch also parallel zu den zugehörigen Vorlesungen und Übungen genutzt werden können. Zudem sollte die Lektüre dieses Buches auch parallel zu dem Lehrbuch passen, mit dem Sie sich hoffentlich ebenfalls befassen: Es ist zwar möglich, sich die Prinzipien der Chemie alleine anhand von Vorlesungs- und Übungsmitschriften anzueignen, aber wir raten dringend zur Verwendung eines Lehrbuches. Ihre Dozenten werden im Rahmen ihrer Lehrveranstaltungen gewiss Literaturempfehlungen aussprechen oder ausgesprochen haben.
Wenn Sie die Prinzipien der Chemie, die Sie im Rahmen Ihrer Lehrveranstaltungen kennenlernen, nicht nur durchdenken, sondern auch durchrechnen, ist das dem Gesamtverständnis immens zuträglich.
Und nun wünschen wir Ihnen viel Erfolg und auch viel Spaß dabei, mitzuerleben, wie die Chemie nach und nach jeglichen Schrecken verliert.
Teil I