Liebe & Unterwerfung

Michael B. Sharp

 

Liebe & Unterwerfung

Die Lust an weiblicher Dominanz

 

ISBN 978-3-94596-774-4

 

(c) 2019 Schwarze-Zeilen Verlag

www.schwarze-zeilen.de

 

 

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Das ist immer das Schwierigste für mich; zu entscheiden, wie und wo eigentlich alles angefangen hat. Ich machte meine erste Bekanntschaft mit Dana während meiner Zeit an der Universität. Ich fertigte zu diesem Zeitpunkt meine Diplomarbeit an und sie absolvierte ein vierwöchiges Forschungspraktikum bei mir. Eigentlich nichts Besonderes, sie machte ihre Arbeit gut und ich würde das Verhältnis während der Arbeit als angenehm bis freundschaftlich beschreiben. Zu behaupten es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen, wäre absoluter Blödsinn. Auch optisch erfüllte sie sicher nicht den Topmodelstandard, wie er in diversen Shows des heutigen Trash TVs propagiert wird. Etwas über 1,60 m würde ich ihre Figur als knuffig bezeichnen, pummelig klingt mir etwas zu negativ, auch wenn es den Kern der Sache vielleicht trifft. Dana hatte braune Augen und insgesamt ein hübsches Gesicht, wenn man sich nicht an den Sommersprossen rund um ihr Näschen störte. Ob ihr Haar, das etwa bis zur Mitte ihres Rückens reicht, jetzt eher als dunkelblond oder sehr helles braun einzustufen ist, kann ich auch heute noch nicht mit Sicherheit sagen. In jedem Fall gefiel sie mir optisch recht gut, mit den Frauen à la Streichholzmännchen konnte ich nämlich noch nie viel anfangen. Auch ihre sehr natürliche Art sprach mich sofort an, wenig bis kein Make-up, keine lackierten Nägel, eben keines von diesen Püppchen. Ein Mädel, das zupacken kann. Wobei ich aber auch nicht wusste, wie sie sich in ihrer Freizeit kleidete, schließlich arbeitete sie hier in einem Labor. Dass sie nicht auf den Mund gefallen und fast schon ein wenig zu keck war, rundete das Bild ab. Das Praktikum verlief allerdings ohne besondere Vorkommnisse. Sie gab ihre Arbeit ab, hielt einen Vortrag und bekam ihre Note. Damit war der Fall erst einmal abgeschlossen.

 

Ein gutes Jahr später, ich hatte unterdessen mit meiner Doktorarbeit begonnen, kam mein Chef zu mir ins Büro und fragte mich, ob ich mich an eine Dana Kessler erinnern könne und ob ich zufrieden mit ihrer Arbeit gewesen sei. Ich bejahte das und erfuhr daraufhin, dass sie angefragt hatte, ihre Diplomarbeit in unserer Arbeitsgruppe anzufertigen. Auch das war noch nicht weiter besonders; sie fing bei uns an, machte ihre Arbeit und war interessiert an der fachlichen Meinung ihrer dienstälteren Kollegen. Privat erfuhr ich nur wenig Neues, sie ging einmal die Woche beim Uni-Sport tanzen. Ob sie einen Freund hatte, war nicht klar. Allerdings bekam ich das eine oder andere Mal mit, dass sie nach der Arbeit ihr labortaugliches Outfit aus Jeans, langärmeliger Bluse und geschlossenem Schuhwerk gegen eine etwas aufreizendere Aufmachung vertauschte. In einigen der Kleider, die Dana trug, sah sie trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer etwas fülligeren Figur richtig zum Anbeißen aus, gerade ihr zusätzlich betonter Busen kam dabei sehr zur Geltung. Mir gefiel es in jedem Fall. Falls sie es bemerkte, dass mein Blick manches Mal etwas länger auf ihren Kurven verharrte, als es sich allgemein ziemt, so sagte sie jedenfalls nichts.

Insgesamt kann ich sagen, dass man als Kollegen gut miteinander auskam, ohne dass es irgendwo gehakt oder geknirscht hätte. Ein Knistern war es allerdings auch nicht, vielleicht ein ganz leises im Hintergrund, das kaum jemand hörte. Sie auch nicht, wenn man mich gefragt hätte.

Daher muss ich an dieser Stelle zugeben, dass privat vorerst nichts passierte, gar nichts, also zwischen uns. Erstens hatte ich mit eigenen Problemen bei meiner Arbeit zu kämpfen und andererseits bin ich auch nicht der Typ, der sich aufdrängt. Ich bin mehr der Typ soziophober Stubenhocker, na ja vielleicht nicht ganz so schlimm, aber mehr als ein bis zwei Freundschaften zu pflegen, wenn überhaupt, war bei mir noch nie so wirklich drin.

Die Zeit verging rasend schnell und ich bin mir nicht ganz sicher, warum ich mich an keinen Annäherungsversuch wagte. Ein Gedanke war, dass sie nach ihrem Diplom vielleicht ohnehin weg und außer Reichweite sein würde. Im Nachhinein betrachtet war das allerdings nur ein vorgeschobener Vorwand, hinter dem ich meine Feigheit versteckte. Denn auch als sie zehn Monate später ein Promotionsstipendium ergattern konnte und mein Doktorvater sie, ob ihrer hervorragenden Zensuren und der guten Diplomarbeit, gerne nahtlos zur Promotion in unserer Gruppe aufnahm, konnte ich meine Scheu nicht überwinden.

Da fällt mir ein, ich habe vor lauter Dana noch gar nicht erwähnt, in welchem Fachgebiet wir überhaupt tätig waren. Ich nehme an, dass die wenigsten sich unter biophysikalischer Chemie etwas vorstellen können. Im naturwissenschaftlichen Kontext von allem etwas, Kritiker würden vielleicht noch anfügen, aber nichts so richtig. Ich selbst wählte die Richtung, weil ich interdisziplinäre Forschungsgebiete schon immer spannend fand und man verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten hat.

Aber zurück zur eigentlichen Geschichte. Auch nachdem sie ihren Doktorandenvertrag unterschrieben hatte, ging nochmals fast ein Jahr ins Land. Nebenbei bemerkt, so eine naturwissenschaftliche Doktorarbeit dauert im Idealfall drei Jahre, bei den Medizinern geht das zwar wesentlich zügiger, die haben dann aber noch ihren Facharzt zu absolvieren. Aber das nur am Rande.

Ich würde sagen, dass sich das einschneidende Erlebnis, das eine entscheidende Wendung einleiten sollte, ereignete, als ich etwa zweieinhalb Doktorandenjahre auf dem Buckel hatte. Es fand eine Fachtagung in Südfrankreich statt. Keine große Konferenz, aber es fanden sich einige in unserer Gruppe, die gerne hinfahren wollten. Nach Langem Hin und Her durften schließlich alle Doktoranden, sprich mein Kollege Michael, Dana und ich fahren.

Mein Name ist übrigens Steffen Mann, wenn ich mich nachträglich noch kurz vorstellen darf.

Soweit so gut, wir reichten unsere Beiträge ein und schließlich erhielten Michael und ich einen Fachvortrag auf der Tagung, Dana eine Posterpräsentation. Für mich sollte es der erste Vortrag vor internationalem Publikum sein.

Es war März 2009 als wir gemeinsam an die Côte d’Azur flogen. Ich muss zugeben, dass ich den genauen Namen des Ortes vergessen habe, aber es lag irgendwo zwischen Cannes und Nizza. Wir kamen an einem Montag am späten Nachmittag in unserem Hotel, das gleichzeitig Veranstaltungsort war, an. Ein Shuttleservice vom Flughafen Cannes war eingerichtet und somit lief alles sehr stressfrei ab. Die Tagung würde von Dienstag bis Donnerstag dauern und am Freitagmorgen würden wir wieder zum Flughafen aufbrechen.

Am Montagabend ließen wir den von der Anreise dominierten Tag in der Hotelbar bei einem Glas Wein ausklingen. Es war ganz gemütlich, aber ich zog mich alsbald auf mein Zimmer zurück, da mein eigener Konferenzbeitrag bereits am nächsten Tag um 10:30 Uhr auf dem Programm stand und ich wollte mich im Vorfeld noch einmal etwas mit meiner Präsentation beschäftigen. Ich schlief in dieser Nacht vielleicht etwas wenig, glich dies aber mit einer Extra-Tasse Kaffee aus und lieferte eine solide Vorstellung. Die Präsentation war flüssig und auch die zwei Rückfragen aus dem Auditorium konnte ich problemlos beantworten. Auch meine beiden Kollegen lobten meinen Vortrag als souverän, ich hätte ruhig ein wenig länger in der Bar sitzen bleiben können. Auch Michael hatte bereits am Dienstag seinen Vortrag, allerdings erst gegen halb 4. Auch er hielt sich gut, gab sich aber für meinen Geschmack etwas zu lässig. Wir gingen an diesem Abend noch in den Ort und ich frage mich auch heute, warum man in Frankreich kaum eine anständige, gewöhnliche Kneipe finden kann – zumindest an den Orten, die ich bisher besuchte. Wir stapften sicher eineinhalb Stunden durch das feuchtkalte Wetter, bis wir etwas fanden, das zumindest im Ansatz unseren Vorstellungen entsprach, und tranken ein paar belgische Biere. Wir tauschten uns über das Konferenzprogramm aus und Dana war anzumerken, dass sie sich durch ihr Poster ein wenig zurückgesetzt fühlte. Erfolg und gute Noten waren ihr offensichtlich wichtig, das wusste ich auch zu diesem Zeitpunkt schon, und sie hätte gerne selbst ihre zwanzig Minuten auf der Bühne bekommen.

Am Mittwoch schwänzte Michael den Vormittag und auch die erste Nachmittagssession. Von 17 bis 19 Uhr sollte die Postersession stattfinden und im Anschluss um 20 Uhr das obligatorische Konferenzdinner. Ich gehe davon aus, dass viele sich nichts unter einer Posterpräsentation vorstellen können, daher hole ich hier einmal etwas weiter aus. Im Grunde kann man sich das als einen großen Saal vorstellen, in dem diverse Stellwände aufgebaut werden, sodass Gänge zwischen den Reihen von Wänden frei bleiben. Jeder Präsentator bekommt eine Wand für sich, an die er sein mitgebrachtes Poster im DIN A0 Format anheften kann. Zudem hat jede Wand ihre Nummer, sodass die Konferenzteilnehmer im Programm nachlesen können, was wo von wem präsentiert wird. So können gezielt entsprechende Poster, die für sie von fachlichem Interesse sind, angelaufen werden. Mancher Teilnehmer schlendert auch einfach umher und bleibt hier und dort, wo das Präsentierte interessant aussieht, stehen. Im Idealfall sind die Forschungsergebnisse oder Projekte also möglichst ansprechend darzustellen, um die Blicke entsprechend einzufangen. Ansonsten kann so eine Session ziemlich langweilig werden, wenn man die Stunden vor seinem Poster herum steht, sich aber niemand dafür interessiert. Um die Diskussionen und Gespräche zusätzlich etwas anzukurbeln, werden zumeist auch Snacks und Getränke gereicht. Das können beispielsweise Bier und Brezeln, bei einer besseren Tagung auch schon einmal verschiedene Weine und hors d’oeuvres sein. Wie zu erwarten war, bekamen wir hier in Südfrankreich eine beachtliche Auswahl lokaler Weine geboten. Die Häppchen waren solide, wenn auch nicht herausragend. Ich selbst hatte im Programm drei Beiträge als für meine Arbeit von Interesse angekreuzt und war gegen halb 6 da, um bei den verschiedenen Postern vorbeizuschauen. Man sollte nämlich auch nicht erst zum Ende kommen, denn so mancher kehrt irgendwann seinem eigenen Poster den Rücken, um stattdessen lieber den Snacks und dem Alkohol zu frönen. Vor allem wenn der eigene Chef nicht an der Tagung teilnimmt. Ich hatte gerade ein anregendes Gespräch mit einem Wissenschaftler aus Japan beendet, als mein Blick auf eine junge Dame in einem bezaubernden schwarzen Kleid fiel, das die Schultern frei ließ und dessen Stoff mit einigen im Licht glitzernden Fäden durchwoben war. Allerdings auf sehr dezente Art und Weise, wodurch es alles andere als billig wirkte. Erst als ich sie von der Seite sah, erkannte ich, dass es Dana war. Dieses Kleid hatte ich noch nie an ihr gesehen, denn diesen Anblick hätte ich sicher verinnerlicht. Nach kurzem Zögern tat ich so, als käme ich zufällig an ihrem Poster vorbei und gab mich überrascht, als ich mich zu ihr umdrehte. Ich kam dazu, sie zu fragen, ob sie schon interessante Gespräche geführt habe, und sagte ihr auch, dass sie toll in dem Kleid aussähe. Sie bedankte sich mit einem charmanten Lächeln und strich sich dabei die Haare zurück; ich war mir nicht sicher, ob ich das als verlegene Geste werten sollte. Unterdessen war ein etwas ältlicher Herr an das Poster getreten. Das randvolle Glas Rotwein in der linken Hand deutete er mit dem rechten Zeigefinger auf eine Abbildung und begann in stark russisch akzentuiertem Englisch:

»How can this be? I don’t understand … it should be …«

Ich verabschiedete mich von Dana mit der Bemerkung, dass man sich ja noch später sehe. Denn an diesem Abend würde im Anschluss ja auch noch das Konferenzdinner stattfinden. Nachdem ich mich ein paar Schritte entfernt hatte, drehte ich mich noch einmal nach ihr um und konnte meinen Blick erst abwenden, als mir bewusst wurde, wie lange ich die Rundungen ihres Pos unter dem Kleid taxierte. Beim Umdrehen sah ich ein baltisch wirkendes Mädchen, das vielleicht Mitte Zwanzig sein mochte und mich anblickte. Sie hatte mich offensichtlich beobachtet und versuchte nicht einmal, ihr wissendes Lächeln vor mir zu verbergen. Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie hochrot mein Kopf in dieser Situation angelaufen sein muss. Schnellen Schrittes ging ich direkt auf mein Zimmer.

 

Fünf Minuten nach Acht kam ich wieder herunter und betrat den Saal, in dem für das Dinner eingedeckt war. Ich trug den gleichen Anzug mit Krawatte, den ich am Vortag für meinen Vortrag getragen hatte und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Eine Platzordnung gab es nicht, ich ging zwischen den runden Tischen umher und musste feststellen, dass an Danas Tisch bereits alle Stühle besetzt waren. Offensichtlich war ich nicht der Einzige, der ihre Gesellschaft an diesem Abend suchte. Kurz darauf sah ich Michael, der zwischen zwei blonden Skandinavierinnen – wie ich später erfuhr kamen sie aus Finnland – Platz genommen hatte und schon kräftig am Graben war. Hier waren noch zwei Plätze frei und ich setzte mich dazu. Er war sichtlich beschäftigt und grüßte mich nur mit einem knappen Kopfnicken, bevor er sich wieder seinen Platznachbarinnen zuwandte. Mehr aus Langeweile als aus Interesse begann ich mit dem Franzosen zu meiner Linken, der wie ich bald erfuhr ein begeisterter Olympique Lyon Fan war, ein belangloses Gespräch und goss mir ein großes Glas trockenen Merlots ein. Der Wein war hervorragend, meine mittelmäßige Stimmung ließ ihn mich aber nicht in dem Maße genießen, wie es angemessen gewesen wäre. Der erste Gang bestand aus Melone in einem Schinkenmantel und ich fragte mich, warum man hier die Nachspeise am Anfang servierte. Dies wurde aber durch den Hauptgang mehr als wettgemacht, ich habe selten ein besseres Stück Rindfleisch gegessen und die Burgundersoße war ebenfalls ein Traum. Zum Finale fuhr man dann nochmals die schweren Geschütze auf und schindete mit flambiertem Crêpe suzette ordentlich Eindruck. Das gute Essen und der Wein hatten meine Laune merklich gebessert, sodass die Tischgespräche mir auch nicht mehr säuerlich aufstießen. Michael hatte in der letzten halben Stunde seine Wahl wohl getroffen, was sich positiv auf die Stimmung seiner linken und merklich negativ auf die Laune seiner rechten Sitznachbarin auswirkte. Die ersten Leute hatten bereits ihre Plätze geräumt und sich auf ihre Zimmer zurückgezogen. Irgendeiner der Gastgeber hatte ein Akkordeon hervorgeholt und begonnen ein wenig Musik zu machen. Ich schenkte mir noch einmal ein und stand auf, um mir etwas die Beine zu vertreten. Ich blieb beim Hobbymusikanten stehen und sah ihm ein wenig beim Spielen zu. Zuletzt wollte er mich nötigen, es ebenfalls zu probieren und versuchte mir das Akkordeon in die Hand zu drücken. Diese Peinlichkeit konnte ich aber gerade so noch einmal abwenden, so stark angetrunken war ich dann doch nicht. Dann traf ich einen Belgier, der am Nachmittag mit mir vor einem Poster gestanden hatte, für das wir uns beide interessiert hatten. Der Alkohol hatte meine Kommunikationsfreudigkeit merklich angekurbelt, sodass ich ihn in ein fachliches Gespräch verwickelte, was er zu den Ergebnissen meine. So verstrich wahrscheinlich noch einmal eine gute halbe Stunde. Mittlerweile war es 23 Uhr geworden. Ich wollte noch einen Schluck trinken und mich dann in die Federn fallen lassen. An irgendeinem verlassenen Tisch griff ich eine der Weinflaschen und schenke mir ein. Der Inhalt war mir zu diesem Zeitpunkt bereits ziemlich egal. Ich nippte an meinem Glas und ließ meinen Blick über die Umgebung schweifen, als ein glitzernd durchwebter Stoff meine Aufmerksamkeit auf sich zog. An einem halb leeren Tisch saß Dana, offensichtlich in eine rege Diskussion mit ihren drei Gesprächspartnern vertieft. Ohne ihre Aufmerksamkeit zu erwecken, näherte ich mich der Runde und nahm bereits aus deutlicher Entfernung wahr, dass sie wesentlich mehr intus hatte, als sie vertrug. Schließlich stand ich etwa fünf Meter hinter ihr und hörte ihr zu, wie sie die Frau und zwei Männer an ihrem Tisch in einem lallenden, englischen Kauderwelsch zu einem Besuch an unserem Institut einlud: »I invite you all! Everyone … to visit us for a scientific stay, a talk, a guided tour and everything», das letzte Wort klang besonders gedehnt und unnatürlich in die Länge gezogen.

Wenn es Michael gewesen wäre, wäre ich mit Sicherheit einfach weitergegangen, hätte mein Glas zu Ende getrunken und ihn am nächsten Tag schadenfroh gefragt, wie der Abend für ihn gelaufen sei. Bei jedem anderen wäre es ebenfalls mit 80%iger Wahrscheinlichkeit so abgelaufen. Ich konnte in diesem Moment, auch durch den konsumierten Alkohol (oder vielleicht gerade deswegen), nicht vollständig rational entscheiden. Letztendlich setzte ich nich auf den freien Stuhl zu Danas Linken. Sie drehte sich zu mir und ich nahm ihren glasigen Blick wahr.

»This is my collegue, yesterday he gave the best talk out of all … the best! He is just great …«

Jederzeit hätte ich mich wie ein Schneekönig über dieses Lob, und auch noch aus ihrem Mund, gefreut, aber in diesem Moment hatte es einen fahlen Beigeschmack. Ich sah die Gesichter der anderen Personen am Tisch, wie sie vorgebeugt dasaßen und Dana anstierten, halb amüsiert, halb fasziniert, darauf aus, keines ihrer kaum mehr verständlichen Worte zu verpassen, um eine gute Story für daheim zu erhaschen. Sie war am Ende und ich ergriff in diesem Moment die Initiative. Ich legte meine rechte Hand auf ihre Linke und sagte:

»I think we had enough. We will end this for today and go for a rest.«

Wieder wendete sie sich zu mir, sie wirkte müde und lenkte schließlich mit einem simplen OK ein. Wir standen auf, ich half ihr in die Strickweste, die über ihrem Stuhl hing und wir gingen nach oben. Ich spürte die Blicke in unserem Rücken, drehte mich aber nicht mehr um. Auf der Treppe musste ich sie stützen, der Portier warf mir von der Rezeption einen fragenden Blick zu. Mit einem selbstsicheren Kopfschütteln versicherte ich ihm aber, dass ich alles unter Kontrolle habe. So schafften wir es in das zweite Obergeschoss und ich fischte Danas Zugangskarte aus dem kleinen Handtäschchen, das sie auch noch dabeigehabt hatte. Mit einem leisen Piepen öffnete sich die Tür und gab den Weg frei. Sie löste sich umgehend von mir und stolperte durch den Raum. Mit einem Fingerzeig auf die Hausbar fragte sie mich:

»Was willst du trinken? Bedien dich!«

Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen und meinte schlicht:

»Ich denke, wir hatten genug. Beide.«

»Na wenn du meinst«, kam es zurück und sie stolperte in meine Richtung.

Ich fing sie fast schon auf, unsere Körper berührten sich, ich roch Alkohol, Schweiß und einen letzten Rest ihres Parfüms. Als sie sie weit öffnete, blickte ich in ihre Augen und nahm zum ersten Mal wahr, wie wunderschön sie eigentlich wahren. Auch wenn braune Augen meistens unscheinbar und wenig eindrucksvoll sind. Wir standen einen Moment so da und sagten nichts, doch was Dana dann von sich gab, traf mich wie ein Kanonenschlag:

»Steffen, findest du eigentlich, dass ich eine Schlampe bin?«

Sie drückte sich enger an mich, ich hatte das Gesagte noch gar nicht richtig erfassen können und war mit der Situation noch überforderter, als ich es ohnehin gewesen wäre. Ich nahm sie zögerlich in den Arm und stotterte unsicher:

»Nein, du bist ganz wunderbar! Du bist eine tolle Frau, wie kommst du nur auf so etwas?«

Einen Moment blieb es ruhig, bis ich vernahm:

»Dann ist es ja gut.«

Die Gedanken in meinem Kopf überschlugen sich, ich hatte keine Ahnung, worauf sie mit ihrer heftigen Bemerkung anspielte. Ob sie viele Männerbekanntschaften hatte, von denen ich nichts wusste? Meinte sie ihr Verhalten am heutigen Abend? Was tat sie eigentlich sonst in ihrer Freizeit? Ich war ratlos.

Sie löste sich ein paar Zentimeter von mir, hob die Arme über den Kopf und säuselte unverständlich:

»Kannst du mir den Reißverschluss aufmachen?«

Ich folgte ihrer Aufforderung ohne viel darüber nachzudenken und ließ den Verschluss an der Seite ihres Kleides mit einem leisen Sirren nach unten gleiten. Erst als die Hülle von ihr fiel, wurde ich mir der Situation richtig bewusst. Denn ehe ich es mich versah, stand sie in Unterwäsche vor mir, schwarz, dezent und mit Spitze. Ich konnte einfach nicht anders, als meinen Blick über ihren Körper, ihre Reize und ihre weiche Haut schweifen zu lassen.

»In der Hausbar ist noch etwas, wenn du möchtest«, kam es über ihre Lippen.