Robert Pfaller
Die blitzenden Waffen
Über die Macht der Form
FISCHER E-Books
Robert Pfaller, geboren 1962, studierte Philosophie in Wien und Berlin und ist nach Gastprofessuren in Chicago, Berlin, Zürich und Straßburg Professor für Philosophie an der Kunstuniversität Linz. Von 2009 bis 2014 war er Professor für Philosophie an der Universität für angewandte Kunst Wien. In den Fischer Verlagen ist von ihm »Das schmutzige Heilige und die reine Vernunft. Symptome der Gegenwartskultur« erschienen, die vielbeachtete Studie »Wofür es sich zu leben lohnt. Elemente materialistischer Philosophie«, »Zweite Welten. Und andere Lebenselixiere« sowie im Fischer Taschenbuch »Kurze Sätze über gutes Leben«. Mit Beate Hofstadtler hat er außerdem den Band »After you get what you want, you don't want it. Wunscherfüllung, Begehren und Genießen« herausgegeben. Zuletzt erschien von ihm »Erwachsenensprache. Über ihr Verschwinden aus Politik und Kultur« (2017).
Weitere Informationen finden Sie unter www.fischerverlage.de
Ein ebenso glänzender wie scharfsinniger Beitrag zur jahrtausendealten Debatte über Wesen und Form, Essenz und Oberfläche, Argument und Rhetorik.
Warum lieben wir bestimmte Autos – und oft nicht die nützlichsten? Warum berührt uns ein bestimmtes Kunstwerk, während andere uns kalt lassen? In welchen Worten muss ein guter Ratschlag formuliert sein, damit er beim Gegenüber Wirkung zeigt? In seinem neuen Buch untersucht der Philosoph Robert Pfaller Funktion, Bedingung und Wirkungsweise der Form, um ihrem Geheimnis auf die Spur zur kommen – ihrer Macht.
Schon Quintilian wusste: »Ein Redner muss nicht nur mit scharfen Waffen kämpfen, sondern auch mit blitzenden.« Robert Pfaller geht einen Schritt weiter: Er erklärt, warum überhaupt nur blitzende Waffen scharf sein können.
Der Bestseller-Autor von »Erwachsenensprache« und »Wofür es sich zu leben lohnt« räumt auf mit unserer Vorstellung, wir würden uns von Oberflächen nicht täuschen lassen und direkt in die Tiefe der Dinge blicken. Stattdessen postuliert Robert Pfaller ein sehr viel komplexeres Beziehungsgefüge: die Dialektik von Form und Inhalt.
Originalausgabe
Erschienen bei FISCHER E-Books
© 2020 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstraße 114, D-60385 Frankfurt am Main
Covergestaltung: Andreas Heilmann und Gundula Hissmann, Hamburg
Coverabbildung: ullstein bild - Westend61 / hkp
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Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-402563-6
Quintilian, Institutio oratoria, 8. Buch, III. Kapitel, 2.
Barthes 1986: 59.
Benjamin [1940]: 695.
Quintilian, Institutio oratoria, 8. Buch, III. Kapitel, 2: »… nec fortibus modo sed etiam fulgentibus armis proeliatur.« Siehe http://www.thelatinlibrary.com/quintilian/quintilian.institutio8.shtml#3 (Zugriff: 2019-12-28). Für die deutsche Übersetzung folge ich hier dem Vorschlag von Lange (Lange 1968: 56ff.). Für genaue Lektüre, Kritik und wertvolle Anregungen zu diesem Kapitel danke ich Romana Kanzian (Berlin/Wien).
Zu diesen Fragen siehe Kapitel 2 in diesem Buch.
Die Aspekte der Vernunft sowie des lohnenden Lebens bei diesen Entwicklungen habe ich in meinen beiden Büchern »Das schmutzige Heilige und die reine Vernunft« sowie »Wofür es sich zu leben lohnt« untersucht (Pfaller 2008 und 2011).
Zu dieser These Arnold Gehlens (Gehlen 1960: 16f.) vgl. Groys 1997: 11, sowie die Kommentare von Grasskamp (1996), der bemerkt, dass diese Kommentarbedürftigkeit nicht allein die moderne Kunst charakterisiert; und Lüthy, der auf den Zusammenhang dieser These Gehlens mit dessen antimodernem, autoritärem Verständnis von Gesellschaft hinweist (Lüthy 1997).
Siehe dazu z.B. die vernichtenden Urteile über die documenta 2017 (d 14): Hajo Schiff bemerkt, »… die documenta 14 hat keine Vorstellung von Kunst im engeren Sinne.« (Schiff 2017: 74); Michael Hübl schreibt, »Stellenweise präsentiert sich die d 14 als karitative Einrichtung, macht sich Aufgaben zueigen, derer sich sonst etwa barmherzige Schwestern oder die Bahnhofsmission befleißigen.« (Hübl 2017: 82; vgl. dazu auch Schneider 2017). Hanno Rauterberg urteilt, die documenta 14 verabsäume es, ästhetische Standards zu definieren, und betreibe eine entpolitisierende »Kulturalisierung realer Probleme« (Rauterberg 2017).
Siehe dazu z.B. Elkins (Hg.) 2009; Tröndle/Warmers (Hg.) 2012.
Es ist erstaunlich, mit wie viel Gleichmut die Mehrheit der Kunstschaffenden bisher diesen epistemologischen Skandal hingenommen hat. In keiner anderen universitären Disziplin verlangt man von Doktoranden, das Metier zu wechseln. Kein Kunsthistoriker muss plötzlich für seine Dissertation ein Bild malen; und keine Physikerin ist gezwungen, für ihr Doktorat juristische Kenntnisse zu beweisen. Nur die Künstler sollen für den Erwerb dieses akademischen Grades plötzlich anstatt erstklassiger künstlerischer Arbeiten lieber gelehrte Werke mit Fußnoten vorlegen. Ein trauriger Effekt dieser – übrigens meist von zweitklassigen Kulturwissenschaftlern ausgeübten sowie von zweitklassigen Künstlern befürworteten – Hegemonie der Kulturwissenschaften über die Kunst besteht auch in der Einengung ihrer literarischen Ausdrucksformen auf das alleinige Sprachspiel der wissenschaftlichen Abhandlung. Zur Vielfalt künstlerischen Schreibens siehe den schönen Band von Jan Svenungsson (Svenungsson 2012).
Vaihinger 1922, Feyerabend 1984.
Saussure 1986.
Siehe dazu Wahl (Hg.) 1973.
Saussure 1986: 105f.
Saussure 1987: 134. Auch an dieser Stelle dient Saussure ein fruchtbarer Vergleich als Ausgangspunkt, wenn er die Sprache, als ein »System, dessen Glieder sich alle gegenseitig bedingen«, analog zur Ökonomie als ein Verhältnis von »Werten« auffasst (siehe Saussure 1987: 132–146).
Siehe dazu Althusser/Balibar 1972.
Marx [1867]: 237–243.
Marx [1867]: 242. Marx bezeichnet Senior auch als den »Clauren« unter den englischen Ökonomen (ebd.: 237), was angesichts der damaligen Kontroversen um den Schriftsteller Heinrich Clauren, den Wilhelm Hauff parodierte und über den Heinrich Heine spottete, nochmals eine sehr lustige, wenn auch heute kaum mehr verständliche Pointe darstellt.
Karl Vorländer meint, es scheine »der Beiname des ›lachenden Philosophen‹ auf den ernsten Gelehrten so wenig zu passen wie der des weinenden auf Heraklit« (Vorländer 1939: 58). Vgl. dagegen Cassin, in Badiou/Cassin 2012: 16: »Demokrit machte sich über alles lustig.« Zur Frage des Humors bei Demokrit sowie den daraus folgenden philosophischen Konsequenzen siehe Pfaller 2019.
Diels (1935: 174) übersetzt: »Das Nichts existiert ebenso sehr wie das Ichts.«
Siehe dazu Kapitel 2 in diesem Band.
Montaigne 2011, Bd. 2: 625.
Pascal 1997: 320.
Aristoteles, Poetik, Kap. 22; 1458a 18–23 (1999: 70ff.); s. dazu Lange 1968: 48.
Gerade hinsichtlich des sogenannten »Erhabenen« ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieser spezifische Effekt, wie schon der Verfasser des antiken Traktats »Peri Hypsous« (der sogenannte »Pseudo-Longinus«) bemerkte, nicht nur durch exquisite Wortwahl, opulente Metaphern, Vergleiche etc. – also durch massiven Einsatz rhetorischer Stilmittel – zustande kommt, sondern ebenso sehr durch die vollständige Vermeidung sämtlicher dieser Mittel. Darauf hat Jean-François Lyotard hingewiesen: »Es gibt zum Beispiel, schreibt Longinus, eine Erhabenheit des Denkens, die sich in der Rede bisweilen durch äußerste Einfachheit des Ausdrucks kundtut …« Lyotard verweist auch auf die Probleme, die aus dieser Bestimmung erwachsen: »Wie eine verdeckte Figur von einer Nicht-Figur unterscheiden?« (Lyotard 1984: 155). Für unseren Zusammenhang mag es vorläufig genügen, daran festzuhalten, dass sich die von Aristoteles beschriebene »Fremdheit« des erhabenen Ausdrucks auch dann einstellt, wenn eine Rede in einem Moment, in dem ein bestimmtes Maß an rhetorischem Schmuck allgemeiner Standard geworden ist, dieses Maß deutlich unterschreitet. Die ästhetische Faszination der Schlichtheit zum Beispiel von Wittgensteins »Tractatus« könnte auf diese Weise erklärt werden – ebenso wie die Begeisterung der gesamten Moderne für das Schlichte, zum Beispiel bei Adolf Loos.
Lange 1968: 93.
Siehe Lange 1968: 106, 120.
Siehe Freud [1905c]: 17, 22f.
Siehe dazu Aristoteles, Rhetorik 1410b 20/1 (2007: 173), wo er von der »lexis« und den »enthymemata asteia« spricht; vgl. Lange 1968: 104, der den entsprechenden Satz wie folgt wiedergibt: »Notwendig sind ein solcher Ausdruck und solche Enthymeme städtisch [urban], die in uns ein schnelles Lernen auslösen«; vgl. Cicero, De oratore I, 17, 159; vgl. Habinek 2017: ix. Siehe dazu auch Kapitel 7 in diesem Buch.
Siehe Lange 1968: 152ff.
Siehe Lange 1968: 128, 146; Habinek 2017: xvii.
Siehe Lange 1968: 94.
Dies betont Arbogast Schmitt in seinem Kommentar zur Poetik des Aristoteles (in: Aristoteles 2008: 97).
Siehe Lange 2008: 135.
Siehe Lange 1968: 33.
Darauf weist Lange (1968: 48) deutlich hin.
S. Lange 1968: 117f., 126. Mit der Unterscheidung der drei Vermögen »intelligenza«, »affetto« und »senso« (s. Lange 1968: 40, 117, 126) dürften sich Pellegrini und Tesauro nicht nur auf die aristotelische Trias von »logos«, »ethos« und »pathos« (s. Aristoteles 2017: 13), sondern vielleicht mindestens ebenso sehr auf die Platonische Lehre von den drei Seelenteilen Logos, Thymos und Eros (s. Platon, Politeia 438d-443b) stützen. Tesauro unterscheidet dementsprechend drei Gattungen rhetorischer Figuren: harmonische, pathetische und ingeniöse (s. Lange 1968: 40). Den Eros erfreut demzufolge das Harmonische, den Thymos das Pathetische und den Verstand das Ingeniöse. An diesem Punkt ist das »ingegno« überraschenderweise plötzlich ein Verbündeter des Verstandes.
Siehe Lange 1968: 151.
Siehe Lange 1968: 57.
Siehe Aristoteles, Rhetorik III. Buch 1403b 6 (2007: 152).
Siehe dazu Schirren 2016: 625.
Siehe Lange 1968: 84, 132.
Siehe Spinoza 1976: 121: »Unter Freude verstehe ich demnach … die Leidenschaft, durch die die Seele zu größerer Vollkommenheit übergeht.«
Vgl. dazu Quintilian: »Denn von den Dichtern lernt man den Höhenflug der Gedanken, die Erhabenheit des sprachlichen Ausdrucks, jede Art von Gemütsbewegungen und angemessene Gestaltung der Charaktere; vor allem aber wird der von täglichen Verhandlungen auf dem Forum gleichsam abgehetzte Geist von so reizvollen Dingen wieder erfrischt; daher meint Cicero, man müsse sich bei solcher Lektüre ausruhen.« (Quintilian 2006: 25)
Tesauro, zit. nach Lange 1968: 148.
Dieses freie Laufenlassen der Gedanken führt nach Tesauros Auffassung, wie Lange zeigt, dazu, »daß der Intellekt selbst davon überrascht ist, daß er solche sprachlichen Produkte [die pointierten Formulierungen] hervorbringen kann« (Lange 1968: 149). Eben weil den Gedanken freier Lauf gelassen wird, entsteht hier ein unwillkürliches Moment. Lange bemerkt dazu: »›Eigene Leistung‹ (artificio, proprio parto) ist also keineswegs so zu verstehen, daß der Sprecher aus eigenem Willen heraus das unernst-argute Sprechen verwirklichen kann. Vielmehr hat er zu warten, bis jene Kraft sich seiner bemächtigt; der ›Einfall‹ ist nicht herbeizuzwingen. Durch Übung ist allerdings eine größere Disposition für den ›Einfall‹ zu erreichen …« (Lange 1968: 149f.). Dieser Freilauf der Gedanken kann mithin mit der von Freud beschriebenen Notwendigkeit verglichen werden, bei der Produktion des Witzes das Material für einen Moment der unbewußten Bearbeitung im Primärvorgang zu überlassen (siehe Freud [1905c]: 155).
Dies darf nicht als ein psychologisches, individuelles Problem begriffen werden. Gaston Bachelard hat darum vom Kollektivsubjekt des »wissenschaftlichen Geistes« gesprochen (Bachelard 1978). Diese Schwierigkeit betrifft jeden Geist – genau so, wie bestimmte sportliche Gesetzmäßigkeiten (etwa, dass man ausholen muss, um einen bestimmten Schlag beim Boxen oder beim Tischtennis führen zu können) nicht nur für manche Körper gelten, sondern für jeden.
Pascal 1997: 439.
Nietzsche [1887]: 306f.
An einer Stelle von Diderots »Die Nonne« heißt es: »Sie sind, ich weiß nicht wie, auf den Verdacht gekommen, ich könne Geld in meiner Matratze verborgen halten; sie haben nichts unversucht gelassen, mich zum Aufstehen zu bewegen, und es ist ihnen gelungen; aber zum Glück war mein Vertrauensmann am Tag zuvor gekommen, und ich habe ihm das Päckchen ausgehändigt mit diesem Schreiben, das ich ihm diktiert habe.« (Diderot 1970: 109) – Man könnte dies, wie es der Herausgeber in einer Anmerkung tut, als »offensichtliches Versehen Diderots« auffassen: »Suzannes Mutter erzählt in ihrem Brief ein Geschehnis als bereits vergangen, das erst am folgenden Tag eintreten wird!« (Anm. d. Hg., in: Diderot 1970: 280, Anm. 8). Man könnte andererseits aber darin auch ein hübsches, kunstvolles Paradoxon erblicken – vergleichbar der Skulptur »Box with the Noise of Its Own Making« von Robert Morris von 1961 (siehe dazu auch Kapitel 3 in diesem Buch). Oder, wie die Vertreter der philosophischen Dekonstruktion es vielleicht ausdrücken würden: Der Rahmen dieses Briefes ist umrahmt von einem Teil seines Inhalts.
So sagt Derrida in einem Interview für France culture: »Sans renoncer à la philosophie, ce qui m’a intéressé, c’est rendre leur droit à des questions sur la répression desquelles la philosophie s’était construite […] Envie d’écrire de la littérature, de penser philosophiquement ce qu’est la littérature, l’écriture littéraire et de faire les deux à la fois.« (siehe https://www.franceculture.fr/2016-01-20-l-ecriture-a-la-trace-a-voix-nue-jacques-derrida-25, Zugriff: 2019-12-30) Schon Louis Althusser hätte diesem Optimismus entgegengehalten, dass die Erkenntnis der Geschichte nicht geschichtlich und der Begriff des Zuckers nicht süß ist (s. Althusser 1972: 139).
Diesen Unterschied zu verwischen oder zu leugnen läuft in anderem Zusammenhang darauf hinaus, alle Überzeugung zu bloßer Überredung und mithin die Rhetorik für Sophistik zu erklären – eine Reduktion, der Aristoteles entschieden widersprochen hat (s. Aristoteles, Rhetorik I 1355b 9–15 (2007: 11)).
Lessing 2013a: 21.
Mandeville 1980: 80–84. Siehe dazu Pfaller 2008: 59 sowie 2017: 91–95.
»It is worth noting that Wittgenstein once said that a serious and good philosophical work could be written that would consist entirely of jokes (without being facetious). Another time he said that a philosophical treatise might contain nothing but questions (without answers).« (Malcolm 1958: 29).
Siehe dazu z.B. Joseph Wälzholz in Die Welt vom 15.11.2014, https://www.welt.de/print/die_welt/literatur/article134360623/Slavoj-Žižek-und-der-beste-schlechte-Witz.html (Zugriff: 2019-12-30).
In demselben Sinn schreibt Jean-Claude Milner über die Wortspiele Jacques Lacans: »All Lacanian word plays are mathemes.« (Milner 2017: 88; vgl. dazu Dolar 2019: 82). Ich bin Mladen Dolar, Ljubljana, dankbar für eine Reihe erhellender Hinweise und Gespräche zu diesen Fragen.
»One example is enough!« (Slavoj Žižek, persönliche Kommunikation, Kulturwissenschaftliches Institut Essen, Februar 2001). Für eine ausführlichere Analyse der Rolle des Beispiels bei Žižek siehe Pfaller [2007].
In diesem Sinn hatte Aristoteles in seiner Rhetorik das Beispiel als »induktives« Überzeugungsmittel von dem deduktiv wirkenden Überzeugungsmittel des »Enthymems« unterschieden. Steht kein Enthymem zur Verfügung, dann braucht man viele Beispiele. Hat man dagegen ein Enthymem, dann genügt zur Bestätigung, wie Aristoteles schreibt, ein einziges Beispiel – es wirkt »wie ein glaubwürdiger Zeuge« (s. Aristoteles, Rhetorik II, Kap. 21, 1394a 10–18 (2007: 124)).
Žižek 1991: 33. An anderer Stelle erläutert Žižek mit demselben Witz einen anderen Punkt bei Hegel – nämlich dessen pointiert-paradoxen Satz »Der Geist ist ein Knochen«: »The logic is the same here as in the Hegelian proposition ›the spirit is a bone‹: the very failure of the first reading gives us the true meaning.« (Žižek 1989: 175f.)
Bachelard 1978: 48.
Bachelard 1978: 46.
Bachelard 1978: 49. Zu den Begriffen des »Erkenntnishindernisses« und der »Kontergedanken« siehe Bachelard, ebd.: 46 bzw. 51. Vgl. dazu Pfaller 1997: 25–61.
Bachelard: »Es genügt uns, von einem Objekt zu sprechen, um zu glauben, wir seien objektiv. Doch durch unsere erste Auswahl bezeichnet eher das Objekt uns, als daß wir es bezeichnen würden, und was wir für unsere grundlegenden Gedanken über die Welt halten, sind oft vertrauliche Mitteilungen über die Jugendlichkeit unseres Geistes.« (Bachelard 1974: 134). Vgl. dazu die Formulierung von Althusser: »… ein in sich geschlossenes System, das ohne Entwicklung ist, weil ohne Objekt im wissenschaftlichen Sinn des Ausdrucks, und das also im Realen niemals etwas anderes als sein eigenes Spiegelbild findet.« (Althusser 1973: 80). Einen analogen Gedanken formuliert auch Sigmund Freud: »Das Spiegelbild der Innenwelt muß im animistischen Zeitalter jenes andere Weltbild, das wir zu erkennen glauben, unsichtbar machen.« (Freud [1912–13]: 373).
Zum Begriff der epistemologischen »Schließung« beziehungsweise »Geschlossenheit« siehe Bachelard 1951: 86: »C’est là une élémentaire formule-réponse, une formule qui clôt des questions.«
Althusser 1975: 102.
Siehe Althusser 2011: 105.
Zur Verschiebung im Verständnis des Bildes beim frühen und beim späten Bachelard siehe Lecourt 1975: 32–50; Brühmann 1980; vgl. Leconte 2012.
Siehe dazu Althusser 1972a: 18–36; vgl. Pfaller 1992 und 1997: 137–146.
Wittgenstein 1980: 144.
Wittgenstein 1980: 80.
Wittgenstein 1980: 93.
Wittgenstein 1987: 30f.; vgl. dazu Macho 2003: 93.
Vgl. dazu Wittgensteins Überlegungen zum Vexierbild (Wittgenstein 1980: 309ff.).
Wittgenstein 1980: 309.
Siehe dazu Althusser [1969]: 133–140.
Foster Wallace 2005.
Siehe Spinoza 1993: 85. Vgl. dazu Schuhmann 2004: 65.
Platon, Menon 75d 4–7.
Ich räume gerne ein, dass sich noch viele andere Beispiele hätten anführen lassen. Der Umstand, dass solche Beispiele recht leicht zu finden sind, scheint mir meine These von der entscheidenden Bedeutung der Form in Wissenschaft und Philosophie nur zu bestätigen.
Barthes 1986: 35. Zu Barthes diesbezüglicher Theorie siehe die Kapitel 2 und 4 in diesem Buch.
Zu dieser Transformationskraft der Kunst aus der Perspektive der Ideologietheorie Louis Althussers siehe Pfaller 2016a.
Siehe dazu Loos 2000.
Vgl. dazu Malik 2017: 27: »In politischen Konflikten kommt es nicht darauf an, wer du bist, sondern darauf, woran du glaubst.«
Maya Forstater hatte geschrieben: »Framing the question of transgender inclusion as an argument that male people should be allowed into women’s spaces discounts women’s rights to privacy and is fundamentally illiberal«. Siehe dazu z.B. Clive Coleman: Woman loses tribunal over transgender tweets, BBC news, 19.12.2019, https://www.bbc.com/news/uk-50858919; vgl. Eva C. Schweitzer: Der Hass der politisch Korrekten, in: Cicero online, 23.12.2019, https://www.cicero.de/kultur/joanne-k-rowling-transgender-hass/plus (Zugriffe: 2020-01-30).
Gerade gegen diese sich in der westlichen Kultur zunehmend verschärfende Anforderung des »Geständniszwanges« war die gesamte sexualpolitische Kritik Michel Foucaults gerichtet. Siehe Foucault 1983.
Siehe dazu Pfaller 2011: 160–166.
Siehe dazu Freud [1905c]: 140–148.
Es muss einer politischen Betrachtung zu denken geben, dass gerade diejenigen Länder, in denen die neoliberale ökonomische Umverteilung am weitesten fortgeschritten ist, auch die ersten sind, die das Recht auf »Selbstbestimmung« des Geschlechts (durch Wahl der bevorzugten »pronouns« für die eigene Person) gesetzlich verankert haben.
»Ein Lächeln erscheint uns geringfügig und ohne Wirkung auf unsere Laune; weshalb wir’s auch gar nicht erst versuchen. Dabei krempelt uns die Höflichkeit, die uns ein Lächeln und einen liebenswerten Gruß abnötigt, oft regelrecht um. Der Physiologe weiß, warum; denn ein Lächeln wirkt ebenso befreiend wie ein Gähnen; es entkrampft nacheinander die Kehle, die Lungen und das Herz. … Die Einbildung verschafft uns hier eine Erleichterung, die nicht weniger wirklich ist als die Leiden, die sie verursacht. So zuckt der, der den Sorglosen spielen will, die Achseln, was sowohl die Lungen durchlüftet wie das Herz stärkt.« (Alain 1982: 30; vgl. ebd.: 45)
»Die Menschen sind insgesamt, je zivilisierter, desto mehr Schauspieler: sie nehmen den Schein der Zuneigung, der Achtung vor anderen, der Sittsamkeit, der Uneigennützigkeit an, ohne irgend jemand dadurch zu betrügen; weil ein jeder andere, daß es hiemit eben nicht herzlich gemeint sei, dabei einverständigt ist, und es ist auch sehr gut, daß es so in der Welt zugeht. Denn dadurch, daß die Menschen diese Rolle spielen, werden zuletzt die Tugenden, deren Schein sie geraume Zeit nur gekünstelt haben, nach und nach wohl wirklich erweckt, und gehen in die Gesinnung über.« (Kant [1798]: 442)
Dies gilt allerdings nicht für alle Minderheiten. Es gibt bekanntlich auch bestimmte homosexuelle Gruppen, die sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie das heterosexuelle Rollenspiel mit noch freudigerer Affirmation und noch deutlich geringeren Vorbehalten betreiben als die Heterosexuellen selbst. Die frühen Filme von John Waters mit seiner grandiosen Hauptdarstellerin »Divine« mögen hier als anschauliches Beispiel dienen. Solche Queers haben nicht mehr, sondern weniger Zweifel an ihren heterosexuell geprägten Rollen als die Heteros. Es handelt sich um einen anderen Typ von Anrufung und Subjektwerdung: Sie stellen sich zu ihren Rollen nicht wie die Heteros, also immer wieder neurotisch zweifelnd (»Bin das wirklich ich?«), sondern vollkommen bejahend; mithin, psychoanalytisch gesprochen, quasi psychotisch. Freilich kann gerade in solcher Überaffirmation des Bestehenden auch der Beginn seiner Untergrabung liegen.
Bezeichnend scheint hier, dass dies für die undogmatischen heidnischen Religionen nicht galt, die bekanntlich jeden fremden Kult gerne gepflegt und übernommen haben. Zur diesbezüglichen Unterscheidung zwischen kontaktfreudigen heidnischen »Primärreligionen« und abgrenzenden »Sekundärreligionen« siehe Assmann 2003: 11.
Kant [1793]: 821.
»… cela vous fera croire et vous abêtira«, Pascal 2004: 1215; vgl. dazu Pfaller 2002: 256f.
Siehe dazu Kapitel 6 über die Mode in diesem Buch.
Siehe Weber [1905]: 185: »Der zornige Haß der Puritaner gegen alles, was nach ›superstition‹ roch …«; vgl. ebd. 94f.
Siehe Engels 1973: 81.
Elias 1998, Bd. 1: 124–153.
Nietzsche [1886]: 157; vgl. dazu Elias 1998, Bd. 1: 129f.
Fontane 1854: 264; vgl. Elias 1998, Bd. 1: 130.
Zu diesem »Überschreitungsgebot« siehe Pfaller 2011: 20–28.
Wörtlich übersetzt: »Ich schäme mich, nicht zu weinen.« Der Impuls, die Tränen zu unterdrücken, wird hier also als Neigung aufgefasst. Die Pflicht besteht darin, diese Neigung zu überwinden. Selbst wer nicht weinen wollte, müsste es hier tun.
Die psychoanalytische Formulierung dieses Sachverhalts ist, wie ich versucht habe zu zeigen, die Annahme der Instanz eines »Unter-Ich«. Im Unterschied zum »Es« sendet es nicht nur Triebregungen und Neigungen aus, sondern (ähnlich wie das Über-Ich) auch Verpflichtungen. Siehe Pfaller 2017: 193–201.
Zu diesem psychoanalytischen Begriff und seiner Bedeutung für das Verständnis der Gegenwartskultur siehe Žižek 1993: 203; vgl. Pfaller 2011: 107f.
Zu diesem Begriffspaar aus der Religionssoziologie siehe Durkheim 1994: 403ff.; vgl. dazu auch Kapitel 5 in diesem Buch.
Zu dieser »Dialektik« der Komödie siehe Pfaller 2005.
Ich bin Peter Moeschl (Wien) und Horst Scheiböck (Linz) dankbar für Gespräche zu diesen Fragen.
Zu den analytischen Verfahren des »Skandierens« und »Punktierens« siehe Evans 1997: 159f.
Ein ähnliches »Durchstechen« – allerdings nicht zwischen Zeichen und bezeichneter Wirklichkeit, sondern innerhalb des sprachlichen Zeichens, zwischen Lautbild (Signifikant) und Vorstellung (Signifikat) – hat Jacques Lacan mit dem Begriff des »Steppunktes« (»point de capiton«) zu erfassen versucht. (Siehe dazu Evans 1997: 151). Der »Steppunkt« heißt bei Lacan auch »Herrensignifikant«. Entscheidend zum Verständnis solcher »Innovationen« Lacans gegenüber der Linguistik Ferdinand de Saussures ist, dass Lacan in der Regel nicht über die Sprache (das Objekt der Linguistik) spricht, sondern über ein bestimmtes psychisches Verhältnis zur Sprache (dieses Verhältnis ist Gegenstand der Psychoanalyse). Lacans Begriff des »Signifikanten« entspricht darum nicht dem Saussure’schen, sondern vielmehr dem Begriff des »sprachlichen Zeichens« bei Saussure. Denn innerhalb des Saussure’schen Konzepts der Sprache (»langue«) wären Begriffe wie das »Steppen« (ebenso wie ein »Herrensignifikant«) ohne jeglichen Sinn. In der langue existieren Signifikanten, wie Saussure betont, nie unabhängig von Signifikaten, sondern entstehen immer gleichzeitig mit ihnen. So »gleiten« oder »flottieren« die Signifikanten auch nicht in der Sprache selbst, sondern nur innerhalb des Primärvorgangs bestimmter Analysanden. Ebenso kann niemand (wie Lacan anderswo formuliert) einen Signifikanten aus der symbolischen Ordnung der Sprache verwerfen, wohl aber aus seinem eigenen Bild dieser symbolischen Ordnung. (Dies entspricht dem Sinn, in dem man auch sagen kann »mein Englisch ist schlecht« – womit man nur die eigene Sprachkompetenz, nicht aber das sprachliche System bzw. die langue des Englischen bezeichnet.)
Siehe dazu Lange 1968.
Siehe zum Beispiel die folgende Notiz: »Beobachtung 66. X., 38 Jahre alt, Ingenieur, verheiratet, Vater von 3 Kindern, obwohl in guter Ehe lebend, vermag dem Antriebe nicht zu widerstehen, von Zeit zu Zeit bei einer von ihm instruierten Prostituierten vorzusprechen und als Präliminarie eines Koitus folgende masochistische Komödie aufzuführen. Sobald er bei der Puella eingetreten ist, muss diese ihn bei den Ohren nehmen, ihn an denselben durch die Zimmer zerren, scheltend: ›Was tust du da, weisst du nicht, dass du in die Schule gehörst, warum gehst du nicht in die Schule?‹« (Krafft-Ebing 1997: 125).
Montaigne 1998: 127.
Montaigne 1998: 126.
Montaigne 1998: 127.
Montaigne 1998: 152.
Siehe dazu Lévi-Strauss 1978. Zur Frage der Magie in der Kunst vgl. Freud [1912–13]: 378; Sontag 1990; Danto 1986: 126–131; Hahn/Pfaller 2013.
Das Wort »glamour« leitete sich im Schottischen offenbar aus dem Wort »grammar« ab (siehe z.B. https://www.merriam-webster.com/words-at-play/the-history-of-glamour, Zugriff: 2019-08-18). Darin liegt die nicht unrichtige Erkenntnis, dass jeglicher magische Bann, jeder »magic spell« also, auf einer bestimmten Buchstäblichkeit beruht (»spelling« bedeutet ja auch »buchstabieren«). Eine andere Herleitung vermutet einen Zusammenhang mit Worten wie »glimmer« (siehe https://www.linguistlist.org/issues/6/6-1197.html, Zugriff: 2019-08-21) oder eine Zusammenziehung dieser beiden Herkunftsworte. Das Glitzern des »glimmer« würde mit dem »Blitzen« der Worte bei Quintilian zusammenstimmen.
Musil 1978: 182.
Siehe dazu z.B. Carroll 2007: 1: »Narrative closure is identified as the phenomenological feeling of finality that is generated when all the questions saliently posed by the narrative are answered.«
Ich bin meinem Freund, dem Künstler Vadim Fishkin (Moskau/Ljubljana), dankbar für diesen und viele weitere großartige Witze sowie für die Gespräche darüber.
Siehe Žižek 1989: 175f.
Siehe Lacan [1972–73]; vgl. Evans 1997: 45.
Nietzsche [1887]: 264.
Jacques Lacans Bemerkung, »ein Signifikant ist, was ein Subjekt für einen anderen Signifikanten repräsentiert«, bezieht sich gerade auf den Herrensignifikanten. Vgl. dazu Evans 1997: 46.
»Nur die Fragen, die prinzipiell unentscheidbar sind, können wir entscheiden.« Foerster 1993: 153. Auch in diesem Punkt, wie in vielen anderen dieses Buches, bin ich Peter Moeschl (Wien) dankbar für Anregungen und Gespräche.
Benjamin [1940]: 702.
Etwas ausführlicher zu diesem Punkt: siehe Pfaller 2013a.
Nietzsche [1887]: 306f. Siehe dazu Kapitel 1 in diesem Band.
Siehe Benjamin [1940]: 695.
Ein schönes Beispiel für Nachträglichkeit zeigt Freuds Erörterung des Traums der französischen Bonne, siehe Freud [1900]: 361f.
Žižek 1992: 33.
Scott 2017. Der Titel der deutschen Übersetzung, »Die Mühlen der Zivilisation« (Berlin: Suhrkamp, 2019), müht sich redlich und nicht ohne Witz, diesem englischen Wortspiel wenigstens nahezukommen. Ich bin Thomas Macho, Wien, dankbar für ein Gespräch zu diesem Buch.
Kant [1781/1787]: 133; vgl. dazu Macherey 1976: 21; Althusser 1977: 71.
Es handelt sich um Leo Burnett (Chicago) beziehungsweise Y&R für den deutschen Markt. Siehe http://www.alfaromeopress.de/press/article/seelenverwandt-uma-thurman-und-die-giulietta (Zugriff: 2019-08-26).
Auch auf der Metaebene legt der Slogan eine Einsicht nahe. Man könnte sie etwa so wiedergeben: »Ohne Schlussfolgerungen wären wir nur Sachbearbeiter.«
Siehe Žižek 1986a: 59.
Ein schönes Beispiel dazu zitiert und erklärt luzide Slavoj Žižek (Žižek 1994: 103f.).
Das Konversationslexikon »Grand dictionnaire universel du XIX. siècle« der Editions Larousse verzeichnet sorgfältig die verschiedenen möglichen Platzierungen und Bedeutungen dieses Zeichens. (Siehe dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Mouche; http://partylike1660.com/mouches/; Zugriff: 2019-08-26).
Siehe dazu Ullrich 2005: 9–30.
In diesem Moment verdoppelt sich die Liebe: Es wird nicht nur geliebt, sondern auch dieser Umstand selbst ist noch einmal Gegenstand der Liebe. Die Zeile »I love to love you, Baby« aus dem Song von Donna Summer bringt dies sehr gut auf den Punkt.
Zum Problem, wo die Ursache der Liebe sitzt – in der geliebten oder aber in der liebenden Person – siehe Miran Bozovic’ schönen Kommentar zur entsprechenden Passage bei Spinoza (Božovič 2006: 33–43).
Die Theoriebildung zum sogenannten »Erhabenen« setzt in der Antike ein mit der Abhandlung »Peri hypsous« (»Über das Erhabene«) eines »Pseudo-Longinus« genannten Verfassers. Sie setzt sich fort Ende des 18. Jahrhunderts in der aufkommenden Romantik bei Philosophen wie Edmund Burke und Immanuel Kant und erhält neue Aktualität am Beginn der Postmoderne bei Jean-François Lyotard. Einen guten Überblick dazu gibt der Sammelband von Christine Pries (Pries (Hg.) 1989). Zur Ästhetik des schlechten Geschmacks, der Trivialkultur und des Kitsches siehe den Aufsatz »Anmerkungen zu Camp« von Susan Sontag (Sontag [1964]).
Kant [1798]: 166.
Die scheinbar apolitische Naturschwärmerei der deutschen Romantik kann mit einigem Recht als Darstellung politischer Sehnsüchte gelesen werden. Wo es nicht gelungen ist, eine Bastille zu stürmen, dort müssen die Sehnsüchtigen eben einsame Berggipfel erklimmen. Und nicht selten findet sich gerade in der Einsamkeit der Natur eine Spur der französischen Revolution: So zum Beispiel in Philipp Otto Runges Gemälde »Grenadier im Wald«. Vgl. auch Kant [1798]: 234. Zur Umkehrung eines Scheiterns von Darstellung in die Darstellung eines Scheiterns siehe Žižek 1991: 124.
Kant [1798]: 236.
Aus psychoanalytischer Sicht gibt es noch eine weitere Erklärung zu diesem Problem: Das Kitschobjekt ist das Objekt eines naiven Geschmacks. In der Ästhetik des Kitsches werden somit drei Perspektiven voneinander getrennt: der naive Erstgeschmack, dem das kitschige Objekt gefällt; der gebildete Geschmack, der es verabscheut; und der supersmarte Künstlergeschmack, für den dieses Objekt »so schlecht« ist, »dass es schon wieder gut ist«. Für diese dritte Erfahrungsweise ist aber die Trennung dieser drei Ebenen entscheidend. Sollte der Verdacht aufkommen, dass es keine Naiven gibt und dass man somit selbst der Naive ist, dann ist die Freude verflogen, und Angst kommt auf: das charakteristische Symptom dessen, dass jene symbolische Schranke, welche die narzisstische Naivität als überwunden auf Distanz halten soll, zu verschwinden droht. Die naive Illusion droht auf den Supersmarten selbst zurückzufallen. Zu diesem Problem siehe die schöne Episode aus den Tagebüchern Casanovas und deren Kommentar bei Octave Mannoni (Mannoni 1985: 30).
Siehe dazu https://www.sueddeutsche.de/kultur/banksy-in-new-york-60-dollar-baby-1.1795524 (Zugriff: 2019-08-28).
Siehe dazu https://www.autobild.de/klassik/artikel/tatort-autos-im-polizei-einsatz-5473697.html (Zugriff: 2019-08-27).
Siehe dazu https://www.auto.de/magazin/tv-kommissare-und-ihre-autos-heute-mario-kopper-tatort-ludwigshafen/; vgl. dazu http://7er-forum.com/forum/showthread.html?t=226757 (Zugriff: 2019-08-27).
Siehe dazu https://www.youtube.com/watch?v=u6dj4pIDWwU (Zugriff: 2019-08-27).
Siehe https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/polizeiruf-110-matthias-brandt-glaenzt-in-der-rolle-des-zweifelnden-kommissars-14016510.html (Zugriff: 2019-08-27).
Siehe https://www.bmwgroup-classic.com/de/classic-heart/classic-heart-pool/classic-heart/bulle-von-toelz.html (Zugriff: 2019-08-27).
Zudem erinnern sie damit zugleich natürlich, auch wenn sie nicht ganz so altmodisch auftreten, an ein klassisches Vorbild – den legendären Inspector Columbo mit seinem Peugeot 403 Cabriolet. Diese Serie nahm in den 1970er Jahren ihren Anfang, wo es noch keine Nostalgie im Autodesign gab. Columbos alter Peugeot symbolisierte darum eher die Schrulligkeit seines Besitzers, sein listiges Understatement; freilich auch seine gegenüber den Verdächtigen meist inferiore Klassenzugehörigkeit sowie zugleich seine überlegene Noblesse und Intellektualität.
Siehe Žižek 1989: 175f.; vgl. Kapitel 1 in diesem Band.
Siehe dazu Pfaller 2008: 190–192.
Siehe dazu Žižek 1994: 103f.
Siehe dazu Feuerbach 1984: 29; Althusser 1995: 176ff. Vgl. dazu auch die Bemerkungen Louis Althussers über die Rollenverteilung im klassischen Melodrama (Althusser 1962: 184).
Siehe dazu Evans 1997: 172f.
Zu dieser Episode siehe Alain 1982: 160.
Freud [1927d]: 277.
Grundlage für dieses Kapitel ist der Text einer keynote address zum Symposion »How Art Matters. And How It Means«, konzipiert von Mateja Bucar, veranstaltet von der Igor Zabel Foundation For Culture and Theory, Stadtmuseum Ljubljana, 28.5.2016.
Siehe hierzu Fischer-Lichte 2004.
Siehe Gumbrecht 2005; 2012. So sehr Gumbrecht sich hier auf Martin Heideggers Unterscheidung zwischen »Sein« und »Seiendem« stützt, so sehr weicht er doch von dessen Linie ab, wenn er den Begriff der Präsenz vorschlägt: denn Heideggers Kritik hatte bekanntlich einem Denken des Seins als Anwesenheit (Präsenz) gegolten.
Siehe dazu https://www.youtube.com/watch?v=26R9KFdt5aY; https://www.youtube.com/watch?v=drZIWs3Dl1k (Zugriff: 2018-10-04). Ich bin Ernst Strouhal, Wien, dankbar für Hinweise und Gespräche zu diesen Fragen.
McLuhan 1987: 7.
Lacan [1957b]: 43: »… ich denke, wo ich nicht bin, also bin ich, wo ich nicht denke.«
Nietzsche [1873]: 314.
»Käthe Kollwitz meinte es gut. Goya war gut.« Zitiert nach Fritz J. Raddatz: Dickköpfiger Dünnhäuter, in: Die Zeit, 13.5.1977, https://www.zeit.de/1977/20/dickkoepfiger-duennhaeuter (Zugriff: 2018-10-23).
Bataille 1991.
Siehe Rancière 2006: 82.
Dies erkennt sehr präzise Michael Lüthy, der gestützt auf diese beiden Gegensätze eine Periodisierung der Kunstgeschichte in der Moderne entwirft (Lüthy 2009).
Sontag 2001.
Siehe Alain 1982: 200.
19734850