Bruce
Know
yourself!
Die Geheimnisse meines Erfolgs
Aus dem amerikanischen Englisch von
Bernhard Kleinschmidt
Knaur e-books
Bruce Lee (1940-1973) gilt als der größte Kampfkünstler des 20. Jahrhunderts. Er war ein sinoamerikanischer Kampfkünstler, Kampfkunst-Ausbilder und Schauspieler. Seine Martial-Arts-Filme sind legendär, seine Popularität auch nach seinem Tod ungebrochen (u.a. 21 Mio Facebook Follower). Er entwickelte den Kampfkunststil Jeet Kune Do, der die Prinzipien des Daoismus verkörpert.
© 2000 by Linda Lee Cadwell
© 2020 der deutschsprachigen Ausgabe O. W. Barth Verlag
Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
© 2020 der eBook-Ausgabe Knaur eBook
Das Original erschien unter dem Titel "Striking Thoughts" bei Tuttle Publishing.
Covergestaltung: Isabella Materne, München
Coverabbildung: Shutterstock/Arak Rattanawijittakorn
Coverabbildung: Illustration im Innenteil: Shutterstock/9comeback
Coverabbildung: © 2000 Linda Lee Cadwell
ISBN 978-3-426-45705-4
Auf deiner Suche nach der Wahrheit
musst du die Dinge unabhängig erforschen,
statt dich auf die Ansichten von jemand
anderem oder ein Buch zu verlassen.
Für alle Männer und Frauen jeder Kultur und jeden Hintergrunds, die wie Bruce Lee erkennen, dass es »unter dem Himmel nur eine einzige Familie« gibt, und die jenen zu widersprechen wagen, die etwas anderes behaupten. Es sind euer Mut und eure eigenen Gedanken, die eine bessere Zukunft für uns alle erschaffen werden.
Die Philosophie von Bruce Lee
Bruce Lee hat viele Menschen inspiriert. Fans seiner Filme waren begeistert von seiner fantastischen Körperbeherrschung, Kampfsportler waren beeindruckt von seinem tiefen Verständnis der Kampfkünste, andere haben sich an seiner Philosophie orientiert, die spirituelle und körperliche Aspekte der Kampfkunst zu einer Lebensweise verwob.
Sein Philosophiestudium auf dem College war das Sprungbrett einer lebenslangen Beschäftigung mit den wichtigen Denkern der Welt. Bruce beschränkte sich nicht auf eine bestimmte Kultur oder Epoche, vielmehr studierte er gesammelt und intensiv Hunderte Bücher über alle möglichen philosophischen Traditionen – westlich, östlich, historisch und modern. Sein Ziel war es, sich jene Lehren zu eigen zu machen, die zu seinem spirituellen Wachstum beitrugen.
Durch diesen konstanten Lernprozess entwickelte Bruce eine persönliche Philosophie, deren zentrales Thema die Befreiung des Geistes durch größere Selbsterkenntnis war. Um Wahrheit und Realität zu begreifen, muss unser Selbst sich von vorgefassten Meinungen, Vorurteilen und konditionierten Reaktionen befreien. Das Medium, durch das Bruce sein Potenzial entfaltete und mit anderen teilte, war die Kampfkunst. Als Lehrer dieser Kunst besaß er ein außergewöhnliches Talent. Oft sagte er: »Ein Lehrer ist nie jemand, der dir die Wahrheit überreicht; er führt und deutet zu der Wahrheit, die jeder Schüler für sich selbst finden muss. Ein guter Lehrer ist nur ein Katalysator.« Eine seiner Lieblingsgeschichten, die er neuen Schülern erzählte, war die von der leeren Teetasse:
Einst suchte ein gebildeter Mann einen Zen-Lehrer auf, um etwas über Zen zu erfahren. Während der Zen-Lehrer redete, unterbrach ihn der Gebildete häufig, um seine eigene Meinung über dies und jenes zu äußern. Schließlich hörte der Zen-Lehrer auf zu reden und machte sich daran, dem gebildeten Mann Tee zu servieren. Er füllte dessen Tasse, goss dann jedoch weiter, bis die Tasse überfloss. »Halt!«, sagte der gebildete Mann. »Die Tasse ist voll, da kann man nichts mehr hineingießen.« – »Wie diese Tasse bist du voll von deinen eigenen Meinungen«, erwiderte der Zen-Lehrer. »Wenn du nicht erst mal deine Tasse leerst, wie kannst du dann meine Tasse Tee kosten?«
Da Bruce selbst nicht bereit war, eine bestimmte Form von Kampfkunst oder Philosophie voll und ganz zu akzeptieren, forderte er seine Schüler auf, seine eigenen Lehren ebenfalls nicht fraglos anzunehmen. Seine zentrale Botschaft lautete, man solle Geist, Einstellung und Sinne biegsam und empfänglich halten und zugleich die Fähigkeit zu kritischem Denken entwickeln. Dieser Prozess des Forschens, Erörterns und Praktizierens soll nicht nur dazu dienen, die eigenen körperlichen Stärken und Schwächen kennenzulernen, sondern auch dazu, grundlegende Wahrheiten zu entdecken, mit denen wir wachsen können, hin zu einem Zustand der harmonischen Einheit von Geist, Gemüt und Körper.
Was Bruce lehrte, hatte verschiedene Wirkungen auf sein Publikum. Anhänger der Kampfkünste waren oft irritiert, weil er ihre starren Trainingsmethoden über den Haufen warf und sie dazu brachte, den blinden Glauben an bestimmte philosophische Dogmen zu hinterfragen. Wer bei Bruce persönlich unterrichtet wurde oder ihn durch seine Schriften kannte, wurde dazu angeregt, sein Potenzial über zuvor auferlegte Grenzen hinauszuentwickeln und Geist wie Körper so zu koordinieren, dass sein Selbstvertrauen stärker wurde als die Angst.
Durch sein Beispiel ermutigte Bruce seine Anhänger, kreativ an ihr Leben heranzugehen. »Die Umstände?«, sagte er lächelnd. »Na und, die schaffe ich mir selbst!« Mit seinem Tatendrang, seine Ziele zu verwirklichen, weigerte er sich stets, sich von Widrigkeiten aufhalten zu lassen. Sein Umgang mit Problemen bestand darin, einen Stolperstein in ein Trittbrett zu verwandeln. Als er wegen einer Rückenverletzung sechs Monate lang im Bett liegen musste, nutzte er die Gelegenheit dazu, seine Trainingsmethoden darzulegen und mehrere Bände mit seinen philosophischen Gedanken zusammenzustellen.
Bruce Lee war ein Mensch, der seine Bestimmung auf eine Weise erfüllte, wie er es sich selbst nicht hätte vorstellen können. Noch heute inspiriert er junge Leute dazu, so mit ihrem Körper und mit ihrem Geist umzugehen, dass ihr Bestes zum Vorschein kommt, sodass seine vielen Fans nach wie vor in diesem Sinne sagen: »Bruce Lee hat eine Wirkung in meinem Leben hinterlassen.«
Linda Lee Cadwell
Ein Buch für freie Geister
Worauf es ankommt, ist Selbstverwirklichung. Meine persönliche Botschaft an die Menschen ist die Hoffnung, dass sie danach streben, ihr Selbst zu verwirklichen und nicht ihr Selbstbild. Ich hoffe, dass sie in ihrem eigenen Innern nach einem aufrichtigen Ausdruck ihres Selbst suchen.
Bruce Lee
Bruce Lee hat Welten verändert – die Welt der Kampfkünste, die Welt des asiatischen und amerikanischen Films und die persönliche Welt zahlloser Schüler und Fans, die durch seine brillante Persönlichkeit verwandelt wurden. Sein Einfluss ist alles andere als eine vorübergehende Erscheinung. Über Jahrzehnte inspirierte und stimulierte er das Denken von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten. Inzwischen wächst das Interesse an seinem Denken erneut, und viele betrachten ihn als zeitgenössischen Philosophen und Visionär, dessen Worte ein Gegenmittel für heutige Probleme darstellen können. Lee dient als Vorbild an Disziplin, Stärke und Weisheit. Seine Philosophie bietet uns die Vision einer Welt des Fortschritts, die frei von Leiden ist, und einer Welt der Erkenntnis, unbeeinträchtigt von Ignoranz, Aberglaube und Unredlichkeit. Es ist, wie er sagt, eine Welt von »Liebe, Frieden und Brüderlichkeit«.
Für Lee war Philosophie kein beruflicher Spielplatz von Akademikern, sondern ein Tor, durch das jeder Einzelne zum größten Abenteuer des menschlichen Geistes vorstoßen konnte. Dabei ging es ihm darum, die Grenzen unserer Möglichkeiten zu erhellen und die Schatten von Zweifel und Unsicherheit zu beseitigen. Wie in diesem Buch deutlich wird, bestand er im Gegensatz zu anderen darauf, seinen eigenen Weg zur Wahrheit zu finden, und ermutigte alle, die sich seinen Einsichten anschließen wollten, dasselbe zu tun. Obwohl er für individuelle Rechte und Entwicklungsmöglichkeiten eintrat, womit er die Souveränität des Individuums als Zweck an sich betonte, sprach er auch etwas Tieferes an – die Gemeinsamkeit aller Menschen und die Beseitigung künstlicher Barrieren für eine wahre Brüderlichkeit. Sind solche Hürden wie Nationalität, ethnische Herkunft und Klassendenken überwunden, können wir friedlich, unabhängig und gleichberechtigt zusammenleben.
Blinden Gehorsam gegenüber äußeren Autoritäten lehnte Lee ab. Er forderte uns auf, uns und unser eigenes Leben als höchsten Wert zu betrachten. Deshalb feierte er in seinen Schriften den »Künstler des Lebens«, der sich auf sein eigenes Urteilsvermögen verlässt und bereit ist, sich allein gegen Tradition und landläufige Meinung zu stellen. »Wir haben mehr Vertrauen in das, was wir imitieren, als in das, was aus uns selbst hervorgeht«, sagte Lee, was dazu führe, dass wir uns bestärkt sehen – und entscheiden –, die Antworten auf unsere beunruhigendsten Fragen überall anderswo zu suchen als in uns selbst. Allzu oft sind wir verwirrt, wem wir vertrauen sollen; wir misstrauen unseren eigenen Impulsen und sind unsicher, was unsere Zukunft angeht. Unser Geist ist fehlernährt und unser Verstand verkümmert, weil wir zulassen, dass andere Macht über uns haben oder entscheiden, was »echte« Probleme sind.
Daher ist dies ein Buch für freie Geister, die sich entscheiden, der Kraft ihres eigenen Urteilsvermögens zu vertrauen, statt sich von Glaubenssätzen oder Institutionen diktieren zu lassen, welche Entscheidungen sie treffen und wie sie ihr Leben führen sollen. Mit seinen acht Teilen, zweiundsiebzig Themen und mehr als achthundert Aphorismen und Notizen ist es für alle gedacht, die nach Wahrheit gesucht, sie aber nicht in Plattitüden und Dogmen gefunden haben. Wer diese Seiten liest, wird feststellen, dass Lee keine Sammlung von einfachen Antworten servierte, sondern eine Methode aufzeigte, wie man seinen eigenen Weg planen kann. Und wer leidet, mutlos oder voller Angst ist, wird Beobachtungen und Einsichten entdecken, die Kraft verleihen und den unruhigen Geist besänftigen.
Wie komme ich darauf, so etwas zu behaupten? Ganz einfach, weil die Worte Lees das für mich geleistet haben – und für Tausende Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und aus der ganzen Welt, die sich die Zeit nahmen, der Bruce Lee Educational Foundation genau das per Post oder E-Mail mitzuteilen. Wieso das Denken Lees eine solche Anziehungskraft hat, ist leicht erklärbar, denn er wagte zu sagen, was andere nur zu denken wagen; seine Offenheit entwaffnet unsere Unsicherheiten und Ängste. Er war fähig, einem einzigen Satz eine Tiefe zu verleihen, für die andere mindestens ein ganzes Kapitel bräuchten; jede seiner Notizen ist wie eine Anhöhe, von der sich ein Blick auf die Möglichkeiten und Geheimnisse des Lebens bietet. Erstaunlich, dass solche profunden Gedanken die Frucht eines Lebens waren, das lediglich zweiunddreißig Jahre umspannt hat!
Der Originaltitel dieses Buchs, Striking Thoughts (»Treffende Gedanken«), entstammt einer Anzahl von Maximen, die Bruce Lee nach der Lektüre des Buchs Schöpferische Freiheit des Philosophen Jiddu Krishnamurti niedergeschrieben hatte. Seine Gedanken zu notieren (und später auf Tonband aufzunehmen) war jedoch eine Angewohnheit, die er schon seit seinen frühen Jahren in Hongkong hatte. Unter anderem finden sich auf diesen Seiten Gedanken, die in Gesprächen, Interviews und dem Briefwechsel mit Journalisten, Freunden und Kollegen zum Vorschein kamen. Manches andere hat er mit der Schreibmaschine getippt, vielleicht im Hinblick darauf, es eines Tages zu verwenden, oder rasch handschriftlich notiert, bevor es ihm aus dem Sinn ging. Wieder anderes sind Randnotizen aus Büchern, die er las, Ergebnisse eines Einfalls, der ihm kam, während er sich eingehend mit der Perspektive eines bestimmten Schriftstellers oder Philosophen beschäftigte.
In Lees Privatbibliothek standen die Werke vieler großer Denker aus vielen verschiedenen Kulturen. Sie vermittelten ihm ein umfassendes Verständnis, wie eine Vielzahl von Menschen – nicht nur jene, die er aus persönlicher Erfahrung kannte – das Leben mit seinen Freuden und Leiden sah. Diese verschiedenen Sichtweisen dienten jemandem wie Lee nur als Instrument, denn er wollte die vielfältigen Möglichkeiten der philosophischen Spekulation dazu nutzen, den eigenen Geist zu klären, statt endgültige Aussagen hervorzubringen, wo das Leben doch so blind und uneindeutig war. Schließlich war Lee der Meinung, dass dogmatische Schlussfolgerungen oft lediglich den Punkt darstellten, an dem die Segel des Denkens keinen Wind mehr bekamen.
Die pädagogische und literarische Form, die Lee am häufigsten wählte, war der Aphorismus, weshalb dieses Buch sich großenteils an diesen Stil hält. Man könnte es daher wie eine Sammlung von Zitaten lesen, aber was Bruce Lee einem letztendlich sagen wird, steht in einem direkten Verhältnis dazu, inwieweit man ihm kontinuierlich Aufmerksamkeit schenkt. Er hat sich immer an das Individuum gewandt, wobei man sich klarmachen muss, dass er seine Notizen in erster Linie verfasste, um seine persönlichen Empfindungen über das Leben auszudrücken. Sie sollten daher nicht als dogmatisches Arsenal von Argumenten für oder gegen etwas gelesen werden. Lee hatte begriffen, dass im Bereich der Philosophie weniger mehr ist, und aus genau diesem Grund überwinden seine Schriften – besonders seine Aphorismen – elegant die schwerfällige Komplexität der herkömmlichen Philosophie. Sie sind wie frische Luft für alle, die daran gewöhnt sind, ihre philosophische Medizin mit einer starken Dosis an Metaphysik und Erkenntnistheorie einzunehmen. Der Zweck eines Aphorismus ist ein von Herzen kommender Weckruf, keine intellektuelle Abstraktion, so wertvoll Derartiges auch sein mag. Deshalb heißt es in einem dieser Sprüche:
Das Ziel des Menschen ist Handeln und nicht Denken, selbst wenn Letzteres noch so edel sein sollte.
In seinen Aphorismen beginnt Lee im Allgemeinen mit einem vertrauten, wichtigen Aspekt des Lebens, um dann auf die Probleme aufmerksam zu machen, die mit den herkömmlichen Annahmen darüber verbunden sind. Als Folge dieser Darstellungsweise wird der Leser animiert, selbst über das Thema nachzudenken und seine eigene Antwort zu finden. Lee forderte seine Schüler im konkreten Unterricht und in seinen Schriften immer dazu auf, ihm nicht zuzustimmen oder zu widersprechen, sondern zu wachsen.
Indem Lee sich selbst und vermeintliche Wahrheiten ständig hinterfragte, lässt er uns erkennen, wie unzureichend der herkömmliche Standpunkt zu den angesprochenen Themen ist. Es ist dieses Hinterfragen, das die notwendige Grundlage für echtes Verständnis liefert. Nur durch »den Kontrast der Gegenüberstellung«, sagte Lee, »kann etwas Neues wachsen«. Selbst wenn er die Antworten gewusst und sie uns verraten hätte, erklärte er beharrlich, würden sie uns absolut nichts nützen. Anders gesagt, liegt es in der Natur seiner Aussagen über das Leben, dass wir ihre Gültigkeit selbst herausfinden müssen. Nach seiner Perspektive war jede seiner Einsichten nur dann etwas wert für jemand anderen, wenn dieser sie durch eigenes, unabhängiges Nachdenken bestätigt hatte. Deshalb sind Lees philosophische Schriften so gut geeignet, uns in unseren eigenen Geist und dadurch ins Reich der Philosophie zu führen.
So wichtig der Prozess von Suche und Nachforschung ist, folgen muss ihm das klare Verständnis, dass unsere »Schlussfolgerungen« keinen besonderen, privilegierten Status haben. Das liegt daran, dass unsere Annahmen und Ansichten fortwährend hinterfragbar sind. Unsere Folgerungen sind daher nur Zwischenstationen auf dem Weg zu weiteren Erkundungen, die wir im Lauf unseres Lebens kontinuierlich durchführen müssen. Da Lee bewusst war, dass seine Ansichten von seinen Schülern rasch zu Dogmen gemacht werden konnten, entschied er sich für die sokratische Methode, seine Schüler (und jetzt seine Leser) herauszufordern, ihre existenziellen Probleme von innen her anzugehen. Wenn es einen »Weg« gäbe, sagte Lee, dann wäre das garantiert der von jemand anderem, nicht unserer. Würden wir ihm folgen, so führte er uns nur weiter weg von der Wahrheit, die uns innewohnt. Aus diesem Grund ist es zwingend erforderlich, dass ein freier Geist kein Buch – dieses eingeschlossen – oder dessen Inhalt mit der Wahrheit verwechselt, denn sonst wird es nur zu einer weiteren äußeren Autorität werden:
Auf deiner Suche nach der Wahrheit musst du die Dinge unabhängig erforschen, statt dich auf die Ansichten von jemand anderem oder gar ein Buch zu verlassen.
In seinem letzten Film Enter the Dragon (Der Mann mit der Todeskralle) warnt Lee mit dem Bild eines auf den Mond weisenden Fingers, das er auch sonst in verschiedenen Varianten anwandte:
Das ist wie ein Finger, der auf den Mond zeigt; konzentrier dich nicht auf den Finger, sonst verpasst du die ganze himmlische Herrlichkeit.
Daher hat dieses Buch zwei Ziele – dass Bruce Lee mit uns kommuniziert und dass wir mit uns selbst kommunizieren. In diesem Sinne ist ein Rat, den er hinsichtlich seiner Lehren gab, von besonderer Bedeutung:
Zu leben ist der unaufhörliche Prozess, sich mit den Dingen in Beziehung zu setzen. Verlass daher dein Schneckenhaus aus Isolation und Schlussfolgerungen, und stell eine direkte Verbindung zu dem her, was gesagt wird. Bedenke, dass ich weder auf deine Zustimmung aus bin noch dich beeinflussen will. Triff daher keine Entscheidung im Sinne von »Dies ist dies« und »Jenes ist jenes«. Ich bin mehr als zufrieden, wenn du lernst, von nun an alles selbst zu erforschen.
Was Bruce Lee uns auf diesen Seiten mitteilt, müssen wir selbst interpretieren, und es ist allein unsere Aufgabe, daraus zu machen, was wir möchten.
John Little
Über Grundprinzipien
LEERE ALS AUSGANGSPUNKT.Um mein Glas Wasser zu schmecken, musst du zuerst dein eigenes Glas leeren. Mein Freund, lass alle vorgefassten, festen Vorstellungen fallen, und sei unvoreingenommen. Weißt du, wieso dieses Glas so nützlich ist? Weil es leer ist.
Fließe im Lauf des Lebens. Du kannst nie zweimal in dasselbe Wasser steigen, mein Freund. Wie fließendes Wasser, so ist auch das Leben beständig in Bewegung. Es gibt nichts Festes. Egal, auf welche Probleme du in Zukunft stoßen solltest, mach dir klar, dass sie nicht zum Stillstand kommen dürfen, sondern sich zusammen mit deinem lebendigen Geist bewegen müssen. Sonst wirst du in eine gekünstelte Haltung verfallen oder versuchen, etwas ständig Fließendes zu verfestigen. Um das zu vermeiden, musst du dich verändern und geschmeidig sein. Denk immer daran, dass ein Glas durch seine Leere nützlich ist.
DAS LEBEN HAT KEINE GRENZE. Das Leben ist weit und grenzenlos. Es hat keine Beschränkungen oder Grenzen.
DAS LEBEN IST EIN UNAUFHÖRLICHER PROZESS. Zu leben ist der unaufhörliche Prozess, sich mit den Dingen in Beziehung zu setzen. Verlass daher dein Schneckenhaus aus Isolation und Schlussfolgerungen, und stell eine direkte Verbindung zu dem her, was gesagt wird. Bedenke, dass ich weder auf deine Zustimmung aus bin noch dich beeinflussen will. Triff daher keine Entscheidung im Sinne von »Dies ist dies« und »Jenes ist jenes«. Ich bin mehr als zufrieden, wenn du lernst, von nun an alles selbst zu erforschen.
DAS LEBEN IST. Wir leben, wenn das Leben durch uns lebt, ungehindert in seinem Fluss, denn wer lebt, ist sich dessen nicht bewusst, und darin lebt sich das Leben. Es lebt sich, und in diesem lebendigen Fließen entstehen keinerlei Fragen. Der Grund dieses Lebens ist ein lebendiges Jetzt! Um das Leben rückhaltlos zu leben, müssen wir daher erkennen, dass das Leben schlicht »ist«.
LEBEN UM DES LEBENS WILLEN. Erkennt die Tatsache, dass ihr einfach »lebt« und nicht »lebt, um zu …«.
DER SINN DES LEBENS. Der Sinn des Lebens besteht darin, dass es gelebt werden muss. Es darf nicht zum Tauschobjekt, in Begriffe gekleidet und in schematische Systeme gepresst werden.
LEBEN IST DIE AUSWIRKUNG VON GEFÜHLEN. Das Leben ist einfach das, was unsere Gefühle mit uns machen.
DER SINN IM LEBEN.Alles in allem ist es das Ziel meiner Pläne und meines Tuns, den wahren Sinn im Leben zu finden – inneren Frieden. Um diese Geistesruhe zu erreichen, hat sich die Lehre vom Loslassen, wie man sie im Taoismus und im Zen findet, als wertvoll erwiesen.
DAS GEHEIMNIS DES LEBENS. »Wie ein Mensch in seinem Herzen denkt, so ist er.« Dieser Sinnspruch enthält das Geheimnis des Lebens. James Allen hat hinzugefügt: »Ein Mensch ist buchstäblich das, was er denkt.« Diese Aussage mag schockierend wirken, aber alles ist ein Geisteszustand.
SINN FINDET SICH IN BEZIEHUNGEN. Sinn ist die Beziehung der Gestalt im Vordergrund zum Hintergrund.
MANIPULATION UND KONTROLLE SIND NICHT DIE HÖCHSTE LEBENSFREUDE. Wir erkennen, dass Manipulation und Kontrolle nicht die ultimative Lebensfreude darstellen. Echt werden, lernen, klar Stellung zu beziehen, die eigene Mitte entwickeln zur Unterstützung unserer ganzen Persönlichkeit, Spontaneität freisetzen – ja, das ist es!
DIE ESSENZ DES LEBENS. Die Essenz: freie Bewegung des Geistes. Die ursprüngliche Essenz.
GEWALT IST EIN TEIL DES LEBENS. Man sollte sich klarmachen, dass Gewalt und Aggression heute ein Teil unseres Alltags sind. Man sieht sie in allen Fernsehsendern. Daher kann man nicht einfach so tun, als würden sie nicht existieren.
DAS PRINZIP DES LEBENS. Leben ist niemals Stagnation. Es ist eine permanent arrhythmische Bewegung und eine konstante Veränderung. Alles lebt, indem es sich bewegt und dabei Kraft gewinnt.
MANCHMAL IST DAS LEBEN UNANGENEHM. Das Leben ist ein beständig fließender Prozess, und irgendwo unterwegs tauchen gelegentlich unangenehme Dinge auf. Die hinterlassen unter Umständen eine Narbe, aber dennoch ist das Leben fließend, und wie fließendes Wasser wird es schal, wenn es zum Stehen kommt. Geh mutig weiter, mein Freund, weil jede Erfahrung uns etwas lehrt. Lass dich nicht beirren, denn das Leben ist manchmal nett zu uns und manchmal eben nicht.
DAS PENDEL DES LEBENS MUSS IM GLEICHGEWICHT SEIN. Nur nüchterne Mäßigung hat Bestand, was durch alle Zeiten andauert. Nur die Mitte von etwas bleibt erhalten, weil das Pendel des Lebens sich in Balance befinden muss, und die Mitte ist das Gleichgewicht.
GESCHMEIDIGKEIT IST LEBEN. Seid geschmeidig! Solange der Mensch lebt, ist er weich und geschmeidig; ist er tot, so wird er steif und starr. Geschmeidigkeit ist Leben, Starrheit ist Tod, ob man nun vom Körper, vom Denken oder vom Gemüt eines Menschen spricht.
DAS LEBEN ALS ERZIEHER. Das Leben selbst ist dein Lehrer, und du bist in einem Zustand des ständigen Lernens.