Manchmal können wir es gar nicht richtig festmachen, was uns eigentlich fehlt. Wir sind einfach nur unzufrieden mit der Situation. Und wenn wir dann etwas erreicht haben, streben wir schon wieder nach mehr, wollen die nächste Stufe erklimmen. Wir setzen unsere Erwartungen zu hoch und hadern damit, dass unser Leben nicht perfekt ist.
Wir können uns gar nicht mehr vorstellen, dass etwas nicht perfekt sein muss, und haben verlernt, diesen Zustand zu akzeptieren. Dabei ist das Streben nach Perfektion der Hauptgrund für die Unzufriedenheit der meisten Menschen. Doch was wäre, wenn uns Perfektion auf einmal nicht mehr so wichtig wäre? Wenn wir das Leben so nehmen würden, wie es ist?
Der Bestsellerautor John C. Parkin vermittelt auf unbeschwerte, witzige und doch sehr weise Art, wie dringlich es ist, dieses Thema anzugehen: Wir müssen lernen, uns weniger Sorgen zu machen und das Leben zu genießen, wie es ist – eine wunderbare und inspirierende Anleitung für alle Unzufriedenen!
John C. Parkin sagte Fuck It zu seinem Job in der Medienbranche in London und floh mit seiner Frau und seinen Söhnen nach Italien, um dort ein Retreat-Zentrum zu eröffnen.
Schnell wurde ihm klar, dass Fuck It-Sagen eine ebenso große Kraft hatte wie all die fernöstlichen Weisheitslehren zusammen, die er über 20 Jahre lang studiert hatte.
Heute gibt er seine Fuck It-Retreats an spektakulären Orten in ganz Italien, zum Beispiel am Vulkan Stromboli.
Die Fuck It-Botschaft verbreitet er auch bei Fuck It-Kursen im Internet, sogar mit Fuck It-Musik. Den Rest der Zeit verbringt er mit seiner Familie, spaziert über die Hügel oder macht ein Nickerchen in der Sonne.
John C. Parkin
fuck it!
Nimm das Leben, wie es ist, und werde glücklich
Aus dem Englischen von G. Maximilian Knauer
Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel F**K IT: BE AT PEACE WITH LIFE JUST AS IT IS bei Hay House (UK) Ltd.
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Aus dem Englischen von G. Maximilian Knauer
Copyright © 2018 by John C. Parkin
Originally published by Hay House UK Ltd.
© der deutschsprachigen Ausgabe 2020 Ariston Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
Alle Rechte vorbehalten
Redaktion: Sabrina Kiefer
Umschlaggestaltung: Weiss Werkstatt, München
Abbildungen Innenteil: © Gaia Pollini siehe hier, Christian Wheatley/istockphoto siehe hier
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
ISBN: 978-3-641-23662-5
V001
Inhalt
Willkommen beim Spiel des Lebens
Level 1: Ich werde meinen Frieden finden, sobald
Ich ein Bonanzarad habe
Die Schulferien da sind
Ich wieder bei meinen Freunden bin
Ich meinen Abschluss gemacht habe
Er/sie »Ja« sagt
Weltfrieden herrscht
Ich mein eigenes Auto habe
Ich meinen Traumjob habe
Ich an einem Ort bin, den ich Heimat nennen kann
Wir eine Familie gegründet haben
Die Kinder in der Schule sind
Wir es schaffen, die Rechnungen und den Kredit abzuzahlen
Wir ein größeres Haus haben
Das Haus aufgeräumt ist
Ich erfolgreich bin
Ich reich bin
Ich den Preis verliehen bekomme
Ich abgenommen habe
Es mir wieder gut geht
Ich eine Abfindung bekomme
Ich Urlaub habe
Wir eine andere Regierung haben
Ich die Hypothek abbezahlt habe
Die Scheidung durch ist
Ich mich/wir uns zur Ruhe setze(n)
Die Operation vorbei ist
Der Schmerz weg ist
Ich in Frieden ruhe
Level 2: Ich kann jetzt meinen Frieden haben
Auf die Friedenshupe drücken
Ich kann mich jetzt entspannen
Wie friedvoll fühle ich mich jetzt?
Ich kann jetzt dankbar sein
Ich kann jetzt mein Handy ausschalten
Ich kann jetzt meine Meditation lebendig werden lassen
Ich kann jetzt dasitzen, Tee trinken und im Frieden sein
Aber ich schaffe es nicht, lange im Frieden zu bleiben (irgendwas ist immer)
Das Familienirgendwas
Das Geldirgendwas
Das geopolitische Irgendwas
Das Gesundheitsirgendwas
Das Wetterirgendwas
Das Ichirgendwas
Das Umweltirgendwas
Das Arbeitsirgendwas
Das unklare Irgendwas
Das Sterbeirgendwas
Level 3: Fuck It! Nimm das Leben, wie es ist, und werde glücklich
Fuck It dazu, die Dinge wichtig zu nehmen
Fuck It dazu, positiv zu sein
Fuck It dazu, brav zu sein
Fuck It dazu, authentisch zu sein
Fuck It dazu, geduldig zu sein
Fuck It dazu, wie es laufen soll
Fuck It zum Lieben
Fuck It zur Selbstliebe
Fuck It zum linearen Prozess
Fuck It zu den Zweifeln
Fuck It. Schließen Sie Frieden mit den Schwierigkeiten
Fuck It. Schließen Sie Frieden mit der Ungerechtigkeit
Fuck It. Schließen Sie Frieden mit Stress und Angst
Fuck It. Schließen Sie Frieden mit dem Scheitern
Fuck It. Schließen Sie Frieden mit Leuten, die Ihnen wehgetan haben
Fuck It. Schließen Sie Frieden damit, dass schlimme Dinge passieren
Fuck It. Schließen Sie Frieden mit der Bombe
Nachwort
Über den Autor
Willkommen beim Spiel des Lebens
Wenn Sie und ich uns ein wenig ähneln, dann haben Sie wahrscheinlich das Inhaltsverzeichnis durchgelesen, um zu sehen, was Sie so erwartet. Wenn wir uns tatsächlich irgendwie ähneln, haben Sie wahrscheinlich das Ganze schon im Buchladen gelesen, um zu sehen, ob das Buch den Kauf wert ist.
Das Inhaltsverzeichnis verrät nämlich so einiges; tatsächlich verrät es so viel, dass es manchmal reicht, sich nur das Inhaltsverzeichnis anzuschauen – man kriegt das Gefühl, dass man nicht wesentlich mehr erfahren wird, wenn man viele Stunden (abhängig von seiner Lesegeschwindigkeit) darauf verwendet, die Details zwischen den Kapitelüberschriften zu lesen, die das ganze Buch bilden.
Der erste Teil meiner Aufgabe im Verlauf dieses Buchs ist also, Sie davon zu überzeugen, dass es die Sache wert war, über das Inhaltsverzeichnis hinaus zu lesen. Der zweite Teil besteht darin, Sie von Level 1 auf Level 3 zu bringen.
Ich habe gesagt, »wenn Sie und ich uns ein wenig ähneln«, und das impliziert natürlich, dass manche von Ihnen das Inhaltsverzeichnis noch nicht angeschaut haben. Sie sind draufgängerisch eingetaucht, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, worum es hier eigentlich geht. Haben Sie überhaupt den Titel des Buches gesehen? Oder hat Ihnen ein guter Freund, der um Ihr Wohlergehen besorgt ist, das Buch gegeben und Sie stecken jetzt mitten in der Einleitung, ohne das Buch genauer angeschaut zu haben, weil Sie Ihrem Freund vertrauen?
Tatsächlich vermute ich, dass es sogar einige Leser geben wird, die die Einleitung ignorieren und direkt ins erste Kapitel einsteigen. Ich kann hier so ziemlich alles über sie schreiben, weil sie es niemals lesen werden. Sie lesen nicht die Kapitelüberschriften und nicht die Einleitung. Diese Narren!
Sie werden niemals Level 3 erreichen, denn um dorthin zu kommen, braucht man einen gewissen Grad von durchdringender Intelligenz in Kombination mit anderen Eigenschaften wie Geduld und Eigenwahrnehmung (welche wiederum nicht notwendigerweise Unterkategorien der Intelligenz sind – ich kenne genug intelligente Leute, denen es aber an Geduld und Eigenwahrnehmung fehlt).
Worum es mir hier geht, ist die »Spiel«-Struktur, die ich für das Buch gewählt habe – diese Sache mit Level 1, 2 und 3. Ich mag gute Spiele, besonders an Weihnachten: Ein Gesellschaftsspiel oder ein Brettspiel oder sogar ein Videospiel (wenn ich es schaffe, mal einen der Controller zu kriegen).
Tatsächlich ist es schon vorgekommen, dass ich meine Kinder dafür bezahlt habe, ihre Videospiele spielen zu dürfen. Ich verwende das Wort »ihre« hier natürlich sehr großzügig, weil ich mit meinem hart verdienten Geld sowohl die Hardware als auch einen Haufen überteuerter Software, die »Spiele«, bezahlt habe. Es kommt mir also ziemlich unfair vor, noch eine Summe drauflegen zu müssen, um diese Spiele spielen zu dürfen. Hey-ho.
Und diese Sache mit den »Levels« ähnelt eher einem Videospiel. Es ist natürlich ein wenig flapsig dahingesagt, das Leben sei ein Spiel. Für die meisten Leute fühlt sich das Leben oft nicht wie ein Spiel an: Es ist schwierig und stressig. Aber ein Teil des Weges, der zu Level 3 führt, besteht darin, zu erkennen, dass das Leben auch spielerischer Natur sein kann. Das macht das Leben mehr zu einer Art Spiel, das alle spielen müssen, ohne zu wissen, dass es ein Spiel ist; es offenbart sich nur als solches, wenn man das höchste Level erreicht hat.
Natürlich brechen alle Analogien zusammen, wenn man sie auseinandernimmt. Schauen Sie sich nur das Alte Testament an, wenn Sie ein Beispiel wollen.
Wie dieses Buch entstanden ist
Während eines Fuck-It-Wochenendes, das ich Anfang des Jahres geleitet habe, kam mir eine Erkenntnis: Das ganze Fuck-It-Konzept hat noch eine andere Ebene – eine, die über alles hinausgeht, was ich mir bisher ausgemalt hatte. Diese Erkenntnis hat mich auf eine Entdeckungsreise geführt (dieses Buch), die mir den einen oder anderen recht erstaunlichen Perspektivenwechsel beschert hat. Und wenn Sie dieses Buch langsam lesen und genug darüber nachdenken und einige Vorschläge befolgen und der Sache genug Zeit geben, werden auch Sie ähnliche (oder unähnliche, aber trotzdem erstaunliche) Perspektivenwechsel erleben.
Das kann ich Ihnen natürlich jetzt nicht garantieren. Es gibt keine Geld-zurück-Garantie für Erleuchtung auf Level 3. Aber ich werde nichts zurückbehalten: Ich habe ein wenig Licht gesehen und rausgekriegt, wie man dieses Licht weiterhin sehen kann. Und ich bin gut genug darin, das Licht zu beschreiben – und obendrein zu erklären, wie Sie es sehen können und es auch nicht wieder verlieren. Also glaube ich kaum, dass es mich viel Geld kosten würde, wenn es doch eine Geld-zurück-Garantie gäbe (und Sie mich davon überzeugen könnten, dass Sie das Licht noch immer nicht sehen, obwohl Sie alles versucht haben).
Aber zurück zu der Erkenntnis, die ich an diesem Fuck-ItWochenende gewann: Einerseits war ich von der Kraft dieser Erkenntnis von den Socken und andererseits angepisst – weil sie irgendwie den Kerngedanken des ganzen Wochenendes untergrub.
Ich wusste auch, dass ich, um diese Erkenntnis voll verstehen und sie in mein Leben und meine Daseinsweise aufnehmen zu können, ihr nachgehen müssen würde; ich müsste sie auspacken, leben und sehen, was sich durch diese Nachforschungen so ergeben würde.
Der Titel des Wochenendes lautete »Sei mehr Fuck It«, und schon zu Beginn listeten die Teilnehmer und ich all die Aspekte unseres Verhaltens und unserer Persönlichkeit auf, die nicht so »Fuck It« sind. Also schrieben die Leute Sachen auf wie: »die Dinge zu ernst nehmen«, »verkrampft«, »dünnhäutig«, »überambitioniert«, »leicht reizbar«, »wertend«, »gestresst«, »zu viel über das nachdenken, was andere sagen«, »ängstlich« und so weiter.
Dann hielten wir nach Dingen Ausschau, die uns helfen würden, mehr Fuck It zu sein. Da listeten die Leute Sachen auf wie »entspannt«, »offen«, »glücklich«, »sich nicht so viele Gedanken darüber machen, was andere denken«, »mich wohl in meiner Haut fühlen«, »geduldig«, »optimistisch«, »mutig«, »unbeschwert« und so weiter.
Ich notierte diese Vorschläge auf zwei Flipcharts, und wir sahen uns gemeinsam die beiden Listen an – weniger Fuck It und mehr Fuck It. Und dann wurde mir plötzlich etwas klar, und ich fragte die Gruppe: »Fallen Ihnen berühmte Personen ein, die diese Eigenschaften verkörpern?« Sofort kam die Reaktion: »Trump und Obama.« Das war ziemlich verblüffend. Trump war die Personifikation von »weniger Fuck It«, so wie die Teilnehmer es für sich definiert hatten, und Obama war total »Fuck It«.
Zugegeben, das war in den Anfangstagen von Trumps Präsidentschaft, und natürlich spukte er uns allen besonders im Kopf herum (und tut es auch jetzt noch). Aber die Liste der »weniger Fuck-It«-Eigenschaften beschrieb ihn haargenau. Doch man kann den orangen Herrn auch auf andere Weise sehen – seine Art, geradeheraus zu reden, aus der Hüfte zu schießen und die Dinge so zu handhaben, wie sie eben kommen, ist im Grunde ziemlich Fuck It.
Und die »mehr Fuck-It«-Liste beschrieb Obama – oder »No-Drama Obama«, wie ihn seine Kollegen im Weißen Haus nannten. Tatsächlich gibt es ein Foto von ihm, das im Februar 2017 aufgenommen wurde, als viele von uns fast krank vor Sorge waren, was Trump als Nächstes tun oder sagen würde, auf dem Obamas Fuck-It-Faktor sogar mir zu schaffen machte: Es zeigt ihn mit Richard Branson auf einem Boot; er trägt einen Neoprenanzug – er war gerade vom Kitesurfen gekommen – und sieht aus, als hätte er keinerlei Sorgen.
Nachdem wir also festgestellt hatten, was in unserem Leben weniger oder mehr Fuck It bedeutet, wollte ich eine Technik anwenden, die man »Muskeltest« nennt, um diese Eigenschaften zu evaluieren. Muskeltests sind eine Möglichkeit, einzuschätzen, wie stark Sie sind, und zwar auf Grundlage bestimmter Bedingungen. Sie werden beispielsweise oft benutzt, um auf Allergien zu testen. Ich wende sie gerne an, um den Effekt von bestimmten Gedanken oder Zuständen auf unseren Körper zu vergleichen.
Ein Muskeltest geht ganz leicht. Stellen Sie sich gerade hin, strecken Sie einen Arm seitlich aus und machen Sie dann laut eine Aussage. Eine Person, die direkt hinter Ihnen steht, versucht dann, Ihren Arm herunterzudrücken, während Sie dem Druck Widerstand leisten (siehe Zeichnung unten).
Muskeltest
Ich mache den ersten Muskeltest üblicherweise mit dem Namen einer Person: Sie sagt laut ihren eigenen Namen, gefolgt von einem erfundenen Namen. Dann stellt sie (normalerweise) fest, dass ihr Arm mehr Kraft hat (das heißt dem Druck besser widerstehen kann), wenn sie ihren eigenen Namen sagt.
Die Gruppe vom Fuck-It-Wochenende und ich machten uns daran, das mehr und weniger Fuck It zu testen. Jede Person suchte sich einen Satz aus, der einen ihrer weniger Fuck-It-haften Aspekte zusammenfasste – zum Beispiel: »Ich bin ziemlich ungeduldig.« Eine Person sagte den Satz laut, während eine andere die Kraft ihres ausgestreckten Arms auf die Probe stellte. Danach wurde die Fuck-It-haftere Variante derselben Sache getestet (es musste aber glaubwürdig bleiben). Zum Beispiel: »Ich weiß, dass die Dinge manchmal in ihrem eigenen Tempo geschehen müssen.«
Der Wahrheitsgehalt spielt bei einem Muskeltest durchaus eine wichtige Rolle (wie der Test mit dem Namen beweist), in der Fuck-It-lastigeren Behauptung musste also ein Fünkchen Wahrheit stecken. Und, um bei diesem Beispiel zu bleiben, die meisten ungeduldigen Menschen sind sich darüber im Klaren, dass die Dinge in der Tat in ihrem eigenen Tempo geschehen müssen.
Wir führten den Test durch, nachdem wir die Gruppe in Paare aufgeteilt hatten. Im Allgemeinen stellten die Leute fest, dass sie physisch stärker waren, wenn sie den Fuck-It-hafteren Satz sagten.
Nach dieser Übung kam eine Frage von einer Teilnehmerin auf, also bat ich sie, nach vorne zu kommen, um sich von mir testen zu lassen. Sie war bei der Fuck-It-hafteren Aussage stärker. Auftrag erledigt. Ich hätte sie sich wieder setzen lassen können, aber etwas stimmte nicht. Obwohl sie mit dem Ergebnis zufrieden war – und kaum glauben konnte, wie viel stärker sie gewesen war, als sie sich erlaubt hatte, mehr Fuck It zu sein –, hatte ich doch das Gefühl, dass etwas nicht stimmte.
Als die Frau sich gerade wieder hinsetzen wollte, rief ich sie zurück und bat sie, einen neuen Satz auszuprobieren. Und jetzt will ich Ihnen sagen, was sie testete, aber ich werde Ihnen nicht verraten, wer sie war. Ich werde sie also »Judi Dench« nennen. (Natürlich war es nicht wirklich Judi Dench – das ist nur ein Name, den ich ihr gegeben habe. Sie war überhaupt nicht wie Judi Dench, und ihr Name begann auch nicht mit »M«).
Judi Denchs weniger Fuck-It-hafter Satz war also: »Ich denke zu viel darüber nach, was andere von mir halten.« (»Na, dann hätten Sie vielleicht keine Schauspielerin werden sollen, hm, Madame Judi?«, könnte man wohl antworten.) Und ihr Fuck-It-hafterer Satz lautete: »Ich denke nicht so viel darüber nach, was andere von mir halten.« Das war für sie glaubhaft und im Bereich des Möglichen, also machte es sie stärker.
Der neue Satz, den ich sie zu testen bat, war folgender: »Hin und wieder ist es absolut normal, sich darüber Gedanken zu machen, was andere von mir halten.« Sie wiederholte den neuen Satz und hob bereitwillig den Arm für mich, damit ich sie (zum dritten Mal) testen konnte. Ich drückte ihren Arm nach unten – zuerst langsam, wie wir es den Leuten beibringen, dann stärker – und konnte ihn keinen Zentimeter bewegen. Judi Dench war wie versteinert. Und wieder konnte sie es nicht glauben.
Das dritte Level von Fuck It
Aber diesmal war sie verwirrt: War es nicht Sinn der Übung zu sehen, dass »mehr Fuck It« zu sein die Lösung war? War das nicht eigentlich der Kerngedanke des gesamten Wochenendes? Nun, ja, das war es. Aber meine Definition, was »mehr Fuck It« bedeutet, wurde nun auch auf die Probe gestellt. Ich fühlte mich jedoch beschwingt, da ich wusste, dass das eine große Erkenntnis für uns alle war. Da wusste ich, dass es ein drittes Level in der ganzen Fuck-It-Sache gibt. Im Fall von Madame Judi bedeutete das:
Level 1: Es stresst mich, mir darüber Gedanken zu machen, was andere von mir halten, und diese Gedanken blockieren und stören mich.
Level 2: Ich finde eine Möglichkeit, mir nicht so viele Gedanken darüber zu machen, was andere von mir halten.
Level 3: Mir wird klar, dass es okay ist, sich hin und wieder wegen dem gestresst zu fühlen, was andere von mir halten, und das ist ganz normal.
Und in unserem Fall, wenn wir Level 3 auf die Frage anwenden, was es bedeutet, seinen Frieden zu finden – und darum geht es immerhin in diesem Buch –, dann läuft das ungefähr so:
Level 1: Ich fühle mich gestresst und nicht im Frieden.
Level 2: Ich finde Möglichkeiten, mich friedvoll zu fühlen.
Level 3: Ich schließe Frieden damit, dass ich manchmal gestresst und manchmal friedvoll bin, da beide Gefühlslagen ein natürlicher Teil des Lebens sind.
Das ist jetzt vielleicht erst einmal verwirrend (so wie es auch Judi Dench und den Rest der Gruppe beim »Sei mehr Fuck It«-Workshop verwirrt hat). Wenn dem so ist, entspannen Sie sich: Wir haben jetzt ein ganzes Buch vor uns, um der Sache nachzugehen.
Vielleicht fühlen Sie aber auch einen Anflug von Freiheit, wenn Ihnen klar wird, was dieses Buch zu bieten hat. Der Zugang zu diesem Verständnis lautet »Fuck It«. Fuck It dazu zu sagen, seinen Frieden zu finden, kann einen vielleicht verwirren (wenn »Frieden finden« das ist, worauf Sie aus sind – und wenn Sie dieses Buch gekauft haben, stehen die Chancen gut, dass es so ist), aber es kann einem auch einen Hauch der Freiheit vermitteln, die auf einen wartet, wenn einem die Dinge weniger wichtig sind; selbst wenn es eben die Dinge sind, die man am meisten will.
Also, sprechen Sie mir bitte nach: »Ich weiß, dass ich es will, aber ich sage Fuck It dazu, meinen Frieden zu finden.« Also, lassen Sie uns nun dieses neue Spiel des Lebens etwas mehr erforschen.
Level 1
Ich werde meinen Frieden finden, sobald...
Obwohl wir gerade erst auf Level 1 anfangen, sind wir schon relativ weit fortgeschritten im Spiel »Mach dir einen Reim aufs Leben«, wenn wir »Frieden finden« für ein wichtiges Ziel halten. Vielleicht haben Sie dieses Level schon erreicht, auch wenn Sie Ausdrücke wie »Es wird mir gut gehen, wenn ...« oder »Ich werde glücklich sein, wenn …« statt »Ich werde meinen Frieden finden, sobald ...« verwendet haben.
Die Schichten unterhalb von Level 1 bestehen aus einem mehr oder weniger unbewussten Herumkrebsen im Leben. Wir arbeiten, weil wir das eben tun sollen. Wir nehmen Angebote an, weil wir sie bekommen – egal ob sie für uns gut sind oder nicht.
Wir kommen Level 1 ein Stückchen näher, wenn wir begreifen, dass wir die meisten Dinge machen und uns die meisten Dinge zum Ziel setzen, um etwas Bestimmtes zu fühlen. In unserer Jugend ist das vielleicht »Aufregung« oder »Nervenkitzel«. Wenn wir dann älter werden, ist es vielleicht »Entspannung« oder »Zufriedenheit«.
Ich habe mich auf diese Geschichte mit dem »Frieden finden« eingeschossen, weil ich glaube, dass das für die meisten von uns der Subtext ist. Ich muss nicht die ganze Zeit in heller Aufregung oder entspannt oder glücklich sein, aber immer »im Frieden zu sein« klingt nach einem guten Ziel.
Wenn Sie sich also jetzt dieses Kapitel zu Level 1 durchlesen, ist es vielleicht manchmal notwendig, dass Sie die Sache mit dem Frieden durch etwas anderes ersetzen. Als Kind hätte ich wohl gesagt: »Ich werde glücklich sein (statt: ich werde meinen Frieden finden), wenn ich ein Bonanzarad habe.« Aber auch damals schon wollte ich Frieden finden, auch wenn ich es gar nicht wusste.
Ich werde meinen Frieden finden, sobald … ich ein Bonanzarad habe
Wissen Sie, was ein Bonanzarad beziehungsweise ein Raleigh Chopper ist? Es ist das beste Fahrrad, das je erfunden wurde: Mit einem Sitz wie der eines Yamaha-Motorrads, einem Schalthebel auf den Oberrohren, der direkt aus einem Ford Mustang stammen könnte, einem Harley-Davidson-Lenker und einem Namen aus einem Western.
Und ich wollte eins. Ich schlief jeden Abend ein und stellte mir vor, wie es wäre, eins zu besitzen. Ich wusste, dass ich glücklich sein würde und dass mein Leben vollkommen wäre, wenn ich einfach nur so einen Chopper haben könnte.
Ich weiß, dass es merkwürdig ist, ausgerechnet damit anzufangen, aber ich werde niemals wissen, ob ich für immer glücklich gewesen wäre und mein Leben vollkommen, denn ich habe nie ein Bonanzarad bekommen. Stattdessen wurde es ein anderes Fahrrad. Ich weiß nicht mehr warum. Es lag nicht daran, dass meine Eltern nicht großzügig waren – vielleicht gab es im Laden einfach kein Bonanzarad mehr.
Vielleicht müsste ich mir jetzt eins kaufen, hm? Vielleicht ist ein Chopper immer noch die Lösung?
Glücklicherweise haben wir alle auch noch anderes in unserem Leben – Dinge, die wir wollen und die wir uns beschaffen und anhand derer wir sehen können, ob dieses »Frieden finden« sich tatsächlich so erreichen lässt, wie wir uns das vorstellen.
Ich werde meinen Frieden finden, sobald … die Schulferien da sind
Für mich war die Schule eine lange, sich endlos hinziehende Tortur. Ich habe meine Jugend nicht »verschwendet« – ich verbrachte einen Großteil meiner Zeit damit, mich sorgfältig mit meinen Studien zu beschäftigen –, aber ich fürchtete die meisten Fächer.
Ich verwendete einiges an Energie darauf, die Zeit entweder zu verlangsamen – wenn ich auf den gefürchteten Montag wartete, auf einen Test oder eine Prüfung – oder sie zu beschleunigen, wenn ich mich nach den Pausen und den Ferien sehnte. Ich wette, die Zeit war verwirrt.
Eigentlich wünschte ich mir als Teenager meist das, was ich gerade nicht hatte. In den schweren Wochen in dunklen Klassenzimmern mit sadistischen Lehrern wünschte ich mir die Ferien herbei.
wollte.