Im Juli 1975 kam David Bowie spindeldürr und schwerst kokainabhängig nach New Mexico, um Der Mann, der vom Himmel fiel zu drehen. Er war achtundzwanzig. Der Regisseur des Films, Nicolas Roeg, hatte ihn für die Hauptrolle des außerirdischen Abgesandten Thomas Jerome Newton besetzt, nachdem er Bowie in der BBC-Dokumentation Cracked Actor gesehen hatte und seiner engelhaften Erscheinung verfallen war.
Am Set überraschte Bowie alle mit seiner Gewissenhaftigkeit, seinem Engagement und seiner Begeisterung dafür, mit dem Team zu scherzen und mit seinem Ko-Star Candy Clark an seinen Texteinsätzen zu arbeiten. Er hatte – ziemlich wagemutig – versprochen, während der Dreharbeiten keine Drogen zu nehmen. Wenn er also nicht gebraucht wurde, zog er sich in seinen Wohnwagen zurück und widmete sich einem weitaus weniger schädlichen Zeitvertreib: dem Lesen von Büchern.
Zum Glück hatte er reichlich Auswahl dabei. In einer Reportage vom Filmset, die in der Sunday Times erschien, war zu lesen: »Bowie hasst Flugzeuge, also reist er meistens im Zug durch die Staaten, wobei er in speziellen Koffern stets seine mobile Bibliothek mit sich führt, öffnet man sie, stehen dort alle seine Bücher ordentlich aufgereiht in Regalen. In New Mexico handelte ein großer Teil seiner Lektüren vom Okkulten, seiner jüngsten Leidenschaft.« Diese transportable Bücherei bot Platz für eintausendfünfhundert Werke – genug, um Clarks spätere Bemerkung, Bowie habe während der Dreharbeiten zu Der Mann, der vom Himmel fiel »wirklich sehr viel gelesen«, wie eine Untertreibung wirken zu lassen.
Springen wir in den März 2013: Im Londoner The Victoria & Albert Museum wird die Ausstellung David Bowie Is eröffnet, begleitet von begeisterten Kritiken und rekordverdächtigen Ticketverkäufen. Die Retrospektive seiner Karriere umfasst etwa fünfhundert Objekte aus dem Privatarchiv des Sängers, inklusive Kostümen, Gemälden, handgeschriebenen Songtexten und Storyboards für Musikvideos. Sie wird von London aus um die Welt reisen und schließlich nach etwas mehr als fünf Jahren im New Yorker Brooklyn Museum ihren Schlusspunkt finden. Zeitgleich mit der Eröffnung in Toronto, der ersten Station nach London, veröffentlicht das Victoria & Albert die Liste, auf der dieses Buch basiert und die jene hundert Bücher enthält, die Bowie unter den Tausenden, die er im Laufe seines Lebens gelesen hat, als die für ihn wichtigsten und prägendsten (also nicht unbedingt seine Lieblingsbücher!) erkoren hatte.
Obwohl diese Bücher bereits Teil der Londoner Ausstellung waren, wo einige von ihnen von der Decke hingen, ging die Liste nach ihrer Veröffentlichung schnell viral, die Reaktionen lassen sich größtenteils so zusammenfassen: Wow, wer hätte gedacht, dass David Bowie so viel gelesen hat? Was merkwürdig war, weil Bowie aus seiner Leidenschaft für Bücher nie ein Geheimnis gemacht hatte. Er hatte sie nicht nur in Interviews zum Ausdruck gebracht, sondern auch in unzähligen Anspielungen in seiner Arbeit und den Masken, die er wählte, um sein Werk der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Die Anekdote über seine mobile Bibliothek zeigt das obsessive Ausmaß, das Bowies Leseverhalten zu jener Zeit annahm, als er sein Ziel erreicht hatte und weltberühmt war. Er machte sich an die Lektüre wie an alles andere auch: mit manischem Eifer. Begonnen hatte es wohl als eine ganz normale Angewohnheit, und zwar in seinem Kinderzimmer im Plaistow Grove Nummer 4, einem kleinen Reihenhaus im Londoner Vorort Bromley, wo er die prägenden Jahre seiner Kindheit und Jugend verbrachte.
Damals waren Bücher cool und sexy; sogar noch cooler und sexier als heute (wirklich!). Als Allen Lane 1935 den Verlag Penguin Books gründete, war das Taschenbuch bereits erfunden – es bedurfte nur noch seiner Marketingkünste und seines unternehmerischen Genies, um das Lesen zu demokratisieren: Für den Preis einer Schachtel Zigaretten war nun die beste Literatur der Welt erhältlich. Bowies Nachkriegsgeneration war die erste, für die diese Verfügbarkeit selbstverständlich war, und als 1966 ›Paperback Writer‹ von den Beatles zum Nummer-eins-Hit wurde, stand der Begriff des Taschenbuchautors auch für das Auftauchen der Menschen aus Provinz und Arbeiterklasse in der Kreativwirtschaft Großbritanniens.
Bowie glänzte nicht gerade in der Schule und verließ sie 1963 mit einem mittleren Abschluss in Kunst. In Anbetracht des breiten Interessenspektrums, das er später entwickeln sollte, scheint dies jedoch weniger auf Faulheit oder eine Lernschwäche hinzudeuten als auf eine ausgeprägte Ungeduld im Umgang mit konventionellen Lehrmethoden. Als klassischer Autodidakt erkannte Bowie früh, dass es ihm sehr viel besser gefiel, sich selbst etwas beizubringen, als etwas beigebracht zu bekommen. Zudem bereitete es ihm großes Vergnügen, das Gelernte weiterzugeben: Wenn ihn ein Buch begeisterte, sagen Freunde, bewarb er es mit missionarischem Eifer.
Letzteres mag auch der Grund dafür gewesen sein, dass er 1998 begann, Buchbesprechungen für die US-Buchhandelskette Barnes & Noble zu verfassen. »Sie sahen, dass ich eine Menge Buchbesprechungen auf meiner Seite schrieb [seine erste Website BowieNet], und dachten, dass es vielleicht nicht schlecht wäre, wenn ich für sie auch ein paar machen würde«, sagte er dem Magazin Time Out. »Ich gab ihnen fünf Kategorien, in denen ich gerne Besprechungen schreiben würde, von Kunst über Literatur zu Musik. Meine erste Besprechung war Glam Rock von Barney Hoskyns. Und wie fand ich es? Großartig.«
Bowies kreative Methode war speziell und, zumindest bis seine Imitatoren es ihm gleichtaten, für einen Popmusiker ungewöhnlich. Es begann damit, dass er sich jedem möglichen Einfluss weit öffnete. Nicht nur anderer Musik, sondern – und das zeichnete ihn aus – allem, was seiner Vision dienlich sein konnte, unabhängig von Genre oder Medium. Die so entstandenen Songs, Looks, Musikvideos oder Albumcover verwiesen unweigerlich auf ihre Quellen zurück, jedoch über verschlungene und verzweigte Wege – die Einflüsse waren so stark destilliert worden, dass man ihren Ursprung zuweilen kaum noch erkennen konnte. Da er gerne las, nahmen Bücher in diesem Prozess naturgemäß eine wichtige Rolle ein.
Bowie spielte außerdem gerne Spiele, und vielleicht ist die Liste letztlich ein weiteres Element des Spiels, das er mehr liebte als alle anderen – das Kuratieren seines eigenen Mythos. Wie ihm sicherlich bewusst war, hatte er dabei einen namhaften Vorgänger: 1985 bat ein Verleger den argentinischen Schriftsteller Jorge Luis Borges, den großen Dichter der Bibliotheken und Labyrinthe, seine hundert liebsten Bücher auszuwählen und zu jedem eine Einführung zu schreiben. Borges schaffte es nur bis zur Nummer 74, dann starb er, aber seine Liste ist, wie die von Bowie, herrlich eklektisch, suggestiv und überraschend, und noch dazu voller Autoren, von denen wir wissen oder zumindest sicher annehmen können, dass auch Bowie sie bewundert hat (Oscar Wilde, Franz Kafka, Thomas De Quincey). Merkwürdigerweise gibt es jedoch kein Werk, das auf beiden Listen auftaucht.
Mir gefällt der Gedanke, dass Bowie seine Liste als eine Hommage an Borges verstanden hat – als einen Garten der Pfade, die sich verzweigen (um den Titel einer von Borges’ berühmtesten Kurzgeschichten zu zitieren), in dem man, wenn man bei Edward Bulwer-Lyttons Rosenkreuzer-Romanze Zanoni links abbiegt, bei Angela Carters Nächte im Zirkus landet, um dann, von Flauberts Papagei inspiriert, nach Hinweisen auf die Identität des »echten« David Bowie zu suchen und aufgeregt weiterzueilen, hin zu Mr. Wilsons Wunderkammer, einem Buch über den haarfeinen Grat zwischen Kunstgriff und Authentizität.
Nichts von alldem soll Bowies Liste vorwerfen, unaufrichtig oder nicht aufschlussreich zu sein. Im Gegenteil. Man muss sie nur lange genug anstarren, um zwei grundlegende Muster zu erkennen. Das erste bilden die kulturellen Elemente, die Bowies künstlerisches Empfinden formten. Das zweite ist ein wenig vager und hat mit einer Chronologie zu tun: In die richtige Reihenfolge gebracht, beschreiben die Bücher einen Weg durch Bowies Leben vom Kind zum Teenager und vom drogenumnebelten Superstar zum reflektierten, zurückgezogen lebenden Familienmenschen. »Ich bin erst vor ungefähr zwölf oder fünfzehn Jahren zu dem geworden, der ich werden sollte«, sagte er 2002 dem Talkshow-Host Michael Parkinson. »Ich habe einen erschreckend großen Teil meines Lebens damit verbracht … nun ja, nach mir selbst zu suchen, zu verstehen, wozu ich existierte, was mich im Leben glücklich machte und wer genau ich war und was die Teile meines Ichs waren, vor denen ich mich zu verstecken versuchte.«
Die Rolle, die das Lesen bei dieser Suche gespielt hat, ist kaum zu überschätzen. Denn Lesen ist, neben vielem anderen, eine Flucht – in andere Menschen, Perspektiven und Bewusstseinszustände. Es hebt uns aus uns heraus, nur um uns dann wieder zurückzubringen, aber unendlich bereichert.
David Jones wurde in Brixton geboren, im Süden Londons, am 8. Januar 1947. Es ist also keine Überraschung, dass die Bücher, die ihm wichtig waren, in den Sechziger- und Siebzigerjahren entstanden sind oder angesagt waren.
Wie alles an uns wurden auch unsere kulturellen Gewohnheiten in unserer Kindheit geformt; nicht nur durch die Art und Weise, wie wir aufgewachsen sind, sondern auch durch den Geist der jeweiligen Zeit. Bei mehreren Gelegenheiten sagte Bowie, dass es eines der bedeutsamsten Ereignisse seines Lebens war, als ihm sein älterer Halbbruder Terry Burns von Jack Kerouacs Unterwegs erzählt hat, dem Klassiker der Beat-Literatur. David war zu jung für Beat, aber Anfang der Sechziger hatte sich die Bewegung einen italienischen Anzug übergezogen und war zu Mod mutiert, hatte dabei aber ihre Ästhetik bewahrt – einen romantischen Existenzialismus, der, in den Worten eines Mods, »Amphetamine, Jean-Paul Sartre und John Lee Hooker« kombinierte.
Wenn wir heute an Mods denken, denken wir an Motorroller, Parkas und den Film Quadrophenia, der auf The Whos gleichnamigem Album basierte. Aber das alles war ein viel späteres, plumperes Revival. Als The Whos ›My Generation‹ im November 1965 auf Platz zwei der britischen Charts schoss, war die Blütezeit von Mod, wie ihn seine frühen Anhänger verstanden hatten, schon vorbei. David May, ein Mod aus Plymouth, der später für das Magazin Time Out und die Produktionsfirma ITN arbeitete, beschreibt es in Jonathon Greens Buch Days in the Life: Voices from the English Underground 1961–1971: »Mods waren immer Intellektuelle. Und es gab da immer ein starkes schwules Element in allem … Wir haben keine Rocker bekämpft, wir interessierten uns eher für die großartigen Schuhe eines Typen oder seinen Ledermantel. Aber daneben hat man eben Camus gelesen. Der Fremde, das war’s, das hat echt eine Menge erklärt. Und so eine Art zwielichtige Jean-Genet-Kriminellengestalt war ebenfalls wichtig.«
Wie Marc Bolan, sein Freund und zeitweiliger Rivale, wurde Bowie 1964 zum Mod. Aber anders als Bolan, den die »echten« Mods missbilligten, weil er nicht begriff, dass die Szene aus mehr als Klamotten und Drogen bestand, stellte Bowie die Verbindung her zwischen den Beat-Vorlieben seines Halbbruders, die er teilte, und der Tatsache, dass Mod die Kurzform von Modernist war.
In diesem Sinne sind viele Bücher auf Bowies Liste Mod-Bücher: nicht nur Unterwegs und Der Fremde, sondern auch T.S. Eliots Das öde Land und etliche Werke, die in Richtung Dada und Surrealismus gehen, beides Leidenschaften der Beatgeneration. Alex und seine »Droogs« aus Clockwork Orange werden Bowie bekannt vorgekommen sein, weil er von den Aktionen von Peter Shertser und seiner Mod-Straßengang The Firm gewusst haben dürfte – Unholde aus der Gegend um Ilford, die auf Partys auftauchten und alles kurz und klein schlugen, dabei jedoch ein Kunst-Terrorismus-Manifest in der Hinterhand hatten, das ihre Verwüstungen in eine Reihe mit den Werken von René Magritte, Man Ray und Luis Buñuel stellte. In den Londoner Kunsthochschulen wimmelte es nur so vor intellektuellen Mods. Pete Townshend schrieb sich im Sommer 1961 in der Eating Technical College & School of Art ein. Dort entdeckte er den Künstler Gustav Metzger und dessen Theorien der »autodestruktiven Kunst«, die Townshends Band The Who ein paar Jahre später eine schlau klingende Begründung dafür lieferten, auf der Bühne ihre Instrumente zu zerstörten.
1967 war David Jones bereits ein Veteran, der mehrere Bands vorweisen konnte, die es zu nichts gebracht hatten, etwa die von The Who beeinflussten Manish Boys, die King Bees oder The Lower Third. Nachdem sein erstes Soloalbum gefloppt war, widmete sich David Bowie – wie er sich mittlerweile nannte, um Verwechslungen mit Davy Jones von den Monkees zu vermeiden – der Hippiekultur mit ihren Happenings und Festivals, ihrem Hang zur Esoterik und dem Okkulten; auch wenn sich Bowie der Sache wie immer auf seine eigene Art annahm und später betonte, »nie ein Blumenkind« gewesen zu sein.
Er studierte den tibetanischen Buddhismus und vermengte dessen Prinzipien – wie das Konzept des »Adepten«, eines fortgeschrittenen Yogis im Besitz von arkanem Wissen, das vom Lehrer zum Schüler weitergegeben wird – mit unausgegorenen Ideen aus Science-Fiction-Romanen (z.B. Olaf Stapledons Die Insel der Mutanten, Quelle des Ausdrucks »homo superior«, der in ›Oh! You Pretty Things‹ auftaucht), Nietzsche und anglo-indischer Theosophie über die Existenz einer hochbegabten Elite, die seit Menschengedenken das Schicksal des Planeten lenkt und ihre Lehren durch die Schichten der Gesellschaft verbreitet.
Diese Art des Denkens war in den späten Sechzigerjahren unter Pop-Intellektuellen in Mode – und zwar überall. Man findet es bei Colin Wilson, den Hippie-Helden Hermann Hesse und H.P. Lovecraft und in The Aristos, der 1964 erschienenen Sammlung philosophischer Grundsätze des Bestsellerautors John Fowles, der sich auf Heraklit bezieht, um die Existenz einiger »auserwählter« Übermenschen zu postulieren, von denen die Gesellschaft vorangebracht wird, während die dumme und unwürdige Masse schon damit zufrieden ist, einfach nur am Leben zu sein. Man findet dieses Denken auch in Aufbruch ins dritte Jahrtausend, Louis Pauwels und Jacques Bergiers Fundus für verschwörungstheoretischen Unsinn, der 1963 ins Englische übersetzt wurde und 1971 einen erkennbaren Einfluss auf den Song ›Quicksand‹ des Albums Hunky Dory hatte.
Für Bowie mag all das auch eine persönliche Dimension gehabt haben. Der Halbbruder, den er als Kind bewundert hatte, entwickelte in seinen Zwanzigern eine Schizophrenie und verbrachte den Großteil seines Erwachsenenlebens in Krankenhäusern. Im Daily Telegraph schrieb der Psychologe Oliver James, dass sich Bowie »oft gefragt hat, warum er zur Großartigkeit bestimmt war und Terry zum Wahnsinn«. Ich glaube nicht, dass sich Bowie an diesem Punkt seines Lebens bereits als sonderlich großartig oder begabt empfunden hat, aber er war sich sicherlich bewusst, dass er schlau und schnell war; charmanter, ambitionierter und sexuell attraktiver als die meisten seiner Altersgenossen.
Wohin ihn diese Qualitäten bringen würden, war vollkommen offen. Bowies angeborener Geltungsdrang stand in starkem Kontrast zum linken Utopismus der späten Sechzigerjahre – auch wenn er in Beckenham ein »arts lab« gründete, um, wie es der Werbetext verkündete, »die Ideale und kreativen Prozesse des Undergrounds« zu fördern. In Jonathon Greens Buch Days in the Life erinnert sich Sue Miles (die Frau von Barry Miles, dem Mitgründer der hippen Indica Gallery, in der sich John Lennon und Yoko Ono das erste Mal begegnet sind) daran, wie besessen sie und ihre Freunde von Alfred Jarry waren (dem Schriftsteller und Erfinder der mystischen Wissenschaft Pataphysik, die von John im Beatles-Song ›Maxwell’s Silver Hammer‹ studiert wird), von André Breton und Marcel Duchamp – was sie »dieses moderne Avantgarde-Zeug« nennt – und wie gut sich all das mit dem verbinden ließ, was zu der Zeit politisch so los war, etwa die Atomwaffenproteste.
Interessant ist, wie Bowie »dieses moderne Avantgarde-Zeug« für sich nutzte; nämlich nicht für den Weltfrieden oder um den Kapitalismus zu untergraben, sondern als eine Art Moodboard, eine Kostümkiste, aus der er sich nach Lust und Laune bedienen konnte. Oder wie er es ein paar Jahre später in ›All the Young Dudes‹ ausdrückte, der Glam-Hymne, die er für Mott the Hoople schrieb: Mit revolutionärer Politik hatte er noch nie viel anfangen können. Er wollte einfach nur diese extrem modernistischen Einflüsse, Künstler und Schriftsteller, die er für ihren wagemutigen und extravaganten Ansatz bewunderte, in einer klugen neuen Art von Pop-Performance kanalisieren.
Das heißt nicht, dass Bowie nicht wirklich auf der Suche war. Wie Edward Casaubon in George Eliots Middlemarch strebte auch er nach dem »Schlüssel zu allen Mythologien«. Intellektuelle Mentoren fand er in Leuten wie seinem frühen Manager Kenneth Pitt, der sich daran erinnerte, wie Bowie in seiner Wohnung in Marylebone drei ganz bestimmte Bücher aus dem Regal gezogen hatte: Antoine de Saint-Exupérys Der kleine Prinz, James Baldwins Nobody Knows my Name und Oscar Wildes Das Bildnis des Dorian Gray. Der Pantomime Lindsay Kemp entfachte sein Interesse für japanische Kultur und empfahl ihm Autoren wie Jean Cocteau und Jean Genet. 1966 freundete sich Bowie mit dem tibetanischen Guru Chime Rinpoche an und spielte sogar mit dem Gedanken, selbst ein buddhistischer Mönch zu werden. Sein Interesse an Douglas Hardings buddhistischem Gedankenspiel Die Entdeckung der Kopflosigkeit (siehe auch hier) stammt sicherlich aus dieser Periode.
Bowies Buddhismus-Phase hat seine Biografen gespalten. War er wirklich ein Gläubiger oder war das alles nur Pose? Sollten die Wurzeln seines Buddhismus in der Liebe zu Kerouac liegen, mit der ihn sein Halbbruder Terry angesteckt hatte (was wahrscheinlich ist), dann hatte der tibetanische Buddhismus im Gegensatz zur Beat-kompatibleren Zen-Variante wohl deswegen einen besonderen Reiz für ihn, weil Tibet Mitte der Sechziger ein heißes politisches Thema war. Im Westen hatte man das Land schon seit Jahren romantisiert. Bereits 1933 hatte James Hilton in seinem Bestsellerroman Der verlorene Horizont der Welt die Idee der mythischen tibetanischen Utopie des Shangri-La nähergebracht. Eine Idee, von der auch Bowie bezaubert zu sein schien, als er 1966 dem Melody Maker sagte: »Ich will nach Tibet. Das ist ein faszinierender Ort. Ich würde gerne Urlaub nehmen und mir die Klöster angucken. Die tibetanischen Mönche, die Lamas, ziehen sich wochenlang in die Berge zurück und essen nur alle drei Tage. Die sind irre – und werden angeblich mehrere hundert Jahre alt …«
Ein Buch, das erstaunlicherweise nicht auf Bowies Liste steht, ist Sieben Jahre in Tibet, der Erlebnisbericht des österreichischen Bergsteigers Heinrich Harrer über seine Zeit als Lehrer des 14. Dalai Lama. Bowie benannte 1997 einen Song seines Albums Earthling danach und erzählte einem Journalisten, wie sehr es ihn damals, mit neunzehn, geprägt hatte. In den darauffolgenden Jahren webte David Jones Autoren wie Harrer und David Kitt (siehe auch hier) in die orientalische Seite seiner David-Bowie-Figur ein.
Als sich der Drogennebel 1974 während der »Diamond Dogs/Philly Dogs«-Tour lichtete, wurde diese Figur zunehmend finster. Der Thin-White-Duke-Charakter vom zwei Jahre später erschienenen Album Station to Station vermischt alle Arten widerwärtiger Typen, vom Magier aus dem 19. Jahrhundert Éliphas Lévi (der auf der Liste steht) über den faschistoiden modernistischen Schriftsteller Knut Hamsun (nicht auf der Liste, obwohl Bowie ihn zu der Zeit sicher gelesen hat) bis hin zum Satanisten Aleister Crowley (auch nicht auf der Liste – überraschenderweise, wenn man bedenkt, wie besessen Bowie von ihm war). Überhaupt findet sich hier keines der okkulten oder nazistischen Bücher, die Bowie, wie oft behauptet wird, gelesen haben soll, als er Mitte der Siebzigerjahre in L.A. am Rad drehte. Keine Spur von Aufbruch ins dritte Jahrtausend, Israel Regardies Das magische System des Golden Dawn, Trevor Ravenscrofts Der Speer des Schicksals oder Dion Fortunes Selbstverteidung mit PSI.
Wie ist ihre Abwesenheit zu erklären? Möglicherweise wollte Bowie diese Periode seines Lebens, die er später als schrecklich und deprimierend beschrieb, einfach nicht noch mal Revue passieren lassen, indem er einen Haufen größtenteils bescheuerter Bücher aufführte, die ihn an diese Zeit erinnerten – egal wie viel sie ihm damals bedeutet hatten, als er so neben der Spur war.
Was las Bowie sonst noch gerne? Fangen wir mit Stephen King an. »Ich liebe Stephen King«, sagte er 1999 dem Magazin Q. »Der jagt mir eine Heidenangst ein.« Er mochte auch Bücher über wahre Verbrechen wie Vincent Bugliosis und Curt Gentrys Bestseller Helter Skelter: Die wahre Geschichte des Serienmörders Charles Manson, das Tina Brown in Bowies Hotelzimmer gesehen hatte – auf dem Cover lag ein angebissenes Stück Käse –, als sie im Juli 1975 nach Los Angeles kam, um ihn für die Sunday Times zu interviewen. (Brown nennt das Buch Manson Murder Trails und keinen Autor, meinte aber vermutlich Helter Skelter, das in dem Jahr den Edgar Award für das Best Fact Crime Book gewann.)
1978 erzählte Bowie dem Magazin Crawdaddy von der außergewöhnlichen Wirkung von Kafkas Die Verwandlung – er hatte bei der Lektüre das Gefühl, den Verstand zu verlieren: »Danach hatte ich lebhafte Albträume – inhaltstreue Umsetzungen dessen, was er da geschrieben hatte: Ich sah riesige Käfer fliegen und auf dem Rücken liegen und hatte andere unheimlich-krabbelnde Träume. Ich sah, wie ich mich in etwas Unbeschreibliches verwandelte. Ein Monster.«
Und dann gibt es da noch die Sachen, die Bowie las, um zu lachen, etwa das Buch, mit dem er und sein Kindheitsfreund Geoff MacCormack sich im September 1974 auf einer Zugfahrt von Philadelphia nach Los Angeles amüsierten, indem sie einander ganze Passagen vortrugen – ein pornografischer Roman namens Yodel in the Canyon. »Die Hauptfiguren in diesem Klassiker der Weltliteratur waren Big Rod Randelli und seine Freundin Mona«, erinnert sich MacCormack. »Ich werde hier nicht ins Detail gehen, man kann aber sagen, dass weder Rod noch Mona schüchterne Leute waren.«
Ein Genre, das Bowie besonders geliebt haben muss, ist der exotische Reisebericht, für den auf der Liste die Bücher von David Kidd und Alberto Denti di Pirajno stehen. Der Künstler George Underwood, Bowies Freund seit Kindheitstagen, erinnert sich, dass der Sänger, als er ihn 1989 in seinem Haus auf Mustique besuchte, ein Buch über die Indonesien-Reise des viktorianischen Entdeckers und Naturkundlers Alfred Russel Wallace las – vermutlich das von Wallace selbst verfasste Der Malaysische Archipel. (Underwood erzählt: »Erst vor ein paar Wochen, als ich im Internet danach suchte, sah ich, dass Wallace auch ein Buch darüber geschrieben hatte, ob es Leben auf dem Mars gibt … Ich wünschte, ich hätte David gefragt, ob er das auch gelesen hat!«)
Skulduggery heißt Mark Shands Bericht über seinen Trip mit dem Fotojournalisten Don McCullin durch Westneuguinea, das heutige Westpapua. »David hatte Mark Shand getroffen und war fasziniert von Westneuguinea«, erinnert sich Underwood. »Nach dem Treffen rief er mich an und wollte, dass ich mit ihm in dieses noch unerforschte Land reiste. Wir wären in einem Einbaum über den Sepik gefahren und hätten Eingeborene getroffen, die noch nie zuvor weiße Menschen gesehen haben. David meinte, das würde Männer aus uns machen und es sei eines der Dinge, die wir tun sollten, bevor wir sterben. Er meinte das alles vollkommen ernst und wollte, dass ich mit ihm kam. Natürlich ist es nie dazu gekommen, aber für einen Moment zog ich es in Erwägung. Für einen sehr kurzen Moment!«
Bowie hatte viele Schriftstellerfreunde und liebte literarischen Gossip. Seine Freundschaft mit Hanif Kureishi nahm ihren Anfang, als der Autor darum bat, Bowies Songs in der BBC-Adaption seines Romans Der Buddha aus der Vorstadt benutzen zu dürfen. »Ich dachte schon, du fragst nie«, antwortete Bowie – und lieferte einen kompletten, eigens dafür komponierten Soundtrack.
Bowie scheint wenig eigene literarische Ambitionen gehegt zu haben. 1987 erzählte er Kurt Loder vom Rolling Stone, dass man ihm »Millionen Mal« angeboten habe, seine Autobiografie zu schreiben, für »unfassbare Mengen Geld«. War er in Versuchung gekommen? »Nicht mal ein bisschen.« Vielleicht verlieh seine Weigerung, sich auf ihrem Gebiet mit ihnen zu messen, seinen Freundschaften mit Schriftstellern jene Leichtigkeit und Unkompliziertheit, die seinen Freundschaften mit, sagen wir mal, rivalisierenden Rockstars fehlte. William Boyd, der Mitte der Neunziger wie Bowie am Magazin Modern Painters mitwirkte, sagt, dass er und Bowie meistens über Kunst diskutiert haben, was 1998 schließlich zu ihrer Zusammenarbeit beim »Nat Tate Hoax« führte (siehe auch hier). Boyd erinnert sich:
Ich habe mit Bowie recht viel über Bücher geredet. Aber das war eher Geplauder: »Hast du das gelesen? Kennst du X? Wie ist er/sie so?« Er sagte immer, dass er alle meine Bücher gelesen habe (und ich schickte ihm die neuen), und trotzdem bin ich nicht auf dieser Liste. Tja. Vielleicht dachte er, dass unsere Kollaboration zu Nat Tate genug war – und die Zeit hat ihm recht gegeben. Frank O’Hara (siehe auch hier) taucht natürlich in Nat Tate: Ein amerikanischer Künstler: 1928–1960 auf, ebenso wie Hart Crane (siehe auch hier). Aber soweit ich mich erinnere, sprachen wir vor allem über meine Zeitgenossen – [Martin] Amis, [Salman] Rushdie, [Ian] McEwan etc. Ich habe in meinen Tagebüchern aus der Zeit nachgeschaut, und alle Namen, die wir uns zuwarfen, sind die von Künstlern.
Ein Romancier, für den sich Bowie aktiv einsetzte, obwohl er wie Boyd nicht auf der Liste auftaucht, ist Jake Arnott, Autor des atmosphärischen Thrillers The Long Firm. Der Roman spielt im Soho der Fünfzigerjahre, das Bowie bekannt gewesen sein dürfte, zum einen aus den Geschichten seines Halbbruders über Jazzclubs und Espressobars, zum anderen aufgrund einer Legende, die er »Familienmythologie« nannte: Als junger Mann hatte Bowies Vater Haywood Jones mehrere Tausend geerbte Pfund verheizt, indem er in der Charlotte Street eine Pianobar namens Boop-a-Doop eröffnete, die binnen eines Jahres pleiteging.
»Bowie hat eine wahnsinnige Menge an Büchern gelesen, also ist es nicht überraschend, wenn Leute wie ich und Hanif es nicht in die Top-Hundert geschafft haben«, sagt Arnott über Bowies Liste. »Dass er The Long Firm gelesen hatte, erfuhr ich zuerst von dem Regisseur Stephen Frears. Ich traf ihn 2000 auf einer Buchpremiere, und er meinte, Bowie habe es im Flugzeug neben ihm gelesen und zu ihm gesagt: ›Das ist echt gut!‹ Damals hielt ich das nur für den alten Regisseur-Trick, jemandem Puderzucker in den Arsch zu blasen, aber wie sich herausstellte, war es wahr.«
Bowie und Arnott begegneten sich schließlich im Backstagebereich des Hammersmith Apollo, und ordnungsgemäß prangte auf Arnotts 2003 erschienenem Roman Truecrime ein großzügiges Zitat des Stars: »Wann immer er ein neues Buch am Start hat, lasse ich alles andere fallen.«
Glücklicherweise durfte auch ich David Bowie treffen. Das war im Jahr 2002, kurz vor der Veröffentlichung seines Albums Heathen. Das Magazin, für das ich damals arbeitete, präsentierte zu der Zeit ein Musikfestival namens Meltdown in der Londoner South Bank. In jenem Jahr hatte sich Bowie bereit erklärt, es zu kuratieren, also flog ich nach New York, um in einem Hotelzimmer gleich um die Ecke von seiner Wohnung in Manhattan mit ihm zu reden.
Ich war völlig fertig. Er war mein Held, seit ich zwölf war. Nun war ich dreißig. Ich wusste nicht, was ich anziehen sollte, also kaufte ich mir in einem hippen Laden Röhrenjeans und ein T-Shirt, auf dem putzige Cartoonfiguren Gitarre, Bass und Schlagzeug spielten. Ich hoffte, dass mich das als Fan der Strokes ausweisen würde, was ich damals war, zumindest kurz. Es war alles ein bisschen verzweifelt.
Bowie war nett und tat, als würde er nichts davon bemerken. Ich habe das Tape vor ein paar Jahren bei einem Umzug verloren, also ist der einzige Beleg unserer Begegnung das gedruckte Interview, bei dem es größtenteils um die Künstler ging, die er für das Meltdown ausgesucht hatte. Ich habe ihn als vollkommen freundlich und höflich in Erinnerung, aber auch als einen starken Charakter, der den Raum ausfüllte. Er war unruhig, hibbelig und leicht manisch, als hätte er mehrere starke Espresso getrunken, und vermutlich hatte er das auch.
Vor allem aber erinnere ich mich daran, wie witzig ich ihn fand: Stand-up-Comedian-witzig. »Wenn ich geglaubt hätte, dass uns das noch ein paar zahlende Lüstlinge ins Haus holt, hätte ich Shirley Bassey mit ins Line-Up genommen«, sagte er. (Das Festival war für seine nüchterne Ernsthaftigkeit berüchtigt.) »Shirley Bassey mit ein paar jugoslawischen Akrobaten!«
Journalisten, die Bowie interviewt haben, berichten davon, wie er seinen Gesprächspartner kurz studierte, um ihm dann die Version von sich zu präsentieren, von der er glaubte, dass man sie sehen wollte – ein Trick, den er früh von Kenneth Pitt gelernt hatte. Vermutlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen, dass ich den »Bromley Dave« bekam: kumpelhaftes Scherzen, durchsetzt mit deplatzierten intellektuellen Schnörkeln (»natürlich, die Trinität in der christlichen Theologie …«), vorgetragen im breitesten Südlondoner Dialekt.
Er sah wirklich gut aus für einen Fünfundfünfzigjährigen. Sein Haar war aschblond gefärbt, auf seinen Tränensäcken war ein Tupfer Abdeckstift, aber sein Körper war schlank und drahtig wie immer. Er hatte endlich, nach mehreren gescheiterten Anläufen, mit dem Rauchen aufgehört. Ich war beinahe überrascht, als er zwei Jahre später seine Herzattacke hatte. Dieses folgenschwere, schreckliche Erreignis führte zu der langen Auszeit in Bowies Karriere – ein volles Jahrzehnt, in dem er, bis auf die merkwürdigen Gastauftritte, seine Energie ganz darauf konzentrierte, Ehemann und Vater zu sein.
Und er nutzte die Zeit, um, wie es sein langjähriger Produzent Tony Visconti gegenüber der Times ausdrückte, »unglaubliche Mengen zu lesen: alte englische Geschichte, russische Geschichte, die Monarchen Großbritanniens – was sie böse und was sie gut machte«. Die Bücher auf der Liste, die in dieser Periode veröffentlicht wurden – weswegen er sie da vermutlich auch gelesen hat –, sind Junot Díaz’ Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao, Tom Stoppards The Coast of Utopia, Susan Jacobys The Age of American Unreason und Teenage von Jon Savage. In Viscontis Kategorien passt davon nur Stoppard, es ist jedoch wahrscheinlich, dass Bowie seine Auszeit genutzt hat, um viel und tiefgreifend über bestimmte Themen zu lesen. Wie zum Beispiel eben russische Geschichte: Für Orlando Figes’ gigantische Tragödie eines Volkes braucht man Zeit.
Das Älterwerden verändert unsere Beziehung zur Geschichte. Als sein siebzigster Geburtstag, der bittersüße Meilenstein, näher rückte, dämmerte es Bowie vielleicht, dass a) ein Jahrhundert nicht sehr lang ist, und er b) nicht die Hauptfigur im Film seines Lebens war – eine Illusion, die wir fast alle haben, wenn wir jung sind, egal, womit wir unser Geld verdienen –, sondern vielmehr ein winziger Teil einer sehr viel größeren und älteren Story, einer klassischen Tragödie, in der jeder stirbt und immer weiter stirbt, Tag für Tag, bis zur letzten Sekunde der Zeitrechnung.
Einer seiner letzten Songs, ›Blackstar‹, trägt dieser kosmischen Ironie mit dem wilden Entzücken eines Mannes Rechnung, der nichts mehr zu verlieren hat. Der teuflische Trickster, der nach der ersten Hälfte die Erzählung übernimmt – und uns erklärt, dass er umgekehrt und falsch herum geboren wurde –, ist der Krebs: Zellen, die bösartig geworden sind.
Das hier ist nicht die Geschichte von David Bowies Leben. Die kann man an vielen anderen Orten finden. Es ist ein Blick auf die Werkzeuge, die Bowie benutzt hat, um sein Leben zu steuern, und nicht zuletzt ein starkes Argument für eine altmodische Theorie, die mir immer gefallen hat: dass einen das Lesen von Büchern zu einem besseren Menschen macht. Alle Biografiejunkies wissen, wie ungewöhnlich es für erfolgreiche Künstler ist, dabei auch noch erfolgreiche menschliche Wesen zu sein. Nach Bowies Tod trösteten sich trauernde Fans mit der Tatsache, dass anscheinend so gut wie niemand ein schlechtes Wort über ihn sagen konnte. Im Gegenteil. Wir hörten wieder und wieder, wie loyal und liebevoll er war, wie freundlich, mitfühlend, weise und witzig. (Und attraktiv! Das sollten wir nicht vergessen. Er hätte es gehasst.)
Wie ist David Jones so geworden, trotz der korrumpierenden Musikindustrie, des zerstörerischen Potenzials seiner Süchte und seiner gewaltigen, unerbittlichen Ambition, der absolut größte Star zu werden? Gut möglich, dass Sie die Antwort in den Händen halten.
(1962)
Der Einfluss, den Stanley Kubricks 2001: Odyssee im Weltraum auf David Bowies ersten Hit ›Space Oddity‹ hatte, ist offensichtlich. Aber erst mit Kubricks nächstem Film, einer Adaption von Anthony Burgess’ Roman Clockwork Orange, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, wird die Geschichte so richtig interessant.
Clockwork Orange spielt in einem totalitären England der Zukunft und ist die Story des verbrecherischen Beethoven-Fans und Schülers Alex, Anführer einer Jugendgang, der seine Nächte mit Vergewaltigungen und Plünderungen verbringt, aufgeputscht von mit Amphetaminen versetzter Milch, der sogenannten »Moloko-Plus«. Kubrick hatte vom Drehbuchautor Terry Southern, mit dem er bei Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben