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Inhalt

1Einleitung

1.1Ohne Kreativität keine Innovation

1.2Aufbau des Buches

2Grundlagen zur Kreativität

2.1Ausgangssituation

2.2Begriff

2.3Kreativität und Gehirnforschung

2.4Kreativität und der Einfluss von Stress

2.5Was macht kreative Menschen aus?

2.6Was ist kreatives Denken?

2.6.1Konvergentes und divergentes Denken

2.6.2Bildhaftes Denken

2.6.3Blockaden überwinden

2.7Der kreative Prozess

2.7.1Phase 1: Vorbereitung

2.7.2Phase 2: Inkubation

2.7.3Phase 3: Erleuchtung

2.7.4Phase 4: Verifikation

2.8Wo bekommen Menschen kreative Einfälle?

2.9Der Einfluss der Unternehmensstrukturen

2.10Die kreative Führung

3Die Sieben Kreativitätswerkzeuge (K7)

3.1Einsatzgebiete der K7

3.2Welche Probleme lassen sich mit den K7 lösen?

3.3Prinzipien (Suchregeln) kreativer Problemlösung

3.4Auswahl der Kreativitätswerkzeuge

3.5Brainstorming (Klassiker)

3.6Osborn-Checkliste

3.7Mind-Mapping

3.8Progressive Abstraktion

3.9Morphologischer Kasten

3.10Methode 635

3.116-Hüte-Denken

3.12Reizwortanalyse

4Design Thinking als Kombination der Techniken

4.1Phase Verstehen und Beobachten (englisch: Emphatize)

4.2Phase Sichtweisen definieren

4.3Ideen finden

4.4Prototyp entwickeln

4.5Testen

5Kreativität in der Praxis

5.1Bewertung von Ideen

5.2Kombinierter Einsatz von Techniken

5.3Persönliche Kreativität im Alltag

5.4Die kreative Grundhaltung

Literatur

1Einleitung

1.1Ohne Kreativität keine Innovation

„Die Fähigkeit zur Innovation entscheidet über unser Schicksal.“

Roman Herzog, als Bundespräsident in seiner „Aufbruch-Rede“ 1997

Innovationen sind heutzutage für Unternehmen und ganze Volkswirtschaften überlebenswichtig.

Sie sind Reaktion auf und Ergebnis einer stark gestiegenen Wettbewerbsintensität, die durch die Globalisierung der Märkte, verkürzte Produktlebenszyklen, den Wandel der Informations- und Kommunikationstechnologien und die extreme Vermehrung verfügbaren Wissens verursacht wird. Innovationen dienen Unternehmen präventiv zur Anpassung an zukünftige marktliche Entwicklungen und bestimmen maßgeblich die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens.

Doch was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff „Innovation“?

Es ist vom lateinischen Wort „innovatio“ abgeleitet, das sowohl Erneuerung als auch Veränderung bedeutet. Eine Innovation muss also keineswegs immer etwas einmalig und vollkommen Neues sein (wie z.B. ein vollkommen neues Produkt am Markt), sondern kann auch ein gradueller Unterschied gegenüber dem bisherigen Zustand sein. Als Innovation in einem Unternehmen gelten daher Neuerungen, die für das Unternehmen neu sind und der Verbesserung seiner Produkte und Prozesse dienen.

Unabhängig davon, ob es sich bei einer Innovation um eine Produkt- oder eine Verfahrensinnovation handelt: in beiden Fällen handelt es sich i.d.R. um absichtlich herbeigeführte Problemlösungsergebnisse, die basierend auf vorhandenem Wissen durch die Kombination geläufiger Erkenntnisse und durch Analogiebildung zu Bekanntem produziert werden.

Der Innovationsprozess lässt sich grob in fünf Phasen unterteilen (Bild 1).

Bild 1: Phasen im Innovationsprozess

Der Impuls oder Anstoß zu einer Innovation kann unternehmensintern oder -extern erfolgen, z.B. durch unbefriedigende Qualitätskennzahlen im Produktionsprozess oder durch sinkende Verkaufszahlen bei einem Produkt.

Die Phase der Ideengenerierung ist eng an Kreativität gebunden (siehe auch Kapitel 2.7 zum kreativen Prozess). Sie umfasst die Problemanalyse und die Ideen-Neukombination durch den Abruf relevanter Informationen und vorhandener Kenntnisse, die auf neue Art und Weise zusammengeführt werden. Vom Erfolg dieser Phase hängt die Anzahl der Ideen ab, und damit notwendigerweise, wieviele Ideen im Anschluss überhaupt noch auf Brauchbarkeit geprüft und später realisiert werden können. Während sich viele Unternehmen mit der Ideenrealisierung, z.B. in Form des Projektmanagements, strukturiert auseinander setzen, findet die Ideenfindung häufig eher zufällig statt. Bisher setzen nur wenige Unternehmen gezielt kreativitätsfördernde Werkzeuge ein.

Kreativitätstechniken stellen eine produktive Möglichkeit dar, Kreativität und damit die Ideenfindung für Innovationen im Unternehmen unter den Mitarbeitern zu fördern. In den letzten Jahrzehnten wurde eine Vielzahl verschiedener Kreativitätstechniken entwickelt. Sie stammen hauptsächlich aus den USA und verschiedenen europäischen Ländern. Dennoch finden sie im unternehmerischen Alltag bisher nur vereinzelt Verbreitung.

1.2Aufbau des Buches

Der erste Teil erläutert verschiedene Grundlagen zur Kreativität, die für einen gezielten Umgang mit ihr im Unternehmen zweckmäßig scheinen.

Der zweite Teil beschäftigt sich mit den praktischen Werkzeugen, die Kreativität im Unternehmen fördern können. In Anlehnung an die Sieben Qualitätswerkzeuge (Q7) und die Sieben Managementwerkzeuge (M7) – siehe Pocket Power „Qualitätstechniken“ – werden Sieben Kreativitätswerkzeuge (K7) und ein „Klassiker“ erläutert, mit denen Kreativitäts- und Innovationsprobleme im Unternehmen gelöst werden können. Die Auswahl der K7 wurde von einer Arbeitsgruppe am Fachgebiet Qualitätswissenschaft der TU Berlin mit der Zielrichtung vorgenommen, dass jedes der Werkzeuge andere Fähigkeiten unterstützt. Dabei sind die Werkzeuge selbst keineswegs neu. Neu ist die Beschränkung auf sieben Werkzeuge sowie ihr Zusammenwirken.

Der Einsatz der Werkzeuge hat sich in der Praxis als erfolgreich herausgestellt. Dabei zeigte sich, dass von der Anwendung der K7 wichtige Impulse für die Förderung der Kreativität von Mitarbeitern ausgehen. Die Vorstellung der Kreativitätswerkzeuge erfolgt anwendungsorientiert: Jedes Kreativitätswerkzeug wird durch die Unterpunkte „Worum geht es?“, „Was bringt es?“ und „Wie gehe ich vor?“ erklärt. Tipps, Hindernisse, Variationen und Vertiefungen geben gezielte Hilfe zur Anwendung.

Verwendete Symbole:

Tipps

Hürden

2Grundlagen zur Kreativität

2.1Ausgangssituation

Bei jedem Menschen nimmt die vorhandene natürliche Kreativität mit zunehmendem Alter und dem Absolvieren bestimmter Bildungsstufen ab – wenn sie nicht trainiert wird.

Jede Form von Bildung und Arbeit in Organisationen ist auch eine „Verbildung“ im Bereich Kreativität – ein Faktor, der sich negativ auf die Innovationskraft von Unternehmen auswirken kann.

2.2Begriff

Kreativität galt lange als ein Phänomen, das zwar beobachtbar, aber nicht beeinflussbar war. „Der göttliche Funke“ oder die „Eingebung einer Muse“ traf ein schöpferisches Genie – aber kaum einen normalen Menschen. Heute ist erwiesen, dass die geistigen Grundstrukturen der Kreativität bei jedem Menschen vorhanden sind, sie aber unterschiedlich stark genutzt werden. Kreativität ist ein vielfältiger Begriff:

Kreativität ist in Forschung und Praxis längst nicht mehr nur dem Bereich der Künstler zugeordnet, sondern bezeichnet eine Strategie zur erfolgreichen Umweltbewältigung durch Problemlösungen (Bild 2).

Bild 2: Formen von Kreativität

Quelle: Nütten, I.: Die anonymen Kreativen, Wiesbaden 1988.

Schlicksupp, einer der bekanntesten Kreativitätsforscher, definiert Kreativität als

„die hervorragende Denkfähigkeit zur Lösung schlecht strukturierter und schlecht definierter Probleme wie Such-, Analyse- und Auswahlprobleme.“

Die Kreativitätsforschung entstand in den 60er-Jahren in den USA, u.a. als Folge des „Sputnik-Schocks“. Es entwickelte sich eine anwendungsorientierte Kreativitätsforschung, welche die vier Bereiche

Bild 3: Einflussfaktoren der Kreativität

Quelle: Knieß, M.: Kreatives Arbeiten, München 1995.

Wichtige Ergebnisse aus diesen Bereichen werden im Folgenden dargestellt. Besonders Moderatoren, die kreative Kleingruppen leiten, sollten die Ergebnisse als Basis für ihre Arbeit nutzen.

2.3Kreativität und Gehirnforschung

Um Kreativität gezielt zu fördern, sind Kenntnisse über die Arbeitsweise des menschlichen Gehirns notwendig.

Das menschliche Gehirn besteht aus einer linken und rechten Hemisphäre, die mit einem 200 Millionen Nervenfasern dicken „Balken“, dem Corpus Callosum, verbunden sind (Bild 4).

Bild 4: Das menschliche Gehirn und seine Funktionen

Quelle: Kirckhoff, M.: Mind-Mapping: die Synthese von sprachlichem und bildhaftem Denken, Berlin 1990.

Beide Gehirnhälften arbeiten in unterschiedlicher Weise und erfüllen verschiedene Aufgaben. Die linke Hemisphäre ist eher zuständig für das sog. „digitale Denken“, das die Fähigkeit, analytische Tätigkeiten auszuführen, unterstützt. Beim digitalen Denken werden Informationen sequenziell abgearbeitet mit relativ geringer Geschwindigkeit. Hier ist auch das logische Denken verwurzelt, die Fähigkeit zu organisieren sowie zu planen. Die linke Hemisphäre ist maßgeblich verantwortlich für die Aufnahme und Verarbeitung von Details und deren Analyse sowie von Sprachlauten.

In der rechtsseitigen Hemisphäre werden stärker visuelle Bilder verarbeitet. Dabei handelt es sich um das sog. „analoge Denken“, das die Fähigkeit, kreativ zu sein, unterstützt. Informationen werden simultan, assoziativ und im Vergleich zur linken Hemisphäre schnell verarbeitet, ohne Zeitbezug, dafür aber räumlich. Dort wird für den Gesamtüberblick und die Synthese aller aufgenommenen Daten und Erfahrungen gesorgt. Die Körpersprache, das Gedächtnis für Erlebnisse, Sachen und Personen sitzen zu großen Teilen in der rechten Hemisphäre. Analoges Denken versorgt uns mit Ideen und kreativen Impulsen.

Die Funktionsspezialisierung ist in einem relativen Sinn zu verstehen, da die Steuerung komplexer Leistungen wie Sprache, Schreiben, Lesen, räumliche Orientierung oder sportliche Bewegungen immer das Zusammenwirken großer Neuronenverbände (nämlich viele 100 000) erfordern, die über das gesamte Gehirn verteilt sind. Daher ist es keine Frage von „entweder nur linke oder rechte Gehirnhälfte“, sondern von aufgabenspezifisch dominant aktivierten Hirnregionen.

Das Corpus Callosum sorgt für die Übermittlung der Daten zwischen beiden Gehirnhälften. Hier kommt es zu einer Koordination beider Hemisphären.

Kreativität entsteht durch die gemeinsame Nutzung der vornehmlich analytischen Fähigkeiten der linken Hemisphäre und der Synthesefähigkeiten der rechten Hemisphäre.

Bei allen menschlichen Aktivitäten sind immer beide Hemisphären beteiligt, wobei wir die linke Gehirnhälfte in unserer durch einen regelmäßigen Rhythmus geprägten Umwelt sehr viel stärker einsetzen als die rechte. Auch im üblichen unternehmerischen Arbeitsalltag wird die Arbeitsweise des linken Gehirns überbetont, was besonders für Routinetätigkeiten gilt. Sollen neue Aufgaben bewältigt, neue Ideen generiert werden, dann sind die Fähigkeiten der rechten Gehirnhälfte maßgebend. Durch die umfeldbedingte Überbetonung linkshirniger Tätigkeiten wird aber auch in diesen Fällen die rechte Hemisphäre kaum eingesetzt, da diese häufig wenig trainiert ist. Die Lösung von Problemen wird daher in vielen Fällen rational und logisch „linkshirnig“ gesucht, wenn nicht in entsprechenden Fällen bewusst gelernt wurde, die rechte Gehirnhälfte einzusetzen.

Für die Anwendung in der Praxis haben diese Erkenntnisse große Relevanz. Kreative Aufgaben und unlösbar erscheinende Probleme sollten nicht mit den gleichen „geistigen Werkzeugen“ bearbeitet werden, wie sie bei Routinetätigkeiten zum Einsatz kommen.

Die sieben Kreativitätswerkzeuge (K7) bieten eine gute Möglichkeit, sowohl die rechte Gehirnhälfte als auch das Zusammenspiel beider Gehirnhälften zu stimulieren.