Dieses Buch widme ich allen Menschen,
die Krieg, Terror, Folter und Kriegspropaganda
aus tiefstem Herzen ablehnen und sich mit Ausdauer
und Freude für den Frieden engagieren.
Die skrupellose Weltmacht
Orell Füssli Verlag, www.ofv.ch
© 2020 Orell Füssli Sicherheitsdruck AG, Zürich
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Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich
978-3-280-05708-7
eISBN 978-3-280-09088-6
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.
Dank
Einleitung
1.Die USA sind die größte Gefahr für den Weltfrieden
Gallup befragt 67000 Menschen in 65 Ländern
Die USA haben nach 1945 am meisten Länder bombardiert
Eisenhower warnt vor dem militärisch-industriellen Komplex
Die US-Militärausgaben sind Weltrekord
Lockheed Martin ist der größte Rüstungskonzern der Welt
Die USA sind eine Atommacht
Die USA haben über 700 Militärstützpunkte in fremden Ländern
Die USA haben mehr als 200000 Soldaten im Ausland stationiert
Die besetzten Länder wehren sich
2.Die USA sind eine Oligarchie
300000 Superreiche lenken das Imperium
Es gibt 100 Millionen Arme in den USA
Es gibt 540 Milliardäre in den USA
Das Ende des amerikanischen Traums
Die Superreichen bestimmen die Politik
US-Wähler haben kaum Einfluss auf die Politik
3.Die Indianerkriege
Die europäischen Großmächte teilen Amerika unter sich auf
Die Engländer gründen 1607 Jamestown
Der Export von Tabak nach London
Die dreizehn Kolonien am Atlantik
Die Unabhängigkeitserklärung von 1776
Der Kampf gegen das britische Imperium
Der Krieg gegen Mexiko 1846
Die Vernichtung der Indianer
Das Massaker bei Wounded Knee 1890
Vier Millionen tote Indianer
4.Die Ausbeutung der Sklaven
Die Verschleppung von 12 Millionen Afrikanern
Bürgerkrieg und Abschaffung der Sklaverei 1865
Der Ku-Klux-Klan will die Vorherrschaft der Weißen
Martin Luther King stärkt die Bürgerrechtsbewegung
5.Nordamerika ist nicht genug
Die Explosion der Maine 1898
Die Eroberung von Kuba und Puerto Rico 1898
Der Putsch in Hawaii 1893
Die Eroberung der Philippinen 1898
Die Warnung von Generalmajor Smedley Butler
6.Die USA und der Erste Weltkrieg
Der Beginn des Ersten Weltkriegs 1914
Die Händler des Todes profitieren vom Krieg
Der Federal Reserve Act 1913
Die Versenkung der Lusitania 1915
Der Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg 1917
US-Kriegspropaganda gegen Deutschland
Die Reparationen und der Vertrag von Versailles 1919
7.Die USA und der Zweite Weltkrieg
Der Reichstagsbrand 1933
Das Prinzip Menschheitsfamilie wird verraten
Die USA beliefern Adolf Hitler mit Erdöl
Henry Ford beliefert die Wehrmacht mit Armeefahrzeugen
Die Wiederwahl von Präsident Roosevelt 1940
Die USA unterbrechen die Erdöllieferungen an Japan 1941
Die USA überwachen den Funkverkehr der Japaner
Der Angriff von Japan auf Pearl Harbor 1941
Der US-Kongress erklärt Japan und Deutschland den Krieg
Admiral Kimmel und Generalleutnant Short werden entlassen
Die andauernde Debatte über Pearl Harbor
Die USA werfen Atombomben auf Japan
Die USA eröffnen die Zweite Front erst 1944
8.Verdeckte Kriegsführung
Die USA gründen den Nationalen Sicherheitsrat 1947
Die CIA manipuliert die Wahlen in Italien 1948
Die CIA stürzt die Regierung im Iran 1953
Die CIA stürzt die Regierung in Guatemala 1954
Die CIA ermordet Premierminister Lumumba im Kongo 1961
Die Ermordung von Trujillo in der Dominikanischen Republik 1961
Die Ermordung von Präsident Diem in Vietnam 1963
Die Ermordung von General Schneider in Chile 1970
Che Guevara wird in Bolivien erschossen 1967
Die Mordanschläge der CIA auf Fidel Castro 1961
CIA-Direktor Allen Dulles lenkt die Mörder
Der illegale Angriff der CIA auf Kuba 1961
Kennedy feuert CIA-Direktor Allen Dulles 1961
9.Die Ermordung von Präsident Kennedy
Tatort Dallas, 22. November 1963
Das Märchen vom verrückten Einzeltäter Lee Harvey Oswald
Der Bericht der Warren-Kommission 1964
Jim Garrison rollt den Fall 1967 neu auf
Die CIA behauptet, es gab keine Verschwörung
Die Rache von CIA-Direktor Allen Dulles
10.Der Vietnamkrieg
Frankreich verliert seine Kolonie Indochina 1954
Vietnam wird in zwei Teile gespalten
Die Lüge vom Tonkin-Zwischenfall 1964
Die USA werfen Napalm auf Babys und Buddhisten
Die Friedensbewegung und das Kent-State-Massaker 1970
Die USA stürzen Präsident Sukarno in Indonesien 1965
Das Massaker von My Lai wird aufgedeckt
Der geheime Krieg gegen Kambodscha und Laos
Die Briten und die USA bewaffnen die Roten Khmer in Thailand
11.Die Iran-Contra-Affäre
Der geheime Krieg der USA gegen Nicaragua 1981
Der Kongress verbietet einen Putsch in Nicaragua
Der NSC eröffnet ein geheimes Bankkonto in der Schweiz
Die CIA und der Kokainhandel
Saddam Hussein überfällt Iran und setzt Giftgas ein
Die USA verkaufen trotz Embargo Waffen an den Iran
Die Iran-Contra Affäre erschüttert das Vertrauen der Bevölkerung
Die Verschwörer müssen nicht ins Gefängnis
Die Brutkastenlüge und der Krieg gegen Kuwait 1991
12.Die Anschläge vom 11. September
Ein neues Pearl Harbor
Die gescheiterte Untersuchung von Kean und Hamilton 2004
Totalausfall der US-Luftabwehr
Millionengewinne mit Put-Optionen
Die Sprengung von WTC7
Im Staub der Zwillingstürme wird Sprengstoff gefunden
Die Türme waren mit Asbest belastet
13.Der sogenannte »Krieg gegen den Terror«
Der Angriff auf Afghanistan 2001
Kampfdrohnen revolutionieren die Kriegsführung
Der illegale Angriff auf den Irak 2003
Wie Leitmedien Kriegspropaganda verbreiten
Die USA produzieren die größte Show der Welt
Alternative Medien stärken die Friedensbewegung
14.Das digitale Imperium
Der Fichenskandal in der Schweiz 1990
Die Überwachung der Bürger in China
Die Überwachung der Bürger in den USA
Das Internet revolutioniert die Welt 1994
Google verdiente 30 Milliarden Dollar in 2018
Facebook verdrängt auf Papier gedruckte Zeitungen
Facebook und die Wahl von Donald Trump 2016
Der Cambridge-Analytica-Skandal wird aufgedeckt
Cambridge Analytica und der Brexit 2016
Mikrotargeting beeinflusst Abstimmungen in der Schweiz
Die Gründung des Online-Lexikons Wikipedia 2001
Die dunkle Seite der Wikipedia
15.Der Kampf um Eurasien
»Teile und herrsche«
Russland ist nur eine Regionalmacht
Die NATO-Osterweiterung verärgert Russland
Der Putsch der USA in der Ukraine 2014
Die USA bombardieren Syrien 2014
Die Demütigung von China im Opiumkrieg 1839
China hat die größte Armee der Welt
China hat die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt
Die neue Seidenstraße 2013
16.Fazit
Chronologie
Anmerkungen
Literatur
Index
Dieses Buch wäre nicht möglich gewesen ohne die Forschung vieler anderer Menschen, von denen ich lernen durfte. Mein Dank geht zuerst an den US-Linguisten Noam Chomsky, der den US-Imperialismus seit Jahrzehnten kritisch beleuchtet und den ich in den USA getroffen habe. »Verlass dich nicht einfach auf die herkömmlichen Geschichtsdarstellungen und politwissenschaftlichen Schulbücher – greif zurück auf Monographien von Spezialisten und auf die originalen Quellen: Memoranden zur Nationalen Sicherheit und ähnliche Dokumente«, hat Chomsky in seinen Büchern geraten und dies auch bei unserem persönlichen Treffen in seinem Büro in Boston betont. Diesen Rat habe ich befolgt und sehr davon profitiert.1
Danken möchte ich auch dem leider kürzlich verstorbenen US-Journalisten William Blum, der die verdeckten Operationen der CIA kritisch aufgearbeitet hat und den ich in Washington und London getroffen habe. Mein Dank geht auch an die US-Amerikaner John Prados, Richard Gage und David Ray Griffin, welche sich kritisch mit der Geschichte der USA auseinandergesetzt haben und die ich in der Schweiz und in den USA getroffen habe. In Deutschland, wo ich in den letzten Jahren viele Vorträge zur internationalen Politik gehalten habe, möchte ich den Publizisten Dirk Müller, Mathias Bröckers, Jürgen Todenhöfer, Rainer Mausfeld, Ken Jebsen, Jens Wernicke und Michael Lüders danken, weil sie sich nie gescheut haben, den US-Imperialismus offen zu kritisieren.
In Europa wird wenig über den US-Imperialismus gesprochen, obwohl dieser einen gewaltigen Einfluss auf die internationale Politik hat. Viele wissen wohl, dass es ihn gibt, trauen sich aber nicht, darüber zu sprechen, weil sie persönliche Nachteile befürchten. Auch an Schulen und Universitäten wird selten über den US-Imperialismus gelehrt und diskutiert. Dieses Buch habe ich daher auch für junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren geschrieben, die sich zum Thema US-Imperialismus informieren möchten. Mein Anspruch war, so zu schreiben, dass jeder ohne Vorwissen das Buch verstehen kann. Alle zitierten englischen Texte habe ich selbst ins Deutsche übersetzt. Immer wenn ich ein Zitat oder eine Zahl angeführt habe, verweise ich am Ende des entsprechenden Abschnitts durch eine Anmerkung auf die verwendete Quelle, damit jeder alle Angaben in diesem Buch nachprüfen kann.
Über die USA ist schon viel geschrieben worden. Auch dieses Buch ist nur eine Perspektive unter vielen möglichen Perspektiven. Einige Menschen, von denen ich viel gelernt habe, konnte ich nie persönlich treffen, weil sie schon verstorben waren. Zu diesen gehört US-Senator Frank Church aus Idaho, der eine sehr wichtige Untersuchung zu den Mordanschlägen der CIA veröffentlicht hat. Danken möchte ich auch dem jüdischen Pazifisten Murray Polner, der die Stimmen der US-Friedensbewegung gesammelt und publiziert hat. Mein Dank geht auch an den US-Fotografen Robert Stinnett, der mit seiner Forschung ein ganz neues Licht auf Pearl Harbor und den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg geworfen hat. Danken möchte ich auch dem mutigen und scharfsinnigen US-Bezirksstaatsanwalt Jim Garrison aus New Orleans, der die Ermordung von Präsident John F. Kennedy untersucht hat. Auch wenn diese Autoren nicht mehr unter uns weilen, lebt ihre Arbeit in ihren Texten weiter.
Mein Dank geht auch an mein Heimatland, die Schweiz, wo ich 1972 geboren wurde und immer in Frieden leben durfte. In der Schweiz konnte ich ausgezeichnete Schulen besuchen, wurde von engagierten Lehrern inspiriert und durfte viele spannende Menschen treffen. Bei Wanderungen in den wunderschönen Bergen und in ruhigen Momenten an einem glitzernden See habe ich Kraft und Inspiration getankt. Meiner wundervollen Frau Bea möchte ich danken, weil sie mich immer darin bestärkt hat, nach bestem Wissen und Gewissen meinen Weg zu gehen – auch dann, als ich Dozent an der Universität war und wegen der Brisanz meiner Forschungsresultate zum US-Imperialismus unter Druck geriet. Unseren zwei Kindern Julia und Noah möchte ich danken, weil sie mit ihrer Lebensfreude aufzeigen, wie wunderbar das Leben ist. Danken möchte ich auch meiner Mutter Jeannette Ganser, meiner Schwester Tea Ganser und meinem 2014 in Lugano verstorbenen Vater Gottfried Ganser sowie den Eltern meiner Frau, Hans und Käthy Schwarz. Durch den Rückhalt meiner wunderbaren Familie wird meine Friedensforschung entscheidend gestärkt.
Ein großes Dankeschön geht an Dominik und Yvonne Graf, weil sie meine Forschung großzügig unterstützt haben und durch ihren Mut eine Inspiration für andere Menschen sind. Mein großer Dank gilt auch meinen langjährigen Freunden Sherpa Hänggi, Tobi Portmann, Marcel Schwendener, Däne Aebischer, Yves Pierre Wirz, Philipp Schweighauser, Laurenz Bolliger, Nick Beglinger, Raymond Schärer, Andreas Zimmermann, Tobi Sutter, Urs Beyeler und Dani Morf. Uns allen liegt der Friede sehr am Herzen, was immer wieder die Grundlage für spannende Gespräche bildet. Mein Dank geht auch an Alexandre Robaulx de Beaurieux und Dirk Wächter für das Erstellen der Grafiken. Meinem Verleger Stephan Meyer danke ich für die Unterstützung bei der Produktion und dem Vertrieb des Buches, und meinem Lektor Alwin Letzkus gebührt mein Dank für die sorgfältige Durchsicht des Manuskriptes. Dem Orell Füssli Verlag in Zürich, der auch meine Bücher »NATO-Geheimarmeen« (2008), »Europa im Erdölrausch« (2012) und »Illegale Kriege« (2016) publiziert hat, danke ich für die langjährige und gute Zusammenarbeit.
Dr. Daniele Ganser
Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER)
Basel, 1. April 2020
Ich habe dieses Buch geschrieben, um die Friedensbewegung zu stärken. Zur Friedensbewegung gehören alle Menschen, die Krieg und Terror ablehnen und auch keine Lügen und keine Kriegspropaganda wollen. Die Friedensbewegung hat es in allen Ländern der Welt immer gegeben, auch in den USA. Um dies zu belegen, zitiere ich in diesem Buch immer wieder Stimmen der US-Friedensbewegung. Darunter auch diejenige des afroamerikanischen Bürgerrechtlers und Pfarrers Martin Luther King, der in klaren Worten zum gewaltfreien Widerstand gegen die Unterdrückung der Afroamerikaner und den illegalen Vietnamkrieg aufgerufen hat. Oder die Frauenrechtlerin Jeannette Rankin aus Montana, die als Abgeordnete im Kongress gegen die Teilnahme der USA am Ersten und am Zweiten Weltkrieg gestimmt hat. Oder den früheren NSA-Mitarbeiter Edward Snowden, der die Überwachung der Bürger aufdeckte. Die Mitglieder der Friedensbewegung haben sich immer an ihrem Gewissen orientiert und sind nie mit dem Strom geschwommen. Sie haben Krieg und Kriegslügen auch dann abgelehnt und das öffentlich gesagt, wenn sie in der Minderheit waren. Einige Mitglieder der Friedensbewegung wurden erschossen, wie Martin Luther King. Andere wurden als »Verräter« und »Hure« diffamiert, wie Jeannette Rankin. Andere wiederum mussten die USA verlassen, wie Edward Snowden, der nun in Moskau lebt. Mit ihrem Beispiel haben sie andere Menschen inspiriert, auch dann gegen Krieg, Terror und Kriegspropaganda Stellung zu beziehen, wenn es schwierig ist und Mut braucht.
Die USA sind die größte Gefahr für den Weltfrieden. Aber bei aller Kritik an den 300000 superreichen US-Amerikanern, die das US-Imperium lenken, darf es der Friedensbewegung nie darum gehen, den Hass zwischen den Nationen zu stärken. Unter den 330 Millionen Bewohnern der USA gibt es viele, die sich für den Frieden engagieren und den Imperialismus ablehnen. Sie sind zwar nicht in führenden Positionen im Weißen Haus und dominieren auch nicht den Kongress. Aber sie engagieren sich mit Herzblut für eine bessere und friedlichere Welt und arbeiten als Lehrerinnen, Künstler, Umweltschützer, Bürgerrechtler, Yogalehrerinnen, Schriftstellerinnen, Gärtner und vieles mehr. Man kennt sie kaum, aber jeder in der Friedensbewegung hat Einfluss, denn alles ist mit allem verbunden.
In meiner Forschung orientiere ich mich an folgenden drei Prinzipien: UNO-Gewaltverbot, Achtsamkeit und Menschheitsfamilie. Das UNO-Gewaltverbot wurde 1945 erlassen und verbietet die Androhung oder Anwendung von Gewalt in der internationalen Politik. Es ist leider in Vergessenheit geraten, und viele Menschen haben noch nie davon gehört. Daher erwähne ich es oft in meinen Büchern und Vorträgen, weil es ein ganz wichtiges Instrument der Friedensbewegung ist. Auch das Prinzip Achtsamkeit ist für die Friedensbewegung ein Juwel. Denn zu oft schon wurden wir Menschen durch Kriegspropaganda getäuscht und verwirrt. Doch das wäre nicht nötig. Wenn wir durch Achtsamkeit lernen, unsere eigenen Gedanken und Gefühle aus einer ruhigen Distanz zu beobachten, stärken wir unsere Klarheit. Wir müssen nicht alles glauben, was uns von den Medien erzählt wird. Durch Achtsamkeit erkennen wir, dass wir nicht unsere Gedanken und Gefühle sind, sondern das klare Bewusstsein, in dem sie aufsteigen und wie Wolken auch wieder vergehen.
Besonders wichtig beim Schreiben dieses Buches war mir das Prinzip Menschheitsfamilie. Denn leider ist es in der Geschichte immer wieder vorgekommen, dass wir als Menschheitsfamilie einzelne Mitglieder ausgeschlossen und getötet haben. Wir haben uns entlang von Nationalität, Religion, Hautfarbe, Geschlecht und Einkommen gespalten und abgewertet. Bei der Hexenverfolgung wurden Frauen der »Zauberei« beschuldigt, aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen und verbrannt. Bei den Indianerkriegen wurden Indianer als »Wilde« aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen, vertrieben und getötet. Beim Sklavenhandel wurden Afrikaner als »Tiere« aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen, diffamiert und ausgebeutet. Im Zweiten Weltkrieg wurden Juden als »lebensunwert« aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen und in Konzentrationslagern vergast. Im Vietnamkrieg wurden Vietnamesen von US-Soldaten als »Termiten« bezeichnet, aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen und mit Napalm bombardiert. Im sogenannten »Krieg gegen den Terror« wurden Afghanen als »Terroristen« bezeichnet, aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen und getötet.
Das sich wiederholende Muster ist deutlich: Das Prinzip Menschheitsfamilie wird verletzt, indem eine Gruppe aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen, abgewertet und dann getötet wird. Natürlich sehen wir alle ganz unterschiedlich aus. Auch bezüglich Glaube, Nationalität, Ausbildung, Sprache und Einkommen sind wir nicht gleich und werden es nie sein. Doch das ist noch kein Grund, Gewalt einzusetzen. »Wir haben in der Welt ganz sicher ein Problem mit Feindseligkeiten, die außer Kontrolle geraten. Der Mensch ist geradezu ein Spezialist darin, andere auszugrenzen«, erklärt der holländische Zoologe Frans de Waal. »Der Mensch dämonisiert Menschen anderer Nationalität oder Religion, erzeugt Ängste und Wut. Diese Gruppen nennen wir dann schnell Unmenschen oder Tiere. Schon ist es leicht, die Unmenschen zu eliminieren, weil man kein Mitgefühl mehr mit ihnen haben muss.«2
Im April 2004 wurde publik, dass US-Soldaten im irakischen Abu-Ghraib-Gefängnis Iraker gefoltert hatten. Die US-Kriegspropaganda hatte den US-Soldaten eingetrichtert, die Iraker seien schlechte Menschen, dadurch wurden sie aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen. Das hatte konkrete Folgen. Die US-Soldatin Lynndie England führte in Abu-Ghraib einen nackten irakischen Gefangenen an einer Hundeleine durchs Gefängnis. Ein anderer irakischer Gefangener musste mit schwarzer Kapuze auf einer Kiste balancieren, während an seinem Körper Drähte befestigt waren. Ihm wurde von den US-Soldaten angedroht, dass ihm tödliche Stromschläge zugefügt würden, wenn er von der Kiste fiele. »Für Europa waren die Horrorbilder aus Sex, Folter und Erniedrigung schlichtweg ein Schock«, kommentierte Die Welt. Der Abu-Ghraib-Skandal zeigte drastisch, was passieren kann, wenn die Menschen einer ganzen Nation, in diesem Falle die Iraker, aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen werden.3
Man darf angesichts dieser Gewalt und Brutalität nicht zu dem Schluss kommen, dass wir Menschen nicht fähig sind, friedlich zusammenzuleben. Wir können es sehr wohl und tun es jeden Tag, an Millionen verschiedenen Orten. »Lassen sie uns zunächst unsere Haltung gegenüber dem Frieden selbst überprüfen. Zu viele von uns halten ihn für unmöglich«, erklärte US-Präsident John F. Kennedy in einer seiner Reden. »Zu viele von uns halten ihn für nicht zu verwirklichen. Aber das ist ein gefährlicher, defätistischer Glaube. Er führt zu der Schlussfolgerung, dass der Krieg unvermeidlich ist, dass die Menschheit zum Untergang verurteilt ist, dass wir uns in der Gewalt von Kräften befinden, die wir nicht kontrollieren können.« Doch dies stimmt nicht, das wusste auch Kennedy. »Unsere Probleme sind von Menschen geschaffen, deshalb können sie auch von Menschen gelöst werden. Die Größe, die der menschliche Geist erreichen kann, bestimmt der Mensch selbst.«4
Auch außerhalb der USA haben inspirierende Persönlichkeiten die Friedensbewegung geprägt. In Indien hat der Rechtsanwalt und Pazifist Mahatma Gandhi, der für mich ein großes Vorbild ist, immer wieder das Prinzip Menschheitsfamilie betont. »Die ganze Menschheit ist eine Familie«, sagte Gandhi. Er setzte bei seinem Protest stets auf einen gelassenen und freundlichen Ton, frei von Wut und Hass. Trotz ihres brutalen Vorgehens bezeichnete Gandhi weder die indische Polizei noch die indische Regierung oder die britische Kolonialmacht als Feinde. »Ich betrachte niemanden als meinen Feind«, erklärte Gandhi. »Alle sind meine Freunde. Ich möchte aufklären und die Herzen verändern.«5
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Friedensbewegung im 21. Jahrhundert stärker wird, wenn sie sich an den Prinzipen Menschheitsfamilie, Achtsamkeit und UNO-Gewaltverbot orientiert. Die Spaltung nach Nation, Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Schulabschluss oder Einkommen sollte im 21. Jahrhundert durch die Einsicht ersetzt werden, dass alle Menschen zur Menschheitsfamilie gehören. Sie als Leserin und Leser gehören zur Menschheitsfamilie, egal wo Sie dieses Buch in den Händen halten und unabhängig davon, was Ihre Geschichte ist. Und ich als Autor gehöre auch zur Menschheitsfamilie, ebenso wie alle Personen, die in diesem Buch erwähnt werden, Opfer wie Täter. Zusammen sollten wir lernen, uns nicht zu töten, weil alles Leben heilig ist.
Die USA sind seit 1945 das Imperium. Als Imperium bezeichnet man das militärisch, wirtschaftlich und politisch mächtigste Land einer gegebenen Zeit. Die USA drucken den Dollar, die derzeit wichtigste Weltreservewährung. Sie sind eine Atommacht, haben die höchsten Militärausgaben, die größten Rüstungskonzerne und die meisten Militärstützpunkte in fremden Ländern. Die USA sind Vetomacht im UNO-Sicherheitsrat und können dadurch verhindern, dass sie durch den UNO-Sicherheitsrat verurteilt werden, wenn sie andere Länder illegal bombardieren und das UNO-Gewaltverbot verletzen. Zudem dominieren die USA die NATO, das größte Militärbündnis der Welt mit derzeit 29 europäischen und nordamerikanischen Mitgliedsstaaten.
Wer sich für internationale Politik, Geschichte und Frieden interessiert, darf das Imperium nicht ignorieren, denn die USA hatten direkt oder indirekt Einfluss auf fast alle großen Konflikte der letzten 100 Jahre und prägen die Kriege der Gegenwart. Ein Imperium ist leicht zu erkennen, man muss nur die Flugzeugträger zählen. Die USA haben elf atomar angetriebene Flugzeugträger, mehr als jedes andere Land der Welt. Auf dem Titelbild dieses Buches ist die USS George Washington abgebildet, ein Symbol für die militärische Vorherrschaft der USA. Der neueste US-Flugzeugträger, die USS Gerald Ford, wurde von US-Präsident Donald Trump 2017 eingeweiht und kann dank Antrieb mit Atomkraft jahrzehntelang auf See bleiben, ohne Brennstoff nachladen zu müssen. Die USS Gerald Ford ist mit 13 Milliarden Dollar das teuerste Kriegsschiff aller Zeiten. China hingegen hat derzeit erst zwei Flugzeugträger. Frankreich, Großbritannien und Russland nur je einen.6
Imperien steigen auf und zerfallen wieder. Imperien sind nicht von Dauer. Das römische Imperium, das spanische Imperium, das osmanische Imperium, das französische Imperium und das britische Imperium waren einst groß und furchteinflößend. Doch heute existieren sie nicht mehr. Auch das US-Imperium wird eines Tages zerfallen und von einer anderen Machtstruktur abgelöst werden. Wann und wie das geschehen wird, ist derzeit unbekannt. Wenn Nationen zu viel für Rüstung ausgeben, »dann überanstrengen sie sich wahrscheinlich«, warnt der britische Historiker Paul Kennedy. »Eine Nation ist dann wie ein alter Mann, der eine Arbeit verrichten will, die seine Kraft übersteigt.«7
»Welches Land ist heute die größte Gefahr für den Weltfrieden?« Diese spannende Frage stellte das US-amerikanische Meinungsforschungsinstitut Gallup mit Hauptsitz in Washington bei einer globalen Umfrage im Jahre 2013. Gallup hatte schon seit 1977 jedes Jahr eine globale Umfrage zum Zustand der Welt durchgeführt. Doch erst im neuen Jahrtausend wagten die US-Meinungsforscher, diese brisante Frage zu stellen, nachdem Radiohörer danach verlangt hatten. Im Rahmen der Umfrage wurden, während der Amtszeit von Präsident Barack Obama, zwischen September und Dezember 2013 mehr als 67000 Menschen in 65 Ländern befragt. Die Frage wurde also weltweit gestellt. Und das Resultat war eindeutig.
Von den Befragten bezeichneten 24 Prozent oder rund ein Viertel der Weltbevölkerung die USA als die größte Gefahr für den Weltfrieden. Die BBC kommentierte, dass dies »schlechte, aber nicht völlig überraschende Nachrichten für die USA« seien. Auf Platz zwei der gefährlichsten Länder rangierte die muslimische Atommacht Pakistan, mit 8 Prozent der Stimmen weit hinter den USA. Auf Platz drei der gefährlichsten Länder liegt China. Das bevölkerungsreichste Land der Welt wurde von 5 Prozent der Befragten als gefährlichstes Land eingestuft. Das von der kommunistischen Partei kontrollierte China teilte sich den dritten Rang mit Israel (5%), Nordkorea (5%), Afghanistan (5%) und dem Iran (5%). Auf den danach folgenden Plätzen wurden noch diese Länder als große Gefahr für den Weltfrieden genannt: Indien (4%), der Irak (4%), Japan (4%), Syrien (3%), Russland (2%), Australien (1%), Deutschland (1%), Palästina (1%), Somalia (1%), Südkorea (1%) und Großbritannien (1%).8
Dieselbe Gallup-Umfrage wollte auch Folgendes wissen: »Wenn es keine Grenzen gäbe, in welchem Land würden Sie am liebsten leben?« Mit 38 Prozent hat die klare Mehrheit der Befragten geantwortet, dass sie am liebsten in dem Land leben, wo sie schon sind. Die Mehrheit der Menschen will nicht auswandern, sondern im Kreise ihrer Familie leben, fast alle Menschen fühlen sich der Kultur, Sprache, Landschaft und dem Essen ihres Heimatlandes verbunden. Aber für jene Menschen, welche auswandern möchten, waren die USA mit 9 Prozent das begehrteste Zielland, gefolgt von Australien (7%), Kanada (7%), der Schweiz (6%), Frankreich (4%), Deutschland (4%), Großbritannien (4%) und Italien (3%).
Dass die USA 2013 als größte Gefahr für den Weltfrieden eingestuft wurden, war keine gänzlich neue Entwicklung. »Ich glaube, den meisten Europäern erscheint Amerika derzeit als das gefährlichste Land der Welt«, hatte der britische Historiker Arnold Toynbee schon 1971 gesagt, ohne dass er auf empirische Daten aus einer Umfrage zurückgreifen konnte. »Nachdem Amerika fraglos das mächtigste Land ist, hat die Wandlung des Amerikabildes in den letzten dreißig Jahren etwas sehr Erschreckendes«, so Toynbee, der vor dem Hintergrund des laufenden Vietnamkrieges schrieb. »Wahrscheinlich noch erschreckender ist es für die große Mehrheit der menschlichen Bevölkerung, die weder Europäer noch Nordamerikaner sind, sondern Lateinamerikaner, Asiaten und Afrikaner.« Denn immer wieder habe die USA mit rücksichtsloser Gewalt in die inneren Angelegenheiten anderer Länder eingegriffen. Daher, so Toynbee, seien die USA »der Alptraum«.9
Nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump im Januar 2017 wurden die Werte für die USA nicht besser. »Die Besorgnis über die Macht und den Einfluss der USA ist in vielen Ländern weltweit angestiegen, während das Vertrauen in den US-Präsidenten stark eingebrochen ist«, erklärte das US-Meinungsforschungsinstitut Pew im August 2017. Pew befragte Menschen in 30 verschiedenen Ländern aus Nordamerika, Südamerika, Europa, Afrika, Asien und Australien. Diese globale Umfrage wurde erstmals 2013 während der Präsidentschaft von Obama durchgeführt, und dann nochmals 2017, als Präsident Trump im Weißen Haus regierte. Schon unter Präsident Obama wurden die USA als große Gefahr für die Welt eingestuft, doch nachdem Präsident Trump ins Weiße Haus eingezogen war, nahm das Misstrauen gegenüber den USA noch weiter zu.
»In 21 der befragten 30 Länder hat die Anzahl der Menschen zugenommen, welche die USA als eine ernste Gefahr für ihr Land einstufen«, fand Pew im Jahre 2017. Die Nachbarn Mexiko und Kanada stuften die USA als eine größere Gefahr ein als China oder Russland. Auch in den NATO-Staaten Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Holland wurden die USA in der Umfrage von 2017 als gefährlicher eingestuft als noch in der Umfrage von 2013. Zudem fand Pew heraus, dass Frauen in Australien, Kanada, Japan, Großbritannien und Frankreich die USA als größere Gefahr einstufen als die befragten Männer im selben Land. Ebenso ergab die Umfrage, dass Menschen, die linke Parteien wählen, in Großbritannien, Schweden, Südkorea und Australien die USA als größere Gefahr einstufen als Menschen, die in denselben Staaten rechte Parteien wählen.10
Aktuelle Untersuchungen aus Deutschland bestätigen diese kritische Sicht auf die USA. Nach einer im Jahre 2018 publizierten Studie der Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen »geht für 79 Prozent der Deutschen die größte Gefährdung des Weltfriedens vom US-Präsidenten Donald Trump aus. Nur für 13 Prozent ist Putin eine Gefahr für die Welt, für acht Prozent sind beide gleichermaßen furchteinflößend.« Das Ansehen der USA ist in Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. »Die USA, die nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg erstaunlich schnell von einer Sieger- zur bewunderten, ja verehrten Schutzmacht wurden, werden von den Deutschen immer kritischer gesehen«, kommentierte die Augsburger Allgemeine Zeitung die Forsa-Studie. Einen Bruch in der Beurteilung der USA habe es nach dem Einzug von George W. Bush ins Weiße Haus im Jahr 2001 gegeben, so der deutsche Studienleiter Manfred Güllner. »Er galt spätestens nach dem Irak-Krieg als im Vergleich zu Putin weit gefährlicherer Kriegstreiber. Bushs Vorgänger Bill Clinton haben die Deutschen noch vertraut.«11
Immer neue Umfragen erhärten dieses Bild. »Die Deutschen sehen die USA als größte Bedrohung für den Frieden, vor Nordkorea, der Türkei und Russland«, vermeldete der »Sicherheitsreport 2019«, der seit 2011 jährlich erhoben wird. In der repräsentativen Bevölkerungsumfrage wurden über 1200 Deutsche ab 16 Jahren durch das Centrum für Strategie und Höhere Führung in Köln befragt. Fast die Hälfte der Befragten gab an, sie habe das Gefühl in besonders unsicheren Zeiten zu leben. »Der Sicherheitsreport 2019 zeigt deutlich: Für die Bundesbürger gibt es einen zentralen Unsicherheitsfaktor, der ihnen Angst macht. Und der heißt USA unter der Führung von Donald Trump«, kommentierte Studienleiter Klaus Schweinsberg das Ergebnis.12
Die Umfrage ergab, dass mehr als 56 Prozent der Deutschen die USA als größte Gefahr für den Weltfrieden sehen. Im Vorjahr 2018 waren es noch 40 Prozent gewesen. Damals hatte die Mehrheit Nordkorea als größte Bedrohung gesehen. Den Marsch der USA an die Spitze der größten Bedrohungen und die Verdrängung von Nordkorea bezeichnete Studienleiter Schweinsberg als »traurige Karriere«. Beobachter erklärten, diese Entwicklung sei nicht völlig überraschend. »Es gab auch in Deutschland schon immer eine kritische Betrachtung der amerikanischen Politik und Gesellschaft. Die dortige Kultur wird oft als oberflächlich empfunden, die Außenpolitik als egoistisch«, kommentierte RTL. »Im Osten Deutschlands ist dieser Eindruck sogar noch stärker zu spüren als im Westen.«13
Warum werden die USA von tausenden Menschen in ganz verschiedenen Ländern als die mit Abstand größte Gefahr für den Weltfrieden eingestuft? Die Antwort liegt auf der Hand: Die USA sind das Imperium. Und der Aufstieg zur imperialen Vorherrschaft beruhte in der Geschichte immer auf Gewalt. Der Glaube an Gewalt zeigt sich darin, dass, im Gegensatz zu fast allen anderen westlichen Staaten, in den USA noch immer die Todesstrafe vollstreckt wird. Vor allem aber hat kein anderes Land seit 1945 so viele andere Länder bombardiert wie die USA. Kein anderes Land hat seit 1945 in so vielen anderen Ländern der Welt die Regierung gestürzt wie die USA. Kein anderes Land der Welt hat seit 1945 so viele verdeckte Kriege geführt wie die USA. Kein anderes Land der Welt unterhält in so vielen anderen Ländern Militärstützpunkte, die oft von den besetzten Ländern abgelehnt werden. »Es ist peinlich geworden, ein Amerikaner zu sein«, kommentierte der US-Amerikaner Paul Craig Roberts, der in der Administration von Ronald Reagan als stellvertretender Finanzminister diente und nach seinem Ausscheiden aus der Politik zu einem scharfen Kritiker des Weißen Hauses wurde. »Unser Land hatte vier kriminelle Präsidenten in Folge: Clinton, Bush, Obama und Trump.«14
Der US-Historiker Gabriel Kolko, der an der York University in Toronto in Kanada lehrte, sagt richtig, dass die USA »das Land sind, welches in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts am meisten Kriege geführt hat.« Es ist dieser wiederholte und ständige Einsatz von Gewalt, weshalb die USA heute als größte Gefahr für den Weltfrieden eingestuft werden. Wer die historischen Quellen studiert, erkennt, dass die USA gegen die folgenden Länder nach 1945 offen oder verdeckt Gewalt eingesetzt haben, wobei angemerkt werden muss, dass dies keine vollständige Liste ist: Griechenland 1946, Korea 1950, Iran 1953, Guatemala 1954, Kongo 1961, Kuba 1961, Vietnam 1964, Indonesien 1965, Kambodscha 1969, Laos 1970, Chile 1973, Grenada 1983, Libyen 1986, Nicaragua 1981, Panama 1989, Kuwait 1991, Sudan 1998, Serbien 1999, Afghanistan 2001, Pakistan 2001, Irak 2003, Libyen 2011, Syrien 2014, Ukraine 2014.
Der frühere US-Präsident Jimmy Carter hat recht, als er 2019 mit Bedauern sagte, dass die Vereinigten Staaten von Amerika »die kriegerischste Nation in der Geschichte der Welt« sind. Nur gerade 16 Jahre von ihren 242 Jahren als Nation habe die USA ohne Krieg verbracht, kritisierte der 94 Jahre alte Carter während eines Gottesdienstes in Georgia.15
Krieg ist ein Geschäft. Unter Militärausgaben versteht man alle Ausgaben, die anfallen, wenn ein Land bewaffnete Streitkräfte unterhält und Kriege führt. Dazu gehören Beschaffung und Unterhalt von Waffen wie Flugzeugträger, Panzer und Landminen. Von diesen Ausgaben profitiert die Rüstungsindustrie, weil sie die Produkte herstellt. Zu den Militärausgaben zählen auch die Aufwendungen für militärische Forschung und Entwicklung. Zudem die Ausgaben der Geheimdienste zur Überwachung fremder Militärs und zunehmend auch der eigenen Bevölkerung. Und natürlich zählen zu den Militärausgaben auch die Aufwendungen für Kriegsoperationen in fremden Ländern sowie das Trainieren und Ausrüsten von fremden Soldaten in Kriegsgebieten.
Einen großen Teil der Militärausgaben betreffen die Personalkosten, also der Lohn und die Rente für das militärische Personal. Noch zur Zeit des Vietnamkriegs unterstanden in den USA alle Männer zwischen 18 und 25 Jahren der Wehrpflicht und mussten sich registrieren lassen. Viele junge Männer demonstrierten, weil sie nicht in den Vietnamkrieg wollten. Um diese Proteste zu schwächen, wurde 1973 in den USA die Wehrpflicht ausgesetzt und eine Berufsarmee auf freiwilliger Basis eingeführt. Ähnlich wie die Mitarbeiter von Ikea einen Vertrag mit dem Möbelhaus haben, sind US-Soldaten heute bezahlte Lohnarbeiter des Pentagons, was das Aufkommen von Protesten stark reduziert hat.
Dwight Eisenhower, der im Zweiten Weltkrieg als General die US-Streitkräfte in Europa gegen Adolf Hitler angeführt hatte und 1953 als Präsident ins Weiße Haus einzog, kannte sowohl das Militär als auch die Politik und die Rüstungsindustrie aus erster Hand. Als Insider warnte er in seiner Abschiedsrede vor dem sogenannten »militärisch-industriellen Komplex«. Eisenhower meinte damit das enge Geflecht zwischen Rüstungsindustrie, Geheimdiensten, Pentagon, Lobbys, Medien und Politik. Die Rüstungsindustrie werde stets versuchen, die Politik zu beeinflussen, um Rüstungsaufträge zu erhalten und ihre Produkte abzusetzen. Auch die Mitarbeiter des Pentagons haben ein Interesse am Krieg, weil ohne Krieg sind sie ohne Arbeit. Doch seine Warnung wurde nicht gehört. »Jobs, jobs, jobs«, twitterte US-Präsident Donald Trump, als er 2017 in Saudi-Arabien ein umfangreiches Abkommen über Waffenlieferungen im Wert von rund 350 Milliarden Dollar unterzeichnet hatte. Und als die USA dem Emirat Katar im selben Jahr F-15-Kampfjets für 12 Milliarden Dollar verkauften, twitterte der katarische Botschafter in den USA begeistert, dies schaffe »60000 neue Jobs in 42 Bundesstaaten der USA.«16
Die USA verfügen über »eine permanente Rüstungsindustrie von gewaltigen Größenordnungen«, warnte Eisenhower in seiner Abschiedsrede am 17. April 1961. »Diese Verbindung eines gewaltigen Militärapparates mit einer großen Rüstungsindustrie stellt eine neue Erfahrung in den USA dar«, betonte der abtretende Präsident und warnte, dass die Rüstungsindustrie einen dominanten Einfluss auf die Politik gewinnen könnte. »In den Gremien der Regierung müssen wir uns verwahren gegen die Inbesitznahme einer unbefugten Einmischung, ob angefragt oder nicht, durch den militärisch-industriellen Komplex. Das Potenzial für die katastrophale Zunahme deplatzierter Macht existiert und wird weiter bestehen bleiben«, so Eisenhower. Abrüstung in gegenseitigem Respekt und Vertrauen sei ein »immer noch gültiges Gebot«, so der frühere General. »Zusammen müssen wir lernen, wie wir Meinungsverschiedenheiten beilegen, nicht mit Waffen, sondern mit Verstand und in ehrlicher Absicht.«17
Die Warnung war richtig, aber sie wurde ignoriert. Als Eisenhower Präsident war, lag das Pentagon-Budget bei 50 Milliarden Dollar pro Jahr. Das Pentagon-Budget stieg auch nach der Abschiedsrede von Eisenhower von Jahr zu Jahr. Die Verbindungen zwischen dem US-Militär und der US-Rüstungsindustrie wurden immer enger. Viele hochrangige US-Offiziere wechselten nach ihrer Pensionierung als Berater in die US-Rüstungsindustrie. Immer neue Kriege verlangten nach immer neuen Produkten. Am Ende des Vietnamkriegs, den die USA 1975 als Verlierer beendeten, lagen die US-Militärausgaben schon bei 100 Milliarden Dollar pro Jahr und hatten sich somit seit der Warnung von Eisenhower verdoppelt.
Während der Präsidentschaft von Ronald Reagan überschritten die Militärausgaben vor der illegalen Invasion der kleinen Karibikinsel Grenada 1983 erstmals die Marke von 200 Milliarden Dollar pro Jahr. Damit hatte sich das Pentagon-Budget gegenüber der Zeit von Eisenhower vervierfacht. Und es wurde weiter kräftig erhöht. Schon 1986 erreichte es die schwindelerregende Höhe von 300 Milliarden Dollar pro Jahr, sechsmal mehr als zur Zeit von Eisenhower. Präsident Ronald Reagan erfüllte die kühnsten Träume der Rüstungsindustrie und stärkte dadurch den militärisch-industriellen Komplex. »Durch die amerikanische Weltmachtpolitik und ihren Rüstungbedarf wurde das Pentagon als Wirtschaftsfaktor erheblich aufgewertet«, erklärt der deutsche Politikwissenschaftler Hartmut Wasser. »Es ist nicht nur selbst Arbeitgeber, sondern auch Auftraggeber und Beschäftigungsgarant für die an der Rüstung beteiligten Unternehmen.«18
Nach dem Fall der Berliner Mauer und der Auflösung der kommunistischen Sowjetunion hofften Millionen von Menschen in der Friedensbewegung auf eine sogenannte »Friedensdividende«, also auf eine Reduzierung der Streitkräfte und einen Rückgang der Verteidigungsausgaben. Immerhin war der langjährige Feind des Pentagons nun eingebrochen, eine Reduktion der US-Militärausgaben von 300 Millarden auf 200 Milliarden pro Jahr war zumindest denkbar. Denn US-Präsident John F. Kennedy hatte einst weise gefordert: »Die Menschheit muss dem Krieg ein Ende setzen, oder der Krieg setzt der Menscheit ein Ende.«19
Doch der militärisch-industrielle Komplex wollte auch nach dem Ende des Kalten Krieges keine Budgetkürzung, und die USA traten sogar noch aggressiver auf. »In der Dekade nach dem Fall der Berliner Mauer … haben die USA ihre militärische Macht nicht nur dafür eingesetzt, um auf Krisen zu reagieren«, so der US-Historiker Andrew Bacevich. »Das Militär wurde eingesetzt, um vorzubeugen, einzuschüchtern … und zu kontrollieren. Und zwar routinemäßig und andauernd. Im Zeitalter der Globalisierung hat sich das Verteidigungsministerium endgültig in ein Ministerium der Machtprojektion verwandelt.« Das Pentagon wurde zum Angriffsministerium. Das Ziel der USA, so erkannte Bacevich, bestehe darin, »ein militärisch, politisch, ökonomisch und kulturelles Imperium von globaler Reichweite zu errichten.«20
Es ist wenig bekannt, dass die Pentagon-Buchhaltung mitunter äußerst undurchsichtig ist, was auf Korruption hinweist. Am 10. September 2001 erklärte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld in einer bemerkenswerten Rede im Pentagon, dass die Bürokratie im Verteidigungsministerium zu groß sei, und dass zu viel Geld verschwendet werde. »In diesem Gebäude verschwindet das Geld in Aufgaben, die doppelt ausgeführt werden, und einer aufgeblähten Bürokratie«, kritisierte Rumsfeld. Das Verteidigungsministerium habe 660000 zivile Angestellte und 1,4 Millionen Soldaten im Aktivdienst, dazu noch eine Million Milizsoldaten in der Nationalgarde. Jeder Dollar, der in der Bürokratie verschwinde, fehle den Soldaten an der Front, klagte Rumsfeld. Einsparungen von 18 Milliarden pro Jahr seien durchaus möglich, aber das Umsetzen eines Sparprogramms sei schwierig. »Eine Institution, die mit Billionen von Dollars über die lange Zeit von mehreren Dekaden aufgebaut wurde, lässt sich nicht im Handumdrehen verändern«, mahnte Rumsfeld. »Einige sagen, das sei, wie wenn man ein Kriegsschiff wendet. Ich glaube, es ist noch schwieriger.«21
In einem Bericht der BBC über die Rede von Rumsfeld steht der erstaunliche Satz, dass »Transaktionen im Umfang von 2,3 Billionen Dollar nicht nachverfolgt werden können«. Das ist eine sehr große Summe und hätte weltweit für Schlagzeilen sorgen müssen. Wer sich die Rumsfeld-Rede im Internet anhört, stellt fest, dass Rumsfeld auf Englisch von unauffindbaren »2,3 Trillions« sprach. Das sind im Deutschen 2,3 Billionen oder 2300 Milliarden Dollar, was dem mehrfachen Jahresbudget des Pentagons entspricht. Rumsfeld meinte vermutlich nicht, dass sich dieses Geld in Luft aufgelöst hatte, aber dass gemäß einer internen Buchprüfung im Pentagon viele Transaktionen nicht den Standards einer sauberen Buchhaltung genügen. Rumsfeld klagte: »Wir können in diesem Gebäude nicht einmal Informationen zwischen den Stockwerken austauschen, weil die Informationen auf dutzenden verschiedenen technischen Systemen gespeichert sind, die untereinander nicht kompatibel sind. Wir haben etwa 20 Prozent zu viel Infrastruktur für das, was wir brauchen, um unsere Streitkräfte zu unterstützen, was den Steuerzahler etwa drei bis vier Milliarden Dollar pro Jahr kostet.«22