Keira Andrews
Aus dem Englischen von Nora Bendzko
© dead soft verlag, Mettingen 2019
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Titel der Originalausgabe: Test on Valor
Übersetzung: Nora Bendzko
Cover: Irene Repp
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1. Auflage
ISBN 978-3-96089-346-2
ISBN 978-3-96089-347-9 (epub)
Sie haben das Weiße Haus hinter sich gelassen, doch kann ihre verbotene Liebe in der echten Welt bestehen?
Nun, da sein Vater nicht länger der Präsident von Amerika ist, kann der 22-jährige Rafael Castillo mit seinem Ex-Agenten Shane Kendrick zusammen sein. Shane hat seine Karriere für Rafa aufgegeben – eine Entscheidung, die seine Kollegen gleichermaßen an seinem Verstand und seiner Moral zweifeln lässt. Begierig darauf, den Fragen und Verurteilungen zu entfliehen, bauen sich Rafa und Shane ein neues Leben in Australien auf. Obwohl Shane mit Albträumen und seiner Überfürsorglichkeit zu kämpfen hat und Rafa sich seiner eigenen Unsicherheit stellen muss, lieben sie sich mehr denn je.
Jetzt müssen sie nur einen Besuch von dem ehemaligen Präsidentenpaar überstehen.
Rafas Eltern sind alles andere als einverstanden damit, dass er eine Beziehung mit dem 40-jährigen Shane hat, und sie sind entschlossen, ihn zur Vernunft zu bringen. Sie verstehen einfach nicht, wie ihr Sohn glücklich sein könnte, sich mit einem älteren Mann niederzulassen, und hinterfragen Shanes Beweggründe. Shane und Rafa wollen nur ein normales Leben haben. Aber als es plötzlich um ihr Überleben geht, kämpfen sie, um zu beweisen, dass ihre wilde Liebe allen Gefahren trotzen kann.
Dieser Gay Romance von Keira Andrews ist der zweite Teil der Valor-Dilogie. Eine Geschichte über Altersunterschiede, Sex am Strand … und natürlich mit einem Happy End.
Vielen Dank an Anara, Mary, Leta Blake und DJ Jamison für ihre Freundschaft und Hilfe bei diesem Buch. Mein besonderer Dank geht an Karen (und ihren Sohn Sean), die sichergestellt haben, dass die Dialoge der australischen Charaktere natürlich klingen. Eure Unterstützung ist unbezahlbar.
Wenn ihn einmal jemand fragen sollte, ob es die Mühe wert war, seine Karriere beim Secret Service aufzugeben und mit dem Sohn des Präsidenten abzuhauen, würde Shane Kendrick antworten: Verdammte Scheiße, ja.
Aber heute Morgen in ihrem kleinen Zelt am Strand war ihm flau im Magen. Sein Herz raste. Rafa lag nicht warm und im Schlaf murmelnd neben ihm, und Shane grub seine Finger in das leere Laken. Die schrecklichen Bilder seines Traums waren noch zu gegenwärtig – Shanes Füße, die hoffnungslos feststeckten, während ihm Rafa weggenommen wurde.
Während er alleine aufwachte, erstickte Shane fast an seiner Panik. Galle stieg in seinem Hals auf. Nackt, wie er war, kroch er aus dem Zelt und kam auf die Füße. Bereit, davonzurennen. Bereit, zu kämpfen.
Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als er Rafa sogleich wenige Meter entfernt bei der Wasserlinie ausmachte. Es war Mitte Juni, ein Montagmorgen auf einem abgelegenen Stück Strand nördlich von Byron Bay, was glücklicherweise hieß, dass sie den Ort für sich alleine hatten.
Shanes Herz schlug immer noch zu schnell. Schweiß benetzte seine Augenbrauen, während er beobachtete, wie Rafa in der Ferne durch die Brandung watete. Schaumiges Wasser floss um dessen Knöchel. Mit der gebräunten Haut und in dem lila Kapuzenpullover sah Rafa wie ein Einheimischer aus. Die Boardshorts hingen tief auf seinen schmalen Hüften. Er war verdammt schön, die zottigen Locken standen wild von seinem Kopf ab.
Die Welle kam mit einem polternden Gurgeln zurück, die Sonne stand bereits hoch am bewölkten Himmel. In der Nähe kreischte eine Möwe und flatterte mit den Flügeln, als sie sich mit einem anderen Vogel um einen Leckerbissen stritt, der an den goldenen Strand gespült worden war.
Shane atmete tief die frische Luft ein, um die nachklingende Anspannung in seinen Gliedern und das Hämmern seines Herzens zu vertreiben. Die Träume – na gut, Albträume – waren ähnlich, doch niemals gleich. Diesmal war es nicht Schlamm auf einer Raststelle gewesen, der zu Treibsand wurde und ihn herabzog, während Rafa von maskierten Männern fortgebracht wurde und um Hilfe schrie.
Nein, diesmal war der Treibsand an einem sonnigen Tag, auf einem perfekten Strand wie diesem aufgetaucht. Er hatte ihn in die Tiefe gesogen und an Ort und Stelle gelähmt. In seinem Traum hatte er immer und immer wieder versucht, seine Füße zu bewegen, aber seine Glieder waren nutzlos gewesen. Er schmeckte sein Blut, Schüsse hallten in seinen Ohren, während er sich abmühte. Doch er versagte kläglich, und die Silhouetten namenloser Männer zerrten Rafa außer Reichweite.
Shane sah zu ihm und atmete wieder die frische Seeluft ein – Salzwasser und Seetang und Sommer.
Du bist wach. Es geht ihm gut. Lass los.
Er schloss die Augen und zählte bis fünf. Wenn er sie öffnete, würde der Moment – der Nachhall des Albtraums, der ihn gequält hatte, offiziell vorbei sein. Sie hatten so eine friedliche Woche verbracht. Er konnte nicht zulassen, dass irgendetwas ihren letzten Tag ruinierte, bevor sie zurück nach Sydney gingen. Wenigstens hatte Rafa bereits das Zelt verlassen, als der Albtraum gekommen war. Shane wollte nicht, dass er sich wegen etwas so Unwichtigem Sorgen machte.
Die Träume hatten vor Kurzem angefangen, ohne Warnung und besonderen Grund. Shane wüsste nicht, warum sie nicht genauso schnell wieder verschwinden sollten. Kein Grund, einen Aufstand zu machen.
Na ja, okay. Vielleicht hatten sie nicht völlig unvorhergesehen angefangen. Der erste Traum war in der Nacht gekommen, nachdem Shane gesagt worden war, dass er für eine spezielle Untersuchung aussagen müsse. Sein ehemaliger Partner – ehemaliger Freund, erinnerte ihn sein schmerzender Magen – hatte sich wegen Hochverrats schuldig bekannt und lebenslänglich ohne Bewährung bekommen. Alan hatte Glück gehabt, dass er der Todesstrafe entronnen war. Es war wohl nur möglich gewesen, weil Rafa um eine Kronzeugenregelung gebeten hatte.
Shanes Herz schwoll an, als er beobachtete, wie Rafa das Wasser trat. Nach allem, was Alan getan hatte, hätten ihn die meisten gehasst, doch nicht Rafa. Während Shane ihm zusah, grub er seine Zehen in den warmen Sand nahe den Sträuchern und Bäume, die am Rand des Strandes wuchsen, und versuchte nicht über die verfluchte Ermittlung nachzudenken.
Klar, der Secret Service musste verstehen, wie eine derart große Sicherheitsverletzung direkt unter ihrer Nase hatte passieren können. Wie einer ihrer Agenten sich Terroristen angeschlossen hatte. Nicht, dass Shane es selbst verstehen könnte.
Er versuchte erneut, die Gedanken an Alans Verrat und dass er beinahe Rafas Leben gekostet hätte zu verdrängen. Die Erinnerung, wie er Rafa eingequetscht in diesem Kasten vorgefunden hatte …
Hör auf!
Die Albträume schwächten ihn schon genug. Er musste nicht auch noch seine Tage ruinieren, indem er sich mit der Frage quälte, was alles hätte passieren können. Immerhin hatte der Secret Service ihm gestattet, per Satellitenverbindung auszusagen. Er musste bis dahin aufhören, zu viel nachzudenken, und dann könnte er alles hinter sich lassen. Und Rafa sollte niemals von diesen lächerlichen Albträumen wissen. Shane hatte ihn bisher nicht deswegen belästigt, und er wollte, dass es so blieb.
Er streckte die Arme über seinen Kopf, der Wind kitzelte seine bloße Haut. Für die Australier mochte dieser Wintermorgen ein wenig zu kalt sein, aber für ihn war er perfekt – eine kühle Brise, die die Hitze der Sonne milderte.
Er fuhr sich mit der Hand über die Bartstoppeln. Es war nur eine kleine Sache, sich nicht jeden Tag zu rasieren, aber er mochte es trotzdem. Er schor immer noch seinen Kopf, da sein Haaransatz mit jedem Monat mehr zurückging. Sobald er seine Sicherheitsberatung startete, würde er gepflegt und wieder im Anzug sein, aber jetzt genoss er es, nackt herumzugammeln.
Nachdem er neben einen Busch gepinkelt und seine Zähne mit einer Kanne Wasser geputzt hatte, beobachtete er wieder Rafa unten am Strand. Der hielt immer wieder an, um sich zu bücken und Muscheln aufzuheben, die die Wellen zurückgelassen hatten. Seine komplette Sammlung befand sich in einem Glas und stand auf dem Fensterbrett des Badezimmers, das sie sich mit ihrem Bungalow gemietet hatten. Bald würde Rafa ein weiteres Glas brauchen. Shane stellte sich vor, wie die Fensterbank immer voller wurde, während die Monate vergingen, und lächelte.
Er machte eine Bewegung in der Ferne aus, hob die Hand über seine Augen, um sie von der Sonne abzuschirmen, und erblickte einen Mann mit Hund. Schnell kalkulierte er, wie weit sie von Rafa entfernt waren, der immer noch wie versessen auf etwas im Sand starrte. Shane war schon dabei, loszulaufen, ehe er sich erinnerte, dass er nackt war.
Ruhig. Atme. Er ist sicher.
Es war nur ein Mann, der mit seinem Hund spazierte – keine Paparazzi oder Terroristen. Trotzdem schätzte Shane noch einmal den Abstand zwischen ihnen ab. Er könnte in ungefähr zwanzig Sekunden bei Rafa sein, wenn er sprintete, den verlangsamenden Effekt des Sandes mit einberechnet.
In zwanzig Sekunden kann eine Menge passieren.
Für ein paar heftige Herzschläge glaubte er, dass Regen ihn durchnässte, obwohl die Wolken flockig und weiß waren und nicht schwer und grau. Das stetige Grollen der Wellen wurde zu Donner. Schüsse hallten in seinem Kopf, als er zusammenbrach und in Schlamm und Dunkelheit versank, hilflos, Rafa fort. Sein Atem versagte, und er fuhr mit einem Finger über die Narbe, die sich auf der linken Seite seines Kopfes über dem Ohr befand.
Fast erwartete er warmes, klebriges Blut zu spüren und wie die Kugel ihn zu seinem Glück nur streifte, ohne den Schädel zu durchdringen. Die Erinnerung an das Grauen, zu wissen, dass Rafa fort war, ließ sogar jetzt noch seinen Magen hüpfen, obwohl er sich sagte, dass Rafa doch hier war, sicher und unverletzt und in sich hineinlächelnd, während er durch die Brandung watete.
Shane schüttelte den Kopf, wandte sich entschlossen ab und zog sich seine Boardshorts über. Er sollte über den Albtraum hinwegkommen und ihn nicht wieder wachrufen. Außerdem würde es Rafa wahrscheinlich irritieren, wenn er wie eine Glucke zu ihm hinüberlief.
Es hatte Wochen gedauert, ehe Shane sich daran gewöhnt hatte, ihn nicht mehr in Reichweite zu haben, und er mochte es immer noch nicht. Aber Rafa war ein erwachsener Mann. Shane musste sich zusammenreißen.
Er setzte sich auf den Baumstamm, den sie in der Nacht zuvor zu ihrer Feuerstelle gezogen hatten, und überlegte, ob er ein Feuer anzünden und Kaffee machen sollte. Für einen Moment saß er einfach nur da und atmete ein und aus. Er beobachtete, wie Rafa einen Stein ins Wasser warf, immer noch bemüht, seine Wurftechnik zu perfektionieren.
Der Mann und der schwarze Labrador verschwanden irgendwann in der Richtung, aus der sie gekommen waren. Der letzte Rest von Anspannung in Shanes Schultern verging. Die Reporter hatten sie schon lange nicht mehr bedrängt.
Nachdem die US Weekly die Romanze zwischen dem schwulen Sohn des Ex-Präsidenten und dem älteren Agenten des Secret Service öffentlich gemacht hatte, waren sie schier überflutet worden mit Aufmerksamkeit. Aber sie hatten sich bedeckt gehalten und von Shanes Ersparnissen gelebt.
Jetzt waren sie keine heißen Nachrichten mehr. Die meisten Australier erkannten sie nicht einmal, gaben einen Scheiß drauf oder waren zu nett, um irgendetwas zu sagen. Shane hatte heimlich den Grundstein für seine Sicherheitsberatung gelegt, und Rafa würde nächsten Monat sein Studium in Sydneys Cordon Bleu beginnen.
Rafas Eltern würden recht bald für ihren ersten Besuch ankommen, und wenn das geschah, würde es wohl wieder für Wirbel in der Presse sorgen. Aber hoffentlich würde das von kurzer Dauer sein. Shane verspannte sich bei dem Gedanken, Smalltalk mit den Castillos machen zu müssen. Uff. Er fragte sich, ob er irgendwelche Agenten von ihrem Team kannte und wie schräg das alles sein würde.
Bevor er die Liste an potenziellen Horrorszenarios durchgehen konnte, zwang er sich, in die Gegenwart zurückzukehren. Es gab hier nur sie beide, meilenweit von allem entfernt. Die Wellen kamen und würden hoffentlich ein paar Brecher bringen.
Er holte sein Handy aus seinem Rucksack im Zelt und schoss ein paar Fotos von Rafas Schatten auf dem Sand. Er hatte kaum Signal am Strand, rief aber WhatsApp auf und war in der Lage, ein Bild an Darnell zu senden mit der Beschreibung:
Die morgendliche Aussicht. Hoffe, du hast eine gute Nacht in Washington.
Darnell schickte ihm immer Bilder von Staus und überquellenden Mülleimern zurück, mit mindestens einem Selfie, auf dem er Grimassen schnitt, als wollte er sich beschweren, dass Shane es ihm hineinrieb. Shane lachte bei der Erwartung leise in sich hinein. Er schob das Handy in seine Tasche und sah zu, wie Rafa zurücklief. Als dieser winkte und schneller wurde, musste Shane grinsen.
Kaum dass Rafa ihr kleines Camp erreicht hatte, griff er in die Tasche seiner Shorts. „Hab ein paar gute gefunden. Schau, wie lila diese ist.“ Vorsichtig zog er die Muscheln hervor und streckte seine Hand aus, wobei er sich vorbeugte, um Shane leicht zu küssen.
„Schön.“ Shane fuhr mit den Fingern über die sanften Rundungen der filigranen Kleinode. „Sicher, dass nichts mehr darin lebt?“
Rafa schnaubte gutmütig. „Keine verschlossenen Muscheln, ich schwöre. Diese stinkende Lektion musste ich nur einmal lernen.“ Er schob sie in eine Plastiktüte und verstaute diese. „Bereit fürs Frühstück? Ich dachte an Schinken. Weil … nun ja, Schinken.“
Shanes Handy vibrierte. Er nahm es aus seiner Tasche und öffnete WhatsApp. Darnell sah ihm finster vom Bildschirm entgegen. Seine Krawatte war gelockert, hinter ihm war der beige Raum des Detektivteams zu erkennen. Sein sonst kurzer Afro wurde ein bisschen zu lang, Ringe lagen unter seinen Augen. Er sagte oft, dass er als der jüngste afroamerikanische Detektiv der Truppe zweimal so hart arbeiten und dreimal so schlau wie seine Kollegen sein musste.
Hab einen dreifachen Mörder gefangen. Freut mich zu sehen, wie du da unten schuftest, du Bastard. Hoffe, dir und deinem Jungen geht es gut. Lass ruhig mehr von dir hören. Zwei Texte in einer Woche – du gehst ja richtig ab. Ich schicke dir später einen Vext.
Wenn er pendelte, nahm Darnell manchmal eine Sprachnachricht auf WhatsApp auf, was er „Vext“ nannte. Er redete über alles, was ihn gerade beschäftigte, und Shane genoss es, seinen Freund schwafeln zu hören.
„Shane?“
Er sah auf. „Entschuldige, was hast du gesagt? Hab eine Nachricht von Darnell bekommen.“ Er zeigte Rafa den Bildschirm.
Dessen dunkle Augenbrauen zogen sich zusammen. „Ich bin kein Junge.“
„Was?“ Shane las den Text noch einmal. „Oh. Er meint das nicht so.“
„Schon klar. Alles gut.“ Rafa schob die Hände in seine Hosentaschen. „Ähm, sag Hallo oder so. Und ich habe über Schinken geredet.“
Shane tippte schnell eine Antwort, dass es ihnen tatsächlich gutging und Darnell nicht zu hart arbeiten solle, stand dann auf und zog Rafa an sich. Dieser lag angespannt seinen Armen. Shane fuhr ihm mit der Hand über die Wange.
„Darnell hat es wirklich nicht so gemeint.“
Kopfschüttelnd atmete Rafa aus und gab sich Shanes Berührung hin. „Ich weiß. Ich bin nur überempfindlich. Tut mir leid.“
„Sag das nicht.“ Shane küsste ihn sanft und murmelte: „Vielleicht kann es den Schinken zum Nachtisch geben.“
„Dafür habe ich Passionsfrucht mitgebracht.“ Rafa schlang die Arme um Shanes Nacken, seine Augen groß vor gespielter Unschuld. „Es sei denn, du redest über etwas ganz anderes. In diesem Fall kann ich dir nicht folgen.“
„Ich rede davon, dich zu ficken. Tut mir leid, wenn das nicht klar war.“ Shane fuhr mit einer Hand über Rafas Hintern und liebkoste mit der anderen dessen Nacken.
„Oh, das hast du also gemeint? Nun ja, ich denke, das geht.“ Er biss in Shanes Ohrläppchen und flüsterte: „Wie willst du mich?“
„Hmm. So viele Möglichkeiten.“ Shane lehnte sich zurück und fuhr mit den Fingern über die Sommersprossen, die so schön auf Rafas Wangen und Nase hervortraten.
Rafa saugte Shanes Finger in seinen Mund und knabberte verspielt daran. „Was hältst du von einem Ritt?“
Shanes Schwanz schwoll allein bei dem Gedanken an und er rieb seine Hüften gegen die von Rafa. „Na dann: Hü-hott!“ Er sah sich auf dem immer noch leeren Strand um. „Wir sollten wohl besser ins Zelt zurückgehen.“
„Nee. Dort ist nicht genug Platz. Ich will mich nicht verstecken.“ Rafa schob seine Shorts mit einem ungestümen Grinsen hinunter und trat sie von seinen Füßen. „Hier ist sowieso niemand.“ Nachdem er sich auch aus seinem Pullover geschält hatte, stand er nackt und Finger knibbelnd da.
Shane wusste, dass es unklug war, doch er konnte Rafas Eifer einfach nicht widerstehen. Als Sohn des Präsidenten hatte er sein wahres Ich so lange weggeschlossen. Shane konnte ihm jetzt nichts abschlagen.
Er zog seine Shorts aus, fand sich dann mit dem Rücken auf einem Handtuch wieder, Rafa nackt über sich, der die Beine spreizte, ungeduldig Gleitgel verteilte und sich selbst fingerte. Rafa biss sich konzentriert auf die Lippe, Shane fuhr ihm mit den Händen über die angespannten Schenkel.
„So ist es gut. Mach dich für mich bereit. Du bist so verdammt schön.“
Rafa errötete. Shane wusste, dass er das nicht tat, weil er nackt war und sich seine Finger in den Arsch schob auf einem Strand, wo sie jederzeit überrascht werden konnten. Nein, selbst nach fünf Monaten Beziehung zuckte Rafa unangenehm berührt zusammen, wenn Shane ihm sagte, wie gutaussehend er war. Wie perfekt.
Also sagte er es noch einmal, und er würde es immer und immer wieder sagen, solange er Atem hatte. „Du bist atemberaubend, Baby.“
„Du bist es“, murmelte Rafa. Seine typische Antwort.
„Bereit für meinen Schwanz?“
Ein Grinsen machte sich auf Rafas Gesicht breit. „Immer.“
Stöhnend spießte er sich auf. Das Geräusch schoss direkt in Shanes Eier, während Hitze sein Glied umfing.
Als die Monate so vergangen waren, hatte Shane sich gefragt, ob Sex irgendwann langweilig werden würde. Er hatte immer geglaubt, es müsste nach einer gewissen Zeit in einer monogamen Beziehung so sein. Aber als er nun zusah, wie Rafa auf seinen Schaft sank und ihn so fest zusammendrückte, dass es Funken in Shanes Zehen schickte, konnte er sich nicht vorstellen, wie das jemals passieren könnte. Nicht mit Rafa.
Er stieß sich mit einer Hand hoch, um Rafas rosige Nippel zu lecken und mit dem Haarnest auf dessen Brust zu spielen, während Rafa völlig herabsank. Rafa schaukelte vor und zurück, kleine Bewegungen seiner Hüften, während sie heftiger atmeten. Er liebte es, gefickt zu werden, und Gott, Shane liebte es, ihn zu ficken.
Mit der anderen Hand griff Shane herum, dorthin, wo sein Schwanz Rafa ausfüllte, und fuhr mit den Fingern über Rafas empfindliches, gedehntes Loch. Er hatte es immer genossen, in einem engen Arsch zu sein. Aber mit Rafa war es mehr als nur in einen Körper zu stoßen. Shane hatte das Gefühl, bis zu dessen Herzen vordringen zu können.
Er stieß ein Lachen wegen seines hoffnungslos kitschigen Gedankens aus und ließ sich auf das Handtuch fallen, wobei er die Beine bog und hochstieß.
Rafa sah mit einem benommenen Lächeln auf ihn hinunter und fragte: „Was?“
Shane schüttelte den Kopf. „Ich bin nur glücklich.“
Träge strich er über Rafas Schwanz, schielte dabei nach links und rechts, um sicherzugehen, dass sie noch alleine auf dem Strand waren. Er schob die Vorhaut hinunter und rieb mit dem Daumen über die glänzende Eichel, auf der sich Lusttropfen sammelten. Dann hob er seine Hand an Rafas Mund und schob ihm den Daumen zwischen die Lippen. Rafa leckte ihn eifrig sauber.
„Du magst das, hm?“, fragte Shane. „Meine kleine Sperma-Schlampe.“
Er konnte förmlich die Erregung erkennen, die Rafa durchrauschte, als dieser nickte und stärker an Shanes Daumen saugte. Als Rafa ihn zum ersten Mal gebeten hatte, ihn so zu nennen, war er heftig errötet und hatte den Blick gesenkt.
Shane fragte sich, wie weit Rafa den Weg der Unterwerfung gehen wollte. Aber sie hatten mehr als genug Zeit, um das herauszufinden. Er zog seinen Daumen zurück und kniff in Rafas Nippel, woraufhin dieser aufschrie.
Es war so schön, zu sehen, wie Rafa den Schatten des Weißen Hauses entwuchs, und es war noch viel schöner, aus nächster Nähe zu erleben, wie Rafa sich beim Sex entdeckte. Shane war es noch nie so gut gegangen, und als Rafa ihn mit immer schnellerem Tempo ritt, die Hände auf Shanes Brust abgelegt und mit fliegenden Locken, glaubte Shane der glücklichste Mann der Welt zu sein.
Aber wie lange? Was, wenn er irgendwann mehr will als mich? Jemanden, der in seinem Alter ist? Ich werde nur älter, und er ist noch so jung …
Shane versuchte, die Gedanken von sich zu schieben, konzentrierte sich auf Rafas Keuchen und Stöhnen, während dieser sich selbst fickte, so eng und heiß und atemlos. Rafa lag schwer auf ihm, ein herrliches Gewicht, glänzend vor Schweiß, herrlich lebendig. Sein Schwanz zuckte in Shanes Griff.
Nächsten Monat fängt sein Unterricht an. Er wird jeden Tag auf der Autobahn fahren. Es könnte einen Unfall geben. Alles Mögliche kann in nur einer Sekunde passieren. Und Gott, wie soll ich seinen Eltern gegenübertreten? Was, wenn er doch ihrer Missbilligung nachgibt? Es ist leicht zu sagen, dass ihm egal sei, was sie denken, aber dem ist nicht so.
Shane konnte hören, wie Darnell in seinem Kopf seufzte und sagte: „Die Zukunft wird sich verdammt noch mal um sich selbst kümmern.“
Rafa sah stirnrunzelnd zu ihm hinunter, seine Bewegungen wurden langsamer. „Worüber machst du dir Sorgen?“
„Über nichts, Baby. Mach weiter. Ich bin kurz davor.“ Er strich mit neuer Entschlossenheit über Rafas Glied.
Aber Rafa blieb, wo er war, stoppte jede Bewegung, Shanes Schwanz noch gänzlich in sich. Sacht schlug er Shanes Hand von seinem Glied weg. Er rieb mit zwei Fingern zwischen Shanes Augenbrauen, glättete die Furche auf seiner Stirn.
„Worüber machst du dir Sorgen?“, wiederholte Rafa.
„Die Zukunft. Ich weiß, ich weiß.“
Rafa lehnte sich vor und küsste ihn, leckte Shanes Mund. Sein Atem kitzelte Shanes Lippen, als er flüsterte: „Was immer auch passiert, alles wird gut. Weil wir zusammen sind. Nein, es wird mehr als gut sein. Es wird großartig.“
Shane nickte. „Das Glas ist halb voll.“
„Ich mache noch einen Optimisten aus dir, versprochen.“
Shane packte Rafas Hüften, grub seine Fersen in den Sand und stieß hoch, dass sie beide davon keuchten. Ohne Verhütung zu ficken war immer noch wie eine Offenbarung, der feuchte Druck von Rafas Arsch das erregendste Feuer. Die Sonne glühte vom Himmel, Shanes ganzer Körper wurde heiß. Trotz des Handtuchs klebte Sand auf seiner schweißnassen Haut.
„Wirst du es mir besorgen?“, fragte Rafa atemlos und mit geteilten Lippen.
„Fuck, ja.“ Shane hielt Rafas fest und rammte in ihn, prallte mit jedem Stoß gegen dessen geschwollene Prostata.
Rafa warf den Kopf zurück, heulte und japste: „Oh, oh, oh …“
Sein Schwanz zuckte, doch Shane berührte ihn noch nicht, konzentrierte sich stattdessen auf Rafas Hintern und hämmerte aus allen möglichen Winkeln in diesen. Er streckte seine Beine, um Rafa mehr Bewegungsfreiheit zu geben. „Komm schon. So ist es gut. Spritz dein Sperma über mich.“
Rafas tiefroter Schwanz spannte und tropfte. Mit den Händen auf Shanes Schenkel gestützt, bog er den Rücken durch und drückte seinen Arsch zusammen. Der Anblick und das Gefühl der Enge raubten Shane gleichermaßen den Atem. Seine braune Haut völlig gespannt, stöhnte Rafa, seine Locken fielen ihm wild über die Ohren. Sein Schrei hallte über den Strand, als er kam, Shanes Brust und Nacken mit warmem Sperma bespritzend.
Nachdem er noch ein paar Mal zugestoßen hatte, ließ Shane sich fallen und leerte sich mit einem tiefen Stöhnen in ihn, bis sie beide nur noch keuchend dalagen.
„Ich liebe dich, Rafa“, murmelte Shane. Sein Orgasmus ließ ihn sich ausgewrungen fühlen, er zitterte vor Befriedigung.
Rafa plumpste hinunter und Shane schlang seine Arme um ihn. Sie waren ein verklebtes, schwitziges Durcheinander, eine kühle Brise tanzte auf ihrer Haut. Sein Schwanz schwoll ab und Shane zog ihn hinaus, während er Rafas geweitetes, nasses Loch streichelte.
„Ich liebe das Gefühl deines Spermas in mir“, murmelte Rafa und küsste Shanes Nacken. „Manchmal glaube ich immer noch, dass ich aufwachen und wieder dort sein werde, mit den nassen Laken in meinem Zimmer.“
Shane wusste, dass mit „dort“ das Weiße Haus gemeint war. „Du bist so weit davon entfernt, wie es nur geht. Wirklich. Dieses Sperma in deinem Arsch ist sehr real.“
Rafa lachte leise. „Sicher? Ich hatte ein paar sehr lebhafte Träume.“
Sanft schob Shane einen Finger in ihn und spielte mit dem feuchten Mansch. „Sicher.“
Er fing Rafas Mund für einen langen, langsamen Kuss ein. Sie lösten sich erst voneinander, als Shanes Magen knurrte.
„Was hast du noch mal wegen Frühstück gesagt?“, fragte Shane.
Lachend stieß Rafa mit der Nase gegen Shanes Schulter. „Ich sagte, du könntest mal zur Abwechslung für mich kochen.“
„So? An diesen Teil der Unterhaltung kann ich mich nicht erinnern.“
Rafa hob den Kopf, eine übertriebene Grimasse auf dem Gesicht. „Anscheinend hat der alte Mann einen schwachen Moment. Sollte ich mir Sorgen machen?“
„Oh, so willst du es also?“
Er schob Rafa von sich und sie rangelten im Sand, rollten immer wieder übereinander und wurden völlig dreckig dabei. Sie rannten in die Wellen und ihr Lachen hallte mit dem Kreischen der Möwen um die Wette.
„Nun, da das Eigelb Zimmertemperatur hat, den Zucker einrühren, bis sich eine dicke weißliche Creme ergibt.“
Rafa lächelte in sich hinein, weil er nun mal den Humor eines Zwölfjährigen hatte, und hielt das YouTube-Video auf seinem iPad, das er auf der Fensterbank aufgebaut hatte, an. Das Surren des Handrührgeräts erfüllte die kleine Küche und er sah aus dem Fenster neben der Spüle in ihren winzig kleinen Hinterhof.
Im Licht des Fensters pickte ein grauer Vogel nach den Brotkrumen, die auf dem runden Terrassentisch lagen. Rafa hatte die durchscheinenden Vorhänge geöffnet, die Ecken flatterten in der Brise des frühen Abends. Es war gerade mal sechs, aber bereits dunkel.
Obwohl der Strand ein paar Häuserblocks entfernt war, hingen Sand und Salz in der Luft. Rafas Schultern schmerzten und er dehnte seinen Nacken, während er die Eier schlug. Vor einer Weile hatte sein Handywecker geklingelt, woraufhin er sich seinen Neoprenanzug übergestreift und sein Surfbrett zum Wasser getragen hatte, um ein paar gute Wellen zu jagen.
Es war immer noch verrückt für ihn, dass er wirklich in Australien war. Dass er tatsächlich surfte, wie er es immer geträumt hatte. Es war nicht allzu schlecht, auch wenn er noch viel zu lernen hatte. Shane hatte ihm die Grundlagen beigebracht und war so geduldig dabei gewesen. Als Rafa den Mixer ausstellte und die Rührbesen herausnahm, wurde ihm klar, dass er grinste.
Er war in Australien. Und surfte. Mit Shane.
Er wusch die Rührbesen in der Spüle und trocknete sie mit einem meerblauen Geschirrtuch ab, das er an der Küste von Surfers Paradise gekauft hatte. Wie genial war es, dass es wirklich eine Stadt in Queensland gab, die Surfers Paradise hieß? Bis jetzt war Australien besser, als er es sich jemals erträumt hatte.
Summend verrührte er Honig und warme Milch. Die Küche in ihrem kleinen Haus war nicht geräumig, in etwa so groß wie die Diet Kitchen im Weißen Haus. Kein Platz für einen Tisch und die weißen Küchenschränke mussten neu gestrichen werden.
Hässliches, blassgelbes Linoleum bedeckte den Boden, doch immerhin war es weich unter seinen nackten Füßen. Es gab eine Spüle mit einem Doppelbecken und obwohl der Ofen öfter heißlief, war es gut genug. Es war seines. Zumindest so lange, wie sie das Haus mieteten.
Es war nur ein einziger Raum, einstufiger Bungalow, aber es war genug. Sie hatten es mit einem restaurierten viktorianischen Esstisch aus Eschenholz möbliert, einer weichen Ledercouch und einem überdurchschnittlich großen Bett. Abgesehen von der Küche und dem Bad bestanden die Böden aus hellem Holz, und die Wände waren in einem sonnig gelben Creme-Ton gestrichen. Manchmal ging Rafa einfach nur grinsend umher, überglücklich, dass dies nun sein Leben war.
Er war gerade dabei, das Video wieder zu starten, als ein Skype-Anruf einging. Er starrte das Bild seiner Mutter auf dem Bildschirm an – ihre dunklen Haare perfekt zu einem langen Bob geschnitten, die Lippen ein tiefdunkles Rot und die Zähne so weiß, sie glitzerten mit den Perlen an ihrem Hals um die Wette. Anspannung kroch seinen Rücken hinauf und er versuchte, sein unbändiges Haar zu glätten. Es nützte nichts, also tippte er auf den Bildschirm.
„Hey, Mom.“
„Hallo, Schatz. Wie geht es dir?“
„Gut. Großartig! Ich backe gerade. Muss in Übung kommen, ehe die Schule anfängt.“
„Ah. Wie wunderbar. Was machst du?“
„Wiener Biskuittorte. Bin dabei, eine Vanille-Buttercreme zu machen, und werde diese dann mit frischen Mandarinenscheiben als Garnitur servieren. Gerade ist hier unten die Saison dafür.“
„Das klingt absolut köstlich. Habe ich dir schon erzählt, dass dein Vater mit Christian und Hadley zusammen neulich in Bergadine essen war? Es soll exquisit gewesen sein. Der Chef ist berühmt für seine Desserts. Wurde dort am kulinarischen Institut ausgebildet.“
„Mm-hm. Klingt toll.“
Einer der vielen Vorteile seiner Beziehung mit Shane war, dass Rafas Mutter nun sehr an seinem Traum vom Kochen interessiert war – besonders darin, dass er für seine Ausbildung in die Staaten zurückkehrte oder irgendwo hinging, wo Shane nicht war.
„Es ist ein exzellentes Programm, habe ich mir sagen lassen. Ich bin mir sicher, sollten sich die Umstände ändern, können wir dich jederzeit einschreiben. Du könntest natürlich auch nach Paris gehen. Das originale Cordon Bleu ist bestimmt eine wunderbare Erfahrung. Ashleigh hat es in Paris geliebt, nicht wahr?“
Er widerstand dem Drang, mit den Augen zu rollen. „Umstände“ war ein Codewort für „Shane“.
„Ja, ja.“
„Und Ashleigh amüsiert sich prächtig in New York. Hadley sagte, dass sie im Public Kitchen zu Mittag gegessen hätten. Es soll ein echt heißer Tipp sein. Ich bin mir sicher, du würdest das Essen dort lieben.“
Atme. Lächle.
„Das würde ich bestimmt, aber ich bin hier glücklich, Mom. Alles ist so toll. Jedenfalls, was macht ihr so? Moment, wie spät ist es? Ist es nicht mitten in der Nacht?“
Er schielte auf den unbekannten Raum hinter ihr, irgendwelche eingerahmten Bilder hingen an der Wand. Porträts?
„Kurz nach vier Uhr morgens. Ich werde gleich in der Today Show über richtige Ernährung in Schulen reden.“ Sie fuhr mit einer Hand über ihr perfektes Haar. „Warte gerade im Green Room.“
„Oh, cool.“
„Und wie laufen die Dinge in Curl?“, fragte Camila.
„Curl Curl. Viele Aborigine-Namen werden wiederholt, schon vergessen? Und die Dinge laufen super.“
„Ausgezeichnet. Ich wollte nur ein paar Punkte unseres Reiseplans für nächste Woche besprechen. Wir werden mit der Premierministerin und ihrer Familie zu Abend essen.“
Rafa stöhnte. „Ich muss dort sein? Warum?“
Er begann wieder, die Milch und den Honig zu verrühren. Ist Shane auch eingeladen? Es war vielleicht besser, später danach zu fragen.
„Weil du ein Gast in ihrem Land bist und sie drei pubertäre Kinder hat. Du und Matthew, ihr werdet sie beschäftigen.“
„Moment, Matty kommt mit?“ Er hörte zu rühren auf. „Seit wann denn das?“
Ihr Lächeln wurde angespannt. „Seit vor ein paar Tagen seine Rotatorenmanschette gerissen ist. Er muss sie schonen. Seine Trainer sind sich einig, dass es am besten für seine Genesung ist, wenn er aus seiner Wohnung herauskommt und dort nicht Trübsal bläst.”
„Oh. Blöd, dass er sich verletzt hat. Aber ich bin froh, dass ich ihn sehen kann.” Auch wenn es wehtat, dass sein Bruder es ihm nicht selbst gesagt hatte.
Als ob sie seine Gedanken lesen konnte, sagte Camila: „Liebling, er hat es noch niemand anderem erzählt. Christian und deine Schwester wissen es nicht. Matthew ist sehr aufgewühlt. Es könnte das Ende seiner Schwimmkarriere bedeuten und er will sich dem nicht stellen. Er ist gerade sehr mit sich selbst beschäftigt. Aber ich weiß, dass er sich freut, dich zu sehen.“
Der Schmerz machte Gewissensbissen Platz. Rafa hatte so lange so viel in sich verschlossen. Er sollte es seinem Bruder nicht übel nehmen, dass er Zeit für seinen eigenen Scheiß brauchte.
„Ich freue mich auch sehr, ihn zu sehen. Das wird super. Auch wenn wir Smalltalk mit der Premierministerin und ihren Kindern betreiben müssen.“
„Ja, das wird es, und ja, das werdet ihr.“
Kichernd bemerkte Rafa erst im zweiten Moment, dass die Eingangstür sich geöffnet hatte. Schritte brachten den Holzboden zum Knarzen. Als Shane mit mehreren Stoffbeuteln voller Einkäufe in die Küche kam, öffnete Rafa den Mund, um zu sagen, dass er skypte. Doch Shane gab ihm bereits einen Kuss. Seine Lippen waren trocken und die Bartstoppeln kratzig.
„Hallo, Baby.“ Shane ließ die Taschen zu Boden fallen und fuhr mit der Hand über Rafas Hintern. „Was kochst du denn Schönes?“
„Hallo, Agent Kendrick.“
Scharf einatmend wich Shane zurück und stolperte fast über die Einkäufe. Er räusperte sich und streckte den Rücken durch, während er sein T-Shirt glättete. Sie beide trugen meistens Jeans und Hemden.
„Hallo, Mrs. Castillo“, sagte er in seiner tiefen, ruhigen Agentenstimme. „Und bitte, Sie können mich jetzt Shane nennen.“
Woran Rafa seine Mutter nur Millionen Mal erinnert hatte. Sie lächelte verkrampft auf dem Bildschirm und sagte natürlich nicht, dass er sie ebenfalls beim Vornamen nennen sollte.
Rafa räusperte sich ebenfalls und sagte zu Shane: „Ich war gerade dabei, Kuchen zu backen und mit Mom zu reden. Mom, ich sollte weitermachen, wenn ich das Eigelb nicht noch einmal schlagen will. Wir sehen dich nächste Woche. Ich freue mich darauf.“
Und das tat er!
Größtenteils.
Ein kleines Bisschen von dem Eis knackte auf und die Augen seiner Mutter wurden ehrlich warm. „Ich ebenfalls, Liebling. Wir können es kaum erwarten, dich zu sehen. Alle haben dich so vermisst. Gutes Backen.“
Rafa tippte auf den roten Knopf und sackte gegen den Tresen. „Ich weiß nicht, warum sie alles so …“ Er wedelte mit der Hand, Milch flog vom Schaumschläger. Er stellte die Schüssel auf den Tresen und griff nach einem Tuch, um die Küchenschränke, die getroffen worden waren, zu säubern.
Shane schnaubte, während er ein Toohey’s Extra Dry aus dem Kühlschrank nahm und den Deckel abschraubte. „Weil es ihr auf eine kranke Art und Weise Freude macht?” Er nahm einen Schluck und schnitt dann eine Grimasse. „Tut mir leid. Schau, wenn du mein Kind wärest, würde ich auch nicht wollen, dass du mit mir in wilder Ehe lebst.“
„Wilde Ehe?“ Rafa lachte. „Nennt man das so, ja?”
„Jep.“ Shane zog ihn an sich und gab ihm einen langen, langsamen, dreckigen Kuss, der das Blut direkt zu Rafas Schwanz schickte. „Wir leben eine verdammt wilde, wundervolle Ehe. Und ich will es gar nicht anders haben.“
Rafas Lächeln gefror und bevor er es verhindern konnte, platzte es aus ihm heraus: „Also, nie anders?“
„Was?“ Shane runzelte die Stirn.
Rafa nahm die Schüssel und den metallenen Schaumschläger, um die inzwischen kalte Milch wieder mit dem Honig aufzuschäumen. „Ha? Nichts. Vergiss es.“
Es war wirklich dumm. Er und Shane waren, was, wie lange zusammen? Nicht einmal sechs Monate. Sollten sie einmal heiraten, würde es nicht von langer Dauer sein. Vielleicht ein paar Jahre. Er sollte nicht zu viel in Shanes Bemerkung hineininterpretieren.
Shane starrte ihn immer noch mit dieser Furche zwischen den Augenbrauen an, also lehnte Rafa sich vor und gab ihm einen Kuss. „Meine Mom regt mich einfach auf. Hey, Matty kommt mit. Also wird es vielleicht ein bisschen weniger unangenehm? Oh, und wir werden im Haus der Premierministerin zu Abend essen. Ich meine, du musst nicht kommen, wenn du nicht willst.“
Shane grinste verschlagen. „Ich denke, es ist besser für alle Beteiligten, wenn ich ausfalle.“
„Ja. Wahrscheinlich.“
Aber Shane war sein Partner. Warum also sollte er nicht mit? Wenn Chris und Hadley zu Besuch kamen, würde keiner von Hadley erwarten, dass sie zu Hause blieb. Er rührte stärker, der Schaumschläger klirrte gegen den Rand der Schüssel.
Shane begann, die Einkäufe auszupacken. „Ich bin mir sicher, dass du eine gute Zeit haben wirst. Kommt das hier in den Kühlschrank oder in den Küchenschrank?“ Er hielt ein Glas Vegemite hoch.
„Hm. Küchenschrank, denke ich? Wir könnten es googeln. Ich kann mir vorstellen, dass Australier eine ziemlich klare Meinung dazu haben.”
„Bestimmt.“ Shane öffnete das Glas und roch daran. „Ich glaube nicht, dass wir es mögen werden.“
„Ich auch nicht. Aber ich möchte es zumindest probieren, damit ich weiß, wie es schmeckt. Anscheinend soll man es mit Butter auf Toast schmieren.“
„Klingt nach einer Verschwendung von einwandfreier Butter.“
Rafa lachte. „Das tut es wirklich.“
Er schaffte es endlich, den Biskuit in den Ofen zu schieben, während Shane ihm von einem möglichen Sicherheitsvertrag erzählte. Danach machte Rafa schnell die Creme und stellte sie zur Seite, bis der Kuchen abgekühlt war. Er gab Shane einen der Rührbesen des elektronischen Handrührgeräts und behielt den anderen für sich.
Langsam leckte Shane über das Metall und seufzte. „Nun, das ist eine ausgezeichnete Verwendung für Butter.“
Rafa schob seine Zunge in und um seinen eigenen Rührbesen. „Oh ja.“
„Komm her.“ Shane betrachtete ihn aus begierigen blauen Augen.
Mit einem unterschwellig pulsierenden Verlangen schloss Rafa den Abstand zwischen ihnen. Shane fing seine Lippen ein und leckte über einen Klecks Creme, der sich in Rafas Mundwinkel verfangen hatte. Ihre Zungen waren mit Zucker überzogen, die Cremigkeit der Butter schwang in ihren Küssen mit.
Rafa murmelte: „Das hebt Umami auf ein ganz neues Level.“ Der sogenannte fünfte Sinn wurde als Nachgeschmack und „Mundgefühl“ beschrieben und gerade konnte er sich nichts Besseres vorstellen.
Mit einem leisen Lachen leckte Shane den letzten Rest der Vanillecreme von seinem Rührbesen und küsste Rafa, während er sie immer noch im Mund hatte. Die Glasur war süß und zart, schwer und reichhaltig zugleich.
„Mmm. Die Dinge, die du in der Küche anstellst. Und mit deiner Zunge.“
„Der einzige Nachteil davon, sich eines Tages eine KitchenAid zu besorgen. Damit kann nicht jeder von uns einen Rührbesen bekommen wie beim Handrührgerät.“
„Ich könnte einfach einen Löffel benutzen.“ Shane leckte erneut über Rafas Lippen. „Welche Farbe wolltest du noch mal? Wir können morgen einen kaufen.“
Natürlich bedeutete wir nur Shane, da Rafa immer noch kein Geld verdiente. Eigentlich hatte er geplant, einen Job in einem Restaurant zu bekommen. Doch nach dem medialen Shit-Storm, der sie ereilt hatte, als seine Beziehung mit Shane an die Öffentlichkeit ging, war es härter gewesen als erwartet. Er sollte darauf pfeifen und trotzdem versuchen, einen Job zu bekommen. Aber Shane beharrte, dass Geld kein Thema sei. Dennoch machte es Rafa unruhig.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, schon okay. Ich will einen kaufen, sobald ich einen Job habe. Oder vielleicht könnte ich das Geld aus meinem Treuhandfonds nehmen, wie ich es für den Unterricht und mein Auto gemacht habe, und … Wenn die Schule angefangen hat, schaue ich, wann ich arbeiten kann. Dann zahle ich dir –“
„Nichts zurück.“
„Die Hälfte der Miete und vom Essen und vom Gas und …“ Rafa wedelte mit der Hand. „Alles. Ich will mich auch beteiligen.“
Shane ergriff seine Hände. „Baby, du beteiligst dich mehr als genug, indem du einfach nur hier bist. Stress dich nicht wegen einem Job. Komme erst mal in der Schule an. Es eilt nicht. Und wir sind Partner. Es geht nicht darum, dass wir Protokoll führen. Ich gebe einen Scheiß auf das Geld.“
Rafa atmete aus und ein wenig von seiner Anspannung verflog. Er wusste, Shane sagte die Wahrheit. Auch wenn ihm klar war, dass das Geld irgendwann ausgehen würde. „Okay.“
Sein Alarm bimmelte und er prüfte die Kuchenböden.
Partner.
Rafa drehte das Wort in seinem Kopf herum und lächelte in sich hinein, während er einen Zahnstocher aus der Mitte eines Kuchenbodens zog. Es war noch ein bisschen flüssig, also schloss er die Ofentür und startete den Alarm neu. Sobald er konnte, würde er trotzdem seinen Teil zahlen, damit ihr gemeinsames Bankkonto nicht nur von Shane finanziert wurde.
Er könnte seine Eltern nach mehr Geld von seinem Treuhandfonds fragen – zu dem er keinen freien Zugang hatte, bis er 25 war und bis dahin waren es noch drei Jahre. Aber Geld daraus bedeuteten auch Schuldgefühle und Stress. Er sagte sich, dass Shane recht hatte. Sie waren auch sonst in jeder Hinsicht Partner. Jede Hinsicht, die zählte.
Shane schlenderte umher und faltete Kleider im Essraum, in dem ihr Wäschekorb seltsamerweise immer endete, sobald ihre Kleider von der Wäscheleine waren. Die Waschmaschine besaß eine Trocknungsfunktion, aber die dauerte Ewigkeiten. Rafa konnte verstehen, warum die Australier ihre Wäsche immer im Hinterhof flattern ließen.
Er kochte frische Nudeln und wärmte das Rindfleisch-Khao auf, das vom Vortag übrig geblieben war. Das Thai-Curry war noch scharf und cremig.
Als die Kuchen auf einem Gitter zum Abkühlen standen, sah er auf die Uhr und rief: „Kannst du bitte anschalten?“
Kurz darauf war das Haus vom Gemurmel des Fernsehers erfüllt. Einige Werbungen wurden abgespielt, während Rafa die Nudeln abgoss und frische Limetten in Scheiben schnitt. Dann wurde der Ton lauter und eine wohlbekannte, männliche Stimme tönte: „Zuvor bei MasterChef Australia.“
Rafa hörte der Wiederholung zu und richtete ihr Abendessen an, wobei er die zarten Rindfleischstücke und die Soße über die heißen Nudeln schaufelte. Dann garnierte er alles mit knusprig frittierten Nudeln und Limettenspalten. Er eilte ins Wohnzimmer und reichte Shane einen Teller samt Besteck.
„Möchtest du noch ein Bier?
„Das wäre super, danke. Mmm, das riecht großartig.“
„Es ist doch nur dasselbe wie gestern.“
Shane lehnte sich auf der Couch zurück, seine Füße auf dem tiefen, hölzernen Kaffeetisch abgelegt. Grinsend drückte er die Limette über seinem Abendessen aus. „Es war schon gestern großartig. Ich könnte das jeden Tag essen.“
Rafa kam mit zwei Bieren zurück und machte es sich neben Shane gemütlich, wobei er in der dunklen Ledercouch einsank. Die Teilnehmenden wurden gerade ausgefragt, wie nervös sie wegen der heutigen Herausforderung waren. Rafa grinste erwartungsvoll. Australische Reality Shows wurden fünf Mal am Abend unter der Woche gespielt, was völlig irre war – und völlig süchtig machte.
Shanes Handy vibrierte, er zog es aus seiner Tasche. „Ich muss da ran, tut mir leid. Es geht um den Sicherheitsvertrag mit der chinesischen Firma.“
„Willst du, dass ich auf Pause stelle?“
„Nee, wird nur eine Minute dauern und sie wiederholen sowieso alles tausend Mal.“
Shane ging ins Schlafzimmer und schloss die Tür. Bald kam wieder Werbung. Rafa stellte den Fernseher auf stumm und kaute, den Mund voll scharfer, milchiger Nudeln. Er hörte dem angenehmen Murmeln von Shanes Stimme zu und stand auf, um das Gemälde über dem Fernseher zu richten, wofür er die rechte Seite nur um Millimeter anhob.
Sie hatten das Bild der zwei Surfer einer Galerie in Bondi abgekauft. Shane hatte zum ersten Mal darauf bestanden, wirkliche Kunst und nichts Generisches von IKEA oder Bed, Bath & Beyond zu haben.
Das Ölgemälde bestand aus großen, wirbelnden Pinselstrichen in Blau, Grün, Türkis und goldenem Weiß. Es zeigte zwei Surfer, die auf ihren Brettern ins Meer paddelten und auf eine Welle warteten, ihre Silhouetten hoben sich dunkel gegen die Sonne ab. Die Perspektive zeigte sie von unten, die Sonnenstrahlen stießen durch das klare Wasser, ihre Füße schlenkerten. Nichts war scharf gezeichnet, alles fließend und weich, traumartig.
Es erfüllte Rafa mit einem seltsamen Frieden, er lächelte in sich hinein. Die unaufhörliche Werbung lief immer noch, also nahm er einen Staubwedel aus dem Schubfach unter dem Fernseher und fuhr damit über die eingerahmten Fotos, die auf einer Anrichte standen.
Eines war von seiner Familie während eines Events, alle von ihnen mit durchgestreckten Rücken und breiten, präsidentiellen Lächeln. Seine Locken waren glatt gegelt und seine Chino-Hosen lagen hauteng an. Rafa blinzelte das Bild seines früheren Ichs an, erinnerte sich, wie traurig und verängstigt dieser junge Mann gewesen war.
Er brauchte wirklich ein paar neue, ungezwungene Familienfotos. Wenn ihn seine Eltern und Matthew besuchten, könnte er einen Termin für ein paar Schnappschüsse machen. Schade, dass Adriana und Chris nicht kommen konnten, aber sie hatten nun mal Jobs, die sie nicht für drei Wochen aufgeben konnten.
Es gab auch ein Foto von ihm und Ashleigh bei ihrem Abschluss, samt Talar und Quastenhut. Sie hatten die Arme umeinandergeschlungen, ihr goldenes Haar wehte im Wind, ihr Grinsen zeichnete Grübchen in ihre Wangen. Ein Stechen durchfuhr ihn. Scheiße, er musste wirklich bald mit ihr skypen und hören, wie es ihr ging.
Sie arbeitete sich bestimmt als Verwalterin für ihre Albtraum-Chefin den Hintern ab, die Miranda Priestly persönlich hätte sein können. Anscheinend musste man sein ganz eigenes Der-Teufel-trägt-Prada-Erlebnis haben, um in der Modewelt Erfolg zu haben.
Er fuhr mit dem Staubwedel über den silbernen Rahmen, der ein Bild von einer anderen Abschlussfeier einfasste. Shane hatte darauf viel mehr Haare, und es gruben sich weniger Fältchen unter seine Augen, während er lächelte. Die Kendricks strahlten so sehr, Rafa konnte ihren glühenden Stolz und die Wärme ihrer Liebe praktisch spüren.