Für Elise und Anna Marie
Noch einmal ging ich durchs Haus, es war nun bald leer. Noch einmal die vertrauten Räume, die große Küche, in der sich das Leben abgespielt hatte, die Zimmer nach Westen, die unten, die in der oberen Etage, der Blick weit ins Land, auf Wälder und Hügel, ein Zimmer war meins gewesen vor langer Zeit. Ich sah das Haus, wie ich es nie hatte sehen wollen, entkleidet, die Dielen, die Wände nackt. Wo die Bilder gehangen hatten: dunkle Rahmen aus Staub.
Eines hing noch. Junge mit Seitenscheitel, volle Lippen, voller Blick, pures Schauen, ohne jenes Lächeln, das fotografierten Kindern sonst abverlangt wird – das Porträt eines Achtjährigen im ärmellosen Pullover, selbstgestrickt von der Mutter vermutlich, die Träger der Lederhose liefen ihm straff über die Schultern, als sollten sie ihn zusammenhalten, den schmalen Kerl. Dieser Blick hielt mich an, hielt mich fest, er galt mir, wem sonst. Niemand mehr hier, nur er und ich.
Das Haus, von dem ich Abschied nahm, hatte, als ich ein Junge war, am äußersten Rand des Ortes gelegen, gleich hinterm Gartentor begannen die Felder, dahinter die Wälder und hinter ihnen die schöngestaffelten blauen Hügelketten im Westen, in die abends die Sonne sank. Wir waren Halbfreie. Die Schule war abzuleisten, was wir danach taten, unsere Sache. Und kam die große Einöde der Sommerferien, waren wir ganz und gar Freie. Streiften umher, wo niemand uns störte, rauchten im Busch, verbrachten die Tage in Rohbauten künftiger Häuser, ständig wurde gebaut, oft gingen wir in den Wald. Einmal nachts in völliger Finsternis, eine Mutprobe, ging ich wirklich voran? In der Erinnerung, ja. In der Erinnerung wird alles gut.
Wir lagen im Krieg mit dem Förster, wir bauten uns Hütten in seinem Revier, er entdeckte sie und befahl seinen Waldarbeitern, sie einzureißen. Meist trieben wir uns im Zigeunerwäldchen herum, schon des Namens wegen. Gern hätten wir die schaurige Geschichte gehört, die sich dort gewiss zugetragen hatte, aber es gab keine, kein Lebender konnte sich daran erinnern, wahrscheinlich hieß der Kiefernwald so, weil hier irgendwann eine fahrende Sippe gelagert hatte. Nicht vor der Dämmerung kehrten wir heim, spürten nun erst, wie hungrig wir waren, und machten uns über das Abendbrot her, das schon gewartet hatte. Fragte jemand, was wir getrieben hätten den ganzen Tag, sagten wir, nichts Besonderes.
Wir verschwendeten die Zeit, die sich an uns verschwendete, und sie gab generös. Langeweile war das Fluidum, die Nährlösung, in der wir lebten. Es dehnten sich die Tage, die Nachmittage, die Sonntage zur langen Weile, es dehnten sich die Sommer, die Winter. Wenn das Fernsehen zeigte, wie weiter südlich schon die Kirschen und Magnolien blühten, schlurfte bei uns noch der Alte über die hartgefrorenen Äcker, der Frost. Kann ich begreiflich machen, dass es kein schlechtes Leben war? Ich ahnte, dies hier würde enden, etwas wartete am Horizont meiner stillen Welt, dort ging es schneller zu, lauter, eines Tages würde ich dort sein, und natürlich pochte das Herz, dachte ich daran.
An einem weißen, windstillen Wintertag sah ich auf der Dorfstraße Rauchsäulen aus den Schornsteinen steigen und reglos himmelwärts stehen – ein Rauchsäulenwald, das rote Licht der tiefstehenden Sonne verfing sich darin, und mir war, als schaute ich mich im Fortgehen um und sähe das alles zum letzten Mal. Oder ich lag in einem Heuhaufen an einem Junitag, roch das staubig erhitzte Gras, sah die Wolke sich absondern, sah sie treiben, sich vor die Sonne schieben und ihren Schatten über die Wiesen laufen, sprang auf und rannte dem Wolkenschatten hinterher.
Dachte ich zurück, und wohin sonst hätte ich denken sollen beim Gang durch das Haus, kam mir diese Kindheit unfassbar frei vor. Erwachsene störten uns nicht, sie arbeiteten viel und lebten in ihrer Sphäre, so wie wir in der unsrigen. Zwei Banden gab es, die sich bekriegten, ich gehörte der kleineren an, mehr als drei waren wir selten. Drei Waldhütten bauten wir. Die erste sollte so werden wie die in den Abenteuerromanen, die wir lasen, es galt, die Blockhütten und Palisadenzäune zu verteidigen.
Bei einem unserer Streifzüge im Wald fanden wir eines Tages geschlagene Kiefernbäumchen, dünn wie Jungenarme, viele davon, herrliches Baumaterial für einen Palisadenzaun, die Hütte dahinter würden wir später zimmern. Wir besorgten uns eine Axt, es war nicht schwer, Werkzeug gab es überall im Ort. Nun konnten wir die Bäumchen entasten und auf Länge hacken. Gegen Abend stand unsere Palisade drei, vier Schritte lang. Bevor wir heimgingen, stopften wir noch Moos in die Ritzen, wie in den Romanen. Als wir wiederkamen, fanden wir unser Tagwerk zerstört. Der Förster war es gewesen oder ein Waldarbeiter, den er geschickt hatte. Er selbst passte uns ab und drohte uns mit Strafe, sollten wir es wieder tun.
Wir beschlossen, höher zu bauen, so hoch, dass niemand herankäme außer uns, die wir klettern konnten. Wir fanden vier Bäume, exakt im Karree stehend, ließen irgendwo Hämmer und Nägel mitgehen und bauten erst einmal die Plattform, so hoch, dass auch der längste Waldarbeiter sie nicht zu erreichen vermochte, vier stärkere Äste als Rahmen, aus den dünnen nagelten wir den Boden. Die Arbeit ging gut voran, am Abend war die Plattform fertig, und sogar ein Stück Knüppelwand hatten wir hochgenagelt. Stolzer noch als auf die Palisade gingen wir heim, so echt sie ausgesehen hatte mit den moosverstopften Ritzen, das hier, sagten wir uns, ist die anspruchsvollere Konstruktion.
Hochgestimmt erreichten wir tags darauf unsere Waldbaustelle, und abermals hatte der Feind alles zerstört – unser Sternenhaus in den Kiefern gab es nicht mehr. Aber wenn der geglaubt hatte, wir würden nun aufgeben, kannte er uns schlecht. Wir gingen in den Untergrund und bauten unter der Erde. Spaten waren rasch besorgt, wir gruben ein Loch, groß und tief genug, dass wir drei darin hocken konnten, aber wir pfuschten beim Dach. Es war die erste Waldhütte, die wir fertig bauten, das feierten wir mit einem Lied, das uns der Lehrer beigebracht hatte. Die erste Strophe war noch nicht fertig gesungen, aus grauer Städte Mauern, da brach das Dach über uns ein. Wir wühlten uns aus Astwerk, Erde und Laub und wussten, es war die letzte Hütte gewesen. Einen Moment noch standen wir um das Grab unseres Traums herum, wortlos, beklommen, ahnend, dass etwas endete und etwas Neues begann, das uns fortführen und wandeln würde. Dann verließen die drei den Wald, und jeder lief in sein Leben hinaus, auch der Junge an der Wand, der mich unverwandt ansah.
Wenn er nach einem langen Sommertag heimkam und, an der Küche vorbei, bin gleich da rufend die Treppe hinaufsprang, um vom höchsten Fenster aus zuzusehen, wie sein Tag sich in den schöngestaffelten blauen Hügeln im Westen verlor, dann durfte ihn niemand stören. Er sah der Sonne zu, wie sie den halben Himmel in Brand setzte, bloß weil sie gleich für ein paar Stunden verschwinden würde. Hingerissen folgte er dem lodernden Adieu, aber das Beste kam ganz zuletzt – immer rascher sank der Sonnenball dem Horizont entgegen, jetzt dotzte er auf, so hart schien der Aufprall zu sein, dass es den Ball quetschte und die Sonne fast platzte. Dann flutschte sie weg, und das war’s gewesen.
Nun ergraute das Licht, und die Welt wurde um Grade kälter, nichts warf einen Schatten mehr. Und wenn ich fortgehe, wenn ich ihr folge – dorthin, wo sie jetzt leuchtet? Ein Ziehen ging durch ihn in diesen geheimen Minuten am Fenster, ein Stromschlag, sacht, aber erregend genug. Ihn erwartete er Abend für Abend, oft kam er und irgendwann nicht mehr. Er hatte genug gesehen von dem, was kam. Er stieg die Treppe hinunter, es war Abendbrotzeit.
Auch ich riss mich los. Weit fort war ich gewesen und stand noch immer vor dem Bild. Ich nahm es ab, nahm es an mich, verließ das beinahe leere Haus, zog die Tür hinter mir zu, die erste, durch die ich im Leben gegangen war, und kehrte in den Wald zurück, in die Jagdhütte, in die ich gezogen war, an einem Tag, noch winterkalt und schon gleißend hell. Vielleicht würde ich das Bild in die Hütte hängen.
Vom Haus her nahm ich den alten Weg westwärts, ich hätte ihn blind gefunden, aus dem Gartentor und die Straße hinab, links das Zigeunerwäldchen, darüber nun die hohe Autobahnbrücke, sie machte den Wald unserer Abenteuer noch kleiner, als es das ernüchternde Wiedersehen ohnehin tat. Rechts der schwarze Stein mit dem schönen Wappen, die Grenze des Fürstentums, dann die Serpentine hinab. Drüber der Burgberg, in der Ruine hatten wir die Nacht nach dem Abitur durchgemacht, links das Kruzifix in den Feldern, dann das Städtchen, in dem ich zur Welt gekommen war, jetzt war es nicht mehr weit in die Residenzstadt.
Und dann unversehens das Fürstenschloss, wieder ein Staunen, eine Erscheinung. Nichts kündigte es an, nicht erhöht lag es, von weit her sichtbar, vielmehr tiefer als seine Umgebung. Ich bog um die letzte Kurve, und obwohl ich es doch von Kindheit an kannte, war es, als risse jemand ein Leintuch von der Welt, und vor mir stand jäh dieses prachtvolle Schloss.
Dann endlich der Wald, in dem die Jagdhütte lag.
Das Wetter schlug um. Nebel zog auf, als ich mich dem Wald näherte, erst dünn wie Gaze über den Feldern, später dichter. Ich erreichte die Jagdhütte in der einsetzenden Dämmerung, suchte Reisig und Späne zusammen unter den hohen Buchen, die die Hütte umstanden, holte Holzscheite, stopfte etwas Papier dazwischen und machte Feuer, nicht drinnen – draußen am Feuerplatz unter dem Freidach. Dort saß ich wie jeden Abend und sah dem Tag zu, wie er ging, heute dem Nebel, dem alten Magier, wie er die Welt um mich her verschwinden ließ. Erst nahm er den Waldweg, der dicht an der Hütte vorüberlief, ins weiße Ungefähre. Dann die Wildwiese, auf die ich frühmorgens schaute beim ersten Schluck Kaffee vom Gaskocher und abends beim letzten Schluck Wein aus demselben Emaillebecher. Nun war der ganze Wald unsichtbar geworden.
Wir rückten zusammen, die Jagdhütte, die elefantenhäutigen Buchen, die sie umstanden, und ich. Der Nebel zeigte sich aufgelegt für ein besonderes Kunststück. Alles ließ er verschwinden, was aber Moos trug, machte er leuchten. Moosige Baumstämme, dick moosbewachsene Dächer, grünliche Hüttenwände – das alles leuchtete jetzt aus der milchigen Dämmerung in einem unwirklichen Hypergrün. Das Dach saß als Leuchthut auf der Hütte, die Buchen ringsum schimmerten. Geräusche kamen aus dem Nebel, ein Knacken dürrer Äste, ein Huschen am Waldboden, manchmal war mir, als beobachte mich jemand, den Mann am Feuer unterm giftgrün schimmernden Riesenpilz.
Bei Lichte betrachtet, handelte es sich um das offene Dach über dem Feuerplatz, ein roh gezimmertes Oktogon auf acht dünnen Baumstämmen mit einem Rauchabzugsloch in der Mitte, aber viel Licht gab es nicht mehr. Es war die Zeit, wenn der Wald still wird. Er ist nie ganz still, und doch ist da dieser Moment, wenn der Letzte, der jetzt noch hier ist, genau dies spürt, überdeutlich – eben noch Leben, Trubel, Fest, und mit einem Mal ist das alles fort, und aus dem Dunkel schauen aller Augen auf dich. Das Abendlied der Waldvögel in den Baumkronen erstarb, die Nacht übernahm den Wald nun ganz. Nur noch ein Getröpfel von Nebelschwaden war zu hören, ein Rascheln im Laub dann und wann. Sie machten die Stille noch stiller. Mein Feuer brannte nieder, ich ging neue Buchenscheite holen, in mehreren Reihen waren sie vor der Jagdhütte gestapelt; ein letztes Mal, wenn sie heruntergebrannt wären, wollte ich hineingehen und mich schlafen legen.
Wieder ein Geräusch, als ich mich umwandte, saß der Junge am Feuer, den Stock in der Hand, damit stocherte er in der Glut. Der Seitenscheitel, die Lederhose, der volle Blick. Ich wischte mir übers Gesicht, fort war er.
Der Ofen war lange aus, ich lag wach und horchte hinaus in eine Schwärze, die in der großen Stadt unbekannt ist. Die rief mir ihre Fragen nach, ihren Spott, und eine schlagfertige Antwort fiel mir nicht ein. Eines Tages war er da gewesen, der Entschluss, das hier zu tun, und ich hatte es getan. Das war alles, mehr wusste ich nicht. Wüsste ich mehr, wäre ich jetzt nicht hier. Wir bedenken und begründen die kleinen Dinge, die großen nicht, die tun wir eines Tages, wenn es niemand erwartet, nicht einmal wir selbst. Ich stand auf, an Schlaf war nicht zu denken, stieß das Scheunentor auf, nahm den Besen und fegte die Funken, die mein Ofen sprühte, hinaus in die Kälte, die Fragen auch.
Ein paar Minuten, und ich war so verfroren, dass ich das Tor wieder schloss und zurück ins Feldbett unter die viel zu dünne Decke kroch. Eben wollte ich wegdämmern, da wischte etwas über die Scheibe, ein Zweig, sagte ich mir, die große Buche wiegt sich im Nachtwind, ihr tiefhängender Ast streicht übers Fenster. Wieder lag ich hellwach, horchte hinaus, und wirklich, ein Nachtwind kam auf und warf, was er auflas, gegen die Hütte. Hartes Laub vom letzten Herbst, Käferlarven vom Fenstersims. Jetzt begannen die kältesten Stunden der Nacht. Für sie hatte ich die dicken Holzscheite, für Nächte wie diese, in denen der Winter noch einmal zurückkehrt. Abermals stand ich auf, schob neue Scheite in den Eisenofen, hoffend, dass die Glut bis gegen Morgen vorhielt. Dem Palaver des Feuers zu lauschen, den kleinen Detonationen im Holz ab und zu, das Lodern und Flackern hinter der rußigen Ofenscheibe zu sehen, den schwachen Widerschein auf den rohen, staubigen Dielen, und darüber einzuschlafen, war eine schöne Vorstellung.
Doch als die Glut leiser und leiser murmelte und mit einem letzten Zischen verstummte, als die vollkommene Stille eintrat, die nach Mitternacht, als es immer eisiger wurde und ich auf meinem Feldbett keine verschlungene Position mehr fand, um etwas wie Wärme zu simulieren, da hatte der Winter gewonnen. Kein Widerstand mehr, er wehte durch alle Ritzen herein, davon gab es genug in den Wänden, im Boden, im Dach. Wieder aufstehen, den Ofen neu anblasen, Reisig hineinstopfen, Papier darunter, Holzscheite, ausgesucht schmale, um die junge Flamme nicht zu ersticken, bis sie bereit war für einen tüchtigen Klotz, das hätte ich tun müssen; aber auch mein neues Feuer wäre bald verglüht gewesen, es sei denn, ich wäre aufgeblieben und hätte es über die ganze Nacht versorgt, dazu war ich zu müde, der Ofen blieb aus.
Ich zog alles an, was ich bei mir hatte, Jacke, Hose, Pullover, schlug, was sonst da war, Handtuch, Feldbettsack und eine schmutzstarrende alte Decke, die ich irgendwo fand, über die meine, vielleicht schliefe ich doch irgendwann ein. Wie ich aber so dalag, eingerollt wie ein Embryo, kamen Gedanken herbei, nicht die aus der Stadt, die aus dem Wald. Hier liegst du nun allein und frierst erbärmlich auf deinem zugigen Lager. Mitternacht ist vorüber, eine Stunde zu Fuß zum Forsthaus, zwei ins Residenzstädtchen. Siehst die Hand vor Augen nicht, horchst hinaus. Hättest du doch dein Feldbett in der verschließbaren Jagdhütte aufgeschlagen, aber es musste die andere sein, die sie Scheune nennen und deren Tor man von innen bloß zuziehen, aber nicht zusperren kann. Hörst du den Nachtwind, wie er daran zerrt? Hörst du das Scheunentor in den Angeln flattern? Jeden Augenblick kann der Wind es weit aufreißen, wie er’s auch tagsüber tut – was tritt dann ein? Sei dir nicht gar so sicher, dass es ein Zweig war, was an dein Fenster schlug. Jetzt schnitt ein Schrei in die Nacht, hell, klagend, lauter und dringender als alles, was um die Hütte, in ihr und auf ihr vor sich hin wehte und schlich. All das war emsig und ganz bei sich und seinen nächtlichen Jagden, all das meinte mich nicht, es waren Scheunenbewohner mit älteren Rechten, kleine Räuber, gleichgültig gegen den Gast auf dem Feldbett. Aber der Schrei meinte einen, vielleicht meinte er mich. Es zu glauben, war nicht abwegig in dieser Nacht. Ich griff neben mich ins Dunkel, fand Messer und Handlampe und sogar das Bestimmungsbuch. Ein Daumendruck, die Klinge klappte auf und rastete ein, sie war scharf. Mit der Messerspitze blätterte ich im Lampenschein durch die Waldvogelarten, beim Kauz hielt ich inne. Er musste es sein, dieser helle, kündende Schrei. Ein paarmal noch hörte ich ihn, immer ferner, dann nicht mehr.
Wie ich die Stunden zwischen dem Kauzruf und dem ersten Vorschein der Morgendämmerung herumbrachte, weiß ich nicht, nur dass sie vergingen. Irgendwann sah ich etwas Helles in der Schwärze der Scheune, ein graues Quadrat hob sich heraus, ein Fenster nach Osten zu. Ich döste ein, und als ich wieder hinsah, füllte eine abstrakte Grafik aus Wintergeäst den Rahmen, dann endlich Farben. Ein zartes Rot glühte auf, es tagte, die Nacht war vorüber.
Gleich am Morgen trug ich einen großen Vorrat Feuerholz in die Scheune und versorgte mich mit wärmeren Decken, aber die Tage und auch die Nächte wurden milder, der Winter machte sich davon, schneller als gedacht. Noch trauten die Buchen dem Frühlingsversprechen nicht, die Knospen zögerten in ihren kleinen braunen Spindeln. Der Tag war nicht mehr fern, an dem sie platzten. Dann würde meine Hütte verschwinden in der Frühlingscamouflage.