mit der Kraft des Waldes
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1. Auflage
© 2020 Servus Verlag bei Benevento Publishing Salzburg – München eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg
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Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:
Red Bull Media House GmbH
Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15
5071 Wals bei Salzburg, Österreich
Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT
Umschlaggestaltung: wir sind artisten
Lektorat: Maria-Christine Leitgeb
ISBN 978-3-7104-0244-9
eISBN 978-3-7104-5035-8
Vorworte liest niemand, auch wenn sie noch so spannend sind, oder von »der Galle, die noch kein Zimmer hat«
Was Gesundheit ist
Die neue Medizin der Gesundheit
Regelmäßige Sinnesreize wie Kälte, Wärme und Reize der körperlichen Bewegung
Ein positives soziales Umfeld
Eine gesunde biologische Ernährung
Rhythmus
Bausteine der Gesundheit
Ernährung – Neue Erkenntnisse gesunder Ernährung, und was der Wald damit zu tun hat
Kaufen Sie zertifiziert biologisch erzeugte und wenn möglich regionale und saisongerechte Lebensmittel von kleinen Landwirtschaften
Stärken Sie Ihr Mikrobiom!
Suchen Sie gezielt nach hochwertigen Lebensmitteln und kochen Sie so viel wie möglich selbst
Essen Sie wenig tierisches Eiweiß!
Essen Sie frisch, möglichst lebendig und bunt!
Legen Sie einen Garten an und kochen Sie selbst
Meiden Sie Zucker!
Nur die besten Fette und Öle sind für ihre Gesundheit förderlich!
Essen Sie würzig!
Essen Sie in Gemeinschaft!
Fasten Sie zeitweilig!
Bewegung
Rhythmus – als Fahrplan unserer Organe: Wie wir beschwingt gesund werden und der Wald uns dabei hilft
Soziale Einbindung
Natur und Sinnesschulung – Die neue Achtsamkeit und der neue Zugang zur Natur
Der Wald als Lebensraum
Der heilige Wald
Verlorener Naturzusammenhang
Nicht nur der Urwald ist schön
Artenreichtum ist ein Ausdruck von Stabilität
Plenterwald
Agroforestry und Permakultur
Ameisen verteidigen »ihren« Baum
Der erste Wald
Holz als Hightech-Material – und seine kreative Verwendung
Schonende Waldnutzung
Das Recht der Jugend auf eine Zukunft
Vorbild Natur – begrenztes Wachstum mit Klimaxgesellschaften
Das Wald-Gesundheitsprogramm
Nahrung aus dem Wald
Agroforestry in Tansania
Shinrin Yoku – im Wald baden – Ergebnisse aus Japan, Norwegen, Kanada und Österreich
Die Spitzenmedizin der Zukunft – Gesundheitskultur statt Krankheitskultur
Serviceteil
Empfehlenswerte Bücher
Natur und Wald fachkundig erleben
Bäume mit Nutzen für einen Waldgarten
Kräuter und Duftpflanzen mit ätherischen Ölen
Ausrüstung für die persönliche Naturbeobachtung
Verhaltenskodex im Wald – Wir sind nur Gast im Wald und sollten uns auch so benehmen
Urwälder in Europa – eine Kurzübersicht
Literatur
Der Regenwald zieht unter mir vorbei. Von Horizont zu Horizont erstrecken sich die mächtigen Baumriesen, deren Blätter und Zweige ich wie gestochen scharf wahrnehme. Grün dominiert die Szene, Farbtupfen von gelben und roten Blättern und Blüten an den Spitzen der Zweige leuchten herauf. Es ist ein magischer Moment der tiefen Verbundenheit, in völliger Ruhe und Gleichmäßigkeit zieht er unter mir vorbei.
Nun wechselt die Szenerie: Ich befinde mich in einer Höhle, vielleicht in Tibet. Vor mir flackern Lämpchen, Butterlichter, hinter denen jeweils Buddhas in verschiedener Größe und Form in tiefer Versenkung meditieren. Der gelbe Schein der Lichter beleuchtet sanft flackernd die aus durchscheinender Butter geformten Buddhastatuen und die dahinter liegende Höhlenwand. Die Statuen sind verschieden groß und in der Form variabel. Ich erkenne das Lächeln in ihren Gesichtern und die entspannte und doch konzentrierte Haltung ihrer Hände.
Abermals wechselt die Szenerie: Nun bin ich im Atelier eines Künstlers. Vor mir die Staffeleien mit Bildern aus verschiedenen Lebensphasen und in verschiedenen Formaten – das ganze Lebenswerk dieses Künstlers steht vor mir. Die intensiv farbigen Bilder erinnern an Werke von Wassily Kandinsky oder Max Weiler. Jedes Bild stellt ein Unikat dar und ist auf das Feinste durchgestaltet. Wie in einem Cinemascopefilm sehe ich die Bilder vor mir und kann die Schaffensphasen des Künstlers erahnen.
In der Zeit vor diesen reichen Bildern haben Menschen mir große Steine in den Lebensweg geworfen. Ein kleiner Stein, tatsächlich nur einer, in meiner Gallenblase, hat mir dann gezeigt, wo die Grenzen des Schmerzes liegen können. Der sehr freundliche Ambulanzarzt im Krankenhaus beruhigt mich nach der Untersuchung: »Sie haben sicher keine akute Gallenentzündung. Noch nie habe ich einen Patienten gesehen, der bei einer akuten Gallenentzündung so wie Sie vergnügt war. Gehen Sie ruhig nach Hause und ruhen Sie sich aus, Sie werden sehen, das vergeht von selbst.«
Zwei weitere Tage kämpfe ich mit meinem Ministein, dann steigt das Fieber auf 40 Grad – ich gebe auf und werde mit der Rettung ins Krankenhaus gebracht. Obwohl es Samstagnacht ist, bereiten die Ärzte die sofortige Operation vor. Ein Pfleger schiebt mich durch die mitternächtlich leeren Gänge der Klinik, zu einem zunächst unbekannten Ziel. Ich bemerke, dass der Edelstahlanteil der Wände zunimmt, je länger wir fahren. Die Operationsschwester nimmt mein Bett in Empfang und fragt: »Ist das die Galle, die noch kein Zimmer hat?« Ich lache und sage: »Ja, ich bin die Galle, die noch kein Zimmer hat!« Nun lacht auch die Schwester. Wenig später, so scheint es mir, erwache ich in der Intensivstation. Ich fühle mich wie ein giftiger Kugelfisch auf Adrenalin, denn mein Bauch ist durch die Kohlensäure, die für die Operation eingefüllt wurde, aufgebläht. Jede Bewegung schmerzt, ein Drehen auf die Seite ist aufgrund des Kugelbauches nicht möglich.
Der Narkosearzt taucht auf und fragt, ob ich einverstanden damit wäre, an einer Studie mit einem neuen Opiat zur Schmerzstillung mitzumachen. Obwohl ich die Schmerzstillung so gering wie möglich halten möchte, sage ich im Dienst der Wissenschaft zu. Wenig später klebt an meinem Arm eine Dauerinfusion, durch die die Opiate tropfen. Was dann folgt, sind Bilder, Bilder, Bilder … Hunderte Bilder wie die oben beschriebenen ziehen an mir vorbei, sobald ich die Augen schließe. Ich bin wach, kann aber nicht bestimmen, welche Bilder kommen und wann sie wieder gehen, außer, wenn ich die Augen öffne. Ich kann auch für Stunden nicht einschlafen.
Wenn die Bilder fort sind, sind sie fort, nur die drei oben beschriebenen konnte ich behalten. Im Nachhinein stelle ich fest, dass diese drei Bilder die wesentlichen Elemente der menschlichen Existenz enthalten: die Natur, die Kultur und die Spiritualität. Wahrscheinlich werde ich diese Bilder immer behalten, während alle anderen für immer vergessen sind. Was mir in dieser Nacht klar wird (wenn man von einem aufkeimenden Mitgefühl mit den Kugelfischen absieht), ist, dass in unserem Inneren eine unglaubliche Vielzahl von Bildern steckt, die wir nicht nur durch Drogen hervorholen können. Jeder gelungene künstlerische Prozess macht diese inneren Bilder sichtbar oder als Klänge hörbar.
Wir sind alle Künstler, um mit Joseph Beuys zu sprechen, nur ist heute leider der Zugang zu unseren Bildquellen verschüttet. Natur, etwa in der Gestalt des Waldes, Kultur und Spiritualität, die für jeden Menschen verschieden ausgeformt sein können, sind die goldenen Schlüssel zu dieser Bildwelt. Es ist spannend, dass eine akute Erkrankung mir den Zugang zu diesen Bildern ermöglicht hat. Sie hat auch dazu geführt, mich mit dem Thema Gesundheit intensiver zu beschäftigen, und zu reflektieren, wie diese Gesundheit mithilfe von Natur, Kultur und Spiritualität erhalten bleiben kann, damit man nicht »zur Galle, die noch kein Zimmer hat«, wird.
Maximilian Moser im Januar 2020
Gesundheit ist viel mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Sie ist Ausdruck von Selbstorganisation des menschlichen Organismus, Widerstandsfähigkeit und Lebenswille.
Es ist spannend, die verschiedenen Definitionen von Gesundheit im Lauf der letzten Jahrzehnte zu betrachten. Vom »Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens« der WHO aus dem Jahre 19461 bis zum kargen »ohne Befund« (o. B.) der medizinischen Ausschlussdiagnose des modernen Arztes spannt sich ein weiter Bogen möglicher Definitionen. Zynische Ärzte behaupten ja, dass ein Gesunder nur noch nicht ausreichend untersucht worden sei. Es ist klar, dass »ohne Befund« kein guter Ansatzpunkt für eine aktive Pflege der Gesundheit ist, und tatsächlich lernen Ärzte heute in ihrem Studium sehr viel mehr über die verschiedenen Krankheiten und ihre Behandlung als über die Erhaltung und Pflege der Gesundheit. Auch in der ärztlichen Fortbildung, die sehr oft von der pharmazeutischen Industrie veranstaltet wird, wird über die Erhaltung und Pflege der Gesundheit wenig gesprochen, dafür viel über den richtigen Einsatz von Medikamenten.
Aus diesem Grund sollten wir in der Medizin völlig neue Wege gehen, was die aktive Pflege von Gesundheit und die Gesundheitsprävention betrifft. Ein »Gesundheitsleitsystem« wäre notwendig, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Gesundheitsindikatoren immer wieder, auch ohne Blutabnahme, bestimmen zu lassen und sie am besten selbst visuell erleben zu können. Wäre es nicht schön, die Auswirkung von Änderungen des Lebensstils, gesunder Ernährung, ausreichender Bewegung und anderen Maßnahmen, die der Gesundheitsbildung dienen, direkt sehen und erleben zu können? So ein Gesundheitsleitsystem könnte auch Bonuspunkte für das Erreichen gesetzter Gesundheitsziele geben und Anreize bieten, mehr für die eigene Gesundheit zu tun. Es könnte gesundheitsbildende Maßnahmen vorschlagen und die Sensibilität für die eigene Gesundheit stärken.
Der »gesunde Apfel« im Krankenhaus, womöglich aus konventionellem Anbau und dreißigmal chemisch gespritzt, und eine »Behübschung« von Krankenkassen durch Umbenennung in »Gesundheitskassen« wird auf keinen Fall ausreichen, um die Umorientierung von der krankheits- zur gesundheitsgeleiteten Medizin zu schaffen. Da wir derzeit bereits über zehn Prozent unseres Bruttonationalprodukts für Krankheiten ausgeben, würde eine solche Umorientierung auch positive wirtschaftliche Konsequenzen haben.
Leider hat die heutige Medizin mit ihrem Fokus auf Krankheiten und deren Erkennung wenig Instrumente entwickelt, um Gesundheit messbar zu machen. Diese Tatsache wurde mir erstmals richtig bewusst, als wir im Jahre 1989 von russischen Raumfahrtmedizinern eingeladen wurden, an einem Weltraumprojekt an der Raumstation Mir (»Frieden«) teilzunehmen. Bei den Gesprächen mit den russischen Weltraummedizinern tauchte relativ bald die Information auf, dass Kosmonauten einfach »nicht krank werden dürfen«. Es gibt ja nur selten Ärzte im Weltraum, und ein kranker Kosmonaut kann auch nicht ohne Weiteres zur Erde zurückgebracht werden, da nur bestimmte Zeitfenster für eine mögliche Rückholung offen sind. Aus diesem Grund waren die russischen Weltraummediziner an einem System zur ganzheitlichen Messung der Gesundheit interessiert, das wir gemeinsam mit ihnen entwerfen sollten. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir gerade Methoden entwickelt, mit denen man die Zeitpunkte des Herzschlages ganz genau messen konnte, und damit die sogenannte Herzrhythmusflexibilität. Das ist das auch als Herzratenvariabilität bekannte Mitschwingen des Herzschlages mit äußeren Bedürfnissen wie auch mit den Organen des restlichen Organismus. Ein gesundes Herz schlägt nämlich nicht regelmäßig, sondern es tanzt mit anderen Organen in deren Rhythmus: wenn unser Organismus entspannt ist – mit der Atmung, wenn wir konzentriert arbeiten – mit dem Blutdruck, und wenn wir Emotionen empfinden – mit der Durchblutungsrhythmik unserer Hautgefäße. Durch Messung dieser verschiedenen Schwingungen aus der Abfolge der Herzschläge ergibt sich die Möglichkeit, dem vegetativen Nervensystem, das alle diese Rhythmen steuert, bei der Arbeit zuzusehen. Dieses vegetative Nervensystem koordiniert unsere Organfunktionen und reguliert alle Vorgänge im Körper bei Gesundheit und Krankheit. Wir können also am Typus der Herzrhythmen sehen, ob der Organismus gerade auf Leistung oder auf Erholung abgestimmt ist. Die Herzrhythmusflexibilität eignet sich dadurch zur Überprüfung des Gesundheitsstatus wie kein zweiter Indikator.
Anatomisch besteht das Vegetativum aus zwei Ästen, Sympathikus und Vagus, die gegeneinander oder auch zusammenwirken können. Da auch das Herz von der Aktivität des vegetativen Nervensystems beeinflusst wird – der Sympathikus lässt das Herz schneller schlagen, der Vagus langsamer –, konnten wir für die Medizin ein Verfahren entwickeln, das den Grad der Gesundheit direkt messbar macht, und das ist eine große Innovation. Die russischen Weltraummediziner waren von diesem System sehr fasziniert und verwendeten es über zehn Jahre bei allen Kosmonauten, und zwar als Gesundheitskontroll- und -leitsystem für die Kosmonauten bis zum Ende der MIR-Mission um die Jahrtausendwende.
Ein Gesundheitsleitsystem sollte in der Lage sein, Abweichungen vom optimalen Gesundheitszustand relativ rasch und frühzeitig anzuzeigen und Gegenmaßnahmen zu ermöglichen, bevor noch Krankheiten ausbrechen oder sich chronifizieren, das heißt dauerhaft werden. Wenn ein Arzt am Röntgenbild oder am Computertomografen die räumliche Veränderung durch eine Krebserkrankung sieht, ist es eigentlich schon viel zu spät, um einzugreifen. Mithilfe der von uns entwickelten, chronobiologischen Methoden2 sind Abweichungen vom Gesundheitszustand schon wesentlich früher erkennbar und könnten, wenn die medizinische Forschung ihren Schwerpunkt auf den Bereich der Prävention verlegen würde, mit großer Wahrscheinlichkeit mit Lebensstilveränderungen zu verhindern sein – und das ist Prävention. Leider liegt der Schwerpunkt derzeit, wie bereits erwähnt, auf der Behandlung und dem Management von Krankheiten und nicht auf der Bildung und Erhaltung von Gesundheit.
Zum Glück sind heute viele Menschen bereits selbst aktiv, stellen ihren Lebensstil um und leben gesünder, sodass sehr zu hoffen ist, dass der Druck auf die Medizin und die Ärzte immer größer wird, ihre Tätigkeiten stärker in den Bereich der Prävention und der Gesundheitsbildung zu verlegen. Auch die Universitäten werden hier gefordert sein, und erste Ansätze, salutogenetische (seelische Gesundheit bildende) und hygiogenetische (körperliche Gesundheit bildende) Vorlesungen anzubieten, sollten dazu führen, dass diese Fachgebiete in Zukunft Hauptfächer für das Medizinstudium sein werden. Da Ärzte auch Mittel zum Leben benötigen und für ihre Tätigkeit entlohnt werden wollen, wird es notwendig sein, neue Abrechnungsmodelle der Krankenkassen zu schaffen. So könnte zum Beispiel die Anzahl der gesund erhaltenen Patienten für die Entlohnung von Ärzten herangezogen werden, und nicht primär die Anzahl der durchgeführten Krankheitsbehandlungen oder der chirurgischen Eingriffe. Junge MedizinerInnen und MedizinstudentInnen weise ich immer wieder darauf hin, bereits jetzt zu ihren Standesvertretungen zu gehen und entsprechende Präventionsmodelle einzufordern, damit sie später von diesem Zweig der Medizin auch wirklich leben können.
Der menschliche Organismus ist – in der Sprache der Systemwissenschaften – ein besonders leistungsfähiges »selbstorganisierendes System«. Das bedeutet unter anderem, dass er sich an viele verschiedene Situationen anpassen kann, was man ja auch daran erkennt, dass Menschen vom Äquator bis zum Polarkreis und darüber hinaus leben können. Im Gegensatz zu einer Maschine, die durch dauernde Nutzung schlechter und klappriger wird, ist der Mensch in der Lage, durch Übung und Belastungen fitter und ausdauernder zu werden. Jeder Sportler weiß das. Leichte Belastungen, die den Organismus nicht überfordern, führen, vor allem wenn sie regelmäßig ausgeübt werden, zur Stärkung der Gesundheit und des Wohlbefindens. Sie sind sogar notwendig dafür.
Ein Beispiel dafür ist ein Saunabad, bei dem man zunächst der Hitze und dann der Kälte beim Eintauchen ins kalte Wasser ausgesetzt wird. Beides ist zunächst mit unangenehmen Gefühlen verbunden, die aber nach erfolgreichem Überstehen ins Angenehme kippen. (Böse Zungen sagen, dass es schön sei, wenn der Schmerz nachlässt.) Nach einem guten Saunabad fühlt man sich so frisch und erholt wie kaum jemals im Alltag. Tatsächlich haben Studien gezeigt, dass sowohl die Widerstandsfähigkeit gegen Kälte als auch die gegen Wärme durch das Saunabad trainiert werden. Regelmäßiges Saunieren führt so gleichzeitig auch zu einem Training des Herzens und der Arterien, zu einer erhöhten Widerstandskraft gegenüber Erkältungen, es normalisiert den Blutdruck, stimuliert die Neubildung von Blutgefäßen in der Haut und trainiert die Durchblutung der peripheren Gefäße3, sodass man größere Kälte, aber auch Wärme ausgleichen und ertragen kann. In vielen traditionellen Kulturen gab und gibt es ähnliche Formen des Wechselbades4: die Onsen Badekultur in Japan, der arabische Hamam, Schwitzhütten in Sibirien und bei den Lakota Indianern wie auch bei den nordeuropäischen Sami.
Besonders reizvoll ist das Baden in Wildgewässern5, man sollte allerdings vorsichtig und rücksichtsvoll dabei umgehen, um weder selbst Schaden zu erleiden, noch die Natur zu schädigen.
Wird der Organismus gar nicht beansprucht, faulenzen wir also den ganzen Tag auf der Couch herum oder leben einen vorwiegend sitzenden Lebensstil am Büroschreibtisch, so adaptiert sich der Körper auch an diese Situation. Er verliert Muskelmasse und legt dafür Speichermasse an, die uns als Körperfett bekannt ist.
In diesem Buch werden wir noch sehen, welchen Beitrag der Wald und seine Elemente für unser körperliches Wohlbefinden leisten und wie sie dazu beitragen können, unseren Organismus gesund und fit zu machen. Nicht nur die Bäume als klassische Symbole des Waldes, auch das Moos, die Mikroorganismen und die Sträucher wirken in einzigartiger Weise zusammen und erzeugen ein Mikroklima, das besonders gesundheitsfördernd ist. Shinrin Yoku, das Waldbaden, hat in Japan ja bereits zahlreiche Anhänger gefunden und wird auch bei uns immer beliebter. Seine gesundheitsfördernden Wirkungen sind unbestritten und liegen unter anderem daran, dass der Organismus, wenn er im Wald spazieren geht, einer Fülle von Reizen ausgesetzt ist, die auf verschiedene Weise herausfordern, anregen und unsere Sinne, Muskeln und Organe zur Ausbildung von neuen Fähigkeiten aufrufen. Wir werden in einem späteren Kapitel ausführlicher von dieser Methode hören.
Besser ganz gesund als halb krank! – und was der Wald als letztes Naturreservat damit zu tun hat. Ein Plädoyer für Lebensfreude und aktive Gestaltung des Lebens im Zusammenspiel mit der Natur für ein gesundes und glückliches Leben.
Folgende »Säulen der Gesundheit« können aus den Ergebnissen Tausender Studien identifiziert werden und finden sich auch als bewährte Gesundheitsbildung in der traditionellen abendländischen wie auch asiatischen Medizin:
Wie erwähnt, benötigt unser Körper Beanspruchungen. Bei allen unseren Organen gilt: Was nicht trainiert wird, verkümmert.6 Der Grund liegt in der großartigen Adaptationsfähigkeit des menschlichen Organismus. Wir behalten nur das Allernotwendigste, alles andere wird abgelegt, sobald es nicht mehr benötigt wird. In der Geschichte der Menschheit wurde Ausdauer benötigt, nämlich damals, als der Mensch als Jäger und Sammler durch Steppen und Savannen zog, also wurde der Mensch ein ausdauernder Läufer. Tatsächlich übertrifft der Mensch in seiner Ausdauer viele Wildtiere, was sich afrikanische Jäger noch heute zunutze machen, wenn sie Antilopen über Tage verfolgen, bis diese aufgeben und sich erlegen lassen.