Der Klima-Appell des
an die Welt
Schützt unsere Umwelt
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1. Auflage
© 2020 Benevento Verlag bei Benevento Publishing München - Salzburg, eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg
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Red Bull Media House GmbH
Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15
5071 Wals bei Salzburg, Österreich
Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT
Gesetzt aus der Palatino, New Baskerville BQ
Umschlaggestaltung: www.3bk-design.de, Andrea Schneider, diceindustries
Umschlagmotiv: Getty Images, Foto: Steven Dewall
ISBN 978-3-7109-0101-0
eISBN 978-3-7109-5106-0
Dieses Buch wurde zu 100% klimaneutral produziert.
Einleitung von Franz Alt
Das Leben ist heilig
Wie kann der Dalai Lama helfen?
Es geht um das Überleben der Menschheit
Die Menschheit verliert die Kontrolle
Millionen gehen mit Greta auf die Straße
Wie könnte die Rettung aussehen?
Mehr Zukunft wagen
Schützt unsere Umwelt – Der Klima-Appell des Dalai Lama an die Welt
Buddha wäre ein Grüner
Bildung zum Umweltschutz
Universelle Verantwortung
Die Revolution des Mitgefühls
Interview mit Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama
Glücklich zu sein ist der Sinn des Lebens
Wir sind eine Menschheit auf einer Erde
Ohne Menschen ginge es der Erde besser
Die Himalaya-Gletscher verschwinden
Ein Atomkrieg wäre der letzte Krieg der Geschichte
Mehr Herzensbildung
Das Solarzeitalter beginnt
Wir sollten die Politiker einsperren
Wiedergeburt verlangt Umweltschutz
»Wir sind, was wir denken« (Buddha)
»Unser Haus brennt« (Greta Thunberg)
Die Berge hier sind so kahl geworden wie der Kopf eines Mönchs
Ethik ist wichtiger als Religion
Vegetarismus hilft dem Klima
Das Umweltgedicht des Dalai Lama
Für ein solares Zeitalter
Nachwort von Franz Alt
Ökonomie und Ökologie versöhnen
Es gibt keine Materie
In der Tiefe ist alles Leben eins
Abrüsten statt aufrüsten
Mit der Natur wirtschaften, nicht gegen sie
Taten sind der Wahrheitsbeweis
Zehn Gebote für das Klima
Besser wählen
Sind wir noch zu retten?
Dank
Literatur
Zu den Autoren
Am 31. Mai 2019 schrieb der Dalai Lama an die sechzehnjährige schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg: »Ich bin auch ein glühender Verfechter des Umweltschutzes. Wir Menschen sind die einzige Spezies, die die Macht hat, die Erde, wie wir sie kennen, zu zerstören. Doch wenn wir die Fähigkeit haben, die Erde zu zerstören, so haben wir auch die Fähigkeit, sie zu schützen. Es ist ermutigend zu sehen, wie du die Augen der Welt geöffnet hast für die Dringlichkeit, unseren Planeten zu schützen, unser einziges Zuhause. Gleichzeitig hast du so viele junge Brüder und Schwestern angeregt, sich dieser Bewegung anzuschließen.«
Inzwischen wurde Greta Thunberg vom Papst empfangen und vom ehemaligen amerikanischen Präsidenten Barack Obama, sie sprach vor der UNO, vor dem französischen Parlament, auf zwei Weltklimagipfeln sowie beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Sie erhielt den Alternativen Nobelpreis, wurde vom US-Senat eingeladen und von Amnesty International als »Botschafterin des Gewissens« ausgezeichnet. Doch hat sich wirklich etwas geändert, seit sie für den Schutz des Klimas kämpft? Wo sind die Erwachsenen, wenn die jungen Leute Freitag für Freitag auf die Straße gehen?
Barack Obama sagte zu der ruhigen und ernsthaften jungen Frau: »Du und ich, wir sind ein Team.« Ihre schlichte Antwort: »Ja.« Greta Thunbergs Motto scheint zu sein: Immer mit der Ruhe. Vor der UNO jedoch schleuderte die junge Schwedin unter Tränen und mit zitternder Stimme den Mächtigen der Welt ihre Wut entgegen: »Ihr habt mir meine Kindheit geraubt. Alles, was ihr hier macht, ist falsch. Menschen leiden, Menschen sterben, ganze Ökosysteme kollabieren.« Mit geballter Faust fuhr sie fort: »Wir stehen am Anfang eines Massenaussterbens, und alles, worüber ihr redet, ist Geld und das Märchen vom ewigen Wachstum. Wie könnt ihr es wagen, eure Verantwortung an die junge Generation zu delegieren? Wie könnt ihr es wagen, hierherzukommen und zu sagen, ihr tut genug, obwohl ihr nicht genug tut, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen!«
Die bisherige Empörung der Erwachsenen über die Zerstörung unseres Planeten ist noch viel zu leise. Denn die Klimaerhitzung ist eine in der Menschheitsgeschichte nie da gewesene globale Katastrophe. Und das nur, weil wir Wachstum um des Wachstums willen betreiben. Also wachsen wir uns arm. Der gesellschaftliche Wohlstand nimmt ab, obwohl das ökonomische Wachstum immer mehr zunimmt. Wir haben vergessen zu fragen: Wachstum wozu und Wachstum für wen? Was die ökologischen Folgen des Wachstums anbelangt, sind und waren wir blind. Es rollt ein Tsunami auf uns zu. Aber viele verschließen noch immer die Augen, halten sich die Ohren zu und geben sich gegenüber der Gefahr sprachlos wie die drei berühmten japanischen Affen.
Greta Thunberg und ihre Anhänger rütteln uns wach aus dem Klima-Koma. Vielleicht gerade noch rechtzeitig. Nach ihrer Rede vor der UNO fragt der Spiegel: »Kann es sein, dass sie in einer verrückten Welt die einzige Vernünftige ist?«, und kommentiert wie folgt: »Vielleicht wird sie eines Tages als eine Schlüsselrede des frühen 21. Jahrhunderts gelten.«
Über sechzig Städte in Deutschland haben schon den Klimanotstand ausgerufen. In Dritte-Welt-Ländern haben allein im ersten Halbjahr 2019 Millionen Menschen durch die Folgen der Klimaerhitzung ihr Hab und Gut verloren. Vor allem bei den Ärmsten ist die Klimaerhitzung bereits angekommen, sie müssen um ihr Überleben kämpfen. Wie kann in dieser Situation ein Religionsführer und spiritueller Lehrer helfen?
In den letzten 38 Jahren konnte ich den Dalai Lama vierzig Mal treffen und fünfzehn Fernsehinterviews zu den Themen Frieden, Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz mit ihm führen. Dieses Buch appelliert an die Welt, die jungen Klima-Aktivisten von Fridays for Future dabei zu unterstützen, eine aktivere Rolle bei der Bewahrung dieses Planeten einzunehmen, aber auch an die Mächtigen dieser Welt, das dringliche Problem der durch Klimawandel verursachten Erderhitzung endlich tatkräftig anzugehen. Nicht nur Greta, auch andere kluge und mutige Frauen wie die kenianische Wissenschaftlerin und Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai oder die indische Agrarexpertin und Trägerin des Alternativen Nobelpreises Vandana Shiva motivieren uns zur großen Öko-Transformation und zur Entwicklung einer nachhaltigen ökologischen Marktwirtschaft nach dem Motto »ökosozial statt marktradikal«. Der Dalai Lama wiederum betont in unserem Gespräch eher den spirituellen Hintergrund der aktuellen Probleme: Wir müssen ethisch überprüfen, was wir geerbt haben, wofür wir verantwortlich sind und was wir künftigen Generationen hinterlassen werden.
Selten hatte ich in meinen fünfzig Jahren als Journalist einen so empathischen, sympathischen und humorvollen Gesprächspartner. Keiner hat mehr gelacht als er. Nicht zufällig gilt er bei Umfragen als der glücklichste Mensch der Welt. Dem Religionsführer wurde in den letzten Jahren eine religionsübergreifende Ethik immer wichtiger. Und heute sagt er etwas sogar für einen Religionsführer Einmaliges: »Ethik ist wichtiger als Religion. Wir kommen nicht als Mitglied einer bestimmten Religion auf die Welt. Aber Ethik ist uns allen angeboren.« Immer häufiger spricht er bei seinen weltweiten Vorträgen über eine »säkulare Ethik jenseits aller Religionen«. Albert Schweitzer nannte dieses Anliegen »Ehrfurcht vor allem Leben«. In diesem Buch spricht der Dalai Lama von einer überlebensnotwendigen ökologischen Ethik sowie von einer neuen Öko-Spiritualität.
Diese säkulare Ethik sprengt nationale, religiöse und kulturelle Grenzen und skizziert Werte, die allen Menschen angeboren und allgemein verbindlich sind. Das sind nicht äußere materielle Werte, sondern innere Werte wie Achtsamkeit, Mitgefühl, Geistesschulung sowie das Streben nach Glück. »Es gibt keine Gerechtigkeit ohne Mitgefühl und Barmherzigkeit. Wenn wir selbst glücklich sein wollen, sollten wir Mitgefühl üben, und wenn wir wollen, dass andere glücklich sind, sollten wir ebenfalls Mitgefühl üben. Wir alle sehen lieber lächelnde als finstere Gesichter«, sagt der Dalai Lama.
Eine der zentralen Überzeugungen des Dalai Lama: In unserem Streben nach Glück und unserem Wunsch, Leid zu vermeiden, sind sich alle Menschen gleich. Alle wünschen sich ein glückliches und erfülltes Leben. Daraus resultieren die größten Errungenschaften der Menschheit. Denken und handeln sollten wir deshalb auf der Grundlage tiefer menschlicher Werte, die die Menschheit als Einheit begreifen, mit dem Ziel, eine Gesellschaft mit mehr Mitgefühl aufzubauen. In unseren Gesprächen wird die Menschenwürde immer wieder als der höchste Individualwert gekennzeichnet und das Gemeinwohl als der höchste Kollektivwert. Denn: Das Leben ist heilig.
In einer Zeit der Klimaerhitzung, des Artensterbens, der brennenden Wälder und des zunehmenden Wassernotstands auf unserem Planeten sind die Werte internationaler Kooperation und »universeller Verantwortung«, die der Dalai Lama immer dringlicher einfordert, besonders wichtig. Er plädiert in diesem Buch wie nie zuvor dafür, dass die Politiker nach über zwanzig internationalen Klimakonferenzen nun endlich handeln. Denn nicht weniger ist gefährdet als das Überleben auf unserem Planeten und die Heiligkeit des Lebens. Schon heute gibt es Regionen auf unserem Planeten, die nur noch entfernt an unsere Erde erinnern.
Der Dalai Lama denkt darüber nach, seine Heimat Tibet – in Übereinstimmung mit der uralten tibetisch-buddhistischen Tradition – in das größte Naturschutzgebiet der Welt zu verwandeln: »Tibet muss und kann ein Heiligtum des Friedens und der Natur werden.«
Die Technik allein wird uns nicht retten. Nur wenn wir Ethik und Technik in einer neuen Verantwortungsethik zusammenführen, können wir – vielleicht! – noch das Schlimmste verhindern. Gestern war unser blauer Planet an sehr vielen Orten noch ein natürliches Paradies. Heute ist er schon an vielen Stellen verdorrt, und morgen wird er in vielen Regionen unbewohnbar sein, wenn wir einfach so weitermachen. Aber es gibt immer Alternativen. Alle Probleme, die Menschen geschaffen haben, sind auch von Menschen lösbar.
Wie geht es unserem Planeten im Jahr 2020? Überall stehen die Regenwälder in Flammen, auf allen Kontinenten breiten sich Wüsten aus, und die Eisberge schmelzen. Die Klimaerhitzung führt zu Millionen Klimaflüchtlingen. Sind wir noch zu retten?
Herbst 2018: Es war die weltweit teuerste Katastrophe des Jahres und das schlimmste Feuer in der Geschichte der USA. Ausgerechnet die Stadt Paradise in Kalifornien ist abgebrannt. Fünfundachtzig Menschen verloren ihr Leben, mehr als achtzehntausend Häuser und Gebäude auf zweiundsechzigtausend Hektar Land wurden zerstört. Welch ein Menetekel: Das »Paradies« wurde zur Hölle auf Erden. Dreihundert Menschen mussten evakuiert werden. Der Schaden betrug circa vierzehn Milliarden Dollar.
2019 erlebt Australien nach bereits vier Jahre andauernder Trockenheit die schlimmste Dürre seiner Geschichte. Die ersten Dörfer in New South Wales müssen von außen mit Trinkwasser versorgt werden. Entsalzungsanlagen für Meerwasser versorgen bereits ein Viertel von Sydney. Indien stöhnt zur selben Zeit bei über fünfzig Grad Hitze, aber auch in Europa sterben Tausende ältere Menschen durch eine Hitzewelle, schon die zweite nach dem Sommer 2018. Im August 2019 brennt in Brasilien doppelt so viel Waldfläche wie im Jahr zuvor, die Abholzungsrate ist 222 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Brasiliens Präsident Bolsonaro bezeichnet katholische Bischöfe und Priester, die sich gegen die Brandstifter wehren, als »verrotteten Teil der katholischen Kirche«.
Wir erleben verheerende Feuer, ertrinkende Klimaflüchtlinge und sterbende Meere. Wir erleben Klimakonflikte, verpeste Luft, Auto-Fahrverbote, Wirtschaftskollapse, Wasserkatastrophen und Seuchen. Weltweit sterben die Korallenbänke schneller als vorhergesagt. Das Artensterben findet in einem atemberaubenden Tempo statt. Zurzeit verlieren wir jeden Tag hundertfünfzig Tier- und Pflanzenarten, sagt der renommierte US-Biologe Edward O. Wilson. Bei den verheerenden Waldbränden in Australien Ende 2019/Anfang 2020 starben Millionen von Tieren. Das langsame Voranschreiten des Klimawandels ist ein Märchen von gestern. Die Klimaerhitzung ist weit schlimmer, als wir es uns eingestehen wollen. Kein Ort der Welt wird unberührt davon bleiben und kein Leben unverändert.
Als ich 1938 geboren wurde, schien das Klimasystem noch intakt. Heute ist es außer Rand und Band. Verursacht von uns Menschen, die sich benehmen wie Pyromanen. In unserer kurzen Lebenszeit haben wir den Planeten an den Rand des Abgrunds gebracht.
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