Die Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel «Nieodgadniona» bei Wydawnictwo FILIA, Poznań.
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, März 2020
Copyright © 2020 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg
«Nieodgadniona» Copyright © 2018 by Remigiusz Mróz
«Nieodgadniona» Copyright © 2019 by Wydawnictwo FILIA
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Covergestaltung Hafen Werbeagentur, Hamburg
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ISBN 978-3-644-00566-2
www.rowohlt.de
Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.
ISBN 978-3-644-00566-2
Für Aga Dygant – Dein Anruf hat die Sache entschieden
Wünsche sind stärker als ein Verdacht.
Wiesław Myśliwski, Traktat über das Aushülsen von Bohnen
In meinem Leben hatte ich eigentlich nur eine wichtige Person verloren, aber das reichte, um zu wissen, dass ich früher oder später alle verlieren würde. Ob das der Grund war, dass ich im vergangenen Jahr keine neuen Bekanntschaften geknüpft hatte, weiß ich nicht, aber eine gute Ausrede war es allemal.
Ich distanzierte mich nicht nur von den Menschen, sondern auch von mir selbst. Ich schob die Vergangenheit von mir und vergaß alles, was passiert war. Lebte in den Tag hinein und konzentrierte mich nur darauf, wann ich aufstehen musste, um zur Arbeit zu gehen, welches Computerspiel ich später zu Hause spielen und mit welchem Bier ich mir den Abend vertreiben wollte.
Ich schloss das vergangene Kapitel meines Lebens vollständig, die letzte Bestätigung sollte mein Umzug in die kleine Wohnung im Dachgeschoss am Plac Daszyńskiego sein. Ich konnte sie mir nur leisten, weil das kleine Kabuff eigentlich ein umgebauter Dachboden war und die Wohnungseigentümergemeinschaft keine großartigen Gewinne von der Investition erwartete.
Ich nahm einen Kredit auf, lieh mir ein bisschen was von meinen Eltern, und nach kurzen Verhandlungen hatte ich schließlich eine eigene Wohnung. Nicht gemietet, nicht vorübergehend. Meine. Und vor allem eine, die der Beweis dafür war, dass ich ein für alle Mal mit der Vergangenheit abgeschlossen hatte.
Davon war ich bis zu dem Moment überzeugt, als ich meine vier Wände im Dachgeschoss gründlich renoviert hatte und eingezogen war. Alle herrenlosen Dinge, die ich noch fand, warf ich in einen kleinen Karton, den der Vorbesitzer dagelassen hatte. Das Pech wollte es, dass ich sie mir aus Langeweile gleich in der ersten Nacht ansah.
Ich grub eine alte VHS-Kassette aus. Normales Gerümpel, das eigentlich auf den Müll gehört. Und doch etwas, das mein ganzes Leben veränderte.
Die Kassette sah ganz normal aus. Sie steckte in einer weißen Panasonic-Papphülle mit roten und blauen Streifen. Das Etikett klebte schief, die Aufschrift war mehrfach verwischt und überschrieben worden.
Wie immer. So hatte ich das auch gemacht, wenn ich die früher aufgenommenen Folgen von A-Team oder McGyver mit Akte X oder Emergency Room überspielte. Wie die Zeiten, so das Netflix. Das Problem war nur, dass ich im Jetzt keine Möglichkeit hatte, das, was auf der Kassette war, anzuschauen. Mein letzter Videorekorder gammelte wahrscheinlich bei meinen Eltern im Keller vor sich hin, und von einem Adapter für ein anderes Gerät hatte ich noch nie gehört. Ich las die letzte, nicht verschmierte Aufschrift auf dem Sticker und überlegte, was «xc97it» heißen könnte. Ich hätte eine weniger geheimnisvolle Aufschrift erwartet, wie zum Beispiel «Erstkommunion», «Firmung» oder «Abiball».
Lange hielt ich mich damit nicht auf, ich legte die Kassette in die Schachtel zurück und setzte mich an den Computer. Ich wollte den Abend genauso verbringen wie das ganze letzte Jahr über: Fortnite oder ein anderes Multiplayer-Spiel spielen. Dass ich mich von den Singleplayer-Spielen auf Multiplayer verlegt hatte, sah ich als den größten Erfolg in puncto zwischenmenschliche Kontakte. Vielleicht war das Blödsinn, schließlich war das Ziel dieser ganzen Spielerei, zig andere Spieler niederzumetzeln und als einziger Überlebender auf dem Schlachtfeld übrigzubleiben.
Ich spielte eigentlich automatisch, wiederholte unbewusst das, was ich immer machte. Ich sammelte Objekte und Vorräte, machte mich zum Gefecht mit anderen Spielern bereit, aber in Gedanken war ich die ganze Zeit bei der Videokassette.
Ich schied in Rekordzeit aus. Dann drehte ich mich auf dem Stuhl um und sah den auf dem Dachboden gefundenen Schrott vorwurfsvoll an. Als sei er schuld. Beziehungsweise ein Teil davon.
Wieder überlegte ich, was «xc97it» heißen und was sich auf dem Band befinden könnte. Warum mir das keine Ruhe ließ, wusste ich nicht genau. Eine normale alte Videokassette, von denen es damals viele auf dem Müll gab. Die Leute schmissen sie massenhaft weg und überlegten gar nicht, was sie da eigentlich taten. Die hier war auch nicht anders als Hunderte, ja Tausende andere.
Warum musste ich dann also die ganze Zeit an sie denken?
Die Antwort kam in einem Moment, als ich sie gar nicht erwartete, wie immer. Nach mehreren Bier tastete ich mich ins Bett, kuschelte mich hin und driftete schon weg, als mir plötzlich ein Gedanke durch den Kopf schoss.
Ich sprang auf, machte das Licht an und stürzte zur Schachtel. Ich schaute mir die Kassette noch einmal an, um mich zu vergewissern, dass mir mein Verstand keinen Streich spielte.
Nein, die Aufschrift war immer noch so. Genau so, wie ich sie erinnerte: «xc97it».
Diesen Nickname hatte Jola Kliza bei unserem ersten Chat auf RIC verwendet, der Online-Plattform von Reimann Investigations, jener Detektei, die ich engagiert hatte, um Ewa zu finden. Es gab nicht den leisesten Zweifel.
Ich hatte unzählige Male an die damaligen Ereignisse gedacht, hatte alle meine Schritte im Kopf rekonstruiert und – ob ich wollte oder nicht – kontrafaktisches Denken betrieben: Was wäre gewesen, wenn Blitz Reimann Investigations nicht eingeschaltet hätte? Oder wenn ich mit seiner Wahl nicht einverstanden gewesen wäre?
Solche und andere Fragen gab es viele, und je mehr Zeit verging, desto schwieriger fand ich Antworten. Mit jedem Tag schien ich weniger zu verstehen.
Mein Gedächtnis trog mich jedoch nicht. Die Kassette, die ich im Dachgeschoss gefunden hatte, trug Klizas Nickname.
So schnell wie möglich versuchte ich mich auf RIC einzuloggen, aber als ich die IP-Adresse eingab, hieß es, die Seite existiere nicht. Klar. Wie die anderen Unternehmen Robert Reimanns hatte sich auch die Detektei in Asche verwandelt. Er lebte nicht mehr, und seine Frau war mit dem größten Teil seines Vermögens geflohen.
Und mit meiner Würde – obwohl genau das nicht jeder wusste.
Ich schaute die auf dem Schreibtisch liegende Kassette an. Wie war sie hierhergekommen? Konnte der vorherige Besitzer des Dachgeschosses irgendetwas mit dem, was mir passiert war, zu tun haben? Nein, das war absurd. Er war ein alter Mann, der den Dachboden nach Absprache mit den Hausbewohnern für seinen Enkel gekauft hatte. Die Eigentümergemeinschaft verkaufte die Wohnung spottbillig, und als der Junge ausgezogen war, gab sie mir der Alte für noch weniger.
Er konnte nichts mit Kliza oder dieser ganzen Sache zu tun haben. Und trotzdem hatte er mir die Kassette hinterlassen.
Ich musste nicht lange darüber nachdenken, was ich tun sollte. Schnell zog ich mir ein Hemd an, knöpfte es notdürftig zu und ging in Schlafanzughose die Treppe hinunter.
Es war fast zwölf, aber das war mir egal. Ich hielt vor Stefan Bronowiczs Tür an, entschlossen, Antworten zu bekommen. Dass wieder jemand mit mir spielte, kam nicht mehr in Frage.
Als der verschlafene Alte die Tür öffnete, sah ich schon, dass er dazu nicht fähig war. Er schaute mich nicht vorwurfsvoll an, weil ich ihn um diese Zeit geweckt hatte, sondern sehr besorgt.
«Was ist passiert?», fragte er. «Stimmt was nicht mit der Wohnung?»
Ich zeigte ihm leicht beschämt die Kassette.
«Woher haben Sie das?», fragte ich.
Stefan sah sich die Kassette an, als wüsste er nicht, wovon ich rede.
«Ich hab sie in dem Karton gefunden, den Sie oben gelassen haben», fügte ich hinzu.
«Im Karton?»
«Sie haben da ein paar überflüssige Sachen reingetan.»
«Ach so …», murmelte er, immer noch leicht verschlafen. «Darf ich?»
Er streckte die Hand aus, aber ich zögerte, ihm die Kassette zu geben. Aus irgendeinem Grund wollte ich mich nicht von ihr trennen, nicht einmal kurz. Schließlich gab ich sie Bronowicz, und der schaute sie sich einen Moment lang an.
«Keine Ahnung, was dadrauf ist, leider.»
«Aber sie gehört Ihnen?»
Er zuckte die Schultern.
«Weiß nicht», gab er zurück. Er hustete trocken und gab sich keine Mühe, die Hand vor den Mund zu halten. «Ich hatte viele von diesen Panasonics, ein paar BASFs, natürlich auch Maxelle, TDK …»
«Ich hab nur die gefunden», fiel ich ihm ins Wort. «Warum haben Sie sie in den Karton getan?»
«Ich erinnere mich nicht, dass ich das gemacht habe. Eigentlich sollte sie mit den anderen im Keller sein.»
«Im Keller?»
«In meinem», antwortete er und lächelte leicht. «Zum Dachboden gehört leider keiner.»
Das wusste ich, es stand sogar im Vertrag. Das Einzige, was ich außer der Wohnung noch bekommen hatte, war ein Parkplatz auf dem kleinen Hof. Und auch nur wenn ich Glück hatte und gerade einer frei war.
«Kann ich die Kassetten anschauen?», fragte ich.
«Natürlich. Komm morgen früh …»
«Können wir das nicht jetzt machen?»
Ich dachte, er würde mir den Schlüssel geben und mir sagen, welcher Keller ihm gehört, einfach um mich loszuwerden. Aber er ging mit nach unten, und kurze Zeit später standen wir vor dem nächsten Karton. Er war vermodert, kaputt und mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Stefan hatte Dutzende Kassetten hineingestopft, aber mehr interessierte mich das Kabel, das zwischen ihnen hervorlugte.
Ich zeigte darauf und hob fragend die Augenbrauen.
«Vom Videorekorder», sagte er, und meine Augen begannen zu leuchten. Sogleich wurde mir aber bewusst, dass ich mit dem Rekorder allein nichts anfangen konnte. Ich hatte zwar einen Fernseher, aber ich vermutete, dass das Smart-TV nicht smart genug war, um ein so archaisches Gerät anzuschließen.
«Und ein Fernseher?», fragte ich hoffnungsvoll. «Am besten so ein Röhrenfernseher?»
«Na ja …»
Er zeigte auf Gerümpel neben einem alten Herd, und ich wusste sofort, dass ich noch in dieser Nacht erfahren würde, was auf der Kassette war. Zumindest wenn das Gerät nicht in den letzten zehn Jahren den Geist aufgegeben hatte.
Ich schleppte den Karton ins oberste Stockwerk, dankte Bronowicz im Vorbeigehen und versicherte ihm, dass ich morgen alles im selben Zustand zurückbringen würde. Dann schloss ich den Sanyo-Videorekorder ohne größere Probleme mit einem Cinchkabel an den Fernseher an und spürte, wie mein Herz schneller schlug.
Es war fast wie eine Zeitreise. Jetzt brauchte ich nur noch Chio-Chips, Turbo-Kaugummis, Tubenmilch und Vibovit. Natürlich nicht aufgelöst, sondern als Pulver, damit ich es mit dem angefeuchteten Finger direkt aus der Tüte essen konnte.
Ich schob die Kassette in den Schlitz, und der zog sie gierig ein, als wollte er sie verschlucken. Gleich darauf erklang das altbekannte Knacken. Das Bild war undeutlich und nach unten gerutscht, ein Drittel war abgeschnitten, außerdem schneite es heftig. Der Kontrast war schlecht und das Bild von so vielen Störungen durchsetzt, dass es schwierig war, überhaupt etwas zu erkennen. Offensichtlich hatte jemand nicht umsonst erfunden, dass die Abkürzung VHS für Very Horrible System steht.
Doch auch die Störungen konnten nicht verhindern, dass ich verstand, was auf der Aufnahme zu sehen war.
Ewa. Meine vor zehn Jahren verschwundene Verlobte.
Sie schaute direkt in die Kamera, bei ihrem Anblick blieb mir die Luft weg. Dann erinnerte sich meine Lunge daran, dass sie Sauerstoff brauchte. Ich verschluckte mich fast an der Luft und schüttelte den Kopf.
Es kam mir vor, als würde Ewa die Lippen bewegen, aber der Fernseher gab keinen Ton von sich. Schnell kontrollierte ich, ob die Kabel richtig angeschlossen waren. Als ich eins berührte, hörte ich schließlich die Stimme meiner Verlobten, doch gleich war der Ton wieder weg.
Kein Kontakt. Ich drückte den Stecker fester, obwohl ich nicht wusste, ob das überhaupt etwas nützte.
Es reichte vollkommen. Die Stimme war verzerrt, ein Teil abgerissen, aber trotzdem verstand ich alles problemlos. Nicht nur was Ewa sagte, sondern auch den Kontext, in dem sie das tat.
Sie saß mit angezogenen Beinen vor einer düsteren Wand, von der Decke hing eine nackte Glühbirne. Der Raum erinnerte an den Keller, aus dem ich kurz vorher Bronowiczs Gerät ausgegraben hatte.
Ich bemerkte, dass der Rekorder das Band nicht von Anfang an wiedergegeben hatte. Sofort hielt ich die Kassette an und spulte sie an den Anfang zurück. Es ertönte ein Knacken, als hätte die Spule das Band abgerissen, aber nach einem Moment spulte das Gerät weiter.
Als es stoppte, legte ich den Finger auf die Play-Taste, doch dann zögerte ich.
Nur kurz.
Gleich darauf ertönte aus dem Lautsprecher Ewas Stimme.
«Ich zeichne das auf in der Hoffnung, dass es irgendwann jemand findet», begann sie.
Mein Herz hämmerte, während ich das unscharfe Bild der Person ansah, die ich nie wieder zu sehen geglaubt hatte. Ich hörte eine Stimme, die ich mit aller Wahrscheinlichkeit nie wieder hören sollte. Und ich hörte eine Geschichte, die für immer hätte unerzählt bleiben sollen.
Um zwei Uhr nachts war ich fertig. Völlig desorientiert, schockiert, erstarrt.
Als es an der Tür klingelte, erhob ich mich automatisch vom Fußboden. Vom langen Sitzen im Schneidersitz waren mir die Beine eingeschlafen, doch das bemerkte ich kaum.
Ich ging wie in Trance zur Tür. Und erwachte erst, als ich sah, wer da auf der Schwelle stand.
Eine weitere Person, die ich nie mehr hätte sehen sollen.
Die Frau, die mein Leben zerstört hatte.
Ich war auf jede Reaktion von Wern gefasst. An unser letztes Gespräch konnte ich mich noch gut erinnern. Ich war wegen des WLAN zu einem McDonald’s gefahren, er hatte sich in RIC eingeloggt.
Er versprach damals, eines Tages würde ich zur Verantwortung gezogen für das, was ich getan hatte. Und er würde nicht ruhen, ehe er mich fände.
Ohne Zweifel hatte er das ganze letzte Jahr über nach mir gesucht. Aber Glazur und ich hatten alles viel zu gut geplant, als dass Damian oder sonst wer uns hätte finden können. Wir waren in Sicherheit.
Eine Weile lang.
Vor zwei Wochen war mir jemand auf die Spur gekommen. Wojtek hatte den Abend auf der Geburtstagsfeier eines Freundes verbringen sollen, war dort aber niemals angekommen. Sein Freund wohnte zwei Straßen weiter. In diesem kleinen, beschaulichen Städtchen bei Nürnberg, wo jeder jeden kannte und keinem Kind etwas Böses widerfahren konnte, schien das nur ein Katzensprung zu sein.
Wir kamen uns vor wie zwei Schiffbrüchige, die nach einem Sturm endlich einen sicheren Hafen erreicht hatten. Ich begann, mich ehrenamtlich zu engagieren, Wojtek fühlte sich in der Schule und unter den anderen Kindern immer wohler. Die Sprache bereitete ihm keine großen Probleme, was nicht nur daran lag, dass er viele Jahre lang Privatunterricht erhalten hatte. Er wollte lernen. Er wollte ein neues Leben beginnen.
Mir wurde klar, dass auch er gelitten hatte. Ich hatte versucht, alles, was Robert mir antat, von ihm fernzuhalten, aber ich hätte wissen sollen, dass Kinder viel mehr sehen, als die Eltern es gerne hätten.
Aber jetzt konnten wir wieder bei null anfangen. Wir waren in Sicherheit und versteckt vor der Welt.
Zumindest dachten wir das.
Ich musste nur in Werners Augen blicken, um zu verstehen, wie falsch wir lagen.
«Was …», brachte er hervor, bevor ich die Waffe hob.
Ohne zu überlegen, zielte ich direkt auf ihn.
Er sah die Pistole an, als wäre sie ein fremder Gegenstand aus einer ihm unbekannten, unwirklichen Welt. Er machte ein paar Schritte zurück, öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton hervor. Kein Wunder. Meine Anwesenheit vor seiner neuen Wohnung dürfte schon verwirrend genug gewesen sein. Die Waffe musste ihn geradezu lähmen.
Für mich gehörte sie seit einem Jahr zum festen Inventar. Wie viele andere Opfer häuslicher Gewalt auch brauchte ich mehr, als bloß ein abstraktes Sicherheitsgefühl. Etwas, das man greifen konnte. Einen letzten Beweis dafür, dass ich keine Angst mehr haben musste.
In meinem Fall war es eine Ruger LC9, ein besonders bei Frauen sehr beliebtes Modell. Handlich und leicht – ohne Magazin kaum ein halbes Kilo schwer –, passte sie hervorragend in eine Handtasche.
Und jetzt sah ich überdeutlich, dass sie ihren Zweck wunderbar erfüllte.
«Wo ist mein Sohn?», fragte ich.
Ich nutzte den Umstand, dass Wern ein paar Schritte nach hinten machte, und trat in die Wohnung. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, schloss ich hinter mir die Tür.
«Was soll das?», presste er hervor.
«Wo ist Wojtek?»
Damian kniff nervös die Augen zusammen und ging noch ein Stück nach hinten. Die Angst verschwand aus seinem Blick, er schien sich langsam in den Griff zu kriegen. Und ich wusste genau, woran das lag. Er empfand Hass. Rein und kristallklar.
Vor ihm stand ein Mensch, der ihn auf die denkbar schlimmste Weise ausgenutzt hatte. Sich als seine vermisste Verlobte ausgab, ihn in tödliche Gefahr brachte und im Grunde seine ganze Zukunft ruinierte.
Nur deshalb konnte er sich jetzt zusammenreißen. Ich aber auch.
«Ich werde kein drittes Mal fragen», sagte ich. «Antworte!»
«Keine Ahnung, wovon du redest.»
Ich kam näher, den Finger am Abzug und bereit, ihn zu betätigen. Abscheu und Entschlossenheit in seinen Augen verrieten, was er vorhatte. Gleich würde er mich angreifen. Ohne Berechnung und Zögern. Bereit, alles zu tun, um nur endlich Gerechtigkeit zu üben.
Und konnte ich mich wundern? Nein, natürlich nicht. Ich hatte ihn nicht nur ausgenutzt, sondern war aus seiner Perspektive auch noch verantwortlich für Ewas Tod. Durch mich waren Kajmans Leute überhaupt auf sie aufmerksam geworden, hatten sie getötet und ihre Leiche auf der Insel Bolko abgeladen.
«Ich habe deinen Sohn zuletzt im Auto gesehen, als wir in Richtung Grenze fuhren. Kurz bevor ihr mich angegriffen habt und …»
«Keine Ausflüchte, Werner», unterbrach ich ihn. «Rede!»
Er wich meinem Blick aus und sah direkt in den Lauf der Pistole.
«Oder du drückst ab?»
«Genau.»
«Ich glaube kaum.»
«Dann weißt du nicht, wozu eine Mutter fähig ist, die ihr Kind beschützen will.»
«Vielleicht kann ich dir doch weiterhelfen», gab er zurück und sah mich endlich an.
Sein Blick war wie ein Stich zwischen die Augen. Unwillkürlich hielt ich den Atem an, der Speichel in meinem Mund schien sich zu verdicken. Mir kamen absurde Gedanken. Über mich und ihn, völlig falsch und unangemessen. Sie kollidierten miteinander, verursachten ein dunkles Chaos und machten, dass mir nicht klar war, was ich eigentlich vorhatte. Aber aus diesem Chaos trat eines deutlich hervor:
Gott, wie ich ihn vermisst hatte.
Dieses Gefühl hatte mich lange Zeit nicht losgelassen. Monatelang belog ich mich selbst, musste es mir aber schließlich eingestehen, um endlich wieder nach vorne blicken zu können.
Er war mir näher gekommen, als ich erwartet hatte. Ich war süchtig geworden nach unseren abendlichen Chats in RIC, denen ich tagsüber entgegenfieberte, aber auch nach dem wohligen Gefühl von Sicherheit, das sie mir vermittelten.
Ich hatte Werner vermisst. Obgleich er Rache geschworen hatte. Und vielleicht meinen Sohn entführt, um mich nach Opole zu locken.
Gerade jetzt durfte ich nur daran denken. Den Erfordernissen des Moments gehorchen und die Femme fatale spielen, eiskalt und zu allem bereit.
«Letzte Chance, Tiger», sagte ich zu ihm und zuckte mit dem Finger am Abzug der Ruger. Ein nervöses Zittern durchlief Wern. In seinen Augen erkannte ich den mir nur allzu bekannten Wahn. Ich hatte ihn fast jede Nacht bei Robert gesehen, kurz bevor er anfing mich zu schlagen.
Ich legte die Finger fester um den Griff. Mir drohte nichts, ich hatte die Lage unter Kontrolle. Es galt einzig, ruhig zu bleiben.
«Du sagst mir, wo er ist, oder …»
«In Ordnung.»
Die Beherrschtheit in seiner Stimme wirkte auf mich wie eine kalte Dusche.
«Er ist an einem sicheren Ort», fügte Damian hinzu.
Ich lag also richtig. Er hatte mein Kind entführt.
«Du Hurensohn …», wimmerte ich.
«Ich hab nicht vor, ihm weh zu tun. Ihm wird nichts geschehen, wenn du machst, was ich sage.»
Ich musste mich beherrschen, um nicht abzudrücken. Damian war nicht auf den Kopf gefallen, er musste irgendwelche Vorkehrungen getroffen haben. Vielleicht hatte er auch vermutet, ich würde früher oder später bei ihm auftauchen. Vielleicht hatte er gerade darauf spekuliert.
Doch hätte ich wirklich geschossen, selbst wenn ich sicher gewesen wäre, damit kein Unglück über meinen Sohn zu bringen? Den Menschen töten, der mich gerettet hatte? Und den ich so sehr vermisste?
Ja. Denn mit der Geburt eines Kindes gibt es für eine Frau nur noch einen einzigen Menschen auf der ganzen Welt. Als Wojtek zur Welt gekommen war, wurde auch ich neu geboren. Vielleicht wäre der Mensch, der ich zuvor gewesen war, nicht fähig gewesen, abzudrücken. Aber es heißt nicht umsonst, dass es keinen größeren Wahnsinn gibt als den einer Mutter, die ihr Kind zu beschützen versucht.
«Verstehst du?», fragte Wern.
«Dreckschwein …», zischte ich unwillkürlich. «Was hast du mit ihm gemacht?»
«Nichts», versicherte er trocken. «Und ihm passiert nichts, wenn du die Ruhe bewahrst.»
Das hätte ich wissen müssen. Was hatte ich erwartet, als ich in seine Wohnung kam? Dass er beim Anblick der Ruger ganz kleinlaut wird und mir meinen Sohn zurückgibt?
«Es gibt keinen Ausweg, und das weißt du genau», drängte er. «Gib mir die Pistole.»
Er streckte die Hand in meine Richtung, und ich bemerkte, dass er am ganzen Leib zitterte. Er tat alles, um beherrscht und selbstsicher zu wirken, aber in Wirklichkeit hatte er Mühe, seine Panik zu verbergen.
Vielleicht konnte ich daraus irgendwie Profit schlagen.
Nur wie? Ihm ins Knie schießen und dann Salz auf die Wunde streuen, bis er mir sagt, wo ich Wojtek finde?
Ich war zu vielem fähig, aber dazu sicher nicht.
Viel leichter fiel es mir dagegen, mich selbst zu opfern. Denn genau darum ging es im Grunde. Würde ich mich Werner einfach ergeben, hätte er sein Ziel erreicht, und Wojtek wäre frei.
Das war die einzige Chance.
«Ich bekenne mich schuldig», brachte ich hervor, «gleich morgen früh gehe ich zur Polizei, aber …»
«Alles der Reihe nach», fiel er mir ins Wort. «Zuerst will ich die Pistole.»
Ich sah auf seine zitternde Hand. Etwas Konkretes musste her, Zusagen, damit ich tat, was Damian von mir verlangte.
«Ich werde aussagen», sagte ich, «und schildern, was in Rewal passiert ist. Das willst du doch, oder? Ich soll für den Mord an Robert ins Gefängnis.»
«Nein. Nicht dafür.»
Er musste nichts mehr sagen. Aber er tat es trotzdem.
«Mir ist egal, wofür sie dich ins Gefängnis werfen», schob er nach. «Ich will nur, dass du dort endest, wo du hingehörst.»
Beim Blick in seine Augen hatte ich das Gefühl, es gehe ihm nicht um Rache, sondern um Gerechtigkeit. Vielleicht waren seine Worte gerade deshalb schmerzhafter, als ich erwartet hatte.
«Ich brauche eine Garantie, dass du ihm nichts antust, Wern.»
«Die gebe ich dir.»
«Und dass er nach Hause zurückkehrt.»
Damian nickte, dann sah er vielsagend auf seine ausgestreckte Hand. Ich traf die einzig denkbare Entscheidung und reichte ihm vorsichtig die Waffe. Laut prustend riss er sie mir aus der Hand. Es wirkte, als klappe er gleich zusammen.
Er schleppte sich ein paar Schritte rückwärts und fiel schwer in einen Sessel.
Er zielte nicht auf mich, drohte nicht, er sah nicht einmal so aus, als meine er es schlecht mit mir. Als er den Blick auf mich richtete, meinte ich darin Dankbarkeit zu erkennen. Ich stand wie gelähmt in der Mitte des Zimmers.
«Bist du verrückt geworden?», fragte Damian.
Ich hob die Augenbrauen, denn das war das Allerletzte, was ich zu hören erwartet hatte.
«Dachtest du wirklich, ich könnte Wojtek entführen?», fügte er kopfschüttelnd hinzu. «Für wen hältst du mich eigentlich?»
«Aber …»
«Damit habe ich nichts zu tun.»
Wie zur Bestätigung dieser Worte fing er an, am Magazin herumzumachen. Endlich zog er es aus der Pistole.
«Ich hatte keinen Schimmer von irgendeiner Entführung, bis du mir davon erzählt hast.»
«Aber …», wiederholte ich.
«Du richtest eine Pistole auf mich. Wundert es dich da etwa, dass ich dir das Blaue vom Himmel erzähle?»
Innerlich schimpfte ich mich dafür, dass ich ihm so ohne Weiteres geglaubt hatte. Jetzt erst begriff ich, wie durcheinander ich in den letzten zwei Wochen gewesen war. Zu viele schlaflose Nächte, allzu zerrüttete Nerven. Ich verging vor Sorge um das Schicksal meines Sohnes, ohne auch nur das Geringste darüber zu wissen.
Ich wusste nicht, was passiert war, hatte keine Spur. Bis plötzlich ein Hinweis auf Opole auftauchte. Nichts schien logischer, als Wern mit der Entführung in Verbindung zu bringen.
Aber Einstein hat recht gehabt, als er sagte, Logik bringe uns lediglich von A nach B. Phantasie dagegen verfrachte uns an jeden beliebigen Ort. Und mit etwas mehr Phantasie hätte ich begriffen, wie viele Szenarien denkbar waren.
«Setz dich», ließ Damian sich hören und zeigte auf ein Sofa unter der Dachschräge.
Ich begriff, wie ungemütlich meine Lage war.
«Damit du in aller Ruhe die Polizei anrufen kannst? Nein, danke, Wern.»
Ich drehte mich um und war bereit zu gehen. Die Pistole hatte ich längst abgeschrieben.
«Warte.»
«Worauf denn? Oder glaubst du, ich erinnere mich nicht, was du mir bei unserem letzten Gespräch versprochen hast?»
Beim ersten Schritt Richtung Ausgang sprang Wern aus seinem Sessel. Er würde nicht schießen, dazu kannte ich ihn viel zu gut. Vielleicht sogar besser als Ewa und mit Sicherheit viel besser, als er sich selber kannte.
Trotzdem vernahm ich laut und deutlich, wie er das Magazin wieder in die Pistole schob.
Vorsichtig drehte ich mich um. Er schaute auf die Pistole und reichte sie mir mit dem Griff voraus.
«Die wirst du brauchen», sagte er. «Und wahrscheinlich nicht nur die, denn wenn Wojtek wirklich irgendwo in der Nähe ist, haben ihn Roberts Leute zu fassen bekommen.»
Ich nahm die Pistole und steckte sie in meine Handtasche. Für einen Moment blickten wir einander wie zwei Fremde an, die unsicher sind, mit wem sie es zu tun haben.
«Du kannst jede Hilfe gebrauchen.»
«Ich komm zurecht.»
«Und wie?», gab er schroff zurück. «Zur Polizei wirst du kaum gehen, da wartet ein Haftbefehl auf dich. Für die Ermittler in Rewal war alles klar. Deine Fingerabdrücke waren auf der Scherbe und …»
«Ich weiß, was ich getan habe.»
«Dann solltest du dir auch im Klaren darüber sein, dass du ganz schnell ins Gefängnis wanderst, wenn dich irgendwer in der Stadt erkennt.»
Ich sah mich unsicher um, immer weniger entschlossen, das Loft so bald wie möglich zu verlassen.
«Und diese Warnung kommt gerade von dir, ja? Du bist doch der Erste, der zu meiner Festnahme gratuliert.»
Er schwieg, während ich ihn aufmerksam besah, als könnte ich mit einem langen Blick zu seinen Gedanken durchdringen. Da war noch etwas. Ich verstand nur nicht, was.
«Gib mir ein paar Minuten», sagte er schließlich.
«Warum?»
«Ich zeig dir … was soll’s, also, vielleicht gibt es etwas, bei dem du mir helfen könntest.»
«Ich dir?»
«Glaub schon», erwiderte er mit einem Seufzen. «Und ich will nicht ausschließen, dass die Sache etwas mit Wojteks Verschwinden zu tun hat.»
«Was meinst du damit?»
«Weiß ich selbst nicht so genau, aber … das Timing gibt mir zu denken.»
Er ging zu einem auf dem Boden stehenden Röhrenfernseher und beugte sich dann zum Videorekorder hinunter. Drückte ‹eject›, worauf das Gerät mit seinem typischen Knirschen eine Kassette ausspuckte.
Ich schloss die Augen und erstarrte. Ein einziges, scheinbar völlig bedeutungsloses Geräusch versetzte mich in meine Zeit mit Robert zurück. Eine Weile lang liehen wir uns in der Videothek Filme aus und machten Kinoabende, mit Drinks und haufenweise Popcorn aus der Mikrowelle.
Und jeder Abend endete gleich. Mit Aggression, Brutalität und Erniedrigung.
Als ich die Augen öffnete, hielt Wern mir eine Kassette hin.
«Sagt dir xc97it etwas?», fragte er.
Ich schielte auf den Sticker.
«Nein. Sollte es?»
«Das war Klizas Nickname bei unserem ersten Chat in RIC.»
«Kliza?», fragte ich unsicher. «Hast du die Kassette von ihr?»
Er schüttelte den Kopf, dann erzählte er, wie er das Band im Gerümpel des Vormieters gefunden hatte. Dann setzte er sich wieder hin, als wüsste er, dass er genug gesagt hatte, um mich zum Bleiben zu bewegen.
Er hatte recht.
Das Auftauchen dieses Videos konnte mit Wojtek überhaupt nichts zu tun haben, aber die Tatsache, dass es plötzlich da war, gerade als ich eine Spur zu haben glaubte, musste mir zu denken geben.
«Das ergibt keinen Sinn», sagte ich. «Wie in aller Welt kommt irgendein Vormieter an die Kassette von Kliza?»
«Ich weiß es nicht. Aber vermutlich kannst du mir auf die Sprünge helfen.»
«Ich?»
«Erst recht, wenn man bedenkt, was auf dem Band zu sehen ist.»
«Was denn?»
«Schau selbst.»
Ich drehte die Kassette um und trug sie vorsichtig zum Fernseher, als hielte ich eine Zeitbombe in der Hand. Dann setzte ich mich auf den Boden, schob die Kassette in den Rekorder und wartete. Als das verzerrte Bild aufleuchtete und undeutlich eine Stimme erklang, spürte ich Werners anklagenden Blick im Rücken.
«Du weißt ganz genau, was auf der Kassette ist, nicht wahr?»
Ich sagte nichts.
«Wahrscheinlich kannst du jede Zeile dieses Videos auswendig aufsagen», fügte er, ohne aufzustehen, hinzu.
Ich drückte ‹Pause› und drehte mich zu ihm um.
«Nicht nur dieses einen Videos», gestand ich schließlich. «Aller anderen auch.»
Die Sache war für mich klar. Alles, was Ewa auf dem Band verewigt hatte, hatte ich schon früher gehört. Einiges war anders festgehalten, aber das meiste deckte sich fast zu hundert Prozent mit dem, was ich schon kannte.
Alles war auf den Aufnahmen, die Kasandra mir auf den USB-Sticks übermittelt hatte, als sie mich durch das ganze Land jagte und mich irreführte und manipulierte, wo es nur ging.
Sie hatte das Material fast genau kopiert. Die Geschichte über Ewas Eltern, über die Plastiktüten unter der Spüle. Über das Eis an heißen Tagen. Über die Aussage gegen Kajman, ihren Status als Incognito-Zeugin und darüber, dass die Vergewaltigung an der Spötterloge eine Warnung sein sollte. Und schließlich über unseren Abstecher nach Jarocin. Sie hatte ihre Version von Ewas Erinnerungen aufgezeichnet.
Ich vermutete, dass es auf den Originalkassetten noch mehr davon gab. Ihre ganze Lebensgeschichte.
Ich begriff, dass alles, was ich durch Kasandras Aufnahmen erfahren hatte, die wahre Geschichte meiner Verlobten war. Nur dass nicht Ewa sie erzählt hatte, sondern jemand anders.
«Kannst du mir das erklären?», fragte ich und zeigte auf den Bildschirm.
Kasandra nickte unsicher.
«Wahrscheinlich kannst du dir das meiste selbst denken», antwortete sie.
«Momentan habe ich so ein Durcheinander im Kopf, dass ich es nicht kann. Nee, eigentlich nicht. Und wenn ich es könnte, würde ich es trotzdem gerne von dir hören.»
Sie machte den Eindruck, als spürte sie selbst, dass sie mir das schuldig war. Wenn ich jedoch vor einem Jahr etwas gelernt hatte, dann, dass ich Kasandra Reiman unter keinen Umständen vertrauen konnte.
Sie drückte auf ‹Stop›, und das Bild verschwand.
«Hast du dich mal gefragt, woher ich die ganzen Informationen über euer Leben hatte?», fragte sie.
Ich antwortete nicht.
«Komm schon, du hast dich sicher gefragt, woher ich wusste, dass sie dich ‹Tiger› genannt hat, von den Konzerten, deinen Vorlieben, eurer Kindheit und …»
«Ich hatte gedacht, du hättest das über RI herausgefunden», fiel ich ihr ins Wort. «Immerhin konntest du da auf alle Hilfsmittel zurückgreifen, die eine Detektei so hat. Und du hattest einen Mitarbeiter, der alles für dich getan hätte.»
Der Konjunktiv war unnötig. Glazur hatte tatsächlich alles für sie getan.
«Ich dachte, ihr hättet mich schon einige Zeit elektronisch beschattet, vielleicht habt ihr euch in meinen Computer und meine Konten im Internet gehackt … Zugang zu den Clouds erhalten, meine Backups durchsucht. Und so weiter.»
In einer Zeit, in der alles online stattfand, erschien mir das eine logische Schlussfolgerung. Kasandra hatte sich lange vorbereitet, um Ewas Identität anzunehmen, und Glazur hatte sicher nicht weniger gründlich mein ganzes Leben erforscht.
Kopien meiner alten Tagebücher befanden sich noch immer auf der Festplatte meines Laptops, wahrscheinlich auch alte Fotos und Kontakte. Und das Herumwühlen in meiner Vergangenheit musste sich ja nicht auf mich beschränken.
«Nein», sagte Kasandra schließlich. «Zumindest nicht ganz. Das mussten wir gar nicht machen, Wern.»
Ich schwieg weiter.
«Das wolltest du von mir hören?»
«Ich wollte viel mehr von dir hören.»
«Dann frag», antwortete sie leise und schaute weg.
Mir war schon klar, dass sie ein besonderes Interesse daran hatte, mit mir zu sprechen. Sie wollte mir das geben, was ich mir so sehr wünschte – Antworten –, damit ich ihr half, Wojtek zu finden.
Genau deshalb konnte ich ihr das nicht übelnehmen. Aber andere Sachen schon.
«Auf den übrigen Kassetten ist das, was ich in deinen Aufnahmen gehört habe?»
«Ja.»
«Und nur deshalb wusstest du alles aus unserem Leben?»
«Was heißt hier ‹nur›, Wern», antwortete sie und seufzte. «Auf den Kassetten erzählt Ewa stundenlang über sich, über dich, ihre Eltern, Kajman. Das ganze Material ist ein bisschen mehr als eine kurze Erzählung über die Vergangenheit.»
Jetzt hätte ich mir gern Alkohol aus dem Kühlschrank geholt, um mich so schnell wie möglich zu betäuben. Aber ich bewegte mich nicht vom Sofa. Kasandra hatte etwas zu sagen, und ich wollte nicht ein Wort davon verpassen.
«Versteh ich nicht», sagte ich. «Wo sind die Kassetten her? Warum hat sie sie aufgenommen? Wann? Und wo?»
Es waren so viele Fragen, und ich konnte mich nicht konzentrieren. Alles schien immer verwirrter.
«Weiß ich nicht.»
«Weißt du nicht?», zischte ich. «Woher hast du sie dann? Wie hast du sie bekommen? Und wer …»
«Lass mich reden.»
Ich schlug mit der Hand auf den Sitz und fluchte leise. Zu spät wurde mir klar, dass sich Kasandra durch meine nervöse Reaktion verspannt hatte. Anscheinend hatte das schon gereicht, dass sie die Dämonen der Vergangenheit wieder hörte.
«Du hattest recht. Glazur und ich haben uns irgendwann sehr bemüht, so viel wie möglich über dich zu erfahren», fing sie an. «Über dich und natürlich auch über Ewa. Wir versuchten alles, um ihre Spur zu finden, und am Ende stießen wir auf etwas.»
«Auf was?»
«Glazur hatte genau verfolgt, was Prokocki zehn Jahre vorher gemacht hat. Wie du weißt, hat er Ewa dazu überredet, gegen Kajman auszusagen. Er hat sie versteckt und alles getan, um sie zu schützen.»
«Er behauptet, dass das nicht stimmt.»
Seine Worte hallten auch ein Jahr später noch in meinem Kopf. Der Kommissar hatte gesagt, dass Ewa nie mit der Justiz zusammengearbeitet hatte, weil es dazu keinen Grund gab. Die ganze Geschichte mit Kajman sei Kasandras Erfindung gewesen, die Vergewaltigung und die Entführung an der Młynówka hatten nichts mit einem organisierten Verbrechen zu tun.
Ewa war das zufällige Opfer irgendwelcher degenerierter Typen geworden.
Prokocki konnte jedoch nicht erklären, warum ihre Leiche auf der Insel Bolko aufgetaucht war, kurz nachdem ich wieder begonnen hatte, mich mit der Sache zu beschäftigen. Er hatte mir versichert, dass sie es ist, dass ihre Identität durch eine DNA-Analyse bestätigt worden war. Aber konnte ich ihm glauben? Ich wollte natürlich nicht. Ich wollte weiter an dem Glauben festhalten, dass Ewa noch lebte. Dass sie sich immer noch irgendwo versteckte und Kasandras Version stimmte.
Jetzt hatte ich die Bestätigung. Die Aufnahmen bewiesen, dass Kajman meine Verlobte tatsächlich verfolgt hatte. Und die Leiche auf der Insel war gar nicht Ewas. Vielleicht versuchte Prokocki sie noch immer zu schützen.
Nein, das konnte nicht sein. Jetzt war ich vollkommen paranoid.
Ich redete mir diese Version ein, seit ich nach Opole zurückgekehrt war. Aber der Kommissar hatte mir Bilder von der Obduktion gezeigt. Ich hatte sie angeschaut und Ewa ohne Schwierigkeiten erkannt.
Sie waren echt. Auch der größte Photoshop-Künstler hätte so etwas nicht herstellen können.
Das hieß aber, dass Kasandra gelogen hatte, zumindest in dieser Sache.
«Und was dann?», fragte ich. «Hat Glazur eine Spur gefunden?»
«Eine kleine, aber es reichte. Sie führte nach Obice.»
«Obice?»
«Ein kleines Dorf bei Kielce. Prokocki hatte in der Gegend zweimal getankt, wir haben bei den Anwohnern nachgefragt und schnell erfahren, dass jemand in eines der zum Verkauf stehenden Häuser eingezogen war.»
Dann war Ewa dort hingekommen? Sie hatte sich in einem Dorf in der Wojwodschaft Świêtokrzyskie versteckt, war ganz allein und bangte noch immer um ihr Leben und ihre unsichere Zukunft?
«Hat Glazur sie gefunden?»
«Nein. Als er dort auftauchte, war Ewa nicht mehr da. Prokocki hatte sie wohl woanders hingebracht. Wir haben nur die Kassetten gefunden.»
Ich rieb mir nervös die Stirn.
«Es tut mir leid, Wern», sagte Kasandra. «Dort endete die Spur.»
«Aber ihr habt erkannt, dass ihr damit alles hattet, was ihr braucht. Ihre ganze Geschichte auf Video.»
Sie antwortete nicht, aber das war auch nicht nötig. Als sie nach Obice kamen, stellten sie fest, dass sie auf eine Goldader gestoßen waren. Vielleicht hatten sie sich schon vorher eine Geschichte ausgedacht, die sie mir erzählen wollten, aber die Videokassetten änderten alles. Damit konnten sie sicher sein, dass ich mich irreführen ließ.
«Wir haben uns bemüht, sie zu finden.»
«Klar.»
«Wirklich», betonte Kas. «Wir haben alles gemacht, um herauszufinden, wo sie ist. Immerhin war sie für uns eine …»
«Gefahr?»
Kasandra bestätigte mit einer Kopfbewegung.
«Na ja, schon», murmelte ich. «Wenn sie plötzlich aufgetaucht wäre, während du vorgibst, sie zu sein, hätte sich dein ganzer Plan in Luft aufgelöst.»
Wieder musste sie nicht antworten.
«Du verstehst nicht, was auf dem Spiel stand …»
Ich verstand es sehr gut, denn ich erinnerte mich noch an die grauenvollen Statistiken. Ich wusste nicht, ob sie aktuell waren, aber soweit ich gelesen hatte, starben jährlich etwa fünfhundert Frauen an den Folgen häuslicher Gewalt. Fast zehn pro Woche.
Und Kasandra musste auch noch an ihr Kind denken.
«Ich denke, ich verstehe das ganz gut», antwortete ich leise. «Aber es gibt viele Sachen, die ich nicht begreifen kann.»
Sie wartete, dass ich weitersprach.
«Ihr habt vorausgesetzt, dass Blitz gerade eure Detektei auswählen würde», fügte ich hinzu. «Warum?»
«Da hat ein bisschen gut platzierte Werbung auf Google gereicht.»
Das hatte ich vermutet, aber sicher war ich nicht gewesen. Fast alle bei Reimann Investigations waren Informatiker, die vor allem über das Internet arbeiteten. Man musste nicht viel tun, damit ein paar Wochen lang alle Anfragen aus Opole für eine «Detektei» zur Internetseite von RI gelenkt wurden. Es war nicht einmal besonders teuer.
«Aber wenn es nicht funktioniert hätte?», fragte ich. «Wenn Blitz trotzdem jemand anderen ausgesucht hätte?»
«Wir waren bereit, uns pro bono publico einzuschalten.»
Wie der Privatdetektiv Rutkowski bei einigen Affären mit ungeklärten Todesfällen im Ausland und geheimnisvollerweise verschwundenen Menschen. Natürlich.
«Was willst du noch wissen, Wern?»
«Nur zwei Sachen.»
«Frag …»
Und dann hilf, meinen Sohn zu finden? Ja, sicher lag ihr das auf der Zunge. Und je mehr sie redete und je länger sie mir in die Augen sah, desto mehr war ich bereit, das zu tun, womit sie rechnete.
«Warum ist Blitz gestorben?», fragte ich. «Und wer hat ihn umgebracht?»
Sie senkte den Blick, auf ihrer Stirn erschien eine steile Falte.
«Ich wollte nicht, das irgendjemand …»
«Mich interessiert nicht, was du wolltest oder was du nicht wolltest», unterbrach ich sie. «Ich will nur wissen, warum er gestorben ist.»
Sie holte tief Luft.
«Jemand bei der Polizei hat bemerkt, dass Ewas Foto auf dem Facebook-Profil von Spotted aufgetaucht ist.»
«Nicht Ewas, dein Foto.»
«Klar, aber das wussten sie nicht», antwortete sie leise, als schämte sie sich. «Deshalb bemerkten sie, dass jemand Kommentare hinterließ und nach Ewa fragte. Dein Freund.»
Sie wartete auf eine Reaktion von mir, aber ich wartete reglos.
«Du weißt, dass in der Opoler Polizei einer von Kajmans Männern sitzt», fügte sie hinzu.
«J. Falkow.»
«Ja», bestätigte sie. «Ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber ich vermute, er hat erfahren, dass jemand Ewa auf die Spur gekommen ist. Vielleicht hat er versucht, etwas aus Blitz herauszubekommen, ihn zum Reden zu bringen, dann kam es zum Kampf, und dann …»
Sie musste den Satz nicht beenden, immerhin saß die Person vor ihr, die am Morgen die Leiche gefunden hatte.
Wir schwiegen beide einen Moment. Ich ließ meinen Blick durchs Zimmer schweifen, sie ließ weiter den Kopf hängen. Hatte sie ein schlechtes Gewissen wegen alldem, was sie getan hatte? Vielleicht rechtfertigte sie es damit, dass Wojtek sicher war und ihr Mann niemandem mehr schaden konnte?
«Du hast gesagt, du willst noch etwas wissen», meldete sie sich.
Ich schüttelte den Kopf und versuchte kurz, mich zu erinnern, wo noch ein Fragezeichen war.
«Das Foto, das ich von Ewa unter der Alten mit dem Stier gemacht habe», sagte ich. «Es ist im Internet gelandet, aber eigentlich hatte nur ich darauf Zugriff.»
«Von dem Bild gab es einige.»
«Was heißt das?»
«Das Original und eine Kopie in der Cloud. Und eine auf deinem Computer, von einem Backup.»
Ich schloss die Augen und fluchte in Gedanken. Das war so offensichtlich, dass ich mich auch nicht damit entschuldigen konnte, ich sei unausgeschlafen und verlegen.
«Also habt ihr euch doch in mein Konto gehackt», sagte ich.
«Schon, aber …»
Ich winkte ab und stand auf. War das wichtig? Ein Eingriff in die Privatsphäre war nichts im Vergleich zu dem, was diese beiden mir sonst angetan hatten.
Und alles wegen der Kassetten, die sie gefunden hatten. Den Kassetten, ohne die ich vielleicht bemerkt hätte, dass ich Opfer einer Täuschung wurde.
Aber warum hatte Ewa sie aufgenommen? Unter welchen Umständen? Wenn sie vorgehabt hätte, irgendwann ihre Geschichte zu erzählen, hätte sie dafür verschiedene andere Möglichkeiten gehabt. Ihre Erinnerungen aufschreiben, sie auf ein Diktaphon sprechen oder ein paar kleine Filme mit dem Smartphone drehen.
Eine traditionelle Videokamera zu benutzen und dann alles später auf eine VHS-Kassette zu überspielen schien mir eine unnötige Mühe. Umso mehr, weil sie sich in einem Dorf bei Kielce versteckt hatte und auf keinen Fall Aufsehen erregen wollte.
Ich schob diese Gedanken von mir. Früher oder später musste ich mich mit ihnen beschäftigen und Antworten finden, aber in diesem Moment gab es ein paar Dinge, die ich dringender ansprechen musste.
«Wo ist Glazur?», fragte ich.
Kas stand auch auf und kam zu mir in die Küche. Ich hatte noch nicht alle Sachen ausgepackt, ein Teil befand sich in den Kartons unter den Küchenschränken. Nicht einmal die Uhr hatte ich an die Wand gehängt.
Sie sah sich in dem Raum um, als suchte sie etwas.
«Weiß ich nicht», antwortete sie.
«Du weißt nicht, wo dein …»
Wer? «Partner» wäre wohl zu wenig, aber ich vermutete, dass sie ihre Beziehung nicht offiziell gemacht hatten.
«Wir haben uns getrennt.»
«Machst du Witze?»
«Vor vier Monaten», antwortete sie, als hätte sie meine Frage nicht gehört. «Aber wenn man bedenkt, wie unser Zusammenleben ausgesehen hat, ist das schon lang.»
«Was heißt das?»
«Ich will nicht darüber reden, Wern», sagte sie schnell und schaute in ein paar leere Schränke.
Ich wusste nicht, was sie suchte, aber ich hatte auch keine Lust zu fragen. Und auch nicht etwas vorzuschlagen. Ich hatte alles erfahren, was ich wissen musste.
Zumindest was die Vergangenheit anging. Jetzt interessierte mich nur die Gegenwart. Und das Schicksal des unschuldigen Kindes, das wir in diese ganze Scheiße verwickelt hatten.
Ich kannte Wojtek nicht gut, weil ich keine Zeit gehabt hatte, mich mit ihm anzufreunden. Aber ich wusste nur zu gut, was der Junge durchgemacht hatte. Und das reichte, damit mich sein Schicksal interessierte.
«Woher weißt du überhaupt, dass dein Sohn in Opole ist?», fragte ich.
Sie zögerte, obwohl sie dafür keinen Grund hatte. Wenn ich bereit war, ihr ein bisschen zu vertrauen, sollte sie das auch sein.
«Sein Handy ist eingeschaltet», sagte sie schließlich. «Und die Ortung zeigt, dass er irgendwo hier ist.»
«Ich dachte, du bist die Handys losgeworden, nachdem wir aus Rewal weggefahren sind.»
«Nicht losgeworden, sondern dortgelassen.»
«Na ja …»
Ich sah zum Kassettenrekorder hin und verstand plötzlich alles.
«Diese Kassetten hattest du auch zu Hause, oder? In Rewal?»
«Ja. Auf dem Dachboden versteckt.»
«Und du hast sie dortgelassen?»
Sie nickte, und ich sah, dass auch sie alles zu einem logischen Ganzen zusammengefügt hatte. Vielleicht schon früher, viel schneller als ich. Vielleicht schon in dem Moment, als sie sah, was auf der Kassette geschrieben stand.
Jola Kliza.
Wenn Kliza mir die Kassetten geschickt hatte, musste sie irgendwie ins Haus der Reimanns gekommen sein, bevor die Polizei dort aufgetaucht war. Sie hatte die Kassette und das Handy von Wojtek mitgenommen. Und jetzt war sowohl Erstere als auch Letzteres in Opole aufgetaucht.
Ich schaute Kas an und versuchte zu beurteilen, ob sie mehr wusste als ich. Gerade hatten wir noch darüber geredet, und jetzt wurde klar, dass wir beide zur selben Version neigten. Zur einzig logischen.
«Aber was will sie denn auf diese Weise erreichen?», fragte ich.
«Weiß ich nicht.»
«Und glaubst du wirklich, dass sie deinen Sohn entführen würde?»
Kasandra breitete ratlos die Hände aus.
«So gut kannte ich sie nicht. Wir haben schon geredet, aber nur über berufliche Sachen.»
«Bis du sie rausgeworfen hast», warf ich ein. «Vielleicht geht es um das?»
«Nicht ich, sondern Robert. Ich habe alles versucht, um sie zu schützen.»
Ich wollte sagen, dass sie anscheinend nicht alles gemacht hatte, aber biss mir noch rechtzeitig auf die Zunge. Kas hatte nicht in einer vergifteten, sondern in einer radioaktiven Beziehung gelebt. Es war eigentlich ein Wunder, dass sie so lange ausgehalten und es schließlich geschafft hatte zu entkommen.
Vielleicht sollte es mich auch nicht wundern, dass es mit Glazur schiefgegangen war. So ein Trauma verschwindet nicht einfach, egal wie weit wir die Vergangenheit hinter uns lassen. Das wusste ich selber.
«Wie auch immer, irgendwas hast du ihr getan», antwortete ich. «Denn die Kassette sollte mir sicher helfen zu erkennen, was wirklich passiert ist.»
«Aber wie hat sie sie hierhergebracht?»
«Das weiß ich nicht. Aber die Botschaft ist klar.»
«Und unnötig. Ich wüsste auch so, dass das eine Attacke auf mich ist. Immerhin hat sie mein Kind da mit reingezogen, Wern.»
«Wenn sie es war.»
«Du sagst selbst, dass es keine andere Möglichkeit gibt.»
«Die gibt es schon», antwortete ich. «Aber diese ist die wahrscheinlichste.»
Rächte sie sich an ihr? Dann wäre es vielleicht besser, nicht Kasandra, sondern Kliza bei mir aufzunehmen. Und mit ihr zusammen alles zu tun, damit die Person, die die Identität meiner Verlobten gestohlen hatte, die Konsequenzen zu spüren bekam.
Ich hatte keine Kraft mehr, mir das zu überlegen. Nicht in dieser Nacht. Ich musste ein bisschen ausruhen und Kasandra sicher auch. Ich bot ihr das Zimmer an, das ich in aller Eile zum Gästezimmer erkoren hatte. Eigentlich war es mein einziges Schlafzimmer, aber ich konnte auch auf dem Sofa schlafen.