Die amerikanische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel «Astro Poets: Your Guides to the Zodiac» bei Flatiron Books, New York.
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Oktober 2020
Copyright © 2020 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg
«Astro Poets» Copyright © 2019 by Alex Dimitrov and Dorothea Lasky.
Published by arrangement with FLATIRON BOOKS, New York. All rights reserved.
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Covergestaltung zero-media.net, München
Coverabbildung FinePic®, München
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ISBN 978-3-644-00637-9
www.rowohlt.de
Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.
ISBN 978-3-644-00637-9
Dieses Buch ist den Dichtern und Freaks überall auf der Welt gewidmet.
Wir freuen uns, dass du den Weg hierher gefunden hast. Dieses Buch ist für dich und für alle, mit denen du jemals ausgehen wirst, und für alle, mit denen du jemals ausgegangen bist, für deine Mutter und deine Schwester und den Hund, den du dir bald zulegen wirst, und für den Fremden auf der Straße, dem du gerne hallo sagen würdest, es dich aber nicht traust – zumindest noch nicht. Dieses Buch ist für deinen jetzigen Chef und deinen ätzenden Ex-Chef und deine nervige, aufdringliche Kollegin. Für deine Freunde, die dich sowohl gerettet als auch enttäuscht haben, und für die Freunde, die dir nie von der Seite gewichen sind, was auch passierte. Wir hoffen, du findest sie auf diesen Seiten wieder, wie auch den Mond, die Sonne, Leidenschaft, Ozeane voller Zeit und einen kleinen Spiegel, in dem du dich manchmal selbst erkennst.
Die Astrologie offenbart, wie wir miteinander verbunden sind. Sie ist wie eine Art Landkarte – halb in Wasser getaucht, an den Rändern angesengt und gerade noch lesbar genug, um sie überallhin mitzunehmen. Wohin die Reise geht, wird sie dir nicht verraten, dafür aber einiges über die Liebe und die Ewigkeit, über die Vergangenheit und die Zukunft, darüber, was du sofort in Angriff nehmen solltest, wenn du dieses Buch durchgelesen hast (deinen wahren Leidenschaften ein Stückchen näher kommen).
Wir beide hatten diese Karte im Gepäck, als wir uns auf einer Party nach einer Lesung im April 2011 kennenlernten. Unsere Feuerzeichen-Connection war sofort spürbar, wir sprühten nur so vor Ideen. Eine davon waren die Astro Poets, damals hießen sie nur noch nicht so. Zunächst gründeten wir einen Twitter-Account zum Thema Astrologie mit dem Namen Fire Signs 4 Life (weil das Dasein als Feuerzeichen ein so glorreicher Kampf ist). Nach ein paar Wochen auf Twitter langweilten wir uns. So ticken nun mal die Feuerzeichen: Sie berauschen sich an den Möglichkeiten, haben eine Menge Energie und eine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Im November 2016 kamen wir noch einmal auf die Idee zurück und riefen die Astro Poets ins Leben. Diesmal sollte die Poesie im Zentrum stehen, und das war es, was die Sache ins Rollen brachte. Wie die Astrologie auch, beschäftigt sich die Poesie – im Grunde also die Sprache – mit Vergangenheit und Zukunft. Die Sprache zeigt uns, wer wir sind und wer wir waren und wer wir womöglich sein werden. Sie eröffnet uns eine heilige Gegenwart, in der sich die Stimmen unserer Vorfahren mit der Stimme unseres zukünftigen Ichs vereinen. Anders formuliert: Die Poesie bringt uns wieder mit uns selbst in Kontakt.
Bevor du dich in dieses Buch vertiefst, möchten wir dir gerne noch ein paar grundlegende Dinge zur Astrologie an die Hand geben. Deshalb hier die Antworten auf einige der brennendsten Fragen:
Wenn man das erste Mal mit Astrologie in Berührung kommt, hört man normalerweise zuerst von den Sonnenzeichen. Und diese sind es auch, nach denen man gefragt wird, wenn es heißt: «Welches Sternzeichen hast du?» Sagt jemand: «Ich bin Jungfrau», meint er damit eigentlich, dass Jungfrau sein Sonnenzeichen ist. (Und wenn Jungfrauen nicht zu dir passen, solltest du die Beine in die Hand nehmen, und zwar schnell, denn eine Jungfrau weiß, wie sie dich ausfindig macht.)
Geburtsdatum, -zeit und -ort bestimmen dein Sonnenzeichen; es bezieht sich darauf, in welchem der zwölf Tierkreiszeichen die Sonne bei deiner Geburt stand: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann und Fische. Jedes Zeichen wird sowohl einem Element (Feuer, Erde, Luft, Wasser) als auch einer Qualität (kardinal, fix und veränderlich) zugeordnet. Das sieht dann so aus:
Wenn du wissen möchtest, welchen Einfluss die Sterne auf deine Persönlichkeit haben, dann ist dein Sonnenzeichen mit Abstand die wichtigste Quelle. Vorstellen kannst du es dir als dein Ego, als das Potenzial deiner Seele. In vielerlei Hinsicht ist es die Version deiner selbst, auf die du im besten Falle hoffen kannst in diesem Leben. Betrachte dein Sonnenzeichen als eine Art karmischen Leitfaden.
Oft wollen die Leute wissen, welche Zeichen gut sind und welche schlecht, meist weil sie einen Skorpion kennengelernt haben und herausfinden möchten, ob nicht vielleicht doch alle Skorpione abgrundtief böse sind. Die Antwort lautet (und das gilt auch für den Skorpion): Kein Zeichen ist «schlechter» als das andere. Jedes hat gute und schlechte Eigenschaften, und es kommt darauf an, wie wir unsere Potenziale nutzen, um der Mensch zu werden, der wir sein möchten.
Das soll heißen, dass deine Himmelskarte kein Schicksal, sondern eine grobe Skizze ist, die du nach Herzenslust ausarbeiten und verfeinern kannst. Eine Vielzahl von Kräften wirkt auf uns ein, und das Sonnenzeichen ist gerade mal ein Einfluss unter vielen. Unser freier Wille ist es, der uns prägt, egal welches Sternzeichen wir haben. Dein Zeichen entscheidet nicht über dein Schicksal – entlang deines Wegs wirst du auf eine Menge Hindernisse treffen, die alles verkomplizieren.
Prince (ein Zwilling) sang einst die berühmten Worte: «Ain’t no particular sign that I’m compatible with», und in mancher Hinsicht hatte er damit absolut recht. Zwillinge harmonieren aufgrund ihrer lockeren und gefälligen Art, aufgrund ihres Charmes, mit so ziemlich jedem Sternzeichen. Aber darüber hinaus können alle Sternzeichen miteinander harmonieren – es kommt ganz darauf an, wie viel wir bereit sind zu investieren.
Beim Thema Astrologie denken die meisten gleich an Liebe. Und ja, es gibt einige Grundregeln dafür, wer als Paar zusammenpasst, aber noch einmal: Sie machen lange nicht das große Ganze aus. Im Allgemeinen verstehen wir uns mit den Sonnenzeichen desselben Elements besonders gut. Widder und Löwe sind zum Beispiel beide Feuerzeichen und werden daher meist gut miteinander auskommen. Die Zeichen, deren Elemente harmonieren, fühlen sich ebenfalls zueinander hingezogen (Feuer und Luft; Wasser und Erde). Bist du also Stier und hast ein Auge auf einen Fisch geworfen, dann nichts wie los. Bist du hingegen Skorpion und hast es auf einen Löwen abgesehen, dann viel Glück. Du wirst es brauchen.
Die zwölf Sonnenzeichen werden in vier Elemente unterteilt: Feuer, Erde, Luft und Wasser. Das unserem Zeichen zugeordnete Element wirkt sich auf unseren inneren Antrieb und unsere Handlungen aus und kann uns einen Eindruck von unserem Charakter vermitteln. Bei der Frage, welche Elemente für welche menschlichen Eigenschaften stehen, überlege dir einfach, was du mit den einzelnen Elementen in Verbindung bringst. Lernst du also einen faszinierenden Fisch kennen, lad dir nicht gleich panisch die nächstbeste Astrologie-App herunter. Schaue lieber, was dir beim Thema Wasser in den Sinn kommt. Damit weißt du schon das meiste, was du wissen musst. Lass dich von deinem Instinkt leiten. Feuerzeichen zum Beispiel (Widder, Löwe und Schütze) gelten als lebhaft, unabhängig und impulsiv, während die Erdzeichen (Stier, Jungfrau und Steinbock) als sinnlich, liebevoll und pragmatisch betrachtet werden. Die Wasserzeichen (Krebs, Skorpion und Fische) sind im Allgemeinen spirituell veranlagt, launisch und empathisch; die Luftzeichen dagegen (Waage, Wassermann und Zwillinge) sind – meistens – geistreich, kommunikativ und rastlos. Vergiss nicht: In deinem Innern verfügst du bereits über ein intuitives Wissen über die Tierkreiszeichen.
Jedes Zeichen hat eine der folgenden drei Qualitäten (auch Kreuze genannt): kardinal, fix oder veränderlich. Die vier kardinalen Tierkreiszeichen sind Widder, Krebs, Waage und Steinbock. Die vier fixen Tierkreiszeichen Stier, Löwe, Skorpion und Wassermann und die vier veränderlichen Zwillinge, Jungfrau, Schütze und Fische. Hinter die Qualitäten kommst du genauso leicht wie hinter die Elemente. Falls du dir einmal unsicher sein solltest und es weit und breit keinen Internetzugang gibt, musst du nur die Wörter an sich unter die Lupe nehmen: «kardinal», «fix» und «veränderlich». Ein Kardinal ist der höchste Würdenträger nach dem Papst, ganz oben also, das heißt, diese Zeichen wollen an erster Stelle stehen, wollen anführen und den Laden schmeißen. Jeden Laden, besonders, wenn er ihnen eigentlich gar nicht gehört. Sie möchten erobern. Sie verzehren sich nach der Führungsrolle und sind meist schwer enttäuscht, wenn andere ihnen nicht ohne weiteres folgen. Obwohl etwa Widder und Krebs eine tiefe Zuneigung für die zupackende Haltung des jeweils anderen empfinden, werden sie um epochale und hochtheatralische Machtkämpfe nicht herumkommen. Besteht am Arbeitsplatz zwischen zwei kardinalen Tierkreiszeichen ein Machtgefälle, etwa was die Position oder das Gehalt oder beides betrifft, sind Konflikte vorprogrammiert. Am besten herrschen zwischen diesen vier Zeichen exakt die gleichen Verhältnisse. Was sie nicht davon abhalten wird, Gründe zum Streiten zu finden.
Die fixen Zeichen bleiben – wie der Name schon sagt – gern an Ort und Stelle. Sie sind mitunter unglaublich stur und möchten sich partout nicht verändern. Deshalb sind sie sehr loyal und würden alles für die Menschen tun, die ihnen nahestehen. Sobald sich ein fixes Zeichen auf irgendetwas oder irgendjemanden eingeschossen hat, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass es seinen Kurs noch einmal ändert. Diese Loyalität ist fast schon wieder ein Handicap, denn das Bedürfnis fixer Zeichen, an Ort und Stelle zu verharren, kann sie dazu verleiten, sich etwas vorzumachen – und dabei die Möglichkeit eines Verrats durch Freunde oder Partner gar nicht erst in Betracht zu ziehen. Ein typisches fixes Zeichen ist der Stier. Der Stier steht bekanntermaßen stundenlang nicht von der Couch auf, wenn es keinen verdammt guten Grund dafür gibt. Sind Schokolade und Rotwein in greifbarer Nähe, könnte er es tatsächlich für immer dort aushalten. Der Skorpion hält es, wenn es sein muss, Jahrtausende bei einem Partner aus, der ihn betrügt, so sehr sind ihm das Ungewisse und das Alleinsein verhasst. Ein fixes Zeichen bringt Dinge zu Ende und gehört zu der Sorte Mensch, auf die man sich zu hundert Prozent verlassen kann. Insofern man sich auf etwas verlassen möchte, das sich keinen Millimeter bewegt. Die meisten Menschen möchten das. Alle anderen frustriert es.
Mit den veränderlichen Zeichen kann man eine Menge Spaß haben. Sie machen beinahe alles mit, und obwohl sie – je nach Element – vom Wesen her sehr unterschiedlich sind, nehmen sie die Dinge, wie sie kommen. Sie lieben andere veränderliche Zeichen, verzweifeln allerdings leicht an ihnen, weil keiner die Führung übernehmen will. Und wenn es einer von ihnen doch tut, hat das nicht wirklich etwas mit Führung zu tun, sondern stellt nur einen halbherzigen Versuch dar, die Lage irgendwie unter Kontrolle zu bringen. Veränderliche Zeichen sehnen sich nach kardinalen und fixen Zeichen. Besonders die kardinalen Zeichen wissen veränderliche Zeichen zu schätzen, da diese ihnen ihre Eskapaden nicht übelnehmen. Im Gegensatz zu den fixen Zeichen lieben veränderliche Zeichen Zufälle und Veränderungen und sind oft Stimmungskanonen (sogar Fische, die auf einer Party gefühlsduselig unterwegs sind). Zwar stehlen ihnen die kardinalen Zeichen meist die Show, und die fixen Zeichen wohnen dieser Show bereitwillig bei, die veränderlichen Zeichen aber sind die Show. Im astrologischen Tierkreis greifen nämlich sämtliche Qualitäten ineinander und bilden so ein harmonisches Ganzes.
Der Mensch ist nie nur sein Sonnenzeichen. Man kann sich jeden Menschen wie eine Art Fingerabdruck verschiedener Planetenkonstellationen vorstellen. Es kommt also nicht nur auf den Stand der Sonne zum Zeitpunkt unserer Geburt an, sondern auch auf die des Mondes (und die von Mars und Venus und Neptun und so weiter). Die dominanten Planeten beeinflussen uns dabei generationell und spirituell. Möchten wir die Beweggründe eines Menschen verstehen, sollten wir uns sein Mondzeichen anschauen.
Wenn das Sonnenzeichen unser Ego bestimmt, bestimmt das Mondzeichen unser Es. Das Es sind unsere Urinstinkte, es offenbart sich in den Entscheidungen, die wir aus dem Bauch heraus treffen, wenn wir müder sind als sonst, unser Bewusstsein auf irgendeine Weise verändert ist. Es ist unser innerster Kern, destilliert zu einem Tropfen unverfälschter Persönlichkeit.
Das Mondzeichen seines Partners zu kennen, kann also ziemlich hilfreich sein. Wenn zwei Menschen sich sehr nahestehen, sind es meist die Mondzeichen, die miteinander in Verbindung treten. Wenn die Masken des Alltags fallen, wenn man mit dem Partner im Bett liegt und einen Film schaut – ohne Schutzschild, ohne Hintergedanken oder Schauspielerei –, dann offenbaren sie sich.
Das Mondzeichen lässt sich genauso berechnen wie das Sonnenzeichen (Geburtsdatum, -zeit und -ort). Und die Grundregeln dafür, wer zu wem passt, sind im Allgemeinen dieselben wie bei den Sonnenzeichen. Ist dein Schwarm also Mondzeichen Zwillinge und du bist Mondzeichen Waage, werden eure beiden Monde in intimen Momenten auf einer Wellenlänge liegen. Harmonieren eure Sonnenzeichen, eure Mondzeichen aber nicht, wird es in der Beziehung zu Schwierigkeiten kommen, obwohl ihr auf den ersten Blick gut zusammenpasst. Bist du Stier mit Mondzeichen Widder und dein Liebster ist Steinbock mit Mondzeichen Jungfrau, dann ist es ganz egal, wie verknallt diese beiden Erdzeichen sind – dein Liebster wird dich für furchtbar impulsiv und weltfremd halten und du deinen Liebsten für … na ja, stinklangweilig.
Du kannst dir das Mondzeichen wie eine konzentrierte Version des jeweiligen Zeichens vorstellen – sämtliche Energie aufgefangen in einem Schnapsglas. Skorpione sind beispielsweise in jeder Hinsicht ziemlich heftig. Vergleicht man sie aber mit jemandem mit Mondzeichen Skorpion, wird Letzterer den Menschen mit Sonnenzeichen Skorpion an Heftigkeit noch übertreffen. Das Mondzeichen hat eine gewisse Vehemenz und kann wie ein plötzlicher Windstoß daherkommen – unerwartet, erfrischend oder zerstörerisch.
Nicht nur Sonnen- und Mondzeichen können uns einige grundlegende Dinge über die Menschen verraten, sondern auch der Aszendent. Er ist vergleichbar mit einer Maske, die wir in Gesellschaft aufsetzen. Die Person, die wir bei offiziellen Anlässen oder im beruflichen Kontext vorgeben zu sein. Er ist das, was andere meist zuallererst sehen und worüber sie sich schnell eine Meinung bilden. Viele Astrologen, so auch wir, geben nicht viel auf den Aszendenten. Klar gibt es ihn, und er beeinflusst, wie andere uns wahrnehmen, doch in vielerlei Hinsicht ist er bloße Fassade.
Dein Aszendent ist das Tierkreiszeichen, das zum Zeitpunkt deiner Geburt am östlichen Horizont deines Geburtsorts aufstieg. Er ist die äußere Hülle einer Persönlichkeit. Jemand mit Aszendent Steinbock mag lustig, kokett und philosophisch wirken, aber sofern bei dieser Person nicht auch Sonne oder Mond im Steinbock stehen, offenbart sich bei näherem Hinsehen möglicherweise eine andere Energie. Genau genommen kann der Aszendent uns sogar daran hindern, einen Menschen wirklich kennenzulernen. Jemand, der sich zu einem Steinbock-Aszendenten hingezogen fühlt, wird möglicherweise enttäuscht sein, wenn sich der wahre Kern dieser Person zeigt, die Sonnenzeichen Skorpion und Mondzeichen Fische und somit im Grunde völlig anders ist. Der Aszendent kann tatsächlich eine Quelle großer Unzufriedenheit sein, wenn wir uns nicht die Zeit nehmen, ihn zu verstehen und anzuerkennen, dass er den wahren Kern eines Menschen verschleiern kann.
Möchtest du dieses Phänomen in Aktion sehen, frage eine befreundete Kollegin nach ihrem Sonnenzeichen und ihrem Aszendenten. Höchstwahrscheinlich wirst du feststellen, wie stark ihr Aszendent in den Vordergrund tritt, sobald sie mit ihrer Chefin im Gespräch ist, und wie wiederum ihr Sonnenzeichen übernimmt, wenn ihr euch beim Mittagessen über die Arbeit auslasst. Sobald sich Menschen ein wenig unsicher fühlen, setzen sie ihre Aszendenten-Maske auf und hoffen das Beste. Der Aszendent mag ein wunderbarer Schutzschild für den Alltag sein, doch er vermittelt schlicht ein falsches Bild. Oft ist er das Mittel der Wahl, um sich durchzuschlagen.
Wenn wir unsere wöchentlichen Horoskope twittern, erreicht uns oft die Frage, ob man den Text für das Sonnenzeichen oder den für den Aszendenten lesen sollte. Um die Sache ein für alle Mal zu klären: Lies bitte immer den Text zu deinem Sonnenzeichen – auch wenn es gängig ist, dass Horoskope den Aszendenten miteinbeziehen, weil er nun mal mit der Maske zu tun hat, die wir alle tragen. Dreht sich ein Horoskop um weltliche Belange, ergibt es durchaus Sinn, beim Aszendenten nachzulesen. Unsere Horoskope nehmen deine Entwicklung auf dem karmischen Rad in den Blick, deshalb ist das Sonnenzeichen am besten geeignet, um das, was vor dir liegt, zu betrachten.
Das karmische Rad kann man sich als die Lebensreise unserer Seele vorstellen. Es beginnt beim Widder und endet bei den Fischen. Astrologen betrachten es manchmal als «Altersstufen», so wäre beispielsweise der Widder der Säugling, der noch sehr viel lernen muss, und die Fische wären das älteste Zeichen, das spirituell betrachtet am Ende des Lebens steht und alle karmischen Lektionen des Zodiaks gelernt hat. Zwischen ihnen liegen die anderen zehn Zeichen in den entsprechenden Altersklassen. Eine Waage wird zum Beispiel oft für «älter» gehalten als ein Zwilling und ein Stier für «jünger» als ein Skorpion.
Zwischen den nebeneinanderliegenden Zeichen besteht eine karmische Verbindung und auch – obwohl sie nicht gut zusammenpassen – eine sexuelle Anziehungskraft. Ein Löwe und eine Jungfrau mögen auf den ersten Blick nichts gemein haben, doch den Gesetzen des Tierkreises zufolge sucht der Löwe bei der Jungfrau nach Dingen, die er in seinem Leben auf dieser Erde noch lernen muss. Für einige von uns kann eine Beziehung mit dem Zeichen, das auf sie folgt, ein Weg sein, um zu wachsen. Keiner Seele dieser Erde ist karmisches Wachstum auf systematische Art und Weise möglich, von einem Zeichen zum nächsten, um dann irgendwann im «Himmelreich» zu landen – oder wie man das Leben im Jenseits auch nennen mag. Dafür ist unsere Existenz viel zu verworren. Und die Astrologie ist keine Religion. Ganz im Gegenteil, die Astrologie gibt uns Möglichkeiten an die Hand, über das uns gegebene Leben nachzudenken. Was danach passiert, das können wir nicht wissen (davon mag die Poesie berichten). Wir sind der Meinung, dass die Astrologie praktische Magie für deine ganz eigenen Lebenszeiten bereithält. Das karmische Rad bewegt sich wie ein Kreisel entlang eines wirbelnden Universums voller Möglichkeiten.
Mit gegenüberliegenden Zeichen sind die Paare des Tierkreises gemeint, die sich diametral gegenüberstehen. Zu jedem Zeichen gibt es eine Opposition, und diese hat stets das Element, das am besten (nicht am wenigsten) zum Element des betreffenden Zeichens passt (also Feuer–Luft, Erde–Wasser) und die gleiche Qualität besitzt (kardinal, fix oder veränderlich). Die gegenüberliegenden Paare des Tierkreises sind:
Widder–Waage
Steinbock–Krebs
Löwe–Wassermann
Stier–Skorpion
Schütze–Zwillinge
Jungfrau–Fische
Gegenüberliegende Zeichen können sich sowohl blendend verstehen als auch abgrundtief hassen. Da beide etwas besitzen, was dem jeweils anderen fehlt, kann zwischen ihnen gleichzeitig eine heftige Anziehungskraft und tiefe Abneigung bestehen. Das kann entweder in einen verführerischen Tanz münden oder in den finstersten Abgrund. Eine solche Paarung ist mit Vorsicht zu genießen.
Falls du dein gegenüberliegendes Zeichen näher kennenlernen möchtest, denke daran: Macht wird zwischen euch stets ein Thema sein. Manche Zeichen sind machthungriger als andere (zum Beispiel alle kardinalen Zeichen). Falls du mit einem gegenüberliegenden Zeichen in der Kiste landest, kann das gut passen, obwohl die Kommunikation heftig sein wird. Vergiss nicht, wie grundverschieden ihr trotz ähnlicher Beweggründe seid.
Viele wenden sich der Astrologie zu, um herauszufinden, ob sie mit einem anderen Menschen harmonieren. Normalerweise verstehen wir uns gut mit den anderen beiden Zeichen unseres Elements, mit Zeichen, die zwei Stufen weiter auf dem Tierkreis liegen (Widder–Zwillinge), sowie mit Zeichen des entgegengesetzten Elements (Erde–Wasser, Feuer–Luft). Das ist aber noch lange nicht alles, denn die Zeichen unterscheiden sich in ihrem Temperament. Auf der nächsten Seite kannst du in der Tabelle nachlesen, wie gut sie auf einer Skala von 1 bis 10 zusammenpassen, wobei die 10 für «Zu dir oder zu mir?» steht und die 1 für «Sprich mich nie wieder an».
Jedes Sonnenzeichen wird von einem Planeten «beherrscht». Dieser «Herrscherplanet» ist eine Art Blickwinkel, unter dem wir jedes Zeichen besser verstehen können. Und dieser Blickwinkel wiederum besteht aus Charaktereigenschaften, die sich aus bestimmten planetaren Einflüssen ergeben. Zurückführen lässt sich das auf die altgriechische und altrömische Mythologie, in der die Planeten nach Göttern benannt und die Götter im Lauf der Zeit mit bestimmten Eigenschaften in Verbindung gebracht wurden. Der herrschende Planet (sowie der dazugehörige Gott) sagt etwas über die Kräfte aus, die im jeweiligen Sonnenzeichen wirken, wodurch wir ihm noch besser auf die Spur kommen. Auf Seite 24 findest du eine Tabelle mit den Sonnenzeichen, ihrem herrschenden Planeten und ihren Persönlichkeitsmerkmalen.
Wenn Menschen wissen, dass du dich für Astrologie interessierst, ist dir sicher schon mal der folgende Satz zu Ohren gekommen: «Merkur ist rückläufig. Kein Wunder, dass alles danebengeht.» Der «rückläufige Merkur» ist zum Bösewicht geworden, mit dem sich inzwischen scheinbar alles erklären lässt: von bizarren Begegnungen über unglücklich formulierte E-Mails an den Chef bis hin zu gefühlsduseligen Gesprächen mit den Liebsten. Was für ein Glück, dass diese Wendung in unseren Sprachwortschatz eingegangen ist, denn sie erweist uns im Alltag tatsächlich einen großen Dienst. Lasst uns an dieser Stelle sagen: «Danke, lieber rückläufiger Merkur, dass wir stets alle Schuld auf dich laden dürfen!»
Vor langer Zeit glaubten die Menschen, Merkur kehre am Sternenhimmel ein paarmal im Jahr um und wandere rückwärts durch den Tierkreis, und diese Phase nannten sie «rückläufig». Inzwischen wissen wir, dass Merkur einfach eine kürzere Umlaufbahn hat als die Erde und es deshalb aus der Sicht der Erde so wirkt, als wandere er rückwärts. Scheint Merkur also rückläufig zu sein, geht es bei allem, was mit Kommunikation zu tun hat, drunter und drüber.
Und wir übertreiben hier nicht. Bedenke, dass Merkur für Kommunikation steht. Er ist der beherrschende Planet der Zwillinge, und wenn man eins von Zwillingen behaupten kann, dann dies: Sie reden wahnsinnig gerne (und reden und reden und reden). Das macht der Merkur-Einfluss. In der römischen Mythologie ist Merkur der trickreiche Gott der Redekunst, der Überzeugungskraft, der Reise und der Diebereien. Ist er nicht gerade rückläufig, erleichtert er die Kommunikation (oder wenn nötig auch das Manipulieren). Während der Rückläufigkeit hingegen funktioniert das alles nicht mehr ganz so geschmeidig, wenn die Kommunikation nicht sogar komplett blockiert ist.
Jede gute Astrologin wird dir raten, bei rückläufigem Merkur keine wichtigen Geschäfte zu tätigen oder Verträge abzuschließen. Unsere Empfehlung lautet: Kauere dich still und leise und ganz allein in einen Raum (ohne Fenster!) und warte, bis diese furchtbare Phase vorüber ist. Denke nicht einmal daran, dein Handy mitzunehmen, sonst wirst du dich womöglich dabei ertappen, wie du sämtlichen Exfreundinnen oder Exfreunden Nachrichten schreibst, und zwar peinliche.
Wo wir gerade bei den etwas abgedrehten Themen sind, können wir uns auch der Rückkehr von Saturn widmen. Auch davon hast du wahrscheinlich schon von Freunden oder Liebhabern gehört. Und wahrscheinlich denkst du, es handele sich dabei um etwas, das man entweder in Ehren halten oder fürchten sollte (oder vermutlich einfach beides gleichzeitig).
Die Rückkehr von Saturn bedeutet, dass seit deiner Geburt beinahe dreißig Jahre vergangen sind und du jetzt dringend ein paar Dinge in Angriff nehmen solltest. Saturn ist der Herrscherplanet des Steinbocks, das heißt, er befeuert unseren Fleiß und unseren Ehrgeiz: Er bringt uns dazu, uns ins Zeug zu legen und die Grundfesten für unser Königreich zu errichten. Um den dreißigsten Geburtstag herum wird den Menschen allmählich klar, dass sie nicht ewig leben, und sie fangen an, darüber nachzudenken, was sie der Welt hinterlassen möchten, ob es ihnen wichtig ist, Karriere zu machen oder einfach nur irgendwie über die Runden zu kommen, was für eine Art Liebesbeziehung sie sich wünschen und was für ein Mensch sie gern während ihrer Zeit auf Erden sein wollen. Sie lassen ihre kindlichen und jugendlichen Illusionen hinter sich und treten ins mittlere Lebensalter ein (das weitere dreißig Jahre andauert, bis Saturn erneut zurückkehrt). Während der Rückkehr des Saturns sind alle von denselben Kräften beeinflusst, die im Steinbock wirken, wodurch wir in dieser Phase alles ein wenig steif und förmlich angehen. Das kann durchaus aufregend sein (oder auch nicht), je nachdem, was man unter Förmlichkeit versteht.
Wichtig ist, dass die Rückkehr des Saturns eine Transformation bedeutet, dass sie es dir ermöglicht, dein Leben zu ändern und es nach deinen Wünschen zu formen. Bei der ersten Rückkehr geht es ums Erwachsenwerden (im Alter von etwa 27 bis dreißig Jahren). Bei der zweiten (55 bis sechzig Jahre) geht es um die Erkenntnis, dass du einiges nicht erreichen wirst, egal, wie sehr du dich auch anstrengen magst, wodurch dir deine Ziele und Wünsche noch klarer vor Augen treten. Die dritte Rückkehr (85 bis neunzig Jahre) ist dann eine Phase der Reflexion und Dankbarkeit – in dieser Zeit bereitet sich deine Seele auf eine neue Daseinsform vor, während sie ihrer gegenwärtigen Respekt zollt.
Da die Rückkehr des Saturns traumatische Erlebnisse und Kindheitserinnerungen offenlegen kann, die sofortiger Bearbeitung bedürfen, fürchten sich viele davor. Aus diesem Grund und weil wir mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert werden, überkommt uns oft eine tiefe Traurigkeit, die sich nur schwer abschütteln lässt.
Wenn du dich in einer solchen Phase befindest, bedenke, dass sie vorübergehen wird, und lass dir von den Steinböcken gesagt sein: In jedem Alter stehen dir Türen offen. Zu altern bedeutet nicht, dass dir durch die Abkehr von der Jugend etwas verlorengeht, sondern dass du immer mehr du selbst wirst und dich deinem Seelenpotenzial zunehmend annäherst. Für die meisten von uns sind diese Phasen die spannendsten im Leben (wir beide haben schon die erste hinter uns), in der wahnsinnig wichtige Veränderungen – innere wie äußere – vor sich gehen.
Wie du sehen wirst, ist in diesem Buch wie allgemein üblich jedes Zeichen einer bestimmten Zeitspanne zugeordnet. Wir haben uns dazu entschlossen, weil es zu verwirrend gewesen wäre, auf genaue Daten zu verzichten. In Wahrheit aber variieren diese Stichtage, und zwar sogar von Jahr zu Jahr. Manche, die 1992 in Cleveland im Zeichen Fische zur Welt kamen, wären im Jahr 1963 womöglich in einem anderen Zeichen geboren worden. Diese Leute kamen an einem «Scheitelpunkt» zur Welt, in der Übergangsphase zwischen zwei Sternzeichen. Je nach Monat reicht diese ungefähr vom zwanzigsten bis zum dreiundzwanzigsten. Ist das bei dir der Fall, solltest du herauszufinden versuchen, wo die Planeten zum Zeitpunkt deiner Geburt standen, und beim entsprechenden Zeichen nachlesen.
Die von uns verwendeten Stichtage lehnen sich an die gängigen Daten an. Wenn du nicht gerade an einem Scheitelpunkt geboren wurdest, kannst du getrost in der Zeitspanne, in die dein Geburtstag fällt, nachlesen, wie deine Persönlichkeit von deinem Sonnenzeichen beeinflusst wird.
Am Scheitelpunkt geboren zu sein, bedeutet, dass sich die Sonne bei der Niederkunft im Übergang zwischen zwei Sternzeichen befand. Diese Menschen lassen sich kaum nur einem Zeichen zuordnen, sondern weisen häufig Eigenschaften beider Sternzeichen auf. Das kann sich zu einer komplizierten Angelegenheit auswachsen, wenn man herauszufinden versucht, welches Zeichen zu einem passt. In diesen Fällen ergibt es durchaus Sinn, zur besseren Orientierung auch den Einfluss der anderen Planeten zu berücksichtigen (zum Beispiel den des Mondes).
Viele fragen uns, ob wir an solche «doppelten Sternzeichen» glauben – und ja, das tun wir. Zwar haben wir beide leicht unterschiedliche Sichtweisen zu diesem Thema, aber wir glauben daran. Doppelte Sonnenzeichen existieren unserer Meinung nach tatsächlich, selbst wenn sie ziemlich verwirrend sein können. Hat deine Liebste oder dein Liebster ein doppeltes Sternzeichen, versuchst du am besten, dich mit einer gewissen Ambivalenz zu arrangieren. Bist du selbst am Scheitelpunkt geboren, mach dir nicht zu viele Sorgen darüber, wer du bist, sondern erkenne an, dass du beide Zeichen in dir trägst und das etwas Wunderbares ist. Wie einst der Dichter Walt Whitman (Zwillinge) sagte, enthältst du eben «Vielheiten».
Wir haben dieses Buch gemeinsam geschrieben, haben die Kapitel aber untereinander aufgeteilt, sodass dir jeder von uns sechs Zeichen näherbringt. Wir haben jeweils die Zeichen ausgewählt, mit denen wir uns am besten auskennen (zum Beispiel unser eigenes Sonnenzeichen). Wir wussten, wir würden uns am wohlsten damit fühlen, über die Zeichen zu schreiben, mit denen wir uns am liebsten beschäftigen. Wir verfolgen damit das Ziel, uns stets glücklich und frei zu fühlen. Schließlich sind wir Widder und Schütze – beides Feuerzeichen.
Hier siehst du, wer was geschrieben hat:
Widder – Dorothea Lasky
Stier – Dorothea Lasky
Zwillinge – Dorothea Lasky
Krebs – Dorothea Lasky
Löwe – Alex Dimitrov
Jungfrau – Alex Dimitrov
Waage – Alex Dimitrov
Skorpion – Dorothea Lasky
Schütze – Alex Dimitrov
Steinbock – Dorothea Lasky
Wassermann – Alex Dimitrov
Fische – Alex Dimitrov
Wie hat es unser Feuerzeichen-Kollege und Ehren-Astro-Poet Edmond Jabès so schön formuliert? «All the distance of stars is in writing by night. In the morning, the word becomes the link of a new chance.» So dreht sich auch das karmische Rad unbeirrt weiter, ob wir es nun wahrhaben wollen oder nicht. Vergiss nicht, die Astrologie ist deine Gefährtin, und dem Zodiak haftet der glamouröse Hauch der Magie an.
21. März–19. April
I look
at you and I would rather look at you than all the
portraits in the world.
Frank O’Hara, geboren am 27. März 1926
Silvesterabend 2016: Die erbittert geführte Präsidentschaftswahl steckte den US-Amerikanern noch in den Knochen, und die Stimmung war am Boden, apokalyptisch. Die Leute hofften bei den traditionellen Feierlichkeiten am Times Square auf Zerstreuung. Vielleicht würde ein Abend mit Tanz und Musik, an dem um Mitternacht eine riesige Diskokugel vom Himmel schwebte, beweisen, dass doch alles gut und richtig war.
Vorhang auf für den Widder: Mariah Carey. Geboren am 27. März, genau wie der Dichter Frank O’Hara, der Regisseur Quentin Tarantino, die Schauspielerin Halle Bailey (und ich, die Dichterin Dorothea Lasky – Hi!).
Mariah steht nicht zum ersten Mal auf dieser Bühne. Die Neujahrsfeier ist quasi ihre Silvester-Show. Und so schickt sie sich an, die Welt in ihrer ganz eigenen Widder-Manier zu retten. Als ihr erster Song erklingt, ist sie umgeben von einem Reigen heißer Tänzer, die voller Verehrung und seltsam verrenkt weiße Federn in die Luft halten, um damit ihren Körper zu rahmen, der in einem hautengen goldglitzernden Kleid steckt. Das alles hat etwas wahnsinnig … Beruhigendes.
Doch als die ersten Klänge von Emotions ertönen – ein idealtypischer Widder-Song –, bemerkt Mariah, dass sie die Musik nicht auf dem Ohr hat. Blitzartig packt sie die Wut – namentlich die Widderwut: eine Mischung aus einer gewaltigen roten Flamme, die alles, was ihr im Weg steht, dem Erdboden gleichmacht, und der eisblauen Flamme im Innern eines jeden Feuers. Sie ist richtig wütend. Aber statt zu erstarren, wie es ein Krebs tun würde, schiebt sie die Schuld für diese technische Störung auf einen unsichtbaren Dritten und stellt ihren Ärger offen zur Schau. Mariah ins Mikro: «Es gab keinen Soundcheck, singen wir also einfach drauflos. Der Song ist auf Platz 1 der Charts, aber was soll’s.»
Oh ja. Kein Widder würde sich die Gelegenheit entgehen lassen, uns mitzuteilen, dass etwas, was er getan hat, ganz vorne mit dabei war. Selbst wenn er Platz eins verfehlt hätte, ein Widder würde wahrscheinlich dennoch darauf bestehen. Er hätte es schließlich so was von verdient.
Die Show geht weiter, und alles wirkt ein wenig gequält. Mariah lächelt, obwohl sie innerlich vor Wut bebt, aber Hauptsache, es läuft. «The Show must go on» ist eine Redensart, die für den Widder von essentieller Bedeutung ist. Wenn einen Widder die Wut packt, wird er es dich wissenlassen, sich aber dennoch durchbeißen.
Der Widder ist in erster Linie ein Charmeur. Weder das absolut tödliche Funkeln eines Zwillings noch die Verführungskünste des Skorpions reichen an einen Widder heran, wenn er in Fahrt ist. Und nicht einmal dem so raffinierten Steinbock gelingt es, einen Widder in Rage zu stoppen. Während sich die Performance dahinschleppt, versucht Mariah, das Ruder doch noch herumzureißen. «Jetzt seid ihr dran, okay?» Sie hält das Mikro in die Menge und teilt dem Publikum mit: «Wir hatten keinen Soundcheck, aber kein Problem, es ist Silvester, Leute», und untermalt das Ganze mit einem gequälten Lächeln.
Der furchtbare Auftritt zieht sich derart in die Länge, dass man sich fragt, ob nicht ein rachsüchtiger Fisch seine Finger an den Reglern hat. «Ich hätte auch gerne Urlaub», meint sie irgendwann halbherzig tanzend zum Publikum. «Könnte ich nicht auch mal frei haben?» Das Publikum weiß darauf keine Antwort. Aber das Universum. Das nämlich erwidert jedem Widder, der es sekündlich danach fragt: «Äh, nein. Du bist hier, um andere zu unterhalten, nicht um deine Zeit zu vertrödeln. Das ist Sache der Waage.»
Schlussendlich resümiert Mariah, in einer Mischung aus Verzweiflung, Erheiterung und kühler Klarheit: «Das wird hier nichts mehr», und verlässt ohne ein weiteres Wort die Bühne.
Sie war einfach ehrlich, und das ist typisch Widder. Bühne, Publikum, ein paar Songs und Glitzer – nein, besser wird’s nicht für einen Widder. Pannen hin oder her. Dafür lebt er.
Der Widder ist ein kardinales Feuerzeichen und das erste Zeichen im Tierkreis, leitet also die karmische Reise auf dem Zodiak ein. Aus diesem Grund bringt man den Widder gern mit Neuanfängen in Verbindung: dem Beginn des Frühlings in der nördlichen Hemisphäre und der dazugehörigen Symbolik – frische Blumen, süße Babyvögel, der Duft von frisch gemähtem Gras, die sanfte Umarmung zweier Liebender in elektrisierender, blumiger Atmosphäre, die Möglichkeit eines heraufziehenden Sommers. Ein Neubeginn. Der Widder trägt das Versprechen in sich, dass endlich alles gut wird.
Er ist das Zeichen der Geburt, und man könnte durchaus sagen, dass jedes Neugeborene als Widder ins Leben tritt. Aber während sich alle irgendwann in irgendwas verwandeln, bleibt der Widder einfach, wie er ist.
Wie ein Neugeborenes verfügt auch der Widder über enorme Energie und Leistungsfähigkeit, darüber hinaus über eine naive Unschuld und Versöhnlichkeit. Er giert nach Aufmerksamkeit und wird mit aller Macht versuchen, sie auf sich zu ziehen. Und wie ein Neugeborenes setzt der Widder darauf, dass du ihn liebst. Und ehrlicherweise muss man sagen, dass wir uns dem kaum entziehen können. Selbst im hohen Alter erscheint dem Widder die Welt stets ein wenig neu, und normalerweise geht er davon aus, dass das Gute siegen wird. Jeder, der nach einem Funken Optimismus in dieser verrückten Welt sucht, wird das absolut betörend finden. Das macht den berühmten Widder-Charme aus.
Vor allem aber braucht der Widder ganz viel Liebe. Hast du jemals ein Neugeborenes mitten in der Nacht schreien gehört? Es mag etwas Bestimmtes brauchen – Milch oder eine frische Windel –, aber meistens weint dieses Kind, um sicherzugehen, dass der Ausdruck seines Unbehagens eine tiefe menschliche Emotion in dir auslöst und du zu ihm gelaufen kommst, um dich zu kümmern. Widder schreien in die Nacht hinaus, um sich zu vergewissern, dass es jemanden schert. Wie bei einem Neugeborenen kann es ihnen niemals schnell genug gehen, aber wenn du dann zur Stelle bist, ist bald alles wieder gut. Bist du es nicht, wird sich dir die dunkle Seite des Widders offenbaren. Behalte das im Hinterkopf, wenn du einen Widder an deiner Seite hast.
Ein anderer Weg, einem Widder näherzukommen, führt über das Wort, das klassischerweise mit ihm assoziiert wird: Leidenschaft. Steht der Widder auf etwas, dann steht er so richtig darauf und wird absolut alles dafür tun. Seine Leidenschaft grenzt mitunter an Besessenheit, was die Sache für den Widder nur umso spannender macht. Dabei kann es sich um ein neues Vorhaben oder eine Idee handeln (der Widder glaubt für gewöhnlich, sämtliche Ideen seien auf seinem Mist gewachsen). Oder um stapelweise Wasserkisten in seiner Wohnung, weil ihm ein vierzeiliger Online-Artikel nahegelegt hat, dass alkalisches Wasser das Leben verlängert (wovon auch ich persönlich überzeugt bin).
Wenn ein Widder ein Auge auf dich geworfen hat, dann schnall dich an. Solltest du auch nur ansatzweise auf seine Avancen eingegangen sein, wird er drei Sekunden später vor deiner Haustür stehen. Keine Sorge, er wird nicht gleich bei dir einziehen. Obwohl er es womöglich versuchen wird.
Für manch einen ist der Schlüssel zum Verständnis eines Widders sein ansteckendes Lachen. Jedes Mal, wenn ich eine Aufnahme von meinem Lachen höre, krampft sich mein Magen vor lauter Scham zusammen, dass ich derart bescheuert klinge, und mir bleibt nichts anderes übrig, als all jenen Glauben zu schenken, die behaupten, mein Lachen sei einfach ansteckend. Natürlich ist es als Widder schön, sich für ein paar Augenblicke dem Humor hinzugeben und dem eigenen Ego so die Schwere zu nehmen. Aber ich glaube nicht, dass mein Lachen der Schlüssel zu meiner Persönlichkeit ist. Das ist nur Show; das ist Mariah an einem guten (oder schlechten) Tag. Der Schlüssel zum Widder liegt nicht in seinem Charme. Vielmehr offenbart er sich, wenn der Widder gerade mal nicht versucht, dich um den Finger zu wickeln.
Hattest du jemals länger als zwei Sekunden Kontakt mit einem Widder, hast du zweifelsohne Bekanntschaft mit einer weiteren seiner Charaktereigenschaften gemacht: Wut. Denk noch einmal an das Neugeborene zurück und wie es seine kleinen Fäuste vor Wut zusammenballt. Widder können sich über eine Menge Dinge aufregen (und sie behalten sich das Recht vor, sich über einfach ALLES aufzuregen. Na herzlichen Dank auch), doch was sie am meisten in Rage versetzt, ist Kontrolle.
Ihr Ziel ist es, ständig alles im Griff zu haben, und wenn sie aus irgendeinem Grund die Kontrolle über sich selbst oder die Situation verlieren, schlägt ihnen das mächtig auf die Stimmung. Sie wollen auf Biegen und Brechen frei sein.
Im Allgemeinen heißt das, der Widder plant seine Tage, wie es ihm in den Kram passt, während du ihn auf gar keinen Fall in seiner absoluten Freiheit beschneiden darfst, genau das zu tun, was er verdammt noch mal geplant hat. Also bloß keine Verpflichtungen, schon gar nicht Routinen oder Rituale, die ihm sinnlos erscheinen, die sich nicht um ihn drehen oder ihn nicht als ultimativen Sieger dastehen lassen.
Das erklärt auch die augenfällige Abwesenheit von Widdern bei Klassentreffen. Ich selbst war noch nie bei einem. Der Scheiß ist schließlich deprimierender als deprimierend. Stimmt’s, oder hab ich recht, ihr lieben anderen Widder da draußen? Man versichert sich damit doch nur, dass die gute alte Zeit eine Art Höhepunkt gewesen ist, und kein Widder möchte den Zenit schon überschritten haben.
Die Tagesplanung eines Widders kennt keinen erkennbaren Fokus oder ein bestimmtes Ziel, wie es bei einer Jungfrau der Fall wäre. Auf der To-do-Liste eines Widders steht auch nicht «Wichtige Kontakte anschreiben» wie bei ebenjener Jungfrau. Das nicht, aber ihm schwirren ein paar Ideen im Kopf herum, mit denen er ganz oben mitmischen kann. Wie das genau aussieht, unterscheidet sich von Widder zu Widder. Für gewöhnlich aber geht es darum, etwas noch nie Dagewesenes auf die Beine zu stellen. Die glücklichsten Widder sind in der Position, jeden Tag etwas Neues anstoßen zu können, bei dem sie den Hut aufhaben und Aufgaben delegieren können. Wo es nur geht, möchten sie irgendetwas oder irgendjemanden überragen. Verantwortung zu übernehmen, heilt sie von ihrer omnipräsenten, unterschwelligen Traurigkeit. Langeweile ist dem Widder verhasst, und das Sagen zu haben, kann für den Widder wie ein natürliches Antidepressivum wirken.
Was keineswegs heißen soll, dass der Widder nicht auch gut mit anderen zusammenarbeiten kann. Wenn ihm eine Beziehung wirklich wichtig ist, wenn er etwas oder jemanden wirklich mag, kann er äußerst pflichtbewusst sein und mehr Überstunden schieben als jeder andere. Dinge zu Ende zu bringen ist allerdings nicht seine Stärke. Soll er nur deshalb etwas tun, weil man es ihm sagt, ist das die beste Methode, um a) sicherzustellen, dass der Widder die Aufgabe nicht erledigen wird, oder um b) den Widder in tiefste Verzweiflung zu stürzen. An meinem Kühlschrank hängt ein Magnet, auf dem steht: «Ich mag Gruppenarbeit. Solange ich das Sagen habe.» Nichts trifft mehr auf einen Widder zu.
Wie bereits erwähnt, erfasst den Widder von Zeit zu Zeit eine unbändige Wut (quasi stündlich). Das mag jetzt irgendwie verkorkst klingen, aber: Wenn du einen Widder kennst, der noch nie sauer auf dich war, macht er sich unter Umständen nicht viel aus dir. Wenn er früher sauer auf dich war, jetzt aber nicht mehr, ist er womöglich aus Gründen zu dem Schluss gekommen, dass du den Ärger nicht wert bist – eine Schlacht weniger zu schlagen. Liegt dir der Widder dennoch weiter am Herzen, kannst du nur hoffen, dass er tief in seinem Innern noch ein wenig Zärtlichkeit für dich übrig hat und er sich an das eine Mal erinnert, als du mitten in der Nacht angerannt kamst, um ihn zu trösten. Leider verhält es sich jedoch meist wie mit einem kaputten Wasserhahn: Da kommt nur noch kaltes Wasser. Wenn ein Widder nicht mehr wütend auf dich wird, lässt du ihn vermutlich auch in Zukunft kalt. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Kälte überwinden und umkehren lässt. Möglich ist es. Ein Baby kriegt man schließlich auch recht leicht wieder zum Lächeln, selbst wenn es Sekunden vorher noch geschrien hat. Dafür liebt es das Leben einfach viel zu sehr.
Wenn du dich für einen Widder interessierst, SEI BLOSS NICHT SCHÜCHTERN. Obwohl er durchaus in der Lage ist, den ersten Schritt zu tun, liebt er es, wenn du das übernimmst. Erotische Avancen lassen den Widder aufblühen, insbesondere wenn er selbst das Objekt der Begierde ist. Für ihn machen sie das Leben erst lebenswert. Ein sehnsüchtiger Blick reicht aus, um einen Widder für mindestens zwölf bis zweihundertfünfzig Jahre in Höhen der Glückseligkeit zu katapultieren oder wenigstens für zwölf Sekunden. Wer achtet schon so genau darauf?
In der Liebe passen die Sternzeichen Schütze und Löwe am besten zu ihm, und er harmoniert auch sehr gut mit Zwillingen und Wassermann. Zur Waage fühlt er sich unmittelbar hingezogen, allerdings wird es ganz schnell unangenehm, wenn sich nicht einer von beiden freiwillig unterordnet. Am Skorpion frisst der Widder leicht einen Narren, doch das beruht für gewöhnlich nicht auf Gegenseitigkeit. Falls doch, hält ihre Liebe beinahe alles aus und ist wahrhaftig – sofern sich beide Seiten Mühe geben, ihre Gefühle zu kommunizieren, damit die gegenseitige Anziehung bestehen bleibt. Darin ist allerdings keines dieser Sternzeichen besonders gut. Widder stehen auch auf Widder, schließlich mögen sie sich selbst, doch normalerweise besitzt in solchen Fällen keiner der beiden die nötige Aufmerksamkeitsspanne für eine dauerhafte Beziehung. Fische schwärmen für Widder, und Widder geben dem meist nach und verabreden sich ein Weilchen mit ihnen, aber lange halten wird es nicht. Widder und Stier verlieben sich anfangs heftig ineinander, doch das wird nachlassen, sobald sie einander wirklich kennenlernen. Die Kombination Widder–Steinbock ist zum Scheitern verurteilt, und Widder–Jungfrau ist genauso lachhaft. Widder und Krebs spüren eine tiefe Verbundenheit, schlagen jedoch eine Chance nach der anderen in den Wind, weshalb der Widder letztlich zornig von dannen zieht und der Krebs sich bis in alle Ewigkeit in seine harte Schale zurückzieht.
Hast du Gefallen an einem Widder gefunden, solltest du Blickkontakt, Flirten und sämtliche Spielarten öffentlicher Liebesbekundungen beherrschen. Widdern sagt man gerne nach, sie seien kalt und unnahbar, aber diejenigen, die das behaupten, haben sich höchstwahrscheinlich einfach nicht genug um die Aufmerksamkeit des Widders bemüht. Widder lieben es, ihre Beziehung in aller Öffentlichkeit zu leben. Wie gerne erinnere ich mich an den Tag zurück, an dem mein Waage-Freund und ich zum ersten Mal in der Highschool händchenhaltend herumspazierten. Die Zurschaustellung von Liebe bedeutet dem Widder mehr als die Liebe selbst. Ich kann mich noch sehr genau an meine Exfreunde und ihre Liebesbekundungen erinnern, sei es an den Krebs, der mich zuckersüß im Café umarmte oder an den Wassermann, der meine Tränen trocknete. Noch immer überläuft mich ein wohliger Schauder, wenn ich daran denke, wie ich auf einer lahmen und steifen Dinnerparty mit einem Zwilling herummachte und alle am Tisch dachten: Was geht denn hier ab? Ganz ehrlich, sogar einen Axtmörder würde ich anschmachten, wenn er mich in aller Öffentlichkeit küsste, würde ihm freudestrahlend meinen Geldbeutel und meinen Slip überreichen. Die Kehrseite der Medaille: Sobald diese Liebesbekundungen aufhören, hört auch mein Herz auf, höher zu schlagen.