Über Yrsa Daley-Ward

Yrsa Daley-Ward ist Feministin, Model, Autorin und Dichterin. Sie hat westindische und afrikanische Wurzeln. Ihre Mutter ist aus Jamaika, der Vater aus Nigeria, aufgewachsen ist sie aber bei ihren frommen Großeltern in der nordenglischen Kleinstadt Chorley. Ihren ersten Gedichtband veröffentlichte sie als Selfpublisher, er verkaufte sich über 20 000 Mal. Inzwischen ist sie ein Liebling der Kritiker und Leser.Sie lebt in London und Los Angeles. »Ich erzähle Geschichten«, sagt sie, »von Stärke und von Dunkelheit.«

Im Aufbau Verlag erschienen »Alles, was passiert ist« und »In den Knochen. Gedichte«.

Nora Bossong, 1982 in Bremen geboren, schreibt Lyrik, Romane und Essays, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde, unter anderem mit dem Peter-Huchel-Preis, dem Kunstpreis Berlin und dem Roswitha-Preis. Zuletzt erschienen im Suhrkamp Verlag der Gedichtband »Kreuzzug mit Hund« (2018) und der Roman »Schutzzone« (2019). Nora Bossong lebt in Berlin.

Gregor Runge, geboren 1981, studierte unter anderem am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und lebt in Berlin. Zu den von ihm übersetzen Autoren gehören etwa E.M. Forster, F. Scott Fitzgerald und Christopher Isherwood.

Informationen zum Buch

Für alle Leserinnen von Rupi Kaur und Kate Tempest.

Von der Autorin, Dichterin, Feminstin und Instagramerin Yrsa Daley-Ward.

Verführung und Gefahr, Romantik und Vernunft, Hingabe und Selbstbehauptung. Als Frau. Heute. Yrsa Daley-Ward gelingt es, einen Weg zu beschreiben, auf dem all das zusammengehört. Sie erzählt mit großer Sinnlichkeit und einem Blick, der die unsichtbaren Grenzen zwischen Worten und Menschen genauso entdeckt wie die plötzlichen, überwältigenden Verbindungen. »Ich bin die große dunkle Fremde / vor mir hat man dich gewarnt« – der erste Satz führt gleich ins Herz des Buches und unserer Zeit. »In den Knochen« ist die Geschichte einer Selbstwerdung und der Verhältnisse zwischen Frau und Mann, erzählt in über 70 poetischen Fragmenten.

»Yrsa Daley Ward legt es frei, das Brennen und das Licht der Menschen.« Huffington Post.

»Ihr denkt vielleicht, Gedichte wären nichts für euch, aber geht doch bitte nochmal kurz in euch und dann raus aus der Komfortzone. Lest ›In den Knochen‹! Danken könnt ihr uns später.« BBC Radio 5.

»›In den Knochen‹ eröffnet mit einer kleinen Explosion. Die Gedichte, die dann folgen, beweisen dass Gefahr und Begehren nur scheinbar gegensätzliche Mächte sind. Großartig.« The Paris Review.

»Diese Gedichte gehen unter die Haut.« Vogue.

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Yrsa Daley-Ward

In den Knochen

Gedichte

Aus dem Englischen von
Nora Bossong und Gregor Runge

because writing is a soft and a hard place,
all at once.

Inhaltsübersicht

Über Yrsa Daley-Ward

Informationen zum Buch

Newsletter

Intro

Notfallwarnung

Was ihnen gefällt

Eine hohe Kunst

In den Knochen

Die Geschichte ging so

Schlacht

Was den Namen nicht verdient

Talent

Was weißt denn du schon

Geheimnis

Gemeinschaft

Die Nicht-so-richtige-Liebe

Lektion

Artischocken

Hitze

Erleichterung

Gute Arbeit

Test – was unsere Körper waren

Freundinnen

sthandwa sami (mein Liebling, isiZulu)

Sie mag Tomaten mit Zimt

Zugegeben, Jäger ziehen mich an

Immer wird dein Herz schlagen

Erbe

Es ist, wie es ist

Allheilmittel

Inneres Gleichgewicht

Nase

Problem

Was jetzt ist, wird bald vorüber sein

Warum du sie liebst und was zu tun ist

q

Wieder Dienstag

Erfolg

Die größte Schildkröte der Welt

Jetzt, wo alles vorbei ist

Was Liebe nicht ist

Körper

Manches braucht zwanzig Jahre und einen Leberschaden, bis es aufgeht

Küssen

Offenbarung

Tag des Herrn

Nicht das Ende der Welt, aber fast

Bis wieder Geld auf dem Konto ist

A

So ein Mann

Eine wahre Geschichte

Atme

Karma

14

Gebet

Baldige Aussprache

Das Dumme daran

Neu

Spleen

Nach Haus

Mama

Kind

Unannehmlichkeit

Koordinaten

Wer was getan hat und wo

Als du erfährst, dass er seine Freundin geschlagen hat

Wenn sie dich fragen

Den Ältesten

Geschichte

Angst vorm Schreiben

Poesie

Wein

Was noch passiert war

Nutze die Schönheit

Dankyes (Mwaghavul)

Danke

Impressum

Intro

Ich bin die große dunkle Fremde,

vor mir hat man dich gewarnt.

Notfallwarnung

Du gehörst, ein Blick genügt, zu denen,

die Hilfe brauchen. Ich finde, du solltest

sie ablegen, diese tiefe schöne Stimme,

wenn du anrufst. Mich nicht mehr

an Samt erinnern, an duftenden Tabak,

den ersten Schluck Bourbon. Keine

Regungen mehr, keine Bewegungen, keine

kleinen Tumulte zwischen uns entfachen,

kein Chaos stiften in den dunklen

Räumen meines Selbst. Mein Verstand

agitiert heftig gegen meinen Körper.

Ein Teil von mir verwildert, der Rest

lehnt sich auf. Du bist schön und gefährlich.

Zwing mich nicht, mich zu öffnen. Manche

Bücher bleiben nicht grundlos auf Jahre

unaufgeschlagen. Manche Bücher werden

um ihrer selbst willen verbrannt, mein

Herz. Zieh dich nicht mehr so an. Lass nicht zu,

dass die Stoffe deinen Körper so

umschmeicheln. Mach sie nicht mit, die

lässigen Moden, in denen du immer so …

denn mal ehrlich, wer könnte

dem widerstehen? Gott weiß, du bist schön

und ungerecht. Vielleicht, mein Herz, solltest

du an jene denken, die du elend machst, die

verglühen an dir, aus deren Poren du trittst.

Du weißt, was du auslöst. Du bist ein

schleichendes Fieber. Sei nicht so reizend,

so witzig, so geistreich, so klug. Du führst

zu Chaos und Gedränge in engen Räumen.

Du bist ein drohendes Unglück, ein

Unglück, das Opfer nach sich zieht,

mich und dich, an allen Ecken und Enden,

du bist eine mögliche Tragödie,

eine spektakuläre Katastrophe

auf Raten. Wenn ich dich anrühre,

quälen wir uns, ich mich, du dich, sie sich.

Du bist gefährliches Terrain. Ich darf dich

nicht betreten. Sollte dich nicht betreten.

Aber vielleicht tu ich es doch.

Was ihnen gefällt

Frauen, die in Frömmigkeit

und Gottesfurcht erzogen wurden,

sind so empfänglich wie jeder andere auch.

Wollen Männer. Wollen

andere Frauen. Riechen abends schlecht

unter den Armen.

Empfinden nachts diese vertraute Mischung

aus Unzufriedenheit und Furcht. Wollen,

was nicht gewollt werden darf:

schmutzige, schrecklich verlockende Dinge.

Eine hohe Kunst

Vielleicht hast du es von deiner Mutter gelernt

oder einer anderen gejagten Frau.

Teufel anzulächeln ist ein nützliches

Vermögen.

Das Unbehagen runterzuschlucken

in großen Zügen,

es wegzusperren im Bauch.

Nur von innen zu altern.

Sexy bis in alle Ewigkeit.

In den Knochen

Von Nr. 1,

der sagt: »Nicht weinen,

irgendwann gefällt’s dir schon«,

zu Nr. 2, der sich danach bedankt

und dir nicht mehr in die Augen sehen kann,

zu Nr. 3, der dein Frühstück zahlt,

das Taxi nach Hause,

deiner Mutter die Miete,

zu Nr. 4,

der sagt:

»Aber du hast dich so gut angefühlt,

ich konnte einfach nicht aufhören«,

zu Nr. 5, der sagt, den eigenen Körper

herzugeben ist nicht ohne,

aber du kannst das richtig gut,

zu Nr. 6,

der nach Zigaretten riecht

und sagt: »Komm schon, ich merk doch,

dir gefällt das«,

bis zu jenen, denen es leidtut am Morgen,

ja,

manchen tut es leid am Morgen danach,

und manchmal sagen sie zu dir,

du willst es doch auch,

und du glaubst es sogar.

Zum Glück schaffst du’s immer

zurück auf null

jedes Mal

zurück auf null.

Wie sonst vernäht man die Risse?

Wie sonst steht der Körper das durch?

Die Geschichte ging so

Ihre Version der Geschichte ging so,

nur konnte man ihr nicht glauben. So viel hatten wir

inzwischen festgestellt,

wieder und wieder festgestellt.

Die Geschichte, die sie mir an jenem Morgen erzählte,

ließ einiges offen, deckte sich aber mit früheren Geschichten,

darüber hinaus stimmte nichts.

Wir saßen auf Hockern

am Fenster und tranken Whisky.

Es fror, am Himmel stand

ein kleiner Mond, wie aus Versehen.

Sie hatte mich für die Schule geweckt, wie immer viel zu früh

oder zu spät. Wir bemühten uns,

nicht aus dem Fenster zu sehen.

Sie kümmerte sich um das Haus, aber den Garten ließ sie verkümmern,

der Garten war eine Schande, selbst zu dieser falschen

stockdunklen Tageszeit.