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Bjørn Thorsten Leimbach

BEVATERUNG!

Warum Kinder den Vater brauchen

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Inhalt

Einleitung

Die Ent-vaterung unserer Gesellschaft

Dominante feminine Erziehung

Auf der Suche nach der eigenen Vaterrolle

Der schwache Vater

Die Autorität der Mütter

Auswirkungen einseitiger weiblicher Erziehung

Die Folgen fehlender männlicher Erziehung

Den eigenen Erziehungsstil als Mann finden

Was genau ist Bevaterung?

Werdende Väter

www.bevaterung.de

Die Beziehung zum eigenen Vater

Dein Sohn lernt von dir, wie man seinen Vater behandelt

Du bist so wie dein Vater

Der Segen des Vaters

Die Kraft der Ahnenreihe

Wie du deine Kinder verwurzelst

Als Vater Autorität und Vorbild sein

Von Anbeginn der Schwangerschaft Vater sein

Warum willst du Kinder?

Gemeinsam entscheiden, statt sich zu arrangieren

Das Leben beginnt mit der Zeugung

Bevaterung schon in der Schwangerschaft

Sex in der Schwangerschaft

Die wichtige Rolle des Vaters bei der Geburt

Die wichtigste Initiation des Menschen

Die Geburt ist prägend fürs Leben

Geburt ist eine ekstatische Trance

Die Planung einer natürlichen Geburt

Ist der Vater bei der Geburt nötig?

Geburt als ein sexueller Akt

Und was, wenn etwas schiefgeht?

Imprinting & Bonding

Fehlende Bindung als lebenslanges Manko

Das kleine Wesen willkommen heißen

Der Vater schneidet die Nabelschnur durch

Frühgeburten und Komplikationen

Säuglingszeit und Vaterbindung

Viel Körperkontakt ist entscheidend

Herausforderungen meistern und entspannt bleiben

Erotik nach der Geburt

Als Vater zur primären Bezugsperson werden

Eine Vision für deine Kinder

Die zentrale Bedeutung der primären Bindung

Väter sind angeblich überflüssig

Männliche Präsenz für das Kind

Zeit für und mit den Kindern – Chronos und Kairos

Lerne, die Welt mit Kinderaugen zu sehen

Wieder spielen lernen

Die Bedeutung des Vater-Kind-Spiels

Bevaterung bedeutet Spaß und Kreativität beim Spielen

Lass dich von deinen Kindern mit Humor anstecken

Triade Vater–Mutter–Kind

Die Bedeutung der Erziehung und Betreuung in der Familie

Liebes- und Beziehungsfähigkeit wird sehr früh geprägt

Vom Unsinn der Kitas

Die Kitas sind zu 98 Prozent weiblich

Die Primärbindung prägt das spätere Liebesleben

Die Abschaffung der Familie

Das eigene Familienmodell wählen

Kinder haben ihren Preis

Kinder brauchen Liebe

Männliche Werte und Rollen von Mutter und Vater

Mutterchauvinismus

Mythos: Mütter sind wichtiger als Väter

Der weiblichen Führung etwas entgegensetzen

Versuche niemals, die Mutter zu kopieren

Zeit allein mit dem Kind – ohne Mama

Ihr müsst nicht einer Meinung sein

Sei Vater für dein Kind, nicht Onkel oder Freund

Männlicher Umgang mit den Kindern

Männlicher und weiblicher Pol in der Erziehung

Bevaterung und Bemutterung

Kinder werden heute nur noch feminin erzogen

Kinder ohne männlichen Pol

Die Sozialkompetenz wird mehr vom Vater geprägt

Väter fördern Risikobereitschaft und Wettbewerb

Analog statt digital

Vorbild sein, auch bei Spiel, Spaß und Abenteuer

Verletzungen gehören dazu

Gefahren und Grenzerfahrungen

Vertrauen in deine Kinder statt Kontrolle

Mit Bevaterung zum Lernerfolg

Kreativität statt Perfektion

Initiationen für Kinder und Jugendliche

Konkrete Inhalte von Initiationen

Jungen zu Männern erziehen

Jungen sind die Verlierer im Matriarchat

Jungen Jungen sein lassen

Widerstand gegen feminine Konditionierung

In die Natur gehen

Männliches Vorbild sein

Jungen brauchen Helden

Konkurrenz und Hierarchie

Gewinnen und Verlieren

Destruktive in positive Aggressionen verwandeln

Spiel- und Computersucht sind ein Männerproblem

Jungen brauchen männlichen Schutz und Fürsprecher

Jeden Tag etwas Aufregendes und Gefährliches tun!

Mädchen erziehen

Der Vater ist der Zugang zur Welt der Männer

Körperkontakt auf männliche Weise geben

Väter sind immer die Täter?

Jugendliche Tochter

Der abwesende Vater

Die Abwesenheit des Vaters ist Liebesentzug für das Kind

Anerkennung und Grenzen setzen

Der schwache Vater

Vertrauen ist wichtig. Kontrolle ist nötig

Lass deine Tochter einen authentischen Mann erleben

Erlaube deiner Tochter, dich zu verehren und zu lieben

Mit der Tochter natürlich spielen

Mann sein in der Familie

Befreie dich vom Einfluss deiner Mutter

Du bist nicht im „Hotel Mama“

Die Führungsfrage. Es gibt keine Beziehung auf Augenhöhe

Archetyp des Königs in der Familie sein

Triff Entscheidungen und handle danach!

Standpunkte statt Harmoniesucht

Narzisstische Kinder

Scheidungskinder

Trennungstrauma der Kinder

Stief- und Patchworkfamilien

Trennung – wirklich alles versucht?

Unterstützung bei Trennung und Scheidung

Wenn schon Patchwork, dann kindgerecht

Was, wenn deine Frau dich verlässt?

Alleinerziehende Väter mit Kindern

Mann sein für die Partnerin

Die Rollen von König und Königin definieren

Die Mutter vom Kind wegholen

Das Mama und das Papa

Sexleben lebendig halten

Paarzeit: Erotik, Herz und Kommunikation

Resümee

Anhang

Impressum

Dieses Buch ist allen Vätern gewidmet. Es will sie darin bestärken, ihre Vaterrolle selbst zu definieren und auf maskuline Weise auszufüllen. So viele Kinder leiden unter zu viel Bemutterung und zu wenig Bevaterung! Ich möchte dazu beitragen, dass Bevaterung ein wichtiger Teil der Kindererziehung und damit unserer Gesellschaft wird.

Einleitung

Dieses Buch habe ich für dich, einen Mann und Vater, geschrieben. Vielleicht hast du eigene Kinder und lebst mit deiner Frau zusammen, vielleicht bist du einer der vielen Besuchs-Papas nach einer Trennung. Mein Buch richtet sich außerdem speziell an werdende Väter, denn es gibt einiges, was du wissen solltest, bevor du eine Familie gründest. Aber auch, wenn du als Onkel, Pate oder Freund Umgang mit Kindern in Familie und Freundeskreis hast, wirst du hier wertvolle Hinweise für einen männlichen Umgang mit den Kindern bekommen. Du wirst erfahren, was Bevaterung im Gegensatz zur Bemutterung ausmacht und wie du deine Rolle als Vater und männliches Vorbild ausfüllen kannst. Dieses Buch wird dich sicherer und selbstbewusster im Umgang mit deinen Kindern machen und dich darin unterstützen, deinen eigenen Erziehungsstil und Umgang mit Kindern zu finden. Du wirst darin bestärkt, Mann zu sein in der Familie. Das bedeutet für dich, in der Familie einen maskulinen Erziehungsstil zu etablieren, der sich von dem der Mutter unterscheidet und ihn ergänzt. In einer Gesellschaft, die Väter immer mehr abwertet, möchte ich dir Mut machen, deine Kinder zu bevatern und Zeit mit ihnen zu verbringen. Deine Kinder sollten es dir wert sein, und du kannst persönlich sehr durch die Bevaterung wachsen.

Auch wenn dieses Buch sich speziell an Väter richtet, können auch Mütter ein Verständnis davon bekommen, warum der Vater enorm wichtig für die Kinder ist. Außerdem beschreibe ich, warum du als Mann anders mit Kindern umgehen solltest als die Mutter – auch wenn es Müttern häufig schwerfällt, dies zu akzeptieren. Denn letztendlich braucht es die Unterstützung und Wertschätzung der Mutter für den ganz anderen Erziehungsstil des Vaters. Die Mutter muss wissen, warum die Kinder männliche Verhaltensweisen und Umgangsformen kennenlernen sollten, damit sie das Vertrauen entwickeln kann, die Kontrolle über ihre Kinder zeitweise an den Vater oder ersatzweise an eine männliche Bezugsperson abzugeben.

Ich wünsche dir, dass du deinen eigenen Weg zu einem männlichen Stil der Bevaterung deiner Kinder findest.

Die Ent-vaterung unserer Gesellschaft

Die Kernfamilie bestand früher ganz selbstverständlich aus Mutter, Vater und Kind oder Kindern. Mutter und Vater waren bestimmte Rollen und Aufgaben zugewiesen, die gesellschaftlich recht einheitlich festgelegt waren. In dieser Zeit hatte der Vater seinen festen Platz in der Familie, die von Bedeutung war. Er war zwar meistens außer Haus, weil er traditionell alleiniger Ernährer war und mehr als 38 Stunden in der Woche arbeitete. Doch er genoss den Respekt der Partnerin und seiner Kinder. Sein Wort hatte Autorität und Gewicht, denn er hatte Macht und Einfluss – auch in der wenigen Zeit, in der er in der Familie anwesend war. Die Mädchen lernten von der Mutter klassisch-weibliche Fähigkeiten im Haushalt, die Jungen vom Vater reparieren, basteln und bauen.

Speziell in Deutschland erleben wir seit etwa hundert Jahren eine Vaterlosigkeit in den Familien: Die Väter verschwanden und kamen im Ersten und Zweiten Weltkrieg großteils ums Leben. Sie hinterließen Familien mit Kindern, die ohne Vater aufwuchsen. Allein im Zweiten Weltkrieg kamen etwa 5 Millionen deutsche Männer ums Leben. Darüber hinaus befanden sich Millionen deutscher Soldaten in Kriegsgefangenschaft. Diejenigen, die überlebten und zurückkehrten, waren häufig so schwer traumatisiert, dass sie in ihren Familien über Jahre hinweg Fremde blieben und eher eine Belastung waren. Für ein Viertel der Kinder der Kriegs- und Nachkriegszeit in Deutschland bedeutete dies eine Kindheit ohne Vater, ungezählte andere hatten eine gestörte Beziehung zu einem kriegstraumatisierten Vater. Insgesamt wuchsen mehr als die Hälfte der Kinder in Deutschland von 1939 bis 1945 durch Verlust des Vaters oder langjährige Abwesenheit vaterlos auf. Das prägte nachhaltig die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland hin zu einer vaterlosen Gesellschaft.

In den folgenden Jahrzehnten änderten sich die Gründe für Vaterlosigkeit. Fehlte der Vater, weil er früh verstarb, so vermissten ihn seine Kinder jetzt aufgrund von Scheidung oder Trennung.

Seit der Emanzipation der Frauen in den 1970er Jahren werden Väter entwertet und immer mehr für überflüssig erklärt. Scheidung und Trennung nehmen rapide zu mit dem Ergebnis, dass die Kinder fast ausschließlich bei der Mutter blieben. Das Ergebnis nach 40 Jahren Emanzipationsbewegung: In Deutschland wachsen aktuell etwa 1,6 Millionen Kinder mit nur einem Elternteil auf. In 89 Prozent der Fälle ist dies die Mutter. 1,42 Millionen Kinder wachsen in Deutschland ohne Vater auf – und die Zahl ist steigend (Quelle: Statistisches Bundesamt 2014).

Väter werden immer mehr zu Erzeugern, Samenspendern und Alimentezahlern degradiert. Immer mehr Frauen glauben, dass sie ihre Kinder allein aufziehen könnten und der Vater überflüssig sei. Unterstützt von Feministinnen und der sogenannten Gender-Mainstream-Bewegung wird es Frauen auch juristisch immer leichter gemacht, sich des Vaters ihrer Kinder auf Wunsch zu entledigen: In Scheidungsprozessen werden die Kinder in 90 Prozent der Fälle der Mutter zugesprochen. Genauso wie viele Mütter gehen auch deutsche Gerichte davon aus, dass die Kinder der Mutter und nicht dem Vater „gehören“. Mütter neigen häufig dazu, nach der Trennung die Kinder, die sie als ihre alleinigen Kinder beanspruchen, zu instrumentalisieren und gegen den Vater aufzubringen. Dahinter stehen häufig verletzter Stolz, nicht aufgearbeiteter Trennungsschmerz und Rachegefühle dem Expartner gegenüber. Gerade wenn dem Partner die Schuld an der Trennung gegeben wird, sehen sich besonders häufig Frauen im Recht, ihn mit dem Entzug der Kinder zu bestrafen. Mir sind unzählige Fälle von Klienten bekannt, in denen genau dies passiert ist. Umgekehrte Fälle, in denen der Vater die Kinder gegen die Mutter aufbringt, sind mir in unserem Institut in den letzten 20 Jahren nur einige wenige Male begegnet.

Einige Frauen machen sich sogar gar nicht mehr die Mühe, eine echte Familie zu gründen: Sie lassen sich – meist im Ausland – künstlich besamen und nehmen den Kindern von Beginn an das Recht auf ihren Vater. Aus meiner Sicht ist solch ein Verhalten kriminell und gehört verboten, denn es schadet in gravierender Weise der Integrität und gesunden Entwicklung der Kinder, wie ich in diesem Buch aufzeigen werde. Denn Kinder brauchen für eine gesunde Entwicklung ihrer Persönlichkeit den Vater genauso wie ihre Mutter. Das gilt auch für ihre geschlechtliche Identität und ihre Beziehungsfähigkeit.

Erziehung wird in unserer Welt immer femininer – es fehlt immer mehr die männliche Komponente. Der fehlende Vater, fehlende männliche Bezugspersonen und Vorbilder sind das eine. Das andere ist unser Erziehungssystem. Es ist fest in weiblicher Hand: In deutschen Kindertagesstätten gibt es 2,4 Prozent Erzieher.

Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Auf einen Erzieher kommen also über 40 weibliche Kolleginnen! Auch die Grundschule ist eine Domäne der Frauen – der Anteil der Lehrer liegt dort bei unter 10 Prozent. So viel zum Thema Gleichberechtigung. Tendenziell sind männliche Erziehungsautoritäten weiter auf dem Rückzug. Und inwieweit diese Erzieher und Lehrer ihre Männlichkeit leben und maskuline Werte, Inhalte und Erziehungsstile im Frauenkollegium durchsetzen, wage ich zu bezweifeln. Denn sie sind in einer von Frauen dominierten Welt meist recht verloren und müssen sich anpassen.

Was bedeutet dies für die Kinder? Besonders Jungen leiden enorm unter einer extrem einseitigen weiblichen Erziehung. Um das deutlich zu machen, stelle man sich einmal einen von den etwa 700.000 Jungen in Deutschland vor, die ohne Vater aufwachsen. Nur einer von 40 verbringt wenigstens im Kindergarten etwas Zeit mit einem Mann, weniger als ein Zehntel von ihnen hat in der Grundschule eine männliche Bezugsperson. Über 600.000 Jungen verbringen in Deutschland ihre ersten zehn Lebensjahre ohne eine männliche Bezugsperson!

Ich behaupte, dass speziell Jungen durch unser Schulsystem ihrer Männlichkeit beraubt werden und alles Maskuline abtrainiert wird: Bewegungsdrang, Wildheit, Abenteuerlust, Mut, Konfliktfähigkeit, Kreativität, handwerkliches Geschick, Kampfgeist, Durchhaltevermögen, Gefahrensuche und Entdeckergeist werden unterdrückt und oft sogar bestraft. Aggression, in positiver Weise gelebt notwendig für die Entwicklung der eigenen Männlichkeit wird aberzogen, weil vor allem Frauen oft nicht damit umgehen können. Die Jungen sind die Leidtragenden dieser einseitigen femininen Erziehung, wenn sie den ganzen Tag still sitzen, ruhig, kommunikativ und brav sein müssen. Zahlreiche teils gravierende Verhaltensauffälligkeiten, Krankheiten und Persönlichkeitsstörungen bei Jungen sind die Folgen einer Unterdrückung ihrer Männlichkeit. Wenn wir Männer uns nicht massiv für eine männliche Erziehung unserer Söhne einsetzen, dann stirbt die Männlichkeit aus! Wir werden nur brave und angepasste „Nice guys“ haben: große, ängstliche und unsichere Jungen in Männerkörpern; sie sind das Produkt einer vaterlosen und femininen Erziehung, und von denen gibt es immer mehr. Sie sind das Ergebnis mangelnder Bevaterung.

Dominante feminine Erziehung

Die Bedeutung des Vaters für die Kinder fängt mit dir als Mann und Vater an. Als Leser dieses Buches kannst du etwas dazu beitragen, dass deine (zukünftigen) Jungen oder auch Jungen von Verwandten und Freunden, zu denen du Kontakt hast, ein männliches Vorbild bekommen. Durch deine Art, dein Mannsein zu leben und deinen männlichen Umgang mit Kindern, hast du einen wesentlich größeren Einfluss, als du ahnst.

Jungen sehnen sich nach Bevaterung. Instinktiv spüren sie, dass die gepamperte und sichere, aber todlangweilige Welt ihrer vielen Mütter nicht alles im Leben ist. Begegnet ihnen ein echter Mann, dann sind sie fasziniert und heften sich sofort an seine Fersen. Aufmerksam verfolgen sie jede seiner Gesten, Worte und Handlungen, stellen ihm Fragen und wollen in seiner Nähe sein. Jedes seiner Worte prägen sie sich genau ein. Denn sie spüren, dass nur ein Mann ihre Männlichkeit zur Entwicklung bringen kann. Keine Frau der Welt könnte das jemals schaffen! Besuche einmal einige Stunden eine Kita und überprüfe meine Aussagen: Die Jungen werden wie eine Traube an dir kleben und du wirst ein fürchterlich schlechtes Gewissen haben, wenn du sagst, dass du nicht wiederkommen wirst.

Aber auch Mädchen brauchen ihren Vater. Denn durch ihn lernen sie eine männliche Autorität zu verehren und Grenzen zu akzeptieren, die der Vater setzt. Und sie lernen das Männliche kennen und lieben. Dies sind essenzielle Voraussetzungen für eine spätere Beziehungs- und Bindungsfähigkeit mit einem Mann, wenn sie nicht als unabhängige, aber einsame Narzisstinnen mit stets wechselnden Partnern leben wollen.

Doch nur die physische Präsenz eines Mannes reicht eben nicht aus. Viele Männer verleugnen ihre eigene Männlichkeit und versuchen, bessere Frauen zu sein. Und in der Erziehung kopieren sie Frauen im Umgang mit Kindern, weil sie selbst tief verunsichert sind oder sich nicht trauen, sich gegen weibliche Autoritäten durchzusetzen: Ein Mamasöhnchen traut sich eben nicht, mit der Mutter zu streiten. Und viele Männer haben nicht die Eier, um mit ihrer Partnerin zu streiten – schon gar nicht, wenn es um die Kindererziehung geht. Und bei Erzieherinnen, Lehrerinnen und Psychologinnen versuchen sie es gar nicht erst. Dieses Buch möchte dich als Mann darin unterstützen, männliche Werte und deinen männlichen Lebensstil mit deinen Kindern zu teilen. Es stellt einen Leitfaden für eine maskuline Erziehung dar. Vielleicht ist ja der männliche Pol in deiner Familie und speziell der Kindererziehung genauso unterrepräsentiert wie in unserem Erziehungssystem. Dann wirst du hier konkrete Unterstützung finden, um deine Vision einer männlichen Erziehung deiner Kinder zu verwirklichen.

Auf der Suche nach der eigenen Vaterrolle

Väter waren früher nicht mit pädagogischen und erzieherischen Maßnahmen in Bezug auf die eigenen Kinder involviert. Sie gingen morgens aus dem Haus und kamen abends wieder. Aber wenn sie da waren, dann mit ihrer ganzen männlichen Präsenz. Sie haben wenig oder gar nicht mit den Kindern gespielt und keine spezielle Pädagogik verfolgt, aber sie waren als Mann und männliches Vorbild für die eigenen Kinder präsent. Die Mutter kümmerte sich um die Erziehung, aber wenn der Vater nach Hause kam, spürten die Kinder seine männliche Autorität und seine maskulinen Umgangsformen.

Heute nehmen sich viele Väter mehr Zeit für ihre Kinder. Teilweise kommt ihnen sogar eine zentrale Rolle in der Kindererziehung zu, wenn sie im Erziehungsurlaub sich ganz allein um sie kümmern und die Mutter arbeitet. Das ist sicherlich eine positive Entwicklung für die Kinder und Väter. Denn alle Beteiligten profitieren enorm davon, wie ich in diesem Buch aufzeigen werde. Doch das bedeutet nicht automatisch, dass sie die Vaterrolle wirklich ausfüllen. Viele Männer haben selbst nicht viel Zeit mit dem eigenen Vater verbracht oder haben sogar heute ein schlechtes oder nur oberflächliches Verhältnis zu ihm. Sie nehmen sich vielleicht vor, dies bei den eigenen Kindern zu ändern, aber wenn es so weit ist, dann sind sie sehr verunsichert und haben keine Vorstellung davon, wie sie ihre Kinder bevatern können. Sie verbringen zwar Zeit mit den eigenen Kindern, versorgen sie und spielen mit ihnen, aber das macht noch keine Vaterrolle aus. Ihnen fehlt ein Vorbild für die Bevaterung der Kinder, denn sie selbst wurden meist nur bemuttert und zu wenig oder gar nicht bevatert. Bezeichnenderweise gibt es das Wort „Bevaterung“ in der deutschen Sprache auch gar nicht. Die meisten Väter, die ich erlebt habe, sind verunsichert. Sie kopieren die Bemutterung, die sie selbst als Kinder erlebten, oder das Verhalten ihrer Partnerin im Umgang mit den Kindern. Doch die meisten Männer spüren, dass dies nicht der Vaterrolle entspricht. Entsprechend unwohl fühlen sie sich in ihrer Haut, wenn sie mit sanftem Singsang reden und ihre Kinder mit Samthandschuhen anfassen: stets freundlich, kommunikativ und pädagogisch korrekt. Sie unterdrücken ihre eigene Männlichkeit, die sie oft selbst nicht gefunden haben, und zeigen sich den Kindern als kastriertes Neutrum und nicht als Mann. Männlicher Spaß, Wildheit und Ausgelassensein mit den Kindern sehen eben anders aus als pädagogisch wertvolles Spielen.

Doch wie füllt man die Vaterrolle richtig aus? Wie bleibt man Mann, sogar im Umgang mit Neugeborenen? Was macht eine maskuline Erziehung aus? Auf diese Fragen gebe ich konkrete Antworten – wie du es vielleicht aus anderen Büchern von mir gewohnt bist in männlichem Klartext. Dieses Buch will Vätern zeigen, wie sie sich vom Einfluss ihrer Mutter lösen, von ihrer Partnerin emanzipieren und endlich Mann werden – auch in der Vaterrolle!

Der schwache Vater

Väter haben keinen guten Stand und noch schlechteres Ansehen in unserer Gesellschaft. Den „autoritären Vater“, der mit Entschlusskraft die führende Rolle in der Familie einnahm, hat man mittlerweile erfolgreich entsorgt. In der Werbung, in Zeitschriften und Filmen sieht man immer mehr Familien ohne Vater. Dort wird das Bild einer Familie entworfen, die auch ohne einen Vater komplett ist. Im Anhang habe ich zahlreiche Beispiele dafür zusammengetragen. In Familien mit Vater wird dieser meistens als liebenswerter oder auch bemitleidenswerter Trottel dargestellt: Seine Frau und teils sogar seine Kinder machen sich über ihn lustig oder müssen ihm helfen. Er ist nicht nur unfähig, Führung oder Verantwortung zu übernehmen, sondern stellt eher eine Belastung dar. Viele Väter werden so abwertend und entwürdigend dargestellt, dass ich mich wirklich wundere, dass noch kein Aufschrei in den sozialen Medien erfolgt ist. Denn der würde – vermutlich mit juristischen Konsequenzen – nicht lange auf sich warten lassen, würde man das mit Müttern machen. Dieses Vaterbild wird von den Mainstream-Medien ähnlich wiederholt, so dass der Eindruck entsteht, das sei up to date, gewollt und erwünscht und von allen akzeptiert. Und tatsächlich gibt es immer mehr schwache Väter, die zwar zu Hause, aber so unsicher und manipulierbar sind, dass man gar nicht von Mannsein sprechen kann. Stets lächelnd, harmonisierend, jeden Konflikt vermeidend und sich im vorauseilenden Gehorsam der Frau unterordnend, muss man sich für diese Väter fremdschämen. Er ist so bedürftig, dass nicht nur seine Frau, sondern sogar seine Kinder ihn bemuttern müssen. Zur Bevaterung ist er völlig unfähig, denn dafür fehlt ihm jede Männlichkeit und das Rückgrat. Dieses Buch möchte Vätern wieder ihre Würde zurückgeben und sie darin ermutigen, Stärke und Führung in der Familie zu zeigen.

Die Autorität der Mütter

Die Erziehung der Kinder war bis vor kurzer Zeit Domäne der Frauen. Während Frauen aber in Gesellschaft und Beruf viele Bereiche für sich erobert haben, die vormals den Männern vorbehalten waren, sind Frauen meist nicht bereit, auch die Kontrolle über Kinder und Erziehung abzugeben oder zu teilen. Männer fordern ihren Anteil daran bislang auch wenig nachhaltig ein. Sie nehmen die weibliche Dominanz in der Kindererziehung klaglos hin, statt sie für sich zu entdecken. Sie sind verunsichert und konzeptlos – jederzeit bereit, sich der Partnerin unterzuordnen. Nicht selten setzt die Frau in der Beziehung ihren autoritären Führungsanspruch um, wenn es um die Kinder geht: Viele alltägliche, aber auch grundlegende Entscheidungen für das Leben der Kinder fällt die Mutter. Sobald das Baby schreit, nimmt die Mutter dem Papa das Kind weg, weil sie überzeugt ist, dass nur sie es beruhigen kann. Sogar fremde Frauen erdreisten sich, einem Vater sein schreiendes Kind wegzunehmen und zu beruhigen, weil sie Väter grundsätzlich für unfähig halten. Verunsicherte Männer lassen sich öffentlich demütigen, weil sie keinerlei Selbstwertgefühl als Vater empfinden. Hat sich ein Kind verletzt, kümmert sich selbstverständlich die Mutter darum. Die meist völlig verunsicherten und von Frauen eingeschüchterten Väter überlassen ihrer Partnerin oder sogar anderen Frauen meist freiwillig die Kinder, weil sie sich selbst für unfähig halten, Schwierigkeiten zu meistern. Sie sind oft sogar nur Besuchs- und Spiel-Papas – mehr auch nicht. Männer erleben sich selbst nicht als Erziehungsautorität, sondern als Befehlsempfänger und ausführendes Organ der Partnerin. Sie bestimmt die Regeln und legt den Umgangston mit den Kindern fest. Aus Mangel an eigenen Meinungen und Werten in Bezug auf die Erziehung der eigenen Kinder versuchen sie, die Mutter zu kopieren. Doch das geht entweder schief oder wirkt absolut lächerlich, etwa immer dann, wenn ein Vater mit gekünsteltem Baby-Singsang zum Gespött wird: „Ei, ei, ei, mein Süßer, wieder happihappi machen?“ Wer solche Vater-Kind-Szenen mit ansehen muss, schämt sich meistens fremd. Männlichkeit sieht anders aus! Wie ein männlicher Umgang mit Kindern konkret aussieht, möchte dir dieses Buch zeigen und dir einen Leitfaden für eine – für deine – männliche Erziehung und Bevaterung an die Hand geben. Es hilft dir, männliche Autorität bei der Erziehung deiner Kinder zu sein.

Auswirkungen einseitiger weiblicher Erziehung

Mangelndes Selbstbewusstsein von Vätern und die devote Unterordnung unter die Partnerin bei der Erziehung führen dazu, dass Kinder nach einseitig weiblichen Werten und Normen erzogen werden. Sie lernen von Geburt an: Mama bestimmt. Sie sorgt dafür, dass sie die primäre Bezugsperson für die Kinder ist und bleibt – erst dann kommt der Vater als eine sekundäre Bezugsperson. Woran erkennt man das? Sobald das Kind müde, hungrig oder gestresst ist oder auch Schmerzen hat, wendet es sich der Mutter zu. Nur durch die Mutter lässt es sich beruhigen, sich helfen oder schläft ein. Ganz bitter und schmerzhaft erleben Väter diese Rangordnung bei einer Trennung, wenn die Kinder nur noch bei der Mutter bleiben wollen.

Die meisten Männer nehmen diese Rolle einfach so hin und übergeben der Mutter die Kinder ganz selbstverständlich schon bei kleinen Problemen. Sie selbst sehen sich als inkompetent an und nur für unverbindliche Beschäftigungen mit den Kindern in der Lage. Jede Entscheidung in Bezug auf die Kinder wird an die Partnerin delegiert. Sie präsentieren sich den Kindern von Anfang an als unfähige, verunsicherte und devote Väter. Meist haben sie ihren eigenen Vater im Kontakt mit ihrer Mutter genauso erlebt und nie eine wirklich männliche Erziehung genossen. Sie sind oft ahnungslos, was männliche Erziehung überhaupt ist, und können ihre eigene Vaterrolle weder definieren noch ausfüllen. So lernen die Kinder von Geburt an tagtäglich von den Eltern für ihre spätere Partnerschaft, wie die Rollen verteilt sind und wer das Zepter in der Ehe in der Hand hält.

Die Folgen fehlender männlicher Erziehung

Kinder haben nicht ohne Grund Mutter und Vater. Und beide sind für Jungen wie für Mädchen seit Menschengedenken gleich wichtig für das Wohlbefinden und eine gesunde Entwicklung der Persönlichkeit und Beziehungsfähigkeit. Lediglich einige ideologisch fixierte Gender-Mainstream-Vertreterinnen versuchen, diese alte Wahrheit neuerdings infrage zu stellen. Vor allem Frauen wird eingeredet, dass der Vater überflüssig ist und eine Mutter das Kind allein genauso erziehen kann wie beide Eltern zusammen. Wir erleben derzeit, wie Väter diskriminiert und entwertet werden. Für das derzeitige Männerbild aber, das scheinbar auch politisch unterstützt wird, fehlt jede erzieherische oder psychologische Grundlage. Wer wie ich mit vielen tausend Männern in Coaching und Therapie gearbeitet hat, der sieht, wie die aktuelle gesellschaftliche Realität ist: Immer mehr Männer haben Probleme mit ihrer Männlichkeit. Sie tun sich schwer, Entscheidungen zu treffen, Verantwortung und Führung zu übernehmen, sind wankelmütig und zweifeln an sich, befinden sich in einer Identitätskrise als Mann, haben Selbstwertprobleme, sind emotional abhängig von Frauen und oft sogar beziehungsunfähig. Denn fast all diese Männer sind ohne Vater aufgewachsen oder haben keine Beziehung zu ihrem Vater aufbauen können. Ich habe mit Frauen therapeutisch gearbeitet und auch außerhalb meiner Arbeit solche erlebt, die sich für eine Prinzessin halten, egozentrisch nur um ihre eigenen Gefühle und Meinungen kreisen. Sie sind nicht bereit und auch nicht fähig, sich auf einen Partner einzulassen. Narzissmus und Beziehungsunfähigkeit, so hat sich fast immer herausgestellt, sind auf einen fehlenden Vater oder eine fehlende männliche Erziehung zurückzuführen. Der fehlende männliche Pol in der Erziehung führt zu massiven Defiziten und Persönlichkeitsstörungen. Dazu tragen auch die abwesende väterliche Autorität und das fehlende Vorbild bei. Der Einfluss von permanenter Bemutterung und Kontrolle ist im späteren Beziehungsverhalten besonders auffällig, was ich als Paartherapeut in den letzten 25 Jahren zur Genüge erforschen konnte. (Nachzulesen in meinem Buch: „Zueinander finden“)

Den eigenen Erziehungsstil als Mann finden

Bevaterung bedeutet, seine Kinder anders zu behandeln als die Mutter und die Erziehung und das Spiel nach männlichen Werten auszurichten. Doch dafür muss man sich als Mann erst einmal selbst gefunden haben und seine eigene Männlichkeit leben. Den Weg dorthin beschreibe ich in meinem Grundlagenwerk „Männlichkeit leben“. Wer als Mann seine Kinder mit einer maskulinen Erziehung unterstützen und seine männliche Präsenz auch in der Familie leben will, der findet in diesem Buch einen Leitfaden, um die eigene Männlichkeit zu stärken. Noch immer wachsen Kinder mit einseitiger weiblicher „Bemutterung“ und Dominanz der Mutter auf. Ihnen fehlt die Präsenz und maskuline Dominanz des Vaters, um ihre männliche Seite zu entwickeln. Es spricht Bände, dass es den Begriff „Bevaterung“ bislang in der deutschen Sprache nicht gibt – soviel zum Thema Gleichberechtigung für Männer.

Was genau ist Bevaterung?

Ich habe den Begriff Bevaterung 2006 überhaupt erst kreiert – als Ergänzung zur Bemutterung. Jedes Kind braucht seine Mutter, die ihm wichtige weibliche Aspekte der Erziehung vermittelt. Was heißt das genau? Weibliche Haltung und Fürsorge bedeuten: Sie sorgt für das leibliche Wohl, ernährt und pflegt das Kind, ist zärtlich, beschützt und betreut es, wenn es krank ist. Sie achtet stets darauf, dass seine Grundbedürfnisse nach Trinken, Essen, Wärme und Schlaf erfüllt werden. Und sie schützt das Kind möglichst effektiv vor jeglichen Schmerzen, Krankheiten oder Verletzungen. Jeder hat eine Vorstellung von Bemutterung, wenn er an eine stillende Mutter denkt oder sich Mütter mit ihren Kindern anschaut. Doch was ist Bevaterung? Nur ein überflüssiger Luxus? Ich behaupte, sie ist genauso wichtig wie Bemutterung. Die väterliche, alltägliche Präsenz prägt das Kind und gibt dem Jungen ein männliches Vorbild und Orientierung in seiner geschlechtlichen Rolle. Dem Mädchen hilft es, einen Mann zu lieben und verstehen zu lernen. Außerdem stärkt es ihren männlichen Anteil, der in gewisser Weise auch für Mädchen und Frauen wichtig ist.

Was genau aber macht ein Vater anders als die Mutter? Ein Mann, der seine Männlichkeit lebt und seine Vaterrolle ausfüllt und nicht einfach nur Mutter oder Frau kopiert, hat einen anderen Umgang mit seinen Kindern. Natürlicherweise spricht er mit tieferer Stimme, formuliert kürzere Sätze und verwendet dabei mehr Imperative. Er macht klare Ansagen und Vorgaben, handelt mehr, als er spricht, und verbalisiert auch nicht alles, was er tut. Mutter zum Sohn: „Malte, ich glaube du solltest noch duschen, bevor wir gehen. Heute waren wir den ganzen Tag unterwegs, und du hast viel geschwitzt. Willst du nicht jetzt als Erstes duschen?“ Dagegen der Vater: „Los, duschen!“ Und er schiebt ihn Richtung Bad.

Väter haben mehr körperliche Kraft und einen festeren Griff. Entsprechend ist ein männlicher Körperkontakt definierter und kraftvoller. Der Vater klopft seinem Jungen anerkennend auf die Schulter oder den Rücken, boxt ihn auf die Brust oder umarmt ihn fest. Die Mutter tut dies zärtlicher und femininer. Die Mutter begleitet das kleine Kind vorsichtig und langsam ins Wasser, der Vater springt mit ihm zusammen hinein. Die Mutter nimmt das Kind aus dem Schwimmunterricht, wenn es etwas erkältet ist. Der Vater nimmt es gerade deshalb sogar mit ins Meer zum Schwimmen, weil das kalte Salzwasser abhärtet und alles frei macht.

Maskuline Erziehung hat klare Regeln und Werte, die vermittelt werden. Der Vater macht klare Vorgaben und lässt das Kind die Konsequenzen seines Handelns erleben. Er fördert bei den Kindern Mut, Risikobereitschaft und Abenteuerlust – und das macht sie selbstbewusster. Väter spielen völlig anders mit ihren Kindern als Mütter: Sie gehen auch mal Risiken im Kleinen und manchmal im Großen ein, die Mütter sich nicht trauen.

Typisch dafür ist folgende Szenerie: Das Mädchen steht auf der einen Seite des Baches und schaut ängstlich in die Strömung. Die Mutter: „Geh über das Brett, springen ist zu gefährlich!“ Der Vater: Komm, spring! Trau dich, das schaffst du. Ich rette dich, wenn es Probleme gibt.“

Die wenigsten Männer haben die Eier, sich in solch einer Situation gegen die Partnerin durchzusetzen – oft haben sie schon als Jungen gelernt, dass die weibliche Autorität unangreifbar ist. Wer sein Mannsein lebt und auch seinen Kindern ein maskuliner Vater sein will, der setzt sich durch. Männer checken instinktiv die Gefahrensituation und bringen sie mit den Fähigkeiten des Kindes in Einklang.

Im obigen Beispiel ist das die Gefährlichkeit des Baches und, bei größeren Gewässern, die Schwimmerfahrung der Tochter. Dann ermutigt er sie, allein zu springen oder zu schwimmen – jederzeit bereit, zu Hilfe zu eilen. Oder er schwimmt zunächst einige Male mit ihr zusammen huckepack durch einen Fluss, bis das Mädchen es sich allein traut. Das Kind wird danach stolz sein, dass es seine Angst überwunden hat, und allen davon erzählen. Beschützt und ermutigt durch den Vater, kann es so Mut und Selbstvertrauen entwickeln. Entsprechendes Selbstbewusstsein, Sportlichkeit, Erfahrung und Verantwortung wird hierfür natürlich vom Vater vorausgesetzt. Ich habe oft erlebt, dass der Vater ängstlicher ist als die Mutter und die Kinder sogar noch mehr bemuttert und überbehütet als sie.

Am Strand passierte neulich Folgendes: Ich war gerade dabei, mein Kite-Equipment anzuziehen, als ich einen etwa 6-jährigen Jungen bemerkte, der mir neugierig zuschaute. Ich fragte ihn: „Na, kommst du auch mit ins Meer?“ Er antwortete: „Nein, Papa sagt, das ist zu gefährlich.“ Ich darauf: „Aber warst du mit Papa noch nie in den Wellen da vorn?“ Der Junge: „Nein, nur mit Mama kurz.“ Sehr traurig für den Jungen!

Für diesen Jungen ist die Bevaterung leider gescheitert. Damit das nicht passiert, können Väter schon mit ihrem Säugling auf dem Arm in der Brandung spielen, um ihn mit dem nassen Element vertraut zu machen und ihm die Angst vor den Wellen zu nehmen. Mit ungefähr sechs Monaten ist es dann so weit, ihn an einer sicheren Stelle zum Beispiel auf dem Kiteboard sitzen zu lassen. Wenn er ungefähr ein Jahr alt ist, lernt er kurz unterzutauchen. Später zeigt der Vater ihm, wie er durch die Wellen taucht. Natürlich nicht auf Hawaii, sondern an kindgerechten Orten mit ungefährlichen Wellen. Es ist für Vater und Sohn grandios, wenn die Kinder stolz zeigen, was sie schon vom Vater gelernt haben.

Wie in den Beispielen oben, möchte ich in diesem Buch zeigen, was Bevaterung konkret heißen kann und wie Männer ihre Vaterrolle selbst definieren und ausfüllen können. Mutter und Partnerin sollen dabei außen vor bleiben, genauso wie Politikerinnen, die versuchen, in die Familien hineinzuregieren. Es geht auch darum, für sich als Vater zu definieren, welche männlichen Werte und Verhaltensweisen einem wichtig sind und wie man sie seinen Kindern vermittelt.

Das Buch möchte Väter darin bestärken, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und Verantwortung für die Erziehung zu übernehmen. Das bedeutet definitiv mehr Lebensfreude und eine nachhaltige Investition in die Zukunft, die man niemals bereuen wird. Aber es bedeutet auch, sich gegen weibliche Erziehungsvorgaben und Dominanz zu stellen und Konflikte zu wagen. Das Ergebnis aber lohnt sich: Du wirst als Vater neben der Mutter eine wirklich gleichbedeutende und primäre Bezugsperson für deine Kinder. Frage dich einmal, was es Wichtigeres in deinem Leben geben kann.

Werdende Väter

Dieses Männerbuch richtet sich nicht nur an Väter, die mehr männliche Freude und intensiveren Kontakt mit ihren Kindern haben wollen oder nach einer Trennung nur noch Besuchs-Papas sind. Als zukünftiger Vater bietet dir dieses Buch die bestmögliche Vorbereitung auf den neuen und herausfordernden Lebensabschnitt.

Vaterschaft beginnt bei der gemeinsamen Entscheidung für ein Kind. Und auch bei der Schwangerschaft und Geburt kann der Vater eine entscheidende Rolle spielen. Aber lies selbst, wie du das erreichen kannst. Ich hoffe, dass dieses Buch viele werdende Väter lesen, so dass sie gestärkt ihre Vaterschaft beginnen und grundlegende Fehler von Anfang an vermeiden können.

www.bevaterung.de

Vieles fand in diesem Buch keinen Platz mehr. Dazu gehört weiterführendes psychologisches Material, Quellenangaben, Forschungen, Studien und Statistiken. Und vieles wie Internet-Links, Fotos oder Videos ist eben nur in digitaler Form sinnvoll. Einige konkrete Beispiele, wie man seine Kinder auf originelle Weise bevatert, kann man besser mit Fotos oder im Video darstellen.

Vor allem aber wollte ich dir die zahlreichen Geschichten von Vätern nicht vorenthalten. Herzenskrieger, also Männer, die das intensive Männer-Training bei mir durchlaufen haben, berichten von ihrem Umgang mit ihren Söhnen und Töchtern. Es sind persönliche, teils sehr intime, witzige und auch manchmal sehr außergewöhnliche Berichte. Sie alle berühren, weil sie authentisch und ungeschminkt beschreiben, was ein Vater erlebt, der seine Kinder aktiv bevatert.

Dies alles findest du auf der Website zum Buch:

www.bevaterung.de

Die Beziehung zum eigenen Vater

Dein Sohn lernt von dir, wie man seinen Vater behandelt

Die Vorbereitung für die eigene Vaterschaft führt zunächst zurück in die Vergangenheit: zu deinem eigenen Vater. Warum solltest du dich als (werdender) Vater mit deinem „Alten“ und eurer Beziehung auseinandersetzen? Damit du dieses zentrale Kapitel nicht einfach überspringst, sage ich es dir direkt ins Gesicht: Deine Kinder werden dich einmal genau so behandeln, wie du deinen Vater behandelst. Stell dir einmal selbst ehrlich folgende Fragen:

Wie häufig siehst du deinen Vater und sprichst mit ihm?

Ist das Verhältnis zu deinem Vater von Respekt, Anerkennung und Liebe
geprägt?

Bist du gern mit deinem Vater zusammen?

Oder sind es oberflächliche Pflichtbesuche?

Ist euer Verhältnis unterkühlt und distanziert oder herzlich und anteilnehmend?

Bist du stolz auf deinen Vater oder schämst du dich für ihn?

Verleugnest du deinen Vater oder stellst du ihn gern anderen vor?

Bist du stets bemüht, anders als er zu sein, oder akzeptierst du, dass ihr euch in vielem ähnlich seid?

Kritisierst du ihn und weißt alles besser oder würdigst du seine Art und sein Lebenswerk?

Beantworte diese Fragen ehrlich für dich. Und stell dir vor, wenn dich vielleicht in 20 Jahren deine eigenen Kinder beurteilen und dich genauso behandeln würden, wie du deinen Vater. Ich arbeite in Seminaren und Coachings lange genug mit Männern und nach über 25 Jahren auch immer häufiger mit deren Söhnen. Und ich sammle fast täglich neue Beispiele dafür, dass diese innere Haltung dem Vater gegenüber „weitervererbt“ wird. Natürlich nicht im genetischbiologischen Sinne, sondern durch Beobachtung und Nachahmung. Kleine Kinder beobachten sehr genau das Verhalten von Erwachsenen, ganz besonders ihrer primären Bezugspersonen. Und sie bekommen sehr genau mit, wie deine Haltung zu deinem Vater ist. Natürlich können sie Unterhaltungen noch nicht verstehen. Aber auf eine gewisse Art erleichtert das sogar, die innere Haltung einer Person und den emotionalen Gehalt eines Gesprächs zu erfassen. Sie spüren sehr genau, ob du dich freust, deinen Vater zu sehen, und du ihn liebst oder aber nur genervt und besserwisserisch bist. Sie spüren, ob du froh bist, wenn er wieder geht, oder ob du ihn gern in deiner Nähe hast. Kinder spüren sogar versteckte, für Erwachsene nicht wahrnehmbare emotionale und psychologische Muster wie Schuldgefühle, Vorwürfe oder Wut, die unterdrückt wird. Sie können dies nicht verbalisieren, aber sie prägen sich dies ein. Du kannst deinen Kindern dabei auch nichts vorspielen, sie fühlen die Wahrheit. Wenn du deinem Vater gegenüber höflich bist, aber innerlich voller Abwehr gegen ihn, dann bemerken sie dies an nonverbalen Kleinigkeiten in deinem Verhalten: Deine Stimme wird gepresster und härter, die Sätze kürzer, dein Muskeltonus angespannter, deine Pupillen enger und dein Atem unrhythmischer. Und noch zahlreiche weitere Details deines Verhaltens nehmen sie unbewusst auf. Denn egal, was du tust, was du sagst und was du emotional ausdrückst: Du bist als Vater das Vorbild für deine Kinder und gibst ihnen Orientierung. Und sie lernen von dir, wie man mit seinem Vater umgeht. Es prägt sich als grundlegendes emotionales Muster und als Grundüberzeugungen ein. Sie können sich zwar später gedanklich von deinem Verhalten gegenüber deinem Vater distanzieren, doch in der Regel wirken die unbewussten, frühkindlichen Muster über die Jahre sehr viel stärker und nachhaltiger als bewusste Entscheidungen. In unzähligen Familienaufstellungen habe ich dies Männer sehr genau erleben sehen – oft genug schockiert über die langfristigen Konsequenzen ihres eigenen Verhaltens.

Du bist so wie dein Vater

Mit 20 versuchst du, als Rebell das genaue Gegenteil deines Vaters zu sein, und lehnst ihn ab. Mit 30 merkst du, dass es gewisse Ähnlichkeiten gibt, die dich aber extrem stören. Mit 40 fängst du an, die Nähe deines Vaters zu suchen und dich für ihn zu interessieren. Mit 50 lernst du, ihm zu danken und ihn wieder zu lieben. Und mit 60 realisierst du, dass ihr euch im Grunde verdammt ähnlich seid.

Jeder Vater gibt das Beste, was er zu geben hat, an seine Kinder weiter. Bei jedem Männertraining frage ich in die Runde, ob es jemanden gibt, der seine Kinder nicht liebt. Bislang hat sich dazu und zu der Frage, ob sich jemand nicht wünscht, dass seine Kinder vieles besser machen als er selbst, noch niemand gemeldet. Jeder Vater wünscht sich, dass sein Sohn über ihn hinauswachsen möge. Er möchte, dass er nicht dieselben Fehler wie er macht, das gleiche Leid, Verluste oder Schmerzen erlebt. Der Vater wünscht seinem Sohn häufig, dass er das realisieren möge, woran er selbst gescheitert ist.

Auch dein Vater hat dir das Beste gegeben, was er zu geben imstande war. Aus seinem besten, schnellsten und potentesten Spermium von vielen Millionen bist du entstanden. Und er wünschte sich genau wie du, dass sein Sohn ein glückliches und erfolgreiches Leben führt. Was das allerdings genau bedeutet, darin gehen die Vorstellungen je nach Generation, Bildung, Status, Beruf, Religion, Philosophie, Lebenserfahrung und vielen anderen Faktoren sehr weit auseinander. Und jeder Vater ist begrenzt in seiner Sichtweise und geprägt durch bestimmte Erfahrungen. Hier drei typische Beispiele:

1.Wenn der Vater unter permanenten finanziellen Sorgen litt und deshalb einiges in seinem Leben nicht realisieren konnte, dann legt er Wert darauf, dass sein Sohn einmal finanziell gut ausgesorgt hat.

2.Wenn ein Vater durch Leichtsinnigkeit einen schweren Unfall oder Verlust erlebte, der ihn sein Leben lang verfolgte, dann wird er seinem Sohn Sicherheitsdenken und Vorsicht bei allem vermitteln.

3.Wenn der Vater an einer Krankheit litt, dann wird er sehr viel Wert auf gesunde Ernährung und sämtliche ärztliche Vorsorgeuntersuchungen legen.

Diese verkürzten Beispiele sollen deutlich machen: Was der Vater dem Sohn wünscht und was er ihm vermitteln will, ist sehr subjektiv geprägt. Oft ist es genau das, was der Sohn später beim Vater ablehnt. Die Vorwürfe können dann lauten:

1.Du denkst nur ans Geld und an materielle Sicherheit! Mir ist aber anderes im Leben wichtiger.

2.Du bist ein Angsthase! Ich will spontan sein, meinen Impulsen folgen und etwas wagen im Leben.

3.Deine Fixierung auf Krankheiten nervt! Solange ich nicht echte Schmerzen habe, gehe ich doch nicht zum Arzt. Und ich esse einfach, was mir schmeckt.

Später im Leben merkt man dann, dass man das zentrale Lebensthema oder emotionale Grundmuster des Vaters wiederholt – ein Thema mit Variationen, geprägt durch die andere Zeit, in der man lebt. Doch das sehen die meisten erst im Nachhinein, wenn es zu spät ist. Entscheidend ist hierbei, sich als Sohn bewusst zu machen, welche Absichten der Vater verfolgte, wenn er Belehrungen aussprach oder Tipps gab, die man oft als nervig oder penetrant erlebte: Er wünschte sich für seinen Sohn, dass er nicht das gleiche Leid erlebte wie er. Wertschätze dies und danke deinem Vater dafür – das bewirkt manchmal Wunder!