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der bitcoin-standard

die dezentrale alternative zum zentralbankensystem

aus dem englischen übersetzt
von claus bertermann

Mit freundlicher Unterstützung von

bitcoin-schweiz.ch GmbH

Der Bitcoinwegweiser

Ausserdem möchte der Aprycot Verlag folgenden Personen für Ihre Unterstützung danken:

Daniela Anna, Jeff Gallas, Oliver Gugger, Max Hillebrand, Julian Liniger, Marko Puclin und Sven Tröndle

DIESES BUCH IST MEINER FRAU UND MEINER TOCHTER GEWIDMET, DIE MIR EINEN GRUND ZUM SCHREIBEN GEBEN, SOWIE SATOSHI NAKAMOTO, DER MIR EIN THEMA GAB, ÜBER DAS ES SICH ZU SCHREIBEN LOHNT.

INHALTSVERZEICHNIS

Über den Autor

Vorwort

Prolog

Kapitel 1Geld

Kapitel 2Primitive Gelder

Kapitel 3Monetäre Metalle

Warum Gold?

Das Goldene Zeitalter Roms und dessen Niedergang

Byzanz und die byzantinischen Goldmünzen

Die Renaissance

Die Belle Époque

Kapitel 4Staatliches Geld

Monetärer Nationalismus und das Ende der Freien Welt

Die Zwischenkriegszeit

Der Zweite Weltkrieg und Bretton Woods

Die Erfolgsbilanz von staatlichem Geld

Kapitel 5Geld und Zeitpräferenz

Monetäre Inflation

Sparen und Vermögensbildung

Innovationen: Zero to Onevs. One to Many

Blütezeit der Kunst

Kapitel 6Das Informationssystem des Kapitalismus

Kapitalmarkt-Sozialismus

Konjunkturzyklen und Finanzkrisen

Solide Basis für den Handel

Kapitel 7Solides Geld und individuelle Freiheit

Sollte ein Staat die Geldmenge verwalten?

Unsolides Geld und ewiger Krieg

Limitierte vs. allmächtige Regierungen

Der Finanzierungsexzess

Kapitel 8Digitales Geld

Bitcoin als digitales Geld

Angebot, Wert und Transaktionen

Anhang zu Kapitel 8

Kapitel 9Wofür ist Bitcoin gut?

Wertspeicher

Individuelle Souveränität

Internationale- und Online-Abwicklung

Globale Recheneinheit

Kapitel 10Fragen zu Bitcoin

Ist Bitcoin-Mining eine Zeit- und Ressourcenverschwendung?

Außer Kontrolle: Warum niemand Bitcoin ändern kann

Antifragilität

Ist Bitcoin skalierbar?

Ist Bitcoin für Kriminelle?

Wie man Bitcoin vernichtet: Ein Leitfaden für Anfänger

Altcoins

Blockchain-Technologie

Danksagungen

Literaturverzeichnis

Online-Ressourcen

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Index

ÜBER DEN AUTOR

Saifedean Ammous ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Libanese American University und Mitglied des Center on Capitalism and Society an der Columbia University. Er hat einen Doktortitel in Nachhaltiger Entwicklung von der Columbia University.

VON NASSIM NICHOLAS TALEB

VORWORT

Begutachten wir einmal die aktuelle Situation in der wir uns befinden. Wir sind, während ich diese Zeilen schreibe, Zeugen eines umfassenden Aufstands gegen eine Klasse von Fachleuten in Bereichen, die für uns größtenteils schwer zu verstehen sind, wie zum Beispiel die Makroökonomie. Disziplinen in denen der „Experte“ nicht nur häufig kein Experte ist, sondern nicht einmal weiß, dass er es nicht ist. Dass die früheren Federal Reserve-Chefs Greenspan und Bernanke die empirische Realität kaum begriffen hatten, haben wir leider erst zu spät entdeckt: Man kann Makro-Bullshit länger als Mikro-Bullshit predigen, weshalb wir sehr darauf achten müssen, wem man zentralisierte Großentscheidungen überlässt.

Viel schlimmer war jedoch, dass alle Zentralbanken nach dem gleichen Modell arbeiteten, wodurch sie eine perfekte Monokultur darstellen.

In komplexen Disziplinen bündeln sich die Fachkenntnisse nicht: In einer organischen Realität werden Aufgaben verteilt, wie F. A. Hayek überzeugend gezeigt hat. Hayek jedoch verwendet den Begriff des verteilten Wissens. Nun sieht es jedoch so aus, als bräuchten wir nicht einmal den Wissensteil, damit die Dinge gut laufen. Wir brauchen auch keine individuelle Rationalität. Alles was wir brauchen ist Struktur.

Dies bedeutet nicht, dass alle Teilnehmer demokratisch ihren Teil zu einer Entscheidung beitragen. Ein einzelner motivierter Teilnehmer kann das Pendel überproportional bewegen (was ich als Asymmetrie der Minderheitenregel untersucht habe). Aber jeder Teilnehmer hat die Möglichkeit, dieser eine Teilnehmer zu sein.

Aus irgendeinem Grund entwickelt sich aus einer Skalentransformation ein wunderbares Ergebnis: Rationale Märkte verlangen nicht, dass ein einzelner Händler rational handelt. Tatsächlich funktionieren diese besser ohne Intelligenz. Auch eine Menschenmenge ohne Intelligenz funktioniert – wenn die richtigen Strukturen vorhanden sind – besser, als ein Management im Stil der Sowjetunion, bei dem wenige maximal intelligente Menschen zum Einsatz kommen.

Deshalb ist Bitcoin eine ausgezeichnete Erfindung. Er erfüllt die Bedürfnisse des komplexen Systems, nicht weil er eine Kryptowährung ist, sondern gerade weil er keinen Besitzer hat, und keiner Autorität unterliegt, welche über sein Schicksal entscheiden kann. Er gehört nur der Allgemeinheit, seinen Usern, und hat mittlerweile eine mehrjährige erfolgreiche Historie, die ausreicht, um ihn als ernstzunehmenden Akteur zu betrachten.

Damit andere Kryptowährungen mit Bitcoin konkurrieren können, müssen diese über ebensolche Hayeksche Eigenschaften verfügen.

Bitcoin ist eine Währung ohne Regierung. Man könnte sich nun fragen: Hatten wir nicht schon Gold, Silber und andere Metalle, eine andere Art von Währungen ohne Regierung? Nicht ganz. Wenn Sie Gold handeln, handeln Sie zum Ortspreis in Hongkong und erhalten dort am Ende Aktienanteile, die Sie möglicherweise nach New Jersey verschieben müssen. Banken kontrollieren die Depots und Regierungen kontrollieren die Banken (oder eher, Banker und Regierungsbeamte arbeiten, höflich gesagt, eng zusammen). Bitcoin hat also bei Transaktionen einen großen Vorteil gegenüber Gold: Die Abwicklung erfordert keine spezielle Depotbank. Keine Regierung kann kontrollieren, welchen persönlichen Schlüssel Sie in Ihrem Kopf haben.

Letztendlich wird Bitcoin Höhen und Tiefen durchleben. Er mag scheitern, aber dann wird es leicht sein, ihn neu zu erfinden, denn wir wissen jetzt, wie es funktioniert. In ihrem jetzigen Zustand ist die Währung möglicherweise nicht für Transaktionen geeignet, also nicht gut genug, um Ihren entkoffeinierten Espresso Macchiato bei Ihrer lokalen, tugendhaften Kaffeekette zu kaufen. Bitcoin kann zu volatil sein, um bereits heute eine Währung zu sein. Aber er ist die erste organische Währung.

Bereits seine bloße Existenz ist eine Versicherungspolice, welche die Regierungen daran erinnern wird, dass das letzte Element, welches das Establishment kontrollieren konnte, nämlich die Währung, nicht mehr ihr Monopol ist. Dies ist für uns, die Masse, eine Versicherung gegen eine Orwellsche Zukunft.

Nassim Nicholas Taleb,

22. Januar 2018

PROLOG

Am 1. November 2008 sendete ein Computerprogrammierer unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto eine E-Mail an eine Kryptographie-Mailingliste, um bekannt zu geben, dass er ein „neues elektronisches Zahlungssystem, das vollständig Peer-to-Peer und ohne vertrauenswürdige Dritte funktioniert“, entwickelt hat.1 Er fügte eine Zusammenfassung des Dokuments bei, worin das Design erläutert wurde, und einen Online-Link zur Vollversion. Im Wesentlichen bot Bitcoin ein Zahlungsnetzwerk mit eigener Währung an und verwendete eine ausgeklügelte Methode, mit der die Mitglieder alle Transaktionen überprüfen konnten, ohne auf ein einzelnes Mitglied des Netzwerks vertrauen zu müssen. Die Währung wird zu einer vorher festgelegten Rate ausgegeben, um die Mitglieder zu belohnen, die ihre Rechenleistung für die Überprüfung der Transaktionen aufgewendet haben und damit ihre Arbeit zu belohnen. Das Aufregende an dieser Erfindung war, dass sie – im Gegensatz zu vielen anderen bisherigen Versuchen, ein digitales Bargeld zu etablieren – tatsächlich funktionierte.

Obwohl es sich um eine intelligente und ordentliche Entwicklung handelte, gab es nicht viel, was darauf hindeutete, dass ein so eigenartiges Experiment irgendjemanden interessieren würde, vielleicht mit Ausnahme der Kryptographie-Geeks. Monatelang war dies der Fall, da sich kaum ein paar Dutzend Nutzer weltweit dem Netzwerk anschlossen und sich in Form von Mining und dem Versenden von Coins engagierten. Die Coins begannen den Status von Sammlerstücken zu erlangen, wenn auch in digitaler Form.

Im Oktober 2009 verkaufte eine Internetbörse2 5.050 Bitcoins für 5,02 $, also zu einem Preis von 1$ für 1.006 Bitcoins, was den ersten registrierten Kauf von Bitcoins mit Geld darstellte.3 Der Preis wurde berechnet, indem der Stromverbrauchswert gemessen wurde, der zur Herstellung eines Bitcoins benötigt wird. In wirtschaftlicher Hinsicht war dieser entscheidende Moment der wohl bedeutendste in der Geschichte von Bitcoin. Denn Bitcoin war nun nicht mehr nur ein digitales Spiel, das innerhalb einer Randgruppe von Programmierern gespielt wurde; es war zu einem Marktgut mit einem Preis geworden, was darauf hindeutete, dass irgendwo irgendjemand eine positive Wertbemessung dafür entwickelt hatte. Am 22. Mai 2010 zahlte jemand anderes 10.000 Bitcoins, um zwei Pizzen im Wert von 25 $ zu kaufen, was das erste Mal war, dass Bitcoin als Tauschmittel verwendet wurde. Der Token hatte sieben Monate gebraucht, um vom Marktgut zum Tauschmittel zu werden.

Seitdem ist das Bitcoin-Netzwerk stark gewachsen in Bezug auf die Anzahl der Benutzer und Transaktionen und die dafür erforderliche Rechenleistung, während der Wert seiner Währung schnell gestiegen ist und ab November 2017 bei über 7.000$ pro Bitcoin lag.4 Nach acht Jahren ist klar, dass es sich bei dieser Erfindung nicht mehr nur um ein Online-Spiel handelt, sondern um eine Technologie, die den Markttest bestanden hat und von Vielen für reale Zwecke genutzt wird, wobei der Wechselkurs der Währung neben den Wechselkursen der nationalen Währungen regelmäßig im Fernsehen, in Zeitungen und auf Websites dargestellt wird.

Bitcoin kann am besten als verteilte oder distribuierte Software verstanden werden, die eine Wertübertragung in einer Währung ermöglicht, die vor unerwarteter Inflation geschützt ist, ohne auf vertrauenswürdige Dritte angewiesen zu sein. Mit anderen Worten automatisiert Bitcoin die Funktionen einer modernen Zentralbank und macht sie vorhersehbar und praktisch unveränderlich, indem er sie in einen dezentralisierten Softwarecode einbettet, der von Tausenden von Netzwerkmitgliedern verwendet wird und von denen keiner die Software ohne die Zustimmung des anderen ändern kann. Damit ist Bitcoin das erste nachweislich zuverlässige Einsatzbeispiel für digitales Bargeld und digitales hartes Geld. Während Bitcoin eine neue Erfindung des digitalen Zeitalters ist, ist das Problem, das es zu lösen vorgibt – nämlich eine Form des Geldes, das unter der vollen Kontrolle seines Besitzers steht und langfristig seinen Wert halten wird – so alt wie die menschliche Zivilisation selbst. Dieses Buch stellt eine Sichtweise dieser Probleme vor, die auf dem jahrelangen Studium dieser Technologie und der damit verbundenen wirtschaftlichen Probleme basiert, die sie löst, und zeigt, wie verschiedene Gesellschaften im Laufe der Geschichte Lösungen dafür gefunden haben. Meine Schlussfolgerung mag diejenigen überraschen, die Bitcoin als Betrug oder List von Spekulanten und Befürwortern bezeichnen, um einen schnellen Gewinn zu erzielen. Tatsächlich verbessert Bitcoin frühere Lösungen zur Wertspeicherung, und die Anwendbarkeit von Bitcoin als solides oder gesundes Zahlungsmittel im digitalen Zeitalter könnte viele Neinsager überraschen.

Aus der Geschichte kann man vorhersagen was kommen wird, besonders wenn man sie genau betrachtet. Und die Zeit wird zeigen, wie gut sich der in diesem Buch beschriebene Sachverhalt entwickeln wird. Der erste Teil des Buches erklärt das Geld, seine Funktionen und Eigenschaften. Als Ökonom mit technischem Hintergrund habe ich immer versucht, eine Technologie im Hinblick auf die Probleme zu verstehen, die sie zu lösen vorgibt und die es ermöglichen, ihre funktionale Essenz zu identifizieren und sie von zufälligen, kosmetischen und unbedeutenden Merkmalen zu trennen. Indem man die Probleme versteht, die das Geld zu lösen versucht, wird es möglich zu erklären, was solides und unsolides Geld ausmacht. Man kann dann diesen konzeptionellen Rahmen anwenden, um zu verstehen, wie und warum verschiedene Güter wie Muscheln, Perlen, Metalle und Staatsgeld der Funktion des Geldes gedient haben und wie und warum sie dabei versagt haben oder den Bedürfnissen einer Gesellschaft dienten, Werte zu speichern und zu tauschen.

Der zweite Teil des Buches diskutiert die individuellen, sozialen und globalen Implikationen von soliden und unsoliden Geldformen im Laufe der Geschichte. Solides Geld ermöglicht es den Menschen, langfristig zu denken und mehr für die Zukunft zu sparen und zu investieren. Langfristiges Sparen und Investieren sind der Schlüssel zur Kapitalbildung und zum Fortschritt der menschlichen Zivilisation. Geld ist das Informations- und Messsystem einer Volkswirtschaft, und solides Geld ermöglicht Handel, Investitionen und Unternehmertum auf einer soliden Grundlage, während unsolides Geld diese Prozesse in Unordnung bringt. Solides Geld ist auch ein wesentliches Element einer freien Gesellschaft, da es ein wirksames Bollwerk gegen despotische Regierungen darstellt.

Der dritte Abschnitt des Buches erklärt den Betrieb des Bitcoin-Netzwerks und seine wichtigsten wirtschaftlichen Merkmale, analysiert die Einsatzmöglichkeiten von Bitcoin als Form von solidem Geld, und diskutiert einige Anwendungsfälle, für die Bitcoin nicht gut geeignet ist, und geht auf einige der häufigsten Missverständnisse und Vorurteile ein.

Dieses Buch wurde geschrieben, um dem Leser zu helfen, die Ökonomie von Bitcoin zu verstehen und wie es als digitale Variante der vielen Technologien fungiert, die im Laufe der Geschichte zur Erfüllung der Funktionen des Geldes verwendet wurden. Dieses Buch ist keine Werbung oder Einladung zum Kauf der Bitcoin-Währung. Ganz im Gegenteil. Der Wert von Bitcoin dürfte zumindest für eine Weile volatil bleiben; das Bitcoin-Netzwerk kann aus welchen vorhersehbaren oder unvorhersehbaren Gründen auch immer erfolgreich sein oder scheitern; und seine Nutzung erfordert technische Kompetenz und birgt Risiken, die es für viele Menschen ungeeignet machen. Dieses Buch bietet keine Anlageberatung, sondern soll dazu beitragen, die wirtschaftlichen Eigenschaften des Netzwerks und seines Betriebs aufzuklären, um dem Leser ein fundiertes Verständnis zu vermitteln, bevor er entscheidet, ob er es nutzen will.

Nur mit diesem Verständnis und erst nach umfangreicher und gründlicher Erforschung der praktischen betrieblichen Aspekte des Besitzes und der Speicherung von Bitcoins sollte man erwägen, einen bestimmten Wert in Bitcoin zu halten. Während der Anstieg des Marktwertes von Bitcoin dazu führen kann, dass eine Investition wie ein No-Brainer erscheint, bietet ein genauerer Blick auf die unzähligen Hacks, Angriffe, Betrügereien und Sicherheitsfehler, die viele Nutzer ihre Bitcoins gekostet haben, eine ernüchternde Warnung für jeden, der denkt, dass der Besitz von Bitcoins einen garantierten Gewinn bietet. Sollten Sie nach der Lektüre dieses Buches der Meinung sein, dass die Bitcoin-Währung etwas ist, das es wert ist erworben zu werden, sollten Sie Ihre erste Investition nicht in den Kauf von Bitcoins tätigen, sondern in die erforderliche Zeit um zu verstehen, wie man Bitcoins sicher kauft, speichert und besitzt. Es liegt in der Natur von Bitcoin, dass dieses Wissen nicht delegiert oder ausgelagert werden kann. Es gibt keine Alternative zur persönlichen Verantwortung für jeden, der an der Nutzung dieses Netzwerks interessiert ist, und das ist die eigentliche Investition, die getätigt werden muss, um Bitcoin zu nutzen.

  1Die vollständige E-Mail finden Sie im Archiv des Satoshi Nakamoto Institute mit allen bekannten Schriften von Satoshi Nakamoto, verfügbar unter www.nakamotoinstitute.org

  2Der inzwischen nicht mehr existierende New Liberty Standard.

  3Nathaniel Popper, Digital Gold (Harper, 2015).

  4Mit anderen Worten hat sich ein Bitcoin in den acht Jahren, in denen die Währung als Marktgut fungierte, um das fast acht Millionenfache erhöht, oder genau 793.513.944 % von seinem ersten Preis von 0,000 994 $ auf sein Allzeithoch zum Zeitpunkt des Schreibens, in Höhe von 7.888 $.

KAPITEL 1

GELD

Bitcoin ist die neueste Technologie, die alle Voraussetzungen mit sich bringt, um die Funktionen eines Geldes zu erfüllen – eine Erfindung, welche die technologischen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters nutzt, um ein Problem zu lösen, das die Menschheit bereits seit Urzeiten beschäftigt: Wie man einen wirtschaftlichen Wert über Zeit und Raum hinwegbewegt. Um Bitcoin zu verstehen, muss man zunächst Geld verstehen, und um Geld zu verstehen, gibt es keine andere Möglichkeit, als die Funktion und die Geschichte des Geldes zu studieren.

Der einfachste Weg für Menschen, Werte zu tauschen, ist der gegenseitige Austausch von werthaltigen Gütern. Dieser Prozess des direkten Austauschs wird als Tauschhandel bezeichnet, ist aber nur im kleinen Kreis mit nur wenigen produzierten Waren und Dienstleistungen praktikabel. In einer hypothetischen Wirtschaft von einem Dutzend Menschen, die von der Welt isoliert sind, gibt es nicht viel Raum für Spezialisierung und Handel; in diesem Fall wäre es möglich, dass jeder Einzelne sich an der Produktion der wesentlichen Überlebensgrundlagen beteiligt und diese direkt mit anderen austauscht. Der Tauschhandel hat in der menschlichen Gesellschaft immer existiert und existiert bis heute, aber er ist höchst unpraktisch und wird nur in Ausnahmefällen eingesetzt, in der Regel unter Beteiligung von Menschen, die einander vollkommen vertraut sind.

In einer hochentwickelten und umfangreicheren Wirtschaft ergibt sich die Möglichkeit für Einzelpersonen, sich auf die Produktion von mehr Gütern zu spezialisieren und sie mit viel mehr Menschen auszutauschen – Menschen, mit denen sie keine persönlichen Beziehungen haben, Fremde, mit denen es völlig unpraktisch wäre, eine fortlaufende Liste über Güter, Dienstleistungen und Gefälligkeiten zu führen. Je größer der Markt, desto mehr Möglichkeiten der Spezialisierung und des Austausches sind vorhanden, aber desto größer ist auch das Problem der Übereinstimmung von Bedürfnissen – was man selbst erwerben will, wird von jemandem produziert, der das eigene Angebot nicht benötigt. Das Problem ist komplexer, als nur unterschiedliche Anforderungen an verschiedene Güter zu haben, da es drei verschiedene Dimensionen des Problems gibt.

Erstens stimmen die Skalen nicht ausreichend miteinander überein: Was man benötigt, ist vielleicht nicht gleichwertig mit dem, was man besitzt, und eine Aufteilung in kleinere Einheiten ist unter Umständen nicht praktikabel. Stellen Sie sich vor, Sie wollen Schuhe im Gegenzug für ein Haus verkaufen. Sie können das Haus weder in kleinen Stücken kaufen, die jeweils einem Paar Schuhe entsprechen, noch will der Hausbesitzer alle Schuhe besitzen, deren Wert dem des Hauses entspricht. Zweitens gibt es selten eine Übereinstimmung des Zeitrahmens:: Was Sie verkaufen wollen, ist möglicherweise verderblich, aber was Sie kaufen wollen, ist haltbarer und wertvoller, was es schwierig macht, genug von Ihrem verderblichen Gut anzuhäufen, um es zu einem bestimmten Zeitpunkt gegen das haltbare Gut einzutauschen. Es ist nicht einfach, genügend Äpfel zu sammeln, um sie auf einmal gegen ein Auto einzutauschen, da sie verrotten, bevor das Geschäft seinen Abschluss findet. Drittens gibt es einen Mangel an Übereinstimmung der Standorte: Beispielsweise könnten Sie ein Haus an einem Ort verkaufen wollen, um ein Haus an einem anderen Ort zu kaufen, und (die meisten) Häuser können nicht bewegt werden. Diese drei Probleme machen den direkten Tausch sehr unpraktisch und führen dazu, dass man mehrere Ebenen des Austauschs finden muss, um wirtschaftliche Bedürfnisse zu befriedigen.

Der einzige Weg, dies zu umgehen, ist der des indirekten Austauschs: Man versucht, ein anderes Gut zu finden, das eine andere Person benötigt, und findet jemanden, der es gegen das eintauscht, was man verkaufen will. Dieses Zwischenprodukt ist ein Tauschmittel, und während jedes Gut als Tauschmittel dienen kann, wird es mit zunehmendem Umfang und zunehmender Größe der Wirtschaft unpraktisch, ständig nach unterschiedlichen Gütern zu suchen, die von der Gegenpartei gerade benötigt werden, und mehrere Tauschgeschäfte für jeden Tausch durchführen zu müssen, den sie eigentlich vornehmen wollen. Eine weitaus effizientere Lösung wird sich von selbst ergeben, und sei es nur, weil diejenigen, die darauf zurückgreifen, weitaus produktiver sein werden als diejenigen, die darauf verzichten: Dadurch entsteht ein einziges Tauschmittel (oder höchstens eine kleine Anzahl von Tauschmitteln), gegen das jeder seine Waren eintauschen kann. Ein solches Gut, das die Rolle eines weit verbreiteten Tauschmittels übernimmt, nennt man Geld.

Die zentrale Funktion des Geldes ist es, Tauschmittel zu sein. Anders ausgedrückt ist Geld ein Gut, das weder gekauft wurde, um konsumiert zu werden (ein Konsumgut), noch um bei der Herstellung anderer Güter eingesetzt zu werden (eine Investition oder ein Investitionsgut), sondern um in erster Linie gegen andere Güter getauscht zu werden. Während Investitionen auch dazu bestimmt sind, Einnahmen zu erzielen, die gegen andere Güter eingetauscht werden sollen, unterscheiden sie sich vom Geld in drei Aspekten: Erstens bieten sie eine Rendite, die das Geld nicht bietet; zweitens sind sie immer mit einem Ausfallrisiko verbunden, während Geld das geringste Risiko tragen sollte; drittens sind Investitionen weniger liquide als Geld, da jedes Mal, wenn sie ausgegeben werden, erhebliche Transaktionskosten anfallen. Dadurch können wir lernen zu verstehen, warum es immer eine Nachfrage nach Geld geben wird und warum Investitionen Geld niemals vollständig ersetzen werden. Unsicherheit wird im menschlichen Leben als gegeben hingenommen und der Mensch kann niemals mit Sicherheit sagen, zu welchem Zeitpunkt er wie viel Geld brauchen wird.1 Es gilt daher in praktisch allen menschlichen Kulturen als gesunder Menschenverstand und alte Weisheit, dass der Einzelne einen Teil seines Vermögens in Form von Geld aufbewahren sollte, weil es der liquideste, mögliche Besitz ist, der dem Besitzer bei Bedarf schnell zur Verfügung steht, und auch weil es weniger Risiko mit sich bringt als jede Investition. Der Preis für die Bequemlichkeit, Bargeld aufzubewahren, ist der Verzicht auf Konsum sowie entgangene Gewinne, die durch Investitionen mit diesem Bargeld hätten getätigt werden können.

Durch die Untersuchung menschlicher Entscheidungen in Marktsituationen hat Carl Menger, der Vater der Österreichischen Wirtschaftsschule und Begründer der Grenzanalyse, im Bereich der Wirtschaftswissenschaften zum Verständnis der wichtigsten Eigenschaft beigetragen, die es ermöglicht, dass Waren auf dem Markt wie Geld frei gehandelt werden: die Verkäuflichkeit – die Leichtigkeit, mit der eine Ware auf dem Markt verkauft werden kann, wann immer ihr Besitzer es will und mit dem geringsten Wertverlust.2

Es gibt im Prinzip keine Vorschriften darüber, was als Geld verwendet werden kann und was nicht. Jede Person, die sich entscheidet, etwas zu kaufen, nicht um es zu besitzen, sondern mit dem Ziel, es gegen etwas anderes einzutauschen, macht es de facto zu Geld, und so, wie die Menschen unterschiedlich sind, sind es auch ihre Meinungen und Entscheidungen darüber, was Geld ausmacht. Im Laufe der menschlichen Geschichte hat vieles die Funktion des Geldes erfüllt: Gold und Silber, vor allem aber auch Kupfer, Muscheln, große Steine, Salz, Rinder, Papiergeld, Edelsteine und in einigen Fällen sogar Alkohol und Zigaretten. Die Entscheidungen der Menschen sind subjektiv, und so gibt es keine „richtige“ und „falsche“ Wahl des Geldes. Entscheidungen haben jedoch Konsequenzen.

Die relative Verkäuflichkeit von Gütern lässt sich daran messen, wie gut sie die drei Aspekte des oben erwähnten Problems des Mangels der Übereinstimmung der Bedürfnisse lösen: ihre Verkäuflichkeit über Skalen, Raum und Zeit hinweg. Eine Ware, die skalenübergreifend verkäuflich ist, kann einfach in kleinere Einheiten aufgeteilt oder zu größeren Einheiten zusammengefasst werden, so dass der Besitzer sie in jeder gewünschten Menge verkaufen kann. Eine ortsunabhängige Verkäuflichkeit deutet darauf hin, dass es einfach ist, das Gut zu transportieren oder auf Reisen mitzunehmen, und das hat dazu geführt, dass gute Geldmedien im Allgemeinen einen hohen Wert pro Gewichtseinheit aufweisen. Beide Eigenschaften können leicht von zahlreichen Waren erfüllt werden, welche die Funktion von Geld einnehmen können. Das dritte Element, die Verkäuflichkeit im Laufe der Zeit, ist jedoch das Wichtigste.

Die Verkäuflichkeit eines Guts im Laufe der Zeit bezieht sich auf seine Fähigkeit, den Wert für die Zukunft zu bewahren, wodurch der Besitzer in der Lage ist, Vermögen aufzubewahren. Dies ist zugleich die zweite Funktion des Geldes: die Speicherung von Wert. Damit ein Gut im Laufe der Zeit verkaufsfähig bleibt, muss es immun gegen Fäulnis, Korrosion und andere Arten des Verfalls sein. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass jeder, der dachte, er könne sein Vermögen langfristig in Fisch, Äpfeln oder Orangen sichern, seine Lektion auf die harte Tour lernen musste und vermutlich sehr wenige Gründe hatte, sich um die langfristige Sicherung seines Vermögen Gedanken zu machen. Die physische Unversehrtheit im Laufe der Zeit ist jedoch eine notwendige, aber unzureichende Voraussetzung für die langfristige Verkäuflichkeit, da es sein kann, dass ein Gut erheblich an Wert verliert, selbst wenn sein physischer Zustand unverändert bleibt.

Damit das Gut seinen Wert behält, ist es ebenso notwendig, dass das Angebot des Guts nicht zu stark zunimmt, solange es dem Inhaber gehört. Ein gemeinsames Merkmal aller Geldformen im gesamten Lauf der Geschichte ist die Existenz irgendeines Mechanismus, der die Produktion neuer Einheiten des Guts einschränkt, um den Wert der bestehenden Einheiten zu erhalten. Die relative Schwierigkeit, neue Geldeinheiten zu produzieren, bestimmt die Härte des Geldes: Geld, dessen Angebot schwer zu erhöhen ist, wird als hartes Geld bezeichnet, während weiches Geld eine Art von Geld ist, dessen Angebot sich leicht vergrößern lässt.

Wir können die Härte des Geldes verstehen, indem wir uns zwei verschiedene Größen verdeutlichen, die mit der Bereitstellung eines Guts zusammenhängen: (1) Der Bestand, der das vorhandene Angebot des Guts darstellt, bestehend aus allem, was in der Vergangenheit produziert wurde, abzüglich allem, was verbraucht oder zerstört wurde und (2) der Neuzugang, der die zusätzliche Produktion darstellt, die im kommenden Zeitraum stattfindet. Das Verhältnis zwischen Bestand (Stock) und Neuzugang (Flow) ist ein zuverlässiger Indikator für die Härte eines Gutes, welches als Geld genutzt wird, und wie sehr es dazu geeignet ist, eine monetäre Rolle zu spielen. Ein Gut, das ein niedriges Stock-to-Flow-Verhältnis hat, ist eines, dessen vorhandenes Angebot drastisch erhöht werden kann, wenn Menschen es als Wertanlage nutzen. Ein derartiges Gut würde vermutlich kaum seinen Wert halten können, wenn es als Wertanlage verwendet würde. Je höher jedoch das Stock-to-Flow-Verhältnis ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Gut seinen Wert im Laufe der Zeit behält und somit dauerhaft verkaufsfähig bleibt.3

Würde man eine harte Währung mit einem hohen Stock-to-Flow-Verhältnis als Wertanlage wählen, dann würde der Aufkauf einer solchen Währung und dessen Aufbewahrung die Nachfrage erhöhen, was zu einem Anstieg des Preises führen würde, was wiederum die Produzenten dazu anregen würde, mehr davon zu produzieren. Da jedoch der Neuzugang im Vergleich zum bestehenden Angebot gering wäre, ist es unwahrscheinlich, dass selbst ein starker Anstieg der Neuproduktion den Preis deutlich drücken würde. Wenn man hingegen beschließt, sein Vermögen in weichem Geld mit einem niedrigen Stock-to-Flow-Verhältnis zu lagern, wäre es für die Produzenten dieses Guts unsinnig, sehr große Mengen davon zu produzieren, weil dies den Preis drücken, das Gut entwerten, das Vermögen der Sparer enteignen und die Verkäuflichkeit des Guts im Laufe der Zeit zerstören würde.

Ich nenne das gerne die Falle des weichen Geldes: Bei allem, was als Wertanlage verwendet wird, erhöht sich das Angebot, und alles, dessen Angebot leicht erhöht werden kann, wird den Reichtum derjenigen zerstören, die es als Wertanlage verwenden. Die logische Folge dieser Falle ist, dass alles, was erfolgreich als Geld verwendet wird, über einen natürlichen oder künstlichen Mechanismus verfügen muss, der den Neuzugang des Guts zum Markt einschränkt und seinen Wert über die Zeit aufrechterhält. Damit folglich etwas eine monetäre Rolle übernehmen kann, muss es kostspielig in der Produktion sein, denn sonst zerstört die Versuchung der billigen Geldproduktion den Reichtum der Sparer und den Anreiz, in diesem Medium zu sparen.

Wann immer eine natürliche, technologische oder politische Entwicklung zu einer schnellen Angebotserhöhung des monetären Guts führt, wird das Gut seinen monetären Status verlieren und durch andere Tauschmedien mit einem zuverlässigeren hohen Stock-to-Flow-Verhältnis ersetzt werden, wie im nächsten Kapitel besprochen wird. Muscheln wurden in einer Zeit als Geld verwendet, als sie schwer zu finden waren, und lose Zigaretten werden als Geld in Gefängnissen verwendet, weil sie schwer zu beschaffen oder zu produzieren sind. Mit den nationalen Währungen verhält es sich ebenso: Je geringer die Steigerungsrate des Angebots ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Währung von Einzelpersonen gehalten wird und ihren Wert im Laufe der Zeit behält.

Als die moderne Technologie den Import und Fang von Muscheln einfach machte, wechselten die Gesellschaften, die sie verwendeten, zu Metall- oder Papiergeld, und wenn eine Regierung das Angebot ihrer Währung vergrößert, wechseln ihre Bürger zu Fremdwährungen, Gold oder anderen zuverlässigeren Geldwerten. Das zwanzigste Jahrhundert hat uns leider eine enorme Anzahl solcher tragischen Beispiele geliefert, insbesondere aus Entwicklungsländern. Die monetären Medien, die am längsten überlebt haben, sind diejenigen, die sehr zuverlässige Mechanismen bieten, um ihr Angebotswachstum einzuschränken – mit anderen Worten: hartes Geld. Zwischen den monetären Medien herrscht jederzeit ein lebendiger Wettbewerb, dessen Ausgang durch die Auswirkungen der Technologie auf das unterschiedliche Stock-to-Flow-Verhältnis der Wettbewerber vorgegeben ist, wie im nächsten Kapitel gezeigt wird.

Während es den Menschen im Allgemeinen freisteht, beliebige Waren als Tauschmittel zu verwenden, ist es in der Realität so, dass diejenigen, die hartes Geld verwenden, im Laufe der Zeit am meisten davon profitieren, da ihr Tauschmittel aufgrund des vernachlässigbaren neuen Angebots nur wenig an Wert verliert. Diejenigen, die sich für weiches Geld entscheiden, müssen wahrscheinlich mit einem Wertverlust rechnen, wenn das Angebot rasch wächst und somit der Marktpreis sinkt. Sei es durch weitblickende rationale Berechnung oder aufgrund der zurückliegenden harten Lektionen der Realität. Die Mehrheit des Geldes und des Reichtums wird sich auf diejenigen konzentrieren, die sich für die härtesten und verkaufsfähigsten Formen des Geldes entscheiden. Doch die Härte und Verkäuflichkeit der Güter selbst ist nicht etwas, das im Laufe der Zeit festgeschrieben bleibt. Mit den technologischen Fähigkeiten der unterschiedlichen Gesellschaften und Epochen hat sich auch die Härte der unterschiedlichen Geldformen und damit ihre Verkäuflichkeit geändert. Tatsächlich wurde die Wahl, welches Geld das Beste ist, immer von den technologischen Voraussetzungen der Gesellschaften bestimmt, die die Verkäuflichkeit verschiedener Güter definieren. Daher gehen österreichische Ökonomen bei ihrer Definition von solidem Geld selten dogmatisch oder objektivistisch vor, da sie es nicht als ein bestimmtes Gut oder eine Ware definieren, sondern als Geld, das frei auf dem Markt von den Menschen, die mit ihm handeln, gewählt wird, ihnen nicht durch Zwangsbefugnisse auferlegt und dessen Wert durch Marktinteraktion und nicht durch staatliche Auferlegung bestimmt wird.4 Der marktwirtschaftliche monetäre Wettbewerb ist gnadenlos effizient bei der Produktion von solidem Geld, da er nur jenen, die das richtige Geld wählen, erlaubt, im Laufe der Zeit einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens zu erhalten. Eine Regierung muss einer Gesellschaft das härteste Geld nicht aufzwingen. Die Gesellschaft wird es lange vor der Regierungsbildung entdeckt haben, und jede staatliche Einmischung, wenn sie denn Wirkung zeigen sollte, würde nur dazu dienen, den Prozess des monetären Wettbewerbs zu behindern.

Die individuellen und gesellschaftlichen Gesamtauswirkungen von hartem und weichem Geld sind weitaus tiefgreifender als bloße finanzielle Verluste oder Gewinne und stellen ein zentrales Thema dieses Buches dar, das in den Kapiteln 5, 6 und 7 ausführlich behandelt wird. Diejenigen, die in der Lage sind, ihr Vermögen in einer guten Wertanlage anzulegen, werden wahrscheinlich erfolgreicher für die Zukunft planen als diejenigen, die schlechte Wertanlagen verwenden. Die Stabilität monetärer Medien und ihre Fähigkeit, ihren Wert im Laufe der Zeit zu halten, sind wichtige Faktoren dafür, wie sehr Einzelpersonen die Gegenwart der Zukunft vorziehen, ihre sogenannte Zeitpräferenz, ein weiteres zentrales Thema dieses Buches.

Neben dem Stock-to-Flow-Verhältnis ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Verkäuflichkeit eines monetären Mediums seine Akzeptanz durch andere. Je mehr Menschen ein monetäres Medium akzeptieren, desto liquider ist es, und desto wahrscheinlicher ist es, dass es ohne große Verluste gekauft und verkauft werden kann. Wie Computerprotokolle belegen, ist es in sozialen Umgebungen mit vielen Peer-to-Peer-Interaktionen selbstverständlich, dass Währungen entstehen, die den Handel dominieren, da es sich immer mehr lohnt, einem Netzwerk beizutreten, je größer dieses ist. So dominieren Facebook und eine Handvoll anderer Social-Media-Netzwerke den Markt, obwohl viele hundert fast identische Netzwerke geschaffen und beworben wurden. Ebenso muss jedes Gerät, das E-Mails sendet, das IMAP/POP3-Protokoll für den Empfang von E-Mails und das SMTP-Protokoll für den Versand verwenden. Es wurden jedoch viele andere Protokolle entwickelt, die durchaus ebenso gut verwendet werden könnten, aber fast niemand nutzt sie, weil dies den Benutzer daran hindern würde, mit fast allen zu interagieren, die heute E-Mails verwenden, weil diese standardmäßig auf IMAP/POP3 und SMTP beruhen. Ebenso war es beim Geld unvermeidlich, dass sich ein Gut oder eine geringe Anzahl bestimmter Güter als Haupttauschmittel durchsetzen würden, da eine leichte Tauschbarkeit am wichtigsten ist. Ein Tauschmittel wird, wie eingangs erwähnt, nicht aufgrund seiner eigenen Eigenschaften, sondern aufgrund seiner Verkaufsfähigkeit erworben.

Darüber hinaus ermöglicht die breite Akzeptanz eines Tauschmittels, dass alle Preise im Rahmen seiner Bedingungen ausgedrückt werden, was es ihm ermöglicht, die dritte Funktion des Geldes zu erfüllen: die der Recheneinheit. In einer Wirtschaft ohne anerkanntes Tauschmittel muss jedes Gut im Verhältnis zu jedem anderen Gut bewertet werden, was zu einer großen Anzahl von Preisen führt und wirtschaftliche Kalkulationen äußerst schwierig gestaltet. In einer Volkswirtschaft mit einem Tauschmittel werden die Preise aller Güter in Bezug auf dieselbe Recheneinheit ausgedrückt. In einer solchen Gesellschaft dient Geld als Maßstab für die Messung von zwischenmenschlichen Werten; es belohnt die Produzenten in dem Maße, in dem sie einen Wertbeitrag für andere leisten, und es zeigt den Verbrauchern an, wie viel sie für die Beschaffung ihrer gewünschten Güter bezahlen müssen. Erst mit einem einheitlichen Tauschmedium als Recheneinheit wird eine komplexe wirtschaftliche Kalkulation möglich, und damit die Möglichkeit der Spezialisierung auf komplexe Aufgaben, Vermögensbildung und große Märkte. Das Funktionieren einer Marktwirtschaft ist abhängig von den Preisen, und die Preise sind genaugenommen abhängig von einem gemeinsamen Tauschmittel, das die relative Knappheit der verschiedenen Güter widerspiegelt. Wenn es sich um weiches Geld handelt, wird die Fähigkeit des Herausgebers, die Menge ständig zu erhöhen, es daran hindern, die Opportunitätskosten genau abzubilden. Jede unvorhersehbare Veränderung der Geldmenge würde seine Rolle als Maß für den zwischenmenschlichen Wert und als Quelle für Wirtschaftsinformationen verzerren.

Ein einziges Tauschmittel zu haben, ermöglicht es, dass die Wirtschaft so groß wird, bis sie der Anzahl von Menschen entspricht, die bereit sind, dieses Tauschmittel zu nutzen. Je größer eine Wirtschaft ist, desto größer die Möglichkeiten, Gewinne aus dem Austausch und der Spezialisierung zu erzielen, und, was vielleicht noch wichtiger ist, desto länger und komplexer kann die Produktionsstruktur werden. Die Produzenten können sich auf die Herstellung von Investitionsgütern spezialisieren, die erst nach längeren Intervallen zu Endverbrauchsgütern werden, wodurch produktivere und bessere Produkte ermöglicht werden. In einer primitiven Kleinwirtschaft bestand die Struktur der Fischproduktion darin, dass Einzelpersonen an die Küste gingen und mit bloßen Händen Fische fingen, wobei der gesamte Prozess von Anfang bis Ende nur einige Stunden dauerte. Im Zuge des Wirtschaftswachstums werden anspruchsvollere Werkzeuge und Investitionsgüter eingesetzt, deren Herstellung die Dauer des Produktionsprozesses erheblich verlängert und gleichzeitig die Produktivität erhöht. In der modernen Welt werden Fische mit hoch entwickelten Schiffen gefangen, deren Bau Jahre dauert und die über Jahrzehnte betrieben werden. Diese Schiffe sind in der Lage, Meere zu befahren, die kleineren Schiffen verwehrt bleiben, und produzieren so Fisch, der sonst nicht verfügbar wäre. Die Schiffe können ungünstigen Witterungsbedingungen trotzen und unter sehr schwierigen Bedingungen weiter produzieren, wohingegen weniger kapitalintensive Schiffe nutzlos im Hafen liegen bleiben würden. Die Akkumulation des Kapitals verlängerte zwar den Prozess an sich, jedoch führte sie zu erhöhter Produktivität pro Arbeitseinheit, und es können überlegene Produkte produziert werden, die für die primitive Wirtschaft mit einfachen Werkzeugen und ohne Kapitalakkumulation nie möglich waren. Nichts davon wäre möglich, wenn Geld nicht die Rolle a) des Tauschmittels inne hätte, um eine Spezialisierung zu ermöglichen, b) der Wertanlage, um Zukunftsorientierung zu schaffen und den Einzelnen zu motivieren, Ressourcen für Investitionen anstelle von Konsum zu verwenden und c) der Recheneinheit, um eine wirtschaftliche Berechnung der Gewinne und Verluste zu ermöglichen.

Die Evolutionsgeschichte des Geldes hat verschiedene Güter in der Rolle des Geldes mit unterschiedlichen Härtegraden und Soliditäten hervorgebracht, die von den technologischen Fähigkeiten jeder Epoche abhängen. Von Muscheln über Salz, Vieh, Silber, Gold und durch Gold abgesichertes Staatsgeld bis hin zur derzeitigen fast universellen Verwendung von staatlich bereitgestellten Zahlungsmitteln – jeder Schritt des technologischen Fortschritts hat es uns ermöglicht, eine neue Form von Geld mit zusätzlichen Vorteilen, aber wie immer auch mit neuen Fallstricken einzusetzen. Indem wir die Geschichte der Werkzeuge und Materialien untersuchen, die im Laufe der Geschichte in der Rolle des Geldes eingesetzt wurden, sind wir in der Lage, jene Eigenschaften zu erkennen, die gutes Geld von schlechtem Geld unterscheiden. Nur vor diesem Hintergrund können wir verstehen, wie Bitcoin funktioniert und welche Rolle es als monetäres Medium spielt.

Das nächste Kapitel untersucht die Geschichte von geheimnisvollen Artefakten und Objekten, die im Laufe der Geschichte als Geld verwendet wurden, von den Rai-Steinen der Yap-Inseln, über Muscheln in Amerika bis hin zu Glasperlen in Afrika und Rindern und Salz in der Antike. Jedes dieser Tauschmedien diente der Funktion des Geldes über einen Zeitraum, in dem es der Bevölkerung eines der besten verfügbaren Stock-to-Flow-Verhältnisse bot, wurde jedoch aufgegeben, als es diese Eigenschaft verlor. Das Verständnis, wie und warum dies geschah, ist entscheidend für das Verständnis der zukünftigen Entwicklung des Geldes und der wahrscheinlichen Rolle, die Bitcoin dabei spielen wird. Kapitel 3 geht auf die Analyse von monetären Metallen ein und wie Gold während der Ära des Goldstandards am Ende des 19. Jahrhunderts zum wichtigsten monetären Metall der Welt wurde. Kapitel 4 analysiert den Übergang zu staatlichen Geldern und deren bisherige Entwicklung. Nachdem in den Kapiteln 5, 6 und 7 die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der verschiedenen Arten von Geld diskutiert werden, stellt Kapitel 8 die Erfindung von Bitcoin und dessen monetäre Eigenschaften vor.

  1Eine Diskussion darüber, wie die Unsicherheit der Zukunft der wichtigste Treiber der Nachfrage nach Geldhaltung ist, finden Sie in Ludwig von Mises’ Menschliches Handeln, S. 250. Gäbe es keine Unsicherheiten bezüglich der Zukunft, würde man seine gesamten Ein- und Ausgaben im Voraus kennen und optimal planen können, so dass man niemals Bargeld anhäufen müsste. Da jedoch die Unsicherheit ein unvermeidlicher Teil des Lebens ist, muss man weiterhin Geld besitzen, damit man die Möglichkeit hat, Geld auszugeben, ohne die Zukunft zu kennen.

  2Carl Menger, “On the Origins of Money,” Economic Journal, Band 2 (1892): 239  255; Übersetzt von C. A. Foley.

  3Antal Fekete, Whither Gold? (1997). Gewinner des Internationalen Währungspreises 1996, gesponsert von Bank Lips.

  4Joseph Salerno, Money: Sound and Unsound (Ludwig von Mises Institute, 2010), Seiten xiv-xv.

KAPITEL 2

PRIMITIVE GELDER

Unter allen historischen Geldformen, mit denen ich mich befasst habe, ähneln die Rai-Steine der Yap-Inseln, die heute Teil der Föderierten Staaten von Mikronesien sind, den Funktionen von Bitcoin am meisten. Wenn wir uns verdeutlichen, wie die aus Kalkstein gehauenen großen, runden Steine als Geld fungierten, ist dies später in Kapitel 8 hilfreich, um die Arbeitsweise von Bitcoin zu erläutern. Die bemerkenswerte Geschichte darüber, wie die Rai-Steine ihre Rolle als Währung verlieren konnten, dient als Lehrbeispiel darüber, wie Geld seinen monetären Stellenwert verliert, sobald seine Härte schwindet.

Die Rai-Steine, die als Geld dienten, waren von unterschiedlicher Größe, bis hin zu großen kreisförmigen Scheiben mit einem Loch in der Mitte und mit einem Gewicht von bis zu vier Tonnen. Die Steine stammen nicht aus Yap, wo keine Kalksteinvorkommen zu finden waren, sondern wurden aus dem benachbarten Palau oder Guam herbeigebracht. Die Schönheit und Seltenheit dieser Steine machte sie auf Yap begehrenswert und ehrwürdig, aber die Beschaffung stellte sich als äußerst mühsam heraus, da man die Steine abbauen und schließlich mit Flößen und Kanus herbeischaffen musste. Der Transport dieser Felsen erforderte Hunderte von Menschen, und als sie Yap schließlich erreichten, wurden sie an einem für alle Einwohner bekannten Ort aufgestellt, so dass sie für jeden zu sehen waren. Der Besitzer des Steins konnte ihn als Zahlungsmittel verwenden, ohne dass er ihn bewegen musste. Er musste lediglich allen Bürgern des Ortes verkünden, dass das Eigentum am Stein nun an den Empfänger übergegangen war. Die ganze Stadt erkannte das neue Eigentum an dem Stein an und der Empfänger konnte ihn sodann für eine Zahlung verwenden, wann immer er wollte. Es gab praktisch keine Möglichkeit den Stein zu stehlen, da allen die Besitzverhältnisse bekannt waren.

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