Wie ich leichter Leben kann
Altgewohnte Sichtweisen überholen
Wie ich leichter Leben kann
Altgewohnte Sichtweisen überholen
Heinrich Guggenbiller
Copyright: © 2014 Heinrich Guggenbiller
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-7375-2105-5
Ich bin froh und dankbar, dass ich selbst durch ein paar Menschen auf meinem Weg Hilfe erfahren habe, wie ich leichter leben kann. Leichter, als wie ich es von früh an gelernt habe – nämlich mich immer anstrengen zu müssen, damit ich angenommen bin und es mir gut gehen kann.
Neben meinem eigenen Wohlergehen ist es mir auch ein Anliegen, zum Wohl anderer Menschen beizutragen, die sich ihrerseits nach mehr Leichtigkeit sehnen.
Als Psychotherapeut habe ich dazu besondere Gelegenheit bei Menschen, die sich mir über nunmehr 40 Jahre hinweg anvertrauen. Dabei habe ich vielerlei Variationen kennen gelernt, womit sich jemand unabsichtlich –weil gewohnt - das Leben erschwert. Es gibt ja ganz unterschiedliche Reaktionen sowohl auf das, was unerwünscht von außen kommt, als auch auf das, was gewohnheitsmäßig von innen kommt. Reaktionen, mit denen sich nur schwer leben lässt, und auch solche - durch Überholen altgewohnter Sichtweisen -, womit das Leben leichter wird. Letzteres mit Menschen zu erarbeiten ist mir eine befriedigende Tätigkeit. Und daraus sind mir als Früchte der gemeinsamen Arbeit – nach meinem Buch „Meinen Frieden finden“ (Junfermann 2010) – inzwischen weitere Texte erwachsen; kurze Texte zu einzelnen Stichworten, mit denen häufig ein Problem benannt wird.
Mit Dank an die Menschen, die sich mir anvertraut haben, möchte ich die bisher eingebrachte und in diesem Band gesammelte geistige Ernte auch anderen Menschen zur Verfügung stellen.
Es würde mich sehr freuen, wenn der eine oder andere Text auch Sie, verehrte/r Leser/in zu mehr Leichtigkeit im Leben anregen mag.
Wenn jemand mir gegenüber missgestimmt ist, zieht mich das prompt herunter. Dies ist mir sehr zuwider, lästig. Aber ich weiß mir nicht zu helfen. Ich kann doch das, was geschieht, nicht ändern. Muss mein Erleben also immer so bleiben?
Es ist wahr, dass ich nicht ändern kann, was draußen geschieht, ob jemand unzufrieden, schlecht gelaunt ist oder nicht. Aber wieso zieht es mich herunter? Habe ich es vielleicht auf mich bezogen, nicht dort gelassen, wo es zunächst war? Wiegt es schwer in meiner Hand, weil ich es zu mir genommen habe?
Offenbar tue ich dies, ohne dass es mir bewusst ist, - früher so gelernt? Ja mir ist oft passiert, dass andere ihre Unzufriedenheit an mir ausgelassen, mich dafür verantwortlich gemacht haben. Und wenn sie böse auf mich waren, habe ich gedacht, ich wäre schuld daran. Ich habe mir ihre Reaktion als maßgeblich zu eigen gemacht. Und dazu neige ich offenbar immer noch, ohne dass mir dies klar ist.
Wohl deshalb meine ich bisher, von draußen Kommendes würde mich herunterziehen. Erst allmählich entdecke ich, dass herunterziehen mich nur das kann, was ich zu mir nehme, mir selbst auflade.
Diese Erkenntnis will ich nützen. Ich will auf meinen Umgang mit fremder Unzufriedenheit achten. Ich will sie sehen und gelten lassen bei demjenigen, bei dem sie ist. Aber statt sie wie bisher auf mich zu beziehen, persönlich zu nehmen, will ich lieber schauen, was dem Unzufriedenen fehlt, was er gern hätte. Das bedeutet nicht, dass dann doch wieder ich dafür zuständig bin. Ich erkenne: Es liegt am Unzufriedenen erst einmal selbst, sein unerfülltes Bedürfnis zu erforschen und für dessen Erfüllung zu sorgen. Wenn er dazu von mir etwas braucht, kann er mich darum bitten. Und ich will frei entscheiden, wozu ich bereit bin.
Fremde Unzufriedenheit wird mich dann nicht mehr automatisch herunterziehen.
Ich kann oft schlecht ertragen, wie mit mir umgegangen wird. Ich kann es nicht ertragen, wenn über mein Tun geurteilt wird und wie manche über mich reden. Ich leide darunter, weiß mir aber nicht zu helfen. Müsste ich lernen, solches besser zu ertragen? Oder wäre die Alternative, Kontakt mit Menschen zu meiden?
„Im Kontakt mit anderen muss man einfach viel ertragen“, so kenne ich es. Und so denke ich selbst bisher gewöhnlich, fällt mir jetzt auf. Bin ich es von früh an gewohnt, ertragen zu müssen, wie auch immer ein anderer sich mir gegenüber verhält? Habe ich, weil mir dies normal vorkommt, bisher gar nicht geschaut, wie ich zum Ertragen komme? Und was heißt Ertragen eigentlich?
Tragen tue ich etwas, wenn ich Gesehenes zu mir nehme. Solange ich etwas nur sehe, habe ich nichts zu tragen. Auch wenn ich bewusst nach etwas greife, weil es mir wichtig ist, spreche ich nicht von Ertragen. Zum Ertragen komme ich, wenn ich etwas mir Missfallendes zu mir herhole, es nehme, aus der Vorstellung, dies zu müssen.
Ich merke: Erst dadurch, dass ich Wahrgenommenes auf mich beziehe, persönlich nehme, komme ich zum Tragen; erst dadurch, dass ich Kritik von jemandem für maßgeblich halte, habe ich etwas zu schleppen; erst dadurch, dass ich wichtig nehme, wie über mich wohl gedacht wird, empfinde ich Missmut. Wenn ich dann noch warte, bis der andere mir erlaubt, meine - selbst genommene - Last abzulegen, habe ich wirklich keine Wahl gegenüber Ertragen.
All das kann ich jetzt erkennen. Dass ich bisher aber unter Ertragen leide, geschieht nicht aus Dummheit. Still zu ertragen, wie mit mir umgegangen wird, war als Kind der einzige Weg für mich, eher akzeptiert und gemocht zu werden. Ich war doch auf die Erwachsenen angewiesen und es war ratsam, das einfach zu nehmen, was sie mir geben konnten. So ist mir Ertragen zur Gewohnheit geworden.
Dass mein Bedürfnis nach Selbstbestimmung dabei zu kurz kommt, kann ich erst heute erkennen. Als Erwachsener kann ich frei entscheiden, was von jemand anderem ich gerne haben will. Und falls ich wieder vorschnell etwas nehme, wie gewohnt, und es dann merke, ist es auch nicht zu spät. Ich muss nicht erst darauf warten, ob der Andere es mir abnimmt. Ich kann es selbst wieder weglegen.
Als Erwachsener kann ich für die Erfüllung meiner Bedürfnisse selbst sorgen. So werde ich frei von Ertragen.
Freundlichkeit ist mir wichtig im Umgang miteinander! Danach sehne ich mich wie nach Sonne, die uns anlacht. Aber ich erlebe oft, wie jemand aggressiv reagiert oder abfällig über jemanden redet. Und ich leide arg darunter, wünsche mir wertschätzenden Umgang miteinander.
Ich halte inne: Wenn ich so arg leide, bin ich dann mit mir selbst gut verbunden? Oder bin ich dann mehr beim Anderen und beschäftige mich mit seinem unerwünschten Verhalten? - Ich reibe mich oft an letzterem, selbst wenn es einem anderen gilt. Und wenn es mir gilt, überlege ich blindlings, ob ich nicht selbst schuld daran bin. Dabei weiß ich gar nicht, was der wirkliche Grund dafür ist. Wenn mir dies dann bewusst wird, ärgere ich mich über mich selbst. Am Ende bin ich noch mehr frustriert.
Offenbar nützt mir alles Denken nicht, wenn ich dieses gegen mich verwende. Dadurch versäume ich mein Betrübtsein über das fremde Verhalten als Signal zu nehmen und zu schauen, was mir gerade fehlt, was mir wichtig ist. Solange ich mich beim fremden Verhalten aufhalte, gerate ich eher in urteilendes Denken und werde ärgerlich. Dabei komme ich nicht in Kontakt mit dem eigenen unerfüllten Bedürfnis. Dies gelingt mir erst, wenn ich auch meinen Kummer beachte, den das fremde Tun bei mir auslöst.
Erst durch freundliche Aufmerksamkeit für mein eigenes Erleben nehme ich wahr, was ich vermisse, z.B. Freundlichkeit, wertschätzenden Umgang miteinander, und kann mich davon bewegen lassen. Dies hilft mir dann auch, mit unerwünschtem fremden Verhalten so umzugehen, wie es für mich passt: entweder zu sagen, was mir nicht gefällt und worauf ich Wert lege, oder, wenn im Moment nicht anders möglich, mich selber abgrenzen, nicht gegen den Andern sondern für mich, und bei mir bleiben.
Achtsamkeit im Umgang mit mir selbst nährt mein Bedürfnis nach Freundlichkeit.
Ich hasse es, den Frust von anderen abzukriegen, was im Alltag oft passiert. Ich hätte so gern, dass dies aufhört, aber wie? Ich bin ratlos, finde mich ohnmächtig, daran etwas zu ändern.
Von „abkriegen“ rede ich bisher, fällt mir jetzt auf.
`Kriegen´ meint umgangssprachlich einfach `bekommen´. `Ab-kriegen´ scheint darüber hinaus mit einzubeziehen, wie ich betroffen bin von dem, was da kommt: entweder freudig, wenn ich von einem Kuchen etwas abkriege, oder traurig, wenn ich fremden Frust abkriege.
Letzteres ist mir offensichtlich unangenehm. Aber wie passiert dies, frage ich mich jetzt? Kriege ich fremden Frust einfach dadurch ab, dass ihn jemand vor mir äußert? Oder spielt dabei auch mein Umgang damit eine Rolle? Lasse ich die Frust-Äußerung bei dem, der sie macht, oder hole ich sie automatisch zu mir her? Verliere ich dabei schnell mich aus dem Auge? Schaue ich gar nicht, ob ich mich davon anstecken lassen will? Ergeht es mir dann, wie wenn ein Eimer über mich ausgeschüttet würde?
Tatsächlich, so reagiere ich bisher gewöhnlich. Ich bin mit meiner Aufmerksamkeit überwiegend beim Anderen, sodass ich mich nicht abgrenzen kann. Ich habe es mir schon früh angeeignet, mich nach den Anderen zu richten, aus gutem Grund: um mir Liebe und Zugehörigkeit damit zu verdienen, in der Situation als Kind. Aber heute ist es anders; ich kann selbst für meine Bedürfnisse sorgen. Und dies will ich von jetzt an nützen.
Ich will darauf achten, dass der Pendel der Aufmerksamkeit auch zu mir immer wieder zurückkommt; dass er nicht beim Anderen hängen bleibt. Wenn jemand seinen Frust vor mir ausschüttet, will ich ihn damit achten. Ich will sein Erleben anerkennen, wenn ein Bedürfnis von ihm nicht erfüllt ist. Er braucht es wohl gerade, sich damit Luft zu machen und gehört zu werden. Aber dabei will ich es belassen. Ich will auch mich achten und mein Befinden; ich will wach bleiben für das, was in mir selbst gerade lebendig ist, und mich davon nicht abbringen lassen.
Wenn ich dies übe, werde ich schrittweise weniger abkriegen von dem, was mir nicht gut tut.
Bei manchem fremden Verhalten möchte ich, dass mein Partner für mich Partei ergreift und sich hinter mich stellt. Aber er tut es nicht und ich fühle mich dann im Stich gelassen. Wenn ich ihm dies sage, bekomme ich auch nicht zu hören, was ich möchte.