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Weidlichs Weisheiten
Winfried Weidlich
Copyright: © 2014 Winfried Weidlich
published by epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-7375-2535-0
Ich liebe die deutsche Sprache. Zugegeben, es ist die einzige, die ich kann. Zumindest einigermaßen. Denn beherrschen können sie nur wenige. Weil sie zu facettenreich, zu vielschichtig und zu kompliziert ist. Das beginnt schon bei der Zeichensetzung. Nehmen wir folgenden Satz: „ Der Mann sagt, die Frau kann nicht Tennis spielen.“ Einfache Aussage. Mit einem Komma. Den Wahrheitsgehalt lassen wir mal außen vor. Jetzt verschieben wir dieses Komma und bringen ein zweites dazu. „Der Mann, sagt die Frau, kann nicht Tennis spielen.“ Genau dieselben Worte. Und genau die gegenteilige Aussage. Faszinierend, nicht wahr?
Oder nehmen Sie das unscheinbare Wörtchen „man“. Das kann ganze Sätze völlig verändern. „ In Deutschland isst beim Essen das Auge mit. In China isst man beim Essen das Auge mit.“ Schon ein Unterschied, oder?
Unsere Muttersprache ist auch voller Doppeldeutigkeiten. Was halten Sie von dieser alten Mönchsregel: „ Wenn deine Augen eine Frau erblicken, schlage sie nieder.“ Ist eine „Wachstube“ die Stube einer Wache oder eine Tube, in der Wachs aufbewahrt wird? Oder was meint ein Chirurg, wenn er sagt: „Ich schneide bei meinen Patientinnen ganz gut ab.“ Mein Lieblingssatz in Doppeldeutigkeit: „Ein Single ist ein Mensch, dem zum Glück der Partner fehlt.“
Wir müssen sogar auf Groß- und Kleinschreibung Rücksicht nehmen. „Hören wir weise Reden oder Weise reden? Handelt es sich um eine schöne Naht oder naht eine Schöne? Nachdenkenswert: „Der Mensch ist Mittelpunkt“ oder „Der Mensch ist Mittel. Punkt.“ Und für Urlauber einer Karibik-Insel: „Er hat in Havanna liebe Genossen“ oder „Er hat in Havanna Liebe genossen.“
Und dann gibt es Worte mit so vielen Bedeutungen, dass man sie nur im Zusammenhang zuordnen kann.
Was kann ein Tor nicht alles sein. Eine größere Tür, ein Bauwerk aus Balken und Netz auf dem Fußballplatz, die Unterbringung eines Balles in eben diesem, ein Klemmenpaar an einem elektronischen Bauteil, eine Gesteinsformation, ein Hügel in England und natürlich nicht zuletzt eine Person mit unvernünftigem Verhalten. Das Jahrhunderttor fiel zweifellos 1966 in Wembley, der Jahrhunderttor war entweder der Mann, der von einer Brücke auf die Hochspannungsleitung pinkelte, um zu sehen, was passieren würde oder der Terrorist, der zu wenig Porto auf seine Briefbombe klebte und das zurück erhaltene Päckchen später selbst wieder öffnete. Nicht wirklich nachvollziehbar, oder?
Es ist auch schwierig, immer zwischen männlich und weiblich zu unterscheiden . Gast und Gästin? Hätte Grass nach der „Rättin” auch die „Buttin” schreiben können? Wie heißt die männliche Politesse? Politur? Und möchte in der Armee der weiblicheHauptmann wirklich Hauptfrau genannt werden? Die Gefährtin eines Fußballers ist eine Spielerfrau - wäre das Pendant Spielerinnenmann?
Und über den nächsten Satz habe ich nicht einmal mit meiner Frau zu sprechen gewagt: das Adjektiv zu Herr ist herrlich, aber wie heißt das Adjektiv zu Dame? Und wenn kleine Affen Äffchen heißen, wie heißen dann kleine Maden?
Natürlich sagen Sie als Leser und Leserin: der soll doch nur über Sachen schreiben, die er versteht. Recht haben Sie. Aber dann hätten Sie gar nichts zu lesen
Ich spiele jetzt 50 Jahre Schach, aber ich habe noch nie gegen einen gesunden Spieler gewonnen. (Joseph Henry Blackburne 1841 - 1924)
Und ich dachte immer, dies sei ein tennisspezifisches Phänomen. Ist es wohl nicht. Wohl eher ein menschliches. Oder am Ende gar nur ein männliches?
Da spielst du stundenlang gegen einen, der keine Anzeichen eines gesundheitlichen Handicaps aufweist, bekommst aber nach der gewonnen Partie erklärt : "Ich habe schon seit Wochen eine Erkältung in mir. Normal hätte ich nie verloren."
Aber Hand aufs Herz: wenn wir Männer eine Erkältung haben und die Körpertemperatur bedrohliche 37,3 Grad zeigt, liegen wir jammernd und wimmernd im Bett und rufen die weibliche Dienerschaft um Hilfe an. In diesem Zustand bleibt nicht einmal ein Gedanke an Sex, geschweige denn an Sport und da soll sich ein so Gebeutelter auf den Tennisplatz geschleppt haben? Wer soll das glauben? Und wie sollen wir Gesunde uns wehren? Die folgenden Erfahrungen hat fast jeder von uns schon gemacht:
Du hast einen wirklich guten Tag und liegst gegen einen starken Gegner deutlich vorn. Plötzlich greift sich dieser nach einem längeren Ballwechsel mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Wade.
Regel 1: Ignorieren! Einfach ignorieren und weiterspielen. Niemals fragen: "Was hast Du?" oder ähnlich mitfühlende Äußerungen von sich geben. Wenn er beim Seitenwechsel diese stinkende Pferdesalbe aus der Tasche holt und sich damit einreibt oder noch hinterlistiger: dich bittet, ihn einzureiben, weil er nicht an seine wahrscheinlich gerissene Sehne in der Wade kommt:
Regel 2: Ignorieren! Nur kein Mitleid! Sag ihm, Du bist allergisch gegen Pferdesalbe! Oder dass deine künstliche Hüfte auch höllisch schmerzt. Wenn er bei den nächsten Ballwechseln nicht mehr zu allen Bällen läuft und er leise, aber für dich natürlich deutlich hörbar "Ich kann nicht mehr! Ich kann nicht mehr!" murmelt, jetzt aufpassen:
Regel 3: Er darf dir in keinem Fall leid tun und es darf dir nicht peinlich sein, gewinnen zu wollen. Du wirst ihn schonen wollen (falsch!), du wirst in deinem Spiel einen Gang zurückschalten (falsch!), du wirst nachdenken, warum er nicht endlich aufgibt (falsch!), und ab jetzt wirst du wahrscheinlich Fehler über Fehler produzieren. Und wenn bei deinem Gegner - den Begriff Partner würde ich in diesem Fall ungern verwenden - auf einmal eine Wunderheilung eintritt und er wieder rennt wie ein Hase, hast du deinen Rhythmus, deine Sicherheit und am Ende auch das Match verloren.
Auch bei anderen Tricks sollte man auf der Hut sein:
Blutdruckmessgeräten, die wie zufällig aus der Tennistasche ragen, keinerlei Beachtung schenken.
Gegner, die auffällig ihre Herzgegend massieren, um "den Herzschrittmacher zu aktivieren", mit Nichtachtung strafen
Frauen, die ihrem Mann, der natürlich dein Gegner ist, um 16 Uhr lautstark verkünden: "Denk dran, dass wir um 18 Uhr Gäste haben und sei pünktlich" aber auch nicht einen Hauch von Glauben schenken
Und sei höllisch auf der Hut, wenn ein Spieler der gegnerischen Mannschaft dir im Vertrauen erzählt, dass dein Gegner vor zwei Tagen seine Frau an seinen besten Freund verloren hat und nur spielt, "damit die Mannschaft vollzählig ist". Glaub es nicht, denn nach dem Spiel wird diese Frau deinen Gegner herzen und küssen ob seines Sieges gegen dich Leichtgläubigen und Beeinflussbaren.
Und traue keinem Bandagierten: Was angeblich gegen Tennisellbogen oder Muskelverhärtung helfen soll, dient oft nur dazu, Pickel am Oberarm, knorrige, verdorrte Knie oder mickrige Waden zu verdecken.
Sag dir immer: wer auf dem Platz steht, um Tennis zu spielen, ist fit, egal , was er sagt, egal, was er trägt und egal, ob er den Tennisplatz nur kriechend erreicht hat. Wenn er nicht fit ist, soll er das Tennisspielen lassen oder gleich aufgeben.
Bei folgendem Spielertypen aber musst du höllisch aufpassen:
Wenn einer mit dem Maßband kommt und die Höhe des Netzes in der Mitte ( 91,4 cm) misst, die Breite oder den Durchmesser der Netzpfosten (15 cm), Höhe der Einzelstützen (107 cm), Breite dieser Einzelstützen ( 7,5 cm), die Entfernung von der Mitte der Stütze bis zu Aussenkante der Einzellinie (91,4 cm) und die Höhe des Gurtes, der das Netz niederhält ( 5cm), dann hast du einen wirklichen Tennistheoretiker vor dir. Er wird dir spielerisch nicht Paroli bieten können, aber mit seinen Regelkenntnissen, die er natürlich zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit von sich gibt, wird er dich wahnsinnig machen.
Mit so einem musst du ganz allein fertig werden.
Diäten gibt es eine Unmenge. Unter ihnen sind ausgesprochen sinnvolle wie die Diäten von Abgeordneten. Davon kann man leben. Gut sogar. Von anderen Diäten kann man das nicht immer sagen. Ich habe sie untersucht, die Diäten.
Mich fasziniert die One Day Diät. Sechs Tage in der Woche isst man wie gewohnt. Am siebten Tag stehen nur Kräutertee, Molke, Wasser und verdünnte Säfte auf dem Speiseplan. Das machen wir Tennisspieler doch schon seit Jahren. Jeden Mittwoch nach dem Frühstück fahre ich zu irgendeinem Punktspiel. Manchmal weit weg. In Orte, von denen kein Mensch je gehört hat: Espelkamp-Mittwald, Duvenstedt-Wohldorf-Ohlstedt , Düsseldorf. Da spielen wir dann Tennis. Vor dem Einzel eine Banane, beim Einzel eine Banane, zwischen Einzel und Doppel ( na, was wohl?) eine Banane und beim Doppel die vierte Banane des Tages. Dazu viel Wasser. Abends gibt es zwar etwas zu essen, aber wer hat nach vier Bananen überhaupt noch Appetit? Und Bananen stopfen. Die bist sie du erst am Samstag oder Sonntag wieder los.
Eine andere Diät heißt Forever young. Ich bin 65 Jahre. Da ist nichts mehr mit forever young. Für die Ayurveda-Diät ( älter als 3000 Jahr) und die Steinzeit-Diät dagegen bin selbst ich noch nicht alt genug. Brigitte-Diät und Vollweib-Diät passen auch nicht. In meiner Tennis-Truppe heißt niemand Brigitte und ein Vollweib ist auch nicht darunter. Da bin ich trotz meiner Kurzsichtigkeit sicher.
Dafür habe ich die Blitz-Diät ausprobiert. Bei Gewitter vor das Haus gegangen und auf Abnehmen gehofft. Außer nass geworden ist nichts passiert. Die Kohlsuppen-Diät wird allenthalben als erfolgreich gepriesen. Hat aber einen Nachteil. Was nutzt dir dein reduziertes Gewicht, wenn du nach einer Woche Kohlsuppen-Diät keinen einzigen Freund mehr hast. Nach vier Wochen dieser Diät hast du nicht einmal mehr Haustiere und selbst Asseln und Milben verlassen fluchtartig dein Bett.
Und welch wunderschöne Namen diese Diäten haben: Abnehmen mit Genuss, Blutgruppen-Diät, Pfundskur oder Hollywood-Stardiät. Wunderschöne Namen, aber ob die was nutzen, habe ich noch nicht ausprobiert. Abnehmen mit Vernunft passt ja nun für Männer gar nicht und die Chiplisten-Diät hat mir meine Frau erklären müssen. Da war die Liste mit meinem Lieblingschips fast schon fertig. Die Trennkost-Diät hat mir nicht gefallen, weil ich gerne mit meiner Frau an einem Tisch esse, die Mayo-Diät kommt für mich nicht in Frage, weil ich zu meinen Pommes immer Ketchup nehme und nach meiner Blumen-Diät konnte sich meine Frau mehrere Wochen nicht mehr in ihrem Blumenladen sehen lassen.
Manche propagieren die Schalttage-Diät, also Tage, an denen man nur 800 Kalorien oder gar nur Wasser zu sich nimmt. Da bietet sich doch der 29. Februar an. Hat man wenigstens nur alle vier Jahr Last damit. Und für die Mittelmeer-Diät habe ich in Castrop-Rauxel nicht das richtige Mittelmeer-Gefühl. Fast alle Diäten, egal was sie versprechen, haben einen Nachteil: du wirst nicht wirklich satt. Außer bei der berühmten FDH-Diät: Fritten, Döner, Hamburger.
Ich persönlich bevorzuge eindeutig die Glyx-Diät. Nur in einer anderen Schreibweise. Ich esse alles, was meine Frau mir vorsetzt. Weil sie wirklich gut kocht und ich wirklich gerne esse. Glücks-Diät eben. Und zum Essen trinke ich Rotwein. Soll gesund sein wegen der Tannine. Täglich ein Glas soll man trinken. Sagen die Wissenschaftler. Oder waren das die Winzer?