Die Macher

Das schnellste Buch der Welt geht in die nächste Runde: Gemeinsam mit der Berliner Zeitung, der Deutschen Journalistenschule (DJS) und der Self-Publishing-Plattform epubli vertreibt die re:publica drei eBooks mit den wichtigsten Trends und Themen von einer der größten Digital-Konferenzen weltweit. Unterstützt von Redakteurinnen und Redakteuren der Berliner Zeitung dokumentieren die Nachwuchsjournalisten der DJS auch in diesem Jahr die Top-Themen der re:publica jeden Tag in einem re:publica Reader (#rdr15). Für alle, die nicht an der re:publica teilnehmen konnten und für jene, die die Highlights noch einmal in Ruhe nachlesen möchten.

Die Partner des re:publica Readers:

Deutsche Journalistenschule

Die DJS ist die renommierteste Journalistenschule in Deutschland. Seit 1949 wurden hier mehr als 2000 Studenten zu Redakteuren ausgebildet. Absolventen arbeiten heute in Redaktionen aller Medien, in Agenturen, als Korrespondenten im In- und Ausland oder als freie Autoren.

epubli

Die Self-Publishing-Plattform epubli ist Initiator des re:publica Readers und vertreibt die eBooks z.B. über Amazon, Apple, Google und Kobo. Über epubli können Bücher und eBooks unabhängig und zu Top-Konditionen weltweit veröffentlicht werden. Auch Journalisten und Bloggern bieten sich so zahlreiche Möglichkeiten, ihre Inhalte zu veröffentlichen.

Berliner Zeitung

Die Berliner Zeitung ist die meistverkaufte Abonnement-Zeitung in Berlin und damit Reichweitenführerin der Abonnement-Zeitungen im Großraum Berlin-Brandenburg. 2013 bekam die häufig ausgezeichnete Tageszeitung einen Preis für die beste mobile App. Auf Facebook hat sie die größte Fangemeinde unter den Berliner Abo-Tageszeitungen.

Finding Europe

Vorwort

Manchmal kann es so richtig blöd werden, wenn viele Leuten zusammenkommen: Stress, Ärger, Langeweile. „Schwarmdummheit“, so hat Gunter Dueck das in seinem genialen Vortrag während der re:publica genannt. Es geht aber auch anders mit krassneuen Erkenntnissen, spannenden Vorträgen und coole Diskussionen beim Bier. Das ist dann Schwarmintelligenz auf höchstem Niveau wie auf dem Station-Gelände in Kreuzberg. Der Sammelband des Readers, dem schnellsten Buch der Welt, erinnert an die Höhepunkte der drei Tage re:publica. Und damit das hier das kürzeste Vorwort aller Zeiten wird, ist schon Schluss. Viel Vergnügen beim Lesen, Stöbern und Erinnern.

team

Jörg Hunke @joerghunke,
Michaela Pfisterer @PfistererLive,
Melanie Reinsch @M_Reinsch,
www.berliner-zeitung.de

Impressionen

Fotos

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Foto: Yannic Hannebohn (@yannicsh)

 

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Foto: Yannic Hannebohn (@yannicsh)

 

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Foto: Christoph Farkas (@lachsdieb)

 

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Foto: Yannic Hannebohn (@yannicsh)

 

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Foto: Yannic Hannebohn (@yannicsh)

Finding Europe

Wir laufen Gefahr abzustumpfen

Text: Melanie Reinsch @M_Reinsch

Fast täglich erreichen uns Nachrichten von ertrunkenen Flüchtlingen, von gekenterten Booten im Mittelmeer. Eine der schlimmsten Flüchtlingskatastrophen vor der lybischen Küste liegt gerade mal zwei Wochen zurück: Rund 800 Flüchtlinge überlebten die Fahrt über das Mittelmeer nicht.
In den ersten vier Monaten dieses Jahres kamen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge 1780 Flüchtlinge ums Leben. Das Thema ist aktueller denn je und daher auch für die re:publica Anlass, gleich nach der Eröffnungsveranstaltung über Migrationspolitik und Willkommenskultur zu diskutieren und der Frage nachzugehen, was der Staat tut - und was er eben nicht tut.

„Wir gewöhnen uns an solche Nachrichten, das beunruhigt mich“, sagt Vassilis Tsianos von der Uni Hamburg. Tsianos engagiert sich im Bereich Grenzforschung. Obwohl er die Situation am Mittelmeer als eine der größten humanitären Katastrophen einschätzt, erkennt er doch eine Entwicklung in der Politik. „Das europäische Parlament verlangt jetzt Lösungen, man sieht ein Aufwachen eines europäischen Gewissens, da ist Potential vorhanden.“ Trotzdem müsse im Sommer mit weiteren Katastrophen gerechnet werden, glaubt er. Die Lage bleibt brisant.

Ferda Atamann, Politikwissenschaftlerin und Journalistin erkennt ebenfalls die Gefahr eines „Abstumpfungsprozesses“. Sie glaubt, dass das Thema in vier Wochen wieder vom Tisch sein kann, wenn der öffentliche Druck nicht groß genug ist. Sie ärgert sich vor allem die Diskussion um die Schlepperbanden, die Vizekanzler Siegmar Gabriel (SPD) bekämpfen will. Ihr Prognose: „Das Thema wird wichtiger werden, es wird weiterhin Widerstand geben und es ist nicht unwahrscheinlich, dass es mehr Tote geben wird. Da kommt noch einiges auf uns zu.“

Mohamad Al Ashrafani kam vor elf Monaten aus Syrien über den Libanon und die Türkei nach Deutschland. Auch er stößt hier in Deutschland an seine Grenzen, vor allem bei den Behörden. In Syrien hat er als Zahntechniker gearbeitet, nun absolviert er im Juni ein zweites Praktikum in einem Zahnlabor, lernt Deutsch und versucht in Berlin Arbeit zu bekommen. „Vor allem die Wohnungssuche gestaltet sich als schwierig“, sagt er. Und auch beim Asylantrag gibt es Probleme: Obwohl Asylanträge von Flüchtlingen aus Syrien und anderen extrem unsicheren Ländern schneller bearbeitet werden sollen, wartet Al Ashrafani schon seit acht Monaten auf eine Anhörung. Zu lang.

Genau solchen Menschen hilft Katharina Mühlbeyer. Sie arbeitet bei „Moabit hilft! Willkommensinitiative für Geflüchtete in Berlin-Moabit“, eine ehrenamtliche Kontakt- und Lotsengruppe für Flüchtlinge aus Syrien. Sie hilft Migranten durch das Behördenwirrwarr zu finden, unterstützt bei Arztterminen und setzt sich für die Rechte der Flüchtlinge ein. „Viele wissen über ihre Rechte nicht Bescheid. Die Behörden versagen, Menschen werden obdachlos, sie erhalten keine Grundversorgung, obwohl es einen Anspruch auf medizinischen Versorgung und sogar auf Taschengeld gibt.“

Impressionen

Tweet des Tages


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Impressionen

Zahl des Tages

40.000
Tweets wurden mit dem Hashtag rp15 verschickt

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Die Show beginnt

Die Show beginnt mit Nerds, Netzpolitik und dem Neuesten aus der Internetwelt. Seit Dienstagmorgen diskutieren zum neunten Mal mehr als 450 Redner auf der re:publica in Berlin über netzrelevante Themen. Das Motto dieses Jahr: Finding Europe. Erste Stimmen und Bilder bei uns im Video.

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Impressionen

Fauxpas des Tages

Pinkeln mit dem Smartphone in der Hand

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Zeit für den Smartphone-Blick

Sogar auf dem Pissoir der re:publica können sich Männer nicht von ihren Smartphones trennen, sagt der Soziologe Harald Welzer. Er hat vor seinem Auftritt noch schnell das WC besucht und ist neben drei Männern mit Handys in der Hand gestanden.

Erziehung

Junge Digital Natives

Text: Katja Reim @computerkind

Das Panel von Tanja und Johnny Haeusler hieß #butterbeidiefische und die zwei tränkten die Medienkompetenz-Fische in Butter. Statt nur mehr Medienkompetenz und Medienbildung zu fordern, riefen sie eine Konferenz für jugendliche Internetuser aus - die Tincon. Und gründeten dafür auch gleich einen Verein. Seit ihrem Buch “Netzgemüse”, das 2012 erschien, reisen die Haeuslers als Medienexperten und Eltern durch Schulen, Gremien und Konferenzen, reden über Aufzucht und Pflege der Digital Natives. Doch wenig änderte sich. Oft, so erzählt Johnny Haeusler, gab es Verständnis, aber auch immer wieder die Frage, was man denn mit denen machen soll, die “nur zum Spaß” im Netz unterwegs sind. “Ja warum denn nicht?”, meinte Johnny Haeusler. Weil sie es müde sind, darauf zu warten, dass sich etwas bewegt, bringen sie selbst Bewegung in die Medienkompetenz-Debatte. Haeusler: “Ich wollte nie in einem Verein sein. Aber jetzt habe ich einen gegründet.” Den Tincon e.V. Die Ziele: Wissen aus erster Hand und Respekt für die digitale Kultur Jugendlicher vermitteln. Dafür steigt vom 27. bis zum 29. Mai 2016 im Haus der Berliner Festspiele das erste Festival für digitale Jugendkultur - die Tincon. Dort können junge Macher - vom Coder bis zum Youtuber - netzwerken, ihr Können zeigen oder - einfach Spaß haben.

Inklusion

Weg mit den Barrieren!

Text: Mirijam Trunk @miritrunk

Wenn das Lämpchen am Kopfhörer grün leuchtet, sind alle dabei. Engländer verstehen perfekt Deutsch, Deutsche verstehen problemlos Englisch, fließend und fehlerfrei. Sprache ist kein Hindernis mehr auf der re:publica, auch nicht für Gehörlose. Jeder soll die Informationen bekommen können, die er braucht – unabhängig von Muttersprache, Kultur oder Handicaps.

Seit 2012 sorgt das Social Start-Up VerbaVoice dafür, dass Menschen mit Hörbehinderung ebenso von einem Dolmetscher unterstützt werden, wie Besucher aus dem Ausland. Per Live-Untertitel können bei der re:publica alle Besucher auf der Stage 1 mitlesen, was gesprochen wird. Gleichzeitig übersetzt ein Dolmetscher in Gebärdensprache. Wer zu weit hinten sitzt oder schlechte Sicht auf die Leinwand hat, kann Text und Gebärdensprache per App oder im Internet mitverfolgen. „Barrierefreiheit ist eine Frage des Angebots“, sagt Lukas Gnettner von VerbaVoice.

VerbaVoice will Technologien entwickeln, um die sprachliche Barrierefreiheit zu verbessern. Zum Beispiel in der Uni: Der Dozent bekommt ein Mikro, das mit dem Tablet oder Laptop des Studenten gekoppelt wird. Übers Internet laufen die Informationen der beiden Geräte auf einem Server zusammen. „Dort sitzt dann jemand, der das entweder live transkribiert oder durch einen Gebärdensprachendolmetscher übersetzt“, erklärt Gnettner. Die Dolmetscher sitzen teils in Europa, teils in den Bundesländern verteilt und werden über die Plattform in Paaren zusammengeschaltet. Online sprechen sie sich ab, wechseln nach Bedarf und kontrollieren sich gegenseitig. Gebucht und bezahlt wird nur so lange, wie der Dienst gebraucht wird – ohne Wartezeiten und ohne Kosten für Anreise oder Tagespauschalen.

„Wenn du in deiner Muttersprache übersetzt, ist die Leistung erheblich besser“, sagt Gnettner. Das Dolmetscher-Team besteht meistens aus einem gehörlosen Dolmetscher, der den transkribierten Text übersetzt und einem Muttersprachler. Bei englischsprachige Vorträgen schaltet sich also die Dolmetscherin aus London ein, bei deutschsprachigen ein Dolmetscher aus Deutschland.

VerbaVoice will in immer mehr Bereichen einen Zugang für Gehörlose schaffen. In drei deutschen Landtagen werden die Sitzungen übersetzt und per Internet übertragen. Gemeinsam mit dem Deutschen Fußball-Bund will VerbaVoice auch Fußballspiele kommentieren, beim Pokalfinale und beim Champions-League-Finale soll es per App Untertitel und Übersetzung in Gebärdensprache geben. In Zusammenarbeit mit Sony entwickelt VerbaVoice die „iCap“, eine Brille, die im Herbst 2015 auf den Markt kommen soll: „Das ist das Hörgeschädigten-Äquivalent zu Kopfhörern“, sagt Gnettner, „die Brille ist gekoppelt mit einem Smartphone und einer App, die wir entwickeln. Die Idee ist, dass ein Hörgeschädigter in einen Konferenzraum geht und dort mitbekommt, was ein Redner sagt, in dem ihm die Untertitel direkt vor seine Augen projiziert werden.“

Das Münchner Start-Up VerbaVoice ist dafür da, um „die Köpfe zu öffnen“, sagt Gnettner. „Es sollte nicht immer eine Frage der finanziellen Mittel sein, sondern einfach zur Verfügung gestellt werden. Der Bedarf wird sich dann zeigen, wenn das Angebot da ist.“

Finding Europe

Geschichte der engen Grenzen

Text: Johannes Kirchmeier @jokirchmeier

Man ahnt es schon an der altertümlichen Sprache: Martin Fischer, Cornelis Kater und Sven Sedivy haben die re:publica gerade um gute 200 Jahre in die Vergangenheit katapultiert. “Wir haben uns einfach mal überlegt, wie es bei uns ohne Europa aussehen würde”, sagt der Grafiker Sedivy. Das bedeutet: Kleinstaaterei statt Zusammenschluss, Unterdrückung durch Lehnsherrn statt Freiheit, dauerhafte Einschränkung.

Herausgekommen ist der Vortrag “Mein Lehnsherr liest meine E-Mails - zu Besuch in einem anderen Europa”: drei kleine Monologe der Speaker, die Kritik üben sollen - an der Mentalität der Menschen und der Politik in der Jetzt-Zeit. Immer wieder blicken die drei Redner, die aus mehreren fiktiven deutschen Kleinstaaten nach Berlin gereist sind, auf “Groß-Groningen”, ein Synonym für den perfekten Staat ohne Grenzen und Barrieren.

Diese Retrospektive ist ein Trick, um aktuelle Missstände in Deutschland anzuprangern. Anders als die deutsche Regierung macht sich etwa die niederländische für ein offenes und freies Internet stark. “Vielleicht erleben wir ja mal ein kabelfreies Netz - so wie drüben in Groß-Groningen. Dann hätte ich sogar Internet in meiner Backstube”, schwärmt Sedivy und meint damit sein Lieblingscafe, in dem er von der digitalen Welt abgeschnitten ist.

Er und seine Kollegen üben zudem Kritik am wenig innovativen deutschen Städtebaukonzept, den Handelsschranken und Reisebeschränkungen. Reisefreiheit und Handel funktionieren inzwischen zwar besser als zu Kleinstaatenzeiten. Eine Welt der unbegrenzten Möglichkeiten existiert jedoch auch heute noch nicht.

Am Ende aber gaben sie sich versöhnlich: “Europa ist zwar noch nicht perfekt, aber immerhin schon einen Schritt weiter als vor 200 Jahren.”

Impressionen

Ding des Tages

Die wohl langsamste Kaffeemaschine der Welt

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Foto: Silvia Perdoni

Und sie tropft und tropft und tropft und tropft. Und wenn sie nicht umkippt, dann ist sie morgen durchgetropft. Vielleicht. An den kleinen Tischen im GIG Makerspace weiß man Kaffee offensichtlich noch zu schätzen. Dort steht der “Caffeinator”, eine selbstgebastelte Slow-Kaffeemaschine. Holzbügel bilden das Gestell, recyclebare Plastikflaschen die Behälter und den Filter. “Eigentlich”, so erklärt der Macher, “braucht man nämlich zum Kaffeemachen nichts außer Kaffee und kaltes Wasser. Das fertige Getränk ist milder, enthält aber mehr Koffein. Es ist gesünder.” Gut Ding will eben Weile haben.

Impressionen

Tipp des Tages

Text: Ines Lutz

The Phone Stacking Game

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Julia Kümmel, re:publica 2015

Gute Freunde sitzen zusammen beim Abendessen - doch niemand schaut sich in die Augen. Alle tippen in ihr Mobiltelefon. Marketing-Expertin Julia Kümmel hat folgenden Tipp für alle, die sich mal wieder in der Wirklichkeit begegnen wollen: „Spielt the phone stacking game.” Das geht so: Alle legen ihre Telefone beim Abendessen auf einen Stapel. Wer zuletzt tippt, zahlt die Rechnung. Klingt plausibel.

Finding Europe

Wie inklusiv ist die Inklusionsdebatte?

Text: Moritz Stadler @Mc_Stadler

In Europa leben 80 Millionen Menschen mit Behinderung. Das Internet bietet ihnen die Möglichkeit, sich zu vernetzen und ihre Stimme zu erheben. Es entsteht eine immer stärkere Behindertenbewegung, der sich europaweit Aktivisten anschließen - mit und ohne Behinderung. Im Vergleich zur Frauenbewegung sei die Behindertenbewegung noch Jahre hinterher, sagt Raúl Aguayo-Krauthausen in dem Vortrag „Finding Inclusion in Europe“, den er gemeinsam mit Mareice Kaiser auf Stage 3 hält. Immer noch würden Inklusionsdiskurse hauptsächlich von Menschen geführt, die selbst keine Behinderung haben. Das Motto sollte lauten: „Nichts über uns, ohne uns“. Um eine möglichst breite Bewegung zu werden, müsse man auch jungen und unerfahrenen Aktivisten den Zugang zur Szene gewähren, sagt Aguayo-Krauthausen. Deswegen haben er und Mareice Kaiser unter dem Hashtag #FindingInclusion Online-Aktivisten gesucht, die mit unterschiedlichen Methoden in ganz Europa für die Rechte von Menschen mit Behinderung kämpfen. Über 200 „Graswurzelaktivisten“ habe man gefunden. Sie werden auf der Seite findinginclusion.eu aufgelistet. Ihre sechs „Lieblingsaktivisten“ stellten Aguayo-Krauthausen und Kaiser auf der re:publica vor. Zur Szene der Aktivisten stoßen auch immer mehr Menschen, die selbst keine Behinderung haben. Das Engagement von Nicht-Behinderten ist durchaus umstritten, das zeigt auch die Diskussion auf der re:publica. „Häufig lese ich in Artikeln über Menschen mit Behinderung Zitate von Therapeuten, Eltern und Ärzte, nur von behinderten Menschen selbst kein Wort”, sagt eine Teilnehmerin. Daher müsse man weiter zunächst dafür kämpfen, Behinderten eine Stimme zu geben. Die Frage ist: Wie inklusiv ist die Inklusionsdebatte? Das Problem sieht auch Aguayo-Krauthausen: „Es ist richtig, auch Nicht-Behinderten die Möglichkeit zu geben, für die Rechte von Behinderten zu kämpfen”, sagt Aguayo-Krauthausen, „denn auch ein Mann kann Feminist sein. Aber nicht an der Spitze der Bewegung“.

 

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Lügen

Der Wahrheit eine Gasse

Text: Christian Schlüter @flavorintouch

Alles Lüge. Das Internet steht in keinem guten Ruf, digitale Öffentlichkeiten gelten als Orte des Geschwätzes und des Schwindels, des Unsinns und des Betrugs. Der Journalist und Blogger Friedemann Karig blieb bei seinem Vortrag trotzdem locker. Über Wahrheit und Lüge im digitalen Zeitalter wollte er sprechen und merkte doch erst einmal an, dass uns vor allem die Lüge zu interessieren habe. Und das nicht nicht etwa, weil im Internet besonders gerne und häufig gelogen werde, sondern weil die Lüge ein menschlich-allzu-menschliches Phänomen sei. Alle lügen: Menschen wie du und ich, Regierungen, Geheimdienste, Verschwörungstheoretiker... Vor diesem Hintergrund erweist sich das Internet als besonders taugliches Lügenmedium, weil sich die Lüge hier so wunderbar – oder auch: bedenklich – schnell verbreitet. Und genau das, wusste Karig, komme uns beschränkten Menschen sehr entgegen, weil es uns nämlich entlaste: Wir kommen mit der beängstigend drängenden Gleichzeitigkeit der Welt, so wie sie uns verstärkt in den digitalen Medien entgegenschlägt, nicht klar; im „Kern sind wir immer noch erzählende Affen“, die sich mit ihren Geschichten die Welt einfach und überschaubar machen. Kurzum, die Lüge mache uns das Leben angenehm, mit ihr richteten wir uns in der ansonsten ungemütlichen Welt ein.

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Wohlan, aber wo bleibt dann die Wahrheit? Darauf hatte Karig nach seinem furiosen, alle Wahrheitshoffnungen zerschmetternden Auftakt eine eher kleinlaute Antwort parat: Wir müssen uns auf Mindeststandards einigen, die uns einander vertrauen lassen, ein zivilisatorisches Minimum. Eine „Ethik des Teilens und des Mitteilens“ soll die Kontaktlosigkeit des Menschen überwinden – wer Freunde hat, hat keine Angst mehr vor der komplizierten Welt. Und wenigstens eine kleine Hoffnung macht doch, so Karig, dass lange Zeit als verschwörungstheoretischer Mumpitz galt, die NSA überwachte uns total, doch mittlerweile ist es zur allgemein geteilten Gewissheit geworden. Der Wahrheit eine Gasse: Vielleicht einfach mal die Klappe halten und nicht die ständig bewegten Medien-Gezeiten aus Lügen-Hypes und Shitstorms mitmachen? Eine solche, möglicherweise wahrheitsfördernden Zurückhaltung gab jedenfalls die Diskussionsrunde „(Medien-)Ethik in der digitalen Sphäre“ als Ratschlag aus. Der Bild-Blog-Gründer Stefan Niggemeier merkte allerdings an, dass es im notorisch schnellen Internet kaum möglich sei, jeden Sachverhalt auf seine Wahrheit hin zu prüfen, das sei „schlicht nicht die Idee des Internets“. Er verlasse sich auf sein Gefühl, das Bild einer Hinrichtung durch IS-Terroristen würde er jedenfalls nicht im Netz verbreiten. In der Anonymität des Netzes, sei „ethisch-moralische Zuständigkeit“ kaum zu bestimmen, brachte der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen die Diskussion auf den Punkt, aber vielleicht wäre der „Shitstorm auch als Beitrag zur gesellschaftlichen Wertedebatte“ zu sehen. Nun denn... Dann bleiben doch nur wieder die staatlichen Agenturen, Gerichte zum Beispiel, um das Internet „sauber“ zu halten. Irgendwie auch schade.

Finding Europe

Zielgruppe heute: männlich, 35, technik-affin

Text: Anna Reuß @anna_reuss

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