HARRY FLATT - HECKERT
Theologie für Schwergläubige
Der Versuch einer Entrümpelung
der christlichen Glaubenskultur
Ein Sach- und Lachbuch
© 2016 Harry Flatt-Heckert
Alle Rechte vorbehalten
Umschlaggestaltung: Harry Flatt-Heckert
Satz: Harry Flatt-Heckert
Titelbild:
Printed in Germany
Erstauflage
Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei der Deutschen Nationalbibliothek erhältlich.
ISBN
Auch erhältlich als
HFH-Verlag
www.harry-flatt-heckert.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
1. Einleitung 10
2. Die Bibel – irgendwie dann doch nur ein Buch 22
3. Das Credo – Bekenntnis einer Kirche 39
3.1 Die Dreieinigkeit Gottes – Echt schwierig. 49
4. Ich glaube an Gott. 60
4.1 Den Vater. 66
4.2 Den Allmächtigen. 69
4.3 Den Schöpfer des Himmels und der Erde. 74
5. Ich glaube an Jesus Christus 99
5.1 Seinen eingeborenen Sohn. 108
5.2 Unseren Herrn. 111
5.3 Empfangen durch den Heiligen Geist 116
5.4 Geboren von der Jungfrau Maria 124
5.5 Gelitten, unter Pontius Pilatus gekreuzigt. 137
5.6 Gestorben und begraben. 142
5.7 Hinabgestiegen in das Reich des Todes 144
5.8 Am dritten Tage auferstanden 150
von den Toten 150
5.9 Aufgefahren in den Himmel. 157
5.10 Er sitzt zur Rechten Gottes… 161
5.11 Von dort wird er kommen… 162
6. Ich glaube an den Heiligen Geist 167
7. Ich glaube an die heilige christliche Kirche 168
8. Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen 175
9. Ich glaube an die Vergebung der Sünden 182
10. Ich glaube an die Auferstehung der Toten 194
11. Ich glaube an das ewige Leben 202
12. Und nun? 215
13. Ich glaube 220
Epilog 230
„Die Theologie
gestattet
der Vernunft
nur Fastenspeise.“
Jean Paul
Mal ehrlich, wann haben Sie sich zuletzt mit der Theologie, mit der Lehre von Gott, beschäftigt? Oder ein theologisches Buch gekauft? Oder gar eines gelesen? Dachte ich mir. Geschrieben haben Sie wahrscheinlich ja auch noch keins. Das wüsste ich nämlich. Denn ich habe in keiner Bibliothek auch nur ein einziges theologisches Buch gefunden, das aus Ihrer Feder stammen würde. Es sei denn, Sie haben das unter einem Pseudonym getan, weil Sie mich reinlegen wollten oder es Ihnen peinlich war. Das kann natürlich auch sein. Das weiß ich nicht. Es wundert mich auch nicht, wenn Sie noch niemals ein solches Werk zu Papier gebracht haben. Ich habe ja auch noch keins geschrieben. Ich habe zwar schon dies und das verfasst, aber eben nichts Theologisches. Da habe ich mich bisher nie herangetraut. Vielleicht hatte ich auch einfach keine Lust dazu. Aber ich schätze, die Angst davor war bisher größer als die Lustlosigkeit. Das muss ich ehrlicherweise zugeben.
Meine Frau hat schon immer gesagt, dass ich das mal tun sollte. Schließlich sei das ja mein Fachgebiet. Ich habe das ja studiert. Jahrelang. Deshalb habe ich das jetzt mal gemacht. Damit ich das mal getan habe und meine Frau aufhört, mich damit zu nerven. Und ich habe das getan, damit Sie das nicht tun müssen. Wer weiß, was Sie so schreiben würden? Sie haben ja wahrscheinlich überhaupt keine Ahnung davon.
Sie haben wahrscheinlich genug damit zu tun, vor Schreck keinen spontanen Hirninfarkt zu erleiden, wenn Sie das Vaterunser oder das Glaubensbekenntnis auswendig aufsagen sollen, weil Sie mal zufällig oder aus Versehen irgendwo im Gottesdienst sitzen. Kennen Sie dieses panikartige Gefühl? Dieses spontane Zusammenziehen der zentralen Blutgefäße im Kopf? Das ist übrigens so eine Art Schutzfunktion des Gehirns. Es dient dazu, möglichst wenig Sauerstoff an die grauen Zellen zu transportieren, damit Sie nicht merken, in welchen Konflikt mit Ihrer Intelligenz Sie das stumpfe Herunterleiern des Glaubensbekenntnisses führt.
Der geübte und durchtrainierte Gottesdienstbesucher hingegen beherrscht die Reduktion der Sauerstoffversorgung seines Denkorgans mit fast bewundernswerter Routine. Er übersteht das zumeist auch vollkommen unbeschadet und erlebt die Unterversorgung seines Gehirns in diesem Moment sogar nicht selten als eine Art Trancezustand. Er ist beglückt und von der eigenen Frömmigkeit zuweilen völlig ergriffen. Auf die kritische Nachfrage, ob er das tatsächlich glauben würde, was er da gerade im Glaubenskollektiv aufgesagt hat, bekommt man die, mit seltsam fragenden Blick begleitete Antwort: „Ja, wieso?“ Auf die erneute, vielleicht etwas penetrante, Nachfrage, ob er das wirklich ernst meine, schließlich wisse man ja heute, dass Gott die Welt nicht in sieben Tagen erschaffen hatte, erhält man den immer wieder gern gegebenen Hinweis, dass Glauben nun mal nicht Wissen sei. Dieses Totschlagargument macht mich immer ganz sprachlos. Natürlich heißt Glauben nicht Wissen. Das weiß ich auch!
Aber vielleicht schadet ja ein bisschen Wissen um die Grundlagen des christlichen Glaubens auch nicht. Selbst, wenn Sie vielleicht gar kein bekennender Christ sind. Oder Moslem. Oder Jude, Buddhist oder sonst irgendetwas. Wenn Sie es aber doch sind, dann schadet es umso weniger. Hoffe ich. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und viele neue Erkenntnisse.
Eigentlich wollte ich Cowboy oder Indianer werden. Ehrlich. Oder Astronaut. Kapitän hätte ich mir auch gut vorstellen können. So mit einem Schiff über die Ozeane kreuzen, fremde Länder sehen, wilde Seemannsgeschichten hören und ordentlich Seemannsgarn spinnen. Das wäre cool gewesen. Aber daraus ist leider nix geworden. Klar, das konnte auch gar nix werden. Cowboys und Indianer braucht heute nämlich kein Mensch mehr, Astronaut wurde auch nix, weil ich nichts Besonderes kann, vor allem nichts, was man bei der NASA hätte brauchen können. Kapitän schied dann auch aus, weil ich immer so schnell seekrank werde. Mist. So bin ich dann eben Pastor geworden. Evangelischer Pastor. (Das hätten Sie sich natürlich auch denken können, sonst wäre ich ja nicht verheiratet. Katholische Pfarrer dürfen ja nicht heiraten. Das hätte ich gar nicht zu schreiben brauchen. Ist klar. Wenn ich katholischer Pfarrer wäre, dann hätte ich dieses Buch allerdings auch gar nicht zu schreiben brauchen, weil ich ja dann gar keine Frau hätte, die mich dazu gedrängt haben könnte. Wahrscheinlich hätte ich es auch gar nicht schreiben dürfen, weil mir die katholische Kirche gehörig etwas gehustet hätte. Glaube ich. Sie werden sehen.) Nicht, dass ich Pastor geworden bin, weil das nun die zwangsläufige und einzig logische Folge daraus gewesen wäre, dass ich leider keinen der vorgenannten Berufe ergreifen konnte. Es gibt und gab da keinen logischen Zusammenhang. Ich hätte ja auch Bäcker oder Polizist werden können. Oder Eisverkäufer. Nein, ich bin einfach so Pastor geworden. Bloß so. Aus Interesse. Oder aus Versehen. Studiert habe ich eigentlich zunächst nur aus rein wissenschaftlichem Interesse. Ich wollte mal wissen, wie das alles so aussieht, wenn man sich wissenschaftlich mit der Bibel, mit den ganzen Glaubensfragen und -aussagen, mit dem, was Kirche und Gläubige so von sich geben, beschäftigt.
Ich hatte als junger Mann immer gedacht, das kann doch alles gar nicht wahr sein. Jungfrauengeburt, Schöpfungsgeschichte, die ganzen Wunder, die der liebe Jesus so vollbracht haben soll und so. All das konnte ich einfach nicht glauben. Oder besser, ich konnte das nicht für wahr halten. Ich bekam immer einen Knick in den Kopf, wenn ich mal zufällig in der Kirche war und irgend so ein Scheinheiliger mir und den anderen verirrten und verwirrten Schafen in der Predigt weismachen wollte, dass der liebe Gott die Welt echt und wahrhaftig in sieben Tagen erschaffen habe oder dass Jesus wirklich von den Toten auferstanden sei. Ich verstand auch überhaupt nicht, warum der liebe Gott denn nun unbedingt und ausgerechnet ein lieber Gott sein sollte. Besonders dann nicht, wenn man ihm auch noch eine umfassende Allmächtigkeit an den Hals dichtete. Das verstand ich überhaupt nicht.
Denn wenn er allmächtig wäre, dann wäre er ja irgendwie auch für den ganzen Scheiß, der jeden Tag auf der Welt passiert, verantwortlich. Dachte ich. Und wenn er tatsächlich allmächtig gewesen wäre, dann hätte er ja auch mal aufräumen können oder uns Menschen wenigstens mal derart einen vor den Bug donnern können, dass wir uns schon aus lauter Angst und Ehrfurcht heraus anständig benommen hätten. Hat er aber nicht.
Gut, mit der Sintflut, die ihm ja auch in die Schuhe geschoben wird, hat er es ja wenigstens mal versucht. Erzählt man sich. War aber nicht sonderlich nachhaltig. Außerdem glaubte ich auch nicht so recht daran, dass dieser Ordnungsruf Gottes, wenn es ihn denn überhaupt gegeben hat – und das hat es mit, an hoher Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit nicht - auch wirklich auf sein Konto ginge. Es gibt zwar im Nahen Osten ein paar archäologische und auch geologische Hinweise auf eine prähistorische Flutkatastrophe, von einem weltumspannenden oder gar alles vernichtenden Szenario kann allerdings überhaupt nicht die Rede sein. Das war wohl eher so ein regionales Geschehen. Aber immerhin. Als Geschichte ist die Mär von der Sintflut ja ganz schön.
Im Großen und Ganzen beschränkte sich seine Allmächtigkeit in meiner Wahrnehmung aber anscheinend darauf, aus reiner Barmherzigkeit heraus ein Kind sterben zu lassen, weil er nun mal gern diejenigen am frühestens zu sich ruft, die er angeblich am meisten liebt. So habe ich mir das bei der Beerdigung des Kindes eines Freundes, das mit einem Herzfehler geboren und nur zwei Jahre alt werden durfte, tatsächlich anhören müssen. Ohne Scheiß. Fand ich ganz schön egoistisch vom lieben Gott, denn an die Eltern hat er offensichtlich dabei nicht gedacht. Sie mussten hergeben, was sie am meisten geliebt hatten. Oder er bestimmte, dass irgendeine Oma - zum Erweis seiner allmächtigen Liebe auf Teufel komm raus weit über hundert Jahre alt werden musste, obwohl sie viel lieber schon vor zwanzig Jahren gestorben wäre. Weil sie krank war, depressiv oder einfach nur keinen Bock mehr hatte.
Darüber hinaus nutzte er seine Allmächtigkeit meines Wissens auch nur dazu, um als Heiliger Geist eine ahnungslose Jungfrau zu schwängern und ihrem armen Mann Josef damit Hörner aufzusetzen. Oder er schickte uns hier mal ein Erdbeben, da mal eine Hungersnot, oder auch gern Seuchen wie Aids oder Ebola, wie besonders fromme und verstörte Zeitgenossen manchmal behaupteten. So als Strafe Gottes. Besonders lieb fand ich das alles dann allerdings auch nicht gerade. Nein, lieb und allmächtig, das ging in meinem Kopf nicht zusammen.
Ganz ehrlich, ich kam mit dem, was Kirche mir da verkaufen wollte, nie wirklich klar. Im Gottesdienst nicht, im Konfirmandenunterricht nicht und auch nicht im Religionsunterricht in der Schule. Aber ich konnte mir wiederum auch nicht so recht vorstellen, dass da so nun rein gar nichts dran sein sollte. Immerhin hielten sich das Christentum und der Glaube an diesen lieben und allmächtigen Gott nun schon fast zweitausend Jahre über Wasser, hatte sich über die ganze Welt verbreitet und das Leben von Milliarden Menschen bestimmt. Das konnten ja nun unmöglich alles Idioten sein, dachte ich. Einige waren sicher darunter, ganz bestimmt sogar, aber doch nicht alle. Dachte ich.
Andererseits kam ich mir immer selbst wie ein Idiot vor, wenn ich zum Beispiel das Glaubensbekenntnis aufsagen sollte. Ich habe das auch nie laut mitgesprochen. Außer als Konfirmand. Aber da musste ich das ja auch. Da hatte ich keine andere Wahl. Aber ich habe dieses Bekenntnis immer als Generalangriff auf meine Intelligenz erlebt. Nicht einen einzigen Satz davon habe ich geglaubt. Nicht einen. Und dass diese Ansammlung von Glaubenssätzen, von denen mir einer abstruser erschien als der nächste, nun das Bekenntnis, das Credo der größten Religion der Welt sein sollte, ging mir ja so gar nicht in den Kopf. Da steht doch nur Scheiß drin, dachte ich.
Und offenbar ging es mir auch gar nicht allein so. Fast ausnahmslos alle Menschen, mit denen ich hier und da mal über das Glaubensbekenntnis gesprochen hatte, bestätigten mir, dass auch sie diese Sätze nur runterplappern könnten, wenn sie dafür vorher ihren Verstand ausschalten würden. Das konnte es aber doch nicht sein. Dachte ich. Es konnte doch nicht sein, dass die größte Religion der Welt nur dadurch existiert, dass Milliarden von Menschen ihren Verstand ausschalteten. Natürlich wusste ich, dass Glaube und Vernunft nicht unbedingt eins zu sein hatten, aber dass sie sich deswegen gleich ganz ausschließen sollten, fand ich nun auch nicht so richtig einsichtig.
In Glaubensfragen herrschte in meinen Kopf also ein vollkommen wirres, aber auch durchaus fröhliches Durcheinander. Und weil ich noch jung war und nichts Besseres vorhatte, begann ich also mein Studium der Evangelischen Theologie. Ich brauchte ein bisschen Ordnung in meinen Gedanken und wollte der Sache auf den Grund gehen. So fing ich dann also an zu studieren, beschäftigte mich wissenschaftlich mit der Theologie, mit der Lehre Gottes, machte meine Examina und wurde irgendwann Pastor. Einfach so. Dann habe ich vierzehn Jahre für die Kirche gearbeitet, habe mir einen Einblick in die Innenwelt dieser Institution verschafft, habe mir angehört, was meine Kolleginnen und Kollegen so von sich gaben, habe mir die offiziellen Verlautbarungen der Kirche angeschaut, habe irgendwann frustriert gekündigt, habe mich selbständig gemacht und bin aus der Kirche ausgetreten.
Heute kann ich sagen: Gott sei Dank! Ja, ich war frustriert. Frustriert darüber, dass viele meiner Kolleginnen und Kollegen trotz ihres Studiums oftmals einen so unreflektierten Blödsinn von den Kanzeln herunterpredigten, dass ich Kopfschmerzen und Ohrensausen davon bekam. Sie hatten doch das gleiche studiert wie ich. Dachte ich. Und wenn man sich einmal auf wissenschaftliche Weise mit der Bibel, mit den Geschichten der Bibel und mit ihrer Entstehung auseinandergesetzt hatte, wenn man einmal die zentralen Aussagen des christlichen Glaubens auf den Prüfstand gestellt hatte, dann konnte man doch nicht mehr so predigen, wie es viel zu häufig in deutschen Gottesdiensten getan wurde. Und immer noch wird. Insbesondere die Qualität der Sonntagspredigten und auch der Ansprachen zu Beerdigungen oder Hochzeiten fand und finde ich zuweilen zutiefst erschütternd und verstörend, und nicht selten musste ich mich für so manchen Vertreter meiner Zunft fremdschämen. Daher bin ich lieber ausgetreten. Sicherheitshalber.
Das heißt aber nicht, dass mich der Glaube oder die Theologie nicht mehr interessieren würden. Im Gegenteil. Ich finde es immer noch hochspannend, mich mit diesen Themen und die daraus resultierenden Fragen zu befassen. Und nach Antworten zu suchen, die meinen Verstand nicht quälen.
Daher auch dieses Buch. Keine Angst. Es wird kein wissenschaftliches Buch mit Tausenden von Literaturhinweisen und Querverweisen. Es wird auch kein sonderlich kompliziertes Buch. Hoffe ich. Denn man muss die zentralen Aussagen des christlichen Glaubens gar nicht kompliziert erklären. Manche Dinge lassen sich durchaus ganz einfach verstehen. Die Sache mit dieser komischen Jungfrauengeburt zum Beispiel. Ist eigentlich ganz einfach, wenn man einmal verstanden hat, wie diese Geschichte überhaupt entstanden ist. Allerdings wird man hinterher auch nicht mehr glauben müssen, dass Maria eine Jungfrau war. War sie nämlich nicht. Oder vielleicht doch. Aber, wenn man das einmal verstanden hat, dann spielt das eben einfach keine Rolle mehr. Ist völlig unerheblich. Wumpe. Sie werden sehen. Später. Und auch das mit der Schöpfung, die Geschichte mit Adam und Eva und dem Paradies, und auch die Wundergeschichten beanspruchen keinerlei Wahrheitsgehalt. Auch das werden Sie sehen. Dieses Buch erhebt auch keinen Wahrheitsanspruch. Gar nicht. Anders als die Kirche, die sich ja selbst für wahr hält, und damit natürlich auch all das, was sie so verkündet. Ist natürlich Quatsch. Sie und ich, wir wissen das ja. Aber vielleicht muss man ja nach der Lektüre dieses Buches die Kirche auch nicht mehr ganz so ernst nehmen.
Also, das hier wird keine wissenschaftliche Abhandlung. Kein Fachbuch. Davon gibt es zuhauf. Es wird mit Sicherheit auch kein frommes Machwerk, keine Anleitung zum Glauben oder sowas. Schon gar nicht will dieses Buch einen Anspruch auf Vollständigkeit stellen. Man kann das Phänomen des Glaubens auch nicht zwischen zwei Buchdeckel zwängen. Unmöglich. Nein, ich möchte nur mit den größten Missverständnissen, Ungereimtheiten und falsch verstandenen Glaubensweisheiten aufräumen. Es ist daher eher ein Sachbuch. Ich schreibe nur das, was mir gerade so in den Sinn kommt. Das muss nicht mal alles richtig sein. Was ist schon richtig?! Wissen Sie immer, was richtig ist und was nicht? Sehen Sie.
Ich werde mich einfach mal, nachdem ich mich zunächst kurz mit der Entstehung der Bibel befassen werde, am Glaubensbekenntnis entlang hangeln und Stück für Stück meine Gedanken zu diesen zentralen Glaubensaussagen ausbreiten. Hoffentlich haben Sie Freude und gute Gedanken beim Lesen. Schließlich soll es ja auch ein Lachbuch sein. Und wie sagte Aristoteles so schön? Richtig, das Lachen ist das Erbe der Götter.
Dabei möchte ich natürlich auch niemanden mit meinem Geschreibsel in seinen religiösen Gefühlen verletzen. Das liegt mir vollkommen fern. Ich nehme die Religiosität anderer Menschen sehr ernst und sie ist mir auch ein Stück heilig. Ehrlich. Aber die Glaubensinhalte sind es eben nicht. Die kann man schon mal kritisch betrachten. Wenn es also mal mit mir durchgeht und Sie das Gefühl haben, hui, jetzt wird es aber unangenehm, sehen Sie es mir bitte nach. Ich mache es nie wieder. Versprochen.
Vor allem hoffe ich aber, dass sich für Sie die Fragen klären mögen, die Sie vielleicht so mit sich herumschleppen und die es Ihnen mit dem Glauben vielleicht manchmal schwermachen. Obwohl es ja meistens die Antworten der Kirche sind, die es uns schwermachen. Aber dafür müssen Sie sich jetzt auch ein bisschen anstrengen. Nix ist umsonst. Ich habe mir schließlich auch viel Mühe gegeben.
Da es sich aber nicht nur um ein Lachbuch, sondern auch um ein Sachbuch handelt, sind einige Passagen hier vielleicht auch zuweilen etwas schwerere Kost. Nicht so ganz leicht verdaulich. Aber dieses Buch ist ja auch für Leute, die sich mit dem Glauben nicht so ganz leichttun. Schwergläubige eben. Aber es gibt eben keine Erkenntnis ohne Anstrengung. Dann wird es aber auch viele Kapitel geben, in denen es nur so flutscht. Sie werden sehen. Lassen Sie sich Zeit beim Lesen. Das hilft.
Also, lassen Sie uns einfach mal gemeinsam hinter die Kulissen gucken. Vielleicht entdecken wir ja zusammen etwas Erhellendes, etwas Befreiendes und Neues. Mal sehen.
So, jetzt erst mal ein bisschen Bibelkunde. Zum Aufwärmen sozusagen. „Ach du Scheiße!“, werden Sie jetzt vielleicht denken. „Muss das sein? Hatten wir das nicht schon?“ Weiß ich doch nicht! Hatten Sie das schon? Und wenn Sie das hatten, wo denn, bitte schön, hatten Sie das denn? Im Konfirmandenunterricht? Oder im Kindergottesdienst? Vergessen Sie es. Das hilft Ihnen gar nichts. Überhaupt nichts. Nein, so ein wenig Wissen über die Grundlagen des christlichen Glaubens müssen wir schon draufhaben. Das kann ich Ihnen nicht ersparen. Sonst sind Sie nachher so schlau wie vorher. Dann verstehen Sie auch weiterhin nichts. Das kann ich Ihnen nicht antun. (Aber bitte, wenn Sie meinen, Sie hätten das nicht nötig, dann überspringen Sie dieses Kapitel doch einfach. Ist doch Ihre Entscheidung! Kriege ich ja auch gar nicht mit. Mir doch egal. Aber kommen Sie mir hinterher nicht an.)
Für manch einen ist die Bibel ja das reine Wort Gottes. Das Buch der Bücher. Da habe ich auch gar nichts dagegen. Von mir aus. Aber für mich ist das nicht so. Für mich ist sie zunächst mal nur ein Buch. Gut, natürlich nicht irgendein Buch. Nicht so wie „Moby Dick“ oder „Die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn“. Das kann man ja auch gar nicht vergleichen. Die wollen ja nur Unterhaltung sein. Mehr nicht. Das ist mit der Bibel natürlich ganz anders. Sie will mich nicht unterhalten, sondern Relevanz für mein Leben haben. Sie will wichtig sein. Natürlich nicht sie selbst – die Bibel will gar nichts -, sondern die Autoren der Bibel. Oder die Kirche. Die Kirche will, dass sie wichtig für mein Leben ist. Und mit diesem Anspruch steht die Bibel dann natürlich durchaus in einer Reihe mit der neuesten Ausgabe von „Deutsches Umsatzsteuerrecht“ oder Paul Bocuses „Neue Küche“. An denen muss sie sich messen lassen. Die haben nämlich ganz unbestritten Relevanz für mich. Das Steuerrecht, weil ich mich ihm nicht entziehen kann und es mich bei Missachtung mit Strafen konfrontiert, die den biblischen Höllenqualen schon sehr nahekommen, wenn nicht sogar übertreffen. Und sie treffen mich sofort. Hier und jetzt. Dafür muss ich nicht erst auf den Jüngsten Tag warten. Und die Bücher von Paul Bocuse haben eben allein darum schon eine besondere Bedeutung für mich, weil ich einfach gut und gern esse. Und das auch lieber heute als irgendwann. Fastenspeise und Manna sind nicht so sehr meins.
Ja, die Bibel ist mir zwar ein wichtiges Buch, aber eben keines, das mein Leben nun von morgens bis abends bestimmen würde. Ich nehme sie auch nur selten in die Hand, wenn ich ehrlich bin. Für mich ist sie dann, wenn ich ihre Bedeutung für meinen Lebensalltag ehrlich betrachte, doch nur irgendwie ein Buch. Das ist wohl so. Hört sich vielleicht nicht so schön an, ist aber so. Nur ein Buch.
Enttäuscht? Och! Gut. Sehr gut. Ich wäre sogar einigermaßen froh, wenn Sie enttäuscht wären. Ehrlich. Nicht, weil ich fies und gemein wäre, nein, das bin ich gar nicht, sondern weil Enttäuschung durchaus etwas Gutes hat. Wenn wir enttäuscht sind, dann hören wir nämlich endlich auf, uns selbst zu täuschen, oder täuschen zu lassen, und können etwas klarer sehen. Ist doch auch nicht schlecht, oder? Und die Bibel ist ja trotzdem ein ganz wichtiges, ein ganz altes und ehrwürdiges Buch. Das bleibt Ihnen ja. Darum liegt es ja auch in fast jedem Hotelzimmer. Gleich neben der Schokolade und den Kondomen. Zu Recht übrigens. Schließlich hat kein anderes Buch sich weiter über diesen Planeten verbreitet als die Bibel. Nein, auch Harry Potter nicht! Gut, vielleicht sind die Bücher über den kleinen Zauberlehrling häufiger gelesen worden. So in Gänze. Das kann sein. Aber die Bibel führt dennoch die Bestsellerliste seit jeher unangefochten an. Das Buch der Bücher eben. Warum sie in den Hotelzimmern gleich neben den Kondomen liegt, weiß ich allerdings auch nicht. Vielleicht, weil sich AIDS auch so unkontrolliert über den Erdball verbreitet und die Bibel einem sagen will: „Ey, du musst doch gar nicht so wild in der Gegend herumvögeln! Und wenn doch, dann benutze wenigstens ein Kondom.“ Kann sein. Ich bin mir da aber nicht sicher.
Und wenn Sie jetzt schon keine Lust mehr haben, sich die Bibel weiter von mir zerpflücken zu lassen, dann wird es jetzt hart für Sie, denn nun kommt es noch ein bisschen dicker. Jetzt sind Sie dran. Weiterlesen oder doch lieber zuklappen und an die Wand schmeißen? Das liegt ganz bei Ihnen. Ich mische mich da nicht ein. Das ist allein Ihre Sache. Fürs Weiterlesen entschieden. Gut. Also:
Die Bibel ist leider auch keine „Heilige Schrift“, auch wenn das manchmal in goldenen Lettern auf den Buchdeckel geprägt ist. Manchmal steht da sogar „Die ganze Heilige Schrift“ drauf, was natürlich Blödsinn ist, wie wir noch sehen werden.
Aber bitte, mal ganz ehrlich: was macht denn ein Buch oder eine Schrift heilig? Biblia, so heißt die Bibel auf lateinisch, bedeutet auch nix anderes als eben das, was es heißt: Buch. Und dieses Buch ist auch schon deshalb nicht heilig, weil es natürlich nicht vom Himmel gefallen ist oder vom lieben Gott höchstpersönlich geschrieben oder zumindest diktiert worden wäre, sondern von Menschen. Von ganz normalen Menschen, die ganz real irgendwo und irgendwann auf dieser Welt gelebt haben. Wie Sie und ich.
Vor allem eben im alten Israel und so drum herum. In Kleinasien, dem Nahen Osten. Von Menschen, die etwas zu erzählen hatten. Etwas, das ihnen so wichtig war, dass sie es der Nachwelt hinterlassen wollten. Darum heißen die beiden Teile der Bibel ja auch Testamente. Weil jemand mit ihnen etwas hinterlassen hat. Mag sein, dass die verschiedenen Autoren der biblischen Bücher direkt vom Heiligen Geist inspiriert wurden, damit ihnen keine schwerwiegenden Fehler unterlaufen würden. Das wird ja oft behauptet. Kann schon sein. Glaube ich aber auch nicht, denn dazu gibt es in der Bibel dann eben doch zu viele historische und logische Fehler und Ungereimtheiten. Das hätte der Heilige Geist besser wissen müssen. Ehrlich. Qualitätsmanagement geht dann doch anders. Schließlich ist die Bibel ja ein Jahrtausendwerk. Da hätte ich dann doch mehr Weitsicht oder zumindest Sorgfalt vom Heiligen Geist erwartet. Ob das zu einer Promotion vor einer deutschen Universität gereicht hätte? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich hätte man ihm spätestens in unserer Zeit den Doktortitel aberkannt und ihm Plagiatsvorwürfe gemacht oder ihm zumindest unsauberes wissenschaftliches Arbeiten vorgeworfen.
Ich glaube eher, dass da einfach Menschen ein Zeugnis über und von ihrem Glauben abgelegt haben. So, wie ich hier. Auch, wenn Ihnen vielleicht noch nicht ganz einsichtig ist, was mein Geschreibsel mit Glauben zu tun haben soll. Hat es. Seien Sie mal sicher. Aber das hier ist eben auch nicht großartig vom Heiligen Geist inspiriert. Ganz bestimmt nicht. Zumindest weiß ich nichts davon und ich habe auch nix davon gemerkt. Nein, das hier ist auch bloß ein Buch. Aber, wer weiß? Wer weiß, wofür es nützt?
Die Bibel ist auch nie als ein in sich geschlossenes Buch geschrieben worden, so von Anfang bis Ende, sondern besteht aus ganz vielen Einzelschriften. Altes und Neues Testament. Aber das wissen Sie ja wohl. Zumindest setzte ich das jetzt mal einfach voraus. Da gehe ich jetzt auch nicht näher drauf ein. Falls Sie es aber doch nicht wissen sollten, was aber auch keine Schande wäre, zumindest so viel: Das Alte Testament ist eigentlich zunächst nur die „Heilige Schrift“ der Juden und heißt dort Tanach. Oder Tenach. Oder so. Man nennt sie auch die hebräische Bibel, weil sie in hebräischer Sprache verfasst wurde. Gut, das hätte ich nicht schreiben müssen, darauf wären Sie wahrscheinlich auch von allein gekommen. Sorry.