Impressum:
Abdullahs endliche Reise
Hasan Basri Erdem
erhabas@gmail.com
Cover: Hasan Basri Erdem, Wikimedia
Lektorat, Korrektorat, Redaktion: Katharina Maier,
www.skriptorium-online.de
Copyright: © 2014 Hasan Basri Erdem
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-8442-7638-1
Anmerkung des Verfassers:
Heilige Namen wie die von Propheten, Märtyrern und anderen Heiligen sowie von Engeln dürfen im Islam nicht ohne Ehrenbezeichnung ausgesprochen werden. Daher werden im Folgenden solche Personen von bestimmten Charakteren „der verehrte“ genannt. Dem Namen des Propheten Mohammed wird als besondere Ehrenbezeichnung im Islam traditionellerweise der Zusatz „Friede sei mit ihm“ beigefügt. Dem Namen Allahs wiederum wird ein „c. c.“ angefügt. Es seht für das Türkische „celle celálühu“. Die arabische Entsprechung ist „azza wa jal“, was in etwa bedeutet: „allwürdig und absolut majestätisch (ist Er)“.
Hasan B. Erdem
Abdullahs Endliche Reise
„Ich versuchte, ihn zu finden am Kreuz der Christen, aber er war nicht dort. Ich ging zu den Tempeln der Hindus und zu den alten Pagoden, aber ich konnte nirgendwo eine Spur von ihm finden. Ich suchte ihn in den Bergen und Tälern, aber weder in der Höhe noch in der Tiefe sah ich mich imstande, ihn zu finden. Ich ging zur Kaaba in Mekka, aber dort war er auch nicht. Ich befragte die Gelehrten und Philosophen, aber er war jenseits ihres Verstehens. Ich prüfte mein Herz, und dort verweilte er, als ich ihn sah. Er ist nirgends sonst zu finden.“
Mevlana Dschelaleddin Rumi
„Dein Lächeln ist mir ein Hinweis auf die Gegenwart Gottes in dir.“
Papst Johannes Paul II.
„Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicher nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen können.“
Albert Einstein
„Man schließt die Augen der Toten behutsam; nicht minder behutsam muss man die Augen der Lebenden öffnen.”
Jean Cocteau
„Wenn ich das Wunder eines Sonnenuntergangs oder die Schönheit des Mondes bewundere, so weitet sich meine Seele in Ehrfurcht vor dem Schöpfer.“
Mahatma Gandhi
„Der Geist ist die Quelle aller Verwirrung.“
Gautama Buddha
Hasan B. Erdem
Abdullahs Endliche Reise
Wir schreiben das Jahr 19 nach der neuen Hieräischen Zeitrechnung. Die Menschheit hat sich von den jüngsten Katastrophen noch nicht erholt, und nach den neuesten Berechnungen existieren nicht einmal mehr zwei Milliarden Menschen auf der Erde. Am meisten macht ihnen die neue Zeit zu schaffen. Nichts funktioniert mehr so, wie es eigentlich sollte. Alle Versuche, sich gegen das unvermeidliche Ende zu wehren, münden in einem Desaster. Fast alle Staaten der Welt befinden sich im Kriegs- oder zumindest im Ausnahmezustand. Die Menschheit ist dabei, sich zurück zu entwickeln.
Baghdad. Das Jahr 19 nach H.
Er hatte nicht mehr den Mut, ihr zu widersprechen. Sie hörte ja ohnehin nicht mehr auf ihn.
„Mutter“, sagte Abdullah, „Mutter, bitte. Du hast mich in all den Jahren so liebevoll großgezogen. Du hast mich niemals merken lassen, dass du nicht meine leibliche Mutter bist. In den dreiundzwanzig Jahren, die ich jetzt schon bei dir bin, habe ich mich nie nach einer anderen Mutter gesehnt. Du bist meine liebe, kleine Mutter, und bis zu meinem Ende wirst du mir so in Erinnerung bleiben. Denk an den Propheten und wie er sagte: ‚Das Paradies liegt unter den Füßen unserer Mütter.‘ Ich hoffe, dass ich dir ein guter Sohn war und dass du beim Jüngsten Gericht vor Allah sagen kannst, dass du mit mir zufrieden bist.“
Sie war wie mit Stummheit geschlagen, sagte gar nichts mehr. Was sollte sie auch sagen? Ihre Augen teilten ihm ja in einer unmissverständlichen Sprache mit, was in ihr vorging, jetzt, wo die Zeit gekommen war, da ihr geliebter Sohn für das bereit war, wofür er großgezogen worden war. Doch plötzlich erhob sie doch ihre Stimme und sagte mit feuchten Augen: „Mein Engel, weißt du eigentlich, was deine Mutter gerade durchmacht? Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie es für mich war, all die Jahren mit der Angst zu leben, dass dieser Moment eines Tages kommen würde?
„Ich habe einen Engel großgezogen. Immer wieder habe ich versucht, Distanz zu dir zu wahren, dich nur als eine Art Geschenk auf Zeit zu betrachten. Aber du warst immer so niedlich, so brav und so süß, dass ich dich in mein Herz geschlossen habe. Nun bist du darin verankert, und ich bin mit den Ketten echter Mutterliebe an dich gebunden.
„Von mir aus hätte ich dir niemals gesagt, dass ich nicht deine leibliche Mutter bin. Aber ich wusste, dass sie dich an deinem achtzehnten Geburtstag darüber aufklären würden, wie du zu mir kamst. Deswegen habe ich dir diese schreckliche Wahrheit damals selbst erzählen müssen, bevor sie es taten. Ich wusste ja nicht, wie du reagieren würdest, wenn du es von Fremden erfährst. Ich hatte Angst, dich zu verlieren, und diese Angst hat mir in den letzten dreiundzwanzig Jahren keine Ruhe gelassen, sie hat mich verfolgt bis in meine tiefsten Albträume. Diese Träume sind in den letzten Monaten so intensiv geworden, dass ich mich sogar davor gefürchtet habe einzuschlafen.
„Mein Sohn, denk bitte nicht, dass ich nicht stolz auf dich bin. Diese Aufgabe, für die man dich schon als Neugeborenes auserwählte, ohne dass du je nach deiner Zustimmung gefragt wurdest, ist etwas Gutes, etwas Wunderbares. Du wurdest auserwählt, die Menschheit ins Licht zu führen. Und dafür wurdest du perfekt ausgebildet.
„Du hast eine Mission zu erfüllen, die die Zukunft der Menschheit verändern wird. Denn die Menschheit hat nicht mehr viel Zeit. Vielleicht ist es unser aller Schicksal, vielleicht ist die Zeit für das gekommen, wofür wir Menschen eigentlich erschaffen wurden. Aber du weißt das ja alles besser als ich. Man hat dir alles beigebracht, was man einem Menschen nur beibringen kann. Du sprichst so viele Sprachen, du bist in deinen jungen Jahren schon so weise wie ein Philosoph, und vor allem du bist ein Wissenschaftler. Nun wirst du mit deinen anderen fünf Schicksalsteilern versuchen, für die gesamte Menschheit ein Licht in der Dunkelheit zu sein.
„Wenn ich zurückblicke, dann sehe ich die vielen schöne Dinge, die wir zusammen erlebt haben. Es waren aber auch schwere Zeiten dabei, nicht wahr? Allerdings habe ich auch furchtbare, schreckliche und schwere Zeiten erlebt, als ich selbst noch ein Kind war. Nach dem Krieg, vor allem nach der Operation Wüstenkind, bei der ich meine Eltern verloren habe. Danach brachte man mich in einem Bagdader Waisenhaus unter. Da war ich erst zehn Jahre alt. Wenn damals die Konföderation nicht gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich nicht überlebt. Denn die Kriege hörten nicht auf. Unsere gesamte Infrastruktur wurde zerstört, und es schien unvermeidlich, dass alles in einem Bürgerkrieg enden würde.
„Das Volk war fast am Ende, als plötzlich eine Katastrophe am anderen Ende der Welt dem Schicksal der gesamten Menschheit eine neue Richtung gab. Die ersten Meteoriten schlugen in den Atlantischen Ozean ein und richteten einen so großen Schaden an wie Hunderte von Nuklearbomben auf einmal. Die gesamte nordamerikanische Ostküste von Boston bis Florida wurde zerstört
„Zu dieser Zeit war ich schon eine junge Frau. Ich dachte tatsächlich, das Ende der Welt sei gekommen. Ganze Städte wurden dem Erdboden gleichgemacht. New York, Philadelphia, Washington DC, Florida und viele andere. Millionen von Menschen verloren ihr Leben, und Abermillionen waren verletzt und obdachlos geworden.
„Zunächst freuten sich natürlich alle Feinde und Gegner der Amerikaner über diese schrecklichen Ereignisse, aber schon wenige Tage später hatten sie begriffen, dass wir alle in einem Boot saßen. Die Katastrophe fand kein Ende, und ihr Ausmaß war so schlimm, dass die Erdkugel einen irreparablen Schaden erlitt. Extreme Klimaveränderungen und Naturkatastrophen waren die Folge. Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche waren nun an der Tagesordnung. Die gesamte Weltwirtschaft stürzte in eine derartige Krise, dass sie sich nie wieder davon erholte.
„Aber am schlimmsten waren doch die USA betroffen. Sie lagen am Boden, und keiner konnte ihnen helfen. Eine Supermacht war geschlagen, und ihre Wiederauferstehung war ein Ding der Unmöglichkeit.
„Die anderen Staaten waren damit beschäftigt, sich selbst zu helfen. Afrika war wie mit Frost überzogen und fast menschenleer. Nach all den Hungerkatastrophen gab es dort nur noch wenige Millionen Menschen. Die übriggebliebenen afrikanischen Staaten waren dabei, sich gegenseitig in Bürgerkriegen die Köpfe einzuschlagen, oder sie kämpften mit den plötzlichen eisigen Temperaturen, mit denen sie nicht umzugehen wussten. Alle Länder der Erde, inklusive der Großmächte, sahen sich von heute auf morgen mit Hungersnöten und Wassermangel konfrontiert. Aber das Schlimmste war doch die Veränderung des Klimas. In Europa herrschten Dürre und Trockenheit, Temperaturen bis zu 50° Celsius. In Asien kam es fast täglich zu Killer-Erdbeben. Überall brachen bislang unbekannte ansteckende Krankheiten aus. Wenn es überhaupt irgendwo regnete, dann fiel Gift vom Himmel. In manchen Regionen der Erde verschwanden ganze Länder und Inseln unter dem Ozean, und andernorts kam neues Land zum Vorschein, weil der Meeresspiegel dort drastisch sank.
„Die Tiere hatten keine Chance. In den Augen der Menschen waren sie nur noch Protein und wurden bloß des Fleisches wegen gezüchtet. Überall auf der Welt waren Kriege um die Wasserherrschaft ausgebrochen, und sie fanden kein Ende. Die Großen Wasserkriege, nennen wir sie heute. Auf der ganzen Welt herrschte nur eins: Chaos. Energie war Mangelware, Trinkwasser wurde gehandelt wie Gold, und die Ölreserven der Erde waren schon fast aufgebraucht.
„Aber das Allerschlimmste war ja, dass der Meteoritenhagel kein Ende nehmen wollte. Erstaunlicherweise fielen die Gesteine immer wieder auf die Ostküste der USA, als wären sie dorthin adressiert. Die Erde drehte sich, aber die Meteoriten trafen immer wieder den nordamerikanischen Kontinent, Tag für Tag, Woche für Woche. Große Teile der USA und Kanadas waren durch die hochgiftigen, radioaktiven Gesteine unbewohnbar geworden.
„Die wenigen Menschen, die dort überlebt hatten, konnten nicht bleiben. Also verließen die Ersten des amerikanischen Volkes noch vor dem Beginn der neuen Zeitrechnung nach und nach das Land.
„Der Hieräische Kalender aber konnte erst elf Jahre nach den ersten Einschlägen eingeläutet werden, weil sich die Großmächte der Erde erst von da an über einen gemeinsamen Katastrophenplan verständigt hatten. Doch sobald dieser in Kraft war, hielt die Menschen nichts mehr in den USA. Selbst die Bewohner der nicht betroffenen Regionen hatten zu viel Angst, um noch in Nordamerika zu bleiben. Sie verstreuten sich auf der ganzen Welt. Millionen von ihnen gingen nach Russland, China und Australien, aber die Mehrheit kam doch zu uns in den Irak. Schließlich waren die Amerikaner hier schon seit Jahrzehnten die Herrscher über alles. Sie gründeten also in der Gegend um Bagdad neue Städte wie das neue New York oder New Washington, New Virginia, und wie sie alle heißen. Den Rest der Geschichte kennst du ja.“
Abdullah antwortete mit einem ironischen Lächeln: „Mutter, wie ich sehe, beruhigst du dich langsam und fängst auch schon an, dich mit der ganzen Situation abzufinden. Oder warum sonst wärmst du diese alten Geschichten wieder auf? Du versuchst doch nicht etwa Zeit zu schinden? Das sieht dir ja überhaupt nicht ähnlich!“
Die Frau lächelte. Der Humor ihres Sohnes brachte sie immer zum Lachen. Sie war eben eine typische Mutter; sie konnte über alles lachen, Hauptsache, es kam von ihrem Sohn. Doch Abdullah wurde schnell wieder ernst.
„Mutter“, sagte er, „du erzählst die Geschichte der Menschheit wieder so wie damals, als ich noch klein war, als wäre das alles schon lange vorbei. Aber diese Geschichte ist leider immer noch unsere Gegenwart. Auch wenn sich einige wenige Länder wieder aufgerappelt haben, fallen immer noch Steine vom Himmel, immer noch verdursten oder verhungern Menschen auf der Welt, und immer noch führen sie Kriege gegeneinander.
„Ja, wir haben in den letzten Jahren vielleicht gelernt, mit diesen Extremsituationen umzugehen. Aber Fakt ist doch, dass es noch nicht vorbei ist. Jemand muss uns Menschen helfen, und wenn dieser Jemand zufällig ich sein soll, dann erfüllt mich das mit Stolz und Mut.
„Du hast mich gelehrt, dem Glauben zu vertrauen, und ich tue es. Du weißt, wie stark mein Glaube ist; in der Tat ist er das Stärkste in mir. Darum weiß ich, dass der vermeintliche Tod nur ein Mittel ist, damit wir endlich unserem Schöpfer gegenüberstehen. Und das ist meine größte Sehnsucht.
„Denkst du denn, dass es mir leicht fällt, dich zu verlassen, und zwar in dem Wissen, dass ich dich in diesem Leben nie mehr wiedersehen werde?“ Abdullah schwieg einen Moment, doch dann sagte er: „Wenn ich im Paradies eine Mutter haben werde, dann wirst du es sein.“
„Inschallah“, sagte Fatima, denn das war der Name der Frau mit den großen dunkelschwarzen Augen und den grauen Haaren, die Abdullah im Auftrag der Konföderation großgezogen hatte. Doch mehr als das: Sie hatte ihn wirklich innig geliebt, ganz so, als wäre er ihr eigener Sohn. Sie wusste, dass nun seine Zeit gekommen war, und empfand einfach nur die Angst einer Mutter, einer wahren Mutter, die ihren Sohn nicht verlieren will.
Fatima war klein und zierlich. Äußerlich hatte sie wirklich nichts mit Abdullah gemeinsam, aber das war ihm in all den Jahren überhaupt nicht verdächtig verkommen. Er hatte immer geglaubt, dass er seinem Vater ähneln musste, von dem es leider keine Fotos gab, weil er ja angeblich nichts von ihnen hatte wissen wollen und einfach abgehauen war. Aber als Kind kennt man solche Zweifel eben nicht, und schon gar nicht, wenn man in Obhut einer liebevollen Mutter aufwächst.
„Ich brauche ein bisschen Schlaf, bevor ich abreise“, verkündete Abdullah. Fatima drückte ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Ich wecke dich, wenn das Mittagessen fertig ist“, meinte sie mit mütterlicher Fürsorge und verließ das Zimmer.
Abdullah legte sich auf das Bett und dachte daran, wie fertig er damals gewesen war, als sie ihm vor fünf Jahren aus heiterem Himmel die ganze Wahrheit erzählt hatte. Er war kurz davor gewesen, seine Aufklärungsschulung anzutreten, und Fatimas Enthüllungen hatten ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Er war damals wirklich am Ende gewesen. Tagelang hatte er nicht mit ihr geredet. Länger hatte er es aber nicht ausgehalten, denn er konnte einfach nicht ohne sie. Außerdem hatte er dem Duft der leckeren Hefeteilchen nicht widerstehen können, die sie für ihn gebacken hatte. Fatima kannte ihn eben in- und auswendig.
Was damals folgte, war eine Versöhnung sondergleichen. Abdullah war alles egal gewesen, all die Lügengeschichten und das Scheinleben. Später erzählte man ihm haarklein, wie er achtzehn Jahre zuvor zu Fatima gebracht worden war und dass er erst ein paar Tage alt gewesen war, als seine leibliche Mutter im Krieg ums Leben kam. Sie war eine Agentin der Konföderation GLOBEX gewesen, einer globalen Organisation, die von den damals zwölf größten Industrieländern gegründet worden war. GLOBEX diente dem Zweck, neue Technologien zu entwickeln und für die Menschheit alternative Lebensräume im All zu finden. Die Wissenschaftler jener Zeit hatten allerhand vorausgesehen und wussten, dass die Menschheit früher oder später neue Lebensräume brauchen würde, um weiter zu existieren. Also gründeten sie GLOBEX als eine unabhängige, überstaatlich und sogar weltumfassende Organisation.
Vor allem nach der Katastrophe war GLOBEX der einzige Punkt, in dem alle Länder der Welt einer Meinung waren. Keine Religion, keine Lehre und kein Mensch hatte es je geschafft, die Zustimmung aller Menschen zu erlangen, aber der Überlebenswille und die Neugier der menschlichen Spezies sorgten dafür, dass sich in diesem Fall alle Menschen einig waren.
Die Menschheit brauchte eine neue, bewohnbare Erde. Denn der einst so wunderschöne blaue Planet war ergraut, und sein Ende stand kurz bevor. Eigentlich lagen selbst die Gründerstaaten von GLOBEX im Krieg miteinander, und bekanntlich heißt es ja: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Aber in diesem Fall war der Feind ein gemeinsamer, schien unbesiegbar zu sein und hatte eindeutig nicht die Absicht, sich mit der einen oder der anderen Seite anzufreunden. Und so war GLOBEX der einzige gemeinsame Nenner zwischen den mittlerweile verfeindeten Staaten. Was auch immer sonst passierte, in der Organisation herrschte gute Zusammenarbeit. Die Forschung ging weiter, als wäre auf der Welt alles in Ordnung.
Im Laufe der Jahre war es den Wissenschaftlern gelungen, mit überdimensionalen Teleskopen einen Teil des so unendlich erscheinenden Weltalls zu erforschen. Von Jahr zu Jahr erhöhte sich die Anzahl der neu entdeckten Planeten und Galaxien. Die Aufnahmen, die die unbemannten Sonden zurück zur Erde sandten, machten den Forschern Mut. Schließlich, nur einige Tage bevor die Erde im Chaos versank, machten sie zufällig eine unerhörte Entdeckung. Von heute auf morgen tauchte aus dem dunklen, verborgenen Winkel hinter dem Mars ein neuer Planet auf. Er kam wie aus dem Nichts. Die Wissenschaftler waren bass erstaunt.
Der neue Himmelskörper brachte das gesamte Gleichgewicht der Planetenkonstellation aus dem Lot. Zugleich war er aber wunderschön, noch schöner als unser blauer Planet. Er übte eine geradezu mystische Anziehungskraft auf die Wissenschaftler aus. Sofort schickten sie die Sonde MARS SPY 2, die schon über dem Mars im Einsatz war, in Richtung des neuen Planeten.
Als die ersten Aufnahmen über die Bildschirme flackerten, waren die Wissenschaftler so geschockt, dass sie fast von den Stühlen fielen. Ein blauer Himmel, grüne Wälder, Berge und das Wichtigste: Wasser. Aber wie das möglich war, konnten sie sich nicht erklären.
Der Planet hatte eine dichte Atmosphäre, der Sauerstoffgehalt schien ein bisschen zu hoch, aber noch im Rahmen der menschlichen Toleranz. Zwar war der neue Himmelskörper größer als die Erde, hatte jedoch eine ähnliche Neigung der Rotationsachse.
Das Seltsamste aber war Folgendes: Zog man die Entfernung des Planeten zur Sonne in Betracht, dann hätte dort eigentlich eine unsichtbare Eiszeit herrschen müssen, ganz ähnlich wie auf dem Mars. Es gab aber keinerlei Anzeichen dafür. Vielmehr wurden Durchschnittstemperaturen von 14°C gemessen. Die Wissenschaftler vermuteten daher eine unsichtbare Wärmequelle, die von der Erde aus nicht zu erkennen war.
Während nun dieser geheimnisvolle Himmelskörper die Erde aus dem Gleichgewicht brachte, schien er selbst davon nicht betroffen zu sein. Das Kuriose und zugleich Schreckliche daran war, dass nach den exakten Berechnungen der Wissenschaftler der neue Planet innerhalb der kommenden dreißig Jahre sich im Sonnensystem so positionieren würde, dass zwar auf dem Planeten selbst für mehrere tausend Jahre Leben möglich sein, unsere Erde dafür aber unbewohnbar werden würde.
Das gesamte Ausmaß dieser kosmischen Katastrophe konnten noch nicht einmal die Wissenschaftler kalkulieren. Der Entdecker dieses mysteriösen, gefährlichen Himmelskörpers hieß Dr. Fernando Urussanga, und auf seinen Wunsch hin wurde der neue Planet URUS genannt. Und mit diesem Himmelskörper sollte Abdullahs Schicksal aufs Engste verknüpft sein.
Nach dem Tod von Abdullahs leiblicher Mutter hatte ein gewisser Professor Karimi ihn dem Leitungskomitee von GLOBEX für die geheime Operation NOAH vorgeschlagen. Diese hatte zum Ziel, den Planeten namens URUS zu besiedeln.
Für diese Mission wählten die Köpfe von GLOBEX viele Kinder aus, deren Eltern mit den GLOBEX SALOMON LABORS zu tun hatten und im Krieg gestorben waren. Ohne etwas voneinander zu wissen, wurden diese Kinder über zwanzig Jahre lang für die Operation NOAH trainiert. Sie wuchsen jeweils in verschiedenen Regionen der Erde bei Pflegefamilien auf.
Die meisten der ausgewählten Kinder hatten es aus verschiedenen Gründen nicht bis zum Schluss geschafft. Neben Abdullah waren nur fünf weitere übrig geblieben. Und diese Fünf sollten sich am heutigen Tag zum ersten Mal an einem geheimen Ort mit Abdullah treffen.
Kairo 30 Jahre zuvor
Im Jahre 11 vor H. verschwand ein amerikanischer Multimilliardär und Abenteurer namens Thomas Mc Ilhenny wie vom Erdboden verschluckt. Er war der viertreichste Mann der Welt.
Mc Ilhenny war kein Selfmademan. Vielmehr hatte sein Vater, der Tyrann, ihm seinen grenzenlosen Reichtum hinterlassen. Seitdem war er nicht nur Eigner des Konzerns NANOMAC Corporation, sondern auch CEO seiner Firma, die hauptsächlich in Öl handelte und außerdem Forschung betrieb. Ehrlich gesagt war er ein miserabler Geschäftsmann. Das wusste nicht nur Mc Ilhenny selbst, sondern auch seine Mitinvestoren, die ständig erfolgreich gegen ihn klagten. Aber er war ein sturer Hund und der Meinung, er hätte niemandem Rechenschaft abzulegen. Schließlich hielt er die Mehrheit der Unternehmensaktien. Wer hatte ihm also schon etwas zu sagen?
Nichtsdestotrotz war Thomas Mc Ilhenny insgeheim klar, dass er den Aufgaben eines Konzernchefs nicht gewachsen war. Business war einfach nicht sein Ding. Nach einer Weile sah er das auch ein und ging dazu über, seinen Konzern, den damals fünftgrößten der Welt, von professionellen Managern leiten zu lassen. Er selbst widmete sich von da an nur noch der Forschungsabteilung seiner Firma. Schon zuvor hatte er dort eine Reihe an Aufgaben übernommen, für die ihm jetzt, nach Aufgabe der Firmenleitung, endlich mehr Zeit zur Verfügung stand.
Doch Thomas Mc Ilhenny war mehr als nur ein begeisterter Forscher. Er hatte ein ausgesprochen spannendes Hobby, das seine ganze Freizeit ausfüllte: Abenteuerreisen. Mc Ilhenny verglich sich gern und oft mit Leinwandhelden wie Indiana Jones oder Quatermain. Mit einer bestimmten Religion konnte er sich übrigens nicht identifizieren, er war aber auch kein Atheist.
Thomas Mc Ilhenny war eben ein rundum smarter Gentleman in den besten Jahren. Er war Anfang vierzig, sah gut aus, war sportlich und wusste sich modisch zu kleiden. Neben der Forschung und dem Reisen gehörte seine Leidenschaft schönen Frauen, sportlichen Autos und dem Fliegen. Von diesen drei Dingen konnte er nicht genug bekommen. Man könnte sogar so weit gehen und behaupten, dass er sich selbst hasste, weil er wegen seines Berufs und seinen zeitintensiven Reisen keine Muße für seine Steckenpferde mehr hatte.
Sei dem wie es wolle – Thomas Mc Ilhenny versuchte grundsätzlich, das Beste aus seinem Leben zu machen, wo immer er nur konnte. In der Forschungsabteilung seiner Firma umgab er sich fast nur mit weiblichen Angestellten, und er hatte sich fest vorgenommen, jeden Tag ein anderes Auto aus seinem privaten Edelfuhrpark zu fahren.
Bei den fraglichen Fahrzeugen handelte es sich natürlich nicht um gewöhnliche Autos. Vielmehr hatte sich Mc Ilhenny per Sondergenehmigungen Nobelmarken wie Ferrari, Maserati, Mercedes und Porsche nach seinen Wünschen umbauen lassen. Jedes einzelne dieser Unikate hätte ihm wahrscheinlich Millionen eingebracht, hätte er sie je verkauft. Schließlich ließ Thomas Mc Ilhenny seine kleinen Spielzeuge immer mit der neuesten Technologie aus seinen Labors ausstatten.
Doch letzten Endes waren in der Liga, in der er spielte, Autos als Statussymbole eigentlich ungeeignet, egal, wie hypermodern und einzigartig sie waren. Privatflugzeuge, Luxusjachten und riesige Anwesen überall auf der Welt taten es da schon eher.
Mc Ilhenny ging also dazu über, bei kürzeren Strecken seinen privaten Learjet selbst zu fliegen, wenn er denn nicht zu müde dafür war. Im Übrigen besaß er seine eigene Fluggesellschaft samt einer kleinen Flugzeugflotte und modernen Hubschraubern, die Inlandsflüge in den USA tätigten. Er hatte sie ebenfalls von seinem Vater geerbt.
Seltsamerweise hatte Mc Ilhenny den Namen dieser Flugzeuggesellschaft ein paar Wochen vor seinem Verschwinden geändert. Sein Vater hatte das Unternehmen liebevoll „Venus Air“ getauft, aber nachdem Thomas Mc Ilhenny von einem seiner vielen Ägyptenaufenthalte zurückgekehrt war, änderte er den Namen in „Burak Air“.
Niemand konnte sich die Sache erklären, ganz zu schweigen, dass jemand etwas mit dem neuen Namen hätte anfangen können. Aber Mc Ilhenny schien das egal zu sein. Er war schließlich niemandem Rechenschaft schuldig.
Der Multimilliardär war also schon an und für sich ein interessanter Mann. Doch Thomas Mc Ilhenny hatte auch noch eine andere Seite, die gar nicht zu ihm zu passen schien. Er war nämlich manchmal so geheimnisvoll, ja, unheimlich, dass er sich selbst Angst machte.
Thomas Mc Ilhenny verwahrte in seinem Kopf genug Wissen, dass es für einen, wenn nicht sogar für zwei Universitätsprofessoren gereicht hätte. Mit dem, was er über die unerforschten, geheimnisvollen Gebiete der Erde und speziell über die Pyramiden wusste, hätte er Vorlesungen an den bedeutendsten Bildungseinrichtungen der Welt abhalten können. Was seine Forschungsarbeit anbetraf, bezeichneten ihn viele sogar als Genie. Mc Ilhenny hatte nämlich seine eigene Art, die schwierigsten Probleme zu lösen. Außerdem war er ein regelrechter Zauberer, wenn es darum ging, Materialien für seine eigentlich verbotenen Expeditionen und Forschungen zu beschaffen oder entsprechende Genehmigungen lockerzumachen. Das war sozusagen seine Spezialität. Schließlich kannte Mc Ilhenny in den verschiedensten Ländern der Welt die wichtigsten Menschen, darunter nicht wenige Politiker, Geschäftsleute, Journalisten und Künstler.
Eigentlich machte Thomas Mc Ilhenny nicht gerne Gebrauch von seinen Kontakten. Aber er wusste auch, dass es manchmal nicht anders ging. „Die Forschung darf nie zum Stillstand kommen. Wenn wir morgen nicht weiter sind als heute, dann haben wir verloren“, pflegte er immer zu sagen.
Es war während einer seiner zahlreichen Reisen nach Ägypten zu den Pyramiden, dass Thomas Mc Ilhenny eine spektakuläre Entdeckung machte. Er konnte es gar nicht fassen, dass all die großen Archäologen und Forscher aus aller Welt, die vor ihm dort gewesen waren, dieses Geheimnis über die Jahre nicht aufgestöbert hatten. Mc Ilhenny behielt seine Entdeckung für sich. Nicht einmal seinen treuesten Begleitern gegenüber ließ er eine entsprechende Andeutung fallen. Er wollte es vermeiden, die Aufmerksamkeit der Allgemeinheit auf Ägypten zu lenken. Schließlich wollte er in Ruhe forschen können, ganz zu schweigen davon, dass er erst einmal planen musste, wie er vorgehen würde. Schon als kleines Kind hatte Thomas Mc Ilhenny gelernt, Hieroglyphen zu entschlüsseln.
Die private Bibliothek seines Vaters in der Familienvilla in Long Island hätte so manche Universität vor Neid erblassen lassen, und Mc Ilhenny hatte sich als kleines Kind sehr oft mitten in der Nacht in dieses riesige Archiv geschlichen. Eigentlich hatte er damals vor allem nach geheimen Türen gesucht, Verstecken gespielt oder so getan, als wäre er ein großer Abenteurer. Aber er las auch heimlich, und zwar gerade die Bücher, die anzurühren sein Vater ihm strengstens verboten hatte.
Infolgedessen war Mc Ilhenny in seinem Geburtshaus sozusagen mit den Hieroglyphen aufgewachsen, und er sah diese geheimnisvollen Zeichen ganz anders als gewöhnliche Forscher, die erst während ihres Studiums lernten, sie zu entziffern.
Es war also nicht weiter verwunderlich, dass Mc Ilhenny fasziniert von den ägyptischen Pyramiden war. Unermüdlich forschte er, in der Hoffnung, dort etwas Neues zu entdecken, etwas, das der Menschheit vielleicht bis dato entgangen war.
Natürlich hatten die Menschen schon seit Jahrhunderten in Gizeh nach Schätzen und den Sarkophagen der Pharaonen gesucht. Aber in einer der drei Pyramiden dort, genauer gesagt in der Cheops-Pyramide, fand man weder das eine noch das andere. Es herrschte die Überzeugung vor, dass diese Pyramide, die als erste überhaupt erbaut worden war, schon vor Jahrhunderten von einheimischen Räubern geplündert worden war. Diese Erklärung hatte Thomas Mc Ilhenny aber nie wirklich zufriedengestellt.
Das war der Grund, aus dem er Jahre lang unter Einsatz modernster Technologie speziell diese Pyramide durchsucht hatte. Und zwar hielt er nicht nach einem sagenumwobenen Schatz oder nach eingewickelten Mumien Ausschau, sondern er forschte nach einer Erklärung dafür, weshalb ausgerechnet diese Pyramide, die die Jahrtausende in so gutem Zustand überdauert hatte, leer war. Schließlich waren andere Pyramiden damals, als man sie gefunden hatte, voller Schätze und Sarkophagen gewesen, obwohl man diese Bauwerke in den vorangegangenen Jahrhunderten genauso leicht hätte ausplündern können wie die sogenannte Cheops-Pyramide.
Irgendetwas musste an dieser einen Pyramide ungewöhnlich sein, sagte sich Mc Ilhenny immer wieder. Und während einer seiner zahlreichen Reisen nach Ägypten kam er seinen Träumen tatsächlich so nah wie nie zuvor …
Jack Horbune war Thomas Mc Ilhennys rechte Hand. Er kannte den Milliardär schon seit einer Ewigkeit und war ihm bei all seinen Abenteuern zur Seite gestanden. Aber es gab Zeiten, da kam sich der alte Jack vor wie ein Kindermädchen oder wie ein elendiglicher Laufbursche. Und manchmal verspürte er durchaus das Bedürfnis, seinem Chef die Ohren lang zu ziehen. So auch diesmal.
Jack Horbune war nicht von gestern, und er spürte einfach, dass Thomas Mc Ilhenny ihm etwas verschwieg. All die Jahren war er dem Mann aufopferungsvoll beigestanden, und so wusste er natürlich genau, wie er tickte. Man könnte vielleicht sogar sagen, dass Jack Horbune der einzige Mensch auf der Welt war, der Thomas Mc Ilhenny wirklich verstand.
„Es wäre ja nicht das erste Mal, dass der Junge was vor mir verheimlicht“, grübelte der alte Jack. Die ganze Sache nagte an ihm. Er musste einfach herausfinden, was vor sich ging. Allerdings wusste er genau, dass sein Chef es nicht leiden konnte, wenn man ihn mit Fragen piesackte. Aber Jack war ein ausgekochtes Schlitzohr und konnte auf jede Menge Erfahrung zurückgreifen. Er würde schon einen Weg finden, um etwas aus Mc Ilhenny heraus zu kitzeln.
Der Milliardär und seine Leute waren im selben schlichten Hotel untergekommen wie immer und hatten dort eine komplette Etage mit Personenschutz gemietet. Um seinen Plan auszuführen, hatte es Jack nicht weit. Er musste nur sein Zimmer verlassen und zur nächsten Tür gehen. Hinter der hatte nämlich Thomas Mc Ilhenny sein Domizil. Davor standen zwar zwei Wachleute, aber Jack schickte die beiden unter einem Vorwand in die Lobby.
Leise klopfte er an Mc Ilhennys Zimmertür und sagte mit verstellter Stimme: „Mr. Mc Ilhenny, der Polizeidirektor wartet unten in der Lobby auf Sie. Er hat mir eine Nachricht für Sie aufgetragen. Wenn Sie bitte öffnen würden …“
„Moment bitte! Ich ziehe mir nur schnell etwas über“, antwortete Mc Ilhenny, der das Gefühl hatte, dass mit dem Mann auf der anderen Seite der Tür etwas nicht stimmte. Er wollte Zeit gewinnen, und wie immer, wenn etwas schiefging, rief er sofort Jack Horbune auf dem Handy an. Als auf der anderen Seite der Tür plötzlich ein Mobiltelefon klingelte, stockte Mc Ilhenny der Atem.
Um Gotteswillen, dachte er. Dem alten Jack wird doch nichts zugestoßen sein!
Doch genau in diesem Moment hob der alte Kauz ab. „Thomas, bist du das?“
Mc Ilhenny war noch verwirrter als zuvor. Auf der anderen Seite der Tür war eine Stimme zu hören, und gleichzeitig hatte er Jack an der Strippe. Was ging hier vor sich?
„Jack“, flüsterte Mc Ilhenny. „Etwas stimmt da nicht. Jemand ist an meiner Tür, aber die Jungs sind nicht da. Verdammt, wo sind die bloß? Wo steckt ihr denn alle?“
Da musste Jack lauthals lachen. Mc Ilhenny war ganz verdattert, denn das Geräusch kam auch von der anderen Seite der Tür.
„Mach schon auf, Tom“, sagte da Jack. Da ging Mc Ilhenny endlich auf, was hier eigentlich vor sich ging. Verärgert eilte er zur Tür und riss sie auf.
„Sag mal, was wird das, wenn es fertig ist, Jack?“, fragte er unwirsch. Der Angesprochene hatte ein breites Grinsen im Gesicht.
„Meine Güte, wie einfallsreich du doch bist, Tom! Von wegen ‚ich ziehe mir was über‘. Oder läufst du etwa tatsächlich ganz nackt in deinem Zimmer herum?“
Genervt starrte Thomas Jack an. Dem alten Schlitzohr war es egal. Ohne eine Einladung abzuwarten, trat er in das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Dann begab er sich wortlos in Richtung Minibar und begann, sich einen Drink einzuschenken.
„Willst du vielleicht auch einen?“, fragte er ungeniert. Mc Ilhenny schüttelte entnervt den Kopf. Ihm war dieses Verhalten ein Rätsel.
„Sag mal, was ist denn los, Jack?“, fragte er. „Was zum Teufel denkst du dir eigentlich? Ich muss ins Bett. Morgen wird ein anstrengender Tag, und du willst allen Ernstes um diese Zeit noch was mit mir trinken?“
Jack ließ sich von Mc Ilhennys Ton nicht weiter beeindrucken. Stattdessen fragte er barsch: „Wie lange, Tom, wie lange kennen wir uns jetzt eigentlich schon? Fünfundzwanzig Jahre? Oder sind es sogar schon dreißig? Du warst doch vorhin in Schwierigkeiten, nicht? Dachtest du zumindest. Und wen hast du da angerufen? Na wen? Ja, mich! Weil du mir vertraust, weil wir schon durch dick und dünn gegangen sind, weil wir uns in solchen Situationen immer gegenseitig geholfen haben.
„Ich bin nicht nur bei dir geblieben, weil du mich gut bezahlst, das weißt du. Ich will, dass du endlich begreifst, dass wir inzwischen Freunde geworden sind.
„Wir brauchen einander, Tom. Ich habe es wirklich satt, wie du mich manchmal behandelst. Ich denke doch, dass ich mir deinen Respekt längst verdient habe. Und deswegen kündige ich hier und jetzt. Auf der Stelle.
„Wenn du einen Freund brauchst, dann bin ich da. Aber wenn du dein Mädchen für alles haben willst, deinen Laufburschen, dann brauchst du gar nicht erst nach mir zu suchen.“
Da musste Mc Ilhenny laut auflachen. „Jack, sag mal, hast du dir irgendwas Einheimisches reingezogen, oder was ist los mit dir? Wen zum Teufel hätte ich denn in so einer Situation sonst anrufen sollen?
„Natürlich sind wir Freunde und so weiter, aber den Blödsinn solltest du jetzt wirklich bleiben lassen. Trink jetzt bitte dein Glas aus und geh schlafen. Wir reden dann morgen in Ruhe weiter, okay?“
„Nein!“, rief Jack aus. Es klang regelrecht hysterisch. „Nichts ist okay, Thomas Mc Ilhenny! Ich kenne dich sehr gut, und ich weiß genau, dass du seit einiger Zeit etwas vor mir verheimlichst. Und mit Freunden, denen man sein Leben anvertraut, macht man so was nicht.“
Thomas Mc Ilhenny schwieg ein Moment. Langsam drehte er sich zu Horbune um und sagte grinsend: „Ich wusste es doch, du altes Schlitzohr. War ja klar, dass mein Geheimnis vor dir nicht lange sicher ist.“
„Wie bitte!“, wunderte sich Horbune. „Du gibst zu, dass du ein Geheimnis vor mir hast? Und du willst es mir etwa tatsächlich erzählen?“
„Natürlich“, sagte Thomas. „Ich werde es dir verraten. Aber nicht jetzt. Morgen. Wenn du es nämlich jetzt erfährst, dann machst du die ganze Nacht kein Auge zu.“
„Aber so kann ich doch erst recht nicht schlafen!“, antwortete Jack. „Willst du etwa, dass mein altes Herz den Geist aufgibt? Willst du mich auf dem Gewissen haben?“
Thomas lachte wieder. „Keine Angst, Jack! Du und dein altes, whiskyseliges Herz überlebt mich noch. Hör zu, ich verspreche es dir: keine faulen Tricks oder dergleichen. Diesmal ist alles anders, Jack. Ich kann dir die Sache nur vor Ort erzählen. Es ist etwas Gigantisches, etwas Weltbewegendes. Das wird die ganze Weltgeschichte verändern, mit Sicherheit.“
„Das wird ja immer schlimmer, Tom“, meinte Horbune aufgebracht „So was kannst du mir doch nicht antun! Da sterbe ich ja vor Neugier bis morgen, und dann hast du mich auf dem Gewissen. Das wirst du dein ganzes Leben lang nicht los!“ In seiner Aufregung schüttete sich Jack das ganze Glas Whisky in die Kehle – und schüttelte sich einen Moment später angewidert.
„Was zum Teufel ist denn das für ein Zeug?“, fauchte er, kaum dass er das Glas abgesetzt hatte. Plötzlich machte er ein komisch-entsetztes Gesicht. „Ist das etwa Apfelsaft?!“
„Okay“, entgegnete Mc Ilhenny schulterzuckend, „du hast schon recht. Das ist kein Whisky. Aber auch das gehört zu meinem Geheimnis. Also wirst du auch darauf erst morgen eine Antwort bekommen. Schluss jetzt, und keine Widerrede! Morgen ist ein großer Tag für dich, alter Junge!
„Aber trotz allem ist es gut, dass du aufgetaucht bist. Du kannst gleich Khalid ausrichten, dass sie Verstärkung organisieren sollen. Ich habe ein ungutes Gefühl. Denn wenn ich es weiß und du ahnst, dass ich etwas weiß, dann können auch andere davon Wind bekommen haben.“
Diese Worte machten Jack nur noch neugieriger, aber er wollte Mc Ilhenny nicht noch weiter auf die Pelle rücken. Er war schließlich schon ziemlich weit gegangen. Im Moment würde es ihm nichts bringen, seinen Chef noch mehr zu reizen.
„Also gut“, meinte er, „einverstanden. Ich gehe jetzt mir einen richtigen Whisky besorgen und saufe mich voll. Aber morgen früh erzählst du mir alles.“
„Nein“, sagte Mc Ilhenny. „Gerade das machst du jetzt nicht. Du gehst jetzt zu Khalid und sagst ihm, dass er die Sicherheitsvorkehrungen verstärken soll, und dann gehst du schön schlafen. Du musst morgen sehr früh aufstehen. Oder hast du schon vergessen, dass du die Ware, die wir seit einer Woche erwarten, morgen vom Hafen abholen musst?“
„Das hatte ich wirklich ganz vergessen“, gab Jack zu. „Was ist das überhaupt für eine Lieferung? Was hast du da eigentlich bestellt?“
„Ich habe uns neues Equipment besorgt. Damit können wir unsere Forschung vorantreiben. Außerdem sind Geschenke für den Museumsdirektor Al Garoubi dabei. Mit dem werde ich mich morgen auf dem Plateau treffen.“
„Was! Mit diesem Blutsauger?“, fragte Jack entsetzt. „Ich dachte, das hätten wir hinter uns. Warum willst du dich denn wieder mit dem Kerl einlassen? Vor zwei Jahren hätte er dich fast verhaften lassen, weil du ihm nicht helfen wolltest diese beiden Tiermumien außer Landes zu schaffen! Das hast du doch nicht etwa vergessen?“
„Nein, natürlich nicht. Aber seitdem haben sich die Dinge geändert. Wir arbeiten jetzt zusammen.“
„Da bin ich ja mal gespannt. Aber was für ein Geschenk das ist, werde ich dich zu deiner Enttäuschung nicht fragen, Thomas“, murmelte Jack und tat sein Möglichstes, eine finstere Miene aufzusetzen. „Dein bestechlicher Freund würde dir im Austausch für ein Geschenk doch sogar die Museumsschlüssel in die Hand drücken.“
„Wir verlieren kostbare Zeit“, sagte Thomas, ohne weiter auf Jacks Gerede einzugehen. „Bitte geh jetzt und tu, was ich dir gesagt habe.“
„Na, also meinetwegen. Dann gehe ich eben. Aber morgen hast du mir eine Menge zu beichten, mein Freund. Und am meisten bin ich auf die Geschichte mit dem Whisky gespannt.“ Mit diesen Worten drehte sich Jack Horbune um und verließ das Zimmer.
„Wach auf, mein Engel“, sagte Fatima leise zu Abdullah. Sie kam sich vor, als würde sie ihren Sohn mit ihren eigenen Händen dem Tod ausliefern. Aber sie durfte ihre Gefühle jetzt nicht zeigen. Sie musste stolz bleiben und die letzten Minuten auskosten, die sie mit ihrem Sohn verbringen durfte. Die Zeit war gekommen. Die Zeit des Abschieds, die Zeit der Trennung, die Zeit der Trauer, die Zeit der Leere.
„Ich bin wach, Mutter“, sagte Abdullah. „Ich konnte gar nicht schlafen. Ich hatte zwar meine Augen geschlossen, aber ich habe die ganze Zeit über nachgedacht.“
Sie blickte ihn mit feuchten Augen und einem traurigen Lächeln an und hörte ihm einfach nur zu.
„Ich dachte mir: Warum ich?“, fuhr er fort. „Es gibt immer noch Milliarden von Menschen auf der Welt, und ausgerechnet ich bin mit den übrigen Fünf dazu auserwählt worden, die ganze Menschheit zu retten? Warum ich, Mutter? Warum nicht ein anderer? Hast du eine Antwort auf diese Frage?“
Fatima wusste, dass sie jetzt gefordert war, denn sie spürte Abdullahs Unsicherheit. Es war zwar nur eine leichte Beklemmung, aber schon das allein konnte ausreichen, um die gesamte Mission zu gefährden.
Noch schlimmer wäre jedoch gewesen, wenn Abdullah deswegen von der Mission ausgeschlossen werden würde, denn Fatima war klar, dass ihr Sohn damit nicht leben können würde. Er wäre am Boden zerstört, dachte sie. Keiner kannte Abdullah so gut wie sie. Schließlich hatte sie ihn großgezogen.
„Mein Sohn, wir alle haben unser eigenes Schicksal, und das hat keiner selbst bestimmt“, meinte sie. „Ich muss zugeben, dass das Leben nicht immer gut zu uns war. Aber vergiss nicht, mein Engel: ‚Wer nicht sät, der erntet nichts. Was können wir mitnehmen, wenn unsere Taschen leer sind?‘ Als sie dich damals zu mir brachten, beauftragten sie mich unter anderem damit, dich den Islam zu lehren. Das war sogar der Grund, aus dem sie mich überhaupt als deine Ersatzmutter ausgewählt hatten. Dank meines Theologiestudiums war ich wie geschaffen für diese Aufgabe. „Ich habe dich also in all den Jahren systematisch alles gelehrt, was ich über den Islam weiß. Heute weißt du sogar noch viel mehr als ich. Aber dass dein Glaube dich im Stich lässt, das darfst du nicht zulassen.
„Wenn du der Auserwählte bist, dann gibt es bestimmt einen sehr guten Grund dafür. Du hast damit etwas in der Hand, das du mitnehmen kannst. Verstehst du, was ich damit meine?
„Irgendwann wirst du vor deinem Schöpfer stehen, und wenn er dich fragt, was du auf der Welt Gutes geleistet hast, dann kannst du das, was du mitgenommen hast, vorzeigen. Dann sagst du: ‚Hier, mein Schöpfer, ich habe mein Leben geopfert, damit andere Menschen weiterleben konnten.‘ Das ist sehr viel wert. Wer kann denn heutzutage noch so etwas mitnehmen?
„Erinnere dich daran, wie ich dir als kleines Kind aus dem Leben des verehrten Halid bin Velid vorgelesen habe, von dem ‚Seyfullah‘, also dem Schwert Allahs. Als Kommandant der islamischen Streitkräfte zog er in mehr als hundert Schlachten, und keine einzige davon hatte er verloren. Sein größter Wunsch aber war es, in einer dieser Schlachten den Märtyrertod zu finden.
„Doch der Prophet, Friede sei mit ihm, sagte: ‚Halid bin Velid ist wie das Schwert Allahs. Würde er im Krieg fallen, wäre das, als wenn Allahs Schwert bräche. Deswegen wird er nie den ersehnten Märtyrertod sterben können.‘
„Und so sagte dieser Kommandant kurz vor seinem Tode in Humus auf seinem Krankenbett: ‚Ich habe in unzähligen Schlachten gekämpft, an meinem Körper gibt es keine Stelle, an der ich nicht von einem Schwerthieb, von einem Pfeil oder einer Lanze getroffen und verwundet worden wäre. Ich sterbe jetzt friedlich in meinem Bett. Alle Feiglinge sollten sich ein Beispiel daran nehmen.‘
„Also, mein Sohn: Du ziehst jetzt in eine Schlacht, in eine heilige Schlacht. Die Zeiten, in denen Menschen für den Dschihad in den Krieg gezogen sind, sind vorbei, und du weißt, dass dein größter Dschihad gegen deinen eigenen Willen zu führen ist. Doch der größte Dschihad der Menschheit besteht im Moment darin, diese Mission erfolgreich abzuschließen. Du darfst jetzt nicht an dir zweifeln. Die Menschheit braucht dich, Abdullah.“
„Mutter, du weißt, dass ich kein Feigling bin“, entgegnete er. „Aber du hast natürlich Recht. Er ist nicht sinnlos, mein Auftrag. Das Ganze macht mir nur ein bisschen Angst. Ich habe Angst davor, zu versagen, und gleichzeitig bin ich sehr aufgeregt und neugierig auf das, was mich da draußen erwartet. Dazu kommt, dass ich noch heute die anderen Fünf kennenlernen werde.“
„Du wirst alles perfekt meistern, da mache ich mir keine Sorgen. Ich denke sogar, dass man dich zum Anführer der Mission machen wird“, meinte Fatima.
„Wie kannst du davon ausgehen, ohne dass du die anderen überhaupt kennst!“, rief Abdullah kopfschüttelnd aus. „Ach ja, ich vergaß! Du bist ja meine Mutter. Ich bin mir sicher, dass du dir sogar schon Gedanken darüber machst, ob unter den übrigen nicht ein hübsches Mädchen sein könnte, das zu mir passt. Oder irre ich mich etwa?“
„Na ja“, sagte Fatima, „ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass mir so etwas nicht durch den Kopf gegangen wäre. Ich glaube aber kaum, dass da ein Mädchen dabei ist, das wirklich für meinen gutaussehenden Sohn taugt. Ich schaue mir nämlich immer alle hübschen Mädchen ganz genau an, aber eine passende habe ich nie gefunden.“
„Oh je, Mutter, ich sehe schon: Wenn ich hierbleiben würde, müsste ich wahrscheinlich mein ganzes Leben nur mit dir verbringen. Da gehe ich lieber freiwillig ins Weltall, denn es ist wahrscheinlicher, dass ich dort eine außerirdische Frau heiraten werde, als dass du ein Mädchen auf der Erde findest, von dem du meinst, es wäre gut genug für mich“, scherzte Abdullah. Fatima lachte auf. Für eine Sekunde vergaß sie alles um sich herum. Noch waren sie zusammen, und das war das Wichtigste.
Die beiden machten das Beste aus der Zeit, die ihnen verblieb. Fatima hatte tagelang die köstlichsten Dinge für ihren Sohn vorbereit und den Tisch reichlich gedeckt. Ein letztes Essen zu zweit.
„Hoffentlich kommen die nicht zu früh, um mich abzuholen“, meinte Abdullah. „Wenn ich gehe, bevor ich diese Köstlichkeiten aufgegessen habe, verputzt du alles selber und wirst mir noch pummeliger dabei.“
Fatima musste wieder lachen, aber es war ein trauriges Lachen. In einem war sie sich sicher: Wenn Abdullah gegangen war, dann würde sie ihr Leben lang nie wieder so lachen können.
Mutter und Sohn blickten einander lange an. Sie rührten die verlockenden Speisen vor ihnen kaum an. Normalerweise hätte Abdullah schon ganz alleine alles verdrückt, was auf dem Tisch stand. Aber heute hatte er keinen Appetit. Der reich gedeckte Tisch war nur der letzte Anlass, um beieinander zu sein.
Und dann war es plötzlich so weit. Es klingelte an der Haustür. Fatima tat so, als ob sie es nicht gehört hätte. Sie versuchte, ein neues Gespräch anzufangen, versuchte Zeit zu gewinnen und Abdullah noch etwas von ihrem selbstgemachten Nachtisch zu reichen. Aber er blickte zu Boden. Er konnte sie in diesem Moment nicht ansehen, konnte ihr nicht in die Augen schauen.
Die Türklingel ging immer heftiger, als ob das verflixte Ding versuchen würde, die beiden auseinanderzureißen. In ihren Ohren war es ein schreckliches Geräusch. So traurig hatte diese Klingel noch nie geläutet.
Aber schließlich stand Abdullah auf und sagte: „Mutter, ich muss aufmachen, sonst denken die noch, dass etwas passiert ist. Sei bitte nicht traurig. Wenn du die Mutter eines Helden sein willst, musst du stark sein.“
Er öffnete die Tür. Zwei schwarz gekleidete, groß gewachsene Männer standen davor.
„Sie werden erwartet, Abdullah“, sagte der eine. Abdullah nickte, bedeutete den Männern seine Tasche, die neben der Tür stand, und bat sie um ein paar Minuten. Die beiden nahmen das Gepäck auf und gingen zurück zum Transporter. Es handelte sich um den legendären schwarzen EMGRAND GE, der nur zu besonderen Zwecken aus der Garage geholt wurde. Im Fond des Wagens war nur ein einzelner Sitz eingebaut. So saß man dort wie auf einem Thron. Welche Ehre, dachte Abdullah und wandte sich zu seiner Mutter um. Er nahm ihre Hände in die seinen und legte sie auf seine Wangen.
„Mutter, vergiss mich nicht“, sagte er leise, während die Tränen, die seine Wangen herunterliefen, Fatimas Hände nässten. Sie weinte auch, die letzten Tränen, die sie noch hatte. Sie war erschöpft und hatte keine Kraft mehr, aber das durfte sie Abdullah nicht merken lassen. Mit letzter Kraft hielt sie sich auf den Beinen und sagte: „Geh, mein Sohn, geh mit Allah, denn er wird immer eine Brücke zwischen uns sein, und er allein wird uns im nächsten Leben wieder vereinen.“
„Inschallah“, sagte Abdullah und küsste die Hand seiner Mutter. Noch einmal bat er sie um das Versprechen, vor dem Schöpfer ihre Zufriedenheit als Mutter zu bezeugen, wenn die Zeit gekommen war, so wie es im Islam der Brauch ist. Sie antwortet: „Ich schwöre bei Allah, dass ich mit dir als Sohn sehr zufrieden war. Ich werde vor dem Schöpfer keine Rechte mehr geltend machen, mein Sohn.“
Daraufhin stieg Abdullah in den Transporter, ohne sich noch einmal nach seiner Mutter umzusehen. Der EMGRAND GE fuhr los und riss diese beiden Menschen, die sich so sehr liebten, für immer auseinander.
Aber Abdullah blieb keine Zeit, seinen Gedanken nachzuhängen. Einer der Männer drehte sich zu ihm um und verkündete: „Es gibt eine kleine Planänderung. Professor Karimi hat angeordnet, Sie zum Militärflughafen zu fahren. Das Treffen wird in New York stattfinden.“
„Wieso müssen wir dann zum Militärflughafen?“ fragte Abdullah verwundert. „New York liegt doch näher als der Flughafen. Wieso fahren wir nicht gleich dorthin?“
„Ich meine New York, Abdullah, die echte, ursprüngliche Stadt New York“, entgegnete der Mann. Abdullah traute seinen Ohren kaum.