© 2011 Clarissa v. Reinhardt, Britta Putfarcken, animal learn Verlag
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Die Rechte für die Fotos liegen bei den jeweiligen Urhebern.
ISBN 978-3-936188-56-1
Lektorat: Susanne Artmann
Fotos: Rachele Zschock-Cecchini, Christine Fischer,
Annette Gevatter, André Huttenberger, Arek Benjamin Seils,
Pixelio, istockphoto, Photocase, Fotolia
Satz & Layout: Annette Gevatter, Riegel a.K.
Alle Rechte der deutschen Ausgabe:
animal learn Verlag, Am Anger 36, 83233 Bernau
E-Mail: animal.learn@t-online.de, www.animal-learn.de
eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
Inhalt |
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Vorwort | |
Wann ist (m)ein Hund alt? – Definitionen, Zahlen und Statistiken | |
Wenn das Leben seine Zeichen hinterlässt – Altersbedingte Veränderungen und Erkrankungen | |
Der alte Hund beim Tierarzt | |
Besondere Hunde – besondere Bedürfnisse! Was Hunde von uns brauchen, wenn sie alt werden. | |
Die Seniorklasse – Über den alten Hund in Hundeschule und Hundesport | |
Schöner Wohnen für Hundesenioren – Der hundgerechte Altersruhesitz | |
Der Seniorenteller – über die Ernährung des alten Hundes | |
Der alte Hund im Tierheim | |
Mehrhundehaltung mit Senior(en) | |
Wenn die gemeinsame Zeit zu Ende geht – Über das Abschiednehmen von unserem Hund | |
Gedanken zum Schluss | |
Dank | |
Über die Autorinnen | |
Stichwortverzeichnis | |
Buchtipp |
Hunde sind großartig – egal in welchem Lebensalter! Der niedliche Welpe, der mit seinen dicken Pfoten direkt in die Herzen seiner Familie tapst ebenso wie der gestandene Dreijährige, der draußen mit seinen Hundekumpels die Wiesen unsicher macht und drinnen auf dem Sofa den Kuschelkönig gibt.
Aber ein ganz besonderer Lebensabschnitt unseres Vierbeiners ist das Alter. Auch der ehemals agilste Hund wird dann ausgeglichener und gelassener. Er ruht mehr in sich, richtet seine Aktivitäten weniger nach außen. Ein alter Hund weiß genau, was er möchte und was nicht, womit er sich wohl fühlt und was er für eine Zumutung hält.
Alte Hunde sind besondere Hunde, und das Zusammenleben mit ihnen ist voller kleiner und großer Geschenke. Leise kommen sie daher, unaufgeregt, voller Lebenserfahrung und herzöffnend.
Wer jemals das Glück hatte, zusammen mit seinem Hund zu altern, weiß um dieses ganz besondere „Wir-Gefühl”: Nach Jahren des gemeinsamen (Er-)Lebens blicken wir zurück auf eine Fülle an komischen, tragischen und rührenden Erlebnissen, die wir miteinander geteilt haben. Und zwar nur wir, als einzigartiges Mensch-Hund-Team! Wir haben viel miteinander erlebt und viel mit- und voneinander gelernt. Jahr um Jahr war es der unternehmungsfreudige Blick unseres Hundes, der uns bei jedem Wetter nach draußen zog oder auf dem Wohnzimmerteppich zum Spielen aufforderte. Jahr um Jahr war unser Hund an unserer Seite, in guten und in schlechten Zeiten. Und wenn auch sonst nichts sicher im Leben war, dann doch dieses: Mein Hund wird mich immer lieben!
Nur... wie lang ist immer? Wenn unser Hund alt wird, dann wird „immer” zu einem relativen Begriff und das Wissen um die Endlichkeit tritt zunächst leise anklopfend und schließlich immer deutlicher in unser Leben. Wenn unser Hund mit verschleiertem Blick und grauer Schnauze neben uns auf dem Sofa döst, das Fell nicht mehr ganz so glänzend wie in seiner Jugend, die Zähne nicht mehr ganz so weiß, dann liegt dahinter nicht nur die Endlichkeit seines Lebens, sondern auch die des unseren. Wir sind beide älter geworden. Jeden Tag ein bisschen mehr. Gestern und heute. Morgen wird es auch so sein und übermorgen. Wie viel Zeit bleibt einem jeden von uns noch? Der Hund auf dem Sofa gähnt – ihm macht dieser Gedanke keine Angst. Es ist, wie es ist! Kein Grund in Panik oder Bedauern zu verfallen. Während wir Menschen uns an der Umsetzung dieser simplen Weisheit die Zähne ausbeißen, leben unsere Hunde sie ganz selbstverständlich und angstfrei.
Kein Wunder, mögen einige von Ihnen jetzt vielleicht einwenden, Hunde sind sich ja auch der Endlichkeit und all der damit zusammenhängenden Unannehmlichkeiten nicht bewusst. Aber ist das wirklich so? Vielleicht ist es ganz anders. Vielleicht leben sie in vollkommener Weisheit, wissen um Dinge, die wir in unserem hektischen Alltag vergessen – oder aus Angst verdrängt haben. So genau wissen wir das nicht.
Wenn wir uns auf das Abenteuer einlassen, unseren Hunden wirklich zuzuhören, haben sie uns viel zu erzählen – und alte Hunde in besonderem Maße. Wenn wir bereit sind, unser Herz für sie zu öffnen, werden wir überschwemmt mit tiefer Zuneigung und bedingungsloser Liebe. Und wenn wir den Mut aufbringen, uns ganz bewusst auf ihren Alterungs- und später auch Sterbeprozess einzulassen, erhalten wir das unsagbare Geschenk, auch auf unseren eigenen Lebensabend besser vorbereitet zu sein.
Graue Schnauzen, wie alte Hunde oft liebevoll genannt werden, haben andere Bedürfnisse als der Welpe oder zwei- bis dreijährige Jungspund. Und natürlich mehren sich bei ihnen im Alter auch die Zipperlein und Krankheiten, ebenso wie bei uns Menschen, weshalb ihre Versorgung mehr Umsicht, manchmal auch mehr Zeit, Geld und Mühe erfordert. Aber wer würde die seinem langjährigen Gefährten nicht gerne geben?!
Im Zusammenleben mit einem alten Hund gibt es vieles zu bedenken. In diesem Buch haben wir versucht, so viel wie möglich davon zusammenzutragen. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und hoffen, dass Sie viele Anregungen finden, die für Sie und Ihren ganz besonderen Freund auf vier Pfoten hilfreich sind.
Den Begriff „Alter” zu definieren ist ein schwieriges Unterfangen. Schließlich beschreibt der Begriff keinen objektiven Zustand, sondern eine Lebensphase, deren Eckdaten vom Menschen mehr oder weniger willkürlich festgeschrieben und dann generalisiert wurden. Eines können wir aber doch sagen, nämlich was es nicht ist: Alter ist keine Krankheit – selbst wenn kaum ein alter Hund frei von Krankheiten ist.
Statistisch gesehen gilt ein Hund als alt, wenn er sein achtes Lebensjahr vollendet hat. Ihm bleibt dann aber noch viel Zeit, denn durchschnittlich stirbt er erst mit 11 bis 13 Jahren.
Aber wie sieht er aus, der Durchschnittshund? Das weiß niemand, schließlich ist er zunächst einmal nicht mehr als ein reines Zahlenkonstrukt aus Annahmen, Mittel- und Erfahrungswerten, das wenig mit dem befellten Wesen zu tun hat, das unser Leben mit uns teilt.
Viele Hunde werden weit älter als 13 Jahre; der älteste Hund, dessen Lebensjahre sicher nachgewiesen werden konnten, wurde sogar fast 30!
Wie schnell ein Hund altert und wie alt er schließlich wird, hängt von mehreren Faktoren ab:
Aber zurück zur Welt der klaren Zahlen, Daten und Fakten. Tatsächlich gibt es unzählige Tabellen, in denen die durchschnittliche Lebenserwartung der einzelnen Rassen aufgelistet wird. Einheitlichkeit sucht man hier vergebens, und in diesem Sinne soll auch die untenstehende Tabelle nicht mehr sein als ein grober Richtwert:
Kleine Rassen | Jahre |
Tibet Terrier | 15 – 17 |
Border Terrier | 14 – 17 |
Dackel | 14 – 16 |
Schipperke | 14 – 16 |
Chihuahua | 13 – 16 |
Cocker Spaniel | 13 – 16 |
Zwergpinscher | 14 – 15 |
Malteser | 13 – 15 |
Mops | 13 – 15 |
Whippet | 14 |
Zwergschnauzer | 14 |
Zwergspitz | 14 |
Shih Tzu | 13 – 14 |
Yorkshire Terrier | 13 – 14 |
Jack Russell Terrier | 12 – 14 |
West Highland White Terrier | 13 |
Pekinese | 12 – 13 |
Beagle | 12 – 13 |
Boston Terrier | 12 |
Chinesischer Schopfhund | 10 |
Große Rassen | Jahre |
Greyhound | 11 – 13 |
Golden Retriever | 11 – 13 |
Collie | 13 |
Labrador Retriever | 13 |
Dalmatiner | 13 |
Saluki | 11 – 13 |
Irish Setter | 11 – 13 |
Deutsch Drahthaar | 11 – 13 |
Magyar Vizsla | 11 – 13 |
Maremmano Abruzzese | 11 – 13 |
Alaskan Malamute | 12 |
Galgo Espanol | 12 |
Dobermann | 10 – 12 |
Deutscher Schäferhund | 11 |
Leonberger | 10 – 11 |
Neufundländer | 10 – 11 |
Berner Sennenhund | 10 |
Boxer | 9 – 10 |
Irischer Wolfshund | 9 – 10 |
Rottweiler | 9 |
Deutsche Dogge | 7 – 9 |
Bernhardiner | 7 – 9 |
Übrigens haben Hündinnen und Rüden statistisch gesehen die gleiche Lebenserwartung. Kastrierte Tiere leben ein Jahr länger als unkastrierte, Hunde im ländlichen Umfeld länger als Stadthunde (hier kommt vor allem die Gefahrenquelle Verkehr zum Tragen), schlanke länger als übergewichtige und Mischlinge werden – bedingt durch die größere genetische Vielfalt – oftmals älter als Rassehunde vergleichbarer Größe.
Der offiziell älteste Hund der Welt war Bluey, ein Australian Cattle Dog, der seinem Job an den Schafen auf dem Fünften Kontinent nachging. Im Welpenalter wurde er von seinem Halter Les Hall aufgenommen und verbrachte über 29 Jahre bei ihm, bevor er am 14. November 1939 eingeschläfert wurde. Verzeichnet ist dieser Altersrekord im Guinness-Buch der Rekorde. Ob er deswegen wirklich der älteste Hund der Welt war, ist ungeklärt. Es wird von einem Hund erzählt, der 34 Jahre alt geworden sein soll. Der Halter hatte aber keine Papiere von ihm, folglich keine Beweise und somit blieb dem Hund die verbriefte Alterskrone verwehrt.
Fern aller Statistiken gilt: Natürlich gibt es keine Garantien, wenn es um das Alter(n) und die Lebensspanne eines Hundes geht. Wenn Sie für eine vernünftige Ernährung ohne Übergewicht, sorgfältige und liebevolle Pflege und Gesundheitsfürsorge ohne Defizite und Übertreibungen sowie regelmäßige körperliche und mentale Beschäftigung jenseits von stresslastigen Veranstaltungen sorgen, tun Sie schon sehr viel für das Wohlergehen Ihres Hundes, ohne sich besonders anstrengen oder stressen zu müssen. Überhaupt: Vermeiden Sie negativen Stress! Er macht alt, krank, unglücklich und ist eines der größten Hindernisse auf dem Weg zu einem glücklichen Lebensabend – nicht nur für Ihren Hund!
Diese Umrechnungsformel kennt wohl jeder Hundehalter, auch wenn sie ziemlicher Unfug ist. Wie gesagt, das Altern und die Lebenserwartung eines Hundes hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab. Es liegt also nahe, den Sinn derartiger Umrechnungsformeln grundsätzlich in Frage zu stellen. Zumal schon so manchem Hund diese Zahlenspiele zum Verhängnis geworden sind, denn plötzlich saß er als statistisch alter Hund im Tierheim fest, obwohl er eigentlich noch in den besten Jahren war.
Besonders sinnvoll sind solche Rechenformeln also nicht, aber nichtsdestotrotz existieren sie. Dahinter steht selten wissenschaftlicher Anspruch als vielmehr das Bedürfnis der Menschen, etwas greifbar und damit begreifbar zu machen – in diesem Fall den Lebenszyklus eines Hundes. In diesem Sinne sei auch die untenstehende Auflistung verstanden.
Genau wie beim Menschen existieren auch beim Hund ein biographisches und ein biologisches Alter, wobei diese beiden nicht unbedingt übereinstimmen müssen. Das biographische Alter errechnet sich aus dem Geburtsdatum, besteht also aus einem festen Wert. Das biologische Alter hingegen bezeichnet den Zustand des Körpers oder einzelner Organe bzw. Organsysteme, der normalerweise einem bestimmten Alter entspricht. Dabei kann es vorkommen, dass das biologische Alter einzelner Organe weder dem biographischen Alter des Tieres noch dem biologischen Alter seiner anderen Organsysteme entspricht.
Je nachdem wie die Regenerationsfähigkeit des jeweiligen Organs beschaffen ist, kann es bei richtiger Behandlung auch zu einer Verjüngung im biologischen Sinne kommen. Nicht nur deswegen ist es zum Beispiel so schwierig, einem ungeliebten, schlecht gehaltenen Hund, über dessen Vorleben man wenig weiß, das korrekte biographische Alter zuzuordnen. Die Abnutzung der Zähne ist hierbei übrigens nicht mehr als ein Indiz, denn ebenso wie beim Menschen kann auch ein Hund über gutes oder schlechtes Zahnmaterial als Ausgangsbasis verfügen (Genetik), das durch Umwelteinflüsse wie Ernährung, Spielverhalten usw. weiter beeinflusst wird.
Wenn der Körper altert, verändert er sich auf physiologischer Ebene deutlich. Die Funktions- und Regenerationsfähigkeit von Muskeln, Gelenken, einzelnen Organen und Organsystemen lassen nach. Der Organismus verliert nach und nach seine Anpassungsfähigkeit an die auf ihn einwirkenden Anforderungen und Einflüsse auf körperlicher und geistiger Ebene.
Das Immunsystem wird schwächer, der Stoffwechsel verlangsamt sich, Beweglichkeit und Sinnesleistungen lassen nach, die Reaktionsfähigkeit sinkt, das Lerntempo verringert sich (wobei die Lernfähigkeit an sich jedoch erhalten bleibt) – kurz gesagt: Alles wird ein bisschen schwieriger, alles ein bisschen langsamer und manches geht auch gar nicht mehr.
Der Grund hierfür liegt in den Zellen bzw. der Zellteilung. Je älter ein Organismus wird, desto weniger häufig findet eine Zellteilung statt, während die Anzahl der teilungsfähigen Zellen gleichzeitig stetig abnimmt. Die Anzahl der möglichen Zellteilungen ist festgelegt und führt schlussendlich zur Apoptose, dem programmierten Zelltod. Dies bedeutet, dass Schäden an Organen (inkl. Gehirn), Nerven, Muskelsystemen, Knochen etc. nicht mehr zufriedenstellend ausgebessert werden können, da es an gesunden Zellen fehlt. In der Folge kommt es zu den typischen Alterserscheinungen.
Das Leben hinterlässt seine Zeichen – beim Hund ist das nicht anders als beim Menschen. Das Fell ist nicht mehr ganz so glänzend, der Gang nicht mehr so geschmeidig, die Augen werden trüb. Irgendwann zeigt jeder Hund das eine oder andere Anzeichen des Alters. Wann dies geschieht und welches es sein wird, ist von Hund zu Hund unterschiedlich. Eines ist jedoch klar: Zum alternden Hund – ebenso wie zum alternden Menschen – gehört das eine oder andere Zipperlein. Einige sind behandlungsbedürftig und mit manchen muss der Hund schlichtweg leben.