J. Thomas Lambrecht (Hrsg.)
Zahnärztliche Operationen
J. Thomas Lambrecht (Hrsg.)
Zahnärztliche
Operationen
Unter Mitarbeit von:
A. Dunsche, R. Ewers, A. Filippi,
B. Hoffmeister, Th. Kreusch, K. Wangerin
Quintessenz Verlags-GmbH
Berlin, Chicago, Tokio, Barcelona, Istanbul, London, Mailand,
Moskau, Neu-Delhi, Paris, Peking, Prag, São Paulo und Warschau
Bibliografische Informationen der Deutschen
Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese
Publikation in der deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
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ISBN: 978-3-87652-703-1
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Postfach 42 04 52; D-12064 Berlin
Ifenpfad 2–4, 12107 Berlin
Copyright © 2008 Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin
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Lektorat: Kerstin Ploch, Berlin
Herstellung: Ina Steinbrück, Berlin
Druck: Bosch Druck, Landshut/Ergolding
Printed in Germany
Die Kiel Connection
widmet dieses Buch
ihrem Lehrer
Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Franz Härle
Direktor der Klinik
für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
der Universität Kiel 1980–2004
Dekan der Medizinischen Fakultät
der Universität Kiel 1991–1992
Vorwort
Die Kiel Connection – die ehemaligen Oberärzte der Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Kiel – wurde bei der Arbeit an diesem Buch dankenswert unterstützt durch Prof. Dr. A. Filippi, Basel, und Mitarbeiter der Wiener Universitätsklinik: Dr. H. Fahrenholz, Dr. Dr. A. Reichwein, Dr. K. Schicho, Dr. K. Sinko, Mag. E. Stein sowie Prof. Dr. D. Turhani.
Aus einer Manufaktur in Wien stammen die Halsbinden auf der Umschlagseite, die Fliege im Zentrum ist bedruckt mit dem Logo des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie 1994 in Kiel, dessen Vorsitz Prof. Härle führte.
Die ambulante Chirurgie des Zahnarztes, Oralchirurgen und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen ist seit einigen Jahren verschiedenen Einflüssen unterworfen und neuen Entwicklungen ausgesetzt:
– die Patienten werden immer älter
– durch den damit verbundenen Anstieg an systemischen Allgemeinerkrankungen werden die Eingriffe komplexer und die Gesamtbehandlung risikoreicher
– die forensischen Implikationen werden dichter
– durch die technischen operativen und materialbezogenen Neuerungen sind operative Eingriffe möglich, welche hohe Ansprüche an die Infrastruktur, die Logistik und das Know-how des Behandlungsteams stellen
– durch das Internet haben sich die Arzt-Patienten-Kommunikationsformen verändert: Patienten suchen sich ihren Doktor nicht mehr im Telefonbuch, sondern auf der Homepage, sie kommen nicht ahnungslos, sondern zielgerichtet und im Detail informiert in die Sprechstunde.
Allen diesen Punkten in einem Lehr- bzw. Fachbuch gerecht zu werden, ist nicht einfach.
Es werden Beispiele zahnärztlicher Operationen vorgestellt, viele davon mit der schrittweisen Darstellung des Operationsablaufs, der natürlich von Patient zu Patient und von Klinik zu Klinik variieren kann. Der enossalen Implantologie ist ein eigenes Kapitel gewidmet, dem als Alternative die zahnerhaltende Chirurgie gegenübergestellt wird.
Darüber hinaus wird eine Fallauswahl angeboten, die mit der Selbsteinschätzung und dem Können des jeweiligen Operateurs in Einklang gebracht werden muss. Ein roter Faden des Themas „Sicherheit“ zieht sich von den Prinzipien der präoperativen Aufklärung über die intraoperativen Komplikationen und ihre möglichen Konsequenzen bis zum Umgang mit Risikopatienten durch das gesamte Werk, welches daher für alle, die bereits in diesem Fachbereich tätig sind oder sich noch im Studium befinden, von Interesse sein sollte. Zunehmendes Wissen zwingt leider aber auch zu Ausklammerungen, um den Umfang nicht zu sprengen. Hier ist unter anderem auf die im gleichen Verlag publizierte umfangreiche Fachliteratur zu verweisen.
Wir bedanken uns bei allen Kolleginnen und Kollegen, welche dieses Buch mit ihrem Bildmaterial (s. Anhang) unterstützt haben. Weiter haben – neben unseren Assistentinnen/Assistenten und Oberärztinnen/ Oberärzten – zur Entstehung dieses Werkes beigetragen: Frau Dr. C. Bernsmeier, Prof. Dr. W. Ummenhofer, Prof. Dr. Dr. M. Kunkel, Frau PD Dr. N. Zitzmann sowie – last but not least – alle unsere Sekretärinnen, vor allem Frau G. Oertlin und Frau B. Olufsen.
Dem Quintessenz Verlag und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei an dieser Stelle für die flexible und speditive, immer angenehme Zusammenarbeit gedankt.
J. Thomas Lambrecht
Autorenverzeichnis
Priv.-Doz. Dr. Dr. (H) Anton Dunsche
Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer-
und Gesichtschirurgie
Städtisches Klinikum Karlsruhe
Moltkestrasse 120, D-76133 Karlsruhe
E-Mail: mkgklinik@klinikum-karlsruhe.de
Prof. Dr. Dr. Rolf Ewers
Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und
Gesichtschirurgie der Universität Wien
Allgem. Krankenhaus der Stadt Wien
Währinger Gürtel 18–20, A-1090 Wien
E-Mail: rolf.ewers@meduniwien.ac.at
Prof. Dr. Andreas Filippi
Klinik für Zahnärztliche Chirurgie, -Radiologie,
Mund- und Kieferheilkunde
Universitätskliniken für Zahnmedizin
Hebelstrasse 3, CH-4056 Basel
E-Mail: Andreas.Filippi@unibas.ch
Prof. Dr. Dr. Bodo Hoffmeister
Direktor der Klinik für Kieferchirurgie und Plastische Gesichtschirurgie,
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Campus Benjamin Franklin,
Hindenburgdamm 30, D-12200 Berlin
E-Mail: bodo.hoffmeister@charite.de
Prof. Dr. Dr. Thomas Kreusch
Chefarzt der Abt. Mund-, Kiefer-Gesichtschirurgie
Plastische Operationen im Kopfzentrum
Asklepios Klinik Nord, Campus Heidberg
Tangstedter Landstrasse 400, D-22417 Hamburg
E-Mail: kreu.mkg-heidberg@web.de
Prof. Dr. Dr. J. Thomas Lambrecht
Klinikvorsteher
Klinik für Zahnärztliche Chirurgie, -Radiologie,
Mund- und Kieferheilkunde
Universitätskliniken für Zahnmedizin
Hebelstrasse 3, CH-4056 Basel
E-Mail: J-Thomas.Lambrecht@unibas.ch
Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Konrad Wangerin
Ärztlicher Direktor
Marienhospital Stuttgart
Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Böheimstr. 37, D-70199 Stuttgart
E-Mail: mkg@vinzenz.de
Inhaltsverzeichnis
Anton Dunsche | |
1 |
Aufklärung – OP-Vorbereitung – Medikation |
1.1 |
Aufklärung |
1.1.1 |
Selbstbestimmungsrecht des Patienten und Einwilligung |
1.1.2 |
Ziel der Aufklärung |
1.1.3 |
Zeitpunkt der Aufklärung |
1.1.4 |
Aufklärung bei nicht einwilligungsfähigen und minderjährigen Patienten |
1.2 |
OP-Vorbereitung |
1.2.1 |
Instrumentarium |
1.2.2 |
Hygiene – Unfallverhütung |
1.2.3 |
Desinfektion |
1.2.4 |
Sterilisation |
1.2.5 |
Apparative Infrastruktur |
1.3 |
Prä-, intra- und postoperative Medikation |
1.3.1 |
Sedativa |
1.3.2 |
Lokalanästhetika |
1.3.3 |
Analgetika |
1.3.4 |
Antibiotika |
1.4 |
Literatur |
Thomas Kreusch und J. Thomas Lambrecht | |
2 |
Die Entfernung nicht retinierter Zähne |
2.1 |
Generelle Prinzipien |
2.1.1 |
Indikationen zur Zahnentfernung |
2.1.2 |
Kontraindikationen zur Zahnentfernung |
2.1.3 |
Anästhesie |
2.1.4 |
Vorbereitung des Patienten |
2.1.5 |
Instrumentarium |
2.1.6 |
Kontrolle des extrahierten Zahnes |
2.1.7 |
Versorgung der Alveole |
2.1.8 |
Nachsorge |
2.2 |
Spezielles Vorgehen |
2.2.1 |
Position von Behandler und Patient |
2.2.2 |
Entfernung von Milchzähnen |
2.2.3 |
Entfernung von Frontzähnen |
2.2.4 |
Entfernung von Prämolaren |
2.2.5 |
Entfernung von Molaren |
2.2.6 |
Serienextraktionen |
2.3 |
Komplikationen |
2.3.1 |
Abgerutschte Instrumente |
2.3.2 |
Nachbarzahnläsionen |
2.3.3 |
Kronenfraktur |
2.3.4 |
Wurzelfraktur |
2.3.5 |
Thermisches Trauma durch rotierende Instrumente |
2.3.6 |
Nervläsionen |
2.3.7 |
Kieferhöhleneröffnung |
2.3.7.1 |
Frische Eröffnung der Kieferhöhle |
2.3.7.2 |
Medikamentöse und physikalische Therapie |
2.3.7.3 |
Spontanheilung |
2.3.7.4 |
Wangenlappenplastik |
2.3.7.5 |
Palatinallappenplastik |
2.3.7.6 |
Kieferhöhlenoperation über die Fossa canina |
2.3.7.7 |
Kieferhöhlenzysten |
2.3.8 |
Verlagerung von Zähnen/Zahnteilen in das Weichgewebe |
2.3.9 |
Trockene Alveole |
2.4 |
Präimplantologische Zahnentfernung |
2.4.1 |
Schonende Zahnentfernung |
2.4.2 |
Stabilisierung des Alveolarfortsatzes |
2.5 |
Literatur |
J. Thomas Lambrecht und Bodo Hoffmeister | |
3 |
Operative Entfernung retinierter und verlagerter Zähne |
3.1 |
Weisheitszähne im Unterkiefer |
3.1.1 |
Indikationen zur operativen Entfernung |
3.1.2 |
Kontraindikationen |
3.1.3 |
Präoperative Diagnostik |
3.1.4 |
Präoperative Medikation |
3.1.5 |
Risiken |
3.1.6 |
Operationstechnik |
3.1.7 |
Nachbehandlung |
3.1.8 |
Komplikationen aufgrund der Entfernung von Weisheitszähnen |
3.1.8.1 |
Traumatisierung sensibler Trigeminusäste |
3.1.8.2 |
Postoperative Infektionen |
3.1.8.3 |
Läsionen des benachbarten zweiten Molaren |
3.1.8.4 |
Kieferfraktur |
3.1.8.5 |
Perioperative Blutungskomplikationen |
3.1.8.6 |
Anästhesie bedingte Nervtraumata |
3.1.8.7 |
Postoperative Schwellung und Schmerzzustände |
3.1.8.8 |
Intraoperative Wurzelfrakturen |
3.1.9 |
Komplikationen aus dem Belassen von Weisheitszähnen |
3.1.9.1 |
Infektionen auf der Basis einer Perikoronitis |
3.1.9.2 |
Resorptionen der benachbarten Wurzeln des zweiten Molaren |
3.1.9.3 |
Ausbildung odontogener Zysten |
3.1.9.4 |
Entwicklung von Neoplasien |
3.1.9.5 |
Frakturgefahr des Kiefers |
3.2 |
Weisheitszähne im Oberkiefer |
3.3 |
Obere Eckzähne |
3.4 |
Sonstige retinierte Zähne |
3.5 |
Literatur |
J. Thomas Lambrecht und Andreas Filippi | |
4 |
Zahn erhaltende Chirurgie |
4.1 |
Periradikuläre Chirurgie |
4.1.1 |
Ziele |
4.1.2 |
Indikationen und Kontraindikationen |
4.1.3 |
Operationstechnik |
4.1.4 |
Blutstillung |
4.1.5 |
Retrograde Füllung |
4.1.6 |
Wundverschluss |
4.1.7 |
Nachsorge und Prognose |
4.2 |
Intentionelle Replantation |
4.2.1 |
Indikationen und Kontraindikationen |
4.2.2 |
Operationstechnik |
4.2.3 |
Nachsorge und Prognose |
4.3 |
Transplantation |
4.3.1 |
Indikationen, Kontraindikationen und Planung |
4.3.2 |
Technik der Zahntransplantation |
4.3.3 |
Besonderheiten der Weisheitszahntransplantation |
4.3.4 |
Schienung |
4.3.5 |
Nachsorge und Prognose |
4.4 |
Korrektive Chirurgie |
4.4.1 |
Hemisektion |
4.4.2 |
Prämolarisierung |
4.4.3 |
Wurzelamputation |
4.4.4 |
Kronenverlängerung |
4.4.5 |
Freilegung |
4.5 |
Literatur |
Konrad Wangerin | |
5 |
Zysten, Knochenläsionen, odontogene Tumoren |
5.1 |
Odontogene Zysten |
5.1.1 |
Kindliche Gingivazyste |
5.1.2 |
Follikuläre Zyste |
5.1.3 |
Durchbruchszyste |
5.1.4 |
Laterale parodontale Zyste |
5.1.5 |
Gingivazyste des Erwachsenen |
5.1.6 |
Glanduläre odontogene Zyste |
5.2 |
Nicht odontogene Zysten |
5.2.1 |
Nasopalatinale Zyste |
5.2.2 |
Nasolabiale Zyste |
5.2.3 |
Fissurale Zyste |
5.3 |
Zysten entzündlichen Ursprungs |
5.3.1 |
Radikuläre Zyste |
5.3.2 |
Residualzyste |
5.3.3 |
Parodontale Zyste |
5.3.4 |
Okklusionszyste |
5.4 |
Operationstechniken |
5.4.1 |
Zystostomie (Partsch I) |
5.4.2 |
Zystektomie (Partsch II) |
5.4.3 |
Biologische Füllmaterialien |
5.4.4 |
Alloplastische und synthetische Füllmaterialien |
5.5 |
Knochenläsionen |
5.5.1 |
Osteolytische Läsionen |
5.5.1.1 |
Aneurysmatische Knochenzyste |
5.5.1.2 |
Solitäre Knochenzyste |
5.5.1.3 |
Statische Knochenhöhle |
5.5.2 |
Osteoplastische Läsionen |
5.5.2.1 |
Osteom |
5.5.2.2 |
Exostose |
5.5.2.3 |
Torus mandibularis |
5.5.2.4 |
Torus palatinus |
5.6 |
Odontogene Tumoren |
5.6.1 |
Odontom |
5.6.2 |
Keratozystischer odontogener Tumor |
5.7 |
Literatur |
Andreas Filippi | |
6 |
Traumatologie bleibender Zähne |
6.1 |
Klassifikation und Nomenklatur von Zahnverletzungen |
6.2 |
Epidemiologie |
6.3 |
Verhalten am Unfallort |
6.4 |
Prävention von Zahnverletzungen |
6.4.1 |
Anfertigung eines Multilayer-Zahnschutzes |
6.5 |
Diagnostik nach Zahntrauma |
6.6 |
Prognose von Zahnverletzungen |
6.7 |
Therapie nach Zahntrauma |
6.7.1 |
Allgemeine Therapie |
6.7.2 |
Intra-extraalveoläre Frakturen der Zähne |
6.7.3 |
Erschütterungen und Lockerungen der Zähne |
6.7.4 |
Dislokation |
6.7.5 |
Intrusion |
6.7.6 |
Avulsion |
6.7.7 |
Schienung nach Zahntrauma |
6.7.8 |
Allgemeine medikamentöse Behandlungen nach Zahntrauma |
6.7.8.1 |
Lokalanästhesie |
6.7.8.2 |
Analgesie |
6.7.9 |
Medikamentöse antiresorptive regenerative Therapien |
6.7.9.1 |
Die Zahnrettungsbox Dentosafe |
6.7.9.2 |
Reduktion von Mikroorganismen |
6.7.9.3 |
Manipulation der Entzündung |
6.7.9.4 |
Ersatz von zerstörtem Zement |
6.7.9.5 |
Postoperative Kontrollphase |
6.8 |
Spätfolgen |
6.8.1 |
Spätfolgen der Pulpa |
6.8.1.1 |
Pulpanekrose |
6.8.1.2 |
Ersatzgewebsbildung |
6.8.1.3 |
Diagnostik der Pulpa nach Zahntrauma im Recall |
6.8.2 |
Spätfolgen im Parodont |
6.8.2.1 |
Ersatzgewebsresorptionen |
6.8.2.2 |
Infektionsbedingte externe Wurzelresorption |
6.8.2.3 |
Diagnostik des Parodonts nach Zahntrauma im Recall |
6.9 |
Literatur |
Anton Dunsche und J. Thomas Lambrecht | |
7 |
Chirurgie der intraoralen Weichgewebe |
7.1 |
Biopsien |
7.1.1 |
Exzisionsbiopsie |
7.1.2 |
Inzisionsbiopsie |
7.1.3 |
Stanzbiopsie |
7.1.4 |
Bürstenbiopsie |
7.2 |
Parodontalchirurgie |
7.2.1 |
Gingivektomie |
7.2.2 |
Mukogingivalchirurgie |
7.2.3 |
Lappenoperation |
7.3 |
Präprothetische Chirurgie |
7.4 |
Chirurgie der kleinen Speicheldrüsen |
7.5 |
Abszesseröffnung |
7.6 |
Gutartige Tumoren |
7.7 |
Epitheliale Vorstadien maligner Läsionen |
7.8 |
Literatur |
Rolf Ewers | |
8 |
Implantatchirurgie |
8.1 |
Grundlagen |
8.1.1 |
Indikationen und Kontraindikationen enossaler Implantate |
8.1.2 |
Prinzipien der Planung |
8.1.3 |
Bildgebende Verfahren |
8.2 |
Klinische Voraussetzungen |
8.2.1 |
Knochenqualität |
8.2.2 |
Knochenangebot |
8.2.3 |
Osseointegration und funktionelle Ankylose |
8.2.4 |
Belastung |
8.2.5 |
Weichgewebe |
8.2.6 |
Ästhetik |
8.2.7 |
Schnittführungen |
8.3 |
Klinische Standardsituationen |
8.3.1 |
Einzelzahnlücke in der Front |
8.3.2 |
Laterale Schaltlücke |
8.3.3 |
Freiendsituation im Oberkiefer |
8.3.4 |
Freiendsituation im Unterkiefer |
8.3.5 |
Teilbezahnter Unterkiefer |
8.3.6 |
Zahnloser Oberkiefer |
8.3.7 |
Zahnloser Unterkiefer |
8.4 |
Augmentation |
8.4.1 |
Prinzipien der Augmentation |
8.4.2 |
Gesteuerte Knochenregeneration |
8.4.3 |
Alveolarkammerhaltung |
8.4.4 |
Defektfüllung |
8.4.5 |
Kondensierung |
8.4.6 |
Knochenspaltung |
8.4.7 |
Inlay-Graft |
8.4.8 |
Sinuslift – Sinusgraft |
8.4.9 |
Onlay-Graft |
8.4.10 |
Distraktion |
8.5 |
Implantatnavigation |
8.5.1 |
Grundlagen |
8.5.2 |
Erzielbare Genauigkeiten |
8.5.3 |
Computerunterstützte Planung und Schablonenfertigung |
8.6 |
Implantate für die Kieferorthopädie |
8.6.1 |
Entwicklung |
8.6.2 |
Mikroplatten mit Mikroschrauben |
8.6.3 |
Gaumenimplantat |
8.7 |
Tissue Engineering |
8.7.1 |
Grundlagen |
8.7.2 |
Tissue Engineering von Knochen |
8.7.3 |
Tissue Engineering mit Hydroxylapatit |
8.8 |
Komplikationen |
8.8.1 |
Nahtdehiszenz |
8.8.2 |
Nervverletzungen |
8.8.3 |
Schleimhautkomplikationen |
8.8.4 |
Periimplantitis |
8.8.5 |
Knochenresorption im Vergleich zwischen Inlay- und Onlay-Plastik |
8.9 |
Literatur |
J. Thomas Lambrecht | |
9 |
Risikopatienten und Notfälle |
9.1 |
Herz-Kreislauf-Erkrankungen |
9.1.1 |
Endokarditis |
9.1.1.1 |
Hohes Risiko |
9.1.1.2 |
Mäßiges Risiko |
9.1.2 |
Koronare Herzkrankheiten |
9.1.2.1 |
Angina pectoris |
9.1.2.2 |
Akuter Myokardinfarkt |
9.1.2.3 |
Herzrhythmusstörungen |
9.1.3 |
Arterielle Hypertonie |
9.2 |
Lungenerkrankungen |
9.2.1 |
Asthma bronchiale |
9.2.2 |
Chronische obstruktive Lungenerkrankung |
9.2.3 |
Tuberkulose |
9.3 |
Leber, Niere, Magen-Darm |
9.3.1 |
Lebererkrankungen |
9.3.2 |
Nierenerkrankungen |
9.3.3 |
Magen-Darm-Erkrankungen |
9.4 |
Diabetes mellitus |
9.5 |
Erkrankungen des Blutsystems |
9.5.1 |
Hämorraghische Diathesen |
9.5.2 |
Der antikoagulierte Patient |
9.6 |
Virusbedingte Erkrankungen |
9.6.1 |
HIV/AIDS |
9.6.2 |
Hepatitis-B-Virusinfektion |
9.6.3 |
Hepatitis-C-Virusinfektion |
9.6.4 |
Herpes-simplex-Virus |
9.7 |
Allergien |
9.8 |
Gelenkerkrankungen |
9.8.1 |
Chronische Polyarthritis |
9.8.2 |
Gelenkendoprothesen |
9.9 |
Neurologische und psychische Erkrankungen |
9.9.1 |
Neurologische Erkrankungen |
9.9.2 |
Psychische Erkrankungen |
9.10 |
Schwangerschaft |
9.10.1 |
Physiologische Veränderungen |
9.10.2 |
Veränderungen im orofazialen Bereich |
9.10.3 |
Zahnärztliche Therapierichtlinien |
9.11 |
Notfälle |
9.11.1 |
Monitoring |
9.11.2 |
Notfallausrüstung |
9.11.3 |
Notfallmaßnahmen |
9.11.3.1 |
Der Patient bleibt bei Bewusstsein – Basismaßnahmen |
9.11.3.2 |
Der Patient bleibt bei Bewusstsein – Spezielle Maßnahmen |
9.11.3.3 |
Der Patient verliert das Bewusstsein – Basismaßnahmen |
9.11.3.4 |
Der Patient verliert das Bewusstsein – Spezielle Maßnahmen |
9.12 |
Literatur |
Anhang | |
Abkürzungsverzeichnis | |
Danksagung mit Abbildungsnachweis | |
Internetlinks |
1
Anton Dunsche
Aufklärung,
OP-Vorbereitung,
Medikation
1.1 | Aufklärung |
Die ärztliche/zahnärztliche Aufklärung ist wesentlicher Bestandteil der Behandlung und stellt die Information des Patienten/der Patientin über die Art der Erkrankung, ihre Behandlungsmöglichkeiten, Therapien und deren Alternativen, Spontanverlauf sowie Risiken und die Dokumentation der Aufklärung dar. Die wichtigste Funktion der Aufklärung liegt in der Wahrung der Entscheidungsfreiheit des Patienten. In diesem Zusammenhang spricht man von der Selbstbestimmungsaufklärung, bei der es um die Einwilligung des Patienten für eine Behandlung geht, der ein persönliches Gespräch voranzugehen hat. Die Aufklärung muss sowohl juristischen als auch medizinischen Gesichtspunkten genügen und ist in jedem Fall individuell zu gestalten. Die Bundesärztekammer empfiehlt zur Patientenaufklärung folgende Punkte zu beachten:5
1.1.1 | Selbstbestimmungsrecht des Patienten und Einwilligung |
Auch der Heileingriff bedarf der wirksamen Patienteneinwilligung, da er ohne sie rechtswidrig ist. Der Patient muss in die Lage versetzt werden, die Diagnose zu verstehen (Diagnoseaufklärung), die Therapienotwendigkeit einzusehen, aber auch alternative Therapien (Alternativaufklärung) und die Prognose zu erkennen. Dieses umreißt der so genannte Selbstbestimmungsauftrag.10
Nur wenn der Patient die geplante Behandlung und deren Gefahren kennt, kann er verbindlich einwilligen. Diese Einwilligung ist zu jedem diagnostischen oder therapeutischen Eingriff in die körperliche Integrität notwendig, also auch z. B. zu Injektionen (im zahnärztlichen Bereich besonders Lokalanästhesien), Transfusionen, Gewebeentnahmen, Spiegelungen und Medikamentengaben. Bei einfachen Behandlungsmaßnahmen wie Verabreichung von Medikamenten ohne gravierende Nebenwirkungen wird die Einwilligung „stillschweigend“ erteilt, wenn der Patient das ärztliche Handeln widerspruchslos hinnimmt. Die Aufklärung ist ebenfalls nicht Pflicht, wenn Art und Risiken der Behandlung allgemein bekannt sind oder der Patient bereits genügend aufgeklärt wurde.
Neben der Aufklärungspflicht über den geplanten Eingriff (Eingriffsaufklärung, Risikoaufklärung) hat der Patient das Recht, über Befunde und Prognose aufgeklärt zu werden. Der Arzt ist durch den Behandlungsvertrag dazu verpflichtet. Eine Unterlassung der „Sicherungsaufklärung“ (Verhaltensaufklärung) zur Gefahrenabwehr für den Gesundheitszustand des Patienten ist ein Behandlungsfehler. Dazu gehört die korrekte Instruktion des Patienten nach der Therapie (Veranlassung der korrekten Medikamenteneinnahme oder Erkennung von möglichen Nebenwirkungen).
1.1.2 | Ziel der Aufklärung |
Die Aufklärung soll den Patienten in die Lage versetzen, eine vernünftige Entscheidung für oder wider den Eingriff zu treffen, d. h. die Notwendigkeit der Therapie und deren Folgen zu verstehen. Die Entscheidung des Patienten ist für den Zahnarzt/die Zahnärztin bindend.
Die Aufklärung muss Anlass, Dringlichkeit, Umfang, typische Risiken, Art, Folgen und mögliche Nebenwirkungen des geplanten Eingriffes, seine Heilungs- und Besserungschancen, Folgen einer Nichtbehandlung und Behandlungsalternativen beinhalten. Unterschieden wird in Diagnoseaufklärung, Alternativaufklärung, Risikoaufklärung, Verlaufsaufklärung, Verhaltensaufklärung und wirtschaftliche Aufklärung.17
Die Diagnoseaufklärung ist Voraussetzung für die Behandlungsaufklärung. Der Zahnarzt ist nicht zu einer restlosen und schonungslosen Aufklärung über die Natur des Leidens verpflichtet, sondern muss die Gebote der Menschlichkeit beachten und das körperliche und seelische Befinden des Patienten bei der Erteilung seiner Auskünfte berücksichtigen, es sei denn, dass die Einwilligung des Patienten in eine mit Gefahren verbundene Behandlungsmaßnahme nur dadurch erreicht werden kann.
Die Verlaufsaufklärung soll den Patienten in groben Zügen über die Entwicklung der Erkrankung mit oder ohne Therapiemaßnahme informieren. Hierzu gehört auch die Aufklärung über Behandlungsalternativen. Die Wahl der Behandlungsmethode obliegt dem Zahnarzt, es sei denn, dass mehrere medizinisch gleichwertige Behandlungsmethoden zur Wahl stehen.
Die Risikoaufklärung beinhaltet die Information über sichere, wahrscheinliche oder mögliche Folgen der Therapie. Hierbei sind Risiken zu nennen, die einem Patienten normalerweise wesentlich erscheinen oder die für diesen besonderen Patienten von besonderer Bedeutung sind. Nicht allein die Häufigkeit oder Seltenheit einer typischen Komplikation entscheidet über die Aufklärungsbedürftigkeit, sondern ihre Bedeutung für den Patienten (patientenbezogene Aufklärung). Hierbei muss dem Patienten eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffes und den spezifischen bzw. typischen Risiken unabhängig von der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens gegeben werden. Der Umfang der Aufklärung wird außerdem von der sachlichen und zeitlichen Notwendigkeit des Eingriffes bestimmt. Bei Elektiveingriffen kann es geboten sein, auch über nicht eingriffsspezifische Gefahren aufzuklären. Des Weiteren besteht eine Aufklärungspflicht über wirtschaftliche Aspekte, wozu insbesondere auch Hinweise zur Kostenübernahme eines Eingriffs durch die Krankenversicherungen gehören.
1.1.3 | Zeitpunkt der Aufklärung |
Der Patient muss im vollen Besitz seiner Erkenntnisund Entscheidungsfähigkeit sein und darf nicht unter Entscheidungsdruck stehen. Die Aufklärung muss so rechtzeitig erteilt werden, dass er das Für und Wider des bevorstehenden Eingriffs abwägen kann. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft empfiehlt aufgrund eines Grundsatzurteils und der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 25.03.2003, Az.: VI ZR 131/02 folgende Grundsätze:
a) Bei einem normalen ambulanten Eingriff kann eine Aufklärung am Tage des Eingriffes genügen.
b) Bei größeren ambulanten Eingriffen mit beträchtlichem Risiko muss die Aufklärung mindestens einen Tag zurückliegen.
c) Bei stationärer Behandlung ist eine Aufklärung am Tag des Eingriffs grundsätzlich verspätet.
d) Eine Aufklärung sollte im günstigsten Fall bereits bei Vereinbarung des Operationstermins erfolgen.
e) Eine Haftung wegen nicht rechzeitiger Aufklärung entfällt, wenn der Patient über maßgebliche Risiken bereits anderweitig aufgeklärt wurde.
Das individuelle Aufklärungsgespräch kann nicht durch Formulare ersetzt oder an nichtärztliches bzw. nichtzahnärztliches Personal delegiert werden. Die Aufklärung muss verständlich und behutsam erfolgen. Erheblich vereinfacht werden kann das unumgängliche Aufklärungsgespräch durch die so genannte Stufenaufklärung.
Dabei erhält der Patient in Schritt 1 einen anschaulichen Informationsbogen, der umfassend ist und den Patienten auf Schritt 2 der Aufklärung vorbereitet.28 Im Idealfall sind Informations- und Dokumentationsteil für die Akte trennbar, sodass der Patient die Informationen schwarz auf weiß mit nach Hause nehmen kann. Diese Aufklärungsbögen liegen für alle Standardeingriffe der zahnärztlichen Chirurgie vor.
Die aufgrund der Aufklärung gegebene Einwilligung deckt nur die Inhalte des Aufklärungsgespräches ab. Mögliche Ausdehnungen oder Erweiterungen eines Eingriffes (Extraktion eines Zahnes bei Wurzelspitzenresektion) müssen vor der Operation erwähnt werden. Stellt sich die Notwendigkeit zur Erweiterung des Eingriffes überraschenderweise während des Eingriffes heraus, so ist die Gefahr einer Operationsunterbrechung gegenüber dem Risiko des erweiterten Eingriffes abzuwägen. Eine mutmaßliche Einwilligung des Patienten liegt immer zur Beseitigung einer Lebensgefahr (Vitalindikation) oder bei der Abwendung größerer Gefahren vor.
Der Aufklärungsadressat ist der einwilligende Patient. Für eine ergänzende Aufklärung der Angehörigen ist die Schweigepflicht zu beachten.
1.1.4 | Aufklärung bei nicht einwilligungsfähigen und minderjährigen Patienten |
Bei Minderjährigen ist die Einwilligung der Eltern oder Sorgeberechtigten einzuholen. Bei schwerwiegenden Eingriffen ist die Zustimmung beider Elternteile erforderlich. Entsprechendes gilt für geschäftsunfähige und beschränkt geschäftsfähige, volljährige Patienten. Bei bewusstlosen Patienten gilt der mutmaßliche Wille des Patienten. Bei bedeutenden Eingriffen sollten die Tatsache der Aufklärung, ihr Zeitpunkt sowie wesentliche Inhalte des Aufklärungsgespräches schriftlich dokumentiert werden. Grundsätzlich ist jedoch die schriftliche Aufklärung mit anschließender Unterschrift des Einwilligenden sinnvoll.
Ausführliche, grundlegende Monografien zu Begutachtung, Recht, Risiko, Fehlervermeidung und Qualitätssicherung wurden von Günther, Münstermann und Oehler vorgelegt.9,22,23
1.2 | OP-Vorbereitung |
1.2.1 | Instrumentarium |
Zur Verbesserung der Vorbereitung, des Operationsablaufes und der Instrumentenaufbereitung sollte das Instrumentarium für die geplanten Eingriffe vereinheitlicht werden. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, zwischen einem Untersuchungssieb, dem dentoalveolären Grundsieb zur Osteotomie (Osteotomiesieb) (Abb. 1.1 bis 1.3), dem parodontalchirurgischen Sieb (Abb. 1.4), dem Weichgewebssieb (Abb. 1.5), ggf. mit ergänzendem Instrumentarium, z. B. dem Mikroinstrumentensieb (Abb. 1.6), zu unterscheiden. Bei bestimmten operativen Eingriffen wie z. B. der Wurzelspitzenresektion (WSR) wird das Grundsieb um entsprechende Instrumente erweitert (s. Kap. 4).
Der Großteil der zahnärztlichen Chirurgie lässt sich mit diesen Sieben bewerkstelligen. „Weniger ist oft mehr“, sollte der grundlegende Gedanke in der Zusammenstellung der Siebe sein. Die Standardisierung der Vorbereitung erspart die mühsame Einarbeitung des medizinischen Hilfspersonals auf den Operateur sowie die Operationszeit, denn nicht nur die Zusammenstellung der Siebe, sondern auch die Lagerung der Instrumente auf dem Operationstisch sollte standardisiert sein. Hinzu kommt, dass das Risiko von Verletzungen sinkt. An weiterführender Literatur ist das Kompendium über OP-Abläufe und über Instrumentarium in der MKG- und Oralchirurgie von Schwenzer et al. zu empfehlen.29
Die Abbildungen 1.1 bis 1.6 zeigen typische Siebe. Die individuelle Gestaltung der Operationssiebe bleibt jedem Chirurgen selbst überlassen. Eine fotografische Dokumentation erleichtert die Standardisierung.
Als Nahtmaterial kommt in der Mundhöhle routinemäßig 3-0 oder 4-0 pseudomonofiler Polyamidfaden zur Anwendung. Dieses Nahtmaterial hat eine große Geschmeidigkeit, was die störende Empfindung der Fadenenden vermeidet. Auf der anderen Seite ist durch die Ummantelung eine bessere Gewebeverträglichkeit gegeben und die so genannte Dochtwirkung niedriger als bei multifilen Fäden.
Zur Vermeidung eines doppelfädigen Durchzugs werden atraumatische Nadeln, bei denen der Faden am Ende der Nadel eingelassen ist, bevorzugt. Runde Nadeln mit einem halben oder 5/8-Kreis sind üblich. In der Parodontalchirurgie kommen zur Interdentalnaht gelegentlich gerade Nadeln zum Einsatz. Die Rundkörpernadel schneidet nicht so leicht durch den Wundrand wie eine scharfe Nadel und sollte vom Anfänger verwendet werden. Der Geübte, der beim Durchstechen des Gewebes die Biegung der Nadel nachfährt, kann mit der scharfen Nadel leichter insbesondere derbes Gewebe durchstechen. Resorbierbares Nahtmaterial wird verwendet bei subkutanen oder submukösen Nähten, schlecht zugänglichen Regionen und extrem ängstlichen Patienten mit mangelnder Kooperation, Behinderten oder Kleinkindern. Ist bei behandlungsunwilligen bzw. -unfähigen Patienten eine Intubationsnarkose indiziert, erübrigt sich bei Verwendung von resorbierbarem Nahtmaterial die Nahtentfernung und dem Patienten bleibt eine weitere Narkose erspart.
Je feiner die Strukturen und je höher der Anspruch an die Ästhetik, umso dünner muss das Nahtmaterial gewählt werden. Ggf. wird mit 6-0 oder 7-0 Nylonnähten in der rekonstruktiven und ästhetischen Parodontalchirurgie gearbeitet. In diesem Fall kommt das Mikroinstrumentarium (s. Abb. 1.6) zum Einsatz.
Üblicherweise werden die Nähte sieben Tage nach dem Eingriff entfernt. Diese Frist kann bei einer schwierigen Operationssituation oder bei der Deckung einer eröffneten Kieferhöhle verlängert oder bei dünnem Faden verkürzt werden.
1.2.2 | Hygiene – Unfallverhütung |
Die Praxishygiene soll den Patienten und das Praxisteam vor Infektionen schützen. Für jede Zahnarztpraxis – unabhängig davon ob ein chirurgischer Schwerpunkt besteht – muss ein Hygieneplan aufgestellt werden, der als Arbeitsanweisung, am besten eingebettet in ein Qualitätsmanagementsystem, gilt. Einmal jährlich sind alle Praxismitarbeiter zu unterweisen. Gemäß § 30 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift (UVV BGV A 1 „Grundsätze der Prävention“) sind die Beschäftigten verpflichtet, die ihnen nach § 29 BGV A 1 vom Arbeitgeber in ausreichender Stückzahl zur Verfügung zu stellenden persönlichen Schutzausrüstungen (Schutzkleidung, Einmalhandschuhe, Schutzbrille, Mund-Nasenmaske und ggf. Kopfbedeckung) zu tragen. Neben der Unfallverhütungsvorschrift aus dem Jahre 2004 mit rechtsgestaltendem Charakter sind die BG-Regelungen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGR) allgemein anerkannt. Weitere Hinweise und Vorschriften zur Hygiene finden sich im Infektionsschutzgesetz, im öffentlichen Gesundheitsdienstgesetz, Arbeitsschutzgesetz, in der Biostoffverordnung, der Gefahrenstoffverordnung, im Jugendarbeitsschutzgesetz, dem Mutterschutzgesetz, sowie im Medizinproduktegesetz mit der Medizinprodukte-Betreiberverordnung. Richtlinien für die Anforderungen an die Hygiene in der Zahnheilkunde sind vom Robert Koch Institut (RKI) festgelegt und stellen in ihrem Rechtscharakter eine Empfehlung aufgrund des gegenwärtigen Standes der Wissenschaft dar. Auch der Hygieneleitfaden des Deutschen Arbeitskreises für Hygiene in der Zahnarztpraxis (DAHZ) enthält Hinweise mit bindendem Charakter.
Abb. 1.1 Osteotomiesieb (dentoalveoläres Grundsieb), hier zur operativen Entfernung der Weisheitszähne. Instrumente in der unteren Reihe von links nach rechts: zahnärztlicher Spiegel, anatomische und chirurgische Pinzette, Rückholhaken, zahnärztliche Pinzette, Skalpell, Raspatorium zur Präparation (hier kann gelegentlich auch der Partsch-Löffel zum Einsatz kommen), Raspatorium zum Weichgewebsschutz bei Osteotomien, Elevatorium nach Freer, Tamponadenstopfer nach Luniatschek, kleiner und größerer Bein’sche Hebel, zwei Heidbrink’sche Hebel nach rechts und nach links, Fadenschere, Nadelhalter nach Mayo-Hegar und der Langenbeck-Wundhaken.
Darüber liegen ein chirurgischer Sauger, eine Luer-Hohlmeißel-Zange, eine große und eine kleine Kugelfräse sowie eine Lindemann-Fräse mit Handstück, zwei Schälchen mit PVP Jod- und Natriumchloridlösung, eine Spülkanüle und eine Silberblattsonde zur Diagnostik einer Mund-Kieferhöhlenverbindung und zur Gangsondierung. Eine Spritze zum Spülen, mehrere Tupfer und standardmäßig ein 4.0 pseudomonophiler Polyamidfaden. In der Mitte des Bildes ein Jodoform-Bephanthen-Streifen zur halboffenen Nachbehandlung.
Abb. 1.2 Erweitertes Osteotomiesieb (für die Wurzelspitzenresektion); unten links beginnend: zahnärztlicher Spiegel, zahnärztliche Pinzette, zahnärztliche Sonde, chirurgische und anatomische Pinzette, kleine chirurgische Pinzette, Skalpellgriff mit Klinge, Osteotomieraspatorium, Präparationsraspatorium, Rückholhaken, scharfer Löffel nach Partsch, Elevatorium nach Freer, scharfer Löffel nach Hemingway, Tamponadenstopfer nach Luniatschek, Lambotte-Meißel und Hammer (optional), Fadenschere, Nadelhalter nach Mayo-Hegar, Langenbeck-Haken.
Obere Reihe von links: zwei Töpfchen mit Oktiniseptlösung als Mundantiseptikum und Natriumchloridlösung, 4.0 pseudomonophiler Polyamidfaden, gebogene Naht und darunter gerade Naht 3-0, ebenfalls pseudomonophiler Polyamidfaden, Luer-Hohlmeißel-Zange, chirurgischer Sauger, Kieferhöhlensonde, Kugelstopfer, Heidemann-Spatel, Wurzelkanalinstrumente, Tupfer, H2O2, Kugelfräse groß und klein sowie Lindemann-Fräse, gerades Handstück und Winkelstück.
Abb. 1.3 Zusätzliches Instrumentarium bei Wurzelspitzenresektion mit retrograder Wurzelfüllung, von links nach rechts: Mikrowinkelstück, zahnärztliche Pinzette, Kugelstopfer fein, Spatel, Heidemann-Spatel, Exkavator, Kugelstopfer zum Abtragen des Guttaperchas, Kugelstopfer groß, kleiner zahnärztlicher Spiegel, zahnärztlicher Spiegel.
Abb. 1.4 Parodontalsieb, von links nach rechts: Gracey-Küretten in unterschiedlicher Ausführung, Scaler, Gingivektomie-Messer nach Kirkland, zahnärztlicher Spiegel, chirurgische und anatomische Pinzette, Zahntaschen-Tiefenmeßsonde (PA-Sonde), Skalpell-Klinge, Osteotomieraspatorium und Raspatorium zur Präparation, Rückholhaken, Partsch-Löffel und Elevatorium nach Feer, Fadenschere, Nadelhalter nach Mayo-Hegar, Langenbeck-Haken.
Obere Reihe von links nach rechts: Spritze zum Spülen, Spülkanüle, Cavitron Ultraschallaufsatz, Luer-Hohlmeißel-Zange, chirurgischer Sauger, Gingivektomie-Schere, Arkansasstein, feine diamantierte Fräse, elektrische Schlinge, H2O2, PVP Jod-Lösung, Natriumchloridlösung, Chlorhexidindigluconat-Lösung 0,2%ig, und Kompressen, Zahnfleischverband (Peripac), Winkelstück, Naht 3-0 pseudomonophiler Polyamidfaden.
Abb. 1.5 Weichgewebssieb, untere Reihe von links beginnend: feines Schleimhauthäkchen nach Gillies, 11er Klinge, 15er Klinge, chirurgische und anatomische Adson-Pinzette, Präparier-Scheren, anatomische (atraumatische) Pinzette, Fadenschere, anatomische Klemmen mit Präpariertupfern, feiner Nadelhalter (äußere Haut), langer Nadelhalter (intraoral).
Obere Reihe: Stift zum Anzeichnen an der äußeren Haut; an der Mundschleimhaut kann auch die solutio Castellani cum colore genommen werden. Darüber die Bipolarpinzette mit Kabel, Tuchklemme, Tupfer und als subkutane Naht in diesem Fall 5-0 resorbierbare Naht oberflächenbeschichtet und 6-0 Nylonnaht, die bei feinen Schleimhautplastiken oder bei Hautnähten im Gesicht zur Anwendung kommt.
Abb. 1.6 Mikroinstrumentarium mit entsprechend feinen Nähten; 9-0 kommt nur mit Lupenvergrößerung oder unter dem OP-Mikroskop zur Nervanastomosierung oder bei Gefäßanastomosen zur Anwendung, mit 6-0 oder 7-0 Nylonnähten wird in der Parodontalchirurgie gearbeitet.
Die Verletzung der einschlägigen Hygienevorschriften kann einen zivilrechtlichen Haftungsanspruch nach sich ziehen. Im Prozess können die Empfehlungen des RKI und des DAHZ als vorgegebene Gutachten verwendet werden oder der Sachverständige kann sich auf die dadurch definierten Hygienestandards berufen. Grundsätzlich muss zunächst der Patient die Vernachlässigung der hygienischen Standards im Sinne eines Behandlungsfehlers beweisen. Eine Beweislastumkehr gilt jedoch dann, wenn ein so genanntes voll beherrschbares Risiko vorlag. Das sind Mängel in der organisatorischen oder technischen Vorkehrung. Grundsätzlich tritt die Beweislastumkehr zulasten des Zahnarztes immer ein, wenn das Abweichen von den geltenden hygienischen Standards einen groben Behandlungsfehler darstellt, weil Grundsätzlichkeiten der Asepsis, wie z. B. Sterilisation der Instrumente, nicht eingehalten wurden (Urteil BGH vom 08.06.93, Az.: VI ZR 192/92).5,7,26 Neben dem routinemäßigen Tragen der Schutzausrüstung gehören auch Schutzimpfung der Praxismitarbeiter und hygienebewusstes Verhalten zu den passiven Hygienemaßnahmen. Zu den aktiven Hygienemaßnahmen zählen Desinfektion und Sterilisation.2,13
1.2.3 | Desinfektion |
Es empfiehlt sich, die Desinfektion (Entkeimung) in die Bereiche Flächendesinfektion, Händedesinfektion und Schleimhautdesinfektion (orale Antisepsis) zu gliedern. Patientennahe Oberflächen und Gegenstände werden durch Wischen unter Verwendung eines mit einem geeigneten in Alkohol basiertem Flächendesinfektionsmittel getränkten Tuch gereinigt und desinfiziert (Wischdesinfektion). Die Sprühdesinfektion ist auf schwierig zu desinfizierende Flächen zu beschränken. Desinfektionsmittel, Anleitungen und Einwirkzeiten sind im Praxishygieneplan festzuhalten.
Vor Arbeitsbeginn, bei Bedarf und nach Arbeitsende sind die Hände mit einem Flüssigwaschpräparat aus dem Direktspender zu waschen. Die Händedesinfektion mit dem Händedesinfektionsmittel aus dem Direktspender hat so zu erfolgen, dass die Hände während der Einwirkzeit feucht gehalten werden. Man unterscheidet die hygienische Händedesinfektion vor und nach jeder Behandlung sowie bei Unterbrechung der Behandlung, vor dem Anziehen bzw. nach dem Ausziehen von Handschuhen von der chirurgischen Händedesinfektion. Diese muss vor länger dauernden, umfangreicheren, zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen, vor allem an Patienten mit erhöhtem Infektionsrisiko durchgeführt werden und setzt sich aus Waschen, Trocknen und anschließendem Desinfizieren der Hände und Unterarme zusammen. Die Einwirkzeiten der Desinfektionsmittel richten sich nach den Herstellerangaben und sind im individuellen Praxishygieneplan neben dem Namen des Präparates festzuhalten.
Die infektionspräventiven Maßnahmen des Behandlungsteams sind neben der Beschäftigungsbeschränkung (Schwangerschaft und Auszubildende), der Impfprophylaxe (Empfehlungen der STIKO, der ständigen Impfkommmission) und dem Tragen der Schutzausrüstung insbesondere die händehygienischen Maßnahmen. Die Hände des Personals können bei unzureichender Desinfektion zum häufigsten und damit wichtigsten Übertragungsmedium von Krankheitserregern werden.5 Vor jedem operativen Eingriff sollte durch Entfernung kariöser Läsionen, Beseitigung akuter marginaler Parodontalinfekte und durch Zahnreinigung sowie Schleimhautantiseptika eine Reduktion der intraoralen mikrobiellen Flora vorgenommen werden. Hierdurch wird nicht nur die Wahrscheinlichkeit der direkten Kontamination, sondern auch die Konzentration der Keime im Aerosol vermindert. Als Schleimhautantiseptika kommen in Betracht:
1. Chlorhexidindigluconat
2. Polyvinylpyrrolidinon Jod
3. Ätherische Öle
4. Die Kombination aus Oxymedin und Phenoxyethanol (0,1%iges Octenidindihydrochlorid und 2%iges 2-Phenoxyethanol in wässriger Lösung (Oktinisept).
Einwirkzeiten von einer Minute (Oktinisept) bis fünf Minuten (Betaisodona-Mundantiseptikum) reduzieren die Keimzahl an der Schleimhautoberfläche auf bis zu ein Zehntel der Ausgangsmenge. Neben der oralen Antisepsis kommt beim Patienten ggf. eine Antibiotikaprophylaxe zur Anwendung.
1.2.4 | Sterilisation |
Sterilisation ist das Abtöten bzw. irreversible Inaktivieren aller vermehrungsfähigen Mikroorganismen (DIN 58946.1). Das Ergebnis der Sterilisation ist die vollständige Keimfreiheit. Für den deutschsprachigen Raum sind eine Reihe von Euro-Normen übernommen worden8. Die von den Bundesgesundheitsämtern (BAG, BGA) anerkannten sicheren Sterilisationsverfahren sind gespannter Dampf und Heißluft. Für invasive Behandlungsmaßnahmen oder wenn Medizinprodukte mit verletzter Schleimhaut oder Wunden in Kontakt kommen, ist ihre Sterilisation (Entkeimung, keimfrei machen) obligat.
Nach der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) und dem Gesetz über Medizinprodukte (MPG) vom 02. August 1994, in seiner neuesten Auflage, zuletzt geändert durch Art. 109V im Jahre 2003, ist die Einordnung aller Medizinprodukte in unkritische, semikritische und kritische Medizinprodukte vorzunehmen (Tab. 1.1).5,15,26,28 Medizinprodukte sind gemäß § 3 Ziffer 1 MPG alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der eingesetzten Software, die zur Anwendung am Menschen zu dienen bestimmt sind und die ihre Wirkung vorwiegend auf physikalischem Wege (nicht durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel) erreichen.
Grundlegende Anforderungen nach §7 MPG sind für aktive implantierbare Medizinprodukte bereits mit der EWG-Richtlinie 90/385/ vom 20. Juni 1990 und für sonstige Medizinprodukte in der EWG-Richtlinie 93/42 vom 14. Juni 1993 definiert worden. Die Risikobewertung und Einstufung der Medizinprodukte vor Aufbereitung wird in Tabelle 1.1 gemäß den Vorgaben empfohlen. Mit der Instandhaltung und Aufbereitung von Medizinprodukten dürfen nur Personen beauftragt werden, die aufgrund ihrer Ausbildung und praktischen Tätigkeit über die erforderlichen speziellen Sachkenntnisse verfügen. Jedes wieder verwendbare Medizinprodukt muss entsprechend der Herstellerangaben aufbereitet werden. Der Hersteller ist gemäß DIN EN-ISO 17664 verpflichtet, Angaben zur Medizinprodukteaufbereitung zu machen. Die Aufbereitung hängt vom Medizinprodukt selbst sowie von seiner vorgesehenen Anwendung und den Angaben des Herstellers ab. Hand- und Winkelstücke und Turbinen (so genannte Übertragungsinstrumente) sollten maschinell aufzubereiten und müssen thermostabil sein. Sie müssen bei jedem zahnärztlich-chirurgischen Eingriff verpackt und steril zur Anwendung kommen. Die Reinigung und Desinfektion muss alle Außen- und Innenflächen beinhalten. Thermische Verfahren in Reinigungs- und Desinfektionsgeräten (RDG) sind grundsätzlich den chemischen Verfahren vorzuziehen. Daher sind Dampfsterilisatoren mit sicherer Sterilisation der Innenflächen von Hohlkörpern und automatischer Kontrolle und Dokumentation am besten geeignet. In Containerverpackungen oder einfacher Klarsichtsterilgutverpackung sind Medizinprodukte bis zu sechs Monate, in doppelter Sterilgutverpackung bis maximal fünf Jahre lagerfähig (DIN 58953-9). Detaillierte Empfehlungen sind dem Bundesgesundheitsblatt in der Fassung vom März 2006 zu entnehmen.5
Tabelle 1.1 Risikobewertung und Einstufung in der Zahnmedizin gebräuchlicher Medizinprodukte vor ihrer Aufbereitung (modifiziert in Anlehnung an die RKI-Richtlinien und den Ausschuss für Praxisführung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg)
Abb. 1.7 Kardiovaskuläres Monitoring: Manschette für maschinengesteuerte Blutdruckmessung am rechten Arm, Sensor zur Messung von Puls und Sauerstoffsättigung am linken Ziegefinger des Patienten.
Abb. 1.8 Monitor, Drucker, Blutdruckmanschette, Pulsoxymeter, EKG-Abnehmer, Temperatursonde.
Abb. 1.9 Monitordarstellung, oben links: Alarmeinstellungen, rechts (von oben nach unten): Uhrzeit, Herzfrequenz (HR), Blutdruck, Sauerstoffsättigung (SpO2), Körpertemperatur; unten: Kontrolle der Werte in chronologischer Abfolge.
1.2.5 | Apparative Infrastruktur |
Die apparative Infrastruktur zeitgemäßer zahnärztlicher Operationen kann dreifach unterteilt werden: intraoperative Diagnostik, Weichgewebschirurgie und Chirurgie der Hartgewebe.
Im Bereich der intraoperativen Diagnostik ermöglicht das kardiovaskuläre Monitoring (Messung von Puls, Blutdruck und Sauerstoffsättigung) das Erkennen von allgemeinmedizinischen Risikobefunden und somit eine Reduktion kardiovaskulärer Problemsituationen (Abb. 1.7 bis 1.9).3,25
Operationsmikroskope können fest an der Decke hängend installiert sein oder fahrbar an mehreren OPTischen verwendet werden. Sie werden zunehmend nicht nur in der zahnärztlichen Chirurgie, sondern auch bei allgemeinzahnärztlicher Behandlung in bestimmten Situationen – z. B. bei endodontischen Behandlungen – eingesetzt (Abb. 1.10).
Endoskope wurden zunächst bei Kieferhöhlenoperationen, später in der Kiefergelenkschirurgie angewendet. Heute finden sie auch zunehmend in der Zahn erhaltenden Chirurgie (s. Kap. 4) Verwendung (Abb. 1.11 bis 1.13). In der Weichgewebschirurgie (s. Kap. 7) wird das Elektrotom seit langem eingesetzt, neuere Geräte bieten als Funktion zusätzlich die bipolare Elektrokoagulation zur schnellen und effektiven Blutstillung (Abb. 1.14). Unter den verschiedenen Lasergeräten hat sich der CO2-Laser für fast die gesamte Palette der intraoralen Weichgewebschirurgie einen festen Platz erobert und beispielsweise die Kryochirurgie verdrängt (Abb. 1.15, Abb. 1.16).
Abb. 1.10 Deckeninstalliertes Mikroskop für zahnärztliche Operationen.
Abb. 1.11 Anlage zur Endoskopie mit (von oben) Kaltlichtquelle + Kabel, Kamera + Kabel, Monitor, Endoskopen unterschiedlicher Größe und Kameraansatz (unten rechts).
Abb. 1.12 Abgewinkelte Optiken für unterschiedliche Blickwinkel.
Abb. 1.13 Linse einer endoskopischen Optik mit halbzirkulärer Lichtquelle.
Für die intraorale Hartgewebschirurgie steht die Bohrmaschine mit der klassischen Welle an erste Stelle, die Geräte werden mit der Kühlungsvorrichtung (sterile Kochsalz- oder Ringerlösung) geliefert (Abb. 1.17, Abb. 1.18). Zusätzlich werden für die chirurgische Implantologie Bohrmaschinen mit elektrischem Antrieb, Schnell- und Langsamstlauf, Vor- und Rückwärtsbetrieb und – vor allem – unterschiedlichen Drehkraftmomenten angeboten (Abb. 1.19). Ultraschalltechniken kommen bei der Bearbeitung von Knochen in der Piezochirurgie (Weichgewebe werden geschont) (Abb. 1.20, Abb. 1.21) sowie bei der retrograden Kavitätenpräparation zur Anwendung (Abb. 1.22, Abb. 1.23).
Abb. 1.14 Elektrotom mit bipolarer Blutstillungsfunktion, Pinzette.
Abb. 1.15 CO2-Lasergerät, mobil zur Verwendung an mehreren Arbeitsplätzen.
Abb. 1.16 CO2-Handstück und Winkelstück mit peripheren Keramikansätzen.
Abb. 1.17 Bohrmaschine für die operative Bearbeitung von Knochen und Zähnen mit integrierter Kühlvorrichtung.
Abb. 1.18 Handstück mit Kühlschlauch und Rosenbohrern.
Abb. 1.19 Bohrmaschine für die enossale Implantologie mit variablen Drehkrafteinstellungen.
Abb. 1.20 Piezoelektrisches Gerät zur Knochenbearbeitung unter Schonung der Weichgewebe.
Abb. 1.21 Ansätze zur Piezochirurgie.
Abb. 1.22 Ultraschallgerät zur retrograden Kavitätenpräparation bei Wurzelspitzenresektion.
Abb. 1.23 Ansätze zur retrograden Wurzelkanalpräparation mit Ultraschall.
1.3 | Prä-, intra- und postoperative Medikation |
1.3.1 | Sedativa |
Sedativa werden zur Angstlösung oder zur Sedierung bei Erregungszuständen eingesetzt (Tab. 1.2). Bei der Analgosedierung haben sie die Funktion der Beruhigung, ggf. führen sie zu einer anterograden Amnesie (Midazolam). Therapeutisch kommt das Standard-Benzodiazepin-Diazepam als Antikonvulsivum bei Krampfanfällen oder Erregungszuständen zum Einsatz. Als Kontraindikationen sollten Ateminsuffizienz, Myasthenia gravis sowie bekannte Überempfindlichkeit gegen Benzodiazepine beachtet werden. Die Indikation zur Anwendung sollte bei Säuglingen, in der Schwangerschaft und Stillzeit, sowie beim Schlafapnoe-Syndrom, wie auch bei Drogen- und Alkoholabhängigkeit streng gestellt werden. Bei älteren Patienten, Patienten mit zerebrovaskulären Erkrankungen oder hirnorganischen Veränderungen können paradoxe Reaktionen beobachtet werden. Intoxikationen machen sich in Form einer Atemdepression bemerkbar, weshalb erstens eine Pulsoxymetrie möglich sein sollte und zweitens Sauerstoff zur Insufflation bereit stehen muss. Neben der symptomatischen Therapie muss bei Intoxikationen Flumazenil als Antidot i. v. gegeben werden (Venenweg bei Analgosedierung). Wegen der kürzeren Halbwertszeit des Flumazenil gegenüber den Benzodiazepinen müssen Patienten auch nach der Antidot-Gabe weiterhin überwacht werden, da die Benzodiazepinwirkung nochmals auftreten kann. Bei der Analgosedierung mit Opioiden (meist Fentanylderivate) ist die Überwachung des Patienten durch einen Arzt notwendig. Sauerstoffinsufflation und Intubationsmöglichkeit sollten vorhanden sein.
1.3.2 | Lokalanästhetika |
Lokalanästhetika dienen zur reversiblen Blockierung der Leitfähigkeit eines Nerven. Die Wirkung ist zeitlich und örtlich begrenzt. Für diese Wirkung stehen pharmakologisch zwei Bestandteile der Lokalanästhetika zur Verfügung: das Lokalanästhetikum selbst und die vasokonstriktorischen Zusätze.
Aufgrund der chemischen Zusammensetzung lassen sich Lokalanästhetika grundsätzlich in zwei Typen unterscheiden, die Ester-Lokalanästhetika und die Amid-Lokalanästhetika. Zu den Ester-Lokalanästhetika gehören Cocain und Procain sowie Tetracain. Tetracain wird als Gingicain heute nur noch als Oberflächenanästhetikum verwendet. Procain war im frühen 20. Jahrhundert während Jahrzehnten das am weitesten verbreitete Lokalanästhetikum, hat jedoch ein sehr ungünstiges Verhältnis zwischen anästhetischer Potenz und Toxizität (Tab. 1.3).
Tabelle 1.2 Gebräuchliche Sedativa in der zahnärztlichen Behandlung Für die ambulante Chirurgie eignen sich besonders Lorazepam und Dikaliumclorazepat. Der Einsatz von Midazolam sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter erfordert eine sehr gute Überwachungsmöglichkeit.
Benzodiazepin | Handelsnamen und Eigenheiten | Dosierung |
Midazolam | Dormicum gut steuerbar, evtl. anterograde Amnesie | 1–5 mg bis zu 0,1 mg/kg KG i. v., ggf. Repetition |
Diazepam | Valium Standardpräparat, klassisches Antikonvulsivum | 2 (-5–10) mg i. v. (rektal) Cave: lange Halbwertszeit |
Lorazepam | Tavor Sedierung und Anxiolyse | 1–2 mg i. v., p. o. |
Dikaliumclorazepat | Tranxilium Anxiolyse, gut ambulant durchführbar | 10–20 mg p. o. Cave: lange Halbwertszeit |
Die Amid-Lokalanästhetika werden durch Carboxylesterasen und Amidasen in den Mikroorganismen der Leber in vielen Schritten gespalten. Ihr Abbau erfolgt daher langsamer als bei den Ester-Präparaten. Bei Amid-Lokalanästhetika müssen Leberfunktionsstörungen für die Dosierung beachtet werden.
Lidocain wirkt stark vasodilatatorisch und eignet sich als Oberflächenanästhetikum. Es ist ohne Vasokonstriktorzusatz nur kurz wirksam. Die Grenzdosis beträgt 7 mg/kg Körpergewicht. Articain ist gut knochengängig und im Vergleich zu Procain fünf Mal so stark wirksam, hat jedoch nur eine 1,5-fach ausgeprägte Toxizität. Die Grenzdosis bei Verwendung mit Vasokonstriktor liegt bei 7 mg/kg Körpergewicht.
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