Print: ISBN 978-3-943666-10-6
Epub: ISBN 978-3-943666-25-0
PDF: ISBN 978-3-943666-26-7
1. Auflage 2018
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Der Kampf um Aufmerksamkeit wird härter. Täglich werden wir mit Nachrichten bombardiert und müssen entscheiden, was für uns relevant ist und was nicht. Nachrichten von Freunden sind erwünscht, nervige Werbung nicht. Algorithmen lernen, das eine vom anderen zu unterscheiden. Werbefilter blockieren alles, was uns stört und was wir nicht wollen.
Setzten 2015 noch 25 Prozent der deutschen Nutzer Adblocker ein, so ist es inzwischen jeder Dritte. Googles Chrome und Apples Safari blockieren störende Werbung als Voreinstellung. Nur wer dem Leser Nutzen verspricht, wird noch wahrgenommen. Leser haben gelernt, in der Infoflut zu überleben, indem sie blitzschnell erkennen, was für sie relevant ist und was nicht.
Früher konnten Unternehmen hemmungslos Reichweite für ihre Werbung einkaufen. Heute gibt es Algorithmen, die erkennen, ob diese den Nutzern gefällt. Wer bei Google oder Facebook klickstarke Anzeigen schaltet, zahlt weniger als jemand, dessen Werbung nervt. Unternehmen, die nicht relevant sind, müssen ihr Werbebudget erhöhen, um noch wahrgenommen zu werden.
Der kostengünstigere Weg zu mehr Aufmerksamkeit ist Relevanz. Kundenwünsche sind wichtiger als die Anforderungen der Marketingabteilung. Unternehmen müssen lernen, die Leserperspektive einzunehmen. In diesem Buch erfahren Sie, wie innovative Unternehmen vorgehen, um für Kunden relevanter zu werden.
Torsten Schwarz
Waghäusel, im Oktober 2018
Relevanz macht Marketing glücklich
Torsten Schwarz
1. Relevante Kundenerlebnisse schaffen
Mit Serviceinnovationen Kunden zu Markenbotschaftern machen
Ferri Abolhassan
Aus dem Blickwinkel der Kunden betrachtet: die Customer Journey
Anne M. Schüller
Chatbots – Der digitale Dialog ist die Zukunft des Marketings
Ulf Loetschert
2. Künstliche Intelligenz einsetzen
Predictive Analytics im Marketing
Martin Clark
Künstliche Intelligenz: Zukunftsweisende Technologie im Marketing
Bastian Hagmaier, Matthias Kohrsmeier
Einsatzmöglichkeiten Künstlicher Intelligenz im Marketing
Nina Hendschke
Optimierte Preissetzung auf KI-Basis
Dunja Riehemann
3. Kundensegmente und Personas definieren
Personas – Was ist das, wie mache ich es und worauf muss ich achten?
Jura Schoeder, Claudio Felten
Mit modernem Leadmanagement zu mehr Leads
Norbert Schuster
Relevanz im Content-Marketing
Claudia Hilker
Funneldenken oder Kundenfokussierung? Warum „oder“?
Nicola-André Hagmann
4. Die Customer Journey kennen und begleiten
Omnichannel-Orchester: Die Customer Journey gibt den Takt an
Harald Henn
Produktpersonalisierung als Basis einer Customer-Centricity-Strategie
Bernhard Kölmel, Alexander Richter
Influencer-Marketing: Relevanz pur
Erwin Lammenett
So klappt erfolgreiches Storytelling auf YouTube
Jonathan Voigt
5. Praxisbeispiele
Mit Daten Segmente bilden
Relevanz beginnt im eigenen Unternehmen
Matthias Postel
Customer Centricity einer Lifestyle-Marke
Petra Wotring
Relevanz in Onlineshops messen und optimieren
Olaf Brandt
Die richtigen Personen finden
Baur steigert Conversion Rate mit Markenaffinität
Manuela Meier
Multichannel-Kampagne mit CRM und Lookalikes
Carsten Diepenbrock
Reiner SCT: Verkäuferwissen steigert Mailingerfolg
Philipp von der Brüggen
Itelligence profitiert von Marketing Automation
Martin Philipp
Passende Inhalte auswählen
Tennis-Point setzt auf individuelle Mobile-Relevanz
Albert Aschauer
Schattenwarenkörbe steuern Angebote besser
Andreas Landgraf
Leifheit glänzt mit sauberen Produkt- und Bilddaten
Michael Kugler
Dialoge initiieren und halten
E-Shops punkten mit Preference Center
Sebastian Kluth
Jedem das richtige Urlaubsangebot!
Friedrich Kern
Onlineshop steigert Erfolg mit E-Mail-Marketing
Sarah Weingarten
Lieblingstasche.de mit über 26 Prozent mehr Umsatz
Andres Dickehut
6. Anhang
Autoren
Tue Gutes und rede darüber. Wer als Unternehmen erfolgreich sein will, braucht neben guten Produkten auch Bekanntheit. Diese kauft sich ein Unternehmen, indem es Werbung schaltet: Paid Media. Besonders schlaue Unternehmen aber setzen auf kostenlose Werbung, indem sie sich ihren guten Ruf „verdienen“: Earned Media. Das Geheimnis lautet „Relevanz“.
Bis 2012 war der Begriff „Content-Marketing“ unbekannt. Am 14.10.2012 sprang der Österreicher Felix Baumgartner in 39 Kilometern Höhe aus einer Ballonkapsel. Mit Überschallgeschwindigkeit raste der Extremsportler zur Erde und landete sicher im US-Bundesstaat New Mexico. Seitdem gilt der Sponsor Red Bull als Erfinder des „Content-Marketings“. Das Unternehmen hat 50 Millionen Euro in Vorbereitung und Durchführung der Aktion investiert, aber keinen Cent in Werbung. Die kam von selbst: Weltweit haben Radio, TV und Zeitungen berichtet. In Social Media war es das Thema. Auf YouTube sahen es acht Millionen Menschen zeitgleich. Der Werbewert all dieser Sichtkontakte summierte sich auf eine Milliarde Euro. Noch heute gilt Content-Marketing als effizienteste Werbeform.
Seit 2013 ist Content-Marketing bei allen Umfragen auf Platz eins. Auch 2018 steht das Thema bei 81 Prozent der 1208 befragten Unternehmen auf der Agenda. Marketingabteilungen versuchen, mit journalistischen Methoden relevante Inhalte zu erarbeiten und zu verbreiten. Betrachtet man die weiteren Themen, mit denen sich Unternehmen 2018 beschäftigen werden, spielt Relevanz an mehreren Stellen eine Rolle: Personalisierung, Customer-Journey-Analyse, Big Data und Predictive Targeting sind alle davon getrieben, die persönliche Relevanz von Inhalten für die Empfänger zu erhöhen.
Klassische Werbung ohne inhaltliche Relevanz wird nicht mehr wahrgenommen. Entgegen der Regeln von Blickverlaufsanalysen sucht das Auge informative Textstellen und meidet die bunten, Conversion-optimierten Banner dazwischen. Oder es werden Werbeblocker eingesetzt. Google Chrome und Apples Safari blockieren störende Werbung als Voreinstellung. Nur wer dem Leser Nutzen verspricht, wird noch wahrgenommen. Leser haben gelernt, in der Infoflut zu überleben, indem sie blitzschnell erkennen, was für sie relevant ist und was nicht.
Journalisten lernen es vom ersten Tag ihrer Ausbildung: Die Wünsche des Lesers stehen im Vordergrund. Für Marketingmanager ist das Ziel ebenso klar: Umsatz. Nun müssen Marketer lernen, um die Ecke zu denken: Erstmal nur an den Leser denken und erst im zweiten Schritt an das eigene Logo. Bei dem Weihnachtsclip „Heimkommen“ erschien erst ganz am Ende das Logo von Edeka. 60 Millionen Abrufe hat das Video bei YouTube.
Wenn Journalisten gut recherchieren und schreiben, bauen sie sich Reputation auf. Bei Unternehmen ist es ebenso: Wer gute Produkte und gute Werbung macht, baut sich Reputation auf. Budweiser, Sixt und Red Bull machen weit mehr, als nur Reichweite herbeizuzaubern. Wie wertvoll die Relevanz des Absenders ist, lässt sich in der E-Mail-Inbox beobachten: Manche Absender können ungelesen gelöscht werden, weil sie nie etwas Relevantes mitzuteilen haben.
Erfahrene E-Mail-Marketer unterziehen jede Betreffzeile vor dem Versand einem A/B-Test. Viel interessanter wäre es, einmal zu testen, welcher Absender denn die höhere Klickrate bekommt. Bringt die Betreffzeile „Nur noch heute: Bis zu 15 Prozent sparen!“ mehr Klicks, wenn Tchibo oder wenn Otto im Absenderfeld steht? Eine Marke investiert in ihren Markennamen, um Vertrauen in die Qualität der Angebote zu erzeugen. Was bedeutet es, wenn Menschen Werbung dieser Unternehmen blockieren? Dann haben die Unternehmen den Bogen überspannt. Verbraucher blocken, weil sie keine Relevanz, sondern plumpe Reklame bekommen. Das Resultat: Eva von Connox oder Lisa von Springlane sind als Absender vertrauenswürdiger als die Marke selbst. Die Reputation eines Absendernamens ist ein Wert, der leider selten in Betracht gezogen wird.
Wir ersticken in Nachrichten und müssen daher intuitiv Unwichtiges wegfiltern. Wichtig ist alles, was mit Gefahr zu tun hat. Weil aber mit Raubmord, Autounfall und Einbruch für „normale“ Unternehmen kein Umsatz zu machen ist, profitieren nur Sicherheitsbranche, Versicherungen und Parteien vom Geschäft mit der Angst. Dafür bietet aber das Thema „Probleme“ unendlichen Spielraum für Content-Marketer:
•So kommt eine kleine Wohnung groß raus
•Wie Sie sich mit weniger Geld mehr leisten können
•7 erprobte Wege zum Schlankwerden
Die Angst, etwas zu verpassen, erzeugt ebenso Relevanz wie die Jagd nach Schnäppchen. Relevant ist ebenfalls alles, was sich in der nächsten Umgebung abspielt oder mit bekannten Menschen zu tun hat.
Mundpropaganda ist das Geheimnis vieler erfolgreicher Unternehmen. Wenn Freunde etwas empfehlen, kann es nicht schlecht sein. Facebook hat das schon früh erkannt und schreibt bei jeder Anzeige, welche Freunde dieses Unternehmen ebenfalls toll finden. Erst durch diese Empfehlungen wird echte Aufmerksamkeit geweckt. Niemand bucht heute noch ein Hotel, ohne sich vorher die Bewertungen der Gäste anzusehen.
Als der Schauspieler Manfred Krug Werbung für die Telekom-Aktie machte, wurde das Thema sogar für die börsenscheuen Deutschen relevant. Die Testimonials von damals heißen heute Influencer und starten ihre Karriere auf YouTube und nicht beim Fernsehen. Empfehlungen von Menschen, denen man vertraut, sind relevant. Wichtig dabei sind jedoch weniger die leicht zu manipulierenden Reichweitenzahlen, als vielmehr die Glaubwürdigkeit. Oft sind „Micro-Influencer“ mit wenigen Followern glaubwürdiger als die großen YouTube-Stars.
Lange Zeit wurden Neuigkeiten wie in einem News-Ticker chronologisch sortiert. Leser gehen dann die Liste durch und entscheiden selbst, was für sie wichtig ist. Ein Dienst wie Facebook steckt jedoch in dem Dilemma, dass es theoretisch mehrere Tausend Nachrichten gibt, die für den Empfänger relevant sein könnten. Als Fan von Tchibo könnte er deren Tagesangebot bekommen. Oder ist der Geburtstag der Schwiegermutter wichtiger? Der von Mark Zuckerbergs Ex-Dozent Andrew Bosworth entwickelte Algorithmus entscheidet, was wichtig ist und was wegfällt. Die dadurch entstehende Filterblase sorgt dafür, dass Menschen sich oft nur einseitig informieren. Unternehmen haben nur wenig Chancen, gratis angezeigt zu werden. Da schafft die Kombination Video mit Hund und Katze nicht genug Relevanz.
Dass die Posts von Unternehmen nicht relevant sind, kann kompensiert werden: Mit etwas Budget kann die Reichweite erhöht werden. Und auch hier kommt der Bosworth-Algorithmus zum Tragen: Damit möglichst wenige Nutzer aufgrund unpassender Anzeigen Facebook den Rücken zuwenden, wird streng gesiebt. Nur diejenigen bekommen eine Anzeige angezeigt, deren Nutzersignale auch garantiert Interesse versprechen. Außer Google verfügt wohl kein Unternehmen über so viele Daten, um zu entscheiden, was für wen wann relevant ist. Und anders als Google hat Facebook eine längere Nutzungsdauer. Die weltweit 1,15 Milliarden Nutzer verbringen im Schnitt täglich 2,6 Minuten auf der Plattform.
Die Dominanz der Suchmaschine Google beruht auf der Fähigkeit, die relevanteste Antwort auf eine Suchanfrage oben stehen zu haben. Dazu diente zu Beginn ausschließlich der Page-Algorithmus. Dieser bewertet die Qualität einer Website nach der Anzahl der auf sie verweisenden Hyperlinks (Backlinks). Heute werden weitaus differenziertere Methoden eingesetzt, um herauszufinden, was die für einen Suchenden relevanteste Seite sein könnte.
Wer sich professionell mit dem Thema E-Mail-Marketing beschäftigt, weiß worum es geht: Um in der Masse von E-Mails aufzufallen, die täglich die Inbox fluten, reichen keine Tricks. Stattdessen ist viel Erfahrung gefragt, was für die jeweilige Zielgruppe relevant ist und was nicht. Daraus wird dann eine klickstarke Betreffzeile getextet und getestet. Und auch das wissen die Profis: Wer durch zu hohe Frequenz bei niedriger Relevanz bereits seine Empfänger vergrault hat, ist weg vom Fenster. Die Öffnungsrate sinkt kontinuierlich, weil sich zwar keiner abmeldet, dafür aber die E-Mails nervender Absender blitzschnell löscht.
Die drei genannten Kanäle Social Web, Suchmaschinen und E-Mail-Marketing sind die drei am häufigsten eingesetzten Werbekanäle deutscher Unternehmen. Auch in Umfragen zum ROI (Return on Invest) rangieren sie in der Beliebtheit ganz oben. Entsprechend werden hier die Budgets auch gehalten oder erhöht.
Relevanz hat nicht nur mit Inhalten zu tun, sondern auch mit dem passenden Zeitpunkt. Wer in seiner gewohnten Umgebung ist, hat meist etwas zu tun. Wer aber auf den Bus, den Partner oder den Arzt wartet, der langweilt sich oft. Und schon wandert der Blick auf das Smartphone. Unternehmen investieren zunehmend in Mobile Marketing, um Menschen unterwegs zu erreichen. Welcher Kanal dafür der geeignetste ist, wird die Zukunft zeigen. Nicht jeder hat Lust, ständig neue Apps zu laden. E-Mail- und Social-Media-Apps werden oft genutzt, kosten aber Mediabudget.
Nach dem PC, Tablet und Smartphone kommt nun die nächste Mensch-Maschine-Schnittstelle: Sprachassistenten wie Alexa, Siri, Cortana oder Google Assistant. Die ersten Unternehmen entwickeln bereits ihre Skills. Und hier schlägt das Thema Relevanz wie bei den Apps mit schonungsloser Brutalität zu. Wenn ein Unternehmen keine für den Nutzer relevanten Informationen hat, gibt es auch keinen Dialog.
Kein Unternehmen weiß über seine Kunden so viel wie Facebook und hat gleichzeitig so viele individualisierbare Inhalte. Der einfachste Weg zu mehr Relevanz ist daher, die Kommunikation mit der Gießkanne zu beenden. Statt allen das Gleiche zu senden, wird nach Zielgruppen segmentiert. Wenn aber die Daten vorliegen, spricht nichts dagegen, individuell relevante Nachrichten zu senden.
Die Digitalisierung hat das Verhalten der Kunden verändert. Die Autoren in diesem Buch erläutern, wie es Unternehmen gelingen kann, in der Masse der Marketingbotschaften noch positiv aufzufallen. Die Schritte dorthin sind:
•Relevante Kundenerlebnisse schaffen
•Künstliche Intelligenz einsetzen
•Kundensegmente und Personas definieren
•Die Customer Journey kennen und begleiten
Ferri Abolhassan erläutert, wie wichtig das persönliche Erlebnis bei der Kaufentscheidung ist. Direkt nach Preis und Qualität ist die persönliche Erfahrung das wichtigste Kriterium bei der Beurteilung eines Unternehmens und seiner Produkte. Für ein Drittel der Konsumenten reicht schon eine einzige schlechte Erfahrung mit einem Anbieter, um diesem den Rücken zu kehren und zu einem Wettbewerber zu wechseln. Entsprechend wichtig ist, dass Kunden immer wieder die Möglichkeit erhalten, Feedback zu geben und eigene Wünsche einzubringen.
Wer die positiven Kundenerfahrungen kennt, kann im entscheidenden Moment für relevante Erlebnisse sorgen. Abolhassan erläutert, wie mit Serviceinnovationen Kunden zu Markenbotschaftern werden und gibt eine DIY-Anleitung. So empfehlen zufriedene Kunden Unternehmen gerne weiter. Der Dreiklang aus Menschen, Prozessen und Technik muss harmonieren. Seine Devise: Dem Kunden nutzen und den Mitarbeiter entlasten. Er nennt als Beispiel die Fernwartung von Routern. Sobald dieser eine Wartung benötigt, wird diese proaktiv vom Anbieter durchgeführt. Der Kunde erhält anschließend eine Bestätigung der durchgeführten Maßnahme und freut sich, dass der Anbieter sicherstellt, dass es zu keinen Ausfällen kommt.
Anne Schüller erläutert die Kontaktpunkte, an denen ein Kunde Erfahrung mit einem Unternehmen macht. Diese Reise des Kunden (Customer Journey) findet online wie auch offline statt. Nur wenn ein Unternehmen alle Kontaktpunkte berücksichtigt, kann es sich optimal auf die Wünsche des Unternehmens des Kunden einstellen und damit relevant sein.
Ulf Loetschert erklärt den Einsatz von Chatbots im Kontakt zum Kunden. Neben textbasierten Chats werden zunehmend auch sprachbasierte Anwendungen genutzt. Chatbots sind Softwaresysteme, die einen direkten Dialog zwischen Anwender und Computer ermöglichen. Schon heute erfolgt ein Drittel der Suchanfragen an Google per Spracheingabe. Immer mehr spielen auch die Plattformen von Facebook-Messenger, WhatsApp, Amazon Alexa und Google Home eine Rolle.
Damit diese Systeme jedoch zufriedenstellende Antworten geben können, ist zunächst einmal menschliche Arbeit erforderlich. Die Simulation des Verständnisses von Menschen sollte möglichst realistisch wirken, sonst geht der Schuss nach hinten los. Er rät zur Vorsicht beim Einsatz von Chatbots im Kundenservice. Die Kunden sollten immer die Wahl haben zwischen einem Menschen und einem Chatbot. Einfache Beispiele wie Terminvereinbarungen oder personalisierte Produktempfehlungen gibt es schon heute. Die Fluglinie KLM ermöglicht eine Buchung per Chatbot. Auch der Check-in und Hinweise zum Reiseablauf können per Sprachkommunikation geregelt werden.
Martin Clark erläutert die statistischen Methoden, mit denen Relevanz berechnet werden kann: Profiling, Warenkorbanalyse, Entscheidungsbaumanalyse, Next Best Offer, Clusteranalyse, logistische und lineare Regression. Er geht auf die Abgrenzungen von künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen ein und gibt Zukunftsperspektiven. Sein Fazit: klein und schnell beginnen. Künstliche Intelligenz bedeutet, dass Maschinen in der Lage sind, komplexe Aufgaben in einer Art und Weise zu erledigen, die wir als intelligent bezeichnen würden.
Maschinelles Lernen wiederum heißt, dass Computer selbstständig lernen, wie sie bestimmte Aufgaben selbst bewältigen können. Algorithmen sind Regeln, mit denen ein Computer ein Problem löst. Neuronale Netze sind Computersysteme, die durch Training aktiv lernen, Muster zu erkennen. Predictive Analytics ist ein Prognoseverfahren, das mit Techniken wie Datamining, Statistik und Modellierung zukünftige Ereignisse voraussagen kann. Clark betont, wie wichtig dabei die Datenqualität und die richtigen Datenquellen sind. Er geht auch auf die Problematik der Datensilos in Unternehmen ein.
Bastian Hagmaier und Matthias Kohrsmeier beschreiben, wie künstliche Intelligenz im Marketing eingesetzt werden kann, um positive Kundenerlebnisse zu schaffen. Dazu werden zunächst einmal Kundengruppen aufgrund vieler verschiedener Variablen in Segmenten zusammengefasst. Auf der Grundlage dieser Segmente werden Automatisierungsstrecken aufgesetzt. Der Trick dabei besteht darin, diese Segmente kontinuierlich zu testen und zu optimieren. Künstliche Intelligenz kann Verhaltensmuster erkennen und damit Vorlieben und Kundenwünsche bequem identifizieren.
Wichtig ist das zum Beispiel, wenn Kunden mit Rabatten gelockt werden sollen. Welcher Rabatt führt bei welchen Kunden zum Kauf ? Welches Incentive ist relevanter, um eine Bestellung auszulösen? Wichtigster Aspekt der künstlichen Intelligenz im Marketing ist es, ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche Inhalte für welche Personen relevant sind. Der Einsatz von KI führt zu einem optimierten Kundennutzen und Kosteneinsparungen. Der Kunde ist zufriedener, das Unternehmen kann mit höheren Umsätzen rechnen.
Nina Hendschke beschreibt konkrete Einsatzgebiete von künstlicher Intelligenz (KI) im Marketing. Die Einsatzmöglichkeiten von KI im Marketing reichen von Hyper-Personalisierung über Chatbots und Content-Marketing bis hin zur dynamischen Preisgestaltung. So können beispielsweise Newsletter-Inhalte automatisiert individuell zusammengestellt werden. Auch der beste Versandzeitpunkt kann mithilfe von künstlicher Intelligenz individualisiert ermittelt und angepasst werden. Ebenfalls bekannt sind Empfehlungen in Onlineshops, welche schon relativ weit verbreitet sind. KI kann auch eingesetzt werden, um Chatbots relevanter antworten zu lassen.
Die semantische Kontextanalyse, also die Auswertung der Texte auf einer Website, können helfen, die Schaltung in unpassenden Umfeldern zu verhindern. Unseriöse Werbeumfelder können so ausgeschlossen werden. Einsatz findet KI auch im Roboterjournalismus. Viele Sport- und Finanzberichte werden heute von Computern automatisiert erstellt. Gleiches gilt für Wettervorhersagen.
Ebenfalls eingesetzt wird KI bei der dynamischen Preisgestaltung. Jeder Kunde erhält den Preis, den zu zahlen er bereit ist. Dunja Riehemann erläutert, wie auf der Basis von künstlicher Intelligenz Preise dynamisch ermittelt werden können. Hintergrund ist, dass im Handel fast ein Viertel des Gesamtumsatzes verloren geht, weil Unternehmen falsche Preisreduzierung vornehmen, die zum Teil sogar unnötig sind.
Gleichzeitig ist es aber so, dass Kunden heutzutage hohe Rabatterwartungen haben. Tatsache ist, dass 43 Prozent der weltweiten Kleidungskäufe durch Rabatte ausgelöst werden. Wichtig ist daher, die genauen Zusammenhänge zwischen Preisänderung und Nachfrageverhalten zu messen und zu kennen. Natürlich müssen in diesem Zusammenhang auch Faktoren wie Wettbewerbspreise, Ferienzeiten, Wetter, Veranstaltungen oder Verkaufsaktionen von Wettbewerbern eingerechnet werden.
Die Herausforderung besteht darin, eine festgelegte Menge von Waren innerhalb eines bestimmten Zeitraumes komplett zu verkaufen. Verhindert werden muss bei solchen Rabattaktionen, dass Kunden unzufrieden werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn bestimmte Größen oder Farbvarianten nicht mehr verfügbar sind. Riehemann beschreibt konkrete Einsatzszenarien bei Otto, Ernsting‘s Family und bonprix.
Natürlich ist die Eins-zu-eins-Personalisierung das höchste Ziel im Data-Driven Marketing. Jedoch liegen nur in den seltensten Fällen valide Daten darüber vor, was einen Kunden in welchem Moment am stärksten interessiert. Basis einer jeglichen Personalisierung ist daher die Zuordnung von Kunden oder Interessenten in bestimmte definierte Klassen mit gleichem Interesse. Die klare Definition der Zielgruppe ist das A und O im Marketing. Darauf bauen alle Marketing- und Vertriebsmaßnahmen.
In der Rolle von „Personas“ kann die Zielgruppe gut charakterisiert werden. Jura Schoeder und Claudio Felten beschreiben das Konzept der Personas. Das ist quasi die visuelle Übersetzung von Segmentierungsmodellen im CRM-System. Dabei werden spezifische Gruppen mit gleichen Merkmalen identifiziert und zu Segmenten zusammengefasst. Die Personas bekommen dann einen Namen, eine Beschreibung und demografische Merkmale zugewiesen. Sie haben einen Beruf, Hobbys, Familie und einen Freundeskreis. Durch Fotos erhalten sie auch ein Gesicht.
Wichtig ist, dass diese Personas mit den CRM-Daten verbunden werden. Klare Kriterien für Anfragen sind definiert, damit Personas eindeutig identifiziert werden können. Grundsätzlich sollten etwa 80-90 Prozent der Zielgruppen im CRM-System durch Personas abgedeckt werden. Meist sind dazu etwa vier bis sechs unterschiedliche Persona-Definitionen notwendig. Doch nicht nur im B2C, sondern auch im B2B können Personas sinnvolle Anwendung finden. Dort sind es dann analog Branchen, Fachexperten, Einkäufer, Techniker, Projektleiter oder Geschäftsführer.
Norbert Schuster zeigt, wie sich ein Persona-Konzept einsetzen lässt, um neue Kunden zu gewinnen. Er beschreibt, wie heute modernes Leadmanagement funktioniert. Das umfasst den gesamten Prozess von der Leadgenerierung über die Entwicklung von Interessenten bis hin zum Kauf beziehungsweise Abschluss. Ein Lead-Scoring gibt Aufschluss über das Potenzial der Kunden. Dabei ist es von elementarer Bedeutung, die angesprochenen Kundensegmente in ihren Wünschen zu verstehen. Zum Einsatz kommen Buyer-Persona-Konzepte. Das sind Modelle, die das typische Verhalten der jeweiligen Wunsch-Kunden beschreibt. Schuster betont wie wichtig es ist, an den jeweiligen Touchpoints den richtigen Content bereitzustellen.
Claudia Hilker beschreibt das praktische Vorgehen beim Erstellen einer Content-Strategie. Sie beschreibt dabei die Rolle von Blogbeiträgen Social Media und Suchmaschinenoptimierung. Auch sie geht darauf ein, wie wichtig die Entwicklung einer Customer-Buyer-Persona ist, wenn es um die Erstellung von relevantem Content für einzelne Zielgruppen geht. Auch erläutert sie, wie ein Medienplan erstellt wird, welche Publikationen geeignet sind und wie die Content-Marketing-Kosten ermittelt werden. Konkret geht sie auf die operativen Prozesse ein, die für ein Content-Marketing-Team im Unternehmen zu beachten sind.
Nicola-André Hagmann erläutert wann und wie relevanter Content am besten an die Zielgruppen ausgespielt wird. Dabei haben sich die Möglichkeiten durch den Einsatz von Programmatic Marketing erheblich verbessert, um mit der ausgespielten Onlinewerbung die richtigen Zielgruppen im richtigen Moment zu erreichen. Grundvoraussetzung ist die Zusammenführung aller Konsumenteninformationen in einer Data-Management-Plattform (DMP), egal ob online oder offline, egal auf welchem Endgerät.
Wichtig ist die Kenntnis der sogenannten Micro-Moments. Das sind Momente, in denen Nutzer offen sind für hilfreiche Information und relevante Botschaften. Dazu werden im Programmatic Advertising alle verfügbaren Informationen über den Kunden gebündelt. Beispielsweise spielt es auch eine Rolle, den tatsächlichen Standort eines Nutzers durch sein Smartphone zu ermitteln, um die richtige Information auszuspielen.
Die Vielzahl der Kanäle unter einen Hut zu bekommen, ist schon eine große Herausforderung. Diese aber zu orchestrieren, kann nur mit neuen Technologien realisiert werden. Dagegen steht für Harald Henn das Silodenken der Unternehmen im Weg. Damit die Mitarbeiter die Kundeninteraktionen vollständig im Blick haben, ist die Integration der Systeme ein absolutes Muss. Die Verknüpfung der Daten in Echtzeit mit dem CRM sind dabei unerlässlich.
Bernhard Kölmel und Alexander Richter berichten über die Möglichkeiten der Produktpersonalisierung als Basis der Customer-Centricity-Strategie. Angestrebt werden kundenorientiertes Marketing und eine enge und individuelle Interaktion mit dem Kunden. Zufriedene Kunden bringen mehr Gewinn und sind länger treu. Stammkunden zu binden, ist günstiger als die Akquise neuer Kunden.
Für Erwin Lammenett ist Influencer-Marketing Relevanz pur. Bestimmte Zielgruppen sind über konventionelle Medien kaum noch zu erreichen und Massenmarketing stößt an seine Grenzen. Beim Influencer-Marketing geht der Impuls vom Konsumenten aus. Er besucht die Webseite des Influencers. Dieser spricht seine Sprache und seinen Empfehlungen vertraut er. Worksheets für eine grobe Kampagnenplanung, zur Beschreibung eines Wunsch-Influencer-Profils sowie ein Kampagnen-Briefing stehen zur praktischen Unterstützung zur Verfügung.
Packende Geschichten sind immer relevant. Mit Videos lassen sich diese besonders gut emotional beschreiben. Jonathan Voigt berichtet über die Möglichkeiten des Storytellings auf YouTube. Erfolgreiche YouTuber setzen dabei auf authentische Storys, die aus dem Alltag erzählen. Nischeninhalte und lustige Sketche bringen Zuschauer zum Lachen. Was Unternehmen dabei beachten sollten, zeigt er an Beispielen auf.
[1] Schwarz, T. (2018): Studie Digital-Marketing-Trends 2018. https://www.absolit.de/studien/trends – Zugriff 26.09.2018
Schwarz, T. (Hrsg.) (2017): Leitfaden personalisierte Dialoge. Beispiele aus der Praxis. Verlag marketing-BÖRSE
http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Torsten-Schwarz
Mit Serviceinnovationen Kunden zu Markenbotschaftern machen
Aus dem Blickwinkel der Kunden betrachtet: die Customer Journey
Chatbots – Der digitale Dialog ist die Zukunft des Marketings
Mit Serviceinnovationen Kunden zu Markenbotschaftern machen |
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Zufriedene Kunden sind das Wichtigste für Unternehmen, egal, ob im Onlinehandel, im Telekommunikationsmarkt, in der Banken- und Versicherungsbranche oder in einer anderen Industrie. Sie sind die wichtigsten Markenbotschafter und sorgen am Ende des Tages für ein positives Image und mehr Umsatz. Unverzichtbar für Kundenzufriedenheit: ein innovativer, aber dennoch persönlicher Service. Erst der schafft ein begeisterndes Erlebnis.
Warum entscheiden sich Kunden heute für ein bestimmtes Produkt? Aufgrund der Qualität? Aufgrund des Preises? Oder aufgrund des Markenimages? All diese Aspekte sind wichtig. Mal überwiegt der eine, mal der andere. Was häufig unterschätzt wird, ist die Bedeutung eines positiven Kundenerlebnisses. Dieses ist weitaus wichtiger, als gemeinhin angenommen: Für fast drei Viertel der Konsumenten (73 Prozent) spielt das persönliche Erlebnis eine entscheidende Rolle bei der Kaufentscheidung. Damit ist es wichtigstes Kriterium direkt nach dem Preis und der Qualität. Das hat Price Waterhouse Coopers (PwC) in einer Studie mit 15.000 Teilnehmern in zwölf Ländern herausgefunden [1]. Demnach sind sogar 43 Prozent der Befragten bereit, einen höheren Preis zu zahlen, wenn dafür beim Kontakt mit dem jeweiligen Anbieter alles tadellos funktioniert.
Auch den wirtschaftlichen Wert eines begeisternden Kundenerlebnisses hat PwC ermittelt: Unternehmen, die einen erstklassigen Service liefern, können für Produkte und Dienstleistungen einen bis zu 16 Prozent höheren Preis erzielen. Zusätzlich können sie mit einer höheren Loyalität ihrer Kunden rechnen. Außerdem gaben 63 Prozent der Befragten an, bereitwilliger persönliche Daten herauszugeben, wenn sie einen Service erfahren, den sie wirklich schätzen.
Das deckt sich mit einer Untersuchung von Forrester [2]: Die Analysten fanden heraus, dass Unternehmen, die in Sachen Kundenerlebnis führend sind, innerhalb von fünf Jahren auf ein durchschnittliches jährliches Umsatzwachstum (CAGR) von 17 Prozent kommen. Firmen, die hier Nachholbedarf haben, wachsen lediglich um drei Prozent. Erklärung: Positive Kundenerlebnisse bringen – Stichwort „Weiterempfehlung“ – zusätzliche Kunden und damit auch zusätzliche Erlösquellen.
Die Mundpropaganda ist für Unternehmen heute so wertvoll wie nie zuvor. Denn nach einer Studie von McCarthy mögen 84 Prozent der Millennials keine klassische Werbung und – noch wichtiger – vertrauen ihr auch nicht [3]. Stattdessen setzt die Onlinegeneration vor einem Kauf auf unabhängige Informationen. Darum sind Weiterempfehlungen von Freunden, Bekannten und Familienangehörigen, aber auch Kundenbewertungen im Web, so immens wichtig. Und die gibt es eben nur nach positiven Kundenerfahrungen.
Firmen hingegen, die für negative Erlebnisse sorgen, müssen nicht nur auf all diese Vorteile verzichten: Für 32 Prozent der Kunden genügt schon eine einzige schlechte Erfahrung, um ihrem Anbieter den Rücken zuzuwenden und zu einem Wettbewerber zu wechseln, so PwC. Kurzum: In Zeiten der Digitalisierung und Globalisierung wird es immer anspruchsvoller, neue Kunden für sich zu gewinnen. Gleichzeitig laufen Unternehmen heutzutage umso leichter Gefahr, Kunden zu verlieren.
Was zeichnet also ein positives Erlebnis aus? Fünf Faktoren sind laut der PwC-Studie für die Kunden besonders wichtig, damit sie den Kontakt mit Unternehmen schätzen:
1.Geschwindigkeit
2.Effizienz
3.Bequemlichkeit
4.Freundlichkeit
5.Kompetenz
Auch meine persönliche Erfahrung zeigt, dass Kunden heute sehr hohe Ansprüche an den Service haben. Die Digitalisierung lässt ihre Erwartungshaltung steigen. Onlineshops sind 24/7 offen. Das färbt ab, Stichwort „Liquid expectations“. Die Kunden sind es inzwischen gewohnt, alles sofort auf Knopfdruck zu bekommen. Dadurch erscheinen selbst Wartezeiten von wenigen Sekunden mitunter wie eine Ewigkeit. Sie erwarten von ihrem Anbieter eine schnelle und einfache Hilfe, eine Lösung nach nur einer Kontaktaufnahme, eine transparente Kommunikation, Proaktivität und auch intuitive Self-Services – rund um die Uhr, in Echtzeit. Trotzdem soll der Service menschlich und persönlich sein.
Ich bin fest überzeugt: Nur, wenn wir diese Erwartung erfüllen oder gar übertreffen, machen wir Kunden zu Fans. Und das gelingt erst durch das perfekte Zusammenspiel aus Menschen, Prozessen und Technik. Unternehmen, die begeisternde Kundenerlebnisse schaffen wollen, brauchen daher:
•kompetente und motivierte Mitarbeiter,
•schlanke und effiziente Abläufe,
•digitale Innovationen, die dem Kunden einen wirklichen Mehrwert bieten.
Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI), Robotic Process Automation (RPA), Chatbots, Voice Biometrie, Predictive Analytics et cetera. sind mittlerweile unverzichtbar, um den hohen und weiter steigenden Serviceerwartungen der Kunden gerecht zu werden. Weil es aber auf eine smarte Kombination aus Mensch und Maschine ankommt, spreche ich in diesem Zusammenhang gern von digitaler Empathie. Auch wenn alles digitaler wird, bleibt Service eine zwischenmenschliche Aufgabe und Beziehung. Wir müssen uns auf jeden Kunden individuell einstellen. Darum setzen wir im Service der Telekom neue Technologien immer mit Augenmaß ein. Wir möchten Mitarbeitern und Kunden die Gelegenheit geben, positive Erfahrungen zu machen. Erst das bringt die nötige Akzeptanz.
Was heißt das für einen Anbieter wie die Telekom mit rund 75 Millionen Kunden in Deutschland? Mit einer hochgradig komplexen Systemlandschaft, einer beeindruckenden Produktvielfalt und daraus resultierend 270.000 Kundenkontakten pro Tag auf allen Kanälen: Telefon, Post, Fax, App, Website, Messenger, Chat und soziale Medien? Und was heißt das für ein Team von mehr als 30.000 Menschen, welches sich Tag für Tag für besten Service einsetzt?
Zwei Dinge stehen bei unseren Überlegungen im Vordergrund, wenn es um digitale Innovationen geht:
1.Werden unsere Kunden das Angebot nutzen und akzeptieren?
2.Und machen wir mit einem neuen Service das Leben unserer Kunden leichter?
Darum geben wir unseren Kunden immer wieder die Möglichkeit, Innovationen frühzeitig mit uns zu verproben, Feedback zu geben und eigene Wünsche einzubringen. Unser jüngstes Beispiel dafür ist die Telekom-Ideenschmiede [4]. Hier kann jeder unseren Service und unsere Angebote mitgestalten – egal, ob Kunde oder Nichtkunde. Rund 2400 Menschen machen schon mit, und täglich werden es mehr.
Genauso wichtig ist für uns die nach innen gerichteten Frage: Entlasten wir damit unsere Mitarbeiter? Gewinnen sie mehr Zeit, etwa für die Beratung unserer Kunden? Motivieren wir sie stärker, weil wir sie von monotonen Routineaufgaben befreien? Und haben sie die nötigen Qualifikationen, um mit den neuen Technologien umzugehen?
Nur, wenn wir diese Fragen mit „ja“ beantworten können, führen wir neue technologische Hilfsmittel ein, die uns dabei helfen sollen, das Erlebnis unserer Kunden weiter zu verbessern. Bestes Beispiel dafür ist das Thema Robotic Process Automation (RPA): Heute entlasten solche Software-Roboter unsere Kundenberater bei 2,9 Millionen Geschäftsfällen im Monat. Meistens dann, wenn es um monotone, sich wiederholende Tätigkeiten geht. Unsere Mitarbeiter haben dadurch mehr Zeit für komplexere Kundenanliegen. Rund 1500 dieser Frontend Assistenten setzen wir bereits ein und betreiben damit eine der größten Roboter-Farmen Europas.
Um es noch einmal klar zu sagen: Solche Systeme können und sollen den Berater aus Fleisch und Blut nicht ersetzen. Sie sollen ihn – dort, wo sinnvoll – unterstützen und entlasten. Denn wie bereits betont, ist den Kunden der persönliche Kontakt nach wie vor extrem wichtig. Laut einer Pega-Umfrage glauben zwar rund 40 Prozent der Konsumenten, dass Technologien wie KI den Service verbessern können, 80 Prozent bevorzugen aber noch immer den menschlichen Kontakt [5]. Um schnell an Infos zu kommen, lassen sich die Kunden bereits bereitwillig auf intelligente Software ein. Hier trägt sie also zu einer größeren Kundenzufriedenheit bei. Geht es hingegen um individuelle und komplexe Anliegen, bevorzugen die Kunden den Austausch mit Menschen.
Unverzichtbar ist es dabei, die eigenen Mitarbeiter auf das Zusammenspiel mit den digitalen Technologien vorzubereiten. Bei der Telekom haben wir dafür das Programm „Fit@Digitization“ ins Leben gerufen. Damit entwickeln wir unsere Mitarbeiter zielgerichtet weiter und bauen uns neue Digitalisierungsexperten im Unternehmen auf. Nur qualifiziertes Personal kann die Chancen, die Roboter, KI und andere Tools bieten, im Sinne des Kunden nutzen. Support statt Substitution lautet daher die Devise.
Das sieht auch Professor Dr. Nikolas Beutin, Customer Experience-Experte bei PwC, so [6]: „Bevor ein Unternehmen darüber nachdenkt, seine telefonischen Kundenberater durch Chatbots zu ersetzen, sollte es sich zunächst die Frage stellen: Wie kann ich meine Berater durch die passende technologische Unterstützung in die Lage versetzen, die Probleme des Kunden schnell und unkompliziert zu lösen. Davon hat das Unternehmen letztlich mehr, als wenn es den menschlichen Berater einspart – dann aber die Kunden verliert, weil die mit dem Chatbot unzufrieden sind.“
Deshalb sollte man solche Technologien immer mit Augenmaß einsetzen. Und Mitarbeitern wie Kunden die Gelegenheit geben, sich daran zu gewöhnen, selbst positive Erfahrungen zu machen. Erst die bringen die nötige Akzeptanz. Bestes Beispiel: unser eigener Chatbot. Seit der IFA 2016 bieten wir unseren Kunden einen digitalen Assistenten an. Zunächst haben wir ihn nur für wenige ausgewählte Themen eingesetzt. Etwa, um Auskunft bei Telefon- oder Internetstörungen zu geben.
In den vergangenen Monaten haben wir in diesen Chatbot noch mehr KI reingesteckt – mit Erfolg. Heute chatten unsere Kunden schon über 30.000 Mal im Monat mit dem digitalen Assistenten – bei Anliegen zu Rechnungen, zum Roaming, zum WLAN, zur E-Mail-Einrichtung oder zur SIM-Karte. Unsere Kunden bekommen eine schnelle Antwort, die Berater werden entlastet, indem ihnen der Chatbot häufig gestellte Fragen abnimmt. Eine Win-win-Situation!
Und sollte das Anliegen nicht zur Zufriedenheit des Kunden gelöst werden, kann er direkt mit einem unserer Berater weiterchatten. Dazu übergibt der digitale Assistent sein Chatprotokoll und eine Zusammenfassung an den Kundenberater, der somit sofort weiß, worum es im konkreten Kundenanliegen geht.