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Überarbeitete und zusammengefasste Ausgabe der Bücher: “So befreien Sie Ihr Kind von AD(H)S, Hyperaktivität, Hausaufgabenproblemen, Lese-Rechtschreib-Schwäche, Dyskalkulie, Prüfungsangst, Schulangst, Bettnässen, Lispeln, Stottern, Nägelkauen u. a.” und “Jetzt befreie ich mein Kind! Die Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Auflösung von AD(H)S, Hyperaktivität, Hausaufgabenproblemen, Lese-Rechtschreib-Schwäche, Dyskalkulie, Prüfungsangst, Schulangst, Bettnässen, Lispeln, Stottern, Nägelkauen u. a.”; beide erschienen 2013 bei Resonaris, Köln.
Copyright © 2019 Verlag »Die Silberschnur« GmbH
ISBN: 978-3-89845-616-6
eISBN: 978-3-89845-726-2
1. Auflage 2019
Umschlaggestaltung: XPresentation, Güllesheim; unter Verwendung verschiedener Motive von © JenkoAtaman und © Cherry-Merry; www.adobestock.com
Verlag »Die Silberschnur« GmbH · Steinstraße 1 · D-56593 Güllesheim www.silberschnur.de · E-Mail: info@silberschnur.de
Wir möchten Sie mit diesem Buch zu aktiver Selbstverantwortung für die eigene Gesundheit sowie die Ihrer Kinder inspirieren und Ihnen neue Lösungswege aufzeigen. Zur Selbstverantwortung gehört selbstverständlich auch, bei gesundheitlichen Problemen ärztlichen Rat einzuholen und dann in Ruhe über die Art der Therapie zu entscheiden. Im Zusammenhang damit weisen die Autorin und der Verlag darauf hin, dass für eventuelle Nachteile oder unerwünschte Auswirkungen durch die Anwendung der in diesem Buch beschriebenen Hinweise und Vorgehensweise keine Haftung übernommen werden kann. Die Verantwortung für die Folgen des eigenen Handelns liegt allein beim Leser, Rechts- und Schadenersatzansprüche sind daher ausgeschlossen.
Alle Informationen und Aussagen in diesem Buch wurden auf der Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und praktischer Erfahrungen mit Klienten sorgfältig erarbeitet und stellen den Standpunkt der Autorin dar. Wissenschaft und Medizin sind jedoch in ständiger Entwicklung. Auch wenn der Standpunkt und die Empfehlungen der Autorin teilweise im Kontrast zu ärztlichen Therapieleitlinien und gängigen Lehrmeinungen stehen, decken sich ihre Schlussfolgerungen doch mit den Erkenntnissen vieler ganzheitlich orientierter Ärzte, Heilpraktiker und Therapeuten.
Biologisches Dekodieren – der Schlüssel, mit dem Sie Ihr Kind befreien können
Die Grundlagen: Entwicklungsbiologie, Hirnforschung und Quantenphysik
I. Überleben ist alles
Es gibt drei Sorten von Informationen, die prägend auf ein Kind wirken
II. Einige Regeln und Mechanismen
Das Kind unter dem Einfluss seiner Vorfahren
Erwartungshaltung der Eltern und Lehrer
Die Zeugung – Beginn unserer physischen Existenz
Die Geburt – Beginn unseres Lebens
Zuwendung – Bedingung zum Überleben
Vergnügen – die Motivation weiterzuleben
Einige allgemeine Beobachtungen
Probleme mit den Hausaufgaben
III. Probleme in Sprache und Ausdruck
Sprachretardierung, Probleme im Ausdruck
Stottern
Lispeln
Heilungskrise
IV. Probleme in Schulfächern
Rechnen – Mathematik
Prozentrechnen – Zeitrechnen
Lesen und Schreiben
Grammatik
Fremdsprachen
Geografie, Geschichte, Physik, Chemie
V. Verhaltensprobleme
Hyperaktivität
Aufnahme-/Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS)
Konzentrations- und Motivationsmangel
Aggressivität
Eifersucht
Der depressive Jugendliche
Rache an den Eltern
Rebellion
Nägelkauen
Angst im Wasser
VI. Adoptivkinder
VII. Bettnässen
1. Aspekt: Reviermarkierung
2. Aspekt: Grenzen setzen
3. Aspekt: Fruchtwasser
4. Aspekt: Brandabwehr
5. Aspekt: Vergnügen durch Schuldgefühle der Mutter
Die 4 Schritte beim Biologischen Dekodieren
1. Schritt: Der Ist-Zustand
2. Schritt: Das Dekodieren
3. Schritt: Die Auflösung
4. Schritt: Die Bestätigung
Kontakt zur Autorin
Bücher und Videos
Über die Autorin
Danksagung
Bio-logisch = im Sinne des Lebens
Bios = Leben, Logos = Sinn
De-kodieren = ent-schlüsseln
Code = Information, Muster, Schlüssel
Liebe Eltern,
mit diesem Buch bekommen Sie einen Universalschlüssel an die Hand, mit dem Sie Ihr Kind von seinem Problem und sich selbst von all dem Stress und den Sorgen befreien können, die Sie plagen.
Sicherlich haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Ihr Sohn oder Ihre Tochter Schulprobleme hat oder gerade dieses bestimmte Verhaltensmuster zeigt, z. B. Hyperaktivität, ADS, Aggressivität, Schulverweigerung, Bettnässen, Lispeln, Stottern … In diesem Buch finden Sie die Antwort.
Sie erfahren,
… dass Lernprobleme, Verhaltensstörungen und Symptome aller Art keine Panne des Organismus sind, sondern Ausdruck eines persönlichen (und familiären) Überlebensmusters.
… wie diese Überlebensmuster entstehen.
… wie Sie die Symptome Ihres Kindes entschlüsseln und ganz einfach selbst auflösen können – für immer.
Sie finden in diesem Buch viele Fallbeispiele aus meiner Praxis sowie aus Zuschriften von Eltern. Ich habe diese Beispiele ausgewählt, damit Sie die biologischen Mechanismen, die am Werk sind, verstehen und auch bei Ihrem Kind erkennen und verändern können.
In den 1990er Jahren hatten Wissenschaft und Medizin große Hoffnungen in die Entschlüsselung des menschlichen Genoms (Gesamtheit der menschlichen Gene) gesetzt. Man glaubte, die Ursachen für Krankheiten finden und sie somit positiv beeinflussen zu können. Auch wollte man kleine Einsteins und Mozarts kreieren.
Das Ergebnis des Megaprojektes war jedoch ernüchternd: Der Mensch besitzt etwa 30.000 Gene, kaum mehr als ein Fadenwurm (24.000) – ein “kosmischer Scherz”, wie der amerikanische Entwicklungsbiologe Bruce Lipton treffend bemerkte. So mussten die Verfechter der Vererbungslehre einräumen, dass es wohl nicht die Gene, sondern hauptsächlich die Umwelt und die Erziehung sind, die unser Verhalten bestimmen. Unsere Verhaltensweisen sind also angelernt. Und dieses Lernen beginnt bereits im Mutterleib, wo das Ungeborene alle Gefühle der Mutter miterlebt: positive Gefühle wie Interesse, Freude, Überraschung. Genauso aber auch die negativen: Sorgen, Angst, Aversion, Ärger, Erschrecken etc.
Jede emotionale Reaktion bewirkt die Ausschüttung eines spezifischen “Hormoncocktails” ins mütterliche Blut; mit dem Blut gelangen diese Hormone in den Mutterkuchen und von dort in den Blutkreislauf des Kindes. Fühlt die Mutter sich entspannt und zufrieden, geht es dem Kind ebenfalls gut. Erlebt die Mutter Stress – wenn sie beispielsweise beim Autofahren plötzlich scharf bremsen muss, wenn sie rennt, um den Bus noch zu kriegen, oder wenn sie sich bei einem Streit mit dem Partner aufregt –, kommt es bei ihr zur Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin. Das Kind erlebt nun die gleiche physiologische Wirkung dieses Hormons wie die Mutter: Seine Blutgefäße verengen sich, der Puls geht schneller und es bewegt sich kräftig. Durch ihre Lebenseinstellung, ihre Verhaltensweisen und ihre Reaktionen auf Stresssituationen prägen die Mutter, der Vater und das Umfeld der werdenden Mutter also bereits zu einem frühen Zeitpunkt das spätere Verhalten des Kindes und zukünftigen Erwachsenen.
Während die physiologischen Rahmen- und Existenzbedingungen in der Gebärmutter noch recht ähnlich sind für alle, können die Umweltbedingungen, in denen der Mensch nach seiner Geburt überleben muss, sehr verschieden sein. Daher ist es für das Neugeborene von größter Wichtigkeit, bei der Geburt möglichst flexibel und anpassungsfähig zu sein. Nur dadurch kann es von den Eltern, die ja erwiesenermaßen in dieser Umgebung überlebt haben und noch überleben, genau dies lernen.
Bei der Geburt sind das menschliche Gehirn und das Nervensystem noch nicht voll funktionsfähig; ein menschliches Baby ist sehr unbeholfen im Gegensatz zu manchen Tierbabys. Eine Antilope beispielsweise muss bereits kurz nach der Geburt mit der Herde laufen, um notfalls vor Raubtieren flüchten zu können. Der menschliche Säugling dagegen ist ganz auf seine Mutter angewiesen.
1992 hat der italienische Neurophysiologe Giacomo Rizzolati mit seinem Team Erstaunliches entdeckt: die sogenannten Spiegelneurone. Das Baby spiegelt die Gefühle und die Reaktionen seiner Mutter. Wenn ein neuer Umweltstimulus vom Baby nicht eingeordnet werden kann, das heißt, wenn es zu dieser Situation noch kein erlerntes Verhalten gespeichert hat, orientiert es sich am Ausdruck und am Verhalten seiner Mutter und übernimmt deren Reaktion. Bei den höheren Säugetieren und ganz besonders beim Menschen sind diese Kleinkinderfahrungen sehr wichtig und prägend.
In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren wurden außerdem enorme Fortschritte in der Hirnforschung erzielt. Endlich können durch neuartige Untersuchungsmethoden (zum Beispiel die Positronenemissionstomographie, kurz PET) Gehirnaktivitäten sichtbar gemacht und untersucht werden. So verstehen wir heute immer besser, wie die neuronale Informationsverarbeitung funktioniert und wie unsere Emotionen uns beeinflussen.
Sehr faszinierend sind auch die Erkenntnisse der Quantenphysik, die uns zeigen, dass wir tatsächlich über Raum und Zeit hinweg mit unseren Angehörigen verbunden sind und einander durch Fernwirkung beeinflussen.
Im vorliegenden Buch möchte ich – für jedermann verständlich – einen praktischen Bezug herstellen zwischen diesen wegweisenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Problemen, die wir bei unseren Kindern und Jugendlichen beobachten. Es ist mir ein Anliegen, meine Erkenntnisse aus nunmehr fast 25 Jahren intensiver Forschung und Praxis mit Eltern und Pädagogen zu teilen und so möglichst vielen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zu helfen.
Alles, was in unserem Körper geschieht, wird jederzeit vom Gehirn gesteuert, koordiniert und kontrolliert. Wenn ich meinen Arm heben will, um an die Tafel zu schreiben, muss mein Gehirn die dazu nötigen Befehle an die Oberarmmuskulatur geben. Nur diejenigen Muskelfasern werden sich zusammenziehen, die gerade für diese Bewegung zuständig sind.
Ich vergleiche das Gehirn gern mit einem sehr leistungsfähigen Computer. In jeder Situation sammelt es Daten. Über die Sinne, das Nervensystem und das Hormonsystem wird es ständig darüber informiert, was außerhalb und innerhalb des Körpers abläuft. Es wertet all diese Informationen aus (hauptsächlich indem es sie mit den Erfahrungen aus der Vergangenheit vergleicht) und lässt daraufhin die optimale Aktion oder Reaktion ablaufen.
Das Gehirn folgt immer einer einfachen Logik:
dem Bedürfnis zu überleben.
Ein Beispiel: Wenn ich vollkommen in Gedanken die Straße überquere und den Bus nicht bemerkt habe, der da hupend auf mich zukommt, lässt mich mein Gehirn augenblicklich und automatisch die richtige – das heißt lebensrettende – Bewegung machen, entweder einen schnellen Rückzieher auf den Bürgersteig oder einen Satz nach vorne, wenn ich schon zu weit vom Straßenrand entfernt bin. In dieser Situation habe ich nicht die Zeit, bewusst zu überlegen oder abzuwägen, welche Reaktion wohl die beste wäre.
Die praktisch einzige Aufgabe des Gehirns ist es, das Überleben des Individuums und seiner Spezies zu sichern; es wird also in jeder Lebenssituation und in jeder Stresssituation die bestmögliche Reaktion oder das erfahrungsgemäß beste Verhalten auslösen. Wir können uns auf unser Gehirn verlassen. Es macht nie einen Fehler, auch wenn seine Lösungsvorschläge uns oft nicht angebracht erscheinen, lästig oder unangenehm sind. Manchmal fällt es uns auf den ersten Blick schwer, ihren Sinn zu verstehen, trotzdem ist er da.
Das Problem Ihres Kindes ist Teil eines
lebenserhaltenden Programms.
Wenn ein Kind Schwierigkeiten in der Schule hat, dann hat es diese nicht zufällig, und es ist deshalb auch nicht, wie von Eltern oder Lehrern angenommen wird, weniger intelligent oder talentiert. Es hat vielmehr diese Schwierigkeiten, weil sie Teil seiner lebenserhaltenden Verhaltensmuster sind. Es hat keine andere Wahl. Auch wenn ein Verhalten allem Anschein nach fehlerhaft oder sogar nachteilig ist, so gibt es doch triftige Gründe für diese “Fehlfunktion”.
Sie können Ihr Kind von seinem Problem befreien,
indem Sie den Ursprung seines lebenserhaltenden Musters
finden und ihn Ihrem Kind bewusst machen.
Die therapeutische Arbeit besteht also darin, zunächst das Verhaltensmuster zu beobachten und anschließend die ihm zu Grunde liegende frühere Erfahrung zu finden, die genau diesem schulischen Problem oder dieser Verhaltensstörung einen Sinn gibt.
Wir finden die Zusammenhänge, indem wir systematisch durchkämmen, was das Gehirn des Kindes von Anbeginn seiner Entwicklung abgespeichert hat. Wenn wir die frühere Erfahrung gefunden haben, in der der problematische Verhaltenscode als Teil einer Überlebensstrategie entstanden ist, können wir dem Kind oder dem Jugendlichen die Zusammenhänge bewusst machen und es ihm ermöglichen, eine neue Erfahrung zu machen. Die bisherige Prägung wird dadurch entkräftet, und der Betroffene erlangt eine neue Handlungsfreiheit.
– Die persönlichen Erfahrungen von der Geburt bis zum heutigen Tag (welche aber bereits auf den familiären Prägungen basieren).
– Die Lebenssituation und das emotionale Empfinden der Eltern während der Zeugung, der Schwangerschaft und der Geburt.
– Die Familiengeschichte – alles, was die Vorfahren erlebt und erfahren haben.
Im dem riesigen Archiv des Gehirns sind alle Erlebnisse mit den dazugehörigen Wahrnehmungen und Emotionen gespeichert. Jede Situation in der Gegenwart wird vom Gehirn mit allen verfügbaren Informationen aus der Vergangenheit verglichen. Kommt dem Gehirn die gegenwärtige Situation bekannt vor, verhalten wir uns so, wie es uns die Vergangenheit, unsere eigene Erfahrung, gelehrt hat.
Von besonderer Bedeutung sind dabei die Gefühle. Sie sind quasi die Essenz unserer Vorerfahrung und helfen uns, in der gegenwärtigen Situation schneller reagieren zu können bzw. schneller entscheiden zu können, wie wir reagieren. Erinnern Sie sich: Es geht dem Gehirn immer um das Überleben.
Ein Beispiel: Lukas hat im Kino den Film “Superman” gesehen, nun will er sich im Superman-Kostüm vom Balkon in der 5. Etage in die Lüfte schwingen. Doch als er fast auf dem Geländer steht, bekommt er Angst. Die Angst stammt aus einer früheren Erfahrung, in der er entweder selbst gefallen oder abgestürzt ist, oder von einer Situation, in der er den Schreck und Schmerz einer anderen Person beim Hinfallen miterlebt hat. Aus Angst entscheidet er sich ganz bewusst, doch nicht zu springen – ein Verhalten, das ihm das Leben rettet.
Allerdings ist es nur ein Bruchteil aller Entscheidungen, der von uns bewusst getroffen wird. In den meisten Fällen entscheidet das Unterbewusstsein autonom auf Grund von Wahrnehmungen und Verknüpfungen mit früheren Erlebnissen, die in dem Moment nicht in unser Bewusstsein gelangen. Dies bedeutet, dass wir in den allermeisten Situationen nicht über Wahlfreiheit verfügen. Wie oben bereits erwähnt, können wir erst Handlungsfreiheit erlangen, wenn wir den ursprünglichen Grund für das Verhalten, die ursprüngliche Situation mit dem dazugehörigen emotionalen Hintergrund, finden und ins Bewusstsein bringen.
Peter war sechs Jahre alt, als seine Mutter mich mit ihm besuchte. Morgens ging er zur Schule, aber nur weil er musste. Den ganzen Vormittag über war er sehr unruhig, er hatte Angst, dass ihn mittags niemand abholen würde. Jeden Morgen bestand er darauf, dass seine Mutter der Lehrerin mitteilte, wer ihn mittags abholen werde, ob sie es sei oder ihr Vater, Peters Großvater.
Für dieses Verhalten fanden wir folgende Erklärung: Eines Tages – Peter war damals 4 Jahre alt – hatte es ein Missverständnis darüber gegeben, wer ihn mittags abholen sollte, und niemand hatte Peter an diesem Tag an der Vorschule abgeholt. Die Lehrerin, an die er sich dann weinend wandte, wusste auch nichts. Welch ungeheurer Stress für ein Kind!
Es war kein Zufall, dass das Peter passierte. Sein Großvater mütterlicherseits, der ihn von der Schule abholte, wenn seine Mutter arbeitete, hatte selbst mit 3 Jahren seine Mutter verloren. Peter trug also auch von dieser Seite schon eine Information in sich, dass man womöglich von heute auf morgen keine Mutter mehr hat, dass die Mutter einfach einmal nicht mehr wiederkommen könnte.
Hier ist es wichtig festzustellen, dass eine vom Kind selbst gemachte Erfahrung für die Erklärung seines Verhaltens nicht ausschlaggebend ist, denn das, was es erlebt und dabei gefühlt hat, ist in der Regel bereits das Resultat von entsprechenden elterlichen oder familiären Prägungen. Schauen Sie beim Biologischen Dekodieren also nicht nur nach den Erfahrungen Ihres Kindes, sondern schauen Sie tiefer!
Es hat genügt, Peter an das zu erinnern, was einige Jahre zuvor passiert war, und ihm die Geschichte seines Großvaters zu erzählen, um ihn anschließend zu beruhigen, so dass er keine Angst mehr haben musste, dass seine Mutter nicht mehr wiederkommen könnte. Das, was sein Großvater erlebt hatte, würde sich bei ihm nicht wiederholen. Von diesem Tage an ging Peter ganz entspannt zur Schule.
Das Kind registriert alles, was passiert, während es gezeugt, getragen und geboren wird. Es registriert alles, was sich in den Köpfen der Eltern abspielt, alles, was die Eltern denken, fühlen, sagen, sehen, hören, tun, alles, was sie interessiert, alles, was sie ärgert oder bedrückt.
Von der Mutter werden diese Informationen hauptsächlich auf hormonellem Weg übertragen. Jedem emotionalen Zustand der Mutter entspricht praktisch ein eigener “Hormoncocktail”, es werden jeweils bestimmte Hormone ins Blut abgegeben, die auch über die Plazenta zum werdenden Kind gelangen. Diese Hormone beeinflussen dann auf gleiche Art und Weise die Physiologie der Mutter und des Kindes. Hormone sind Substanzen, die sich wie Schlüssel in dafür vorgesehene Schlüssellöcher in den Zellmembranen (Zellhäute) setzen. Bei diesen “Schlüssellöchern” handelt es sich um Rezeptorproteine, die (bis auf sehr wenige Ausnahmen) immer nur ein bestimmtes Hormon aufnehmen können. Jedes Rezeptorprotein ist an ein Effektorprotein an der Innenseite der Zellmembran gekoppelt, das gegebenenfalls eine Reaktion der Zelle auslöst.
Nehmen wir einmal an, dass die Mutter während der Schwangerschaft häufig depressiv ist und weint, so gelangen sehr viele “Depressionshormone” zum Kind. Sehr schnell passt sich das Kind an die Hormonlage der Mutter an, indem es die Anzahl der Rezeptoren für diese Hormone erhöht. Wenn das Kind aber dann bei der Geburt abgenabelt wird, kommen keine Hormone mehr von der Mutter, und jetzt hat das Kind ein Problem: Die vielen Rezeptoren werden nicht mehr bedient. Um seine Rezeptoren nun zu befriedigen, bleibt ihm nur die eine Möglichkeit, so bald wie möglich selbst traurig zu sein und zu weinen, um dann selbst diese Hormone auszuschütten. So funktionieren Süchte. Wenn die Mutter während der Schwangerschaft sehr ängstlich und unsicher ist, so stellt sich das Kind auf diese Hormone ein und wird automatisch ein unsicheres und ängstliches Kind sein. Wir sprechen hier von angelernten Wahrnehmungs-, Gefühls- und Verhaltensmustern: Das Kind wird während der Schwangerschaft konditioniert, ja “vorprogrammiert”, bei gewissen Reizen nach dem von der Mutter vorgegebenen Muster zu denken, zu fühlen und zu reagieren.
Bereits vor der Zeugung stehen Ei- und Samenzelle unter dem Einfluss der Lebensbedingungen der Eltern und ihrem gefühlsmäßigen Erleben dieser Lebensumstände. Die Gefühle des Vaters werden von der Mutter “gespiegelt”, auch wenn er nicht unbedingt über die Probleme, die ihn beschäftigen, redet.
Spiegelneurone: Ihr Kind fühlt, was Sie fühlen –
so wie Sie fühlen, was Ihr Kind fühlt.
Wenn Sie sehen, wie Ihr Kind sich über einen Erfolg freut, fühlen Sie seine Freude und seinen Stolz mit. Wenn es mit hängendem Kopf aus der Schule kommt, können Sie seine Niedergeschlagenheit fühlen. Ebenso fühlt auch Ihr Kind Ihren Kummer und Ihre Sorgen mit und empfindet es, genauso wie Sie, als belastend. Ähnliches geschieht, wenn Sie andere Menschen in Aktion sehen, ob im realen Leben oder im Film: Sie empfinden die Gefühle der anderen mit, obwohl Sie nur Zuschauer sind.
Dies ist die Wirkung der sogenannten Spiegelneurone. Die Entdeckung dieses Phänomens verdanken wir dem italienischen Neurophysiologen Giacomo Rizzolati. Durch umfangreiche Studien fand er heraus, dass der Mensch (so wie alle höheren Säugetiere) über einen speziellen neurologischen Aufbau verfügt, der es ihm ermöglicht, den emotionalen Zustand anderer Lebewesen wahrzunehmen. Die wichtigsten Indizien sind der Muskeltonus, die Mimik und der Blick; anhand dieser Informationen kann ein Mensch den Körperzustand seines Gegenübers in sich selbst reproduzieren und fühlen, was der andere fühlt.
Im Spiegelneuronen-System wirken mehrere Teile des Gehirns zusammen:
– Von den Augen gelangen die visuellen Informationen über den Sehnerv zur Sehrinde im hinteren Teil des Gehirns.
– Von dort werden sie in den Schläfenlappen und weiter an diejenigen Nervenzellen geleitet, die zuständig sind für die Vorstellung der Empfindungen.
– Dann geht es weiter zu den Handlungsneuronen. Diese zeigen bei der Beobachtung von Handlungen einer anderen Person unwillkürlich das gleiche Aktivitätsmuster wie bei eigenen Handlungen.
In seinem Buch “Warum ich fühle, was du fühlst” weist der Neurobiologe und Psychiater Prof. Joachim Bauer darauf hin, dass das System der Spiegelneuronen nur dann anspringt, wenn die Sehrinde Bilder von Lebewesen in Aktion empfängt: Ausgewertet und nachempfunden werden Mimik, Körperbewegungen, Mundbewegungen und ganz besonders die Blicke anderer Lebewesen. Aber auch Geräusche können den Effekt auslösen. Wenn wir nämlich das Handeln anderer nicht sehen, sondern nur die betreffenden Geräusche hören können, feuern unsere Handlungsneurone ebenfalls.
Indem wir den Körperzustand des anderen in uns selbst
reproduzieren, können wir fühlen, was er fühlt.
Wie wir gerade gesehen haben, findet dieses Phänomen ganz unbewusst und automatisch statt, und man hat herausgefunden, dass die Kommunikation der Gefühle umso stärker ist, je näher sich zwei Individuen stehen. So nimmt auch das werdende Kind im Bauch der Mutter am Gefühlsleben seines Vaters teil: Das Kind fühlt die Emotionen der Mutter mit, während diese ihren Partner spiegelt.
Die Quantenphysik liefert uns eine weitere Erklärung, warum Kinder so stark von den Erfahrungen ihrer Eltern und Vorfahren beeinflusst werden. In einem Versuch, den der Autor Gregg Braden in seinem Buch “Im Einklang mit der göttlichen Matrix” beschreibt, wurden einer Versuchsperson Gewebeproben und DNS (chemische Substanz, aus der die Gene bestehen) aus dem Mund entnommen, in Nährlösung gelegt und anschließend in ein einige Hundert Kilometer entferntes Labor gebracht. Dann setzte man die Versuchsperson mit Hilfe von Fotos und Filmen heftigen Emotionen aus (Kriegsszenen, erotische Aufnahmen, komödiantische Darstellungen), parallel dazu beobachtete man ihre DNS-Probe. Während der Spender die wechselnden Emotionen durchlebte, war an seiner DNS eine deutliche elektrische Reaktion zu messen, und trotz der Entfernung verhielt sich seine DNS-Probe so, als wäre sie noch mit seinem Körper verbunden. Es wurde festgestellt, dass die DNS-Probe gleichzeitig (Zeitmessung mit Atomuhr) mit der Versuchsperson reagierte – das heißt, es brauchte noch nicht einmal eine gewisse Zeit, damit die Information von A nach B gelangte. Dieses Phänomen nennt die Physik Quantenverschränkung: Sind Teilchen – durch welchen Umstand auch immer – miteinander verschränkt, reagieren sie nicht mehr als einzelne Teilchen, sondern nur noch als Gesamtsystem, und zwar auch dann, wenn sie weit voneinander entfernt sind. Die daraus abgeleitete Regel: Was einmal vereint war, bleibt für immer (emotional) verbunden.
Das Kind entsteht aus einer Eizelle der Mutter und einer Samenzelle des Vaters, in jeder seiner Zellen leben die Bestandteile der Samenzelle (Gene – DNS) weiter. Ausgehend vom Phänomen der Quantenverschränkung können wir also ebenfalls folgern, dass das Kind während der Schwangerschaft mit dem Vater und dessen Gefühlsleben in Verbindung bleibt.
Den Kindern erkläre ich dieses Phänomen bildlich und auf eine für sie leicht verständliche Art und Weise: Das Kind erlebt die äußere Welt über die Mutter und mit der Mutter. Es fühlt auch, was der Vater fühlt. Das Kind packt alles, was es über die Lebensumstände und Emotionen seiner Eltern mitbekommt, in seinen Rucksack, so als würde es sich auf eine große Wanderung vorbereiten – sein Leben. Es muss also möglichst viel über dieses Leben wissen, das da draußen auf ihn zukommt. Jedes Mal wenn ein Elternteil eine Stresssituation erlebt, hält das Kind seinen Rucksack weit geöffnet und nimmt alles auf, es muss sich ja besonders gut merken, wie man mit Stress umgeht, sei es ein körperlicher Stress (wie zum Beispiel Schmerz, großer Durst, totale Überanstrengung) oder sei es ein seelischer Stress (wie zum Beispiel Wut, Trauer, Angst). Das Kind lernt also schon während der Schwangerschaft am Beispiel der Eltern, wie es sich in Stresssituationen am besten verhält.
Wie Sie auf die Umstände Ihres Lebens reagieren,
nimmt Ihr Kind auf und speichert es als Handlungsvorbild
in seinem Lebensrucksack.
Hier verstehen wir auch gleich die Bedeutung der Geburt, bei der oft körperlicher und seelischer Stress herrschen, beim Kind selbst, bei den Eltern, eventuell beim Geburtshelfer. Die Umstände unserer Geburt werden uns unser ganzes Leben lang sehr stark beeinflussen. Darauf kommen wir aber später noch ausführlich zurück. Bei der Geburt könnte man das Kind mit einem Fallschirmspringer vergleichen, der aus einem Flugzeug abspringt. Genau wie dieser hat das Kind praktisch nur seinen Rucksack, um sich durchzuschlagen, ja um zu überleben.
Zum besseren Verständnis einige Beispiele, zunächst die Geschichte einer Frau:
Susanne, 37 Jahre alt. Susanne kam zu mir mit einem gesundheitlichen Problem, sie hatte einen Hörsturz erlitten.
Bei dieser Gelegenheit erzählte sie mir aus ihrem Leben: “Wir haben jung geheiratet, zwei Söhne bekommen, dann ging mein Mann mehr und mehr in die Wirtshäuser und kam immer später nach Hause. Ich war meistens schon zu Bett gegangen. Wenn er dann mit mir schlafen wollte, hat mich das angeekelt. Er stank nach Zigaretten und Alkohol. Wir haben noch einmal zusammen geschlafen, etwa sechs Wochen nach der Geburt des letzten Kindes, und von da an nie mehr. Sieben Jahre lang haben wir nebeneinander im selben Bett geschlafen, Rücken an Rücken wie Bruder und Schwester.
Nach sieben Jahren bin ich dann auf einem Fest meiner Jugendliebe wieder über den Weg gelaufen. (Ich hatte damals die Beziehung mit ihm beendet, weil ich mich für meinen Mann entschieden hatte.) Da er aber in seiner Ehe auch nicht glücklich war, haben wir wieder eine Beziehung angefangen. Das Problem war, dass er 150 Kilometer von mir entfernt wohnte, er konnte mir nicht jederzeit einen Besuch abstatten, das hätte ihn mindestens einen halben Tag gekostet. Wir haben dann fast jeden Tag miteinander telefoniert und uns im Laufe eines Jahres vielleicht viermal getroffen, waren aber nie allein unter vier Augen, weil wir die Treffen ‘rein zufällig’ zustandekommen lassen mussten, entweder war eines seiner oder meiner Kinder oder sogar der andere Partner dabei.
Nach einem Jahr hat mein Mann etwas geahnt und mich zur Rede gestellt; ich habe die Beziehung zugegeben, bin mit den Kindern ausgezogen und habe die Scheidung eingereicht.
Inzwischen sind wir geschieden. Mein Mann hat damals die Frau meines Geliebten angerufen, um sie darüber zu informieren, dass ihr Mann ein Verhältnis mit mir hat. Seitdem haben wir uns überhaupt nicht mehr sehen können, da seine Frau höllisch aufpasst und ihn nicht aus den Augen lässt, wir telefonieren nur noch. Das geht jetzt schon ein ganzes Jahr so, und ich bin sehr unglücklich. Ich hätte liebend gern einen Mann, der da ist, der zärtlich ist …”
Ich habe ihr dann erklärt, dass es ganz bestimmt kein Zufall ist, dass sie diese Situation erlebt, dass es einen ganz plausiblen Grund dafür geben muss, dass sie nunmehr seit neun Jahren nicht mehr mit einem Mann geschlafen hat. Ich habe ihr auch erklärt, dass die entscheidenden Verhaltensmuster und Programme während der Schwangerschaft von den Eltern geprägt werden und dass das Kind alles registriert …
Nachdem sie dann ihren Vater befragt hatte – ihre Mutter lebte nicht mehr –, kam sie wieder und wiederholte, was ihr Vater ihr erzählt hatte: “Vor mir hatte meine Mutter damals drei Kinder durch Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Danach hätte sie eigentlich keine Kinder mehr bekommen dürfen, war aber nicht sterilisiert worden. Deswegen haben meine Eltern sehr gut aufgepasst, aber nach fünf Jahren war ich dann doch noch unterwegs. Da hat meine Mutter in ihrem ersten Schock gesagt: ‘Man dürfte eigentlich überhaupt nicht mehr mit einem Mann schlafen, wenn man kein Kind mehr will.’ Mein Vater konnte sich noch sehr gut an diesen Satz erinnern.” (Auch wenn die Mutter das Ganze nur gedacht hätte, ohne es auszusprechen, so hätte es dieselbe Wirkung gehabt.)
Da versteht Susanne, was in ihrem Leben abläuft. Nach dem zweiten Kind hatte sie sich mit 28 Jahren sterilisieren lassen, sie war sich absolut sicher, dass sie kein Kind mehr wollte. In diesem Moment erinnerte sich ihr Gehirn an das, was während der Schwangerschaft registriert wurde: Wenn man kein Kind mehr will, schläft man am besten nicht mehr mit (s)einem Mann. – Seit neun Jahren lebte Susanne also die Lösung des Problems ihrer Mutter, obschon sie selbst so oft mit einem Mann hätte schlafen können, wie sie Lust dazu gehabt hätte, sie konnte ja nie mehr schwanger werden. Das, was der Mutter zugestoßen war, hätte ihr nie mehr passieren können. Man könnte symbolisch auch sagen, das Symptom (das Problem) gehört gar nicht dem Kind, es hat es nur durch Vollmacht von seinen Eltern übernommen. Mit Vollmacht meine ich, dass Susanne im Nachhinein das Problem für ihre Mutter löst, sie tut es an ihrer Stelle, so wie wir für jemand anderen eine Geldüberweisung unterschreiben, wenn wir eine Bankvollmacht von ihm bekommen haben. Tatsächlich hatte die Mutter aber nach ihrem vierten Kaiserschnitt, bei dem man sie nicht sterilisiert hatte, weiterhin mit ihrem Mann geschlafen.
Susanne fragte mich dann: “Was muss ich denn tun, damit sich etwas daran ändert?” Meine Antwort: “Gar nichts, Sie brauchen nur den Sinn des Ganzen zu verstehen, dann entpuppt es sich augenblicklich als Unsinn. Das Programm, das sich unbewusst eingeschaltet hat, lässt sich bewusst abschalten, nachdem es für Sie heute absolut keinen Sinn mehr ergibt.”
Susanne: “Wird mein Geliebter dann seine Frau verlassen und zu mir ziehen?”
Ich: “Das kann ich Ihnen nicht sagen, was ich aber ganz sicher weiß, ist: Es wird ein Mann kommen, der auch mit Ihnen schlafen wird, aber ob es nun Ihr jetziger Geliebter sein wird oder ein anderer Mann, vermag ich nicht zu sagen.”
Unmittelbar danach hat Susanne einen geschiedenen Mann kennengelernt, den sie kurze Zeit später auch geheiratet hat und mit dem sie sichtlich glücklich geworden ist. Dieser Mann hatte drei Kinder aus erster Ehe und wollte wahrscheinlich keine weiteren Kinder mehr. Dies war natürlich eine Bedingung ihres Glückes, da sie ja sterilisiert war.
Sie hatte sich natürlich auch gerade ihren früheren Ehemann aussuchen müssen. Ich glaube, dass es nicht sehr viele Männer gibt, die sieben Jahre neben ihrer Frau schlafen, ohne diese auch nur einmal anzurühren. Aber gerade so einen Mann brauchte sie, um ihr Programm erfüllen zu können. Ich kenne auch mehr oder weniger den Inhalt seines “Rucksacks”, da seine Schwester mich aufgesucht hatte, weil sie keine Kinder bekommen konnte, und mir einiges erzählt hat, was bei ihren Eltern auf sexueller Ebene abgelaufen war. Die beiden “Rucksäcke” des Paares waren absolut kompatibel. Bei ihm, beziehungsweise bei seinem Vater, hieß es: “Man zeugt zwei Kinder und dann macht man sich einen Knoten rein! Dann darf im Bett nichts mehr laufen!”
Stellen wir es uns einmal bildlich vor: Susanne besucht mit ihrem damaligen Freund (ihr späterer Liebhaber) eine Tanzveranstaltung. Alle Besucher dieser Tanzveranstaltung tragen natürlich ihren Rucksack (vollgepackt mit den familiären Prägungen) auf dem Rücken, sie sind sich dessen nur nicht bewusst. Man spürt ihn nicht, man sieht ihn nicht (so wie Sie, liebe Leserin, lieber Leser, auch jetzt Ihren Rucksack auf dem Rücken tragen, ohne es zu merken). Susanne steht in einer Ecke mit ihrem damaligen Freund, plötzlich erscheint ihr zukünftiger Mann auf der Bildfläche. Die Rucksäcke der beiden ziehen sich an wie zwei Magnete, so bleibt ihnen am Ende nur, sich ineinander zu verlieben und zu heiraten. Später wählt sie wieder einen Mann, der aufgrund der Umstände nicht mit ihr schlafen kann; er ist verheiratet und wohnt zu weit von ihr entfernt. Vielleicht hätte sie diese Beziehung noch ein Jahr fortgesetzt, bevor sie einen anderen Mann kennengelernt hätte, der aber auch mit Sicherheit nicht mit ihr geschlafen hätte, vielleicht weil er impotent gewesen wäre oder aus irgendeinem anderen Grund.
Dieses Beispiel zeigt sehr gut, wie das Kind im Bauch der Mutter alles aufnimmt und es wortwörtlich befolgt; dabei unterscheidet die “Schaltzentrale” Gehirn nicht zwischen gut oder nützlich und schlecht oder nachteilig. Die Eltern hingegen sind sich dessen überhaupt nicht bewusst. Es ist deshalb an dieser Stelle wichtig zu verstehen, dass es weder Schuldige noch Opfer gibt.
Es gibt weder Schuldige noch Opfer.
Alles läuft nur nach biologischen Gesetzen ab.
Eine Möglichkeit, nicht “gesund” zu werden, ist die anzufangen, die Eltern zu beschuldigen oder sich als Eltern schuldig zu fühlen für das, was man den Kindern während der Schwangerschaft unabsichtlich mitgegeben hat, obwohl man im Grunde ja nur das Beste für sie wollte.
Kommen wir noch einmal auf diesen Mechanismus zurück, dass das Kind alles aufnimmt – alles, was gefühlt, gedacht oder ausgedrückt wird seitens der Eltern oder den Eltern gegenüber. Dazu möchte ich einige Beispiele anführen:
Gregory, fast sieben Jahre alt. Zum Ende des ersten Schuljahres hatte er einen enormen Rückstand im Lesen. Es war ihm unmöglich, auch nur zwei oder drei Buchstaben hintereinander zu lesen. Im Diktat schnitt er zum Erstaunen aller sehr gut ab, er kannte und erkannte alle Buchstaben, konnte aber nicht lesen, was er gerade geschrieben hatte. Er sollte nicht ins zweite Schuljahr versetzt werden (die logopädische Behandlung hatte auch keine Früchte getragen.)
Eine große Besserung stellte sich innerhalb von Tagen ein, nachdem er und seine Mutter sich bewusst gemacht hatten, welches “Programm” Gregory bei seiner Geburt mit auf den Weg bekommen hatte:
Die Mutter lag in starken Wehen und wartete darauf, in den Entbindungssaal gebracht zu werden. Da fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, ein altes Gebet zu lesen, ein traditionelles Gebet, das ihr schnell und auf angenehme Weise zu Mutterfreuden verhelfen sollte. Sie zog das Faltblättchen aus ihrer Handtasche und wollte lesen.
Die Mutter erzählt: “Ich habe versucht, das Gebet zu lesen, ich sah die Buchstabenreihen, aber ich bekam es einfach nicht gelesen, es kam wieder eine Wehe und ich war einfach zu aufgeregt und zu gestresst. Ich habe das Blatt wieder zusammengefaltet und in meine Handtasche zurückgesteckt.” In dieser physischen und psychischen Stresssituation registriert Gregory: Ich sehe die Buchstabenreihen, aber ich kann sie nicht lesen. Später, sobald man ihm vorschlägt, etwas zu lesen, immer wenn seine Augen Buchstabenreihen erkennen, wird sich sein Gehirn daran “erinnern”, und obwohl er alle Buchstaben kennt (wie die Mutter), wird er nicht fähig sein zu lesen. Sobald er verstand, warum er nicht lesen konnte, hörte er damit auf, weil es heute keinen Sinn mehr ergibt. Gregory fand es sogar lustig, dass seine Mutter diejenige war, die nicht lesen konnte, und nicht er.
Hierzu ist etwas sehr Wichtiges und Grundlegendes zu bemerken: Gregorys Mutter konnte während der neun Schwangerschaftsmonate lesen. Sie hatte Bücher, Zeitschriften und alles Mögliche gelesen, gerne und gut gelesen, auch eine Stunde nach der Geburt hat sie ein Faltblatt für die jungen Mütter wieder lesen können. Aber das, was bei der Geburt unter Stress registriert wurde – auch wenn es nur 20 Sekunden dauerte –, wurde durch die positive Erfahrung, die unmittelbar folgte, nicht aufgehoben oder gelöscht. Das Gehirn bleibt in der negativen Information “blockiert”. Wenn die Mutter in diesem Moment nicht versucht hätte zu lesen, hätte Gregory später keine Leseschwierigkeiten gehabt, er hätte wie alle anderen Kinder problemlos lesen gelernt.
Achtung: bitte keine Schuldgefühle!
Es war ja keine Absicht!
Klara, 4 Jahre alt. Klaras Kindergärtnerin war sehr beunruhigt, weil sie nie mit den anderen Kindern zusammen singen und tanzen wollte, sie stellte sich dann abseits (sozialer Rückzug). Bei anderen Aktivitäten (zum Beispiel Basteln oder Spazierengehen) gab es kein Problem.
Die Mutter: “Ich verstehe ihr Verhalten nicht. Wenn sie zu Hause mit ihren Puppen spielt, singt sie den ganzen Tag allein in ihrer Ecke oder in ihrem Zimmer, aber in der Schule will sie nicht singen!”
Während der Schwangerschaft hatte Klara Folgendes registriert: Ihr Vater ist Fernfahrer und verbringt den ganzen Tag allein in seinem Sattelschlepper. Das Radio hat er meistens eingeschaltet, und sobald er das gespielte Lied kennt – und er kennt fast alle Lieder, weil das Radio ständig läuft –, singt er lauthals mit, weil er gerne singt. Er hat dann natürlich auch die Tendenz, das zu Hause ebenfalls zu tun. Während der Schwangerschaft, der Vater erinnerte sich, hatte seine Frau darauf einmal gereizt reagiert: “Du würdest besser den Mund halten, lass die mal lieber alleine singen! Du ‘verschandelst’ das ganze Lied …” Klara nimmt diese Aufforderung persönlich und hält sich später daran. Wie ihr Vater wird sie, wenn sie allein ist, den ganzen Tag singen, sobald sie aber in der Schule in der Gruppe mitsingen soll, befolgt sie die Anordnung der Mutter.
Nachdem ihr Programm gefunden und korrigiert wurde, hat Klara ihr Verhalten komplett zum Positiven hin verändert und singt nun gern mit den anderen.
Willem, damals 10 Jahre alt. Willem hatte Schwierigkeiten beim Rechnen mit Dezimalzahlen. Besonders schwer war es für ihn, in die verschiedenen Maßeinheiten umzuwandeln, er wusste nie, wohin er das Komma setzen sollte. Ansonsten hatte er im Rechnen keine Probleme.
Willem ist unser ältester Sohn und in Anbetracht seines Problems hatte ich damals zunächst gedacht, dass die Lehrerin die Vorgehensweise wahrscheinlich einfach schlecht erklärt hatte. Ich erklärte es ihm dann noch einmal “ordentlich” und dachte, dass er es nun verstanden hätte. Bei der nächsten Klassenarbeit war das Resultat aber immer noch sehr enttäuschend; darum dachte ich nach mehreren Erklärungsversuchen tatsächlich, dass er einfach kein Talent für Mathe hat. (Das ist schon lange her und ich begann damals erst, mit Kindern an ihren schulischen Problemen zu arbeiten.) Doch dann haben mein Mann und ich uns daran erinnert, was während der Schwangerschaft geschehen war, und wir fanden die Ursache für seine Schwierigkeiten.
Auch hier zeigte sich eine schnelle Besserung, nachdem wir verstanden hatten, wie er zu diesem Problem gekommen war: Während dieser Schwangerschaft hatten wir unseren Hausbau geplant, und unser Architekt hatte Lastenhefte angefertigt, u. a. für alle Holzarbeiten. Diese Lastenhefte hatten wir fünf Schreinern gegeben. Als die Kostenvoranschläge eingingen, stellten wir fest, dass einer im Preis deutlich höher lag als die anderen. Als wir dann die verschiedenen Posten verglichen, fiel uns auf, dass der Architekt bei einer Maßangabe den Dachstuhl betreffend das Komma um zwei Stellen zu weit nach hinten gesetzt hatte. Vier der fünf Schreiner hatten das bemerkt und verbessert, und über den fünften haben wir gelästert: “Mensch, muss der aber blöd sein, dass ihm dieser Irrtum nicht aufgefallen ist, dass er nicht merkt, wenn das Komma an der falschen Stelle steht. Ihm würden wir das Dach unseres Hauses nie anvertrauen!”